Stellt euch folgende Situation vor: ihr habt eine Geschichte fertiggestellt und seid damit glücklich und zufrieden. Ihr sendet sie zum Lektorat an einen Agenten oder Verleger. Zurück kommt die Antwort: "Wir würden die Geschichte nehmen, wenn Sie noch folgende Änderungen vornehmen: [...]"
Wie weit dürften solche Änderungswünsche gehen, damit ihr sie noch als zumutbar empfindet? Was ist mit euren persönlichen Zielen als Autor vereinbar und was nicht? Was wiegt im Zweifelsfall für euch schwerer: die künstlerische Integrität, eure unverfälschten Gedanken an den Mann zu bringen, oder die Berufsehre als professioneller Autor, liefern zu können, was verlangt wird?
Zitat von: Farean am 12. Juli 2012, 15:19:52
Was wiegt im Zweifelsfall für euch schwerer: die künstlerische Integrität, eure unverfälschten Gedanken an den Mann zu bringen, oder die Berufsehre als professioneller Autor, liefern zu können, was verlangt wird?
Ich glaube für mich persönlich, dass sich das nicht ausschließen
muss. Ich möchte Berufsautor werden, auf jeden Fall. Ich möchte nicht ausschließlich davon leben können, aber zumindest so gut, dass ich mir bequem einen Halbtagsjob leisten kann, ohne finanziell schlecht dazustehen.
Trotzdem sind mir meine Geschichten wichtig. Sehr sogar. Aber nachdem ich nun schon mit zwei sehr guten Agenturen Erfahrungen sammeln durfte - eine davon lieferte eher Anregungen, die andere lektoriert "richtig" -, kann ich zumindest sagen, dass niemand versucht hat, meine Geschichten in ihrer Essenz zu ändern. Alle Vorschläge, die ich erhalten habe, konnte ich guten Gewissens annehmen, denn: Sie haben das Buch besser gemacht. Sie haben es runder, sprachlich schöner, logischer und spannender gemacht. Man hat meine Schwächen herausgepickt und mich an ihnen arbeiten lassen. Jedes Buch hat bisher damit nur gewonnen und hinterher war ich noch glücklicher damit als zuvor. Und es waren immer noch meine Geschichte, meine Figuren, mein Schaffen. Dasselbe gilt übrigens auch für meinen veröffentlichten Vampirroman, den ich mit einer sehr netten Lektorin umsetzen durfte.
Natürlich muss man auch Glück haben, und einen Lektor, mit dem man auf einer Wellenlänge ist. Bisher hatte ich dieses Glück meistens. Und wenn man solche Lektoren erwischt, macht das Arbeiten an einem Roman wirklich großen Spaß.
Mein Fazit: Ich bin durchaus so fähig, Änderungen anzunehmen, als dass ich glaube, dass dadurch meine eigenen Schwächen ausgebügelt werden. Wenn ich einmal in die Situation geraten würde, dass man meine Geschichten so stark umbauen will, dass von ihrer Grundidee oder ihrer Einzigartigkeit nichts mehr übrig ist, würde ich aber darum kämpfen, andere Kompromisse zu finden.
Das ist pauschal schwer zu beantworten. Es hängt sicherlich immer von der betroffenen Geschichte ab, aber ich versuch es trotzdem mal.
Zunächst würden mich Änderungsvorschläge sicher erst einmal treffen, gerade wenn sie relativ viel verändern würden. Das geht mir immer so. Dann denke ich schnell "Das passt nicht zu Geschichte, das mach ich nicht." Oftmals finde ich, bei logischem Bedenken der Argumente, dann doch irgendwann, dass Änderungsvorschläge mitunter angebracht sind, weil es so einfach nicht funktioniert.
Absolut vertretbar wären für mich solche Sache wie Kürzungen wegen des Tempos, Adjektive rausstreichen, sicherlich auch die ein oder andere Szene umschreiben oder gar rauslassen, weil sie überflüssig ist. Ich hätte daran zu knabbern, aber ich könnte mich vermutlich damit arrangieren. Wenn es gut begründet ist, würde ich den Sinn dahinter schon sehen. Es geht ja schließlich auch darum, Geschichten besser zu machen.
Wenn ich ganze Figuren rausstreichen soll, dann wäre bei mir sicherlich schon die Grenze erreicht, je nachdem ob es Protas, große oder kleine Nebenfiguren sind. Ohne bestimmte Figuren sind Geschichten einfach nicht mehr das, was ich mir ausgedacht habe.
Und verweigern würde ich mich, wenn so viele Änderungsvorschläge kommen, dass die Geschichte schon nahezu das Genre wechselst, also einen Dark Fantasy Roman z.B. harmloser, freundlicher und womöglich auch epischer zu gestalten. Ebenso krasse Änderungen, was das Ende und das Schicksal einzelner Figuren betrifft. Ich würde nur unter sehr großer Überzeugungsarbeit eine Figur sterben oder überleben lassen, für die jeweils das andere geplant war. Das Grundgerüst einer Geschichte sollte auf jeden Fall unangetastet bleiben. Ansonsten kann man auch gleich eine ganz neue Geschichte schreiben.
Mit kleinen Änderungen konnte ich auch immer leben. Sowas wie "Kapitel X ist zu weitschweifig, da ist zu wenig Tempo drin, kannst du da kürzen" kann ich ohne Probleme umsetzen, denn bei sowas bin ich selbst sehr betriebsblind und ich kenne meine schwafelige Ader. Oder sowas wie "die Heldin ist zu alt für ein Jugendbuch, kannste die zwei, drei Jahre jünger machen" - sicher mit Arbeit verbunden, aber okay, wenn's dann besser passt.
Wo ich schnell knatschig werden würde, sind meine geliebten Männerpärchen - wenn mir der Verlag gesagt hätte, klar machen wir das Buch, aber nur, wenn du aus einem deiner Männer eine Frau machst... weiß nicht, ich glaube, da hätte ich mich gesperrt. lag vielleichtaber auch daran, dass das so eine Herzblutgeschichte war, deren ursprung ganz weit zurückgeht und sehr persönlich ist.
Handlungsstränge streichen oder gravierende Änderungen an den Protagonisten vornehmen - da bräuchte es schon eine sehr gute Begründung. Wenn ich das Gefühl hätte, dass dann für mich die Geschichte nicht mehr stimmig ist, würde ich davon Abstand nehmen.
ZitatWie weit dürften solche Änderungswünsche gehen, damit ihr sie noch als zumutbar empfindet?
Wenn es zum Beispiel heißt "Bitte umschreiben sie diese Szene/schwächen sie diese Beschreibung etwas ab", dann würde ich das schon in Ordnung finden. Aber wenn sie einen Änderungswunsch haben, der etwas an meiner Geschichte - dem Handlungsablauf oder dem Charakter einer bestimmten Person - ändern würde, würde ich es nicht mehr in Ordnung finden.
Sicher möchte ich eines Tages eine meiner Geschichten veröffentlichen, aber natürlich "meinen" möglichst unverfälschten Roman.
Zwar bin ich noch nie in der Situation gewesen, aber ich denke, so in der Art würde ich handeln, sollte ich vor die Wahl gestellt werden.
Hi Farean,
Wahrscheinlich wird man immer irgendwo etwas umschreiben müssen. Man sollte den Leuten, die etwas geändert haben wollen, natürlich vertrauen. Kann man das nicht, wird man mit der Geschichte nie glücklich werden.
Die Änderungswünsche sollte man sich auf jeden Fall durch den Kopf gehen lassen. Manchmal ist man als Autor zu verbohrt, um die Verbesserung zu erkennen.
Ich wurde gerade erst gebeten, etwas in meinem aktuellen Exposé zu ändern. Die Änderung sollte die Komplexität herunterschrauben. Leider wäre dadurch die Hauptmotivation meines Antagonisten verloren gegangen. Außerdem ein großes Stück Ekelfaktor. Der Grund für diese Änderung war nachvollziehbar, war mir aber zu viel. Also habe ich einen Gegenvorschlag gemacht, der das Problem auf andere Art gelöst hat. Die Agentur war zufrieden, ich war zufrieden und jetzt kann ich noch ekeligere Dinge in der Geschichte tun ;D
Man muss nicht alle Änderungen annehmen. Man arbeitet zusammen an einem Roman. Du als Autor, bist aber derjenige, der am Ende entscheidet. Dein Name steht über der Geschichte und du wirst dafür verantwortlich gemacht. Nicht der Lektor und nicht der Verlag.
