Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Allgemeines => Tintenzirkel => Thema gestartet von: HauntingWitch am 25. März 2014, 15:08:28

Titel: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: HauntingWitch am 25. März 2014, 15:08:28
Aufgrund von Exilfrankes Frage im "Wie muss ein Buch geschrieben sein"-Thread fühle ich mich angestossen, hierzu einen Thread zu eröffnen. Falls es so etwas schon geben sollte und ich falsch gesucht habe, oder ich zu viele Threads aufmache, Mods, haut mich nur. ;)

Zitat von: Exilfranke am 25. März 2014, 13:55:56
Verkauft sich ein gutes Buch besser als ein schlechtes? Was sind die Kriterien, in welchem Definitionsrahmen bewegen wir uns da? Ich halte Dan Brown für einen höchst mittelmäßigen Autor, trotzdem verkaufen sich seine Werke millionenfach. Sind seine Bücher jetzt gut, weil sie einen Massengeschmack bedienen?

Die Antworten auf diese Frage lauten natürlich nein. Jeder kennt das: Man hält die eigenen Skripte für gut, man bekommt das auch von Betalesern oder Freunden bestätigt. Man sieht gute Skripte, die man betaliest oder von Freunden. Und trotzdem verstauben diese Sachen teilweise jahrelang in einer Schublade, ehe sie entdeckt und veröffentlicht werden, andere schaffen es nie. Einige werden veröffentlicht, verkaufen sich aber nicht sonderlich gut.

Und dann fällt einem ein Buch in die Hände, ja, ein Bestseller, etwas hoch Umjubeltes, das man selbst aber für Schrott hält. Es gibt sogar andere, die einem bestätigen, dass man nicht völlig hinter dem Mond lebt, wenn man diesen vermeintlich tollen Bestseller, den alle so lieben, nicht so toll findet. Weil schlecht geschrieben, weil schwacher Plot, Gründe und Namen können beliebig eingesetzt werden. ;) Also fragt man sich, wie es sein kann, dass so etwas offensichtlich Schlechtes 1) veröffentlicht werden konnte und 2) grosse Erfolge feiert (wir reden noch immer von weltweiten Bestsellern und Beliebtheiten), während das eigene Skript oder das des Bekannten (sei er aus dem TZ oder von sonstwo ;)) die verdiente Beachtung einfach nicht bekommt.

Es ist ärgerlich, es ist traurig, es zieht einen runter. Man neigt dazu, zu denken, wenn man es nicht zur Veröffentlichung oder zum Erfolg schaffe, sei man schlecht. Das ist nicht so, ich muss mir das selber auch immer wieder klar machen. Viel eher ist es nach in meiner Beobachtung so:

Ein Werk verkauft sich nicht, weil es gut geschrieben ist, eine originelle, durchdachte Story hat oder einem gewissen literarischen oder intellektuellen Niveau entspricht. Sondern schlicht und einfach, weil es im Wesentlichen etwas beihaltet, das viele Menschen anspricht. Das können bestimmte Themen (grosse Liebe), bestimmte Motive (Aufstieg im Beruf) oder ein Prinzipien (Heldenreise) sein. Aber bei jedem erfolgreichen Werk ist im Wesentlichen etwas enthalten, womit sich viele Menschen in irgendeiner Form identifzieren können.
(Die genannten Punkte sind natürlich nur Beispiele, ohne Anspruch auf Vollständigkeit.)

Natürlich gibt es auch Bücher, und wir haben ja auch einige Beispiele hier, die erfolgreich und auch noch gut sind. Das ist der Optimalfall. Aber all die, die aus uns vermeintlich unerklärlichen Gründen zu Bestsellern werden und sei die Sprache noch so unterirdisch - sie enthalten etwas, womit sich Viele identifzieren können. Mir scheint, es läuft alles darauf hinaus. Der Rest ist eine Mischung aus dem Glück, den richtigen Verlag zu finden, genug Werbung und dem richtigen Zeitpunkt. Aber zunächst einmal, ist der Lektor der erste Mensch, der sich mit dem Werk identifzieren kann oder denkt, dass andere das können werden, oder aber auch nicht.

So, das ist mein Senf zu der Frage. Ich muss dazu sagen, dass ich selbst als Unveröffentlichte natürlich nur aus einer Beobachterposition heraus spreche. Wer schon veröffentlicht/erfolgreich ist und das anders sieht, dessen Meinung würde mich natürlich durchuas interessieren. ;) Also, Diskussion offen, wüde ich sagen.
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Siara am 25. März 2014, 15:19:55
Zitat von: HauntingWitch am 25. März 2014, 15:08:28
Sondern schlicht und einfach, weil es im Wesentlichen etwas beihaltet, das viele Menschen anspricht. Das können bestimmte Themen (grosse Liebe), bestimmte Motive (Aufstieg im Beruf) oder ein Prinzipien (Heldenreise) sein. Aber bei jedem erfolgreichen Werk ist im Wesentlichen etwas enthalten, womit sich viele Menschen in irgendeiner Form identifzieren können.
Das ist denke ich schon mal einer der wichtigsten Punkte, wenn es um die breite Masse geht. Deswegen sind vielleicht immer wieder Bücher erfolgreich, in denen die Protagonisten platter sind als die Seiten, auf denen die Geschichte gedruckt wurde: Wenn eine Figur zu sehr ausgestaltet ist, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie sich allzu stark von einem potenziellen Leser unterscheidet. Und der möchte sich schließlich in der Figur wiederfinden. (Wie gesagt, auch hier spreche ich von der breiten Masse der Leser, natürlich gilt das trotzdem bei weitem nicht für alle und vor allem nicht für alle Genres).

Ein weiterer Punkt, der sich immer mal wieder bewehrt hat, ist etwas Reißerisches. Guckt man sich "Feuchtgebiete" an, ist keine Frage, warum das so ein Verkaufsschlager war. Sicher nicht wegen der tiefgreifenden Geschichte und den überraschenden Wendungen. Tabu-Themen offen besprochen, das gibt den Menschen zum einen Zugang zu etwas "Neuem" und zum anderen auch zu etwas "Verbotenem". Das allein macht diese Bücher wohl attraktiv und lenkt die Aufmerksamkeit auf sich.
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Coehoorn am 25. März 2014, 15:32:37
Ein sehr wichtiger Aspekt ist auch das Marketing.
Nehmen wir als Beispiel doch mal Harry Potter (ich seh schon die ersten Steine fliegen :D ):
Eine Geschichte die von Logikfehlern nur so strotzt und zunehmend platter wird. Die ersten drei Bücher fand ich ja noch relativ gut (abgesehen von der Tatsache, dass Harry und Co. im ersten Band völlig überflüssig sind) aber danach folgte wirklich immer mehr kommerzialisierter Stoff, der mir nur dazu zu dienen schien, die Quote "Jedes Jahr ein Buch" zu erfüllen und dabei von Kinderroman auf Jugendlichen-/Erwachsenenroman umschwingen sollte, was einfach mal grandios nicht geklappt hat. Verstehe man mich nicht falsch, ich gönns der guten Frau, allerdings war der Erfolg der Bücher schlichtweg die riesige Kommerzialisierung die dahinter stand, auch wenns ein paar Jahre gedauert hat. Genausogut hätte man auch aus den Büchern der Magie eine erfolgreiche Reihe machen können, bloß waren die Bücher vermutlich zu dünn um für ordentliches Marketing in Betracht gezogen zu werden. Ich verweise hier auf den Thread "Totgesagte leben länger - neuer britischer Fantasy-Megaseller"
http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,12604.0.html (http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,12604.0.html)
Denn genau das ist auch dabei der Fall.
Ich glaube, nicht die Leser machen die Bestseller, sondern die Marketingabteilungen, die mehr lenken als die meisten sich bewusst sind.
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Kati am 25. März 2014, 15:39:21
Ganz wichtig ist dabei auch, dass "gut" und "schlecht" sehr subjektiv sind. Wer entscheidet, was ein gutes Buch ist? Ich meine, ich bin ja jemand, der bei bestimmten Inhalten sofort "schlecht" drunter schreibt, auch, wenn ein Buch vielleicht gut geschrieben ist. Wenn man zum Beispiel merkt, dass der Autor sich politisch stark rechts einordnet, ist das für mich ein schlechtes Buch. Ein Buch kann für mich aber auch trotz nicht ganz ausgeklügeltem Plot sehr gut sein. Ich weiß gar nicht, es gibt bestimmt objektive Kriterien, nach denen ein Buch gut oder schlecht ist, aber ich glaube, die subjektive Wahrnehmung der Leser ist da viel wichtiger. Ich mag Dan Brown auch nicht besonders, aber viele halten ihn für genial. Ist er jetzt genial oder mittelmäßig, wer hat Recht? Das finde ich ganz schwer zu beurteilen. Die Bücher von P.C. Cast und ihrer Tochter zum Beispiel finde ich vom Plot, den Charakteren und dem Schreibtstil richtig, richtig schlecht. Verkauft sich trotzdem wie geschnitten Brot.

Was hier noch nicht genannt wurde, ist auch Werbung. Die Bücher von P.C. Cast wurden als das neue Twilight angepriesen und beworben mit "Ein Bestseller in xxx Ländern". Wenn sowas auf dem Buch steht, greifen viele Leute viel eher zu, als ohne solche Werbung. Dann das Cover. Ist es ansprechend, sieht es professionell aus, welche Erwartungen schürt es beim Leser? Der Klappentext. Und diese kleinen Zitate, die man oft auf dem Cover oder hinten auf dem Umschlag hat. Wenn meine Lieblingsautorin dort zitiert wird und das Buch lobt, kaufe ich es viel eher, als ein Buch ohne ihr Qualitätssiegel, weil ich mir dann verspreche, dass das neue Buch so ähnlich ist, wie die Bücher meiner Lieblingsautorin. Bestseller werden halt nur in den seltensten Fällen von alleine Bestseller, die werden in den meisten Fällen gemacht. Durch Werbung, Marketing, Meinungsmache. Ihr kennt doch bestimmt auf englischen Büchern dieses  "New York Times Bestselling Author". Das steht auf so vielen Covern drauf und es ist fast schon eine Art Gütesiegel. Wenn ich ein Buch viel bewerbe und es immer wieder ins Gespräch bringe, wird es von ganz allein zum Bestseller, egal ob es objektiv gut oder schlecht ist. Stelle ich das beste Buch des Jahrzehnts einfach ins Regal, mit einem durchschnittlichen Cover und wenig bis keiner Werbung, dann muss der Autor sehr viel Glück haben, damit sich das Buch verkauft.  :-\

EDIT: Hat sich mit Coehoorn überschnitten.
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: canis lupus niger am 25. März 2014, 15:48:30
Es gibt gute Bücher und schlechte Bücher, und manche davon sind erfolgreich (von "wird gedruckt" bis zu "Megaseller"), andere nicht (von wird gedruckt, bleibt aber weitgehend unbekannt" bis  zu "verstaubt in der Schublade"). Was macht den Unterschied?

Nun, ich denke, zunächst muss ein Manuskript natürlich eine gewisse Qualität haben. Es gibt viele schriftstellerische Versuche, die schlicht gesagt einfach schlecht oder aber zumindest noch unausgereift sind. Warum diese Manuskripte nicht veröffentlicht werden, liegt auf der Hand.

Aber dann ist da das Problem, das Du angesprochen hast, Witch. Gute Manuskripte/Bücher, die nie ihren Verleger finden, oder aber sich nur als Nischenprodukte in einer Stückzahl unter 100 Exemplaren verkaufen. Und es gibt Bestseller, von denen man sich (als Leser) fragt, wie die es jemals durch ein Eingangslektorat geschafft haben können. Die beiden Zauberwort heißen, wie ich vermute Zeitgeschmack und Marketing.

Für Bücher wie "50 Shades of Grey" war vermutlich ebenso die Zeit reif, wie seinerzeit für "Twilight" und davor "Harry Potter. Es gibt ganz, ganz viele Leser, die so etwas lesen wollen, deshalb wird es auch massenhaft gedruckt und beworben. Für den Verlag, der es schafft, so einen Megaseller zu platzieren, ist das ein ebenso großer Erfolg, wie für den Autor, der vielleicht nur das Glück hatte, dem Verlag etwas anbieten zu können, was der aktuell für verkäuflich hielt. Verlage, zumindest die meisten, bringen keine Bücher heraus, um der Kunst zu dienen und begabte Autoren zu fördern, sondern um ganz, ganz, ganz viel Geld zu verdienen. Ich bin überzeugt davon, dass jemand einen neuen "Herrn der Ringe" dankend zurück bekäme, wenn der verlag aktuell keine High Fantasy, sondern ausschließlich Romantasy für das kommende Geschäftsjahr geplant hat. Ich meine hier nicht solche kleinen Juwelen wie zum Beispiel den Torsten Low Verlag, auch wenn selbst der es sich nicht leisten kann, mit Verlusten zu wirtschaften. Sondern ich meine große Verlagskonzerne, deren Aktionäre eine maximale Rendite für ihre Einlagen erwarten. Denen ist weitgehend egal, wie gut oder schlecht das ist, was sie auf den Markt werfen. Hauptsache, es lässt sich verkaufen.

