Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Allgemeines => Buch- und Verlagswesen => Thema gestartet von: Farean am 10. April 2011, 10:47:19

Titel: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: Farean am 10. April 2011, 10:47:19
Hallo zusammen,

beim Überarbeiten meines letzten Exposés ging mir immer mehr die Frage durch den Kopf: Ist das, was ich hier mache, für meine persönlichen Ziele überhaupt zielführend?

Die Überlegung dahinter: was suchen eigentlich die Verlage, und was kann/will ich bieten (und umgekehrt)?

Auch hier bitte ich wieder alle, die sich mit dem geschäftlichen Teil des Literaturbetriebes besser auskennen als ich, eventuelle Irrtümer meinerseits zu korrigieren.

Was die Verlage suchen:

Was die Verlage bieten:

Meine Beobachtung: aus der zweiten Liste wäre ich mit Punkt 1 und 4 voll und ganz zufrieden. Punkt 2 wäre nett, Punkt 3 natürlich der Jackpot, aber Punkt 5 ist mir im Grunde relativ egal; für die Verlage, die einen Autor als "Marke" aufzubauen versuchen, hingegen einer der Kernpunkte.

Meine Situation würde ich folgendermaßen zusammenfassen: "Ich habe ein paar Bücher geschrieben und möchte damit Leser erreichen. Dabei möchte ich sichergehen, daß nicht einfach jemand von mir abschreibt, mein ursprüngliches Werk verfälscht und mit seiner Version meine verdrängt." Voilà tout.

Meine Kompromißbereitschaft, auch das habe ich in letzter Zeit in zunehmendem Maße bemerkt, hat seit den ersten Tagen mit den ganz dicken Rosinen im Kopf stark nachgelassen. Ich behaupte: ja, ich schreibe handwerklich solide genug, um den Anforderungen der Verlage gerecht zu werden. Aber wenn ich ohnehin nicht davon leben kann, sondern das Schreiben eigentlich nur aus Leidenschaft betreibe, warum soll ich mir dann dabei "reinreden" lassen? Sicher, ich wäre bereit, wenn ich gerade Leerlauf hätte, mir Anregungen für ein "Könnten Sie nicht mal über Thema XY schreiben" zumindest durch den Kopf gehen zu lassen. Bei einem bereits fertigen Werk ließe ich auch mit mir über Sprache und Stil reden. Aber die Vorstellung, eines meiner fertigen Bücher inhaltlich noch mal zu verändern und meine Charaktere etwas anderes erleben zu lassen als das, was sich in meinem Kopfkino abgespielt hat - und sei es nur in Details -, verursacht mir Magenkrämpfe. Wenn ich die Chance habe, mit meinen unverfälschten Werken 100 Leser zu erreichen oder mit einer an den Publikumsgeschmack angepaßten Version 10000 Leser, dann ziehe ich ersteres vor.

Wenn ich also aus dem Angebot der Verlage nur die Punkte 1 und 4 überhaupt brauche, stellt sich mir die Frage: ist es für mich den Aufwand wert, Exposés zu schreiben, hinauszusenden, Ablehnungen zu schlucken, mit Agenten und Lektoren zu diskutieren? Oder gibt es eine Alternative, mit der ich diese beiden Punkte einfacher und schmerzfreier erreichen kann, z.B. über das Internet?

Ich möchte mein Posting nicht als Rant gegen "die Verlage" mißverstanden wissen. Der Literaturbetrieb funktioniert auf eine bestimmte Weise, und wer daran erfolgreich teilnimmt und damit glücklich und zufrieden ist, hat meinen größten Respekt. Ich möchte lediglich wissen, und zwar aus der Warte derer, die mit dem Literaturbetrieb andere Erfahrungen gesammelt haben als ich: sehe ich die Lage zu schwarz? Beurteile ich die Verlage falsch, und meine Chancen sind in Wahrheit größer, die Kompromisse kleiner, als es mir erscheint? Oder wäre es in meinem Fall tatsächlich sinnvoller, dem etablierten Literaturbetrieb den Rücken zu kehren, mir eine bescheidene Präsenz zur Online-Veröffentlichung aufzubauen, und gut ist?

Viele Grüße,

  Farean
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: Sven am 10. April 2011, 11:18:53
Hallo Farean!

Ich glaube Du vergisst dabei, dass sich die einzelnen Punkte untereinander bedingen. Wenn Du bekannt bist, erreichst Du viele Leser. Hast Du viele Leser, verdienst Du mehr Geld. Verdienst Du mehr Geld, wird der Verlag durch Werbung versuchen, das Geld wieder reinzubekommen, wodurch Dich noch mehr Leser kennenlernen.
Seinen Bekanntheitsgrad wird man in der Regel langsam aufbauen müssen. Ich denke nicht, dass man die einzelnen Punkte einfach voneinander trennen kann.
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: Grey am 10. April 2011, 11:32:36
Zitat von: Farean am 10. April 2011, 10:47:19
Aber wenn ich ohnehin nicht davon leben kann, sondern das Schreiben eigentlich nur aus Leidenschaft betreibe, warum soll ich mir dann dabei "reinreden" lassen? [...] Aber die Vorstellung, eines meiner fertigen Bücher inhaltlich noch mal zu verändern und meine Charaktere etwas anderes erleben zu lassen als das, was sich in meinem Kopfkino abgespielt hat - und sei es nur in Details -, verursacht mir Magenkrämpfe. Wenn ich die Chance habe, mit meinen unverfälschten Werken 100 Leser zu erreichen oder mit einer an den Publikumsgeschmack angepaßten Version 10000 Leser, dann ziehe ich ersteres vor.

Ich wage mal zu behaupten, dass du es mit dieser Einstellung im professionellen Literaturbetrieb auf jeden Fall sehr schwer haben wirst - allein bei der Suche nach einer Agentur. Klar hat man als Autor seine Kopfkinder und es erfordert einiges an Überwindung, sich "reinreden" zu lassen, wie du es nennst. Aber ich persönlich sehe es so: Ich halte mich selbst nicht für so genial, dass meine Geschichten perfekt sind - auch nicht inhaltlich. Agenten und Lektoren kennen den Markt sehr viel besser und länger als ich und kennen sich zudem gut damit aus, wie Geschichtenerzählen funktioniert. Sich ihre Ratschläge anzunehmen, wie ein Roman besser werden könnte, ist eine Chance, und es bedeutet für mich einfach nicht, sich zu verbiegen, sondern etwas zu lernen. Vielleicht hatte ich mit meinen Lektoren und meiner Agentin auch einfach zu großes Glück, wer weiß. Ich jedenfalls bin froh, mit professioneller Unterstützung an meinen Geschichten arbeiten zu dürfen. Ich bin aber auch selbstbewusst genug, zu wissen, ab welchem Punkt ich die Bremse ziehen muss, damit es immer, *immer* auch meine Geschichten bleiben.

Letztendlich ist es bei der Zusammenarbeit mit Verlagen ja irgendwann auch so, dass man eben nicht mehr im stillen Kämmerlein ein Manuskript schreibt und es in fertigem Zustand anbietet, sondern man entwirft ein Konzept, stellt es vor und schreibt es nur dann, wenn der Verlag es auch kauft.

Und ja, da der Verlag Geld dafür bezahlt, hat er natürlich auch ein gewisses Mitspracherecht. Da muss man eben schon einen Weg finden, künstlerische Selbstverwirklichung und Verlagsbedürfnisse unter einen Hut zu bekommen.

Zitat von: Farean am 10. April 2011, 10:47:19
Ich möchte mein Posting nicht als Rant gegen "die Verlage" mißverstanden wissen. Der Literaturbetrieb funktioniert auf eine bestimmte Weise, und wer daran erfolgreich teilnimmt und damit glücklich und zufrieden ist, hat meinen größten Respekt. Ich möchte lediglich wissen, und zwar aus der Warte derer, die mit dem Literaturbetrieb andere Erfahrungen gesammelt haben als ich: sehe ich die Lage zu schwarz? Beurteile ich die Verlage falsch, und meine Chancen sind in Wahrheit größer, die Kompromisse kleiner, als es mir erscheint? Oder wäre es in meinem Fall tatsächlich sinnvoller, dem etablierten Literaturbetrieb den Rücken zu kehren, mir eine bescheidene Präsenz zur Online-Veröffentlichung aufzubauen, und gut ist?


Hm, nicht kompromissbereit zu sein ist zumindest bei den großen Publikumsverlagen sehr schwierig. Was nicht heißt, dass ich deinen Punkt nicht irgendwo verstehe.
Aus meiner Erfahrung sehe ich es so, dass die vorgeschlagenen Änderungen nie so groß waren, dass ich mich nicht damit hätte anfreunden können. Teilweise waren die Vorschläge sogar wirklich genial und haben meine Geschichte um ein Vielfaches besser gemacht. Aber das ist einerseits sicher eine Sache des persönlichen Empfindens - und ich habe Zeit meines Lebens meist meine Geschichten in Zusammenarbeit mit Anderen entwickelt - und andererseits laufe ich auch bisher meist offene Türen ein. Ist also sicher auch eine Glücksfrage.
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: Lomax am 10. April 2011, 11:41:12
Nun, zunächst ist mal anzumerken, dass Punkt 1-1
Zitat von: Farean am 10. April 2011, 10:47:19zuverlässige Lieferanten für Lektüre, die dem aktuellen Lesergeschmack entspricht.
... nur sehr eingeschränkt gilt. Zumindest dann, wenn man von "dem Lesergeschmack" spricht. Es gibt nämlich viele Verlage mit unterschiedlicher Ausrichtung, die unterschiedliche Geschmäcker bedienen. Man kann also davon ausgehen, sofern eine wie auch immer relevante Menge an Lesern vorhanden ist, die sich für irgendwas interessiert, gibt's auch den Verlag, der sie besser erreichen kann als man selbst; auch für mehr künstlerische Werke jenseits des "soliden Handwerks". Notfalls ein kleiner Verlag, wenn die Zielgruppe entsprechend klein ist.
  Aber damit ist es schon mal ein Widerspruch an sich, Punkt 2-1
Zitat von: Farean am 10. April 2011, 10:47:19Die Möglichkeit, mit meinen Geschichten eine große Anzahl Leser zu erreichen.
... erreichen zu wollen, wenn man von vornherein schon ausschließen muss, das man mit seinen Werken sinnvollerweise einen Verlag erreichen kann. Umgekehrt, wenn man glaubt, ohne Verlage eine zufriedenstellende Anzahl Leser erreichen zu können, lohnt sich schon die Suche nach einem Verlag.

Auch Punkt 2-4
Zitat von: Farean am 10. April 2011, 10:47:19Juristischen Schutz meines geistigen Eigentums gegen Plagiate und illegale Verbreitung.
... ist ohne Verlag nicht so einfach zu erreichen. Denn das offensichtlich "illegale" abschreiben dürfte an den Dingen, die dir passieren können und die ärgerlich sind, faktisch bedeutungslos sein. Denn was man nicht vergessen sollte: Ideen sind nicht geschützt. Solange nicht ein anderer wirklich abschreibt und deinen Text inklusive Namen und wörtlicher Formulierung übernimmt, kann sich jeder andere Autor fast beliebig eng an deine Vorlage anlehnen, und rein juristisch kannst du ihm dafür gar nichts. Kann auch der Verlag nicht. Nicht umsonst ist der Markt voll von "ähnlichen" Büchern, und liest man regelmäßig von Plagiatsklagen, die einfach im Sande verlaufen. Wenn es also das ist, vor dem du dich schützen willst:
Zitat von: Farean am 10. April 2011, 10:47:19Dabei möchte ich sichergehen, daß nicht einfach jemand von mir abschreibt, mein ursprüngliches Werk verfälscht und mit seiner Version meine verdrängt."
... dann geht das eigentlich nur mit einem Verlag. Denn die beste und einzig praktikable Chance, sich davor zu schützen, dass ein sehr ähnliches Werk das eigene verdrängt, hat man dann, wenn man das eigene Werk so gut am Markt platziert hat, dass es zuerst wahrgenommen wird und dadurch die Chance erhält, die Nr. 1 zu werden. Ansonsten schützt dich nichts davor, dass ein Autor dein Buch zwar nicht abschreibt, aber sich daran anlehnt, damit einen Verlag findet - und dann aufgrund der besseren Marktstellung des Verlags ganz von selbst deinen Titel aus der Aufmerksamkeit des Publikums verdrängt. Bis hin zu dem Punkt, wo jeder Leser, der später noch über deinen Text im Netz stolpert, dich für den Plagiator hält, der sich an den erfolgreicheren Titel anhängen wollte.
  Je größer der Verlag, je bekannter die Veröffentlichung, umso größer ist zwar nicht der Schutz vor echten Plagiaten, aber umso größer ist der Schutz davor, dass man nicht schlechter dasteht als ähnliche Werke, die später erscheinen.