Zitat von: Arcor am 12. Juli 2012, 15:36:34
Absolut vertretbar wären für mich solche Sache wie Kürzungen wegen des Tempos, Adjektive rausstreichen, sicherlich auch die ein oder andere Szene umschreiben oder gar rauslassen, weil sie überflüssig ist. Ich hätte daran zu knabbern, aber ich könnte mich vermutlich damit arrangieren. Wenn es gut begründet ist, würde ich den Sinn dahinter schon sehen. Es geht ja schließlich auch darum, Geschichten besser zu machen.
Bei solchen Sachen würde ich auch mit mir reden lassen. Das sind ja eher so stilistische Sachen.
Aber solche Sachen wie z. B.: da muß aber ein Love Interest, mehr Romantik, ein Vampir/Gestaltwandler etc mit rein, lass den Assasinen weg etc. sonst verkauft sich das nicht :hand:. Also, wenn die Änderungswünsche in meine Geschichte, meine Handlung oder meine Charaktere, wie ich sie mir erdacht habe, eingreifen, mir vorschreiben, was ich noch zu schreiben habe, um anzukommen, das geht für mich gar nicht. Das ist dann nicht mehr meine Geschichte.
Meiner Meinung nach dürfen Änderungen so weit gehen, wie ich selbst noch den Eindruck habe, es verschlechter die Geschichte nicht. Das ist natürlich sehr allgemein gehalten, aber konkreter zu werden finde ich schwer.
Ein Beispiel: Das Setting einer Geschichte ist etwas Elementares, finde ich; aber wenn die Geschichte in meinen Augen nicht schlechter wird, wenn sie an einem anderen Ort spielt, dann sehe ich darin kein Problem. Wenn ich aber zum Beispiel die politische Situation in einem bestimmten Land indirekt thematisieren möchte (oder Vorurteile darüber) und *dann* ein Orts- oder Nationalitätswechsel stattfinden soll, dann ist das schon ein Problem.
Ich hätte auch kein Problem damit, wenn aus einer klassischen SciFi-Geschichte eine Steampunk-Geschichte werden soll, wenn ein Charakter (nicht) überleben soll, wenn eine Szene mit dem Inhalt X eingebaut werden soll - so lange, wie es für die Geschichte selbst einen Sinn ergibt. Markttauglichkeit muss kein Widerspruch zu Kreativität und guten Inhalten sein.
Wenn ich mir meine Manuskripte ansehe, dann fällt mir immer wieder auf, was ich alles hätte anders machen können. Nicht im Sinne von Überarbeiten und Verbessern, sondern einfach *anders* machen. Das geht mir auch beim Plotten so: Je länger ich über einem Plot brüte, desto mehr Variationsmöglichkeiten fallen mir ein. Oft schließen sie sich jedoch gegenseitig aus.
Es gibt so viele Abzweigungen, die eine Geschichte nehmen kann, ohne die Authentizität zu verlieren; aber auch manche Wegeskrümmungen, die sie verbiegen und zerbrechen würden.
Möglicherweise gibt es aber auch Verhandlungsspielräume. Man kann auch sagen: "Ich habe hier noch drei weitere Möglichkeiten ausgearbeitet, was halten Sie davon?" Vielleicht hat man dann Glück. Die Geschichte wird dann zwar geändert, aber auf eine Art und Weise, die immer noch zu ihr passt. Auch Lektoren und Verleger sind Menschen und damit auch genauso unterschiedlich, wenn man sie miteinander vergleicht. Bei manchen wird man bei alternativen Vorschlägen auf ein promptes "nein" stoßen. Manchen gefällt es jedoch ausdrücklich, wenn Autoren Initiative zeigen und sich auch mit Änderungswünschen konstruktiv auseinandersetzen.
Hatten wir so ein Thema nicht schonmal?
Man sollte wohl wissen, was man überhaupt will: um jeden Preis veröffentlicht werden oder um jeden Preis seinen eigenen Kopf durchsetzen. Außerdem kann man glaube ich auch keine pauschale Grenze festlegen; zum einen gibt es Geschichten, die einem mehr am Herzen liegen, als andere, zum anderen kann man einem Vorschlag gut oder vollkommen idiotisch finden.
Jedes Projekt hat für mich immer eine oder mehrere Kernideen, die es ausmachen. Gehen diese verloren, ist das Projekt nicht mehr das, was es ursprünglich sein sollte - was auf der anderen Seite auch nicht zwingend schlecht sein muss, manche Ideen entwickeln sich in eine andere Richtung und gewinnen dadurch! Wenn aber ein Lektor/ Agent aus meinem Werk etwas machen will, was es einfach nicht ist, würde ich definitiv aus der Sache aussteigen. Nur wenn ich selber finde, dass die Änderung eine gute Idee ist, würde ich mal darüber nachdenken.
Bei kleineren Sachen hingegen darf man wohl nicht pingelig sein, wenn man vorhat, sich vermarkten zu lassen. Es gibt Szenen, die ich schon von mir aus noch einmal neuschreibe, weil ich beim Schreiben spontane Ideen hatte, die sich letztendlich als Bockmist herausgestellt haben; bei manchem bin ich mir nicht sicher, ob ich das wirklich so stehen lassen sollte, und dann gibt es noch diese Szenen, an denen ich sehr hänge, die aber nicht (mehr) hineinpassen und/ oder komplett überflüssig sind - da bleibt mir leider nichts übrig, als kurzen Prozess zu machen. Ich sammle diese Outtakes dann in einem eigenen Dokument und gedenke ihrer beizeiten.
Lange Rede, kurzer Sinn: Solange ich die Änderungen nachvollziehen und befürworten kann oder sie nur unwesentliche Elemente der Geschichte betreffen, hätte ich kein Problem damit, wenn es der Geschichte meiner Auffassung nach schadet allerdings schon.
Wie immer im Leben: Kommt auf den jeweiligen Einzelfall an.
Man kann doch zwischen vier Arten von Änderungswünschen unterscheiden:
1. zwingend erforderlich (z.B. Rechtschreibung, Grammatik)
2. juristisch notwendig (z.B. Verwendung von realen Namen, bekannten Marken u.v.m.)
3. Empfehlungen aus Erfahrung (z.B. Dramaturgie, Plot, Thema usw.)
4. persönlicher Geschmack (z.B. Prämisse, Handlungsbogen, Figurentwicklung u.v.m.)
Bei 1. sollte man am besten überhaupt keine Diskussionen beginnen.
2. kann ein gefährlicher Punkt sein, weil mit sehr hohem Risiko verbunden. Also auch hier ist eher Zurückhaltung angesagt.
Beim 3. Punkt beginnt es diskutabel zu werden. Allerdings würde ich zunächst auch hier davon ausgehen, dass die Empfehlenden etwas mehr Erfahrung besitzen und nicht ohne Grund eine andere Vorgehensweise empfehlen. Schließlich sind sie natürlich auch an einem bestmöglichen Arbeitsergebnis interessiert. Insofern empfiehlt es sich, erst einmal darauf zu vertrauen.
Und über 4. kann man natürlich am heftigsten streiten.
Insofern kann man eigentlich nur nach dem Gefühl gehen. Hat man ein gutes Gefühl bei der Sache, oder ein schlechtes? Wenn Verlage/Lektoren und Autoren einigemaßen ähnlich ticken und ein gutes Verhältnis besteht, dann kann man sicherlich über alles reden. Aber wenn man das Gefühl bekommt, nicht mehr wirklich hinter dem zu stehen, was man macht (bzw. machen soll), dann sollte man darüber nachdenken, ob man überhaupt mit den richtigen Partnern zusammenarbeitet.
In welche Kategorie würdest du Formulierungsvorschläge einordnen, Zanoni?