Und dann kommt das zweite Zauberwort ins Spiel: Marketing. Wenn ein einigermaßen lesbares Buch eines angesagten Subgenres
-den potentiellen Käufern in den Bahnhofsbuchhandlungen dutzendfach entgegenlacht,
-wenn es in den Buchhandelsketten wie Hugendubel, Thalia, Decius und Co. in genzen Stapeln auf den Präsentationstischen gleich neben der Kasse liegt,
-wenn die freundlichen Verkäufer/innen dem Kunden bei desen Suche nach einem Geschenk erklären: "Das hier wird zur Zeit gerne gekauft",   
-wenn namhafte Zeitungen und Zeitschriften eine Werbung oder sogar Rezensionen dazu enthalten,
-wenn es Teil eines vertraglich vereinbarten, verbindlich abzunehmenden Buchpaketes zwischen Verlag und Buchhandlung ist,
... dann hat das Buch schon mal eine bessere Chance, bekannt zu werden, als ein noch so gutes Buch eines Nischenverlages mit einem Bruchteil eines solchen Werbebudgets. Allerdings haben auch auf diese Weise gepushte Bücher nicht immer den geplanten Erfolg, wie man an der Biografie unserer Ex-Bundespräsidenten-Ex-Gattin sehen konnte. Leider wollte kaum jemand die Geschichte des bisherigen Lebens von Bettina Wulf lesen.

Also braucht ein Buch für seinen Erfolg meiner Ansicht nach in aufsteigender Reihenfolge der Bedeutung

- ein mindestens durchschnittlich gut geschriebenes Manuskript
- das Glück, im Eingangslektorat einer Agentur oder gleich eines Verlages entdeckt zu werden
- sowie die Kriterien des Verlages für ein verkäufliches Buch zu erfüllen 
  (wie z.B. in einem aktuellen Hype zu entsprechen oder einen Autoren mit einem bekannten
  Name zu haben)
- ein finanzstarkes, professionelles Marketing
- und nochmals Glück   
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Nandriel am 25. März 2014, 22:11:43
Ha, dann auf ein Neues ;)

Zu Zeitgeschmack und Werbung haben canis und ihre VorrednerInnen (blödes Wort hier...  ::)) sehr ausführlich geschrieben, dem gibt es eigentlich nicht wirklich viel hinzuzufügen.

Aaaaber, in einer Hinsicht würde ich ausnahmweise mal Siara widersprechen, oder doch zumindest präzisieren wollen:

Zitat von: Siara am 25. März 2014, 15:19:55
Das ist denke ich schon mal einer der wichtigsten Punkte, wenn es um die breite Masse geht. Deswegen sind vielleicht immer wieder Bücher erfolgreich, in denen die Protagonisten platter sind als die Seiten, auf denen die Geschichte gedruckt wurde: Wenn eine Figur zu sehr ausgestaltet ist, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie sich allzu stark von einem potenziellen Leser unterscheidet. Und der möchte sich schließlich in der Figur wiederfinden. (Wie gesagt, auch hier spreche ich von der breiten Masse der Leser, natürlich gilt das trotzdem bei weitem nicht für alle und vor allem nicht für alle Genres). [...]

Nun, ich gebe dir recht, dass ein möglichst großes Identifikationspotential für den "Megaseller" von morgen von großem Vorteil, um nicht zu sagen essentiell ist. Ich widerspreche allerdings darin, dass dies quasi proportional mit einer "Figurenverflachung" einher geht (so hab ich dich hier verstanden).
In dieser Aussage verstecken sich zudem zwei Annahmen, die man hier wie auch anderswo immer wieder lesen kann, nämlich
- dass die "breite Masse" (--> negativ konnotiert) mit eher einfacher Lektüre (subjektiv wertend) zufrieden sei, wobei man selbst sich jedoch eben nicht zu jener ominösen Gruppe hinzuzählt (Aufwertung des eigenen Egos), weil man ja gewisse Ansprüche hat (ich nehme mich da gar nicht aus, ich denke da durchaus ebenfalls elitär von mir - fraglich ist halt nur, ob das auch gerechtfertigt ist  ;))
- dass ein "Bestseller" nur dann nicht flach ist, wenn man selbst ihn gut findet (was selten genug vorkommt), da man ja anspruchsvoll ist und nicht der breiten Masse angehört ;)

Nun mag ich das gar nicht groß bewerten, denn wie gehabt - ich urteile ja genauso. Ich plädiere nur für einen reflektierten Umgang mit dem eigenen Urteil :) Da fällt mir ein... gab es hier nicht auch eine Psychologin im TiZi? Die psychologische Sichtweise auf die Frage, warum sich etwas verkauft, würde mich tatsächlich brennend interessieren!
[Es deckt sich vermutlich weitestgehend mit canis' Ausführungen, und dass wir alle manipuliert werden bei unseren Kaufentscheidungen ist ja nun auch nicht neu, aber vielleicht gibt es aus psychologischer Sicht hier noch Ergänzungen?]
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Siara am 25. März 2014, 23:03:37
Zitat von: Nandriel am 25. März 2014, 22:11:43
Nun, ich gebe dir recht, dass ein möglichst großes Identifikationspotential für den "Megaseller" von morgen von großem Vorteil, um nicht zu sagen essentiell ist. Ich widerspreche allerdings darin, dass dies quasi proportional mit einer "Figurenverflachung" einher geht (so hab ich dich hier verstanden).
Nein, das ist natürlich nicht das Gleiche. Aber ich habe das Gefühl, es ist ein einfacher und gern gewählter Weg.

Zitat von: Nandriel am 25. März 2014, 22:11:43
In dieser Aussage verstecken sich zudem zwei Annahmen, die man hier wie auch anderswo immer wieder lesen kann, nämlich
- dass die "breite Masse" (--> negativ konnotiert) mit eher einfacher Lektüre (subjektiv wertend) zufrieden sei, wobei man selbst sich jedoch eben nicht zu jener ominösen Gruppe hinzuzählt (Aufwertung des eigenen Egos), weil man ja gewisse Ansprüche hat (ich nehme mich da gar nicht aus, ich denke da durchaus ebenfalls elitär von mir - fraglich ist halt nur, ob das auch gerechtfertigt ist  ;))
- dass ein "Bestseller" nur dann nicht flach ist, wenn man selbst ihn gut findet (was selten genug vorkommt), da man ja anspruchsvoll ist und nicht der breiten Masse angehört ;)
Mist. Und dabei hatte ich extra versucht klarzustellen, dass ich nicht abfällig über die "breite Masse" denke. Ja, ich glaube, dass im Regelfall die ganz großen Bestseller eher flache Lektüre sind. Liebesgeschichten, bei denen die beiden ewig umeinander tänzeln, obwohl man von Anfang an weiß, dass sie sich am Ende doch kriegen. Figuren, in die man sich gut hinein versetzen kann, weil sie so wenige bekannte Eigenschaften haben, dass man kaum Unterschiede zwischen ihnen und sich selbst findet. Ein absolut schnörkelloser, sehr einfach gehaltener Stil. Und ich persönlich lese so etwas nicht gern. Aber das heißt nicht, dass ich irgendwen schief anschaue, wenn er sich für diese Romane begeistert.

Dafür gucke ich Serien wie Two And A Half Men, Big Band Theory, etc. Nicht oft, aber ich habe doch meinen Spaß daran. Ich weiß genau, dass sie alles andere als tiefgründig sind. Aber sie sind gut, um mal ein bisschen abzuschalten und sich unterhalten zu lassen. Das mag ich bei Serien, bei Büchern nicht. Aber ich denke, dass viele Bücher aus eben diesem Grund erfolgreich sind. Und ich bin sicher in keiner Position, irgendwem zu sagen, dass er sich doch bitte mal tiefgründigere Lektüre kaufen sollte.

Genau, wie es etliche dieser Serien gibt, gibt es auch immer neue Bücher, die eben für diese Art von Lesern geschrieben werden. Leichte Kost, anspruchslose Unterhaltung. Das ist, was tatsächlich viele lesen wollen. Und daran seinen Spaß zu haben, gönne ich jedem.

Also noch mal zur Korrektur: Solange man beim Lesen Spaß hat, ist es gut.

Eine ganz andere Frage wäre, wer solche Bücher schreibt. Gibt es tatsächlich Autoren, die Spaß daran haben, diese einfachen, voraussehbaren Romane zu schreiben? Aber ich sehe, das geht schon wieder in eine Richtung, die hier nicht hingehört  ::)

Vielen Dank für den Hinweis, Nandriel. "Reflektierter Umgang mit dem eigenen Urteil" - finde ich selbst auch wirklich wichtig  ;)
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: canis lupus niger am 25. März 2014, 23:17:33
Zitat von: Siara am 25. März 2014, 23:03:37

Eine ganz andere Frage wäre, wer solche Bücher schreibt. Gibt es tatsächlich Autoren, die Spaß daran haben, diese einfachen, voraussehbaren Romane zu schreiben? Aber ich sehe, das geht schon wieder in eine Richtung, die hier nicht hingehört  ::)

Ich glaube nicht, dass jemand aus Liebe zum Schreiben bewusst Massenware produziert. Entweder können die betreffenden Autoren es ncht besser, oder es sind Hausautoren, die Auftragsarbeiten nach Schema F anfertigen, ohne emotionale Anteilnahme.
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: gbwolf am 25. März 2014, 23:23:09
Zitat von: canis lupus niger am 25. März 2014, 23:17:33
Ich glaube nicht, dass jemand aus Liebe zum Schreiben bewusst Massenware produziert. Entweder können die betreffenden Autoren es ncht besser, oder es sind Hausautoren, die Auftragsarbeiten nach Schema F anfertigen, ohne emotionale Anteilnahme.

Fast alle Hausautoren und Auftragsschreiber, die ich kenne, lieben ihren Beruf. Ohne Liebe könnten sie den großen Output auch nicht schaffen. Dazu gehört neben Disziplin auch eine gewisse Leidenschaft für das Genre. Und warum auch nicht? Viele Leser lieben diese Unterhaltung, das wurde bereits mehrfach angemerkt. Weshalb sollten die Autoren ihre Werke weniger lieben?
Auf dem BuCon habe ich mich vor Jahren einmal glänzend mit einem Heftromanautor unterhalten, der unter weiblichem Pseudonym Liebesschmacht für 1,50 das Heft produziert - und davon schwärmt.
Aus dem Kopf fällt mir auch nur ein Heftromanautor (SF-Bereich) ein, der die Heftchen für das Geld schreibt und sich intelektuell unterfordert sieht. Die meisten freuen sich aber darüber, Menschen zu unterhalten. Sonst hätten sie sich sicherlich einen anderen Job gesucht.
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Siara am 25. März 2014, 23:32:14
Zitat von: Nadine am 25. März 2014, 23:23:09
Fast alle Hausautoren und Auftragsschreiber, die ich kenne, lieben ihren Beruf. Ohne Liebe könnten sie den großen Output auch nicht schaffen. Dazu gehört neben Disziplin auch eine gewisse Leidenschaft für das Genre.

Dazu Folgendes, das aus einem Interview mit Nicholas Sparks (hier ein gutes Beispiel, finde ich) stammt:

ZitatWieso schreiben Sie Liebesgeschichten?

Ich habe dieses Genre gewählt, weil es dort so gut wie keine Konkurrenz gibt.

Bämm, dachte ich mir, als ich das gelesen hatte. Nicht, dass ich jemals ein Fan gewesen wäre. Wie gesagt, mir gefällt diese Art von Buch nicht. Aber ein Genre nicht aus persönlicher Leidenschaft heraus zu wählen, sondern zuzugeben, dass es einem um eine hohe Präsenz auf dem Markt geht?  :no:
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Alana am 25. März 2014, 23:53:09
Warum wird es eigentlich als negativ angesehen, sich an den Bedürfnissen des Marktes zu orientieren? Ich habe so viele Ideen, die kann ich bis an mein Lebensende nicht schreiben. Warum soll ich dann nicht die rausfischen, die sich verkaufen lassen? Abgesehen davon dass ich die Bücher von Nicholas Sparks nicht leiden kann, solange er nicht im selben Atemzug sagt, dass er Liebesromane hasst, finde ich das vollkommen in Ordnung. Wütend machen mich Autoren, die begehrte Genres schreiben, sich dann aber abfällig darüber äußern und ihre eigenen Geschichten hassen.
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Christian Svensson am 26. März 2014, 00:16:25
ZitatWarum wird es eigentlich als negativ angesehen, sich an den Bedürfnissen des Marktes zu orientieren

Ich denke, dass diese Frage schwierig zu beantworten ist, denn sie geht in die persönlichen Befindlichkeiten jedes Einzelnen hier hinein. Ich lese hier zwischen den Zeilen vieler Diskussionsbeiträge die Meinung, dass das persönliche Schreiben etwas Besonderes ist. Ist es auch, denn in jedem Buch, in jeder Kurzgeschichte steckt etwas von dem Autor selbst, etwas sehr Persönliches.
Hinzu kommt, dass Schreiben nah an der Kunst - und natürlich auch Kunst selbst ist bzw. sein kann. Da fällt es vielen schwer, zu verstehen, dass Schreiben auch "nur" simpler Broterwerb sein kann. Wo ist da das Besondere? Es soll bitte nicht negativ gewertet werden, aber ich denke, es hat auch etwas mit dem Selbstwertgefühl und mit dem Glauben, dass das, was ich schreibe, etwas Besonderes ist, zu tun. Es steckt ja mein Herzblut darin. So sind wir Menschen. Wie kann man da für den schnöden Markt Massenware produzieren?
Der Bäcker, der seit 40 Jahren Brötchen für den Markt backt, der Müllfahrer, der seit dreißig Jahren meinen Müll wegbringt - seine Arbeit kann man nur gut machen, wenn man sie liebt. Für mich gibt es keinen Grund, mich für etwas Besonderes zu halten, nur weil ich schreibe. Ich schäme mich auch nicht, dass ich mein Buch so schreiben will, dass es verkaufbar ist. Ich rümpfe aber auch nicht die Nase über die, die ihr Buch für sich schreiben.
Was auch immer wir tun - wenn wir es mit Liebe tun, gibt es keinen Grund, über die Arbeit des anderen - auch nicht der Massenproduzenten, auch nicht der Putzfrau - die Nase zu rümpfen. Weil Naserümpfen mehr über den sagt, der es tut, als über das Opfer.
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Alana am 26. März 2014, 00:32:16
ZitatDa fällt es vielen schwer, zu verstehen, dass Schreiben auch "nur" simpler Broterwerb sein kann.