Und, wie gesagt, es gibt viele Verlage, und jede Verlagszusammenarbeit ist anders, auch was die "Kompromisse" angeht. Ich habe das Gefühl, das wird überschätzt - nicht zuletzt darum, weil allzu viele Hobbyautoren auch gerne ihre handwerklichen Fehler als "künstlerische Freiheit" verteidigen wollen. Auch Fehler wohlgemerkt, für die sie sich selbst zwei Jahre später schämen und wo sie eine Änderung nur in der ersten Aufregung als "Kompromiss" empfinden.
  Ich für meinen Teil kenne es aus zehn Jahren Praxiserfahrung nur so, dass die Fälle, in denen der Autor gegen den Rat des Verlags selbst blödsinnige Manierismen durchbringt, deutlich häufiger vorkommen als solche Fälle, in denen der Verlag dem Autor zu viel reinredet. Und diesen Konflikt wird man nicht vermeiden können, denn selbst wenn man selbst veröffentlicht: Sobald man sein Werk lektorieren lässt, werden Inhalte auf den Prüfstand gestellt und wird man seine Arbeit hinterfragen und sie ggf. verändern müssen, auch wenn man sie selbst herausbringt - oder man verzichtet bei der Selbstherausgabe auf ein Lektorat und nimmt damit seinem Werk auch die Chance, gut zu werden und echte Mängel zu vermeiden.

Also, es spricht nicht wirklich etwas dagegen, seine Werke selbst herauszubringen. Aber gerade bei deinen Prioriäten lohnt es sich trotzdem, es zuerst mal bei Verlagen zu probieren und den Selbstverlag erst als zweite Option in Betracht zu ziehen. Jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Und vielleicht bekommt man während der Verlagstour auch Hinweise, die für eine evtl. dann doch erfolgende Selbstherausgabe nützlich sind, sei es darauf, ob ein Werk als "prinzipiell ungeeignet" eingestuft wird oder ob es zumindest dann und wann mal bei Verlagen in die nähere Auswahl kam und eher wegen Details abgelehnt wurde; sei es, indem man selbst mal die Grenzen erfährt zwischen nützlicher Bearbeitung und dem Kompromiss, den man nicht mehr eingehen will.
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: Runaway am 10. April 2011, 12:32:21
Ja, das ist eine wirklich sehr spannende Frage, Farean. Da meine Agentin erst noch dabei ist, mich zu vermitteln, kann ich dir über die letztlichen Mechanismen im Verlagswesen noch nicht mehr sagen, als ich selbst durch Hörensagen weiß. Grey und Lomax haben da auf jeden Fall einen besseren Einblick und besonders Grey kann ich in vielen Punkten zustimmen.

Aber ich fang mal ganz vorn an... 2005 habe ich mein erstes Buch über BoD rausgebracht, und zwar ganz bewußt. Ich wollte damals testen, ob ich Leser für mein Geschreibsel interessieren kann und ob die das tatsächlich kaufen. Die Resonanz war durchweg positiv.
Damals hatte ich einfach Angst, mir auf der Suche nach einem Verlag (wie nützlich Agenten sind, wußte ich damals noch nicht) zuviel Frust einzuhandeln und das wäre auch bestimmt so gekommen. Ich wäre abgelehnt worden, ganz egal, wie der Text nun wirklich ist.
Beflügelt von der guten Resonanz meiner Veröffentlichung habe ich dann auch Verlage angeschrieben und bin abgelehnt worden. Das hat mir dann aber nichts mehr ausgemacht.
Damals war es auch so, daß ich mich nicht mit dem Gedanken anfreunden konnte, daß jemand anders das Cover für mich entwirft. Daß jemand in meinem Text "herumpfuscht". Das wollte ich alles nicht.

Dabei und im Folgenden mit meinem Kleinverlag, der ja nie ein vernünftiges Lektorat zustande gebracht hat, hatte ich genau das Mitspracherecht, das mir so vorschwebte.
Nur hab ich eins gemerkt: Das Ergebnis reicht mir nicht. Eine kleine BoD-Veröffentlichung oder eine kleine Kleinverlags-Veröffentlichung, wo ich selbst Werbung machen gehe und von Buchhändlern schief angeguckt werde, weil ich nur eine ganz kleine Nummer bin ... das war es für mich auch nicht.

Was ich damit sagen will: Ich habe mal den einen Weg angetestet und für mich festgestellt, daß er mich nicht zufriedenstellt. Mir nützt mein hochheiliger, kaum veränderter Text nicht viel, wenn ihn nur 3 Leute lesen. Das ist aber meine persönliche Vorliebe. Ich möchte viele Leser erreichen und unterhalten und dann muß ich eben den anderen Weg gehen und massentauglich schreiben, mir einen Agenten suchen, mir von ihm einen Verlag suchen lassen etc. ...
Wichtig ist hierbei das, was Grey sagte: Änderungsvorschläge seitens des Verlages/Lektorates sind sehr oft gewinnbringend - das denke ich auch! Bei mir ist es nun noch nicht soweit, daß jemand eine Änderung meines Textes verlangt hätte und ich denke (was dir wohl jeder andere bestätigen wird), letztlich kommt es bei sowas dann ganz auf die geforderte Änderung an, ob du drauf eingehst oder nicht.
Ich kann deine Magenkrämpfe bezüglich inhaltlicher Änderungen total verstehen, aber ich denke, die sind nicht nötig.

Warum hat denn deine Kompromißbereitschaft nachgelassen im Zuge dessen, daß du Erfahrungen gesammelt hast? Ich frage deshalb, weil ich das genau andersrum erlebt habe. Ich bin in meinem Streben nach einer Veröffentlichung immer kompromißbereiter geworden und bin gespannt, wie sich das weiterentwickelt. Völlig verbiegen lassen möchte ich mich sicherlich auch nicht, aber mit dem Schreiben Geld zu verdienen, bedeutet, daß man Kompromisse eingehen muß. Das finde ich auch eigentlich nicht schlimm. Schreiben hat eben auch was mit Geschäft zu tun.
Und wie Grey schon sagte: Man kann von Agenten und Lektoren auch viel lernen. Kritik ist natürlich immer schmerzhaft. Vielleicht muß man sich einfach lang genug die Hörner abstoßen, bis man soweit ist, das anzunehmen. Das ist meine Theorie.

Meine persönliche Meinung ist: nein, du siehst das nicht zu schwarz. Ich denke, du siehst das sehr realistisch. Jetzt mußt du nur wissen, was du willst. Wenn es dir genügt, deine Geschichten "pur" an ein kleines Leserpublikum zu bringen, mach das. Reicht dir das aber nicht, wirst du ein dickes Fell brauchen und kompromißbereit sein müssen. Ich denke, das gehört dazu und ich würde das wie Grey gar nicht so negativ sehen.
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: Farean am 10. April 2011, 19:16:59
Zunächst mal vielen Dank für eure sehr konstruktiven, sehr kompetenten Antworten. Größtenteils sehe ich mich in meiner bisherigen Sicht bestätigt, doch es waren auch einige neue Denkanstöße dabei.

Zitat von: Sven am 10. April 2011, 11:18:53
Ich glaube Du vergisst dabei, dass sich die einzelnen Punkte untereinander bedingen. Wenn Du bekannt bist, erreichst Du viele Leser. Hast Du viele Leser, verdienst Du mehr Geld. Verdienst Du mehr Geld, wird der Verlag durch Werbung versuchen, das Geld wieder reinzubekommen, wodurch Dich noch mehr Leser kennenlernen.
Schon, aber eigentlich geht es mir ja nicht - zumindest nicht als Selbstzweck - darum, ein Millionenpublikum anzusprechen. Wie gesagt, für den Moment wäre ich damit zufrieden, 100 Leser zu erreichen. Nur, daß der Buchmarkt, soweit ich es bis jetzt sehe, mir diese Option nicht läßt. Zumindest die großen Verlage geben mir nur dann eine Chance, wenn meine Bücher in der Lage sind, ihren Anteil zur Lebenshaltung einer x-köpfigen Verlagsbelegschaft zu leisten. Bei den Großen gibt es also, überspitzt ausgedrückt, nur die beiden Optionen "vom Startschuß an reich und berühmt" oder "abgelehnt".

Zitat von: Grey am 10. April 2011, 11:32:36
Ich halte mich selbst nicht für so genial, dass meine Geschichten perfekt sind - auch nicht inhaltlich. Agenten und Lektoren kennen den Markt sehr viel besser und länger als ich
(Hervorhebung von mir) Das ist allerdings nur dann ein Kriterium, wenn es meine Absicht ist, an "den Markt" angepaßt zu schreiben.

Zitat von: Grey am 10. April 2011, 11:32:36
und kennen sich zudem gut damit aus, wie Geschichtenerzählen funktioniert. Sich ihre Ratschläge anzunehmen, wie ein Roman besser werden könnte, ist eine Chance, und es bedeutet für mich einfach nicht, sich zu verbiegen, sondern etwas zu lernen.
Es gab eine Zeit, da wäre ich über eine solche Entwicklung froh gewesen: da habe ich meine Exposés eingesandt in der Hoffnung, von dem Lektor/der Lektorin ein Feedback zu bekommen, aus dem ich etwas hätte lernen können.

Inzwischen ist vieles passiert, was meine Einstellung dazu geändert hat. Mindestens ein Lektor (einer der Tonangebenden bei einem der großen Verlage) hat es geschafft, daß ich seine Kompetenz im Hinblick auf das Geschichtenerzählen nicht mehr allzu hoch einschätze, nachdem er eines seiner eigenen Werke als "Versuchsballon", ob der Fantasy-Markt deutsche Autoren annimmt, veröffentlicht hat. (Ich habe selten einen so grottenschlecht zusammengeschluderten Roman gesehen.) In einem anderen Schreibforum mußte ich mitansehen, wie eine Autorin ihr Werk bis zur Unkenntlichkeit verunstaltet hat, um den Vorgaben eben dieses Lektors gerecht zu werden. Und alles, was recht ist: nachdem ich nun schon seit 24 Jahren schreibe und auch schon einer Autorin, die später selbst recht erfolgreich veröffentlicht wurde, einen Teil ihres Handwerks beigebracht habe, bin ich in Bezug auf meine eigene schreiberische Kompetenz doch zugegebenermaßen etwas eigen.

Zitat von: Lomax am 10. April 2011, 11:41:12
Aber damit ist es schon mal ein Widerspruch an sich, Punkt 2-1... erreichen zu wollen, wenn man von vornherein schon ausschließen muss, das man mit seinen Werken sinnvollerweise einen Verlag erreichen kann. Umgekehrt, wenn man glaubt, ohne Verlage eine zufriedenstellende Anzahl Leser erreichen zu können, lohnt sich schon die Suche nach einem Verlag.
Das deckt sich leider nicht mit meinen Erfahrungen. Nur, weil ich überzeugt bin, daß mein Roman Zehntausende begeistern würde, muß ich nicht auch in der Lage sein, dies einem Agenten oder Lektor vermitteln zu können. Bevor er auch nur einen Blick in den eigentlichen Roman wirft, sind Anschreiben und Exposé entscheidend. Hier ist kaufmännisches Geschick gefragt, nicht künstlerisches. Und nachdem ich auch mal eine Zeitlang selbständiger Unternehmer war, habe ich von meinem kaufmännischen Geschick eine recht realistische Einschätzung. :-X

Zitat von: Lomax am 10. April 2011, 11:41:12
Ansonsten schützt dich nichts davor, dass ein Autor dein Buch zwar nicht abschreibt, aber sich daran anlehnt, damit einen Verlag findet - und dann aufgrund der besseren Marktstellung des Verlags ganz von selbst deinen Titel aus der Aufmerksamkeit des Publikums verdrängt. Bis hin zu dem Punkt, wo jeder Leser, der später noch über deinen Text im Netz stolpert, dich für den Plagiator hält, der sich an den erfolgreicheren Titel anhängen wollte.
Das ist exakt die Horrorvorstellung, die mich bislang noch davon abhält, diesen Weg zu beschreiten. :(

Zitat von: Runaway am 10. April 2011, 12:32:21
Warum hat denn deine Kompromißbereitschaft nachgelassen im Zuge dessen, daß du Erfahrungen gesammelt hast?
Das ist letztlich eine Gefühlssache. Vielleicht, weil ich bislang nur die negativen Auswirkungen der Kompromißbereitschaft erfahren bzw. beobachten durfte, aber nicht ein einziges Mal die guten. Die Autorin in dem anderen Forum, die ihr Werk nach dem Lektorieren tatsächlich nicht mehr wiedererkannte, habe ich schon erwähnt.