Im Grunde muss ich sagen, dass ich bei allem erstmal mit mir reden lasse. Allerdings denke ich, dass die Ausgangsfrage nicht ganz so allgemein beantwortet werden kann. Es gibt auch keine Regel, ab wann ich auf was allergisch reagiere. Selbst wenn es zu Wortsubstitutionen kommt, hängt es auch wieder vom speziellen Fall und Umfang ab. (Irgendein Beispiel, das nicht real sein muss: Mir jedes jedoch, dennoch, etc. in ein aber umzuwandeln, wäre mir persönlich zu viel und unverständlich.) Was ich allerdings sehr begrüße, sind historische Fehler, die man mir ankreidet oder Logikbrüche und dann (Verbesserungs)Vorschläge macht. Da würde ich auch immer drauf hören, aber nicht unbedingt komplett so lösen wie vorgeschlagen.
Formulierungen würde ich am ehesten in Kategorie 1 sehen - aber auch da kommt es drauf an, was der Lektor beabsichtigt. Soll es nur kompliziert wirken, oder ist das Geschriebene wirklich etwas verdreht? Man wird leicht betriebsblind, wenn man einen Text ein Dutzend mal und öfter gelesen hat.
Im Großen stimme ich Zitkalasa da zu - Logikfehler oder historische Unstimmigkeiten sollten nicht passieren und jeder Autor eigentlich dankbar sein, wenn jemand aufzeigt: das und das ist unlogisch; das und das hat man schon 100x gelesen.
Denn selbst wenn man alles für´s veröffentlichen tun würde, man muss doch als Schreiber hinter seinem Werk immer noch stehen können, zumindest meine Meinung.
Deswegen wären Punkt 3 und 4 für mich nur eine Diskussionsoption. Eine Bekannte hatte einen Verlag gefunden, leider war ihr Protagonist homosexuell - weil man das als "potentiell Käufer-abschreckend" empfand, sollte sie das ändern und seinen Lebensgefährten in eine Lebensgefährtin ändern. Diese Bekannte entschied nicht zu veröffentlichen.
Ich hätte es genauso gemacht, aber das sind Fragen, die sich jeder selbst stellen und auch selbst beantworten muss. Eine allgemein gültige Linie gibt es wohl einfach nicht. Von daher hat an dieser Stelle wohl Zanoni Recht, wenn das Gefühl einem sagt, dass man die richtigen Leute hat, dann kann man zumindest über sehr viel nachdenken und diskutieren.
(Und ja, mir kommt der Thread auch sehr bekannt vor :hmhm?: )
Ja, die Sache mit den homosexuellen Charakteren hatten wir auch schon mal explizit und ich finds schade, dass sich da "der" Markt so scheut, wenn es nicht gerade Coming of Age-Dinge sind. Ich bin mir aber nicht so sicher, ob ich da so Probleme damit hätte. Kommt sicher darauf an, welche Rolle der Partner des Protas spielt bzw. überhaupt die Sexualität. Aber ist halt so eine Sache, wo jeder seine eigene Schmerzgrenze hat. Ich würde mich auch nicht komplett dagegen stellen sowas zu ändern. (Wünschenswert wäre, wenn ein Verlag fordert, den heteros. zu einem homos. Charakter zu machen. ;D Aber das wird wohl noch Jahrzehnte dauern.)
@alle die gerade ein Deja vu hatten:
Wir hatten das Thema kürzlich schon mal hier: http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,4675.0.html ;)
Zitat
Mit kleinen Änderungen konnte ich auch immer leben.
Dem würde ich mich gern anschließen, habe allerdings für mich persönlich die Erfahrung gemacht: so was wie eine "kleine" Änderung gibt es nicht. Denn wenn es tatsächlich nur eine "Kleinigkeit" wäre, könnte man im Gegenzug genausogut den Lektor fragen, warum man es nicht einfach lassen kann, wie es ist.
Zunächst einmal, was das Handwerkliche betrifft, scheinen wir uns ja einig zu sein: hier lassen wir alle mit uns reden. Sprachliche Nachbesserungen - geschenkt. Rechtschreibung und Grammatik sowieso, falls da peinlicherweise Fehler auftauchen sollten, aber auch die geschliffene Metapher, in die man sich als Autor so sehr verliebt hat, gehört auf den Prüfstand, wenn sie den Lektor eher verwirrt.
Auch solche Sachen wie das Tempo einer Szene, struktureller Aufbau, die Ausarbeitung des Spannungsbogens: das alles sind Dinge, über die hier, glaube ich, jeder mit sich reden läßt. Recherche, logische Fehler usw.: auch kein Thema.
Der empfindliche Punkt aber ist der Inhalt. Ich glaube, hier scheiden sich die Geister. Sobald die eigentliche Handlung angetastet werden soll, spalten wir Autoren uns auf in "Idealisten", die keine Änderungswünsche akzeptieren, und "Professionelle", die bereit sind, zu liefern, was verlangt wird.
Am Inhalt zeigt sich für mich am deutlichsten, daß es so etwas wie eine "kleine" Änderung nicht gibt. Verlangt der Lektor Änderungen am Inhalt, dann verlangt er nicht mehr und nicht weniger als eine andere Geschichte. Es ist eine Geschichte, die deiner ähnlich ist, oberflächlich gesehen vielleicht sogar zu 99% deckungsgleich, aber es ist nicht mehr deine.
Und ob ich als Autor dazu bereit bin, eine andere Geschichte handwerklich in Worte zu gießen als meine eigene, hängt in meinen Augen stark davon ab, was meine primäre Zielsetzung ist: geht es mir primär um die Anerkennung als veröffentlichter Autor oder um das Erzählen meiner Geschichte?
Für mich selbst habe ich die Erfahrung gemacht, daß es mir vor allem um die Geschichte selbst geht. Sie zu ändern, um veröffentlicht zu werden, läuft also direkt meiner primären Zielsetzung zuwider. Umschreiben für den Erfolg wäre somit zwar nicht verwerflich, aber gemessen an meinen Absichten ganz einfach nicht zielführend.
Ich schließe mich dem, was Farean geschrieben hat, in jedem Punkt an (und wiederhole es deshalb nicht noch einmal ;)).
Ich stecke nämlich gerade in diesem Dilemma: ein Lektor hat mir geraten, die Handlung in einem Punkt entscheidend zu ändern, weil - so seine Meinung - dadurch mehr Spannung aufkäme. Gut, dachte ich mir, da mag er Recht haben. Da es die Grundrichtung meiner Story im Großen und Ganzen nicht ändern würde, habe ich versucht, diese Änderung zu integrieren - aber in mir sträubte sich absolut alles gegen die "Zusatzhandlung" und ich habe die Änderungen wieder rückgängig gemacht.
Sie passten in dem Umfang einfach nicht zur Geschichte. Vielleicht in einer extrem abgespeckten Version, aber auch nur vielleicht. Ich hoffe darauf, dass mir die Figuren das im Lauf der Geschichte verraten. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es auf jeden Fall ein Ding der Unmöglichkeit, den Storyverlauf so zu verändern. Das wäre dann definitiv nicht mehr meine Geschichte und das will ich nicht.
Bei einem anderen Roman schlug die Lektorin vor, noch zwei Szenen zu ergänzen, weil sie die Geschichte runder machen würden. Und ich muss sagen, sie hatte Recht. Die Szenen sind mir auch sehr leicht von der Hand gegangen, weil sie zur Geschichte und zu den Figuren passten.
Mir ging es bei letzterem nicht darum, veröffentlicht zu werden, sondern darum, die Geschichte zu verbessern und ich finde, es hat funktioniert.
Ich antworte somit auf die ursprüngliche Frage mit einem ganz eindeutigen "Es kommt drauf an". ;)
Zitat von: Leo am 12. Juli 2012, 16:02:04
Hatten wir so ein Thema nicht schonmal?
So, wie die Diskussion jetzt geführt wird, ist sie der, die Debbie verlinkt hat, tatsächlich sehr ähnlich. Ich hatte aber in der Ursprungsdiskussion im Inneren Zirkel den Eindruck, dass das Kernthema ein anderes ist: Und zwar, ob eine Geschichte, die ich auf Anregung eines Lektors/Agenten verändere oder umschreibe, dann immer noch meine Geschichte ist. Ob ich mich, wenn ich Ratschläge zur Markttauglichkeit annehme und das Buch entsprechend anpasse, für den Markt verbiege oder gar prostituiere, und ob das nicht dem künstlerischen Ideal widerspricht und ich meine Integrität als Kunstschaffender verliere.