Damit implizierst du aber irgendwie, dass Schreiben als Broterwerb nicht mehr individuell und originell sein kann. Und das sehe ich vollkommen anders. Nur weil man sich anschaut, was die Leser mögen, bedeutet das nicht, dass man lieblos Texte raushaut. Nur weil man 5 Romane oder mehr pro Jahr schreibt, bedeutet das nicht, dass es wertlose Massenware ist. Ebensowenig wie es bedeutet, dass jemand, der "nur" einen Roman pro Jahr schreibt, etwas künstlerisch wertvolles zustande bringt. Ich finde einfach wichtig, dass man sich das ein bisschen bewusst macht. Aber das Thema hatten wir glaube ich woanders schon mal, deswegen bin ich jetzt ruhig. ;D

ZitatWas auch immer wir tun - wenn wir es mit Liebe tun, gibt es keinen Grund, über die Arbeit des anderen - auch nicht der Massenproduzenten, auch nicht der Putzfrau - die Nase zu rümpfen.

Dem stimme ich zu. :)
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Siara am 26. März 2014, 01:03:05
Vielleicht habe ich in diese Aussage Sparks schlicht zu viel hinein interpretiert. Für mich jedenfalls klang es nicht danach, als ob er das, was er tut, aus Leidenschaft tut. Aber Bardo hat wohl recht, ich persönlich kann mir wirklich nicht vorstellen, wie Schreiben für einen Menschen ein Broterwerb sein kann, bei dem man eigene Gefühle außen vor lässt und in dem man selbst nichts Besonderes sieht.

Mir tut es in der Seele weh, wenn ich daran denke, dass jemand wie Sparks über tiefe Gefühle schreibt und über die Leidenschaft und die Wünsche seiner Figuren, während er selbst womöglich nichts davon spürt. Und es würde, wenn ich denn etwas für seine Bücher übrig hätte, auch viel der Bedeutsamkeit aus ihnen nehmen.

Abgesehen davon sehe ich Schreiben nicht als eine Kunstform, sondern als ein Handwerk. Aber auch ein Handwerk kann man so oder so ausführen - als 'Muss', um sein Geld zu verdienen, oder nicht nur mit seinem Können, sondern auch mit seiner Leidenschaft. Was den Autor von einem Bäcker oder Tischler unterscheidet? In der Regel gibt man ein Teil von sich selbst preis. Es ist etwas sehr Persönliches. Ob Bäcker und Tischler ihre Arbeit ebenso sehen, weiß ich natürlich nicht. Aber wenn jemand die vielen Gefühle, und was sonst noch alles in einem Buch stecken kann, selbst nur formuliert, nicht nachempfindet, fühlt sich das für mich nach Betrug an.

Wenn ein Autor mit Leidenschaft Massenware produzieren kann, dann bewundere ich das. Er hat Glück, denn er kann von dem, was er gern tut, leben. Also kein Angriff gegen irgendjemanden, der sich nach Bedürfnissen des Marktes orientiert. Ich finde es nur traurig, wenn jemand seine Leidenschaft an mehr Profit verkauft.

So, das war jetzt absolut Off-Topic. Ich wollte nur richtigstellen, dass ich sicher über niemanden "die Nase rümpfe", der Freude an seiner Arbeit hat.
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: HauntingWitch am 26. März 2014, 08:43:37
@Nandriel: Guter Punkt, das habe ich so noch gar nie betrachtet.   :)

@Bardo: Nun, für mich wäre der Optimalfall, wenn ich mit etwas, dass ich für mich geschrieben habe, dann auch noch Erfolg hätte. Erfolg ist für mich zwar ein Wunsch, aber niemals der Grund, warum ich überhaupt schreibe.

Zitat von: canis lupus niger am 25. März 2014, 23:17:33
Ich glaube nicht, dass jemand aus Liebe zum Schreiben bewusst Massenware produziert. Entweder können die betreffenden Autoren es ncht besser, oder es sind Hausautoren, die Auftragsarbeiten nach Schema F anfertigen, ohne emotionale Anteilnahme.

Bewusst vielleicht nicht. Aber sieh dir z.B. J.K. Rowling an, völlig egal, ob man Harry Potter nun gut findet oder nicht. Sie spricht Themen an, die jeden Teenager irgendwann beschäftigen. Eine gewisse Einfachheit im Plot ist vorhanden, so dass man leicht folgen kann. Es ist Massenware und bestimmt auch durch den Erfolg dazu geworden. Das war bestimmt nicht eiskaltes Kalkül (zumindest nicht am Anfang), sondern hat sich so ergeben. Wäre es nur Kalkül gewesen, hätte man diese Identifikationsfaktoren auch auf weniger Seiten packen können.

Damit zum nächsten Punkt:
ZitatWarum wird es eigentlich als negativ angesehen, sich an den Bedürfnissen des Marktes zu orientieren? Ich habe so viele Ideen, die kann ich bis an mein Lebensende nicht schreiben. Warum soll ich dann nicht die rausfischen, die sich verkaufen lassen?

Darin sehe ich überhaupt kein Problem. Deine Ideen kommen ja doch aus einer gewissen Leidenschaft heraus, du schreibst sie aus Liebe zur Sache. Wenn da der Verstand hinein spielt und sagt, "Okay, wir haben hier 5 Konzepte, Nummer 3 läuft vermutlich am besten, wir nehmen Nr. 3", finde ich das in Ordnung. So lange auch diese Nr. 3 eine Idee ist, die von Herzen kommt.

Nicht in Ordnung finde ich das, was Siara beschreibt. Wenn ein Autor Bücher schreibt bzw. ein bestimmtes Genre schreibt, einzig um damit Geld zu verdienen oder berühmt zu werden. Das ist in meinen Augen verlogen und hat nichts mehr mit Autor-sein zu tun, sondern einfach nur mit Gier. Die Frage ist, wie viele tun das? Denn einer, der absolut gar keine Leidenschaft verspürt, käme vermutlich gar nicht erst soweit. Oder etwa doch? Es gibt ja nichts, was es nicht gibt. Vielleicht ist Sparks ja wirklich so einer. Vielleicht hat er es aber auch einfach nur ironisch gemeint.

Aber es gibt ja auch alle diese Promi-Frauen, die irgendein Buch auf den Markt bringen, bei denen ich mir nicht vorstellen kann, dass sie das aus einer Leidenschaft heraus tun. Wer weiss, ob sie es überhaupt selber schreiben. Kennt jemand die Band Gotthard? Der Sänger von denen ist vor ein paar Jahren bei einem tragischen Unfall gestorben. Kaum ein halbes Jahr später hat seine Frau ein Buch herausgebracht: "Mein Leben mit Steve." Da soll mir noch einer erzählen, das sei aus Leidenschaft entstanden. Da ging es nur darum, Kapital zu schlagen, aus dem Tod des eigenen Mannes. So etwas finde ich schlimm. :'( Ob das Erfolg hatte, weiss ich jetzt nicht einmal.
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: gbwolf am 26. März 2014, 08:55:53
Alana, ich kann dir nur in allen Punkten zustimmen! Sehr gut zusammengefasst. :)

Zitat von: Alana am 25. März 2014, 23:53:09Wütend machen mich Autoren, die begehrte Genres schreiben, sich dann aber abfällig darüber äußern und ihre eigenen Geschichten hassen.
Das ist etwas, was ich auch ganz schrecklich finde! Aber diese Stimmen sind es, die man als Autor eher hört, als diejenigen, die sagen, dass sie ein verkäufliches Genre gewählt haben und damit glücklich wurden. Wie glücklich Sparks ist, weiß ich natürlich nicht. Für mich kann ich sagen, dass sich neue Welten aufgetan haben, seit ich zugunsten der Verkäuflichkeit über den Fantasy-/SF-Tellerrand schaue.
Ich habe vor Jahren angefangen, Jugendthriller zu schreiben, um einen Fuß in die Verlagstüren zu bekommen und festgestellt, dass meine Liebe zum Thriller noch viel älter ist als die zur Fantasy. Dann habe ich letztes Jahr angefangen, mich mit Romance, Erotik und Frauenromanen zu beschäftigen. Vor ein paar Jahren hätte ich noch die Oktopuskatze gemacht und mich fauchend an den Türrahmen gekrallt, aber seit ich mich da immer mehr einlese, finde ich viele Romane, die mir sehr gut gefallen. Vor allem aber entdecke ich in dieser sogenannten "Massenware Schema-F" sehr viele Lebensweisheiten, die unterhaltsam und leicht eingängig verpackt sind.
Auch Kerstin Gier hat angeblich mit dem Frauenroman angefangen, um Geld zu verdienen, aber ich finde, in jedem ihrer Romane steckt ganz viel über das Leben und ganz viel an angenehmem Tonfall. (Ich empfehle hier gern "In Wahrheit wird viel mehr gelogen", in dem es um eine leidenschaftliche Heftromanautorin geht.)
So gesehen müsste ich eigentlich langsam aus dem Tintenzirkel austreten, bzw., ich würde nicht mehr aufgenommen werden, würde ich mich neu bewerben. Denn ich schreibe zwar einmal im Jahr einen SF-Roman und mag Fantasy noch, aber mein Löwenanteil beim Schreiben sind Jugendromane (Mit Liebe), Frauenromane, ... alles, was ich selbst früher einmal "doof, schlecht geschrieben, banal" fand. Ich habe lange gebraucht, um mich von solchen Gedanken freizumachen. Sie sind respektlos und mir ging das lange nicht auf. Augenöffner sind für mich die meine Lebenserfahrung und dass ich mittlerweile natülich auch tiefer in der Branche drin bin, um eine andere Sicht zu haben.

"Massenware" im Romanbereich kann man meines Erachtens nicht mit anderer Massenproduktion vergleichen. Ich habe am Fließband Teile für Flüssigkeitschromatographen zusammengeschraubt und die sind wirklich alle nicht nur Schema-F, sondern bis auch wenige Bauteile auch exakt gleich. Da liegt nichts Persönliches von mir drin und auch wenn ich 8 Stunden Schrauberei am Tag nicht geliebt habe, war es doch kein unangenehmer Job. Und im Gegensatz zum Heftromanautor konnte ich nicht mal an die Leser denken, die sich ein paar Stunden in eine Welt einträumen. Denn in jedem Roman steckt eine ganze Welt, egal wie er geschrieben wurde. Gut, wahrscheinlich gibt es auch den einen oder anderen Menschen im Labor, den im Angesicht des Flüssigkeitschromatographen jeden Tag auf Neue ein Glücksgefühl durchströmt, aber wahrscheinlich sind Käufer von Heftromenen leidenschaftlicher mit ihrem Kauf.