Bei einer anderen Gelegenheit, die mir spontan einfällt, hatte ich mich darauf eingelassen, einen Roman zu einer neu gestarteten Serie zu schreiben. Es handelte sich um das Projekt eines der größeren Verlage, und es sollte eine Romanreihe zu einem bekannten Rollenspielsystem werden, analog zu den DSA-Romanen. Nach viel hin und her und einigen Änderungswünschen, die ich auch berücksichtigt habe, hatte der Herausgeber mir grünes Licht gegeben. Ich saß an Kapitel 2, als es plötzlich hieß, der Verlag habe einen Strategiewechsel durchgeführt, und das Projekt dieser Romanreihe würde eingestellt. Sprich: ich hatte wirklich alles getan, was der Verlag wollte und wie er es wollte, und trotzdem wurde mir die weit geöffnete Tür völlig unerwartet ins Gesicht geschlagen.

Und dies ist nicht die einzige Tür, die ich ins Gesicht geschlagen bekommen habe. Bei einer anderen Gelegenheit z.B. hatte ein Verlag mein Manuskript bereits aufgrund des Exposés ausdrücklich angefordert, und dann ist es wegen einer Datenbankpanne verschütt gegangen und später als "unverlangt eingesandt" zurückgeschickt worden. Wieder ein anderer Verlag mußte wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten kurzfristig von einem bereits geschlossenen Autorenvertrag zurücktreten. Erlebnisse wie diese trugen nicht gerade dazu bei, mein Vertrauen in den etablierten Buchmarkt zu erhöhen.

Zudem: wenn der Kompromiß wirklich den Kern dessen berührt, was ich eigentlich will, ist er kein Kompromiß mehr. Vor 15 Jahren, als ich anfing, meine Exposés einzusenden, ging es mir noch um eine Karriere als Autor. Für dieses Ziel wäre ich damals bereit gewesen, den Verlegern weit entgegenzukommen.

Mittlerweile bin ich 38, fest eingefahren in meinem bürgerlichen Job, und der Zug "Berufswunsch Autor" ist abgefahren. Alles, worum es mir heute noch geht, ist, das, was ich aus purer Lust am Schreiben geschrieben habe, mit anderen zu teilen.

Zitat von: Runaway am 10. April 2011, 12:32:21
Völlig verbiegen lassen möchte ich mich sicherlich auch nicht, aber mit dem Schreiben Geld zu verdienen, bedeutet, daß man Kompromisse eingehen muß. Das finde ich auch eigentlich nicht schlimm. Schreiben hat eben auch was mit Geschäft zu tun.
Das ist genau mein Punkt: es geht mir nicht (mehr) darum, mit dem Schreiben Geld zu verdienen.

Es geht mir nur noch darum, mit dem Schreiben Leser zu erreichen.

Wenn ich das kann, ohne einen müden Cent damit zu verdienen, werde ich es mit Freuden tun.
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: Sven am 10. April 2011, 19:39:01
Zitat von: Farean am 10. April 2011, 19:16:59
Zumindest die großen Verlage geben mir nur dann eine Chance, wenn meine Bücher in der Lage sind, ihren Anteil zur Lebenshaltung einer x-köpfigen Verlagsbelegschaft zu leisten. Bei den Großen gibt es also, überspitzt ausgedrückt, nur die beiden Optionen "vom Startschuß an reich und berühmt" oder "abgelehnt"... Das ist allerdings nur dann ein Kriterium, wenn es meine Absicht ist, an "den Markt" angepaßt zu schreiben.

Das ist die Prämisse eines Verlages. Und als Unternehmen kann er auch gar nicht anders denken. Sie gehen das Risiko ein, dass sich ein Buch nicht verkauft. Aber sie WOLLEN, dass es sich Millionenfach verkauft und kaufen entsprechend ein. Auch wenn es gegen den Autoren ist, ich würde es genauso machen.
Wer für große Verlage schreiben möchte, muss sich dem Markt anpassen. Bei kleineren Verlagen sieht es anders aus. Ich denke, da hat man auch mehr Möglichkeiten, seinen persönlichen Weg zu gehen. Ich glaube, es gibt Geschichten, die eignen sich besser zur Veröffentlichung in einem Kleinverlag und andere, die sind eher für Großverlage geeignet.
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: Kaeptn am 10. April 2011, 19:42:50
Nun, es gibt ja noch die Kleinverlage, die Bücher eher in Erst-Auflagen von 1000 Exemplaren denken (wie das kostendeckend sein soll, ist mir ein Rätsel, aber egal). Die denken weniger an den Markt, sondern oft absichtlich an die Nische, weil der Markt eben von den Großen beackert wird.

Ich habe auch schon frustriert ähnlich gedacht wie du, aber man muss sich einfach klarmachen, dass man mit BoD und/oder eBook selbst die von dir genannten 100 Leser nicht ohne weiteres erreicht, weil es eben so viele Möchtgern-Autoren gibt, die diese Märkte überfluten. Dazu braucht es dann noch MEHR Arbeit als das Schreiben an sich schon bedeutet hat, man muss Lesungen organisieren, Marketing in Foren oder sonstwo machen .... BoD hat außerdem das Problem, das Bücher ab einer gewissen Seitenzahl kaum noch zu einem akzeptablen Preis angeboten werden können.

Gut, wenn dir Marketing liegt, ist das sicher einen Versuch wert, vor allem mit einer Geschichte, die du ansonsten schon aufgegeben hast. Ich habe das auch immer wieder erwogen, aber Selbst-Marketing ist so gar nix für mich.
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: gbwolf am 10. April 2011, 19:57:39
Mir klingt das auch sehr danach, als könntest du mit einem Kleinverlag sehr glücklich werden. Allerdings hast du auf diesem Gebiet schon Erfahrung und scheinst nicht so zufrieden gewesen zu sein. Aber vielleicht kamen die Romane auch zu einer ungünstigen Zeit heraus.

Zitat von: Kaeptn am 10. April 2011, 19:42:50Nun, es gibt ja noch die Kleinverlage, die Bücher eher in Erst-Auflagen von 1000 Exemplaren denken (wie das kostendeckend sein soll, ist mir ein Rätsel, aber egal).
1.000er-Startauflagen sind im Fantasybereich mehr als selten. Ich kenne einen Kleinverlag, der SF und Phantastik in dieser Größenordnung herausbringt, weil die Druckereien mittlerweile günstiger geworden sind. Allerdings geht das auch nicht als Einzelauftrag, etc. Aber der Break even Point liegt heutzutage tatsächlich nicht mehr bei 3.000 Off-set, sondern bei 1.000. Im PoD-Verfahren je nach Druckerei schon bei 200 gedruckten und 100 verkauften Exemplaren.

Aber in den meisten Fällen wirst du, Markus, mit einem ordentlichen Kleinverlag um die 500-1.500 verkaufen können, wenn der Verlag seine Arbeit ordentlich macht, im Fandom bekannt ist und auch auf Cons vorbeischaut (Wenn du dort liest, erreichst du die Leser auch selbst sehr direkt). Das empfinde ich persönlich als die beste Lösung, wenn man eh im Hobbybereich bleiben möchte. Mein Mann jammert zwar immer über seine Verkaufszahlen, aber bei seinem speziellen SF-Geschmack ist das nunmal so und gar nicht mal so übel wie er immer tut.

Bei den Selbstverlegern könntest du natürlich einmal Alexander Merow oder Frank Lauenroth (Hat mittlerweile den Sprung zu einem "richtigen" Verlag geschafft) nach ihren Erfahrungen fragen (Auch in Bezug auf den Marketingaufwand). Bekannt ist auch Albert Knorr (http://www.albert-knorr.com/index.php), der einen ganz eigenen Marketingweg gegangen ist (Das Konzept finde ich interessant,die Bücher kenne ich nicht. Mir wären 500 Betaleser allerdings zu viel  ;D). Oder du fragst im BoD-Forum Autorenpool und anderen Foren nach den Erfahrungen.
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: Runaway am 10. April 2011, 21:45:01
ZitatNach viel hin und her und einigen Änderungswünschen, die ich auch berücksichtigt habe, hatte der Herausgeber mir grünes Licht gegeben. Ich saß an Kapitel 2, als es plötzlich hieß, der Verlag habe einen Strategiewechsel durchgeführt, und das Projekt dieser Romanreihe würde eingestellt. Sprich: ich hatte wirklich alles getan, was der Verlag wollte und wie er es wollte, und trotzdem wurde mir die weit geöffnete Tür völlig unerwartet ins Gesicht geschlagen.
Ach, was für ein Elend. Das tut mir wirklich leid. Da muß man sich wirklich ganz, ganz mies und frustriert bei fühlen, weil man nicht mal was dafür kann. So geht es mir bei solchen Sachen.

Aber das ist in meinen Augen dasselbe wie hier:

ZitatBei einer anderen Gelegenheit z.B. hatte ein Verlag mein Manuskript bereits aufgrund des Exposés ausdrücklich angefordert, und dann ist es wegen einer Datenbankpanne verschütt gegangen und später als "unverlangt eingesandt" zurückgeschickt worden. Wieder ein anderer Verlag mußte wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten kurzfristig von einem bereits geschlossenen Autorenvertrag zurücktreten.
Das alles ist aber nicht deine Schuld! Ich verstehe absolut und hundertprozentig, daß du deshalb gehörig die Nase voll hast. Aber im Prinzip hat das doch nicht unbedingt mit Kompromißbereitschaft zu tun. Besonders im ersten Fall warst du ja kompromißbereit und alles lief gut, bis eine Entschiedung passiert ist, die mit dir, deinem Projekt und deinen Kompromissen (so wie ich das verstehe) gar nichts zu tun hatte.
Das macht's wohl kaum besser, ich weiß. Am liebsten würde ich jetzt wieder die große Litanei über die armen Autoren und ihr dickes Fell anstimmen ;D
Aber davon darf man sich echt nicht unterkriegen lassen!

Was aber nicht heißt, daß du nicht mit einem anderen/dem Weg, den du dir aussuchst, nicht auch sehr zufrieden sein kannst. Nur erzähl mir hier nicht, mit 38 wärst du für irgendwas zu alt  :pfanne:
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: Sven am 11. April 2011, 09:14:13
Allgemein kann man vielleicht sagen, dass Kleinverlage unterschiedlich an ihre Projekte gehen, und man sollte sie nicht über einen Kamm scheren?

Ich unterstütze Runaways Meinung. Man DARF sich nicht unterkriegen lassen. Der Weg in diesem Bereich ist nicht einfach. Rückschläge gehören dazu.
Ich weiß nicht mehr, wer das gesagt hat: Man sollte den Weg zum Schriftsteller wie eine Geschichte sehen. Der Held wird die ganze Zeit über davon abgehalten, das zu bekommen, was er will. Am Ende aber, nach unzähligen Tiefschlägen, ist er der Gewinner.

Wenn Du jeden Rückschlag als weiteren Schritt auf dem Weg zu Deinen Sieg siehst, bekommst Du dieses dicke Fell automatisch.

Außerdem hast Du doch die Tintenzirkler, die Dir den Rücken stärken und mit  :pfanne: versorgen  ;D
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: Farean am 11. April 2011, 09:47:20
:D @Runaway, @Sven: Vielen lieben Dank für die Pfanne! Ich glaube, die hab' ich gebraucht.

Zitat von: Sven am 10. April 2011, 19:39:01
Das ist die Prämisse eines Verlages. Und als Unternehmen kann er auch gar nicht anders denken.
Das ist mir doch klar, Sven! Darum geht es mir doch die ganze Zeit: ich bin mir bewußt, daß Verlage auf eine bestimmte Art und Weise arbeiten müssen. Du brauchst die Verlage dafür nicht in Schutz zu nehmen. Meine Frage ist - völlig wertneutral -, ob diese Arbeitsweise und meine (als Autor) zusammenpassen.

