Weil es an anderer Stelle aufkam und mir eh auf den Nägeln brennt, eröffne ich mal den Thread dazu.
Mir fallen immer wieder Bücher auf, bei denen der Titel ganz oder teilweise Englisch ist, obwohl der Autor auf Deutsch geschrieben hat. Die Steigerung dazu sind Bücher, deren Handlung ohne ersichtlichen Grund in die USA, nach Kanada oder GB verlegt wurde.
Bei Titeln finde ich es einfach absolut unnötig. Wenn ein Englisches Buch im Titel unübersetzt bleibt, kann ich es teilweise nachvollziehen, vor allem, wenn der Titel ein Sprachspiel enthält - auch wenn das die meisten deutschen Leser vermutlich nicht bemerken werden (je nach Zielgruppe).
Aber warum muss das Buch eines deutschen Autors einen ganz oder teilweise englischen Titel haben? Sind wir wirklich so amerikanifiziert, dass wir eher zu einem englischen Titel greifen als zu einem deutschen? Und warum muss es dann oft auch noch ein Englischer Titel mit einem deutschen Untertitel sein, so als sei der Roman eigentlich auf Englisch erschienen und habe nun zum Originaltitel einen deutschen Untertitel erhalten? Für mich hat das ein bisschen was von Etikettenschwindel.
Noch schlimmer für mich sind Romane, die ohne ersichtlichen Grund im Ausland (und da dann zu 98% im englischsprachigen Raum) spielen. Eine mir bekannte Autorin erklärte, dass sie die deutschen Namen so schrecklich findet, dass sie ihren Roman nach London verlegt hat. Und dann heißt die weibliche Hauptfigur Louisa - wirklich? Was ist denn an Luisa so schrecklich, dass man die deutsche Version nicht nehmen kann? ??? Mal abgesehen davon, dass bei den ganzen Kevins, Chantals und Matt Eagles heutzutage ein Protagonist mit englischem Vornamen in Deutschland auch nicht mehr groß auffällt.
Ich unterscheide übrigens zwischen Büchern, die bewusst im Ausland spielen und solchen, bei denen die Umgebung für die Handlung irrelevant ist. Wenn ein deutscher Autor über den amerikanischen Bürgerkrieg schreibt, dann muss das Buch auch dort spielen, klar. Wenn es um einen Roastrip in Kanada geht, wäre eine Reise von Dortmund nach Castrop-Rauxel irgendwie keine echte Alternative, sehe ich ein. Aber wenn es um Stalking geht, dann ist es letztlich egal, ob das Opfer von LA nach Miami flieht oder von Kiel nach Stuttgart. Wenn ich einfach eine Liebesgeschichte erzähle, die überall auf der Welt spielen kann, warum dann unbedingt in Philadelphia statt in Heide?
Anscheinend glauben die Verlage, dass es besser zieht, wenn die Story in den USA spielt, und auch englische Titel sind hoch im Kurs. Aber warum? Statistisch gesehen müsste ich in der Minderheit sein mit meiner Abneigung und meinem Unverständnis. Wie geht es euch damit? Macht ihr euch Gedanken darüber? Kauft ihr eher ein Buch mit dem Titel "Fly with Me" als eines, das "Mit uns der Wind" heißt?
Ich überlege, wie weit das noch gehen wird. Englische Titel auf deutschen Büchern sind in den letzten Jahren vor allem im Bereich Romance und Erotik stark im Kommen. Englische Settings schon wesentlich länger (und genau so lange rege ich mich drüber auf, zumal die Autoren oft selber nie vor Ort waren, ihr Wissen aus Büchern, Filmen und von Wikipedia haben und dann unglaubliche Schnitzer einbauen, weil sie einfach kulturelle Unterschiede zum Leben in Deutschland nicht kennen). Dass deutsche Autoren englisch klingende Pseudonyme verwenden, weil sie sich besser verkaufen, ist auch nicht selten - hier könnte man ja noch damit argumentieren, dass sie sich dann im englischsprachigen Raum besser verkaufen, nur passiert es eh viel zu selten, dass deutsche Autoren ins Ausland verkauft werden.
Werden wir irgendwann keinerlei deutsche Settings mehr haben? Bekommen Autoren nur noch Verträge, wenn sie ihre Romane von Vornherein in den USA (oder ggf. noch in GB oder - exotisch! - Australien) ansiedeln? Werden wir irgendwann auf Englisch schreiben müssen, um unsere Bücher noch verkaufen zu können? Und - das wäre dann der Gipfel der Idiotie - werden diese Bücher dann extra für die Leser, die der Englischen Sprache nicht mächtig sind, ins Deutsche übersetzt?
Ich stelle das einfach mal zur Diskussion in den Raum. Als jemand, der Deutsch und Englisch studiert hat und Literatur in beiden Sprachen liest, frage ich mich halt, welcher (vermeintliche) Mechanismus dahintersteckt, Titel und Settings zu "anglifizieren". Ich hab nichts dagegen, einen Krimi aus München, eine Liebesschnulze aus Gelsenkirchen oder eine Dystopie aus Hamburg zu lesen.
Feuer frei. :)
Ich glaub, das ist ein bisschen eine Genrefrage. Gesellschaftsreflektierende Bücher deutscher Autoren werden wohl auch in Zukunft hier spielen. Aber bei (wertungsfrei!) eskapistischer Literatur stehen halt die spontanen und emotionalen Assoziationen ganz stark im Vordergrund. Der Leser will sich wegträumen, und da lösen wohl englsiche Titel und entsprechende Settings eher die gewünschten Assoziationen aus als "Liebe in Castrop-Rauxel" Was nah und realistisch ist, lässt sich ja so schlecht romantsich verklären ;) Vielleich stören zu viele realistische Einflüsse und Konnotationen auch das Leseerlebnis :)
Die Assoziationen sind durch Filme, Serien, Leitkultur geprägt und erstmal nicht zu leugnen, auch wenns einem persönlich nicht gefällt. Man kann selbst sicher dagegen anarbeiten, indem man positive Beispiele dagegen schreibt. Diesen Punkt als Bewertungskriterium für Bücher anzusetzen, finde ich hingegen eher ... naja, eigenwillig :)
Danke!
Jeremias Baumwolle (besser bekannt als Jerry Cotton) war ein Begleiter meiner Kindheit. Oheim hatte uns drei Kindern vier riesige Pappkartons mit Heften und kleinen Taschenbüchern überlassen (er war froh, Stauraum gewonnen zu haben, wir Kinder haben uns durch die Papiermengen gefräst). Ich war sehr überrascht, als ich endlich verstand, daß das nicht aus USA importiert und liebevoll für den deutschen Leser übersetzt worden war.
Ich lese Shakespeare, Pratchett und Heyer im englischen Original. King habe ich auch nur im Original gelesen. Unsere TV-Serien und Spielfilme sind größtenteils Importe. Und wenn ein deutscher Sender mal eine Sitcom versucht, dann ist die gerne ein Abklatsch einer erfolgreichen US-Serie. Großverlage kaufen US-Erfolge ein. Was sich da gut verkaufte, wird auch hier gut laufen. Plus die Zwangsabnahmen, die den Büchermarkt füllen.
Auch ich habe im US-Setting geschrieben. Unter anderem meine liebe Horry, die ich irgendwann - ich fand mich unglaubwürdig, als deutsche Autorin einen Roman in Montana zu haben - nach Jahren in mein schleswig-holsteinisches Klaxdonnersbüll umschrieb. Der Roman gewann dadurch.
Des chaos Beobachtung teile ich: Englische Titel, US-Settings. Was anderes scheint nicht zu gehen. Ausnahmen wie Frankreich, Italien tauchen nur ganz selten auf. Es muß US sein. Ein wenig Vortäuschung falscher Tatsachen ebenso wie die englisch klingenden Pseudonyme. Was es in meinen Augen ganz sicher ist: vorauseilender Gehorsam. Die feste Überzeugung, daß nur Sachen aus USA ein Hit sein können, sich also dem Gedanken anbiedern und anpassen.
Und ja: Mich stören englische Titel deutscher Autoren. Ich fühle mich veralbert.
Für mich sind englische Titel nur ein Randphänomen. Ich lese vor allem Fantasy, Historische Romane, Krimis und in letzter Zeit vermehrt Thriller. Da kommt das eher nicht vor. Im Gegenteil, in den 1991 wurde das Buch "Resurrection Row" von Anne Perry als "Die roten Stiefeletten" übersetzt - 2006 wurde dieser Titel bei einer Neuausgabe eines anderen Verlages beibehalten.
Ich glaube, es ist müßig zu erwähnen, dass der deutsche Titel kaum einen Bezug hat zum Inhalt und dass Anne Perry gewohnheitsmäßig Örtlichkeiten im Titel hat (Callander Square, Paragon Walk,...), so dass der ursprüngliche Titel besser gepasst hätte.
Ich habe den Eindruck, die englischen Titel kommen nur bei Romance/Erotik sowie bei Selfpublishern oder einigen kleinen Verlagen vor. In vielen anderen Genres habe ich diesen Eindruck nicht gewonnen, und ich denke auch nicht, dass das in dem weiten Sinne um sich greift, wie Du es etwas überzogen schwarz gemalt hast.