Also, was verkauft sich? Geschichten, die Menschen glücklich machen. Geschichten, die den Zeitgeist treffen. In einer komplexen Welt, die uns Angst einjagt, die unsicher ist, wollen wir von starken Schultern lesen, von fiesen Zicken, die am Ende des Romans eins draufkriegen, von Spekulanten, die zu langen Haftstrafen verurteilt werden und vorher noch ohne Unterhose durchs Dorf rennen müssen, von Welten, in denen Gut und Böse klar unterscheidbar ist.
Es werden sich immer auch die besonderen Romane gut verkaufen, aber wenn man als Autor davon leben möchte, braucht man eine Menge Sitzfleisch, Stipendientingelei, Leidensfähigkeit, Glück und Ausdauer, um auf den Moment zu warten, an dem der Roman genau die Bedürfnisse des Publikums trifft.
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Alana am 26. März 2014, 09:17:10
Im Prinzip stimme ich euch ja zu, andererseits, warum eigentlich? Ist es nicht egal, warum jemand seine Arbeit macht und ob er sie mit Leidenschaft tut oder nicht, solange das Ergebnis stimmt? Natürlich sollte man nicht herumposaunen, dass man seine Arbeit hasst, wenn der Verkauf von Fans abhängt. Als Star Wars Fan tut es mir natürlich weh, wenn Carrie Fisher sagt, dass sie es gehasst hat, die Filme zu machen. Aber ganz generell: Warum ist es wichtig, wie ein Autor ein Buch schreibt, solange das Ergebnis die Leser unterhält, emotional anspricht oder sonstwie begeistert?
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Fianna am 26. März 2014, 09:31:58
Nochmal zurück zu den Leserwünschen: es gab doch mal diese Statistik, dass jeder Deutsche durchschnittlich 2 Bücher besitzt.
Sowohl als Schreiber als auch als Massen-Leser sind wir doch wahrscheinlich gar nicht die Zielgruppe.
Der Anteil von Leuten, die nur wenige Bücher pro Jahr lesen oder zum Verschenken (vllt an andere Wenig-Leser) kaufen, ist die eigentliche Masse, die man zum Kauf animieren muss.

Da geht es sicher viel mehr nach Mustern; während die Viel-Leser das Buchkonzept eines Trends langweilt, weil wir 2-10 Bücher im Monat lesen, lesen die meisten Menschen 3 Monate an so einem Buch, und dann kauft man sich gerne danach das Buch eines anderen Autors, der demselben Schema folgt. Wenn man das erst zum 2. Mal liest statt zum 10. Mal, ist es auch nicht so langweilig.
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Feuertraum am 26. März 2014, 09:55:52
Ersteinmal muss ich Ihnen, Haunting Witch, widersprechen: Nicht jeder Autor ist von seinem Werk überzeugt und kann nicht unbedingt nachvollziehen, was andere an seinen Geschichten finden.
Zumindest meine Wenigkeit ist sehr sehr kritisch mit seinem Geschreibsel.

Zitat von: Nadine am 26. März 2014, 08:55:53

Auch Kerstin Gier hat angeblich mit dem Frauenroman angefangen, um Geld zu verdienen, aber ich finde, in jedem ihrer Romane steckt ganz viel über das Leben und ganz viel an angenehmem Tonfall. (Ich empfehle hier gern "In Wahrheit wird viel mehr gelogen", in dem es um eine leidenschaftliche Heftromanautorin geht.)

Auch Kai Meyer gehörte zu jenen Autoren, die erstmal x-beliebige Auftragsarbeiten abgeliefert haben, bevor sie Erfolge hatten und sich dem Genre widmen konnten, für dass sie schwärmten (zumindest hatte er dies einmal bei einer Lesung erzählt).


Zitat"Massenware" im Romanbereich kann man meines Erachtens nicht mit anderer Massenproduktion vergleichen. Ich habe am Fließband Teile für Flüssigkeitschromatographen zusammengeschraubt und die sind wirklich alle nicht nur Schema-F, sondern bis auch wenige Bauteile auch exakt gleich. Da liegt nichts Persönliches von mir drin und auch wenn ich 8 Stunden Schrauberei am Tag nicht geliebt habe, war es doch kein unangenehmer Job. Und im Gegensatz zum Heftromanautor konnte ich nicht mal an die Leser denken, die sich ein paar Stunden in eine Welt einträumen. Denn in jedem Roman steckt eine ganze Welt, egal wie er geschrieben wurde. Gut, wahrscheinlich gibt es auch den einen oder anderen Menschen im Labor, den im Angesicht des Flüssigkeitschromatographen jeden Tag auf Neue ein Glücksgefühl durchströmt, aber wahrscheinlich sind Käufer von Heftromenen leidenschaftlicher mit ihrem Kauf.
Auch wenn man diese Romane gerne als literaischen Schund ansieht, aber einige Serien haben nun mal Erfolg, wenn man zum Beispiel John Sinclair oder Larry Brent ansieht. Rellergerd und Grasmück produzieren (bzw. produzierten, Grasmück ist verstorben) Heftromane en masse, teilweise schrieben sie die 100 Normseiten in 2 - 3 Tagen. Sie schrieben nicht nur an einer Serie.
Und trotz dieser Fließbandarbeit erreichen/erreichten sie Woche für Woche viele treue Leser und Fans

ZitatAlso, was verkauft sich? Geschichten, die Menschen glücklich machen. Geschichten, die den Zeitgeist treffen. In einer komplexen Welt, die uns Angst einjagt, die unsicher ist, wollen wir von starken Schultern lesen, von fiesen Zicken, die am Ende des Romans eins draufkriegen, von Spekulanten, die zu langen Haftstrafen verurteilt werden und vorher noch ohne Unterhose durchs Dorf rennen müssen, von Welten, in denen Gut und Böse klar unterscheidbar ist.

Da bin ich vollkommen Ihrer Meinung: Ehrlich gesagt finde ich es furchtbar, wenn Autoren sich hinstellen und sagen: "Meine Figuren müssen so viel Seelenqual erleiden, dass selbst der Teufel mit ihnen Mitleid hat. Und sie müssen soviele Tränen vergießen, dass der Atlantische Ozean dagegen ein Pfützchen ist."
Ich möchte als Leser unterhalten werden, und ich will einräumen, dass ich ganz spezielle Vorstellungen zum Thema "Unterhaltung" habe.
Flache Charaktere, die eine einfache Sprache sprechen? Gerne.
Gut gegen Böse und Schwarz gegen Weiß? Warum auch nicht?
Es geht nicht darum, dass ich vielleicht ein einfaches Gemüt bin. Vielmehr geht es mir darum, dass ich mich entspannen, in eine andere Welt fernab des grauen Alltags entfliehen möchte (ja, ich weiß, jetzt heißt es wieder Eskapismus).
Ich kann mir vorstellen, dass es nicht wenigen Menschen ähnlich geht: Meine Welt ist grau und kompliziert genug, ich möchte jetzt etwas Einfaches.
Aber das ist sicherlich Ansichtssache.


Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Coppelia am 26. März 2014, 09:57:53
ZitatIst es nicht egal, warum jemand seine Arbeit macht und ob er sie mit Leidenschaft tut oder nicht, solange das Ergebnis stimmt?
Wenn du selbst diejenige Person bist, um die es geht, ist es nicht egal! :)
Wie andere Autoren es sehen und wie sie sich beim Schreiben fühlen, kümmert mich eigentlich nicht, obwohl ich allen wünsche, dass sie glücklich sind. Ich möchte es beim Schreiben jedenfalls sein.
Aber eigentlich ist ja auch schon alles zu diesem Teil der Diskussion gesagt, ich bin dann mal still. ;)
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Alana am 26. März 2014, 10:05:59
Zitat von: Coppelia am 26. März 2014, 09:57:53
Wenn du selbst diejenige Person bist, um die es geht, ist es nicht egal! :)
Wie andere Autoren es sehen und wie sie sich beim Schreiben fühlen, kümmert mich eigentlich nicht, obwohl ich allen wünsche, dass sie glücklich sind. Ich möchte es beim Schreiben jedenfalls sein.
Aber eigentlich ist ja auch schon alles zu diesem Teil der Diskussion gesagt, ich bin dann mal still. ;)

Klar, dann ist es mir auch nicht egal. ;D

Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: HauntingWitch am 26. März 2014, 10:35:44
Zitat von: Alana am 26. März 2014, 09:17:10
Im Prinzip stimme ich euch ja zu, andererseits, warum eigentlich? Ist es nicht egal, warum jemand seine Arbeit macht und ob er sie mit Leidenschaft tut oder nicht, solange das Ergebnis stimmt?

Mir ist es nicht egal. Für mich ist Literatur eine Kunstform (auch ein Handwerk natürlich, aber vorwiegend Kunst) und Kunst hat immer etwas mit Leidenschaft zu tun. Ich bin schliesslich aufgrund von Gefühlen Fan einer bestimmten Kunst oder eines bestimmten Werkes und daher mit Leidenschaft dabei. Ich empfinde es als beleidigend und respektlos, wenn der Schöpfer dieses Werkes, das in mir so viel auslöst, nun kommt und sagt: "Kümmert mich nicht, was du denkst, Hauptsache du bringst das Geld." Das tut jemand, der sein eigenes Genre hasst, im übertragenen Sinne. Es geht ihm nur ums Geld. Da fühle ich mich als Fan gelinde gesagt veräppelt. Ausserdem lebt er (ob nun finanziell oder im Sinne einer künstlerischen Existenz) von ebendiesen Gefühlen, die ich als Fan habe, denn sonst würde ich ja seine Sachen nicht kaufen und ihm mein Geld nicht bringen. Wenn das derart mit Füssen getreten wird, verdirbt mir das den Genuss des Werkes weitestgehend, wenn nicht gar völlig. Deshalb finde ich es wichtig.

Aber das ist eine sehr persönliche Begründung und kann natürlich jeder halten, wie er möchte. Liam Gallagher beleidigte auch regelmässig seine Fans und sie sind trotzdem an seine Konzerte gegangen... Ich muss auch zugeben, dass ich noch einen kleinen Unterschied mache, aber das wird vermutlich etwas OT: Wenn ich das Gefühl habe, dieselben Empfindungen von woanders herbekommen zu können, schreibe ich den Künstler schneller ab, als wenn die Atmosphäre, die er vermittelt, für mich wirklich einzigartig ist. Was einzigartig heisst, liegt natürlich wiederum im persönlichen Empfinden.  ;)

Andererseits denke ich, dass Werke, die nicht aus Leidenschaft entstehen auch selten so viel Atmosphäre oder Einzigartigkeit besitzen, dass sie eine solche Leidenschaft bei mir auslösen können. (Auch hier gilt: Ausnahmen gibt es immer). Oder warum werden die meisten Bands schlecht, wenn sie grossen Erfolg haben und dann plötzlich dem Massengeschmack entsprechen müssen? Weil die Leidenschaft dabei oft flöten geht, das merkt man. Merkt man es nicht, ist dies rational betrachtet wiederum ein Zeichen von gewissem Genie, auch wenn ich die Verlogenheit dahinter daneben finde.

Oh, Mann, ich hätte nicht Gedacht, dass der Thread in so ausschweifende Diskussionen "ausartet".  ;D

ZitatErsteinmal muss ich Ihnen, Haunting Witch, widersprechen: Nicht jeder Autor ist von seinem Werk überzeugt und kann nicht unbedingt nachvollziehen, was andere an seinen Geschichten finden.
Zumindest meine Wenigkeit ist sehr sehr kritisch mit seinem Geschreibsel.

Da haben Sie natürlich Recht, aber das ist meiner Ansicht nach wieder etwas anderes.  ;)
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Exilfranke am 26. März 2014, 10:55:56
Hier sind einige spannende Gedanken im Raum: Wie verhält sich Quantität zu Qualität. Muss ein Autor sein Werk gut finden, um passables Material abzuliefern? Wo endet Trivialliteratur und wo beginnt Hochliteratur? Manchmal sind die Übergänge fließend und der Einfluss eines Autors wird erst Jahre nach seinem Ableben entdeckt und gewürdigt. Autoren wie H. P. Lovecraft oder Robert E. Howard haben bspw. Zeit ihres Lebens in Groschenromanen veröffentlicht, lebten nicht selten am Existenzminimum und mussten neben ihrer schriftstellerischen Tätigkeit oft als Lektor oder Ghostwriter arbeiten, um nicht völlig zu verarmen. Erst später trat ihre Schöpfung in einem veränderten Kontext ans Licht und etablierte sich fest im literarischen Kosmos. Auf einmal wurden die Geschichten aus den Pulps zu einem festen Bestandteil der Pop-Kultur. Ein Lovecraft stand auf einmal gleichauf mit einem Edgar Allen Poe (den er so sehr verehrte) und ein Howard konnte Tolkien auf Augenhöhe begegnen, obwohl Background und Anspruch beider Autoren sehr weit auseinander lagen. Man stelle sich vor, John Sinclair oder Maddrax wären in 20 Jahren so präsent und eingebettet in die Entwicklung des Fantasy-Genres, allein die Vorstellungskraft fehlt mir dafür. Und der Gedanke, Twillight könne irgendwann ein derart hohes Ansehen genießen (...revolutionierte das Vampir-Genre, wie zuletzt Bram Stoker mit seinem Dracula...), jagt mir Schauer des Schreckens den Rücken hinab.

Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Siara am 26. März 2014, 11:19:29
Zitat von: HauntingWitch am 26. März 2014, 10:35:44
Mir ist es nicht egal. Für mich ist Literatur eine Kunstform (auch ein Handwerk natürlich, aber vorwiegend Kunst) und Kunst hat immer etwas mit Leidenschaft zu tun. Ich bin schliesslich aufgrund von Gefühlen Fan einer bestimmten Kunst oder eines bestimmten Werkes und daher mit Leidenschaft dabei. Ich empfinde es als beleidigend und respektlos, wenn der Schöpfer dieses Werkes, das in mir so viel auslöst, nun kommt und sagt: "Kümmert mich nicht, was du denkst, Hauptsache du bringst das Geld." Das tut jemand, der sein eigenes Genre hasst, im übertragenen Sinne. Es geht ihm nur ums Geld. Da fühle ich mich als Fan gelinde gesagt veräppelt. Ausserdem lebt er (ob nun finanziell oder im Sinne einer künstlerischen Existenz) von ebendiesen Gefühlen, die ich als Fan habe, denn sonst würde ich ja seine Sachen nicht kaufen und ihm mein Geld nicht bringen. Wenn das derart mit Füssen getreten wird, verdirbt mir das den Genuss des Werkes weitestgehend, wenn nicht gar völlig. Deshalb finde ich es wichtig.
Danke, schön zusammengefasst. Das ist so ziemlich, was ich eigentlich damit sagen wollte.  :jau:

Nebenbei zu deinem Post davor: Dass die Sparks Aussage ironisch gemeint sein könnte, ist mir gar nicht erst in den Kopf gekommen. War wohl gleich so erschüttert, dass ich gar nicht weiter nachgedacht habe. Jetzt bin ich mir ziemlich sicher, dass du recht hast. Und fühle mich ein wenig dumm :versteck: Also Entschuldigung für's Lostreten dieser ganzen Diskussion. (Die natürlich trotzdem interessant ist, auch wenn sie nicht das war, worum es hier eigentlich ging.)

Zitat von: Exilfranke am 26. März 2014, 10:55:56
Wie verhält sich Quantität zu Qualität. Muss ein Autor sein Werk gut finden, um passables Material abzuliefern? Wo endet Trivialliteratur und wo beginnt Hochliteratur? Manchmal sind die Übergänge fließend und der Einfluss eines Autors wird erst Jahre nach seinem Ableben entdeckt und gewürdigt. [...] Und der Gedanke, Twillight könne irgendwann ein derart hohes Ansehen genießen (...revolutionierte das Vampir-Genre, wie zuletzt Bram Stoker mit seinem Dracula...), jagt mir Schauer des Schreckens den Rücken hinab.
Mir persönlich auch. Aber andererseits - es gab unglaublich viele begeisterte Leser, und als die Bände noch nicht bekannt waren, ich noch etwas jünger und noch nicht so genervt von dem Hype war, hab ich mich durchaus zu ihnen gezählt. Das Vampir-Genre revolutioniert haben die Bücher allemal.

Aber das ist ohnehin ein interessanter Punkt: Erfolgreich sofort oder erfolgreich erst später? Kann es, obwohl mittlerweile so viele Menschen schreiben, auch heute noch passieren, dass ein Werk erst nach dem Tod extrem bekannt wird? Ich denke, die Wahrscheinlichkeit ist um einiges geringer. Zum einen, weil ein "gutes" (immer dieses Wort) Werk sich heute viel schneller verbreiten kann als früher, wenn er Autor es denn will. Dem Internet sei Dank. Aber selbst, wenn er sein Geschreibsel zu Lebzeiten für sich behält: Es gibt so viele Menschen, die nur für sich schreiben, dass ein potenzieller Übererfolg wohl darin untergehen würde. Allerdings wurde hier ja auch schon angesprochen, dass Erfolg immer etwas mit Zeitgeist und aktuellen Bedürfnissen zu tun hat. Und wenn heute ein Buch geschrieben wird, dass das Käuferbedürfnis von morgen erfüllt, ist es vielleicht doch möglich. :hmmm:
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Judith am 26. März 2014, 14:05:07
Zitat von: Alana am 26. März 2014, 09:17:10
Im Prinzip stimme ich euch ja zu, andererseits, warum eigentlich? Ist es nicht egal, warum jemand seine Arbeit macht und ob er sie mit Leidenschaft tut oder nicht, solange das Ergebnis stimmt?
Aus Lesersicht sehe ich das eigentlich ähnlich pragmatisch. Wenn ich ein Buch absolut genial finde, es mich mitreißt beim Lesen und mich die Lektüre glücklich macht, dann spielt es für mich als Leserin keine Rolle, ob da nun das Herzblut des Autors drinsteckt oder leidenschaftsloses Schreiben. Wenn man dem Buch hingegen anmerkt, dass es nicht mit Leidenschaft geschrieben wurde, ist es wieder eine andere Sache.

Ich empfinde übrigens das Schreiben, obwohl ich weder für den Markt noch für einen Verlag schreibe, zu 90% als mühevolle Arbeit, die mir keinen Spaß macht. Vergnügen macht mir das Schreiben nur selten. Leider sind aber meine Figuren permanent in meinem Kopf präsent und wollen, dass ich ihre Geschichten aufschreibe.  ::)
Das erwähne ich jetzt nur, weil ich manchmal ein wenig die Tendenz herauslese, es gäbe auf der einen Seite die, die nur für sich als Hobby schreiben und dabei glücklich sind und die, die für den Markt schreiben und es als Arbeit empfinden. Aber während es sicher zahlreiche Autoren gibt, die aus Leidenschaft für den Markt schreiben, bin ich vielleicht auch nicht die einzige Hobbyautorin, die das Schreiben eigentlich nicht glücklich macht (und die es trotzdem nicht bleiben lassen kann). Zumindest hoffe ich das, ich fühle mich in der Hinsicht ohnehin schon sehr einsam.
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Snöblumma am 26. März 2014, 14:41:51
Wie sagte ein Lektor mal zu mir? Wenn wir wüssten, was sich verkauft, würden wir nur noch das anbieten - oder so ähnlich. Auch die Verlage stochern zum Teil im Dunkeln. Klar kann man einiges steuern über das hier schon angesprochene Marketing und vor allem auch die Präsenz im Buchhandel, aber es gibt auch Bücher mit hohem Marketingetat, die dann doch floppen. Die Chancen sind besser, logischerweise, wenn ich bei den üblichen Verdächtigen vorne an der Kasse liege, in einem Frauenmagazin besprochen werde und überall Werbung läuft. Aber allein das kann es nicht ausmachen.

Das richtige Thema zur richtigen Zeit in einer Schreibweise, die bei den Massen ankommt - so einfach und so schwer zugleich würde ich die Formel zusammenfassen. Wie man das nun hinbekommt? Stochern im Nebel. Klar kann man Trends folgen, nur wird man als jemand, der einem Trend folgt, niemals der mit absoluten Bestsellererfolg sein, sondern nur der Nachahmer. Was okay ist, ich für meinen Teil kann sehr gut damit leben, dass SoG bspw. den erotischen Roman hoffähig gemacht hat. Ich mochte das Genre schon vorher, ich habe schon vorher darin geschrieben und wenn ich jetzt von Lesern als Nachahmer empfunden werde - so what? Wenigstens ist jetzt ein Markt für diese Bücher da.

Zitat von: Siara am 25. März 2014, 23:03:37
Eine ganz andere Frage wäre, wer solche Bücher schreibt. Gibt es tatsächlich Autoren, die Spaß daran haben, diese einfachen, voraussehbaren Romane zu schreiben? Aber ich sehe, das geht schon wieder in eine Richtung, die hier nicht hingehört  ::)
Weil es hier schon angesprochen wurde: Ja, definitiv *meld*. Ich schreibe Liebesromane, die von Seite drei an vorhersehbar sind (Happy-End-Garantie lässt grüßen). Natürlich weiß jeder, dass die beiden Protas zusammenkommen, das ist doch der Sinn der Sache. Ich lese sowas auch wahnsinnig gerne. Mein Alltag ist kompliziert genug. Wenn ich schreibe, brauche ich wenigstens dort die Gewissheit, dass es gut ausgeht. Liebesromane haben in aller Regel eine sehr vorhersehbare Struktur, und sogar die Wendepunkte kommen verlässlich immer an denselben Stellen... wenn es also das ist, was du mit einfach und vorhersehbar (in meinen Augen abwertend) bezeichnest, dann lasse ich mir das gerne nachsagen.
ABER: Ich finde das nicht mehr oder weniger Kunst, als wahnsinnig unvorhersehbar zu schreiben. Eine Geschichte so zu komponieren, dass sie in dieses Schema passt, kann auch Arbeit sein ;). Und erfordert wahnsinnig viel Handwerk - und, auch das sei gesagt: Ich würde es nicht tun, wenn es mir nicht Spaß machen würde. Ich brauche das Geld nicht, das ich damit verdiene, ganz im Gegenteil. So viel ist es nicht, und wenn ich nicht Spaß daran hätte, allabendlich Prota mit LoveInterest zu verkuppeln, hätte ich es längst an den Nagel gehängt. Ich liebe es einfach, Figuren dabei zu folgen, WIE sie es letztlich zum (vorhersehbaren) Happy End schaffen. Das bringt mir mehr Spaß und Freude als jeder hochliterarische Problemroman.

Was ich allerdings auch nicht ausstehen kann, ist, wie Alana schon gesagt hat, wenn jemand krampfhaft ein "erfolgreiches" Genre bedienen will, obwohl er damit so gar nichts anfangen kann und sich damit auch noch brüstet. Klar könnte ich auch Krimi schreiben, hab ich aber keine Lust zu. Kann ich nicht, mag ich nicht, ist derzeit absolut jenseits meines Horizonts. Als Berufsschreiber kann man sich sicherlich in Dinge einarbeiten, aber da ist es sicher wie mit allem im Leben: Was man nicht zumindest mag, wird man nie wahnsinnig gut machen.

Aber, um zurück zum Thema zu kommen: Ich denke, den Erfolg eines Buches macht eine Mischung aus richtiger Platzierung, richtigem Cover, richtigem Titel, richtigem Inhalt und richtigem Marketing aus. Das beste Buch kann absolut untergehen, wenn es ein Cover bekommt, das die falsche Zielgruppe anspricht, beispielsweise. Darum bin ich auch immer noch überzeugt davon, über Verlage zu gehen. Im Idealfall sind Verlage Profis im Marketing, haben den gesamten Markt im Blick und wissen, wie sie mein Buch wo platzieren müssen, um damit auch die Leser zu erreichen. Das könnte ich alleine nie leisten, und wieso soll das dann nicht der Profi machen? Auch wenn die Verlage oft genug daneben liegen, sonst gäbe es ja keine Flops - aber die Formel für den Erfolg wurde wohl nicht erfunden ;).


Zitat von: canis lupus niger am 25. März 2014, 23:17:33
Ich glaube nicht, dass jemand aus Liebe zum Schreiben bewusst Massenware produziert. Entweder können die betreffenden Autoren es ncht besser, oder es sind Hausautoren, die Auftragsarbeiten nach Schema F anfertigen, ohne emotionale Anteilnahme.
Edit: Hierzu wollte ich auch noch etwas sagen, weil mich diese Aussage doch getroffen hat. Ich verstehe nicht, wieso Massenware oft derart abwertend betrachtet wird? Menschen zu unterhalten ist doch eine wahnsinnig befriedigende Tätigkeit, und wenn viele Menschen unterhalten werden, ist es doch auch schön. Massenromane zu schreiben (sagen wir, Heftromane) ist absolute Handwerkskunst. Das Publikum verzeiht nichts, will sein Schema F, aber bitte anders als das letzte Mal, und dann noch immer überraschend, aber bloß nicht zu sehr... das ist wie Soaps im Fernsehen. Natürlich hat so etwas nicht den Tiefgang eines hochliterarischen Problemromans, aber es spricht doch oft auch Themen an, die vielen Menschen am Herzen liegen, und bringt Lösungen für ganz alltägliche Probleme, oder lenkt einfach mal nur ein paar Stunden von der grauen Realität einer arbeitslosen alleinerziehenden Mutter im heruntergekommenen Plattenbau (ja, ich übertreibe) ab, die auch mal gern vom Prinzessinnendasein träumen möchte. Ist doch nichts schlechtes bei, wenn man auch für Publikum jenseits des gut informierten, bildungswütigen Hochliteraturbetriebs schreibt ;). Wahrscheinlich war es so auch nicht gemeint, aber Autoren, die mit Heftromanen und Co. einfachere Sehnsüchte bedienen, fehlendes Handwerk und Können zu unterstellen, wird meiner Meinung nach der Sache nicht gerecht. Ich für meinen Teil lese gern hirnfreie Unterhaltung (wie ich es selber nenne) und schreibe gern ebensolche. Und da stehe ich absolut dahinter. Weil es mir Spaß macht.
Aber wir weichen ab ;).
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Pandorah am 26. März 2014, 14:51:21
Vielen Dank, Snö, das hast du ganz wunderbar zusammengefasst, ich grübel schon seit heute Morgen nach, wie ich das am besten formuliere. Ich mag nämlich auch wissen, dass ein Roman gut ausgeht. Mich interessiert das Wie-genau und Wie-kommen-sie-dahin, ohne dass ich mir Sorgen machen muss, dass es nicht klappt. Wie du schreibst, das reale Leben ist unvorhersebar genug.