Zitat von: Kaeptn am 10. April 2011, 19:42:50
Gut, wenn dir Marketing liegt, ist das sicher einen Versuch wert, vor allem mit einer Geschichte, die du ansonsten schon aufgegeben hast. Ich habe das auch immer wieder erwogen, aber Selbst-Marketing ist so gar nix für mich.
Tja... Marketing liegt mir tatsächlich überhaupt nicht, aber das Dumme ist, daß ich es so oder so betreiben muß; entweder den Lesern gegenüber (Selbstverlag) oder den Agenturen/Verlagen gegenüber. Die Frage ist, auf welchem Weg ich die Leser eher erreiche, denn bei allem Respekt vor den Verlagen: die Leser sind diejenigen, um die es mir eigentlich geht.

Der Witz an der Sache ist, daß es nicht etwa um eine Geschichte geht, die ich schon aufgegeben habe, sondern im Gegenteil um mein absolutes Lieblingsbaby. Ich glaube, ich bin im Moment im Gegenteil einfach zu ungeduldig, um es noch mal für zehn Jahre auf Halde zu legen und in der Zwischenzeit Sachen zu schreiben, "die sich leichter vermarkten lassen"... für die Aussicht, daß mein Prachtstück, mein Liebling, meine absolute Perle, die mir schon beim Schreiben eine Ahnung davon gegeben hat, wie sich Vaterglück anfühlen muß, dann vielleicht gnädigerweise eine Chance bekommt, wenn sie sich vorher noch mal etwas plastischer Chirurgie unterzieht. Oder auch nicht. Meine bisherige Erfahrung mit dem Buchmarkt besagt eher: oder auch nicht.

Zitat von: Die Wölfin am 10. April 2011, 19:57:39
Mir klingt das auch sehr danach, als könntest du mit einem Kleinverlag sehr glücklich werden. Allerdings hast du auf diesem Gebiet schon Erfahrung und scheinst nicht so zufrieden gewesen zu sein.
Ich habe es bis jetzt mit vier verschiedenen Kleinverlagen versucht. Jedesmal endete es aus einem anderen Grund in einem Fiasko. :( Ich habe tatsächlich schon darüber nachgegrübelt, ob ich unter einem Fluch stehe, der Verlegern Unglück bringt...

Zitat von: Die Wölfin am 10. April 2011, 19:57:39
Aber vielleicht kamen die Romane auch zu einer ungünstigen Zeit heraus.
Dann hält die ungünstige Zeit aber schon erstaunlich lange an... Ich versuche es seit 15 Jahren.

Zitat von: Die Wölfin am 10. April 2011, 19:57:39
1.000er-Startauflagen sind im Fantasybereich mehr als selten. Ich kenne einen Kleinverlag, der SF und Phantastik in dieser Größenordnung herausbringt, weil die Druckereien mittlerweile günstiger geworden sind. Allerdings geht das auch nicht als Einzelauftrag, etc. Aber der Break even Point liegt heutzutage tatsächlich nicht mehr bei 3.000 Off-set, sondern bei 1.000. Im PoD-Verfahren je nach Druckerei schon bei 200 gedruckten und 100 verkauften Exemplaren. [...]
Heißen Dank für die konkreten Zahlen! :)

Zitat von: Die Wölfin am 10. April 2011, 19:57:39
Mein Mann jammert zwar immer über seine Verkaufszahlen, aber bei seinem speziellen SF-Geschmack ist das nunmal so und gar nicht mal so übel wie er immer tut.
Das ist eine weitere Ironie an der ganzen Sache... meine früheren Projekte waren tatsächlich eher Nischenprodukte. Meine Falkenflug-Trilogie, mit der ich letztens an die Agenturen herangetreten bin, ist bei aller Individualität eigentlich tiefster, epischer Mainstream. Trotzdem habe ich durchweg nur Standard-Ablehnungsschreiben bekommen.

Zitat von: Die Wölfin am 10. April 2011, 19:57:39
Bei den Selbstverlegern könntest du natürlich einmal Alexander Merow oder Frank Lauenroth (Hat mittlerweile den Sprung zu einem "richtigen" Verlag geschafft) nach ihren Erfahrungen fragen (Auch in Bezug auf den Marketingaufwand). Bekannt ist auch Albert Knorr (http://www.albert-knorr.com/index.php), der einen ganz eigenen Marketingweg gegangen ist (Das Konzept finde ich interessant,die Bücher kenne ich nicht. Mir wären 500 Betaleser allerdings zu viel  ;D). Oder du fragst im BoD-Forum Autorenpool und anderen Foren nach den Erfahrungen.
Danke für die Namen und URL! :) Knorrs "Leseratten"-Konzept ist zumindest mal was anderes, wenn auch nicht das, was mir vorschwebt. Die Erfahrungen von Alexander Merow und Frank Lauenroth könnten mir schon eher hilfreich sein. :hmmm:

Zitat von: Runaway am 10. April 2011, 21:45:01
Das alles ist aber nicht deine Schuld! Ich verstehe absolut und hundertprozentig, daß du deshalb gehörig die Nase voll hast. Aber im Prinzip hat das doch nicht unbedingt mit Kompromißbereitschaft zu tun.
Stimmt schon. Aber es waren Fälle, in denen mir meine Kompromißbereitschaft keinen Vorteil gebracht hat. Und wenn ich dann noch solche Sachen erlebe wie mit besagter Autorin in dem anderen Forum... das schreckt ab. :(

Zitat von: Runaway am 10. April 2011, 21:45:01
Das macht's wohl kaum besser, ich weiß. Am liebsten würde ich jetzt wieder die große Litanei über die armen Autoren und ihr dickes Fell anstimmen ;D
Aber davon darf man sich echt nicht unterkriegen lassen!
Versuch es mal genauso lange wie ich, junge Frau. ;D

Ernsthaft: vielleicht habe ich gerade einfach nur einen Durchhänger. 15 Jahre strampeln und bei jedem Hoffnungsschimmer wieder auf Null zurückgebombt werden kann wahrscheinlich auch die größte Anfangsbegeisterung... dämpfen. :-\ Vielleicht sollte ich die Denkanstöße hier erst mal sacken lassen. Vor mir liegen zwei Wochen Urlaub, und danach kann ich mit frischen Kräften entscheiden, was ich will: Eigenveröffentlichung, Kleinverlag oder doch einen erneuten Anlauf bei den Agenturen.

Auf jeden Fall merke ich gerade, daß mir euer Verständnis hier im Forum ehrlich guttut. Vielen Dank dafür! :knuddel: Ich bin immer froher, daß ich auf den Tintenzirkel gestoßen bin.

Eine weitere Alternative, die ich längst verdrängt hatte, ist mir heute morgen unter der Dusche wieder eingefallen: meinen Roman zuerst ins Englische übersetzen und es auf dem US-Markt versuchen. Since I've already been complimented for my English by native speakers from Washington D.C., this should not be the greatest of problems. As for the finishing touch, I'm friends with a professional interpreter (who is also one of my beta readers), so I hope she'll give me a hand here...

Kennt sich hier jemand mit dem US-Markt aus?
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: Sven am 11. April 2011, 10:23:05
Zitat von: Farean am 11. April 2011, 09:47:20
Das ist mir doch klar, Sven! Darum geht es mir doch die ganze Zeit: ich bin mir bewußt, daß Verlage auf eine bestimmte Art und Weise arbeiten müssen. Du brauchst die Verlage dafür nicht in Schutz zu nehmen. Meine Frage ist - völlig wertneutral -, ob diese Arbeitsweise und meine (als Autor) zusammenpassen.
Tja... Marketing liegt mir tatsächlich überhaupt nicht, aber das Dumme ist, daß ich es so oder so betreiben muß; entweder den Lesern gegenüber (Selbstverlag) oder den Agenturen/Verlagen gegenüber. Die Frage ist, auf welchem Weg ich die Leser eher erreiche, denn bei allem Respekt vor den Verlagen: die Leser sind diejenigen, um die es mir eigentlich geht.

Hm, ich glaube im Grunde passt es schon zusammen. Bisher fehlte Dir halt noch eine Portion Glück (mir übrigens auch^^). Ich denke nur, Autoren haben ein verblendetes Bild von Verlagen. Dass Problem sind die beiden Positionen. Auf der einen Seite der Autor, der sein Liebling unterbringen will und auf der anderen Seite der Verlag, der jeden Tag seine Arbeit macht. Und dem völlig egal ist, ob Du verzweifelst, oder nicht.
Ich sehe das so wie ein Puzzlestück. Im Grunde passt es, man muss nur die richtige Position finden und im richtigen Augenblick draufschlagen.
Das Allerwichtigste ist es, nicht zu verzagen. Und es nicht erzwingen wollen.

Zitat von: Farean am 11. April 2011, 09:47:20
Der Witz an der Sache ist, daß es nicht etwa um eine Geschichte geht, die ich schon aufgegeben habe, sondern im Gegenteil um mein absolutes Lieblingsbaby. Ich glaube, ich bin im Moment im Gegenteil einfach zu ungeduldig, um es noch mal für zehn Jahre auf Halde zu legen und in der Zwischenzeit Sachen zu schreiben, "die sich leichter vermarkten lassen"... für die Aussicht, daß mein Prachtstück, mein Liebling, meine absolute Perle, die mir schon beim Schreiben eine Ahnung davon gegeben hat, wie sich Vaterglück anfühlen muß, dann vielleicht gnädigerweise eine Chance bekommt, wenn sie sich vorher noch mal etwas plastischer Chirurgie unterzieht. Oder auch nicht. Meine bisherige Erfahrung mit dem Buchmarkt besagt eher: oder auch nicht.
Ich habe es bis jetzt mit vier verschiedenen Kleinverlagen versucht. Jedesmal endete es aus einem anderen Grund in einem Fiasko. :( Ich habe tatsächlich schon darüber nachgegrübelt, ob ich unter einem Fluch stehe, der Verlegern Unglück bringt...

Das sehe ich als das eigentliche Problem. Wenn einem eine Geschichte so am Herzen liegt, verliert man schnell die nötige Distanz.
Meinen Roman habe ich auch geliebt. Dann habe ich ihn so oft umgeschrieben und überarbeitet, dass er mir inzwischen aus dem Hals raushängt und ich mich freue etwas Neues zu schreiben.
Den Roman halte ich immer noch für so gut, dass ich damit eine Agentur suchen werde, aber ich habe soviel Abstand, dass eine Absage mir nicht die Füße unterm Hintern wegzieht. Schmerzen würde es natürlich dennoch, das ist ganz normal und soll auch so sein.

Zitat von: Farean am 11. April 2011, 09:47:20
Eine weitere Alternative, die ich längst verdrängt hatte, ist mir heute morgen unter der Dusche wieder eingefallen: meinen Roman zuerst ins Englische übersetzen und es auf dem US-Markt versuchen. Since I've already been complimented for my English by native speakers from Washington D.C., this should not be the greatest of problems. As for the finishing touch, I'm friends with a professional interpreter (who is also one of my beta readers), so I hope she'll give me a hand here...

Kennt sich hier jemand mit dem US-Markt aus?

Ich kenne mich nicht sehr gut mit dem US-Markt aus, ich weiß nur, dass man für Drehbücher in der US Writers Guild sein muss, und da kommt man nur als Amerikaner rein. Was bedeutet, dass deutsche Drehbuchautoren auf dem amerikanischen Markt keine Chance haben. Und soweit ich weiß gilt etwas ähnliches auch für den Buchmarkt, der sich langsam deutschen Autoren öffnet.
Eschbach, Funke, das sind Namen, die inzwischen auch in Amerika Fuß gefasst haben, aber als Neuling wird man da keine Chance haben. Im dsfo gibt es jemanden, der in Kanada als Journalistin arbeitet und sich im US Buchmarkt auskennt. Wenn Du eine spezielle Frage hast, kann ich da mal nachhaken.
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: gbwolf am 11. April 2011, 10:52:29
Zitat von: Farean am 11. April 2011, 09:47:20Dann hält die ungünstige Zeit aber schon erstaunlich lange an... Ich versuche es seit 15 Jahren.
Ich weiß nicht, welche Art High Fantasy du schreibst, aber Sachen die in den 80ern und 90ern in waren, sind von der Erzählstruktur her heute tatsächlich völlig out (Zimmer Bradley, LeGuin, ...). Auf jeden Fall, was die Verlage angeht. Natürlich ist High Fantasy noch immer Mainstream und verkauft sich wie geschnitten Brot, aber die Fans sind ihren Autoren treu, die mit ihren Mehrteilern natürlich auf Jahre hinaus die Programmplätze pachten. Mit High Fantasy bin ich selbst von zwei Agenturen abgelehnt worden, denen die Trilogie zwar gefallen hat, die aber keine Chance sahen, sie zu vermitteln.
Es kann natürlich auch sein, dass die Kleinverlage, bei denen du veröffentlicht hast, die Werbung falsch oder ungeschickt platziert hatten oder die Leser zu dieser Zeit lieber Thema XY lesen wollten. Es gibt viele Gründe, weshalb Bücher auf dem Markt untergehen. Und gerade Kleinverlage haben es sehr schwer, High Fantasy zu drucken (teuer, weil umfangreich) und zu vermarkten (Frag mich nicht warum, eigentlich ist Lesern der Verlag schnuppe, wenn sie von einem Buch wissen und das Cover sie anspricht, aber wahrscheinlich liegt es an der mangelnden Präsenz in Buchhandlungen und Bibliotheken).