Ich habe übrigens selbst ein englisches Pseudonym ;) als ich meine erste Kurzgeschichte veröffentlicht habe, habe ich noch Ägyptologie studiert. Die waren, insbesondere an meiner Uni, etwas schwierig mit belletristischen Veröffentlichungen (selbst und gerade im historischen Bereich), also brauchte ich für meine Selbsthilfegruppe der verhinderten Mörder ein Pseudoym.
Und da ich Irland mag, habe ich einen typisch irischen Namen gewählt.
Das war noch bevor Aileen P. Roberts mit ihren Fantasynamen an die großen Verlage kam. Inzwischen habe ich mir auch gedacht, dass es mir nicht gefällt, wenn man mich in so eine "Fantasyautoren müssen englische Namen haben ::)"-Schublade steckt.
Aber genau so blöd finde ich es, wenn jemand ständig das Pseudonym wechselt, obwohl es keine Gründe (Genrewechsel oder so) gibt. Also werde ich für 1 x im Jahr eine Kurzgeschichte meinen bisherigen Namen behalten, und sollte ich jemals mehr zustande bringen, schaue ich weiter.
Ich habe mich hier und dort mit LeserInnen unterhalten. Und habe mehr als nur einmal gehört, dass die lieber in den USA spielende Bücher lesen, weil Deutschland schlicht langweilig und spießig sei. Ich glaube, genau das ist es - der Ruf. Die Staaten haben - ob das so stimmt, sei jetzt mal unkommentiert dahingestellt - den Ruf von Freiheit und Abenteuer, Deutschland ist eng, kleinbürgerlich und eben spießig. Wer denn mal in die Staaten reist, hat Urlaub und erfährt dann auch die Freiheit, während hier Alltag herrscht.
Daher bringt das Setting, ob es nötig ist oder nicht, gleich schon ohne Aufwand Freiheit und Abenteuer mit sich, und wenn man einen englischen Titel wählt, dann weht auch dort noch mal ein frisches Lüftchen.
Ich denke da ähnlich wie Pan. Bücher, die in den USA spielen, haben immer irgendwie was von Freiheitssehnsucht, die in Großbritannien spielenden diesen für mich so ganz typisch britischen Charme. Mein erster Urban Fantasy-Versuch spielt auf der Isle of Man, weil mich das Raue und Ursprüngliche dieser Insel so reizt - trotzdem würde ich bei Veröffentlichungsversuch dem Buch keinen englischen Titel verpassen, weil ich das einfach nicht mag Was raue ursprüngliche Landschaft angeht, hätte das Buch genausogut auch in Norwegen oder auf Island spielen können und der Held hätte dann eben nicht Nate geheißen, sondern vielleicht Stig, Thore oder Gunnar. Nur wegen meiner Vorliebe für bestimmte Namen würde ich nicht unbedingt eine Romanhandlung ins Ausland packen - nur, wenn bestimmte handlungselemente es erfordern. Ich würde kein deutsches Buch mit englischem Titel nur deswegen ablehnen, und da wir es gerade im Rezensionenthread darüber haben, auch keinen Stern abziehen, aber erwähnen, dass ich es komisch finde, würde ich in einer Rezension auf jeden Fall.
Was ich spannend finde, ist ein "Boom" an Provence-Romanen, die nach meinem Gefühl gerade wie die Pilze aus dem Boden schießen, fast alle mit Lavendelblüten auf dem Cover oder Lavendel im Titel. Sehnsucht ist ein viel thematisiertes Gefühl in diesen Büchern - Sehnsucht nach Aufbruch/Ausbruch, einem neuen Leben, Freiheit. Ich gebe zu, ich liebe diese Bücher.
Was diese Entwicklung betrifft: Thaliope hat es wieder einmal genau auf den Punkt gebracht. :) Ich denke, es geht auch Vieles von den Verlagen aus bzw. bei den Autoren vom Verkaufswille. Scheint, als glaube man, dass sich englische Titel und amerikanische Settings besser verkaufen.
Wie ich das als Autorin sehe: Ist mir herzlich egal. Es muss passen. Ich habe kürzlich ein Manuskript mit englischem Titel verschickt. Nachdem ich mir zwei Wochen lang den Kopf über einen passenden deutschen Titel zerbrochen und keinen gefunden habe. Ich finde, das englische Wort passt, also mache ich das so. Sehe ich übrigens auch als Leser so, wenn ein deutsches Buch einen englischen Titel hat, der passt und gut klingt, warum auch nicht? Ich finde es nur schlimm, wenn mir der Titel nicht gefällt, aber das gilt auch für deutsche Titel, also macht das für mich keinen grossen Unterschied.
Zu den Settings: Ich wähle das Setting, das ich als passend und schön empfinde. Mittlerweile bevorzuge ich die Schweiz insofern, dass es einfach viel lebensechter wird, wenn ich einen Ort nehmen kann, den ich wirklich gut kenne (oder mir jederzeit anschauen kann). Aber ich liebe z.B. auch London, war auch schon einige Male dort. Wenn ich nun also Lust habe, mein Buch in London spielen zu lassen - ohne jeden weiteren Grund ;) - dann tue ich das. Punkt. Was mir aber nicht in den Sinn kommen würde, ist ein Buch nur um des Verkaufs Willen in die USA zu verlegen, das könnte ich auch gar nicht schreiben, wenn mir der Bezug dazu fehlt. Aber wenn ich einen Ort habe, in meinem Fall jetzt London, der mir eben gefällt, warum nicht? Warum sollte ich meine Skripte auf Teufel komm' raus in Deutschland oder der Schweiz spielen lassen, wenn mir mehr nach London (bzw. England als Ganzes) ist? Ich lege meine Settings dahin, wo ich sie haben will, ob das nun ein Schweizer Setting ist, weil ich Schweizerin bin oder ein englisches, weil ich es eben mag.
Zitat von: Witch am 24. Juli 2015, 13:44:35
Scheint, als glaube man, dass sich englische Titel und amerikanische Settings besser verkaufen.
Das ist nicht nur ein Glaube, ob sich etwas besser verkauft oder nicht. Verlage sind Unternehmen, und die schauen auf Zahlen. Wenn sich "Fly with me" besser verkauft als "Mit uns der Wind", sieht man das an den Zahlen. Natürlich ist der Titel nicht alles, aber die rechnen schon knallhart und testen, woran es liegt.
Zitat von: Witch am 24. Juli 2015, 13:44:35
Aber wenn ich einen Ort habe, in meinem Fall jetzt London, der mir eben gefällt, warum nicht? Warum sollte ich meine Skripte auf Teufel komm' raus in Deutschland oder der Schweiz spielen lassen, wenn mir mehr nach London (bzw. England als Ganzes) ist? Ich lege meine Settings dahin, wo ich sie haben will, ob das nun ein Schweizer Setting ist, weil ich Schweizerin bin oder ein englisches, weil ich es eben mag.
Dem stimme ich absolut zu. :D Ich muss Lust auf das Setting haben.
Zu den Titeln möchte ich noch kurz etwas zu bedenken geben, weil es gerade bei meinen Victorian Secrets so ein enormes Problem war. Durch den Schutz eines Titels sind viele schon vergeben und dürfen nicht mehr genau so verwendet werden. Bei der Reihe habe ich über 200 Titel vorgeschlagen, von denen, die dem Verlag gefielen, war nicht einer mehr frei. Bei den Subtiteln (Verbotene ...) hatte ich sogar hier im Zirkel nach Vorschlägen geforstet. Deutsche Titel zu finden ist für bestimmte Bereiche inzwischen wirklich nicht mehr so einfach. :P
Was das Setting angeht: Ich weiß von mindestens einer Autorin definitiv, dass sie ihr in Deutschland spielendes Skript auf USA ändern musste und das, obwohl es teilweise inhaltlich keinen Sinn ergab. Der Verlag bestand darauf, andernfalls hätte es die Veröffentlichung nicht gegeben. Inwieweit man da Stärke zeigen kann oder will und sein Setting durchsetzt, hängt meiner Meinung nach auch vom Verlag ab, ich weiß nicht, ob ich Heyne in so einem Fall widersprechen würde. ;)
Ich schreibe gerade zwei Urban-Dark-Fantasy-was-auch-immer Teile, die in London spielen. Und ich sage einfach mal: solange ich Fantasy schreibe, nehme ich mir das Recht, die Bücher dort spielen zu lassen, wo sie für meinen Geschmack am besten hinpassen. Ob das jetzt in einem freierfundenen Land ist, oder in einem den Gesetzmäßigkeiten der Fantasy angepassten London/GB ist, all das ist doch meiner eigenen Phantasie überlassen.
Wenn ich die ersten Ideen für einen Roman habe, ist da meistens schon sehr früh klar, wo das ganze spielen soll. Und dann ist es eben auch mal England oder Amerika. Letzten Sommer hatte ich dann die Idee zu einem Vampirroman in Deutschland, da waren ein paar interessante Rheinburgen ausschlaggebend. Einen Krimi über eine geheimnisvolle Bibliothek wollte ich in Italien ansiedeln und auch da kam mir die Idee durch einen Bericht über eine bestimmte Bibliothek in einer bestimmten italienischen Stadt.