Ich sage dazu: Nein. Verliere ich nicht. Genau das:
Zitat von: Farean am 12. Juli 2012, 18:37:25
Am Inhalt zeigt sich für mich am deutlichsten, daß es so etwas wie eine "kleine" Änderung nicht gibt. Verlangt der Lektor Änderungen am Inhalt, dann verlangt er nicht mehr und nicht weniger als eine andere Geschichte. Es ist eine Geschichte, die deiner ähnlich ist, oberflächlich gesehen vielleicht sogar zu 99% deckungsgleich, aber es ist nicht mehr deine.
sehe ich nämlich nicht so.
Meine Geschichten sind meine Geschichten, und ob ich jetzt Ratschläge von Testlesern heranziehe, die auf Basis ihrer eigenen Erfahrungen und ihres Geschmacks anregen, etwas zu ändern, oder ob ich mir einen Rat von Menschen geben lasse, die professionell mit Texten arbeiten und aufgrund ihrer Erfahrungen sagen können, was vielleicht sehr vielen Lesern gefällt, sind im Grunde doch zwei Facetten derselben Sache. Es ist eine Sache, zu sagen: "Ich lasse mich nicht verbiegen, ich ziehe mein Ding durch!" Eine andere, die Ruhe und die Professionalität zu haben, einzugestehen, dass die Ideen anderer mein Buch vielleicht sogar verbessern können. Es schadet jedenfalls nie, sich solche Vorschläge durch den Kopf gehen zu lassen und ernsthaft in Betracht zu ziehen, ehe man mit dem Totschlagargument "Ich lasse mich nicht verbiegen!" alles abbügelt. Dabei liegt die Umsetzung, die Durchführung und Gestaltung dieser neuen Ideen doch immer noch bei mir, und daher ist und bleibt die Geschichte meine. Weil ich alles, was ich schreibe, zu meinem mache. Was ich nicht zu meinem machen kann, schreibe ich auch nicht. Und ich habe noch keinen Lektor oder Agenten getroffen, der mich dazu hätte zwingen wollen. Vielleicht bin ich ja auch einfach nur so unglaublich genial, dass das nicht nötig ist, wer weiß. Aber ich befürchte, dem ist nicht so. ;)
Wie dem auch sei: Vermutlich ist es auch eine Frage der Zielsetzung. Ich für meinen Teil schreibe, um gelesen zu werden. Ich will möglichst vielen Menschen mit meinen Geschichten eine Freude machen. Dazu muss ich aber "markttauglich" sein, um veröffentlicht zu werden. Und ich bin, um dieses Ziel zu erreichen, für jede Hilfe dankbar. Sturheit hätte ich mir auf dem Weg, wie ich ihn gegangen bin, einfach nicht leisten können, zumindest nicht an dieser Stelle. Es gibt ja genug andere Gelegenheiten, wo man als Autor stur sein kann und sollte. Aber nicht, wenn es um die Verbesserung des Handwerks und der Geschichten geht. Da lerne ich, was ich kann. Das ist einfach so. Und ich denke, ich bin daran sehr gewachsen - und meine Geschichten auch.
@Grey: Da würde mich jetzt ein konkretes Beispiel interessieren: Hättest du "Als die schwarzen Feen kamen" so umgewandelt, dass es einer erwachsenen Zielgruppe entspricht, oder gar einem Kinderbuch?
Zitat von: Farean am 12. Juli 2012, 18:37:25Am Inhalt zeigt sich für mich am deutlichsten, dass es so etwas wie eine "kleine" Änderung nicht gibt. Verlangt der Lektor Änderungen am Inhalt, dann verlangt er nicht mehr und nicht weniger als eine andere Geschichte.
Ja und nein. So eindeutig sehe ich das nicht.
Die Frage ist: Was macht "Deine" Geschichte aus? Worum geht es Dir?
Ist es ein bestimmter Handlungsablauf, der Dir wichtig ist? Ist es ein Szenario? Sind es die Figuren oder die Welt, in der sie agieren? Möchtest Du mit der Geschichte etwas Bestimmtes aussagen?
Wenn ein Handlungsablauf das für Dich Wichtigste an der Geschichte ist, dann kann ich mir vorstellen, dass entsprechende Änderungswünsche unangenehm sind. Aber gerade der Handlungsablauf ist extrem wichtig dafür, ob eine Geschichte bei den Lesern gut ankommt oder nicht. Ob es einem gefällt oder nicht: Es gibt gewisse dramaturgische Schemata, die besonders gut ankommen, und wenn man sich allzu weit von dieser (gedachten) "Ideallinie" entfernt, dann ist das meist nicht gerade zum Vorteil der Geschichte.
Außerdem geht es bei vielen Änderungswünsche am Inhalt vor allem um die Konzentration auf das Wesentliche. Das ist extrem wichtig! Wenn Du bspw. eine Geschichte über Liebesleben der Trolle schreiben willst, dann sollte genau dort auch der Fokus liegen. Zwergische Festtagsrezepte interessieren in diesem Zusammenhang niemanden und sollten daher nur sehr weit am Rande behandelt werden. Kurz gesagt: Alles, was von der Essenz der Geschichte wegführt und/oder sie verwässert, hat nichts in ihr zu suchen. Dann lieber einen zweiten Band schreiben, der sich auf das andere Thema konzentriert.
Und wenn man sich das vor Augen führt, können inhaltliche Änderungswünsche nicht nur verständlich, sondern in einigen Fällen sogar absolut notwendig sein.
Ein anderes Beispiel: Ein Held, der auf der Suche nach einem Schatz ist, welcher ebenfalls von einer Gruppe von Bösewichten gesucht wird.
Selbstverständlich erwartet jeder Leser, dass der Held - da er nun mal der Held der Geschichte ist - diesen Schatz auch tatsächlich selbst findet, oder zumindest sich bemüht diesen zu finden. Wenn dann die ursprüngliche Handlung vorsieht, dass der Held überhaupt nichts selbst übernimmt, sondern die Nebenfiguren alles machen lässt und sich selbst sogar permanent weigert überhaupt etwas zur Sache beizutragen, dann wären inhaltliche Änderungen sogar zwingend notwendig. Wenn nun der Autor sagen würde, es wäre nicht mehr "seine" Geschichte, wenn er sie so umschreiben müsste, dass der Held nun doch noch zur Hauptfigur wird, dann kann ich mir kaum vorstellen, dass sich ein Verlag davon beeindrucken lässt, sondern wahrscheinlich die Sache lieber ganz schnell beendet.
Wenn dem Autor hingegen eine Grundidee, eine bestimmte Aussage besonders wichtig ist, und der Verlag verlangt von ihm, die Geschichte inhaltlich so zu verändern, dass eine völlig andere Aussage dabei herauskommt, dann wäre es hingegen für den Autoren sinnvoller, die Sache schnell zu beenden.
@Zitkalasa:
Formulierungen können eigentlich zu allen vier Punkten zählen. Grammatikalisch falsche oder wenigstens missverständliche Formulierungen zu Punkt 1. Wenn es um ein heikles, aktuelles Thema geht, in dem real existierende Personen, Marken oder Organisationen in einem eher ungünstig wegkommen, dann kann es sinnvoll sein an bestimmten Formulierungen so lange zu feilen, bis der Bezug vage genug, um juristischen Problemen aus dem Weg zu gehen. (Da sich die meisten hier jedoch mit Fantasy beschäftigen, sollte Punkt 2 kaum von Belang sein.) Na ja, und Punkt 3 und 4 sowieso. Kommt halt immer auf den Einzelfall an: Worum geht es bei der ursprünglichen Formulierung und worum geht es bei dem Änderungswunsch? Jeweils abhängig vom Gesamtzusammenhang.
Zitat von: Debbie am 12. Juli 2012, 19:43:38
@Grey: Da würde mich jetzt ein konkretes Beispiel interessieren: Hättest du "Als die schwarzen Feen kamen" so umgewandelt, dass es einer erwachsenen Zielgruppe entspricht, oder gar einem Kinderbuch?