Gerade in deinem Untergenre scheint es mir immens wichtiger zu sein, die Romane durch persönliche Kontakte an den Mann zu bringen, also Agenten und Kleinverlage (z.B. Schüppler, Arcanum, Atlantis) langsam auf den Cons kennen zu lernen, im Gespräch auszuloten, was sie suchen und wo deren Grenzen an Umfang und Vermarktung liegen. Man ist dann nicht mehr ein High Fantasy-Angebot unter vielen, sondern kann besser darlegen, weshalb man sich abhebt als in einem Exposé.
Nächste Möglichkeit ist der Hohlbeinpreis, wenn der nächstes Jahr wieder ausgeschrieben wird.

Noch ein schönes Marketingbeispiel ist übrigens Miriam Pharo, die mit einem multimedialen eBook angefangen hat (Man fragt sich ja eh, weshalb keiner die Möglichkeiten eines PDF voll ausreizt, wo man doch so viel mehr machen kann als nur ein Printbuch 1:1 umzusetzen). Mittlerweile veröffentlicht sie bei Acabus.
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: zDatze am 11. April 2011, 11:18:07
Hallo Farean!
Das ist schon eine ganz schön lange Zeitspanne, die du dich mit allen möglichen Problemen abgekämpft hast. Wow. Da kann ich auch verstehen, dass sich der Frust tief gegraben hat.

Ich möchte noch einmal auf eine Frage aus deinem ersten Posting zurückkommen:
ZitatOder wäre es in meinem Fall tatsächlich sinnvoller, dem etablierten Literaturbetrieb den Rücken zu kehren, mir eine bescheidene Präsenz zur Online-Veröffentlichung aufzubauen, und gut ist?
Ich sehe nicht zwingend diese Entweder-Oder-Entscheidung zwischen Verlag oder Online-Veröffentlichung. Mit einem Blog-Roman z.B. könntest du Leser erreichen und nebenbei trotzdem noch an einem anderen Projekt arbeiten. (Okay, ich kenne deine Arbeitsweise nicht, aber theoretisch würde das funktionieren. :) ) Möglicherweise bin ich auch ziemlich blauäugig was das betrifft.
Und möglicherweise denke ich auch in ganz anderen Dimensionen als du. ::)
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: Lomax am 11. April 2011, 12:02:40
Zitat von: Farean am 11. April 2011, 09:47:20Der Witz an der Sache ist, daß es nicht etwa um eine Geschichte geht, die ich schon aufgegeben habe, sondern im Gegenteil um mein absolutes Lieblingsbaby. Ich glaube, ich bin im Moment im Gegenteil einfach zu ungeduldig, um es noch mal für zehn Jahre auf Halde zu legen ...
Nun ja, gerade für sein Lieblingskind sollte man sich schon überlegen, ob man es mit 14 jobben schicken will, damit "schnell was reinkommt", oder ob man in ein paar Jahre "solide Ausbildung" investiert, damit es am Ende einen vernünftigen Beruf findet. ;)
  Auch wenn es sein kann, dass dieses "Kind" nach jahrelangem Studium auch nur als Taxifahrer ankommt - das ist das Risiko, und es gibt keine Garantie auf ein Happy End. Aber man schlägt ja keine Chance aus, nur weil es auch sein könnte, dass es nicht klappt, wenn man es versucht. Und gerade bei deinen Prämissen, also möglichst viele Leser und nicht andere mit ähnlichen Büchern vorbeiziehen sehen, lohnt sich ein Verlag halt unbedingt. Es selbst zu versuchen, bleibt ja immer noch als Option, wenn man die lohnenden Verlage abgeklappert hat und nichts draus geworden ist.
  Ein Grund, den Umweg zu vermeiden, wäre es, wenn deine Priorität nicht auf deinem Buch und den Lesern liegt, sondern vor allem auf dem persönlichen Wohlfühlfaktor - wenn du also vor allem Spaß am Schreiben und Veröffentlichen haben willst. Da kann der Frust bei der Verlagssuche schon sehr reinschlagen und lässt sich auch mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht vermeiden, und dann ist es sicher ein legitimes Anliegen, sich das zu sparen. Aber das waren halt nicht die Prioritäten, die du oben genannt hast.

Was deine schlechten Erfahrungen betrifft - ich denke mal, das alles und noch einiges mehr hättest du dir auch schon vor Jahren von genug Leuten anhören können, die lange in dem Geschäft unterwegs sind, sprich: So was passiert immer wieder und vielen. Manche Autoren haben Glück, aber es gibt eine Menge, die ähnliche frustrierende Geschichten erzählen können, so dass man eigentlich, wenn man sich als angehender Autor informiert, schon vorher damit rechnen könnte. Nur glaubt irgendwie keiner solche Erfahrungen, solange er sie nicht selbst gemacht hat, bzw. glaubt jeder, er gehöre zu den Glücklichen, bis er selbst Gegenteiliges erlebt. ;D
  Das sollte einen nicht abschrecken. Es kann halt passieren, in der Regel muss man da durch und unglückliche Verläufe von vornherein einkalkulieren. Man lernt daraus, und vor allem lernt man daraus, sich selbst zu positionieren und zu behaupten. Lektoren, die gar nicht gehen, unzuverlässige Verlage, geplatzte Projekte - all das ist bis zu einem gewissen Maße eher als "nützliche Erfahrung" zu verbuchen, die man in die nächste Runde mitnehmen kann, um selbst dann anders an die Sache ranzugehen.
  Man könnte es von vorneherein besser wissen, aber richtig gelernt hat man es erst nach eigener Erfahrung. So jedenfalls meine Erfahrung. ;)
  Und manche Erfahrung und Einschätzung bewertet man mit einigen Jahren Abstand, wenn man selbst inzwischen mehr Überblick hat, auch anders als zu dem Zeitpunkt, wo sie einem geschehen.
Zitat von: Die Wölfin am 11. April 2011, 10:52:29
Ich weiß nicht, welche Art High Fantasy du schreibst, aber Sachen die in den 80ern und 90ern in waren, sind von der Erzählstruktur her heute tatsächlich völlig out (Zimmer Bradley, LeGuin, ...). Auf jeden Fall, was die Verlage angeht.
Und ist immer noch irgendwie mein Vorbild und besser als 90% von dem, was heute in dem Bereich rauskommt. :-\ Okay, vielleicht nicht Bradley, mit der bin ich ja nie warm geworden. ;D
  Lustigerweise war LeGuin auch die Autorin, die meiner derzeitigen Lektorin als erstes einfiel beim Thema, wie Fantasy sein sollte - und da bin paradoxerweise eher ich derjenige, der bei der Zusammenarbeit darauf beharrt, dass das so heute nicht mehr funktioniert.
  Hm, da frage ich mich gerade, ob das ein Zeichen dafür ist, dass man die hier diskutierten "Kompromisse" schon viel zu sehr verinnerlicht hat, wenn sie nicht mehr vom Verlag an einen herangetragen werden, sondern den Zensor bereits im eigenen Kopf sitzen hat. :-\ Aber andererseits finde ich LeGuin zwar gut, schreibe aber ohnehin nicht so ... Also ist das Thema auch sehr theoretisch.

Aber ich denke insgesamt trotzdem, dass man bei der Zusammenarbeit mit Verlagen und Lektoren nicht so sehr in Kategorien wie "Kompromissen", "reinreden" oder "Veränderung des eigenen Werkes" denken soll. Das wird der Praxis irgendwie nicht so gerecht, wie ich sie erlebt habe.
  Am meisten diskutiert und geärgert habe ich mich bei Änderungen, die rückblickend betrachtet eher Marginalien betrafen; und umgekehrt habe ich bei jeder Geschichte auch einen Kern, den ich nicht anrühren möchte. Aber lustigerweise hatte ich mit den größten Änderungswünschen, die je an mich herangetragen wurden, am wenigsten Probleme - das war bei einem Thriller, der immer noch nicht erschienen ist, bei dem ich aber mit einem Lektor im Vorfeld schon eine Menge am Konzept gefeilt hatte. Und obwohl es da nicht um Kleinigkeiten ging, fand ich die Vorschläge gut und habe sie als Verbesserung der Geschichte empfunden - oder zumindest als sehr erwägenswerte Anregungen.
  Ich denke also, man sollte vielleicht auch weniger von den Wünschen "der Verlage" oder "der Lektoren" reden, sondern bedeutsamer ist, ob der spezielle Lektor, mit dem man zusammenarbeitet, den Punkt trifft, die Geschichte so aufnimmt, wie sie gemeint ist, und vor diesem Hintergrund mit dem Autor zusammen das beste herausholen kann. Wenn Leute mitreden wollen, die gar nicht auf derselben Wellenlänge liegen, kommt nichts Gescheites raus; wenn man alles alleine machen will, entgehen einem einfach zu viele Anregungen, seine Geschichte besser zu machen.
  Aus diesem Dilemma muss man in jedem Fall herausfinden, und da macht es keinen Unterschied, ob man die geeigneten oder ungeeigneten Arbeitspartner von einem Verlag angeboten bekommt oder ob man sich alleine durchwurschtelt. Ich warne also davor, "Verlage" als Institutionen mit einheitlicher "Psyche" zu betrachten - am Ende hat man es da immer mit Menschen zu tun und erlebt da die übliche Bandbreite menschlicher Kommunikation und menschlicher Vorlieben bei der Textarbeit. Es gibt also nicht "die Verlage", die zu "den und den Kompromissen" nötigen; es gibt einfach nur konkrete Menschen, mit denen man beim Produktionsprozess eines Buches zusammenarbeitet und mit denen das mal besser, mal schlechter laufen kann.
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: Kaeptn am 11. April 2011, 12:40:36
Was das "auf engl. veröffentlichen" angeht:

Da ist der eBook-Markt dann natürlich eine Alternative, denn der ist im Angloamerikanischen Bereich ja schon riesig und bei entsprechendem Preis (ums Geld gehts dir ja nicht) hat man sicher auch als Unbekannter eine Chance. Zur Not noch ein englisches Pseudonym...
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: Farean am 11. April 2011, 13:03:12
Zitat von: Sven am 11. April 2011, 10:23:05
Das sehe ich als das eigentliche Problem. Wenn einem eine Geschichte so am Herzen liegt, verliert man schnell die nötige Distanz.
Ich weiß... diesen Rat habe ich oft genug selbst unerfahrenen Autoren gegeben. "Kühlen Kopf bewahren, nimm's dir nicht so zu Herzen, versetz dich doch auch mal in die Verleger rein."

Aber weißt du, was es für ein Gefühl ist, nach 15 Jahren Katastrophen, Pleiten, Pech und Pannen den Kram hinschmeißen zu wollen und zu sagen: "Ich habe es satt. Das Schreiben bringt mir nichts als Frust. Ich höre auf."

Und weißt du, was es dann für ein Gefühl ist, aus einer Laune heraus irgendwas draufloszuschreiben, ohne sich einen Kopf um Markverträglichkeit zu machen, und plötzlich fließt es, und man erinnert sich, warum man mit alledem jemals angefangen hat?

Die "nötige Distanz" - nötig wofür? Wenn es mir nur um eine Karriere ginge oder um die Freude an meinem handwerklichen Geschick, müßte es nicht gerade das Schreiben sein. Dann würde ich mich aufs Programmieren beschränken. Da ist mehr zu holen, und es geht (geschäftlich gesehen) deutlich leichter.