Ganz sicher geht es nicht nur mir so und ich würde den deutschen Autoren, die ihre Bücher im Ausland ansiedeln nicht nur unterstellen, daß sie Deutschland als für die Leser langweilig empfinden. Bei einigen ist es vielleicht so, aber wenn wir schon für andere Dinge nicht in Sippenhaft genommen werden wollen, dann doch bitte nicht für gerade so etwas. Und schon gar nicht darin gipfeln, daß man diese Autoren mit Punkteabzug bei Rezis "abstraft" (wenn wir doch im Rezensionsthread gerade von allen Seiten hören, daß eine Rezi doch was ganz anderes bezweckt ;) ).
Gleiches für mich bei englischen Titeln.
Der Sehnsuchtsgedanke ist ein guter, das dürfte tatsächlich - vor allem in bestimmten Genres - ein guter Grund sein.
Und auch der Wunsch des Autors, seinen Roman dort spielen zu lassen, wo er seiner Meinung nach hinpasst, aber dann muss in meinen Augen eben auch Lokalkolorit vorhanden sein - und zwar mehr als "er reiste nach LA", ohne dass die Stadt dann in ihrem Flair auch gezeigt und eingefangen wird.
Ich habe (angefangene) Romane, die im Ausland spielen: "Selkie-Sommer" spielt in Schottland, weil ich das Land liebe, weil ich einen Ort brauchte, der einsam an einer wild romantischen Küste liegt und weil ich unberührte Unterwasserlandschaft brauchte, die durch Ölplattformen empfindlich gestört wird. Aber: Meine Protagonistin ist Deutsche, die dort ein Praktikum macht. Somit habe ich zum einen dem Ort einen Grund gegeben, zum anderen noch immer den Bezug zu Deutschland.
"Bis ans Ende der Welt" sagt es schon: Hier reist jemand. Und zwar nach Bali. Aber erst in der zweiten Hälfte des Romans, in der ersten ist meine Protagonistin noch in Kiel. Und ihre Reise ist eine Flucht, aber auch eine Sehnsuchtsreise - passt also perfekt in den Eskapismus.
Ich habe noch einen ziemlich toten angefangenen Roman, der auch in D beginnt und auf einer Mittelmeerinsel fortgeführt wird. Hier geht es ums Tauchen, und die Protagonistin entflieht auch hier ihrem Alltag und arbeitet dann eben auf einer Tauchbasis. Das wäre in Deutschland einfach nicht möglich, weil man hier zwar Tauchen kann, wir aber keinen nennenswerten Tauchtourismus haben und somit auch keine Basen mit angeschlossenem Resort, auf dem man als Tauchlehrer in Vollzeit arbeiten kann.
Alles andere - "Barfuß durchs Leben", "Mit Deinen Flügeln", "Auf der anderen Seite" und mindestens ein weiterer, uralter und unvollendeter Jugendroman, spielen in Deutschland. Weil es keinen Grund gab, sie zu verlegen. Okay, "Auf der anderen Seite" spielt überwiegend in einer Parallelwelt, aber eben in einer deutschen. ;)
Was den Punktabzug angeht: Man kann bei Amazon keine halben Punkte vergeben. Wenn mich ein Roman absolut überzeugt, dann merke ich in der Rezension an, dass ich es blöd finde, dass er einen englischen Titel trägt, bleibe aber bei meiner Punktzahl. Wenn ich aber zwischen zwei Punktwerten schwanke, dann kann es passieren, dass Titel und / oder Handlungsort den entscheidenden Schubs in die entsprechende Richtung geben. Denn ich bewerte noch immer das Gesamtpaket - und auch, wenn ich über haufenweise Tippfehler stolpere, führt das zu Abzügen, auch wenn man hier sagen könnte, dass der Autor auch nichts dafür kann, schließlich gab es (hoffentlich) noch einen Lektor und Korrektor.
Siehe Parallelthread zum Thema Rezensionen: Für mich ist eine Rezension nicht die Bewertung des Autors, sondern des Produktes "Buch". Und das besteht eben aus mehr als dem Inhalt.
Nycra: Mit dem Hintergrundwissen zu Deinem Titel fällt es mir definitiv leichter, es zu verstehen. Ich gebe aber zu, dass es mich irritiert hat, dass die Reihe einen englischen Übertitel hat. ;)
Und das Verlegen in die USA - ich weiß nicht, ob ich es tun würde. Ich bin manchmal extrem stur, und wenn ich mich an einem Setting versuchen soll, das ich nicht persönlich kenne, bin ich eher nicht dazu bereit, es zu nutzen. Aber wenn der Verlag mir die Recherchereise zahlt ... ;)
Moni, das trifft ja zum Teil auch wieder meinen Gedanken: Du hast Gründe, Deine Geschichten an bestimmten Orten anzusiedeln. Das lasse ich immer gelten. Ein Roman, der aber überhaupt nicht zeigt, warum er dort spielt, wo er spielt, weckt bei mir halt immer das Gefühl, es sei total beliebig, und dann habe man ihn eben der Verkaufbarkeit wegen in die USA verlegt. Das widerstrebt mir einfach.
Und eine Rezi ist in meinen Augen dafür da, meine subjektive Meinung zum Buch möglichst objektiv (!) rüberzubringen. Also eben kein "alles voll Kacke", sondern "das Buch hat mir nicht gefallen, weil ...". Und dazu gehören für mich eben auch Äußerlichkeiten wie Cover, Handlungsort, Titel und Fehlerquote. Aber das schreibe ich lieber drüben. ;)
Es gibt mehr als genügend Leser, die öffentlich sagen, dass sie keine deutschen Autoren lesen, weil wir angeblich nicht schreiben könnten. Daher kamen ja auch viele der englischsprachigen Pseudonyme.
Was allerdings auch noch mitspielt, ist meiner Meinung nach eine unterschiedliche Erwartungshaltung an das Setting und sogar die (angebliche) Nationalität des Autoren. Skandinavische Krimis sind anders als britische, amerikanische, deutsche. Französische Liebesgeschichten sind anders als englischsprachige, deutsche, japanische.
Ich habe selbst in der Leserunde zu meinem historischen Liebesroman ein paar mal zu lesen bekommen, dass die Sexszenen unerwartet und unnötig waren und saß sehr ungläubig vor dem Bildschirm. Ich wiederhole: Ein historischer Liebesroman. Er spielt in England 1604. Er gehört in das Genre, das wahrscheinlich alle Mädels mal irgendwann aus Mutters Bücherregal stibitzt haben. Das Genzre, bei dem in den 90ern ein halbnackter Fabio mit immer anderen halbnackten Damen auf dem Cover war. Da erwartet jemand keinen Sex? Empfindet drei solcher Szenen sogar schon als drei zuviel? Dann fing ich mal an, darüber nachzudenken, welche historischen Liebesromane ich von deutschen Autorinnen (oder zumindest welchen, die dem Namen nach nicht englischsprachig waren) gelesen habe ... und tatsächlich fiel mir kein klassischer Nackenbeißer ein, sondern nur Bücher in Richtung "Die Wanderhure" (oder eben andere "Die *bitte weibliche Berufsbezeichnung einfügen*) oder sehr sittsame Liebesromane, die, falls die Protagonisten überhaupt im Bett landen, rechtzeitig ausblenden).
Das selbe Phänomen hatte ich übrigens bei Codename Nike ebenfalls. Vampirroman, wir reden während der Bewerbungsphase über JR Ward, Lara Adrian, Sherrilyn Kenyon, etc. Trotzdem ist eine Leserin überrascht, weshalb in dem Buch Sex vorkommt. Genauso ein Leser, den ich warnte, dass es ein Frauenbuch ist und der nur meinte, er würde auch Sex and the City schauen. Wie gesagt, wäre das Buch unter Pseudonym als angebliche Übersetzung erschienen, hätte wohl keiner nachgefragt.
Es scheint also noch ein langer Weg zu sein, ehe sich deutsche Autoren und deutsche Settings in Leserköpfen als gleichwertig zu den englischsprachigen Pendants durchgesetzt haben.
Marketing ist nie überflüssig.
Man muss halt auch sehen, dass wir von der angelsächsischen Leitkultur geprägt sind. Ich habe auch schon englische Titel verwendet - "The War Is Over" ist ein Zitat, das geht nur auf Englisch.
Mache ich auch bei Kapitelüberschriften, zum Beispiel:
"Always wear eye protection"
"This is The End"
"Nuke 'em"
"Tea Time"
Ich versteh irgendwie nicht, warum man als deutscher Autor eine Handlung in die USA oder England "verlegt". Warum soll ich nicht etwas da spielen lassen, wo ich will? Das ist für mich das schöne am Schreiben. Ich brauche nicht auf Produktionskosten gucken. Ich kann sagen, mein Buch spielt in New York, dann spielt es da, ich kann sagen, mein Buch spielt auf dem Mars oder in einer Fantasywelt, dann spielt es da. Ich habe auch schon zwei Bücher in Hamburg spielen lassen, aber ich finde es nach einer zeit langweilig, weil ich immer schon mehr reizt, über Sachen zu schreiben, die ich nicht kenne.