Ehrlich gesagt hatte ich die Feen ganz ursprünglich sogar als Kinderbuch gedacht. Aber meine Agentin meinte, dafür ist das Konzept zu kompliziert und düster, also habe ich es neu gemacht. Das war aber noch, bevor ich überhaupt mit dem Schreiben angefangen hatte. Grundsätzlich wollte ich essowieso so schreiben, dass es auch für Erwachsene ansprechend ist. Marie und Gabriel zu erwachsenen Protagonisten zu machen, hätte ich aber auch reizvoll gefunden, und ich denke, es hätte funktioniert. Ob es dann eine bessere Geschichte gewesen wäre, sei mal dahingestellt.
Was ich tatsächlich am Ende getan habe, war, den Horror- und Ekelfaktor zu reduzieren. Ursprünglich hatte ich das Buch nämlich für die Zielgruppe 14+ gedacht, der Verlag wollte es aber in die Zielgruppe 12+ einordnen. Also habe ich da einen Gang zurückgeschaltet. Tat mir auch leid drum, aber letztendlich haben meine Lektorin und ich da überall Kompromisse finden können, mit denen wir beide zufrieden waren. Darum ist es für ein Buch ab 12 auch ziemlich finster. ;)
Zitat von: Pestillenzia am 12. Juli 2012, 18:56:40
Bei einem anderen Roman schlug die Lektorin vor, noch zwei Szenen zu ergänzen, weil sie die Geschichte runder machen würden. Und ich muss sagen, sie hatte Recht. Die Szenen sind mir auch sehr leicht von der Hand gegangen, weil sie zur Geschichte und zu den Figuren passten.
War das tatsächlich zusätzliche Handlung? Oder hat dich die Lektorin da lediglich gebeten, zwei Szenen zu ergänzen, die du in der vorherigen Form "übersprungen" hattest? Sprich, ein "erzähl dem Leser doch bitte auch noch, was zwischen A und B passiert"?
Zitat von: Zanoni am 12. Juli 2012, 20:51:15
Ob es einem gefällt oder nicht: Es gibt gewisse dramaturgische Schemata, die besonders gut ankommen, und wenn man sich allzu weit von dieser (gedachten) "Ideallinie" entfernt, dann ist das meist nicht gerade zum Vorteil der Geschichte.
Korrekt. Darum scheiden sich ja gerade an dieser Stelle die Geister: ein "Idealist" hält an seiner Geschichte fest, ohne sich darum zu kümmern, was besser ankommt; ein "Professioneller" konstruiert seine Geschichte entsprechend [um].
Zitat von: Zanoni am 12. Juli 2012, 20:51:15
Außerdem geht es bei vielen Änderungswünsche am Inhalt vor allem um die Konzentration auf das Wesentliche. Das ist extrem wichtig! Wenn Du bspw. eine Geschichte über Liebesleben der Trolle schreiben willst, dann sollte genau dort auch der Fokus liegen. Zwergische Festtagsrezepte interessieren in diesem Zusammenhang niemanden und sollten daher nur sehr weit am Rande behandelt werden.
Ebenfalls korrekt, hat aber nach meiner Auffassung nichts mit dem eigentlichen Inhalt der Geschichte zu tun, sondern mit Struktur, also Erzähltechnik. Meine Charaktere treiben ja auch eine Menge Sachen "off-screen", von denen ich nicht erzähle. Wenn also zwergische Festtagsrezepte nichts mit dem Plot zu tun haben, können sie in der Geschichte in meinem Kopf ruhig vorkommen, aber ich muß sie ja trotzdem nicht notwendigerweise erwähnen.
Zitat von: Zanoni am 12. Juli 2012, 20:51:15
Wenn dann die ursprüngliche Handlung vorsieht, dass der Held überhaupt nichts selbst übernimmt, sondern die Nebenfiguren alles machen lässt und sich selbst sogar permanent weigert überhaupt etwas zur Sache beizutragen, dann wären inhaltliche Änderungen sogar zwingend notwendig.
(Hervorhebung von mir.) "Zwingend" vom Standpunkt der primären Zielsetzung, veröffentlicht zu werden.
Wenn es dem Autor in deinem Beispiel nun mal dermaßen wichtig ist, über seinen vollkommen inaktiven "Helden" zu schreiben, daß ein Umschreiben der Handlung für ihn schmerzhaft wäre, dann würde ihn das Umschreiben
im Hinblick auf sein primäres Ziel nicht weiterbringen. Es ist dann mit Sicherheit keine Geschichte, die ich würde lesen wollen; aber es ist
seine, und wenn ihm das am wichtigsten ist, tut man ihm keinen Gefallen damit, ihm eine andere Richtung aufzwingen zu wollen.
Abschließend bemerkt, ich möchte mich bestimmt nicht gegen bewährte dramaturgische Schemata aussprechen, deren Verletzung ich, wenn ich betalese, selbst gern bemängele. Eine "gute" Geschichte muß auch für meinen Geschmack gewisse Ansprüche an Plotentwicklung, glaubwürdige Charaktere, lebendigen Weltenbau etc. erfüllen. Wogegen ich mich jedoch wende, ist ein gewisser "Beißreflex" in der professionellen Szene, einer Geschichte bereits anhand des Exposés alle diese Qualitäten abzusprechen, nur weil sie gewissen vertrauten Mustern nicht genügt. Gelegentlich beschleicht mich der Eindruck, daß z.B. Charaktere bereits als "unglaubwürdig" abgetan werden, wenn sie nicht im Stereotyp-Katalog der aktuellen Genre-Bestseller auftauchen. Und das wird manchen Geschichten einfach nicht gerecht.
Die Frage, weshalb schreibe ich eigentlich, hängt damit eng zusammen. Ich persönlich schreibe, weil ich eine Geschichte im Kopf habe, die raus muss. Dabei denke ich erstmal nicht an die Masse, ob sie diese evtl. lesen würde. Ich schreibe das, was ich selbst mal gerne lesen würde und wo meine Leseinteressen liegen.
Und, eine andere Frage, was ist überhaupt im Moment der Massengeschmack? Ich habe da den Eindruck Romantasy, Romantasy und nochmals Romantasy, oder aber Sex in allen Variationen und Paarungen mit Vampiren/Gestaltwandlern u. ä. à la Black Dagger, etwas steampunkiges vielleicht noch und Urban Fantasy mit nicht zuviel Fantasy. OK, nichts gegen zu sagen, aber das ist nicht wirklich das, was mir gefällt, dementsprechend würde ich in der Richtung auch nichts schreiben. Wenn mir da einer kommen würde, ich sollte das dann doch bitte so umschreiben, das es diesen Geschmack trifft, dann würde mir das extrem gegen den Strich gehen. Ja, ich würde mich da prostituiert fühlen, wenn ich denn dann meine Geschichte so anpasse, dass es dem Markt gefällt.
Wo wären dann solche Perlen wie G.R.R. Martin, Erikson, Weeks, wenn sich alle dem gerade gängigen Markt anpassen würden. Viele Verlage gehen mMn nicht viele Wagnisse ein, ist ja auch irgendwo verständlich, schließlich müssen die sich auch über Wasser halten, ist nur verdammt schade.
Ich finde manchmal, wir Autoren sind ein bisschen sehr empfindlich, was das mit dem "prostituieren" angeht. Ich würde mich nie dagegen sperren, ein Genre zu schreiben, dass mir eigentlich nicht liegt, wenn mich die Agentur darum bittet. Ich würde es vielleicht auf meine Art machen und nicht den letzten Bestseller als Vorbild nehmen, aber für mich spricht nichts dagegen, es auszuprobieren. Sich dem Markt anzupassen, bedeutet für mich nicht, seine Einzigartigkeit zu verlieren. Ich kann aber verstehen, wenn jemand keine Erotik schreiben möchte,weil er sich dabei moralisch nicht gut fühlt, dasselbe gilt für übermäßige Gewalt. Sobald es jemandem wirklich an die Nieren geht, etwas schreiben zu sollen, kann ich verstehen, dass er sich dagegen sperrt. Aber für einzelne Genres gilt das für mich nicht. Ich mag zum Beispiel eigentlich keine Dystopien, aber ich würde mich daran versuchen, wenn die Agentur mich drum bitten würde. Aber eben so, wie ich das möchte.
Kleine Dinge in der Geschichte würde ich auch ändern, auch Twists ändern oder Charaktere. Es bleibt meine Geschichte, nur auf eine andere Weise. Was anderes ist es, wenn es darauf ausartet, dass ich eigentlich komplett nach Vorgabe das Buch eines anderen aus meinem mache, wenn der Agent oder wer auch immer also so viel ändern wollte, dass es eine komplett andere Geschichte wäre. Die Grenzen sind da aber fließend, das muss man in der Situation dann entscheiden können, ob es für einen noch tragbar ist oder nicht.