Mein letztes Projekt hat mich daran erinnert, wieviel Schreiben mit Emotionen zu tun hat. Wenn ich nur die Wahl habe zwischen "distanziertem, kommerziell erfolgreichem Schreiben" und "mich im Hobbykeller austoben und den Kram an Freunde weiterreichen", dann, sorry, ist es keine Wahl. Ich wäre zwar traurig, wenn außer dem Freundeskreis niemand auch nur einen Blick auf mein Geschriebenes werfen möchte, aber: Der Buchmarkt funktioniert auf eine bestimmte Weise; ich funktioniere auf eine bestimmte Weise; wenn - wenn - das nicht zusammenpaßt, ist das niemandes Schuld, sondern einfach ein Faktum, aus dem ich die Konsequenzen ziehen muß.

Natürlich wäre es mir lieber, wenn der etablierte Buchmarkt und ich sich am Ende doch als kompatibel herausstellen. In der Hoffnung auf neue Ansätze in dieser Richtung bin ich ja hier im Tintenzirkel.

Zitat von: Sven am 11. April 2011, 10:23:05
Im dsfo gibt es jemanden, der in Kanada als Journalistin arbeitet und sich im US Buchmarkt auskennt. Wenn Du eine spezielle Frage hast, kann ich da mal nachhaken.
Schon mal danke für das Angebot. :) Wenn in der Richtung mal was spruchreif wird, komme ich bestimmt drauf zurück.

Zitat von: Die Wölfin am 11. April 2011, 10:52:29
Ich weiß nicht, welche Art High Fantasy du schreibst, aber Sachen die in den 80ern und 90ern in waren, sind von der Erzählstruktur her heute tatsächlich völlig out (Zimmer Bradley, LeGuin, ...). Auf jeden Fall, was die Verlage angeht.
Geht eigentlich nicht (mehr) in die Richtung. Das Projekt, um das es geht, steht vom Feeling her eher der meines Wissens recht aktuellen Licia Troisi nahe. (Natürlich mit einer großen Dosis von meiner über alles verehrten McKillip.)

Zitat von: Die Wölfin am 11. April 2011, 10:52:29
Es kann natürlich auch sein, dass die Kleinverlage, bei denen du veröffentlicht hast, die Werbung falsch oder ungeschickt platziert hatten
Die Werbung war tatsächlich bei beiden Veröffentlichungen im wesentlichen das Kernproblem.

Zitat von: Die Wölfin am 11. April 2011, 10:52:29
Noch ein schönes Marketingbeispiel ist übrigens Miriam Pharo, die mit einem multimedialen eBook angefangen hat (Man fragt sich ja eh, weshalb keiner die Möglichkeiten eines PDF voll ausreizt, wo man doch so viel mehr machen kann als nur ein Printbuch 1:1 umzusetzen). Mittlerweile veröffentlicht sie bei Acabus.
Das klänge durchaus nach meiner Schiene. Gerade gestern habe ich unverhofft eine Antwort von einem Kleinverlag bekommen, der sich eine Zusammenarbeit bei einer Online-Veröffentlichung (z.B. als eBook) vorstellen könnte.

Zitat von: zDatze am 11. April 2011, 11:18:07
Das ist schon eine ganz schön lange Zeitspanne, die du dich mit allen möglichen Problemen abgekämpft hast. Wow. Da kann ich auch verstehen, dass sich der Frust tief gegraben hat.
Danke... :knuddel: Euer Verständnis hilft mir im Moment wirklich am meisten, einen klaren Kopf zu kriegen.

Zitat von: zDatze am 11. April 2011, 11:18:07
Ich sehe nicht zwingend diese Entweder-Oder-Entscheidung zwischen Verlag oder Online-Veröffentlichung. Mit einem Blog-Roman z.B. könntest du Leser erreichen und nebenbei trotzdem noch an einem anderen Projekt arbeiten.
Im Moment wäre das tatsächlich, was mir vorschwebt. Allerdings, wie im Eingangsposting schon gesagt, ist meine Priorität Nr. 2 die Absicherung gegen Plagiate. Auch hier müßte ich also zumindest genug Spotlight bekommen, um hinterher nicht einfach ignoriert werden zu können. Und dafür genügt es natürlich nicht, meinen Blog ins Web zu stellen und hinterher alle beide Leser als Zeugen anzuführen, daß ich zuerst da war. ::)

Zitat von: zDatze am 11. April 2011, 11:18:07
Und möglicherweise denke ich auch in ganz anderen Dimensionen als du. ::)
Ich weiß ja nicht, in welchen Dimensionen du denkst. ;) Meine sind derzeit eher bescheiden.

Zitat von: Lomax am 11. April 2011, 12:02:40
Nun ja, gerade für sein Lieblingskind sollte man sich schon überlegen, ob man es mit 14 jobben schicken will, damit "schnell was reinkommt", oder ob man in ein paar Jahre "solide Ausbildung" investiert, damit es am Ende einen vernünftigen Beruf findet. ;)
:D Schöner Vergleich.

Zitat von: Lomax am 11. April 2011, 12:02:40
Ein Grund, den Umweg zu vermeiden, wäre es, wenn deine Priorität nicht auf deinem Buch und den Lesern liegt, sondern vor allem auf dem persönlichen Wohlfühlfaktor - wenn du also vor allem Spaß am Schreiben und Veröffentlichen haben willst. Da kann der Frust bei der Verlagssuche schon sehr reinschlagen und lässt sich auch mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht vermeiden, und dann ist es sicher ein legitimes Anliegen, sich das zu sparen. Aber das waren halt nicht die Prioritäten, die du oben genannt hast.
Ich sag's mal so: ja, der persönliche Wohlfühlfaktor spielt eine Rolle. Aber wenn ich bisher einen einzigen (in Worten: einen einzigen) Erfolg meiner früheren Bemühungen vorzuweisen hätte, wäre ich im Moment wohl eher geneigt, es weiter auf dem "traditionellen" Weg zu versuchen.

Zitat von: Lomax am 11. April 2011, 12:02:40
Es gibt also nicht "die Verlage", die zu "den und den Kompromissen" nötigen; es gibt einfach nur konkrete Menschen, mit denen man beim Produktionsprozess eines Buches zusammenarbeitet und mit denen das mal besser, mal schlechter laufen kann.
??? Klinge ich ernsthaft so, als wäre mir das neu?

Ich hatte geglaubt, hinreichend klargestellt zu haben, daß ich "die Verlage" nicht als einheitliches, seelenloses Etwas betrachte. Daß mein Posting hier kein Rant gegen das berüchtigte EstablishmentTM darstellt, sondern eine Bestandsaufnahme, ob nach meinen bisherigen Erfahrungen der Versuch, in jenes vielfältige, aus etlichen unterschiedlichen Individuen bestehende, letztlich aber gewissen Mechanismen unterworfene Abstraktum namens "Buchmarkt" noch zielführend ist oder andere Alternativen sich im Hinblick auf meine persönlichen Ziele eher lohnen.

Zitat von: Kaeptn am 11. April 2011, 12:40:36
Was das "auf engl. veröffentlichen" angeht:

Da ist der eBook-Markt dann natürlich eine Alternative, denn der ist im Angloamerikanischen Bereich ja schon riesig und bei entsprechendem Preis (ums Geld gehts dir ja nicht) hat man sicher auch als Unbekannter eine Chance.
:hmmm: Klingt, als wäre der Ansatz mit der Online-Veröffentlichung bislang der Ausbaufähigste...
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: Sven am 11. April 2011, 14:13:01
ZitatAber weißt du, was es für ein Gefühl ist, nach 15 Jahren Katastrophen, Pleiten, Pech und Pannen den Kram hinschmeißen zu wollen und zu sagen: "Ich habe es satt. Das Schreiben bringt mir nichts als Frust. Ich höre auf

Das Gefühl kann ich sehr gut nachvollziehen. Aber Du hast 15 Jahre lang nicht aufgehört, obwohl Du es jederzeit hättest tun können. Das muss doch einen Grund haben  :engel:
Im Grunde bleibt einem nichts anderes übrig, als sich darüber klar zu machen, was einen das Schreiben bedeutet.
Mein Leben wäre bedeutend stressfreier, wenn ich NICHT schreiben würde. Die Frage ist, wäre es auch BESSER?

ZitatDie "nötige Distanz" - nötig wofür? Wenn es mir nur um eine Karriere ginge oder um die Freude an meinem handwerklichen Geschick, müßte es nicht gerade das Schreiben sein. Dann würde ich mich aufs Programmieren beschränken. Da ist mehr zu holen, und es geht (geschäftlich gesehen) deutlich leichter.

Was würde Dir das Programmieren bedeuten? Ich habe damals den C64 mit Basic programmiert. Aber habe ich mich darin vertieft und komplizierte Routinen geschrieben (dafür wäre damals Assembler besser gewesen^^)? Nein, eigentlich habe ich Geschichten programmiert, indem ich sich bewegende Grafiken programmiert habe.
Später habe ich viel im Bereich Special Effects gemacht. Das hat Spaß gemacht aber eigentlich bin ich damit angefangen, weil ich die Geschichte des Films so gut wie möglich rüberbringen wollte. Ich habe viele Dinge gemacht, die mir Spaß gemacht haben und mit denen ich gutes Geld hätte verdienen können, aber ich habe eingesehen, dass es am Ende immer auf das Erzählen von Geschichten hinausgelaufen ist.

Schreiben ist vor allem eins für mich: Arbeit. Dennoch befriedigt es mich mehr, als ein Zimmer renoviert zu haben, oder als den Garten hübsch bepflanzt zu haben. Vom Zimmer und vom Garten hätte ich wesentlich mehr, als vom Schreiben. Oberflächlich gesehen. In Wirklichkeit dreht sich mein Leben aber um das Erfinden von Geschichten. Wie geil ist das Gefühl, wenn einem plötzlich einfällt, wie man das Logikloch am Besten stopft?

ZitatMein letztes Projekt hat mich daran erinnert, wieviel Schreiben mit Emotionen zu tun hat. Wenn ich nur die Wahl habe zwischen "distanziertem, kommerziell erfolgreichem Schreiben" und "mich im Hobbykeller austoben und den Kram an Freunde weiterreichen", dann, sorry, ist es keine Wahl.

Ich glaube nicht, dass die Wahl so extrem ausfallen muss. In erster Linie sollte man seine Geschichte mögen. Die Zeiten ändern sich. Was heute nicht verkauft werden kann, könnte Morgen schon heiß begehrt sein. Aber Du hast eine fertige Geschichte, mit der Du zufrieden bist. Du bist an ihr gewachsen, hast dazugelernt und hattest im Idealfall viel Spaß mit ihr und den Charakteren.


Was Dir im Nacken sitzt (und da reihe ich mich durchaus ein) ist der Gedanke, 15 Jahre verschwendet zu haben. Andere waren viel jünger, als sie ihr erstes Buch bei einem großen Verlag veröffentlicht haben.
Einige waren aber auch viel älter!!! Und soooooooo alt sind wir zwei noch nicht!  ;)

Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: FeeamPC am 11. April 2011, 14:44:11
Nichts ist verschwendet, schon gar keine Zeit, die man nutzt, um seine eigenen Fähigkeiten zu verbessern, und dazu gehört nun einmal auch das Schreiben. Ich habe meine erste kleine Geschichte mit 54 veröffentlicht, (Selbstverlag zähle ich jetzt mal nicht mit, sonst wären es fünf Jahre früher),  natürlich wäre mir eher lieber gewesen, aber es hat mich nicht davon abgehalten gute 40 Jahre zu schreiben, ohne eine Chance auf Veröffentlichung zu haben.
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: Lomax am 11. April 2011, 15:50:48
Zitat von: Farean am 11. April 2011, 13:03:12
??? Klinge ich ernsthaft so, als wäre mir das neu?