Das Bedürfnis haben wohl viele Menschen, denn auch wenn Happy Ends immer wieder abgewertet werden und schlecht gemacht, lesen es sehr viele Leser sehr gerne. Nicht alle, gewiss, aber zum Beispiel Liebesromane mit Happy End Garantie laufen immer wieder wunderbar. Viele wollen einfach sehen, dass es den Figuren, mit denen sie gelebt und gelitten und die sie liebgewonnen haben, gut geht. Mich eingeschlossen.
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Siara am 26. März 2014, 15:07:01
Zitat von: Snöblumma am 26. März 2014, 14:41:51
Liebesromane haben in aller Regel eine sehr vorhersehbare Struktur, und sogar die Wendepunkte kommen verlässlich immer an denselben Stellen... wenn es also das ist, was du mit einfach und vorhersehbar (in meinen Augen abwertend) bezeichnest, dann lasse ich mir das gerne nachsagen.
Hach, also, ein letztes Mal noch, einfach, weil ich hier keinen falschen Eindruck erwecken will. Nein, ich meine es nicht abwertend. Vorhersehbar ist nicht das, was ich persönlich gerne lesen, aber der Begriff "vorhersehbar" war in diesem Zusammenhang wertungsfrei gebraucht. Denn das sind diese Art von Romanen nun mal. Aber ich habe nie behauptet, dass das im Allgemeinen etwas Schlechtes wäre, weder für Leser noch für Autoren. Ich kann mich nur wiederholen: Solange man beim Lesen bzw. Schreiben Spaß hat, ist es doch vollkommen in Ordnung so. Die Sache mit den Soaps fand ich eigentlich einen ganz guten Vergleich, ich hatte vorher einen ähnlichen zu Sitcoms gezogen. Die sind auch flach, ganz witzig, aber vollkommen vorhersehbar. Ich gucke sie gerne. Dass ich es bei Büchern nicht mag, ist doch schlicht Geschmackssache. Ich wollte hier wirklich niemandem auf die Füße treten :seufz: Also falls sich jemand angegriffen gefühlt hat, Entschuldigung nochmal  :bittebittebitte:

Zitat von: Snöblumma am 26. März 2014, 14:41:51
Wie sagte ein Lektor mal zu mir? Wenn wir wüssten, was sich verkauft, würden wir nur noch das anbieten - oder so ähnlich. Auch die Verlage stochern zum Teil im Dunkeln. Klar kann man einiges steuern über das hier schon angesprochene Marketing und vor allem auch die Präsenz im Buchhandel, aber es gibt auch Bücher mit hohem Marketingetat, die dann doch floppen.
Das finde ich, um ehrlich zu sein, ziemlich ermutigend. Solange auch sehr Marktkundige noch kein Geheimrezept mit Erfolgsgarantie gefunden haben, bleibt jedem Autor die Chance, mit einer guten Idee veröffentlicht zu werden. Und das Angebot bleibt facettenreich. Glücklicherweise wird das universale Wissen um ganz genau die Art von Buch, die immer zum Verkaufsschlager wird, wohl nicht sehr bald gefunden werden  ;D
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: HauntingWitch am 26. März 2014, 15:30:32
Zitat von: Siara am 26. März 2014, 15:07:01
Glücklicherweise wird das universale Wissen um ganz genau die Art von Buch, die immer zum Verkaufsschlager wird, wohl nicht sehr bald gefunden werden  ;D

Nun, gewisse Tendenzen gibt es schon. Was ist denn mit den Büchern, die seit Generationen, ja gar seit Jahrhunderten immer wieder gelesen werden? Die enthalten meistens Themen, die die Menschheit oder die Gesellschaft oder eine gewisse Gruppe betreffen, welche zeitlos sind. Z.B. lamentiert Oscar Wilde in "Das Bildnis des Dorian Grey" darüber, dass Schönheit von uns als viel zu wichtig empfunden wird. Dieses Thema ist heute noch genauso aktuell wie vor 150 Jahren. Ein anderes Beispiel ist, dass viele erfolgreiche Geschichten nach dem Heldenreisen-Prinzip aufgebaut sind. Der Erfolg besteht darin, dass das einen psychologischen Ablauf widerspiegelt, der uns auch im Leben begegnet. Oder der von Snö gepriesene Liebesroman, mal ehrlich: Wer sehnt sich denn nicht insgeheim nach dem Mr. Right, mit dem man für immer glücklich werden kann? Und wer das nicht tut, wird irgendein anderes tief liegendes Bedürfnis haben, dass von den von ihm gelesenen Büchern erfüllt wird.  ;) Ich denke, daraus kann man schon gewisse Dinge ableiten.

Daher: Ich gebe euch allen insofern Recht, dass sicherlich noch andere Faktoren wie Zeitgeist, Marketing usw. mit hineinspielen und es kein ultimatives Rezept gibt. Aber man kann solche Tendenzen beobachten und erhöht bestimmt seine Chancen, wenn sie berücksichtigt. Aber wie gesagt, es ist ein Pokerspiel. Ausnahmen gibt es immer. Sind ja auch schon total unkonventionelle Sachen, die vermeintlich niemanden interessierten, erfolgreich geworden.  ;D
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Kati am 26. März 2014, 15:37:54
Zu Sparks muss gesagt werden, dass das Problem darin besteht, dass er ganz klar Liebesromane schreibt, sich aber selbst nicht als Liebesromanautor betitelt sehen will, weil er Liebesromane für minderwertig und doof hält. Er schreibt keine besseren Bücher als viele Frauen (und andere Männer natürlich auch), aber wertet die anderen Liebesromane ab und stellt sich selbst als König des Genres dar, der natürlich keine gewöhnlichen Liebesromane schreibt (obwohl er genau das tut). Er profitiert also von dem Genre und von den Lesern des Genres, beleidigt das Genre und seine Leser aber gleichzeitig, indem er sie als schlecht und seicht bezeichnet. Das ist so ungefähr das einzige, das ein Autor für mich überhaupt nicht machen darf. Sich das Geld in die Tasche stecken und gleichzeitig seine bewundernden Leser beleidigen, indem er ihnen sagt, dass sie eigentlich nur Schund lesen. Also, ich denke schon, dass Sparks seine Geschichten mag, aber er ist halt der Ansicht, er würde ein ganz anderes "besseres" Genre schreiben, als er es eigentlich tut. Und das geht nicht.

Witch: Das Bildnis des Dorian Gray ist eigentlich ein wunderbarer Zeitspiegel des späten neunzehnten Jahrhunderts und heute so eigentlich NICHT mehr ganz so aktuell.  :versteck: Ich denke, Klassiker sind noch einmal eine Sache für sich. Viele davon waren, als sie veröffentlicht wurden, überhaupt keine Bestseller, teils sogar unbeliebt, und wurden erst mit der Zeit beliebt. Unter anderem der Dorian Gray, der lange ein ziemliches Tabubuch war (aber genau das macht Bücher ja interessant für Menschen), Dracula und die Werke von Kleist. Da kommt viel Ansehen erst mit der Zeit, weshalb Klassiker vielleicht nicht das beste Beispiel sind. Genauso sind Bücher immer mal wieder in und out. Jane Austen zum Beispiel wurde nicht durchgängig gelesen, sondern zu bestimmten Zeiten immer mal wieder gehypt, vergessen, wieder rausgeholt... es kommt da ganz stark auf die Zeit an, in der die Leser gerade leben. Auch Klassiker waren nicht immer und auch nicht durchgängig beliebt und angesagt.
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Belle_Carys am 26. März 2014, 15:40:16
ZitatMir ist es nicht egal. Für mich ist Literatur eine Kunstform (auch ein Handwerk natürlich, aber vorwiegend Kunst) und Kunst hat immer etwas mit Leidenschaft zu tun. Ich bin schliesslich aufgrund von Gefühlen Fan einer bestimmten Kunst oder eines bestimmten Werkes und daher mit Leidenschaft dabei. Ich empfinde es als beleidigend und respektlos, wenn der Schöpfer dieses Werkes, das in mir so viel auslöst, nun kommt und sagt: "Kümmert mich nicht, was du denkst, Hauptsache du bringst das Geld." Das tut jemand, der sein eigenes Genre hasst, im übertragenen Sinne. Es geht ihm nur ums Geld. Da fühle ich mich als Fan gelinde gesagt veräppelt. Ausserdem lebt er (ob nun finanziell oder im Sinne einer künstlerischen Existenz) von ebendiesen Gefühlen, die ich als Fan habe, denn sonst würde ich ja seine Sachen nicht kaufen und ihm mein Geld nicht bringen. Wenn das derart mit Füssen getreten wird, verdirbt mir das den Genuss des Werkes weitestgehend, wenn nicht gar völlig. Deshalb finde ich es wichtig.

Diesen Anspruch können wir ja nur haben, weil wir mittlerweile die Möglichkeit haben unseren Autoren auf Schritt und Tritt zu folgen. Kein Mensch weiß ob Shakespeare gern gemacht hat was er tat oder weil es das Essen auf den Tisch gebracht hat (ich gehe an dieser Stelle einfach mal davon aus dass der gute Mann als tatsächliche, schreibende Einzelperson existiert hat).

Du implizierst damit, dass der Wert eines Kunstwerkes von der eigegangenen Emotion abhängig ist. Ich möchte dem die These entgegen setzen dass der Wert eines Werkes sich aus der Emotion generiert, die es auslöst. Du findest ein Buch wahnsinnig toll, hast es Seite um Seite verschlungen, hast mit den Charakteren gelitten, bist vom Ende überrascht worden und es lässt und lässt dich nicht los. Drei Wochen später liest du ein Interview mit dem Autor der sagt, dass er das Buch eigentlich nicht mag, ihm der Prozess keinen Spaß gemacht hat, aber im Großen und Ganzen scheinbar etwas ganz vernünftiges draus geworden ist, und es ist ja nun mal sein Beruf zu schreiben.

Sich jetzt betrogen zu fühlen ist, finde ich, die falsche Haltung. Davon dass es dem Autor keine Freude bereitet hat wird das Buch nicht schlechter. Und davon dass ich eine Emotion nicht so empfinden kann wie meine Charaktere, wird die beschriebene Szene nicht weniger echt, denn andere Leute - wie vielleicht meine Leser - können es.

Zudem, die Aussage der Autor lebe ja schließlich von deinen Emotionen als Fan dreht die Sache doch irgendwie genau auf den Kopf. Die Ausgangsfrage war: Was verkauft sich? Die logische Antwort ist: Was der Leser will. Wenn ich jetzt schreibe, was ein Leser will, mich dahin gehend vielleicht sogar ein bisschen verbiege, weil ich WEISS (oh ich Glückliche...  ;D) was das ist, und besagter Leser findet das am Ende raus und wirft es mir vor und kauft meine Bücher NICHT mehr... ja da beißt sich doch aber die Katze in den Schwanz.

Ich glaube auch, man muss ein bisschen unterscheiden ob es um Literatur geht oder um Belletristik. Damit will ich jetzt um Gottes willen keine Diskussion um Elite, Höhenkammliteratur und die dumme breite Masse lostreten. Aber es gibt einfach einen Unterschied zwischen dem Schreiben einer Elfriede Jelinek und einer J.K.Rowling. Das ist keine qualitative Wertung. Das ist einfach eine Tatsache. Massentauglichkeit und experimenteller, hoher künstlerischer Anspruch schließen sich bis zu einem gewissen Grad einfach aus, weil sie letztendlich unterschiedliche Ziele haben (ich weiß dass die Grenzen fließend sind und das jetzt sehr abstrahiert ist, aber alles andere würde in einem Essay enden, also bleiben wir aus Gründen der Anschaulichkeit bei Verallgemeinerungen).  Das geschriebene Wort kann einmal als Kunst genossen werden, die die Welt reflektiert und zumeist in hohem Maße abstrahiert und kritisiert, zum anderen aber auch als Unterhaltung, die eine Flucht aus eben dieser Welt möglich macht (was die Möglichkeit, auch hier kritische Untertöne anzubringen, ja nicht direkt negiert). Und da wir allle wissen, dass die Welt an und für sich nicht immer und nicht für jeden zum allerbesten steht, wird sich meiner Meinung nach der Teil, der dem Unterhaltungssegment zuzuordnen ist, immer besser verkaufen.

Das sagt nicht zwingend etwas über Qualität aus. Weder positiv noch negativ. Es verdeutlicht höchstens, wonach Menschen sich sehnen, nämlich nach etwas das sie nicht haben und nicht sind.

Ich selbst habe mit vielen Bestsellern ein Problem. Das liegt aber nicht in erster Linie an flachen Charakteren, vorhersehbaren Plotstrukturen oder dem Gefühl, das alles so schon einmal gelesen zu haben. Das Gefühl habe ich fast immer, weil wir alle - egal ob wir sie als Aliens, Orks oder Elben verkleiden - ultimativ über, und vor allem in unserem Dasein als Menschen, schreiben. Was mich stört ist die Tatsache, dass die geprägten Plotlinien häufig festgefahrene Rollenbilder und Strukturen transportieren. Aber das ist ein Thema für einen anderen Thread den ich vielleicht mal aufmache.

Letztendlich hat Snö mit ihrem Zitat, dass die Verlage es ja selbst nicht wissen, völlig Recht. Keiner kann vorhersehen was sich verkauft und was nicht. Vor SoG hätte vermutlich keiner damit gerechnet dass sich so etwas verkauft und in der Öffentlichkeit von "gutbürgerlichen" Damen gelesen wird. Jetzt ist es passiert, wir schütteln den Kopf darüber aber der Trend ist gemacht und die Tür offen für (im Idealfall wesentlich bessere) Bücher dieses Genres.