Ws ich aber wie Chaos auch nervig finde, wenn Autoren sich keine Mühe machen, ein klein wenig zu recherchieren. Wenn nur einmal erwähnt wird, wo es spielt, aber keinerlei Beschreibung der Orte erfolgt. Dann ist es wirklich beliebig. Klar es gibt Geschichten, da spielt das auch keine große Rolle, wo es spielt, wenn die ganze Handlung nur in der Wohnung stattfindet oder so. Aber ich rege mich dann auch nicht ständig darüber auf, sondern verdreh einmal die Augen.
Außerdem ist es doch schön, wenn man einen Grund hat, über die Orte an denen man es spielen lässt zu recherchiren, oder gar mal da hinzufahren. Seit ich die Idee hatte ein Buch in San Francisco spielen zu lassen, will ich da unbedingt mal hin. Als erstes habe ich mir Bücher besorgt, die von deutschen Auswanderen geschrieben wurden (z.B. Milena Moser). Das war sehr praktisch, weil da die ganzen kulturellen Unterschiede vorkommen.
Bei dem Buch, das in England spielt, habe ich mir ewig die Landschaft und Orte in google street view angeguckt.
Wie die anderen schon sagten, man ist eben dadurch geprägt, was man kennt. Da kann ich Thali auch voll zustimmen, deutsche Settings verbindet man eben eher mit anspruchsvoller Literatur oder sowas wie Tschick, deutsche Provinz als Setting kann ja auch spannend sein, nur ganz anders als eine amerikanische Kleinstadt.
Wenn ich jetzt ein Buch in Bayern spielen lassen wollte, müsse ich dafür genauso viel recherchieren, als wenn ich es z.B. in Italien spielen lassen wollte oder auch England.
Bei Titeln stört es mich nur, wenn man es einfach auch auf Deusch hätte übersetzten können und es auch gut geklungen hätte oder wenn der Titel noch grammatisch falsch ist. Am besten noch original englische Titel mit einem neuen englischen Titel. Das regt mich richtig auf. Bevor es ein richtig schlechter deutscher Titel als Übersetzung ist, dann doch lieber den Originaltitel übernehmen.
edit: ich finde ja schlechte deutsche Titel eigentlich viel schlimmer.
Da wird zum Beispiel "The iron king" zu "Plötzlich Prinzessin" oder Shadwoland zu "Auch Geister können küssen" oder Cinder Lunar Chronicles zu "Wie Monde so silbern". Oder Everneath zu "Ewiglich die Sehnsucht". ::)
Wenn ich die englischen Titel nicht kenne würde, würde ich viele Bücher gar nicht lesen, weil die deutschen Titel so bescheuert sind.
Da spielt wahrscheinlich auch rein, was Nika ansprach, dass in Deutschland der Titelschutz so streng ist, dass man kaum noch was Neues findet.
Für mich sind Titel und Handlungsort zwei paar Schuhe.
Ich siedle meine historischen Romane gerne in Großbritannien an - das ist ein Land, das ich sehr liebe, in dem ich oft gewesen bin, und mit dessen Geschichte ich je nach Epoche vertrauter bin als mit der Deutschen. Ich freue mich, meine Begeisterung für Land und Leute mit dem Leser zu teilen, meine eignen Landschaftsbeobachtungen einfließen lassen zu können und beim Leser diesen Hauch von Fernweh zu erzeugen - nicht so unerreichbar wie bei "Love and Landscape"-Romanen, aber im Sinne von "Könnte man eigenlich mal wieder hinfahren". Ich denke auch, dass die Mentalität meiner Figuren oft der britischen mehr entspricht als der deutschen, und es ist auch eine Genrefrage: der klassische Gaslicht- oder Schauerroman spielt in Großbritannien, der klassische Krimi ebenfalls, und wenn ich mit den Erwartungen an das Genre jongliere, tue ich gut daran, mich scheinbar klassischer Schauplätze zu bedienen. Es stimmt den Leser gleich auf die richtige Stimmung ein.
Ich schrecke auch nicht davor zurück, zeitgenössische Romane in Deutschland spielen zu lassen, und das dann auch noch in so unspektaturlären Orten wie Schwerte an der Ruhr oder dem fiktiven Vorort Wachteln - insbesondere, wenn mir wichtig ist, dass meine Leser nicht völlig abheben vor lauter Phantastik und Romantik, sondern immer nochnmal mit einem Fuß auf der Erde bleiben. Dieser scheinbare Konflikt zwischen dem Träumerischen und dem Banalen ist etwas, mit dem ich gerne spiele, und das deutsche Leserpublikum nimmt deutsche Schauplätze einfach per se als banaler war, als es Schauplätze mit Fernwehfaktor tun - und dazu kommt, wenn man in realen Orten arbeitet, ist man bei in Deutschland spielenden Romanen doppelt so sehr verpflichtet, dass auch wirklich jedes Detail stimmt, einfach weil die Wahrscheinlichkeit, dass Leser dort ein und aus gehen, höher ist, als wenn ich das Buch in den hügeligen Weiten von Wales ansiedle. In meiner Jugend habe ich mich sehr über das Kinderbuch "Jan und das Wildpferd" von Heinrich Maria Dennebrog aufgeregt, das in Merfeld spielte, dem Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, wo der Autor aber niemals einen Fuß hingesetzt hat und wo von der Ortsbeschreibung über das Verhalten der Leute einfach nichts stimmte. Hätte das Buch stattdessen von Mustangs im fernen Amerika gehandelt, ich hätte es dem Autor vielleicht verziehen.
Bücher, die an keinem bestimmten Ort spielen, aber mit Selbstverständlichkeit ihren Hauptfiguren englischsprachige Namen geben, sind noch etwas anderes - wenn man das Gefühl hat, es ist nur aus marketingtechnischen Gründen passiert. Aber wo ich wirklich auf die Barrikade gehe, sind deutschsprachige Bücher, von deutschsprachigen Autoren, deren deutsche Originalausgabe unter einem englischen Titel erscheint. Das finde ich so affektiert und peinlich, dass diese Bücher von mir weder gekauft noch gelesen werden. Wenn ich das Gefühl habe, Verlag wie Autor wollen entschuldigen oder verschleiern, in welcher Sprache das Buch geschrieben wurde, fühle ich mich getäuscht. Es stört mich auch, dass so viele dieser Titel nicht erst vom Verlag vergeben werden, aus marketingtechnischen Gründen, sondern schon vom Autor so gewählt - ich sehe das ja im Romanboard und während des Nanos.
Deutsche Autoren, die auf englisch schreiben, dürfen genre mit englischsprachigen Titeln arbeiten. Handelt es sich um feststehende Begriffe, die sich so nicht übersetzen lassen - z.B. hatte Timmytoby einen Roman mit Poker-Hintergrund und dem Titel "Big Blind", was auch im deutschen so heißt" - ist das etwas anderes. Aber wo es gar nicht mehr geht, ist, wenn die Titel nicht nur auf englisch sind, sondern auf schlechtem Englisch. Ich liebe die englische Sprache. Wenn dann ein deutscher Roman den Titel "Pay in Love" trägt, rollt mir das nicht nur die Zehennägel hoch, sondern bringt auch den Anglisten in mir zum Weinen. Weil viele Deutsche eben kein so gutes Englisch sprechen wie ein anglophiler Leistungskursschüler, müssen die Titel dann ganz einfach, simpel und idiotensicher sein - wo man auf Deutsch ein rafiniertes Wortspiel in den Titel hätte einbauen können, bekommt das Buch stattdessen einen englischen titel vom Niveau "Ich Tarzan Du Jane".
Ich liebe Sprache. Und diese Verkümmerung tut mir weh. Bevor die Eurovision die Sprachregel, nach der jedes Land in seiner Landesprache vertreten werden musste, hatten wir sehr schöne, komplexe Lieder - man verstand sie vielleicht nicht, aber wenn man mal eine Übersetzung gefunden hatte und sah, dass der Song von zwei Liebenden handelt, die nicht zueinanderkommen können, weil zwischen Mols und Skagen in Norddänemark zu viel Schnee liegt, dann war das von berückender Schönheit und ermutigte, mehr Sprachen zu lernen. Fünfzehn Jahre nach dem Fall der Sprachregel haben die meisten Lieder nur noch simple, knappe Texte, bei denen sich "Love Love Love", "Schalalalalala" und dadaistische Schätzchen à la "I'm a Jocker I'm a Shocker I'm a Rocker I'm a Pocker" die Klinke in die Hand geben. So läuft es bei den Buchtiteln genauso. Wenn ich wählen muss zwischen Simmels "Im Frühling singt zum letzten Mal die Lerche" und "Underwater Kisses", weiß ich, was ich wähle.