Ich hatte geglaubt, hinreichend klargestellt zu haben, daß ich "die Verlage" nicht als einheitliches, seelenloses Etwas betrachte. Daß mein Posting hier kein Rant gegen das berüchtigte EstablishmentTM darstellt, sondern eine Bestandsaufnahme, ob nach meinen bisherigen Erfahrungen der Versuch, in jenes vielfältige, aus etlichen unterschiedlichen Individuen bestehende, letztlich aber gewissen Mechanismen unterworfene Abstraktum namens "Buchmarkt" noch zielführend ist oder andere Alternativen sich im Hinblick auf meine persönlichen Ziele eher lohnen.
Nun ja, jedenfalls klingt es halt schon so, als wäre deine Gesamteinschätzung des "üblichen" Betriebs vor allem auf deine persönlichen, nicht so guten Erfahrungen aufgebaut. Und das ist halt schon eine Verallgemeinerung, die nicht das volle Spektrum trifft. Auch wenn ich die geschilderten Erfahrungen nicht für völlig untypisch halten würde, kann es halt auch immer ganz anders laufen. Und man darf den menschlichen Faktor nie unterschätzen. Du versuchst, aus deinen persönlichen Erfahrungen eine allgemeine Einschätzung der Marktausrichtung und der entsprechenden Gesetzmäßigkeiten in Verlagen abzuleiten - aber man sollte auch nie unterschätzen, wie biegsam diese Gesetzmäßigkeiten sind, wenn man beispielsweise nur mal einen Lektor bedingungslos mit einem Werk begeistert hat und der das Buch schlichtweg bringen will. ;)
  Ich habe im Verlag schon so viele "Regeln" einfach durch individuelle Entscheidungen gebrochen gesehen, zum guten wie zum schlechten; ich habe erlebt, wie ein und dieselbe Sache ganz unterschiedlich gehandhabt wurde, je nachdem, was für Leute bei einem Projekt zufällig aufeinandertrafen, dass ich halt denke, dass du diesen individuellen Faktor bei deinem Versuch, "Mechanismen" zu erkennen, einfach zu sehr unterschätzt.
  Eine viel entscheidendere Frage sollte sein: Glaubst du, dass du mit deinen Geschichten einen Leser begeistern kannst? Auch einen Leser, der so viel auf seinen Schreibtisch bekommt wie ein Verlagslektor? Und zwar wirklich "begeistern", nicht nur eine  Reaktion entlocken wie: "Ganz nett, kann man nehmen, oder eins der zwanzig anderen Angebote, mal sehen"? Ich persönlich erinnere mich da beispielsweise an mein Wow-Gefühl, als ich Mievilles "Perdido Street", als es selbst in England noch nicht erschienen war, zur Begutachtung vorliegen hatte und wusste, das ist das beste Buch, das ich seit zehn Jahren gelesen habe. Und ich kann dir versichern, wenn du so ein Gefühl bei einem Lektor erweckst, dann wird er dein Buch als heißes Eisen durchboxen, das man bringen muss - und wird den Rest der Regeln darum herumbiegen, bis es passt. Denn Lektoren sind immer auch auf der Suche nach dem Buch. Dem Buch, bei dem sie eine solche Gravitation wahrzunehmen glauben, dass es möglicherweise den Markt verbiegen könnte. Wenn sie das nicht finden, dann begnügen sie sich mit den Büchern, die irgendwie auf den vorhandenen Markt passen. Leider findet man solche Bücher nur sehr selten, und wenn es sie gibt, muss man sie auch erst mal rechtzeitig erkennen ...
  Wenn du daran glaubst, möglicherweise so was geschrieben zu haben, musst du auch an eine Chance auf dem Buchmarkt glauben. Wenn du daran nicht mehr glaubst ... hast du im Prinzip schon etwas verloren, was auch deinen Elan, den Text selbst herauszubringen, beeinflussen sollte.
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: Sven am 11. April 2011, 16:01:52
Zitat von: Lomax am 11. April 2011, 15:50:48
  Ich habe im Verlag schon so viele "Regeln" einfach durch individuelle Entscheidungen gebrochen gesehen, zum guten wie zum schlechten; ich habe erlebt, wie ein und dieselbe Sache ganz unterschiedlich gehandhabt wurde, je nachdem, was für Leute bei einem Projekt zufällig aufeinandertrafen, dass ich halt denke, dass du diesen individuellen Faktor bei deinem Versuch, "Mechanismen" zu erkennen, einfach zu sehr unterschätzt.

Das kann ich definitiv so unterschreiben. Ich habe damals ein Drehbuch an verschiedene Produktionen geschickt. Der Grund für die Ablehnung hätte gegensätzlicher nicht sein können. Für den einen habe ich den Hintergrund der Hauptperson nicht genug beleuchtet, der andere sagte das Gegenteil. Ja was denn nun? Wer weiß, über was sich die jeweils zuständige Person Gedanken gemacht hat. Am nächsten Tag hätte sie vielleicht ganz anders entschieden.
Zufälligkeiten spielen eine große Rolle.
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: Farean am 11. April 2011, 16:35:50
Zitat von: Lomax am 11. April 2011, 15:50:48
Du versuchst, aus deinen persönlichen Erfahrungen eine allgemeine Einschätzung der Marktausrichtung und der entsprechenden Gesetzmäßigkeiten in Verlagen abzuleiten
Das kann gut sein. Ich bin auch nur ein Mensch, und natürlich bilde ich mir ein Urteil zunächst anhand meiner eigenen Erfahrungen.

Aber um eben dieses Urteil auf den Prüfstand zu stellen, habe ich ja meine Frage hier gepostet. Siehe Betreff: "Passen der Buchmarkt und ich zusammen?" Allein anhand meiner eigenen Erfahrungen hätte ich diese Frage mit Nein beantwortet. Aber ich bin hier in den Tintenzirkel gekommen, um mir Rat bei Leuten zu holen, die andere Erfahrungen gesammelt haben als ich (und insbesondere mehr Erfolg hatten, was schon mal ein Indiz dafür ist, daß ihre Kompetenz bezüglich des Buchmarkts höher ist als meine).

Zitat von: Lomax am 11. April 2011, 15:50:48
Eine viel entscheidendere Frage sollte sein: Glaubst du, dass du mit deinen Geschichten einen Leser begeistern kannst? Auch einen Leser, der so viel auf seinen Schreibtisch bekommt wie ein Verlagslektor? Und zwar wirklich "begeistern", nicht nur eine  Reaktion entlocken wie: "Ganz nett, kann man nehmen, oder eins der zwanzig anderen Angebote, mal sehen"?
Ja.

Ja, ich glaube, daß ich im Moment genau ein solches Werk an den Händen habe. Ja, ich glaube fest daran, daß meine jüngste Trilogie zehntausende Leser auf dieselbe emotionale Achterbahnfahrt mitnehmen würde, die ich beim Schreiben erlebt habe. Auch einen Lektor, wenn er einmal damit anfinge, die Geschichte zu lesen.

Aber das ist genau die Hürde, an der ich nach wie vor konsequent scheitere. Bevor ein Lektor sich die Arbeit macht, einen Blick auf den Inhalt zu werfen, muß die Verpackung stimmen. Angesichts der Berge, die seinen Schreibtisch überfluten, drehe ich ihm daraus bestimmt keinen Strick. Aber meine Exposés sind bestenfalls mittelmäßig und können nicht im Ansatz die Stimmung des eigentlichen Buches vermitteln. Und bis heute erfahre ich immer wieder mal beiläufig, gegen wieviele Don'ts ich in meinem letzten Anschreiben schon wieder verstoßen habe. Erst vor kurzem habe ich zum Beispiel gelernt, daß man in 99% aller Fälle für die Leseprobe den Anfang des Buches nehmen soll und nicht eine besonders gelungene Textstelle irgendwo aus der Mitte.

Zitat von: Lomax am 11. April 2011, 15:50:48
Wenn du daran glaubst, möglicherweise so was geschrieben zu haben, musst du auch an eine Chance auf dem Buchmarkt glauben. Wenn du daran nicht mehr glaubst ... hast du im Prinzip schon etwas verloren, was auch deinen Elan, den Text selbst herauszubringen, beeinflussen sollte.
Wie gesagt: ich habe meine Frage ja gerade gepostet, um zu erfahren, ob es sich für mich noch lohnt, "an den Buchmarkt zu glauben"; nicht in einem wertenden Sinne, sondern in dem Sinn, daß dort ein Platz für mich sein könnte, daß er sich für mich, so wie ich bin, als Vermittler zu meinen Lesern eignet. Wenn mir ein Lektor begegnet, der mir eine echte Chance bietet, werde ich der letzte sein, der sie ausschlägt.
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: Runaway am 11. April 2011, 17:05:30
Ach, Exposes, die fiesen kleinen Dinger... jetzt folgt gleich wieder mein unausweichlicher Hinweis auf die Skriptschmiede ;) Da kann man sich diesbezüglich viel Unterstützung holen. Denn Expos sind unbestritten doof. Ich kenne hier niemanden, der ihnen was abgewinnen kann. Aber wir können das Beste draus machen!
Ich hatte für meinen Thriller das Problem, im Expose rüberzubringen, was für ein knallharter Pageturner das Ding ist. Das ist er definitiv. Wenn er erst mal Fahrt aufnimmt, legt man ihn nicht mehr weg. Das Expo transportiert das meines Erachtens überhaupt nicht, ich wüßte auch nicht wie - aber meiner Agentin war's egal, sie hat auch so verstanden, wie mein Text funktioniert und sie wollte ihn haben.
Man hat, glaube ich, schon viel gewonnen, wenn man es auf diesen Nenner runterbrechen kann und das Expo so gut wie möglich hinkriegt.

Und diese Don'ts... stimmt, man soll den Anfang des Buches nehmen, wenn man eine Einsendung vorbereitet. Fast überall - ich hatte auf meiner Suche auch eine Agentur dabei, die tatsächlich ein "aussagekräftiges" Stück Text wollte. Geholfen hat's auch nicht ;)
Egal. Wäre es denn möglich, daß du ganz oft vielleicht auch wegen solcher Kleinigkeiten auf die Nase gefallen bist? Wenn ja, umso besser, denn das kann man alles ganz fix ändern und beheben ;) Frag einfach. Dafür sind wir ja hier!
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: Lomax am 11. April 2011, 17:15:47
Zitat von: Farean am 11. April 2011, 16:35:50Das kann gut sein. Ich bin auch nur ein Mensch, und natürlich bilde ich mir ein Urteil zunächst anhand meiner eigenen Erfahrungen.
Und ich möchte auch nicht, dass du meine Antwort als Angriff auffasst. Ich möchte keinesfalls deine Erfahrungen in Abrede stellen (gegen Empirie kann man nicht argumentieren ;)), ich behaupte nicht einmal, dass sie untypisch oder besonderes Pech sind - ganz im Gegenteil. Kann passieren, und es gibt genug Fälle, die belegen, dass man deine Erfahrungen bis zu einem gewissen Grad verallgemeinern kann. Ich bin nicht einmal (mehr) "Berufsoptimist". Ich halte es für sehr gut möglich, dass du noch 40 Jahre so weiter machst und auch weiterhin nur dieselben schlechten Erfahrungen sammelst, die du bisher hattest. Ich kenne genug Verlagsgeschichten ohne Happy End.
  Alternativen zu suchen und auszuprobieren, beispielsweise auch im Eigenverlag oder gerade im möglicherweise "Emerging Market" Ebook, würde ich also durchaus in Erwägung ziehen.