Am Ende tut man vermutlich einfach gut daran sich hinzusetzen und zu schreiben was man will. Das dürften die meisten anderen Autoren, die letztendlich Erfolg hatten, auch getan haben. Ob man dann noch ein bisschen Kalkül dahinter stellt oder nicht, sollte jedem selbst überlassen sein.
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: HauntingWitch am 26. März 2014, 15:43:50
Zitat von: Kati am 26. März 2014, 15:37:54
Witch: Das Bildnis des Dorian Gray ist eigentlich ein wunderbarer Zeitspiegel des späten neunzehnten Jahrhunderts und heute so eigentlich NICHT mehr ganz so aktuell.  :versteck:

Historisch kennst du dich da besser aus als ich. ;) Ich meinte jetzt in diesem Fall auch mehr die psychologischen Inhalte, wie die der Schöne mit dem verdorbenen Charakter oder die Art und Weise, wie Lord Henry Einfluss auf Dorian nimmt oder wie er sein Liebchen (wie hiess die noch gleich?) behandelt. Das sind alles Dinge, die es immer noch gibt. Sie zeigen Menschen, wie es sie immer noch gibt und vermutlich auch immer geben wird. Auch wenn sie sich heute in anderem Umfeld bewegen und sich manche Intrigen vielleicht auf etwas andere Art abspielen; Der Gedanke dahinter bleibt derselbe.

Das andere ist natürlich ein interessanter Punkt.  :)
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Fianna am 26. März 2014, 15:51:23
Zitat von: Kati am 26. März 2014, 15:37:54
Witch: Das Bildnis des Dorian Gray ist eigentlich ein wunderbarer Zeitspiegel des späten neunzehnten Jahrhunderts und heute so eigentlich NICHT mehr ganz so aktuell.
Deswegen war für mich das Vorwort das Beste an dem Buch (das klingt gemein, ist aber nicht so gemeint, es ist wirklich ein lustiges Vorwort).
Ich habe es nach 1/4 oder so abgebrochen weil ich den Eindruck hatte, es gibt da lauter Anspielungen, die ich einfach nicht verstehe. Ohne diese zugehörigen Hintergrundkenntnisse fand ich es langweilig.
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Kati am 26. März 2014, 15:58:15
Natürlich gibt es das immer noch, wenn man es so lesen möchte. Aber an sich ist es halt ein Spiegel der oberflächlichen Gesellschaft im fin de siècle. Man muss ja gucken, wie das rezipiert wurde. Zu Erscheinen, Beginn der 1890er mochte den Dorian kaum einer, er galt als skandalös und unmoralisch. Das lag natürlich daran, dass die Leser damals viel besser zwischen den Zeilen lesen konnten, weil sie natürlich wussten, wie bestimmte Sachen damals codiert wurden. Und daran, dass sie ganz andere gesellschaftliche Strukturen hatten. Heute gilt der Dorian als Meisterwerk und wunderschönes Schauermärchen, also eine vollkommen andere Rezeption, jeder kennt die Geschichte. Aber zwischen 1900 und 1950 hat sich kaum einer damit beschäftigt. Jane Austen war im frühen neunzehnten Jahrhundert recht beliebt, dann fünfzig Jahre lang überhaupt nicht, kurz wieder zum Ende des neunzehnten Jahrhunderts und so richtig erst wieder ab den 1980ern oder 90ern. Was ich sagen wollte, bevor ich angefangen habe zu labern: Zeitgeist ist immer wichtig, auch bei Klassikern. Wenn ein Klassiker den Zeitgeist aus Versehen wieder trifft, wird er wieder gern gelesen. Aber kaum ein Roman wurde eben wirklich über Jahrzehnte und Jahrhunderte immer gelesen.

Dorian trifft vielleicht unseren modernen Zeitgeist wieder viel besser als den des Zweiten Weltkriegs, obwohl unsere Gesellschaft eine andere ist. Er wird ganz anders aufgefasst heute, viele lesen Wildes Gesellschaftskritik gar nicht erst raus, weil sie die Zeit nicht so gut kennen (was ja echt keine Schande ist) und dann bleibt ein schönes Schauermärchen über, wo eigentlich noch viel mehr ist, was aber teilweise auch wegfällt, weil es gesellschaftliche Probleme anspricht, die heute keine mehr sind und die deshalb halt auch keiner mehr rausliest. Und das wird gerade ein bisschen off topic, deshalb einfach mal: Auch Klassiker verkaufen sich nicht immer gut und müssen den Zeitgeist treffen, um angesagt zu bleiben oder wieder zu werden.  ;D Deshalb fände ich es mal richtig interessant, ob Sachen wie Twilight oder Hunger Games in einigen Jahrzehnten ein Comeback als Klassiker haben und wie sie dann gelesen werden. Bestimmt ganz anders als heute. (Und Dorians Verlobte hieß Sibyl Vane. Das ist meine Lieblingsfigur in dem ganzen Roman.)

Fianna: Das Vorwort wurde ja hinzugefügt, weil alle das Buch als unmoralisch empfunden haben. Es wurden die wirklich pikanten Stellen ja auch nachträglich noch gestrichen, die sind bis heute nur in Spezialausgaben drin. Wo eben die Kritik zu laut wurde, das musste er hinterher rausnehmen und der Roman wurde ja nicht umsonst dazu benutzt, ihn später ins Gefängnis zu bringen.  :-X
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: HauntingWitch am 26. März 2014, 16:39:21
Zitat von: Belle_Carys am 26. März 2014, 15:40:16
Sich jetzt betrogen zu fühlen ist, finde ich, die falsche Haltung. Davon dass es dem Autor keine Freude bereitet hat wird das Buch nicht schlechter. Und davon dass ich eine Emotion nicht so empfinden kann wie meine Charaktere, wird die beschriebene Szene nicht weniger echt, denn andere Leute - wie vielleicht meine Leser - können es.

Doch, für mich schon. Ich kann dann nicht mehr einfach sagen: XY ist ein gutes Buch. Ich denke automatisch, XY fand ich ein gutes Buch, aber... Und dieses Aber, das wertet das Buch ab. Wie gesagt, das ist persönliches Empfinden. Dir scheint es da anders zu gehen und das ist auch in Ordnung. Es ändert nur meine Meinung nicht.

Zitat von: Belle_Carys am 26. März 2014, 15:40:16
Zudem, die Aussage der Autor lebe ja schließlich von deinen Emotionen als Fan dreht die Sache doch irgendwie genau auf den Kopf. Die Ausgangsfrage war: Was verkauft sich? Die logische Antwort ist: Was der Leser will. Wenn ich jetzt schreibe, was ein Leser will, mich dahin gehend vielleicht sogar ein bisschen verbiege, weil ich WEISS (oh ich Glückliche...  ;D) was das ist, und besagter Leser findet das am Ende raus und wirft es mir vor und kauft meine Bücher NICHT mehr... ja da beißt sich doch aber die Katze in den Schwanz.

Vielleicht habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt. Ich finde es völlig in Ordnung, wenn ein Autor weiss, was sich verkauft, sonst hätte ich diesen Thread gar nicht erst aufgemacht. Ich finde es auch völlig in Ordnung, wenn er genau das schreibt. Solange er mit dem Herzen bei der Sache ist. Wenn man wie Snö (entschuldige bitte Snö, dass ich dich immer als Beispiel verwende ;)) gerne simple Plots mit Happy End Garantie schreibt, soll man das tun. Aber wenn man das schreibt, was sich verkauft, nur um zu verkaufen und nicht etwa, weil man es gerne tut, finde ich es nicht mehr in Ordnung. Wenn die Einfachheit einzig dazu dient, massentauglich zu sein, egal wie bescheuert man Massentauglichkeit selbst findet, ist das Werk eine Lüge und das ist eines der Dinge, mit denen man mich für immer vergraulen kann. Dass dieser Effekt natürlich ausbleibt, wenn ich gar nichts davon weiss, ist logisch.

Wenn jemand nicht gerne schreibt und es trotzdem tun muss (aus einem inneren Drang heraus), ist das wieder etwas anderes. Aber niemand zwingt einen dann, davon leben wollen zu müssen.
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Belle_Carys am 26. März 2014, 16:45:27
ZitatAber wenn man das schreibt, was sich verkauft, nur um zu verkaufen und nicht etwa, weil man es gerne tut, finde ich es nicht mehr in Ordnung. Wenn die Einfachheit einzig dazu dient, massentauglich zu sein, egal wie bescheuert man Massentauglichkeit selbst findet, ist das Werk eine Lüge und das ist eines der Dinge, mit denen man mich für immer vergraulen kann.

Ich glaube aber doch dass das eher seltener der Fall ist. Also.. vermutlich ist es einfach oft so dass Leute, wie viele bekannte Autoren ja auch, erst einmal in einem Genre anfangen und es schreiben, um einen Fuß in die Tür zu bekommen und dann das zu machen was sie wollen. Wenn das nicht funktioniert und sie verbittert da hängen bleiben, ist das bedauerlich, aber ich wage an der Stelle auch zu behaupten dass sie dann innerhalb dieses Gebiets auch nicht das produzieren was tatsächlich sehr weit verbreitet gelesen wird.

Autoren wie Sparks, die das eigene Genre und dessen Fans herabsetzen, sind glaub ich auch dankenswerterweise eher dünn gesäht (jedenfalls fällt mir sonst keiner ein). Was bei ihm aber vermutlich auch an der gnadenlosen Selbstüberschätzung liegt und mir doch eher ein generelles Arroganzproblem zu sein scheint und weniger mit fehlendem Interesse oder fehlender Begeisterung für das was er tut zu tun hat. Irgendwie macht er doch eher den Eindruck sich für den Messiahs des Genres zu halten ...

Und klar, das ist immer persönliches Empfinden, wenn dich eine Aussage eines Autors dann so sehr stört dass du das nicht mehr genießen kannst, dann ist das halt so  :)

Und natürlich muss jeder selbst entscheiden ob er jetzt das Schreiben zu seinem Broterwerb machen will oder nicht. Mein Beispiel war auch eher so gedacht dass es eventuell ja auch einzelne Bücher gibt, die einem selbst dann halt trotzdem wesentlich weniger am Herzen liegen als dem Leser, aber man hat sie halt trotzdem fertig geschrieben und an den Markt gebracht weil man ja auch die eine oder andere vertragliche Verpflichtung hat. Ich bin einfach niemand der das Schreiben romantisiert. Das liegt mir nicht. Ich schreibe gern, aber die ganze Leidenschaftsgeschichte geht mir ab. Das ist aber auch etwas ganz persönliches  ;D (Also, nicht dass ich nicht auch immer wieder mal mit Herzblut dabei wäre, aber das ist einfach kein Dauerfeuer. Da ist eine grundsätzliche Begeisterung fürs Schreiben und immer mal wieder die Momente wo ich für meine Story wirklich brenne, aber oft genug ist es auch einfach Arbeit, weiter zu machen, auszubessern, neu zu schreiben, zu entwickeln. Prinzpiell wie in ner guten Beziehung...erstmal lodert die Leidenschaft und dann ist es doch irgendwie ein anderes Level auf dem sich die emotionale Bindung abspielt. Und manchmal find ich meinen "Partner" hatl auch einfach doof.)
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Cailyn am 28. März 2014, 19:56:38
Was im deutschen Sprachraum auch nicht vergessen werden darf, ist die Tatsache, dass man weniger auf deutsche Autoren setzt. Es kommt schon sehr, sehr viel aus dem englischen Sprachraum und wird übersetzt, wenn diese Werke in Amerika oder in den UK bereits ein Bestseller wurden.

Ich glaube schon, dass hier im Forum viel mehr Autorinnen und Autoren erfolgreich wären, würden wir z.B. in Amerika leben. Dort ist es viel einfacher, ein Buch an einen Verlag zu bringen. Es ist nicht einfacher, damit auch erfolgreich zu sein, das nicht. Aber man kriegt viel eher eine Chance, auch wenn ein Risiko dabei ist.