Ich kenne die Kehrseite der Medaille. Ich kenne Leser, die nicht rot werden, wenn sie erklären, dass sie grundsätzlich keine deutschsprachigen Bücher lesen, weil deutsche Autoren nicht schreiben können. Zugegeben, es ist einfacher, auf Englisch gut zu schreiben als auf Deutsch - im deutschsprachigen Bereich fällt mir ein schlechter Stil, sprachliche Ungeschicklichkeit, schneller auf, weil unsere Sprache ein paar Fallstricke mitbringt, in denen sich Autoren zu schnell verheddern - Plusquamperfekt und Konjunktiv wirken im Deutschen viel schneller störend als im Englischen. Aber diese Problematik löst man nicht, indem man den Lesern mit einem englischen Titel eine Internationalität vorgaukelt, die so nicht gegeben ist. Und Leser lassen sich nicht gern übers Ohr hauen. Englischsprachige Titel, in Kombination mit einem englisch klingenden Pseudonym - das ist schlichtweg Etikettenschwindel. So oft ich mich auf politischer und historischer Ebene auch geschämt habe, Deutsche zu sein, stehe ich zu meiner Herkunft, meiner Sprache, und sehe nicht ein, warum ich mich nur aus marketingtechnischen Gründen als etwas ausgeben sollte, das ich nicht bin.
Um mich hier auch mal einzumischen: Ich bin auch ein deutscher Autor und gebe meinen Büchern gerne englische Titel. Nicht allen, sondern nur denen, bei denen mir die englische Schreibweise einfach besser gefällt, weil es schöner klingt. "Black Bones" ist für mich zum Beispiel wesentlich klangvoller als "Schwarze Knochen". Und auch "Dimension Shift" ist schöner als "Dimensionswechsel". Gebe ich einem Buch einen deutschen Titeln, dann liegt es daran, dass mir dort deutsch besser gefällt ("Von Mädchen und Morden", "Vierzehn Sünder").
Zudem mache ich es auch ein bisschen vom Ort der Handlung abhängig. Spielt es größtenteils in Deutschland, ist der Titel deutsch, spielt es aber im englischsprachigen Raum (England, USA, Irland usw.) oder International und der Protagonist ist kein Deutscher, dann finde ich persönlich englische Titel passender. Aber das ist natürlich nur meine Meinung und ich verstehe eure Argumente gegen englische Titel bei deutschen Autoren. Ich gehe nur nicht damit konform.
Ein Roman von mir hat den Titel "Sleepless in Bangkok" und ich finde das weder affektiert noch peinlich. Es ist eine Anspielung auf den Originaltitel des amerikanischen Films "Sleepless in Seattle".
Mich stört es nicht, wenn deutsche Romane englische Titel haben. Manchmal bin ich irritiert und bin nicht sicher, ob es sich um ein englisches oder deutsches Buch handelt, aber da hilft ein Blick auf den (deutschen) Klappentext. Es leuchtet mir zwar nicht ein, warum im Moment jeder Erotik- oder Romanceroman einen englischen Titel haben muss, aber ist halt eine Modeerscheinung wie früher mal die Titel, die mit "wenn" anfingen oder nur aus einer Berufsbezeichnung bestanden o.ä. Was mich da mehr stört sind englische Titel, denen dann noch ein deutscher Titel hinterhergeschoben wird. Warum dann nicht gleich nur den deutschen Titel nehmen? Weil es nicht so schick klingt, vermutlich. Englische Titel sind offenbar gerade einfach mal schick. Egal, solange der Romaninhalt gut ist, kratzt mich das nicht. Ich würde nie aus Prinzipienreiterei auf einen tollen Roman verzichten, nur weil der Titel englisch ist, aus welchen Gründen auch immer.
Zu den Schauplätzen: Auch da sind wohl gerade ausländische Schauplätze schick und trendy. Zu den Gründen ist ja schon einiges hier geschrieben worden. Ich lese selbst gerne Romane, die in Ländern spielen, die ich interessant finde. Z.B. liebe ich Malinches Peru-Romane. Da gehört aber auch die Handlung dorthin, die könnte einfach nicht woanders stattfinden. Ich habe auch schon Romane gelesen, die angeblich in New York spielten, aber davon war nichts zu merken. Hätte auch Castrop-Rauxel sein können.
Andererseits mag ich auch Romane sehr gern, die hier in Deutschland spielen. Ich freue mich, wenn ich bekannte Orte wiederfinde, zu denen ich eine Beziehung habe, z.B. Schwerte (Heimatort meines Vaters) im Geigenzauber, oder sogar Hamm (wohne 15 km entfernt) in "Papa".
Ich selbst schreibe nur über Orte, die ich kenne (außer Fantasy, da lehne ich die Orte an die an, die ich kenne und mische gerne mal mehrere). Um über etwas so zu schreiben, dass es für den Leser erlebbar ist, reicht mir Google-Earth nicht, da brauche ich sämtliche Sinne. Möglich, dass andere Autoren das nicht benötigen. Es gibt einen egoistischen Grund, warum ich die Handlung meiner Romane gerne an Schauplätze außerhalb Deutschlands verlege: Fernweh! Wenn ich z.B. eine Geschichte schreibe, die in Bangkok spielt, dann kann ich mich wieder in diese faszinierende Stadt versetzen, dann ist es für einen Moment so, als wäre ich dort. Das liebe ich. Mir gefällt außerdem, dass viele Leser die Liebe zu dem beschriebenen Land mit mir erleben können und vielleicht sogar Lust haben, auch dorthin zu reisen. Darum schreibe ich jetzt auch endlich mal einen Roman, der in Irland spielt. ;D Ich würde aber nie auf die Idee kommen, jetzt einen Provence-Roman zu schreiben, weil es gerade in ist, ein bisschen googlen und das war es. Damit könnte ich dem Land nicht gerecht werden und es käme mir auch wie Betrug am Leser vor. Aber das ist wie gesagt meine Art zu schreiben, andere kriegen es vielleicht super hin, ein Land zu beschreiben, das sie nur von Fotos kennen. Obwohl ich, zugegeben, mir einbilde, zumindest im Fall von Irland zu merken, wenn jemand darüber schreibt und noch nie dort war.
Zitat von: Maja am 24. Juli 2015, 15:48:21
Wenn ich wählen muss zwischen Simmels "Im Frühling singt zum letzten Mal die Lerche" und "Underwater Kisses", weiß ich, was ich wähle.
Ich würde wahrscheinlich das neueste Buch von Walter Moers nehmen. ;D Mal abgesehen davon klingt "Unterwasser Küsse" in meinen Ohren auch nicht wirklich prickelnd.
Mein ursprünglicher Arbeitstitel lautete übrigens "Underwater Love" (oh je, schon wieder englisch), benannt nach dem Lied "Underwater Love" und ich wählte ihn aus dem einfachen Grund, weil mir nichts Besseres einfiel. Zusätzlich habe ich dem Verlag mehrere Titelvorschläge gemacht (es waren zu 100% deutsche Titel), aber er hat sich dann eben für "Underwater Kisses" entschieden.
Zum Thema Schauplätze: Ja, "Underwater Kisses" spielt in Amerika. Warum? Mir war danach und mein zweiter Roman spielt, aus dem selben Grund, ebenfalls in den USA. Ich wusste auch nicht, dass es da irgendwelche Einschränkungen gibt. Allerdings bin ich auch nicht auf die USA fixiert. Meine anderen Romane spielen zum Beispiel in Paris, in einem reinen Fantasy-Setting oder (aktuell) im schönen Hamburg-Rahlstedt.
@Winkekatze "Unterwasser Küsse" wäre ja auch falsches Deutsch gewesen. Aber "Unterwasserküsse", "Unterwasser Küssen" oder, mein Favorit "Küssen unter Wasser" wären doch alle in Ordnung gewesen. Ich wusste übrigens auch nicht, dass es von dir ist. Aber es ist genau so ein Beispiel von Büchern, die ich nicht in die Hand nehme - englischer Titel plus englisches Pseudonym ist wirklich nichts für mich.
Wer jetzt für "Pay in Love" verantwortlich ist, weiß ich nicht, und ich will auch wirklich niemandem auf die Füße treten - aber nächstes Mal, wenn es ein englischer Titel sein muss, lasst es wenigstens richtiges Englisch sein.
Zitat von: Maja am 24. Juli 2015, 18:12:09
@Winkekatze
"Unterwasser Küsse" wäre ja auch falsches Deutsch gewesen.
Da hast du wahr. ;)
ZitatIch wusste übrigens auch nicht, dass es von dir ist. Aber es ist genau so ein Beispiel von Büchern, die ich nicht in die Hand nehme - englischer Titel plus englisches Pseudonym ist wirklich nichts für mich.
Wer jetzt für "Pay in Love" verantwortlich ist, weiß ich nicht, und ich will auch wirklich niemandem auf die Füße treten - aber nächstes Mal, wenn es ein englischer Titel sein muss, lasst es wenigstens richtiges Englisch sein.
"Pay in Love" ist von Astrid Freese.