Was ich allerdings nie, nie, nie machen würde, wäre etwas zu ändern, was total gegen meine Überzeugung geht. Ich würde also nie einen schwarzen Charakter weiß machen oder einen homoesxuellen hetero, nur, weil das besser ankommt. Das fände ich nicht richtig und könnte es auch nicht mit meinem Gewissen vereinbaren.
So gesehen sind Hautfarbe und Sexualität genauso Eigenschaften wie Haarfarbe und Nationalität. Hättest du bei Letzteren denn Probleme die zu ändern? Kommt halt immer drauf an, wie gesagt, wie wichtig diese Eigenschaften sind. Zumindest ich würde das jetzt nicht per se ablehnen.
Zitat von: Farean am 12. Juli 2012, 21:30:34Wenn also zwergische Festtagsrezepte nichts mit dem Plot zu tun haben, können sie in der Geschichte in meinem Kopf ruhig vorkommen, aber ich muß sie ja trotzdem nicht notwendigerweise erwähnen.
Absolut! Kommt immer auf den Gesamtzusammenhang und die jeweilige Dosierung an. Daher ist es so schwer, so etwas zu verallgemeinern. Mal passt es und mal nicht ...[/quote]
Zitat von: Farean am 12. Juli 2012, 21:30:34(Hervorhebung von mir.) "Zwingend" vom Standpunkt der primären Zielsetzung, veröffentlicht zu werden.
Yep! *g*
Zitat von: Farean am 12. Juli 2012, 21:30:34Wenn es dem Autor in deinem Beispiel nun mal dermaßen wichtig ist, über seinen vollkommen inaktiven "Helden" zu schreiben, daß ein Umschreiben der Handlung für ihn schmerzhaft wäre, dann würde ihn das Umschreiben im Hinblick auf sein primäres Ziel nicht weiterbringen. Es ist dann mit Sicherheit keine Geschichte, die ich würde lesen wollen; aber es ist seine, und wenn ihm das am wichtigsten ist, tut man ihm keinen Gefallen damit, ihm eine andere Richtung aufzwingen zu wollen.
Ja, sehe ich genauso. Wieder ne Einzelfallentscheidung.
Aber es gibt bestimmte Typen, da passt es besser, während es bei anderen überhaupt nicht passt. Nehmen wir mal Artus, Merlin, Siegfried, Conan, Indiana Jones oder James Bond als Verweigerungshelden - unvorstellbar! Ausser, es ist eine Parodie. Dann kann es wieder sehr gut funktionieren - z.B. Rincewind, der Zauberer.
Und was das Exposé angeht ... na ja, Sonderthema. Mein bisheriger Eindruck ist, dass ein Exposé schreiben für die meisten Autoren eine der größten Herausforderungen zu sein scheint. Das sollte man niemals als Maßstab zur Entscheidungsfindung nehmen. Als Kurzbeschreibung des Themas und des Handlungsbogen - okay. Aber mehr auch nicht. Das einzige, was wirklich zählt, ist das eigentliche Manuskript.
Zit: Ich weiß nicht. Ich lehne es per se ab, meine lesbische Prota hetero zu machen, nur, weil das der Masse besser gefallen würde, weil ich der Meinung bin, man sollte endlich mal bereit sein, auch eine lesbische Prota zu akzeptieren. Dasselbe gilt für eine Heldin, die mal nicht kaukasisch ist. Da würde ich mir einfach schlecht bei vorkommen, wenn ich nur, weil die "Masse" nicht bereit ist, sowas zu akzeptieren, dem nachgebe.
Das Wie der Veränderungen wäre da bei mir eigentlich weniger ausschlaggebend als das Warum. Wenn Veränderungen gefordert wären, weil etwas unverständlich oder unlogisch ist, die Entwicklung einer Figur nicht nachvollziehbar oder eine Szene zu schleppend, dann hätte ich damit in den meisten Fällen wohl kein Problem. Aber ein "so etwas kommt bei Lesern besser an" oder "sonst ist das nicht markttauglich" wäre für mich kein ausreichender Grund für Änderungen (und zwar nicht einmal für sehr kleine Änderungen).
Es ist ja klar, dass Verlage auf so etwas schauen müssen und ich finde das auch gar nicht verwerflich, aber ich persönlich möchte mich weder beim Schreiben noch beim Überarbeiten danach richten müssen. Genau das ist der Grund, weshalb ich mich nicht auf Agentursuche begebe und weshalb ich befürchte, dass das Schreiben bei mir über reines Hobby nie hinausgehen wird. Mir fehlt da einfach eine gewisse Professionalität. :-[
@Kati:
Ich versteh das und kann die Bedenken nachfühlen. Aber ich bin mir nicht sicher, wie man das nun gewichten soll. Dabei bleiben, Leser verlieren, sich aber moralisch besser fühlen -- oder möglichst viele Leute erreichen, nicht die Massen "erziehen" und kleine Gutmensch-Gewissensbisse haben? Schwierig.
Im Grunde sprecht ihr euch doch all zu viel Einfluss auf den Entscheidungsprozess ab, nur weil eine Empfehlung eine Besserung nach Ansicht eines Marktkenners bringen würde. Oder? Dialogisch kann man immer auf einen grünen Zweig kommen, kein professioneller Agent, oder Verlagsmensch will, dass der Autor sein Werk zerhackstückt und dann mit Tesa zusammenflickt, während es noch blutet. Im Gegenteil. Überzeugender ist der Autor mit dem authentischen Produkt und das wird immerhin noch erreicht, weil der Autor ja Wort für Wort eine Geschichte erfindet. Er ist der Genius des Ganzen, der Inventor. Das kommt keinem abhanden. Wenn man jedoch, und das ist der Markt mit seinen Untiefen, sein täglich Brot damit verdient, dann sollte man im Hinterkopf behalten, dass gewisse Elemente einzubauen eine handwerkliche, also eine an sich selbst gestellte, Herausforderung sind und diese zu beweisen die Möglichkeit für einen selbst darstellt nicht nur einen gefüllten Kühlschrank sein eigen zu nennen, sondern über die Grenzen hinaus weitere Stilmittel dem zwingend wachsen müssenden Repertoir hinzuzufügen. Schreibt man für sich selbst, kommt auch niemand daher und zwingt einen. Und auch die ganz Großen, von denen wir immer mit Genius sprechen, haben teils irrsinnige Änderungen am Skript vornehmen müssen. Wir sind nur so naiv und gehen in ihrem Fall vom Mythos des ganzheitlichen Künstlers aus. Ein Irrtum, der, wie ich finde, mit der modernen Kunst eigentlich hätte aussterben sollen.
Zitat von: Zitkalasa am 12. Juli 2012, 22:49:35
@Kati:
Ich versteh das und kann die Bedenken nachfühlen. Aber ich bin mir nicht sicher, wie man das nun gewichten soll. Dabei bleiben, Leser verlieren, sich aber moralisch besser fühlen -- oder möglichst viele Leute erreichen, nicht die Massen "erziehen" und kleine Gutmensch-Gewissensbisse haben? Schwierig.
Ich denke, hier muss man nicht mit der Gutmenschen-Keule ran, weil das doch ein ziemlich beleidigender Begriff ist und gleichzeitig Kati unterstellt, sie hätte lesbische und andersfarbige Protas nur erzieherischen Gründen eingebaut. Ich würde mich, wie Kati, sehr widersetzen, wenn jemand so in meine Figuren eingreifen wollte, weil ich nicht auf etwas verzichten möchte, was für mich völlig normal ist. Wenn ich dafür die rassistischen und homophoben Leser verliere, so what, das sind Leute, denen ich nicht hintenrein kriechen will.