In unserem nach Sicherheit strebenden Europa will man keine Risiken eingehen. Lieber Bestseller übersetzen lassen, denn was die Amis gut finden, finden wir sicher auch gut.
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Alana am 28. März 2014, 20:00:12
Dabei darf man aber auch nicht vergessen, dass das Lizenzgeschäft seine eigenen Gesetze hat. Eine gute Bestsellerlizenz kommt nur im Paket mit zehn nicht so tollen Büchern. Meist mit der Auflage, diese zwangsweise zu veröffentlichen. Das ist mit ein Grund, warum so wenig Platz für deutsche Autoren ist.
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Fianna am 30. März 2014, 17:26:34
Zitat von: Kati am 26. März 2014, 15:58:15
Fianna: Das Vorwort wurde ja hinzugefügt, weil alle das Buch als unmoralisch empfunden haben. Es wurden die wirklich pikanten Stellen ja auch nachträglich noch gestrichen, die sind bis heute nur in Spezialausgaben drin. Wo eben die Kritik zu laut wurde, das musste er hinterher rausnehmen und der Roman wurde ja nicht umsonst dazu benutzt, ihn später ins Gefängnis zu bringen.  :-X
Gekürzt - ohje. Ich hatte diese Penguin classic (?), diese beigen Ausgaben, die im Thalia auslagen. Natürlich hat Miss Fianna nicht geschaut ob das gekürzt ist  ::) vielleicht gebe ich Dorian dann nochmal eine Chance.
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Coehoorn am 01. April 2014, 19:00:12
Zitat von: Alana am 28. März 2014, 20:00:12
Dabei darf man aber auch nicht vergessen, dass das Lizenzgeschäft seine eigenen Gesetze hat. Eine gute Bestsellerlizenz kommt nur im Paket mit zehn nicht so tollen Büchern. Meist mit der Auflage, diese zwangsweise zu veröffentlichen. Das ist mit ein Grund, warum so wenig Platz für deutsche Autoren ist.

Könntest du das näher erläutern? Soll das heißen, dass vertraglich festgelegt wird "Wenn dein Buch ein Bestseller wird, musst du noch x Bücher dazu schreiben" oder wie darf man das verstehen?  ???
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Christopher am 01. April 2014, 19:10:08
Denke, es ist wie folgt zu verstehen:
Autor A hat Buch B-F geschrieben, davon wurde C ein Bestseller. Wenn nun ein Verlag Buch C vertreiben will, muss er gleichzeitig auch B und D-F vertreiben, sonst kriegt er die Lizenz einfach nicht.

Was wiederum dazu führt, dass dieser Verlag erst mal wenig Platz für andere Bücher hat.
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Siara am 01. April 2014, 19:20:22
Ich hatte Alana so verstanden, dass Bestseller aus dem Ausland (in der Regel aus den USA) nur dann von einem deutschen Verlag übersetzt und vertrieben werden dürfen, wenn auch andere Bücher desselben "mitgekauft" werden. (Was ja für den amerikanischen Verlag eine Menge Profit bringen würde. So können sie aus Büchern, die nicht so gut liefen, immer noch Geld holen).

Deutsche Verlage wollen einen sicheren Sieg, kaufen also die Lizenz für den Bestseller und nehmen hin, weitere, nicht so erfolgreiche Bücher ebenfalls zu verlegen. Dadurch verlieren sie immer noch weniger Geld, als sie durch den Vertrieb des Bestseller gewinnen. Dafür verzichten sie darauf, mehr deutsche Autoren zu verlegen, denn bei denen ist der Erfolg nicht sicher. Also: Lieber einen amerikanischen Bestseller + einige erfolglose Werke als mehr deutsche Bücher, unter denen nur mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit ein zukünftiger Bestseller ist.

Wenn ich da was falsch verstanden habe, darf Alana oder ein anderer natürlich gern korrigieren.  ;D
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Alana am 01. April 2014, 19:33:55
@Siara: Genauso ist es. Die anderen Lizenzen, die zum Bestseller dazu gekauft werden, können von allen möglichen Autoren sein. Auf jeden Fall meistens Titel, die alleine keine Chance auf Übersetzung hätten. Das bedeutet nicht, dass die alle schlecht sind, da sind sicher auch viele Gute dabei. Aber sie nehmen halt Programmplätze weg.
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: HauntingWitch am 23. Mai 2014, 11:49:27
Also gut, aufgrund Coppelias Wunsch verpflanze ich mich mal hierhin. Die Ausgangsfrage war:

ZitatAber warum bekommen dann manche Bücher fast nur gute Rezensionen - und dabei noch Bücher, die ich persönlich gar nicht besonders toll finde? Das verunsichert mich oft und lässt mich denken, dass mein Geschmack beim Lesen und Selbst-Schreiben offenbar weit von dem entfernt ist, was gut ankommt.

Zitat von: traumfängerin am 23. Mai 2014, 11:24:06
Es gibt Bücher, Bestseller fragwürdigen Rufs, die viele Leute lesen, die sonst nicht so häufig nach einem Buch greifen, Bücher die gehypt werden, wie z.B. "Fifty Shades of Grey" oder auch die "Wanderhure"-Reihe. Keinem von diesen Büchern hätte ich 5 Sterne gegeben und dennoch haben sie unglaublich viele gute Rezensionen bekommen. Warum? Weil viele von denen, die sie gelesen haben, keinen großen Anspruch an ein Buch stellen. 

Das stimmt. Gerade Frauen, die "Fifty Shades of Grey" gut finden, sind oft eher einfache Gemüter (ich sage bewusst oft, Ausnahmen bestätigen die Regel) und ausserdem unglücklich mit ihrer eigenen Beziehung. Zwei Dinge machen das Buch für diese Leser gut: Erstens haben sie, wie traumfängerin schon sagt, geringe Ansprüche und empfinden daher ein Buch leichter als gut, als jemand, der durch das eigene Schreiben alles immer analysiert. Zweitens wird das Bedürfnis nach Abenteuer, nach dem Ausbrechen aus dem langweiligen Alltag, erfüllt.

Über den Inhalt weiss ich nur durch Erzählungen anderer Leute Bescheid, denn ich selber bin nicht über die ersten 2 Seiten hinaus gekommen, weil die Sprache für mein Empfinden so dermassen unterirdisch ist... Aber ich bin auch jemand, der sich tagtäglich mit Dingen wie Sprache, Plot, usw. beschäftigt. Ich bin ein Leser, der zu jedem Buch eine 2-3 Meinungssätze oder eine Rezi schreibt und ausserdem ein Autor, der von anderen lernen will. Doch viele tun das nicht, lesen einfach so daher, damit sie etwas gelesen haben.
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Judith am 23. Mai 2014, 13:10:36
Gerade so etwas wie "Fifty Shades of Grey" ist allerdings nicht das beste Beispiel für ein Buch, das fast nur gute Rezensionen bekommt. Das Buch wird zwar gehypt ohne Ende und hat viele Fans, aber auf Amazon stehen da z.B. 70 5-Sterne-Rezensionen 83 1-Sterne-Rezensionen gegenüber, nur mal so am Rande.  ;D

Aber ja, es gibt einfach Bücher, die bei Lesern fast durch die Bank gut ankommen. Und das müssen auch keineswegs Bücher für "einfache Gemüter" sein, sondern es sind solche, die einen bestimmten Nerv treffen. Trotzdem kann man selbst über so einem Buch sitzen und sich denken "Was zum Geier finden denn alle an dem?" Mir ging es so mit dem hochgelobten und durchschnittlich sehr gut bewerteten "Die Straße" von McCarthy, während ich  im Gegenzug "Effi Briest" mochte, dass die Hälfte aller Leute offensichtlich als ihr Hassbuch bezeichnen. Umgekehrt gehe ich aber auch bei einigen Büchern mit dem allgemeinen Lesergeschmack konform.
Daher glaube ich, dass es schwer ist zu sagen, ob man mit dem Geschmack weit von dem entfernt ist, was gut ankommt oder eben nicht. Es gibt ja auch genug Autoren, bei denen ein Buch einschlägt wie eine Bombe und das nächste wiederum gar nicht.
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Coppelia am 23. Mai 2014, 13:33:33
Danke für den Umzug der Diskussion! :)

Ich fand das Missverhältnis z. B. beim ersten Band der Warrior Cats so unglaublich krass. Dieser Roman wurde/wird geliebt und gelobt bis zum Gehtnichtmehr und ist unglaublich erfolgreich. Warum, begreife ich nicht. Ich halte ihn zwar nicht für den größten Mist, der jemals geschrieben wurde, aber auch nicht im geringsten für gut. Es gibt so viele bessere Romane (mit guter Handlung, gutem Stil, gut charakterisierten Figuren, ...), die aber viel weniger Beachtung und viel weniger gute Kritiken bekommen. In diesem Fall liegt der "Fehler" der anderen Romane vermutlich darin, dass die Hauptpersonen keine Katzen sind?
Dass ich den Inhalt der Reihe teilweise sogar für problematisch halte, habe ich in einem anderen Thread schon mal erläutert.

Ich kann es mir nur so erklären, dass die Reihe Glutamat enthält; aus unerfindlichen Gründen habe ich das meiste selbst gelesen. Und dass ich sie inzwischen geradezu unfassbar schlecht finde und dafür auch viele Beispiele nennen könnte, ändert nichts daran, dass ich sie weiterlese (allerdings nur geliehen). Fragt mich nicht ... :seufz:
Dass die Leser teilweise sogar selbst schreiben, dass an der Handlung der Romane vieles nicht stimmt und keinen Sinn ergibt, hält sie übrigens nicht davon ab, ihre 5 Sterne zu verteilen. Das ist dann wahrscheinlich der Reihenfaktor.

Mir fällt es sehr, sehr schwer, mir vorzustellen, was viele Leser fesseln könnte. Ich kann mich zwar immer wieder für Themen begeistern, aber das sind häufig Themen, die viele andere Leute öde finden. Andersherum finde ich vieles von dem öde, was viele Menschen begeistert. Deswegen meine Befürchtung, dass das, was ich toll finde (und das trifft auch auf das zu, was ich selbst schreibe), von den meisten anderen Leuten öde gefunden wird. Ich glaube, dass ich mit meiner Art zu denken und meinen ausgefallenen Interessen einfach nicht für den Markt geschaffen bin. Was mich aber auch nicht davon abhält, mich immer wieder aufs Glatteis zu wagen.
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Klecks am 23. Mai 2014, 14:11:58
Das ist ein ganz schweres Thema, weil man eben nicht so leicht herausfinden kann, was gerade gelesen werden will. Eigentlich geht das nur, wenn es gerade einen neuen Hype gibt: Twilight --> Vampirromane, Shades of Grey --> unverblümt geschrieben Erotik, die Tribute von Panem --> Dystopien. Ich fürchte, in vielerlei Hinsicht hat es viel mit Glück oder Pech zu tun, so einfach das auch klingen mag. Ein riesiger, beängstigend gewaltiger Anteil der Bücher, die veröffentlicht werden, schaffen es nicht in aller Munde - weder im positiven, noch im negativen Sinne. Wenn man nicht genau das schreibt, was gerade viele wollen, wird ein Roman wohl weniger gut ankommen. Erstens heißt das aber nicht, dass der Roman deshalb schlecht(er) ist, in welcher Hinsicht auch immer, und zweitens heißt das ebenso wenig, dass ich persönlich als Autorin ständig auf der Suche nach dem neuen Hype-Thema sein möchte. Es ist schwierig, aber letztendlich versuche ich, mir nicht allzu sehr den Kopf darüber zu zerbrechen, womit ich denn gut bei den Lesern landen könnte. Ich schreibe das, was ich schreiben will, in dem Vertrauen darauf, dass eines Tages ein Glückstreffer dabei ist.  :)
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: HauntingWitch am 23. Mai 2014, 14:26:56
Zitat von: Coppelia am 23. Mai 2014, 13:33:33
Mir fällt es sehr, sehr schwer, mir vorzustellen, was viele Leser fesseln könnte. Ich kann mich zwar immer wieder für Themen begeistern, aber das sind häufig Themen, die viele andere Leute öde finden. Andersherum finde ich vieles von dem öde, was viele Menschen begeistert. Deswegen meine Befürchtung, dass das, was ich toll finde (und das trifft auch auf das zu, was ich selbst schreibe), von den meisten anderen Leuten öde gefunden wird.

So geht es mir auch ein bisschen, aber ich möchte mich davon nicht aufhalten lassen, wie Klecks das mit ihrem letzten Satz so schön ausgedrückt hat.  ;D Und manchmal gibt es auch Überraschungen und das macht mir immer wieder Hoffnung.
Titel: Re: Warum sich etwas verkauft...
Beitrag von: Judith am 23. Mai 2014, 14:42:59
Zitat von: Coppelia am 23. Mai 2014, 13:33:33
Ich fand das Missverhältnis z. B. beim ersten Band der Warrior Cats so unglaublich krass. Dieser Roman wurde/wird geliebt und gelobt bis zum Gehtnichtmehr und ist unglaublich erfolgreich. Warum, begreife ich nicht. Ich halte ihn zwar nicht für den größten Mist, der jemals geschrieben wurde, aber auch nicht im geringsten für gut.
Gerade bei den Warrior Cats musst du aber beachten, dass du nicht mehr im (Haupt-)Zielgruppenalter bist. Das muss jetzt nicht heißen, dass man deshalb zwangsläufig einen Roman schlecht findet, aber man wird halt vielleicht andere Vorstellungen davon haben, was man an einem Roman gut findet als Leser, die 15 Jahre jünger sind.
Ich bin mir im Lesegeschmack teils mit meiner 12jährigen Nichte einig (z.B. Harry Potter, Percy Jackson, Hunger Games), aber teilweise findet sie auch Romane toll, bei denen sich mir die Fußnägel kräuseln. Mit 12 hätte ich die vielleicht aber auch super gefunden (in dem Alter hab ich auch gern Hohlbein gelesen und jetzt kann ich mit seinen Romanen gar nichts mehr anfangen).