Schon gut, ich wollte ja auch gar nicht schimpfen, sondern nur erklären wie der Titel zustande gekommen ist. Normalerweise sind mir deutsche Titel ja auch lieber. Nur in dem speziellen Fall habe ich nicht näher darüber nachgedacht.
Ganz pragmatisch gesagt:
Wenn dieser übertriebene Titelschutz in Deutschland nicht bald verschwindet oder zumindest abgemildert wird, werde ich auch irgendwann mit Englisch arbeiten.
Warum?
Alle einigermaßen kurzen, passenden Titel sind bei der Millionenflut von Büchern im Deutschen bereits vergeben. Man kann höchstens noch lange Bandwürmwörter oder ganze Sätze nehmen, und die machen sich online als thumbnails bei Amazon fürchterlich, da komplett unleserlich.
Den Briten und Amerikanern andererseits ist Titelschutz so was von "Rutsch mir den Buckel runter..."
Da sind dann wenigstens Chancen, einen halbwegs leserlichen Titel auf das Buch zu kriegen.
Nebenbei bemerkt, ich habe (bei einem anderen Verlag, unter anderem Namen) ein Romantik-Fantasy-Buch veröffentlicht, das in Deutschland spielt. Das Buch ist nie über einen Verkauf pro Monat rausgekommen. Das Genre scheint Englisch und ein ausländisches Setting einfach zu brauchen.
Zitat von: FeeamPC am 24. Juli 2015, 18:33:16
Ganz pragmatisch gesagt:
Wenn dieser übertriebene Titelschutz in Deutschland nicht bald verschwindet oder zumindest abgemildert wird, werde ich auch irgendwann mit Englisch arbeiten.
Warum?
Alle einigermaßen kurzen, passenden Titel sind bei der Millionenflut von Büchern im Deutschen bereits vergeben. Man kann höchstens noch lange Bandwürmwörter oder ganze Sätze nehmen, und die machen sich online als thumbnails bei Amazon fürchterlich, da komplett unleserlich.
Der Titelschutz ist ja einerseits ganz sinnvoll, aber andererseits gibt es immer wieder große Verlage, die sich trotzdem darüber hinwegsetzen. Da stehen dann im Börsenblatt diese lustigen Titelschutzanzeigen, mit einem Kochbuch und einem Krimi nebeneinander, die halt beiden "Der Gourmet" heißen (Titel gerade von mir aus der Luft gegriffen, Genrekonstellation nicht!)
Gerade in Zeiten von SP greift der Titelschutz ja gar nicht mehr, welcher SPler schaut den wirklich nach, ob es eine Titelschutzanzeige gibt? Würde ich vermutlich auch nicht machen, manche Verlage sichern sich ja Titel en Gros und das kann auch wieder nicht Sinn der Sache sein.
Da bleibt einem wirklich nicht mehr viel übrig, als auf englische Titel auszuweichen.
Mich stören eigentlich auch nur Titel in furchtbarstem Denglisch, mit gutem Englisch, bei dem Titel und Inhalt zusammenpassen finde es besser, als einen unharmonischen deutschen Titel, der irgendwie an den Haaren herbeigezogen ist.
Lange im Voraus sichern können sich nicht mal große Verlage einen Titel. Der Titelschutz verfällt nach ein paar Monaten, wenn der Titel nicht tatsächlich benutzt wird.
Früher war es so, dass Bücher, die nicht mehr verkauft wurden, vom Markt verschwanden, und der Titel damit wieder nutzbar wurde. Heute, dank Ebook und BOD, verschwindet praktisch kein Titel mehr, und der Titelschutz blockiert damit die Titelgebung neuer Bücher.
Außer natürlich, den Titel gibt es schon so oft, dass es auf ein Buch mehr oder weniger mit dem gleichen Titel nicht mehr ankommt.
Kann diese Neigung des Marktes nach englischen Titeln nicht auch mit der Fernseh- und überhaupt der visuellen Medienkultur zu tun haben, wonach Deutschland eine Kolonie Hollywoods ist? Schließlich müssen Bücher anknüpfen daran, was schon bekannt ist, aber immer noch fremd genug, dass der Leser träumen kann und nicht das Publikum aufschreit: "Aber in Castrop-Rauxel steht am Kreisverkehr zwischen Jahnstraße und Bahnhofstraße doch kein Transformatorhäuschen!" – und das schlecht recherchierte Machwerk in die Ecke pfeffert. Langatmig beschreibende Wälzer à la Manns Buddenbrooks ziehen heute nicht mehr, wenn sie überhaupt bei irgendwem je gezogen haben außer bei Deutschlehrern ("Wunderbar diese langen, sich über Seiten hinziehenden Kommatiradensätze, kann ich die Gören schön mit quälen, au jaaa"). Handlung ist gefragt, die Stimmung wird zwischen die Zeilen verbannt. Da dort so viel Platz nicht ist und auch dem Publikum die Fantasie fehlt, irgendwas hineinzulesen, leiht man das Zeug einfach implizit von Hollywood.
Das könnte umgekehrt auch der Grund sein, warum mir etwa Peter Hoeks Roman "Fräulein Smillas Gespür für Schnee" nicht so gut gefiel: Zu viel Handlung, zu wenig Stimmung, ich kenne Dänemark und Grönland nur in einzelnen Puzzleteilen und hätte mir mehr Verweilstrecken gewünscht.
Und ich finde es generell und grundsätzlich auch sehr fragwürdig, wenn der Autor, sich dem Willen des Literaturagenten oder Verlags beugend, seinen Text ändert, um dem behaupteten Publikumsgeschmack zu entsprechen. Bei Auftragsarbeiten ist das ja noch legitim, aber bei Werken, die dem eigenen Herz entsprungen ist, grenzt das an Nötigung zum Selbstverrat. Tja, ja, der schnöde Mammon.
Da ich nur noch auf Englisch lese, fällt mir das mit den englischen Titeln nicht so auf, welches Genre das ist, ob das Übersetzungen sind, etc.
Zitat von: Pandorah am 24. Juli 2015, 13:54:25
Das ist nicht nur ein Glaube, ob sich etwas besser verkauft oder nicht.
Na ja, ich würde da Verlage nicht zu sehr überschätzen. Auch das auch eine Industrie und wie man vielleicht hier in den Köpfen präsenter anhand der Film- und Videospielindustrie sieht, wird halt auch einfach gern auf "bewährtes" und bekannte Muster gesetzt, oft auch sehr, sehr unabhängig von den (potentiellen) Verkaufszahlen.
Gerade so Anekdoten wie von Fee:
Zitat von: FeeamPC am 24. Juli 2015, 18:33:16
Nebenbei bemerkt, ich habe (bei einem anderen Verlag, unter anderem Namen) ein Romantik-Fantasy-Buch veröffentlicht, das in Deutschland spielt. Das Buch ist nie über einen Verkauf pro Monat rausgekommen. Das Genre scheint Englisch und ein ausländisches Setting einfach zu brauchen.
Das sitzt dann eben in allen Köpfen fest; bei Autoren, Lesern und Verlagen gleichermaßen. Wie man im Thread sieht schreiben ja praktisch alle mit "fremdem"/"exotischem" Setting weil sie es wollen oder weil sie keine andere Wahl haben ("was anderes verkauft sich ja nicht") oder beides. Aber da kann man den/die Einzelne/n nicht kritisieren, finde ich, sind ja beides gute Gründe. Aber da es "alle" machen, müssen es dann auch alle so machen, verkauft sich ja.
Was ich dann daran schade finde, ist, dass Möglichkeiten nicht genutzt werden. Ich würde da denen zustimmen, die hier schreiben, dass dann so ein Setting wie "New York", "London", "Irland", etc. auch oft verlockend leicht einfach als Shortcut für die Atmosphäre verwendet wird/werden kann.
Ich habe vor ein paar Wochen die "Rivers of London"-Reihe gelesen und fand es gerade klasse, wie sehr London als Stadt und Setting auch präsent ist. (Gleichzeitig war ich aber auch ein bisschen gelangweilt, weil es eben schon wieder London war.) Aber sowas fände und finde ich toll auch für unbekanntere Orte und Städte, auch in Deutschland, und freue mich, wenn ich das umgesetzt sehe.
Ich schreibe ja auch nur auf Englisch, aber auch nur deutsche Settings. Ich finde das einfacher, da ich bei den Aspekten, die das Setting realer machen, wie: Wo treffen sich die Nazis, gibt es eine LGBTQ-Szene, wo gehen Nachts die Teenies hin und wo die Prostituierten, welche Ecke war vor zehn Jahren für türkischstämmige Jugendbanden verschriehen, von denen aber lustigerweise nie jemand was gesehen hat? usw. ungefähr weiß, wie relevant das für mein Setting ist.
Es kann mir doch aber auch niemand erzählen, dass eine heiße Romanze mit einem Fußballstar von Bayern München, von radioaktivem Material angelockte Drachen im Kampf mit Castor-Gegnern zwischen Lüneburg-Dannenberg oder ein Zombie-Apokalypsen-Ausbruch bei Bayer in Leverkusen nicht spannend oder sexy genug wären und deswegen unbedingt in London spielen müssen. Nicht, dass das jemand unbedingt schreiben muss, aber ich fände es jedenfalls schade, wenn Ideen zu sowas direkt im Kopf wieder begraben werden, weil die Verlage/Leser angeblich nur angelsächsische Settings (und Themen) wollen.