Was ich einsehe, ist, wenn mein männlicher Protagonist eine Affäre mit einem Kerl hat und meine Betaleser mich bitten, das etwas runterzufahren, weil die Beziehung zu sehr im Mittelpunkt steht und andere wichtige Elemente der Handlung dabei zu kurz kommen - es sei denn, ich hatte von Anfang an vor, primär einen Liebesroman zu schreiben. Ich habe auch grundsätzlich keine Probleme mit Änderungen, sei es auf Anraten von Betalesern, Freunden, meiner Agentin oder Lektoren, wenn die das Buch auch in meinen Augen besser machen. Selbst wenn das Ziel eine bessere Vermarktbarkeit ist, bin ich dem grundsätzlich positiv aufgeschlossen, schließlich will ich mein Buch verkaufen können.
Wo bei mir die Probleme anfangen - und das tun sie gerade in einem konkreten Fall, der für diesen Rahmen aber zu intern ist - ist, wenn ich ein Buch so umschreiben soll, dass es in ein anderes Genre fällt - in diesem Fall von einem phantastischen Roman zu einem Thriller. Natürlich verkaufen sich Thriller gerade besser als Fantasy, gerade im Jugendbuchsegment, wo ich hier mit meinem Roman bin. Es wäre für mich aber ein zu großer Eingriff, dass ich selbst dann zögern würde, wenn ein konkreter Vertrag dabei auf dem Spiel steht - für mich würde meine Geschichte auf diesem Weg eine ganze Dimension verlieren und alles, was sie besonders macht. Deswegen ziehe ich an so einer Stelle doch meine Grenze.
Ich finde es ein bisschen irritierend, sich so viel Gedanken drum zu machen, wenn das noch gar nicht im Raum steht (sprich: noch kein Verlag/Agentur involviert sind, weil das Manu noch nicht fertig ist - bitte haut mich, wenn ich mir das falsch gemerkt habe. Nach meiner Erinnerung sind zumindest 2 Nicknamen hier eh noch mitten am Schreiben).
Das hat was von "Ich muss aber alle Mitarbeiter fair behandeln, sobald ich Abteilungsleiterin bin, und zwar am besten [...] " oder "Ich müsste auf jeden Fall weiter arbeiten, wenn ich im Lotto gewinne - zumindest halbtags - vielleicht auch 400 € - halbtags - 400 € - ärks, schwierige Entscheidung."
No offense ;)
Aber ich denke, solange man keine Beförderung hat oder den Scheck über die 6 Mio. Euro in der Hand hält (~ in Vertragsverhandlungen steht), muss man sich darüber überhaupt keinen Kopf machen.
___
Da bei mir dies nicht im Raume steht, habe ich mir da noch keine Gedanken drüber gemacht. Rein grundsätzlich habe ich da keine Meinung zu, das wäre ne Einzelfallentscheidung. Wenns mal dazu kommt ;D ich überlegs mir genauer, wenn mir jemand sagt, dass er mir in wenigen Tagen die 6 Mio. in die Hand drückt ^^
Äh, auch hier: Keine Beleidigung. Weiß nicht, warum du bei gewissen Themen immer so anspringst. Wunder mich ja, seit wann es beleidigend ist, wenn ich jemanden als guten Menschen bezeichne. Und ich finde es nicht rassistisch, wenn jemand lieber über heterosexuelle Paare liest denn homosexuelle. Rassismus fängt an, wenn man Homosexualität allgemein ablehnt und am besten noch bestrafen will.
@Fianna
Die Diskussion ist ursprünglich im Internen Board aufgekommen, unter anderem weil wir gerade so einen konkreten Fall haben. Wir fanden aber, dass das grundsätzlich auch für den Rest des Forums interessant ist, und haben es dann hierher ausgelagert. Tatsächlich ist das eine Sache, die einem als Autor, der gerne mal veröffentlicht werden möchte, leichter passiert als ein sechser im Lotto.
@Zit
Ich glaube, du hast zur Zeit eine Tendenz, die Dinge anders zu sagen, als du es eigentlich meinst, und erwischst dabei Formulierungen, die man leicht in den falschen Hals bekommen kann - wie z.B. "Gutmensch".
ZitatRassismus fängt an, wenn man Homosexualität allgemein ablehnt und am besten noch bestrafen will.
Ich glaube, da hast du einen Satz anders beendet als angefangen... ;)
@Maja
Den Sechser meinte ich eher als Vergleich zu Vertragsverhandlungen. Und dann ists ja nicht mal gesagt, dass Alleinstellungsmerkmale negativ bewertet werden. Also vllt macht man sich viel Grundsatzgedanken vorher um nichts.
Ich seh das ähnlich wie Pseudonyme, da kann man sich drüber den Kopf zerbrechen, wenns konkret wird. Mich hat irritiert dass das als allgemeines Thema so präsent zu sein schien... ich hatte nicht mitbekommen, dass offensichtlich einer "von uns" das gerade als Konflikt hat.
(Wer zeichnet sich da denn als Sieger ab?)
Der "einer von uns" ;) bin im Moment gerade ich. Ein Buch von mir, eine Mischung aus Mystery und Fantasy, hat von verschiedenen Verlagen den Kommentar bekommen, dass ihnen die phantastischen Elemente zu viel wären, und meine Agentin meint, dass das Buch als reiner Mysterythriller vielleicht besser funktionieren könnte und ob ich es umschreiben will. Ich bin sehr in mich gegangen, weil ich wirklich sehr gerne endlich veröffentlicht werden möchte, aber auf gut Glück ein ganzes Buch (das über 500 Seiten hat) nochmal neu schreiben, vor allem als etwas, das mich selbst so nicht überzeugt, das möchte ich doch nicht. Wenn ich die Fantasy rausnehme, habe ich ein solides, aber durch und durch klassisches Mysterybuch, wie es schon tausend andere gibt.
Jetzt habe ich per se kein Problem damit, auch mal einen klassischen Mysterythriller zu schreiben, und werde meiner Agentin vorschlagen, etwas Neues zu konzipieren, das besser in dieses Strickmuster passt, ohne dafür mein in meinen Augen rundestes Buch um eine ganze Ebene zu berauben. Ein ganz neues Buch schreiben dauert bei mir nicht länger als ein altes umschreiben, macht mir aber mehr Spaß, weil es dann auch für mich spannend ist. Deswegen werde ich das in meinem Fall jetzt wahrscheinlich ablehnen.
Das ist keine Frage von Gewinner und Verlierer, ich bin ja mit meiner Agentin nicht im Krieg. Es geht mehr um die Frage, ob ich bereit bin, das zu machen. Da ich keine Angestellte meiner Agentur bin, sondern die Agentur für mich als Dienstleister tätig ist, habe im Zweifelsfall ich die Entscheidungshoheit über das, was ich schreibe, während sich die Agentur vorbehalten kann, was sie von mir vertritt und was nicht.
Zitat von: Fianna am 13. Juli 2012, 01:58:09
Den Sechser meinte ich eher als Vergleich zu Vertragsverhandlungen.
Ich sehe das wie Maja: Ein Sechser im Lotto ist keinesfalls mit einem Agentur- oder Verlagsvertrag vergleichbar. Denn im Gegensatz zum Lottogewinn ist beim Vertrag auch Arbeit und Können involviert. :) Das ist zwar kein alleiniges Kriterium, aber eines davon.
Zitat von: Fianna am 13. Juli 2012, 01:58:09
Ich seh das ähnlich wie Pseudonyme, da kann man sich drüber den Kopf zerbrechen, wenns konkret wird. Mich hat irritiert dass das als allgemeines Thema so präsent zu sein schien...
Das ist denke ich ein wichtiger Punkt - aber du kannst persönlich nicht wissen, was gerade bei jedem einzelnen hier vertraglich vorgeht. Das kann niemand. ;) Unabhängig davon, dass sich Maja jetzt dazu geäußert hat: Auch, wenn einige Forumsmitglieder sehr expressiv sind, gibt es doch deutlich mehr, die sich zurückhalten, was solche Themen anbeleangt. Und ich würde den weniger Expressiven nicht unterstellen, dass sie keine Erfolge und Verhandlungen vorzuweisen haben... (Einmal abgesehen davon, dass man über laufende Verhandlungen ohnehin nicht zu viel ausplaudert.) :)
@Fianna: Ich finde es schon sinnvoll, sich über solche grundsätzlichen Dinge schon Gedanken zu machen, bevor es soweit ist. Klar kann in der akuten Situation immer nochmal alles anders sein, als man sich das vorher überlegt hat. Aber sich vorher, solange man noch die Zeit und die Ruhe hat, mal Gedanken darüber zu machen und sich darüber auszutauschen, wenn man eben gerade nicht unter dem Druck steht, eine Entscheidung treffen zu müssen - doch, das halte ich für sehr wichtig.