Ein
ZitatZombie-Apokalypsen-Ausbruch bei Bayer in Leverkusen
hätte vermutlich sogar noch Chancen!
Ich würde wirklich gerne mal einen Fantasyroman lesen, der in Castrop-Rauxel spielt. Da greift kein Fernweh bei mir, aber Heimweh, und die Sehnsucht nach einer Kindheit, die leider viel zu kurz war. Bei aller Love-and-Landscape-Romantik darf man die Macht der Sentimentalität nicht vergessen, und Castrop-Rauxel ist groß und interessant genug für eine interessante Geschichte und Leser, die sich selbst genre an ihre Zeit im Ruhrgebiet zurückerinnern-.
Aber irgendwie kann ich mir kein Fantasy in Castrop-Rauxel vorstellen. Das klingt schon so nach Frittenbude, altem Tagebau und Rütgers Chemicals. Man kann sich der Assoziationen, die man so hat (und erstaunlicherweise haben da viele Deutsche die gleichen), ja nicht erwehren. Aus dem gleichen Grund steht L.A. für Sonne, Stars und JetSet, New York hat diesen internationalen Flair, der schwer zu definieren ist, und GB hat den britischen Charme mit Tee, Tradition und Königshaus. Wenn ich Lust dazu habe, meinen Roman da spielen zu lassen, warum auch nicht. Das ist da, wo man die Größen in Wirtschaft, Wissenschaft und Politik findet und das ist den meisten meiner Romane eher zuträglich, da das zu meinen Charakteren passt.
Und für mich macht der Klang der Ortsnamen als Setting auch viel aus. Ein Fantasyroman passt durchaus nach Lahnstein oder Weißenburg, weil sich das schon nach Fantasy anhört - relativ weicher Klang, ein bestimmter Ort schon im Namen integriert (Felsen und Burg) und die Namen könnten auch so schon vor 300 Jahren existiert haben. Settings für Urban Fantasy kann ich mir schon wieder schwieriger im Deutschen vorstellen - aber auch das geht. München, Frankfurt, Hamburg - da kann sich ein Vampir-Coven genauso gut niederlassen wie in besagten amerikanischen Städten.
Aber viele deutsche Städte klingen eben in meinen Ohren total nach Provinz mit all ihren Nachteilen. Rollerfahrende Jugendliche, Jungesellenfeste, Schützenverein. Nicht, dass das an sich schlecht wäre, aber das muss ich nicht auch noch beim Lesen haben. Da liegt das englischsprachige/exotische Setting irgendwie nahe.
Dazu kommt: diverse Ruhrpottstädte, generell am Niederrhein oder im Osten Deutschlands haben diesen harten Klang - wie eben Castrop - Rauxel. Am besten noch mit dem rheinischen Dialekt gesprochen, der die Konsonanten noch härter macht und das 'r' in Wörtern wie 'Garten' in einen klingonisch anmutenden ch-Laut verwandelt... (Bin mir im übrigen durchaus bewusst, dass ich hier meinen eigenen Dialekt beschreibe :rofl:)
Aber solche Details reißen beim Lesen irgendwie raus. Wenn ich eine epische Fantasy-Trilogie lese und dort wird dauernd irgendein lustiger/seltsam assoziierter Städtename erwähnt, ist es leider vorbei mit dem ins-Buch-ziehen-lassen.
Und das Fremde macht einfach den Reiz aus. Gibt ja auch genug Leute, die sich den Urlaub außerhalb Deutschlands nicht leisten können und daher sich beim Lesen gerne wegträumen.
Viele Worte, kurzer Sinn: Ich denke, jeder Autor sollte das Setting nehmen, zu dem er Lust hat, auch wenn es dann die zehntausendste Geschichte über einen Hexenzirkel in L.A. ist.
Ich muss allerdings zustimmen, dass schlechte Denglische Titel grausam sind, dann entweder richtiges Englisch oder richtiges Deutsch. Ein bisschen seltsam sind englische Titel gepaart mit englischem Autor bei einem Buch, das dann doch in Deutschland spielt. Komischerweise finde ich englische 'Ein-Wort'-Titel mit deutschem Autor und deutschem Setting aber wieder ganz nett.
Zitat von: Norrive am 26. Juli 2015, 19:08:00
Aber irgendwie kann ich mir kein Fantasy in Castrop-Rauxel vorstellen. Das klingt schon so nach Frittenbude, altem Tagebau und Rütgers Chemicals. Man kann sich der Assoziationen, die man so hat (und erstaunlicherweise haben da viele Deutsche die gleichen), ja nicht erwehren.
Und genau sowas bietet einem doch ein super Setting. Es wurde zu tief gegraben und irgendwas wird geweckt. (Ja, der Herr der Ringe lässt grüßen.) Zwerge und Goblins bekriegen sich in stillgelegten Minen ...
Wenn ich aus der Ecke käme und Urbane Fantasy schreiben würde, würde ich mich jetzt sofort hinsetzen und plotten. ;)
Gutes Setting für Krimis und Horror. Weniger gutes für klassische und Urban Fantasy.
Da stimme ich Norrive zu - die Assoziationen sind nicht von der Hand zu weisen!
Ich spiele mich ja schon länger mit dem Gedanken, auch mal einen Thriller oder Krimi zu schreiben, aber wenn ich den in einem Ort ansiedle, der mir persönlich vertraut ist (München, Regensburg, Nürnberg) schwingt da gleich diese Provinzkrimi-Assoziation mit, die ich nicht würde haben wollen.
Ansonsten, um ganz grundlegend etwas zur Thematik zu sagen, finde ich es aber auch sehr schade, dass viele Autoren glauben oder Glauben gemacht werden, ihre Romane seien nur dann interessant, wenn sie irgendwo im internationalen Ausland spielen. Wenn es zur Geschichte passt oder die Geschichte nach einem bestimmten Setting ruft, dann sehe ich kein Problem damit, aber wenn es nur gemacht wird, weil es "cool" oder "anders" ist, finde ich es schade. Das hat für mich was von Effekthascherei.
Dass Verkaufszahlen solche Entwicklungen vorantreiben, ist wirklich sehr schade. :P
Es geht aber auch anders. In diesem Interview (http://www.hanspeterroentgen.de/sebastianfitzek.html) erzählt Sebastian Fitzek, wie ihm sein Agent dazu riet, sein Manuskript dort anzusiedeln, wo er sich auskennt (nämlich in Deutschland) und eben nicht in den USA. Sebastian Fitzek bezeichnet dies als besten Ratschlag, den er je bekommen hat, und verlegte die Handlung nach Berlin. Inzwischen ist er ein Bestsellerautor und damit ein hervorragendes Beispiel dafür, dass hohe Verkaufszahlen auch mit einem deutschen Setting möglich sind.
Könnt ihr Romane nennen, in denen eurer Meinung nach der Handlungsort irrelevant ist und der Autor lieber hätte Deutschland wählen können? Ich kann mir bei dem Vorwurf, ehrlich gesagt, nichts darunter vorstellen, da für mich zu einem Roman auch immer Ortsbeschreibungen gehören, die natürlich über reine Wegbeschreibungen oder versteckte Architektur-Vorlesungen hinaus gehen.
Ansonsten ist mir das persönlich wumpe. Unsere Welt ist zu schön und zu bunt, um Geschichten nur in Deutschland spielen zu lassen. Andererseits ist natürlich Deutschland auch bunt und schön, sodass es sich nicht zu verstecken braucht. (Gilt natürlich auch für Schweiz oder Österreich. ;) )
Ich wähle Handlungsorte und -zeiten nach Flair. Ob nun zu Wikingerzeiten oder in der Neuzeit, in Maine oder in einer fiktiven Variante meines Heimatortes, macht für mich keinen Unterschied. Entsprechend versuche ich das Flair auch einzubinden. Ob das nun zu 100% stimmt? Sicherlich nicht. Aber wenn ich nur über das schreiben sollte, das ich kenne, wären nicht nur Handlungszeit und -ort arg eingeschränkt, auch meine Charaktere wären stark limitiert -- und klassische Fantasy mit eigenen Welten ginge ja schon mal gleich gar nicht. ;D
Zitat von: TigermöhreUnd genau sowas bietet einem doch ein super Setting. Es wurde zu tief gegraben und irgendwas wird geweckt. (Ja, der Herr der Ringe lässt grüßen.) Zwerge und Goblins bekriegen sich in stillgelegten Minen ...
Hm. Wenn Fantasy schon in einer bestimmten Gegend spielt, dann müssen imho auch die übernatürlichen Wesen dazu passen. Zugegeben, Vampire sind mittlerweile ziemlich global, aber "Goblins" in Deutschland? Dann doch lieber Bergmönche oder lokale Sagen. (Ich habe keine Assoziationen zu Castrop-Rauxel, aber ich gehe davon aus, dass das Ruhrgebiet reich an eigenen Sagen ist.)
Aber zur allg. Anglifizierung:
Die Sache mit dem Titelschutz ist mir nicht wirklich bewusst bzw. ist es auch oft so, dass Verlage Titel schützen wollen, bei denen es nicht geht. Der Gourmet, Verblendung, Erziehung, etc. bspw. sind alle viel zu beliebig.
Ansonsten gibt es natürlich auch Fälle, bei denen ich mich frage, ob das wirklich sein müsste. In der SchreibBar hatte ich letztens schon mal erwähnt, dass mich die After-Reihe von Anna Todd belustigt, weil ich After im deutschen Sinne lese. Manchmal ist mir klar, dass eine deutsche Übersetzung viel zu lang und wenig griffig für einen Titel ist oder der Wortwitz abhanden kommt (50 Schattierungen des/ von Grau) und eine deutsche Titulierung entsprechend viel zu viel Zeit frisst. Manchmal ist es auch einfach der aktuellen Trend-Sprache geschuldet (war Deutsch ja auch mal). Aktuell ist es eben Englisch und nicht Japanisch. Ich hätte auch nichts gegen italienische, spanische oder französische Titel. Muss man halt entscheiden, ob der Roman nur eben zum Klischee passt, das die Sprachen/ dazugehörigen Länder transportieren. Oder halt für das deutsche Sprachgefühl schön klingen. :omn: (Wobei ich auch den Inhalt des Romans mit einbeziehe. Jour d'Amour und Hintertupfingen passen nicht so ganz zusammen. :rofl:)
Zitat von: flowriteHandlung ist gefragt, die Stimmung wird zwischen die Zeilen verbannt. Da dort so viel Platz nicht ist und auch dem Publikum die Fantasie fehlt, irgendwas hineinzulesen, leiht man das Zeug einfach implizit von Hollywood.
Ich glaube, du unterschätzt die Leser. Man darf nicht vergessen, lesen tut man nicht auf die gleiche Art wie man einen Film schaut. Leser sind viel offener und viel eher bereit, mitzudenken und ihre Fantasie spielen zu lassen als Filmzuschauer (natürlich sind viele Leute sowohl Leser als auch Filmzuschauer ;)). Das sind zwei verschiedene Kunstformen, die mit verschiedenen Erwartungshaltungen konsumiert werden. Ich mag übrigens Stimmung zwischen den Zeilen und hasse endlos lange Beschreibungen (ich habe schon Bücher deswegen beiseite gelegt). Das halte ich auch als Autorin so. Ich denke, dass die Film- und Serienlandschaft sicher einen gewissen Einfluss hat, aber alles darauf abzuwälzen fände ich zu einfach.
Zitat von: NorriveAus dem gleichen Grund steht L.A. für Sonne, Stars und JetSet, New York hat diesen internationalen Flair, der schwer zu definieren ist, und GB hat den britischen Charme mit Tee, Tradition und Königshaus.
[...]
Aber viele deutsche Städte klingen eben in meinen Ohren total nach Provinz mit all ihren Nachteilen. Rollerfahrende Jugendliche, Jungesellenfeste, Schützenverein. Nicht, dass das an sich schlecht wäre, aber das muss ich nicht auch noch beim Lesen haben. Da liegt das englischsprachige/exotische Setting irgendwie nahe.
Stimmt, diese Assoziationen gibt es, ohne Frage. Aber wie sehr stimmt das? Es gibt bestimmt auch in London oder New York spiessige Jungessellenfeste und bürgerliche Vereine (ob es nun ein Schützenverein oder etwas anderes ist). Es gibt auch in L.A. Imbissbudenverkäufer und auch dort regnet es bestimmt ab und zu. Auch in Grossbritannien gibt es Starbucks, H&M und Co. Was ich sagen möchte, ist: Wer sagt denn, dass man sich als Autor diesen Vorstellungen unterwerfen muss? Man kann ja auch damit spielen, aber das wiederum geht vor allem dann - da stimme ich Leann zu - wenn man einen Ort wirklich selber kennt. Die Schweiz steht im Ausland auch für Berge, Käse, Uhren und Schokolade. Ich müsste aber echt lange überlegen, bis ich eine Geschichte von mir finde, in dem irgendetwas davon eine unmittelbare Relevanz hat. ;)
Zitat von: Witch am 27. Juli 2015, 08:33:12
Stimmt, diese Assoziationen gibt es, ohne Frage. Aber wie sehr stimmt das? Es gibt bestimmt auch in London oder New York spiessige Jungessellenfeste und bürgerliche Vereine (ob es nun ein Schützenverein oder etwas anderes ist). Es gibt auch in L.A. Imbissbudenverkäufer und auch dort regnet es bestimmt ab und zu. Auch in Grossbritannien gibt es Starbucks, H&M und Co.
Ja, das ist wohl wahr, aber wenn man in New York oder so damit nicht konfrontiert werden möchte wird man das auch nicht. Weil ZU groß. Wenn bei uns im Dorf Jungesellenfest ist/war, dann wusste ich das Wochen vorher und wurde von Freunden/Bekannten/Verwandten damit genervt und ich denke es ging da vielen anderen genauso ;D Und in den großen Städten hat man genug Alternativen (Gilt in dem Fall natürlich auch für deutsche Großstädte). Wenn man allerdings in einem Eifeldorf festsitzt, kann man eben nicht mal eben ins Theater gehen anstatt sich auf irgendeinem Acker zu betrinken. *hust*
Allerdings, da stimme ich dir zu, es ist bestimmt spannend, mal die andere Seite der Städte zu zeigen. Die Menschen, die an der Suche nach Ruhm gescheitert sind oder denen die Stadt auf die Nerven geht, sie aber nicht weg können, weil Beruf oder Familie.
Zitat
Was ich sagen möchte, ist: Wer sagt denn, dass man sich als Autor diesen Vorstellungen unterwerfen muss? Man kann ja auch damit spielen, aber das wiederum geht vor allem dann - da stimme ich Leann zu - wenn man einen Ort wirklich selber kennt.
Nein, das sagt natürlich niemand. Und ich stelle mir es auch sehr spaßig vor, mal die anderen Seiten des Heimatlandes zu zeigen, die wirklich nur ein Ortskundiger kennt.
Aber das erfordert viel Fingerspitzengefühl und passt eben meiner Meinung nach nicht immer zu Fantasy oder Romance.
Gerade bei Romance ist die Anglifizierung trend, aber ich verstehe auch gut warum. Wenn ich Romance lese, will ich nichts lesen, was so auch in Nachbardorf A passieren könnte. Und dieser Faktor ist irgendwo schon ein entscheidender, denn Romance ist zum Träumen da.
Es gab schon viele Bücher im Romance-Bereich, die habe ich wegen deutschen Settings weggelegt, weil es schon im Klappentext die Atmosphäre kaputt gemacht hat. Damit habe ich vielleicht auch vielen gut geschriebenen Büchern unrecht getan, aber so ist es nunmal.
Ich assoziiere mit deutschen Settings kurioserweise auch bestimmte Plots, die ich so gar nicht gern lese (u.A. Die Jugendliebe kommt wieder in die Stadt, die Alleinerziehende trifft einen potentiellen neuen Ehemann, oder schlecht gemachte Dreiecksbeziehungen um die Dorfschönheit). Allerdings denke ich, dass das mein eigener Spleen ist und kein Trend in der Bevölkerung ;D
Ich habe diesen Thread komplett gelesen und finde viele Aspekte spannend. Ich bin über Dunkellicht gestolpert, weil ich "Fantasy in Dortmund" spannend fand. Das Setting hat für mich gut funktioniert.
Ich kann mir aber wiederum die Edelsteintrilogie nicht in Deutschland vorstellen. Scheinbar verbinde ich mit Büchern den Handlungsort recht stark.
Können mal ein paar genre-erfahrene Leser etwas zu Romance sagen? Mein Nano-Projekt ist ein humorvoller Frauenroman mit einer toughen Politikerin, die durch die Umstände aufs Land und zu ihrer großen Liebe findet.
Würdet ihr erwarten, dass sie von New York nach Kansas zieht oder könntet ihr euch auch Düsseldorf/Vorort vorstellen? Und was ist mit fiktiven Orten? Ich bin unschlüssig, was die Leser/Verlage/Agenten von Romance heute erwarten und was da modern/verkaufbar ist.
Für mich aus Autorensicht bin ich für alle drei Varianten offen und da kann ich ja durchaus auch die Erwartungshaltung bedienen, wenn es sie denn gibt.
Muss schon zugeben, dass USA einen größeren Coolness-Faktor haben als Deutschland. Also bei tougher Politikerin denke ich eher an den Charme von House of Cards, wenn es in den USA spielen soll. Wenn es Deutschland sein soll, denke ich da eher an Mord mit Aussicht (Eifel), was ja so ein bisschen mit den Vorurteilen zwischen Großstadtpflanze und Dörflern spielt und lustige Momente nicht auslässt. Zu deiner Geschichte kann ich mir letzteres aber gut vorstellen. Weiß nur nicht, ob du das so siehst. ;D