Außerdem sind ja hier im Forum schon eine ganze Menge Leute von diesen Themen betroffen :)
@Topic: Ich habe mir gestern, während ich nur am Handy mitgelesen habe, einige Gedanken dazu gemacht, und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich Änderungen dann annehmen kann, wenn ich sie "gut" finde :) Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen simpel, aber ... Im Großen und Ganzen muss ich Greys Ausführungen zustimmen. Es gibt ja nicht immer nur die eine und einzige Art, die eigene Geschichte zu erzählen. Und ob man jetzt Ratschläge von einem Betaleser, einem Agenten oder einem Lektor annimmt - wo ist da der große Unterschied? Solange ich - nachdem ich mich erstmal darauf eingelassen habe - sagen kann: Ja, das halte ich für sinnvoll. Das finde ich gut, das kann ich in meiner Geschichte unterbringen.
Was uns zu der Frage führt: Welche Arten vo Änderungen könnte ich gut finden? Ich denke, man muss unterscheiden zwischen "zielgruppenorientiert" schreiben und "für den Massengeschmack" schreiben. Änderungen, die sich darauf beziehen, dass meine gewählte Zielgruppe sich besser angesprochen fühlt, oder mich darauf hinweisen, dass ich mir für diese spezielle Geschichte vielleicht die falsche Zielgruppe ausgesucht habe, wären mir durchaus willkommen.
Wenn es aber hieße, ich sollte auf einmal Romantasy schreiben, weil das eben sooo viele Leute anspricht und die Zielgruppe so groß ist, würde ich das vermutlich nicht tun. Weil es nicht mein Ding ist. Momentan leiste ich mir noch den Luxus, zu versuchen, meine eigenen Projekte, die sich eben an eine kleinere, speziellere Zielgruppe richten würden, umzusetzen und dann zu gucken, ob es einen Markt dafür gibt. Sollte das nicht der Fall sein, müsste ich mir überlegen, ob ich schreibe, was sich verkaufen lässt, weil ich veröffentlichen will, oder ob ich weiter "mein Ding" durchziehe und mich von dem Wunsch, zu veröffentlichen frei mache. Ich habe ja einen Job, den ich sehr mag und von dem ich leben kann ;)
Ich könnte mir durchaus vorstellen, es in unterschiedlichen Genres zu versuchen - aber ich glaube einfach nicht, dass mein Potenzial zB bei Liebesgeschichten am besten aufgehoben wäre. Ich glaube, dass es andere Genres gibt, in denen ich besser bin. Und das will ich versuchen umzusetzen - auch wenn die Zielgruppe da, wie gesagt, kleiner ist. Was aber wiederum nicht heißt, dass ich mich nicht an den Wünschen und Vorstellungen ebenjener Zielgruppe zu orientieren bereit wäre.
LG
Thali
Zitat von: Maja am 13. Juli 2012, 02:14:36
Der "einer von uns" ;) bin im Moment gerade ich.
Okay, ein Patt.
Habt ihr schon genauer drüber gesprochen - gibt es eine grobe Deadline, bis wann Du dieses neue Manuskript fertig haben müsstest, damit die Agentur es den Verlagen vorstellen kann? Oder gehen Mystery-Thriller kontinuierlich gut und da ist etwas der größte Zeit-Druck raus?
Zitat von: Maja am 13. Juli 2012, 00:29:51Wo bei mir die Probleme anfangen - und das tun sie gerade in einem konkreten Fall, der für diesen Rahmen aber zu intern ist - ist, wenn ich ein Buch so umschreiben soll, dass es in ein anderes Genre fällt - in diesem Fall von einem phantastischen Roman zu einem Thriller.
Ja, würde ich auch so sehen! Das ist tatsächlich ein sehr großer Eingriff, den ich mir ebenfalls dreimal überlegen würde. Vor allem, weil die Geschichte vermutlich eher nach Äußerlichkeiten beurteilt wurde, und nicht nach dem, was sie besonders macht. Jemand meint, dass ein bestimmtes Genre besser verkäuflich ist als ein anderes. Das mag ja - statistisch gesehen - tatsächlich stimmen, aber es bedeutet natürlich nicht, dass sich ein weniger gut verkäufliches Genre plötzlich überhaupt nicht mehr verkaufen würde. Was im Allgemeinen gilt, wird im Speziellen sehr oft durch Ausnahmen wieder aufgehoben. ;-)
Da kommt dem, was Schreinhüter schrieb, sicherlich viel mehr Bedeutung zu:
Zitat von: Schreinhüter am 13. Juli 2012, 00:14:55Überzeugender ist der Autor mit dem authentischen Produkt und das wird immerhin noch erreicht, weil der Autor ja Wort für Wort eine Geschichte erfindet.
Authentisch ist das
Zauberwort! Denn wirklich authentische Geschichte haben immer eine deutlich bessere Chance auf dem Markt, als irgendwelche nach äußerlichen Kriterien oder vermeintlichen Markterfordernissen konstruierte Geschichten, von denen die Autoren selbst nicht überzeugt sind. Wirklich authentische Geschichten funktionieren oft sogar dann, wenn sie völlig gegen alle Trends aufgebaut sind.
Zitat von: Maja am 13. Juli 2012, 02:14:36Ein ganz neues Buch schreiben dauert bei mir nicht länger als ein altes umschreiben, macht mir aber mehr Spaß, weil es dann auch für mich spannend ist.
Na, das macht die Entscheidung doch besonders einfach! Denn wenn Du das Umschreiben ablehnst und einen neuen Roman schreibst, der vielleicht besser ins Schema passt, dann ist das "Schlimmste", was Dir geschehen kann, ist, dass Du einen Roman mehr im Angebot hast. Wenn Du ihn jedoch umschreibst, kann es passieren, dass Du einen Roman, von dem überzeugt warst, am Ende sogar ganz verlierst. (Falls er Dir nicht mehr gefällt, er aber doch genommen wird und dann möglicherweise auch noch relativ schnell verramscht werden würde, weil die Leser merken, dass Du nicht von dem überzeugt warst, was Du geschrieben hast.)
@Maja, zu deinem konkreten Fall - ich bin mir absolut nicht sicher, wie das besprochene Buch ohne das phantastische Element funktionieren soll, da bin ich wirklich ratlos. Darum würde ich an deiner Stelle das Buch so lassen und eher was neues in diesem Stil schreiben, das dann von Anfang an ein reiner Mysteryroman ist.
Meine Agentin hat meine Entscheidung, das Buch nicht umschreiben zu wollen, locker genommen und meinte, ich muss mich dafür auch nicht entschuldigen, es ist immer noch meine Geschichte, und ich habe das letzte Wort. Dafür habe ich ja ihre Anregung, einen viktorianischen Jugendthriller ohne explizite Fantasy zu schreiben, beherzigt und ein neues Konzept abgeliefert, das ich jetzt schreiben darf - so dass wir jetzt beide zufrieden sein können.
Das ist doch ein wunderbares Ergebnis. Ich finde es toll, dass sie so reagiert hat. Glückwunsch Maja!
Das finde ich aber auch gut :jau:, da kann ich mich nur anschließen.
Ja, und ich bin letztlich sehr dankbar, dass meine Agentin das angesprochen hat - ich wusste wohl, dass Jugendthriller derzeit auf dem Markt bessere Chancen haben als Jugendfantasy, aber ich habe dabei nur an zeitgenössische Geschichten gedacht, die mich wenig reizen. Aber die Idee, das als viktorianische Gaslicht-Geschichte aufzuziehen, wäre ich wohl von selbst nicht gekommen, und jetzt habe ich einen Plot, auf den ich mic unglaublich freue.
Es kann also durchaus sinnvoll sein, sich mal anzusehen, was der Markt haben will - und ich hoffe, dass ich jetzt etwas zu Papier bringe, das mir endlich den ersehnten Erfolg einbringen wird. In jedem Fall ist es aber etwas, das ich schreiben will, und es fühlt sich auch nicht wie ein Kompromiss an oder eine Pflichtarbeit, sondern wie ein echtes Herzensding.