Nur war deine Frage ja auch, ob du es von vornherein bleiben lassen solltest, bei den Verlagen anzuklopfen, weil das eh nichts bringt. Und da ist meine Antwort halt eindeutig nein. Weil Verlage nämlich genau das beste sind, um das zu erreichen, was du willst. Wenn es klappt, bietet dir nach derzeitigem Stand kein anderer Vertriebsweg dieselben Chancen für die Zeit danach.
  Alle negativen Dinge, die du nennst, können geschehen ... müssen aber nicht. Darauf kannst du im Einzelfall reagieren und musst deswegen nicht von vornherein den Versuch abbrechen. Alles, weswegen du vielleicht nicht so gut zur Verlagswelt passt, hat einen statistischen Einfluss auf deine Chancen dort - was aber auch bedeutet, dass es trotzdem klappen kann. Das gilt beispielsweise auch für "Do's und Dont's" der Verlagsbewerbung - alles gute und richtige Tipps, um seine Chancen zu verbessern und die Chance zu minimieren, dass das eigene Manuskript schon im Vorfeld aussortiert wird. Aber umgekehrt habe ich auch eine Menge Bewerbungen gesehen, die trotz Verstoß gegen jede Menge Regeln weiterkamen - und solche, die nach einem flüchtigen Blick aussortiert wurden, obwohl "im Prinzip" alles richtig war, nur wegen Gründen, die kein Einsender hätte voraussehen oder beachten können.
  "Falsche Leseprobe, mieses Exposee, keine Manuskriptseiten = automatisch aussortiert", so berechenbar funktioniert das in der Praxis nicht. Wenn du also bessere Verlagbewerbungen schreiben kannst, kannst du deine Chancen erhöhen - wenn nicht, wird es dadurch nicht von vornherein aussichtslos. Wenn dein Manuskript also prinzipiell zur Veröffentlichung taugt und sich ein Publikum finden ließe, bleibt also immer die Möglichkeit, dass du dafür einen passenden Verlag findest, und damit lohnt es sich für dein Buch also auch, dass du diesen Weg zumindest vorher mal auslotest ... entsprechendes Nervenkostüm und Frusttoleranz vorausgesetzt. ;)
  Aber die Vorteile fürs Buch und fürs Publikum machen es halt auch bei insgesamt geringer Erfolgswahrscheinlichkeit noch zu einer "passenden" Option.
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: Kerimaya am 11. April 2011, 19:07:16
Zitat von: Farean am 10. April 2011, 19:16:59
In einem anderen Schreibforum mußte ich mitansehen, wie eine Autorin ihr Werk bis zur Unkenntlichkeit verunstaltet hat, um den Vorgaben eben dieses Lektors gerecht zu werden. Und alles, was recht ist: nachdem ich nun schon seit 24 Jahren schreibe und auch schon einer Autorin, die später selbst recht erfolgreich veröffentlicht wurde, einen Teil ihres Handwerks beigebracht habe, bin ich in Bezug auf meine eigene schreiberische Kompetenz doch zugegebenermaßen etwas eigen.

Ich muss zugeben, das klingt für mich zu drastisch. Du hast schlechte Erfahrungen gemacht und diese auch bei anderen Leuten gesehen. Das heisst allerdings nicht, dass es auch anders sein kann. Ich habe bisher nur eine wirklich schlechte Lektorin getroffen, ansonsten war die Arbeit mit dem Lektorat, egal ob im Klein- oder Publikumsverlag, für mich immer eine Bereicherung, von der meine Geschichte und ich profitiert haben.

Es ist auch sehr einfach, sich nicht bewerben zu wollen, weil die Gefahr einer Absage droht. Für mich klingt es bisher so, dass du durchaus am Buchmakrt interessiert bist, aber keine Kompromisse eingehen willt. Wenn du wirklich der Meinung bist, der Buchmakrt sei nichts für dich - dann sei konsequent und kehr ihm den Rücken. Wenn du dennoch der Meinung bist, dass deine Trilogie möglichst vielen Leuten zugänglich gemacht werden soll (und das in Buchform), dann mach es dir nicht einfach und sag "Ich kann kein Exposé schreiben, dass einen Lektor von meinem Buch überzeugt ist". Arbeite an dir. Es gibt Kurse und Bücher zum Thema Exposé. Es gibt Threads im Forum. Es gibt die Skriptschmiede. Exposés sind die Hölle, aber man kann sie erlernen.
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: Maja am 11. April 2011, 19:27:07
Ich hatte letztes Jahr über meine Agentur Kontakt zu einem Lektor, der nach meinem Geschmack zu viele Änderungen haben wollte, die ich nicht mittragen mochte. Ich hatte von Anfang an kein gutes Gefühl bei der Sache, und letztenendes ist auch nichts draus geworden - ich bin mit meinen Agenten seine Kritikpunkte durchgegangen und habe überlegt, wo ich zu einem Kompromiss bereit gewesen wäre und wo nicht, und diese Liste ist dann an den Agenten gegangen. Das war ihm wohl zu autark, und so sind wir dann auch nicht handelseinig geworden.

Aber niemand hat mich zu etwas gezwungen, was ich nicht hätte mittragen wollen, und sowohl meine Agenten als auch die anderen Autoren hier im Forum haben mir bestätigt, daß ich als Autor da nicht zuviel verlange. Natürlich muß man an der einen oder anderen Stelle auch mal einen Kompromiss eingehen, aber es geht nicht darum, daß für den Buchmarkt partout alles verstümmelt werden muß.

Ich habe lange gedacht, ich hätte ein gespaltenes Verhältnis zum Buchmarkt, aber wenn da wirklich nur kommerzieller Müll produziert würde, wie hätte ich meine ganze Jugend mit drei Büchern pro Tag überstehen können? Ich wäre doch nie so eine Leseratte geworden, wenn die einzigen Bücher, die mir lesenswert erscheinen, meine eigenen gewesen wären. Das hat mich jetzt trotz vielen Absagen wieder mit dem Buchmarkt versöhnt.
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: Lavendel am 11. April 2011, 19:56:21
Zitat von: Farean am 11. April 2011, 16:35:50

Aber das ist genau die Hürde, an der ich nach wie vor konsequent scheitere. Bevor ein Lektor sich die Arbeit macht, einen Blick auf den Inhalt zu werfen, muß die Verpackung stimmen. Angesichts der Berge, die seinen Schreibtisch überfluten, drehe ich ihm daraus bestimmt keinen Strick. Aber meine Exposés sind bestenfalls mittelmäßig und können nicht im Ansatz die Stimmung des eigentlichen Buches vermitteln. Und bis heute erfahre ich immer wieder mal beiläufig, gegen wieviele Don'ts ich in meinem letzten Anschreiben schon wieder verstoßen habe. Erst vor kurzem habe ich zum Beispiel gelernt, daß man in 99% aller Fälle für die Leseprobe den Anfang des Buches nehmen soll und nicht eine besonders gelungene Textstelle irgendwo aus der Mitte.
Du könntest zum Beispiel damit anfangen, dich in der Skriptschmiede anzumelden. Exposés schreiben kann man lernen. Man kann sich auch Testleser suchen, die einem eine ehrliche Meinung geben und man kann sich ausgucken, zu welchen Verlagen das Buch wirklich passt. Dann hast du noch die Möglichkeit, es mit einer Agentur zu versuchen, die sich bestens mit den Verlagen auskennt, Kontakte zu Lektoren pflegt und genau weiß wann und wo man was anbringen kann.

Ich würde die Anfangsfrage sowieso erstmal anders stellen. Nicht: Passen der Buchmarkt und ich zusammen? Sondern: In welches Segment des Buchmarkts passt mein Roman? Wenn du das beantwortet hast, wird die Sache sicher gleich viel klarer und du kannst viel differenzierter entscheiden, an welchen Stellen du deinen Text anbietest.
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: TheaEvanda am 11. April 2011, 21:56:22
Farean, ich lese deine Geschichte mit dem "Rollenspiel"-Verlag und schaue in meine Kristallkugel und wahrsage, dass du es damals auch mit einem Midgard-Roman versucht hast? In diese "wir stellen die Serie jetzt ein" - Falle sind mehrere getappt, die seither mit dem einschlägigen Verlag nichts mehr zu tun haben wollen.

Einige davon kenne ich, und die schreiben jetzt sehr erfolgreich für andere Sachen - Rollenspielromane für DSA und andere Systeme, Heftchenromane und Eigenes. Das Beispiel dieses Verlages würde ich ad Acta schmeißen und mir andere, grünere Wiesen suchen. Nicht jeder Verlag macht so ein Mist ;)

Nur so zur Ehrenrettung ...

--Thea
Herzogenaurach, Germany
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: Farean am 12. April 2011, 09:50:51
Erst mal vielen Dank für die vielen Hinweise auf die Skriptschmiede, aber... ich habe schon längst ein Exposé dort eingestellt und warte seitdem auf Resonanz. (Was ich bislang an Resonanz bekommen habe, bestärkt mich allerdings in meinem Eindruck, daß ich im Exposéschreiben absolut saumäßig bin und das, was ich dort eingestellt habe, mit meinem Buch nicht viel zu tun hat.)

Zitat von: Dani am 11. April 2011, 17:05:30
Egal. Wäre es denn möglich, daß du ganz oft vielleicht auch wegen solcher Kleinigkeiten auf die Nase gefallen bist? Wenn ja, umso besser, denn das kann man alles ganz fix ändern und beheben ;) Frag einfach. Dafür sind wir ja hier!
Trifft sich gut, ich auch. ;)

Zitat von: Lomax am 11. April 2011, 17:15:47
Wenn dein Manuskript also prinzipiell zur Veröffentlichung taugt und sich ein Publikum finden ließe, bleibt also immer die Möglichkeit, dass du dafür einen passenden Verlag findest, und damit lohnt es sich für dein Buch also auch, dass du diesen Weg zumindest vorher mal auslotest ... entsprechendes Nervenkostüm und Frusttoleranz vorausgesetzt. ;)
Die Frusttoleranz wird vielleicht nach meinem nächsten Urlaub wieder besser. ;) Und im übrigen seid ihr mir in diesem Thread bereits eine große Hilfe. Es ist eine Sache, als einsamer Streiter durch das Schlachtgetümmel zu tappen, ohne eine Ahnung zu haben, wie der Kampf steht und wogegen ich eigentlich kämpfe, und eine ganz andere, mich mit anderen Streitern auszutauschen und einen Überblick zu gewinnen. Wie gesagt: darum bin ich ja hier, und darum habe ich hier meine Grundsatzfrage gepostet, anstatt mit dem Schlachtruf "Der Buchmarkt kann mich mal!" ebenso blind wie vorher ins nächste Sumpfloch zu rennen. ;)

Zitat von: Kerimaya am 11. April 2011, 19:07:16
Für mich klingt es bisher so, dass du durchaus am Buchmakrt interessiert bist, aber keine Kompromisse eingehen willt.
Um genau diese Entscheidung zu fällen, wollte ich zuallererst wissen: was ist das überhaupt, der Buchmarkt? Bis jetzt kenne ich von diesem Drachen nur das linke Hinterbein, das immer wieder gegen mich auskeilt. Um von euch zu erfahren, wie der Rest aussieht und ob man vielleicht mit dem zweiten Kopf von rechts vernünftig reden kann, habe ich doch hier meine Frage gepostet.

Zitat von: Kerimaya am 11. April 2011, 19:07:16
Wenn du wirklich der Meinung bist, der Buchmakrt sei nichts für dich - dann sei konsequent und kehr ihm den Rücken.
Falls ich zu diesem Schluß komme, werde ich es tun.

Zitat von: Kerimaya am 11. April 2011, 19:07:16
Arbeite an dir. Es gibt Kurse und Bücher zum Thema Exposé. Es gibt Threads im Forum. Es gibt die Skriptschmiede. Exposés sind die Hölle, aber man kann sie erlernen.
Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: dafür bin ich doch hier. Wenn ich den Buchmarkt nur sinnlos anschmollen wollte, hätte ich diesen Thread dann überhaupt gestartet? Oder kam das hier als reiner Jammer-und-Schimpf-Thread rüber?

Was ich ganz einfach wissen wollte, bevor ich weiter an mir arbeite: lohnt sich diese Richtung? Oder kann ich in einer anderen Richtung schneller und mit größeren Erfolgsaussichten erreichen, was ich im Kern will, nämlich Leser erreichen? Sprich: ist der Buchmarkt das beste und auch ein erfolgversprechendes Ziel, oder beackere ich, wenn ich in dieser Richtung weitermache, ein Steinfeld?

Zitat von: Maja am 11. April 2011, 19:27:07
aber es geht nicht darum, daß für den Buchmarkt partout alles verstümmelt werden muß.

Ich habe lange gedacht, ich hätte ein gespaltenes Verhältnis zum Buchmarkt, aber wenn da wirklich nur kommerzieller Müll produziert würde, wie hätte ich meine ganze Jugend mit drei Büchern pro Tag überstehen können? Ich wäre doch nie so eine Leseratte geworden, wenn die einzigen Bücher, die mir lesenswert erscheinen, meine eigenen gewesen wären. Das hat mich jetzt trotz vielen Absagen wieder mit dem Buchmarkt versöhnt.
Ich habe ein déja vu - mir geht es exakt genauso. Nur, daß meine Zweifel am Buchmarkt und mein Eindruck, zur Zeit käme dort nur noch gleichgeschalteter Einheitsbrei heraus, allmählich überhand genommen haben. Ich habe mich schon gefragt, ob es ein Generationenproblem ist: ob seit den 80ern und 90ern, als noch Vielfalt und Experimente die Fantasy-Szene beherrschten, auf Serienfertigung von immer demselben Plot mit anderen Charakternamen umgestellt wurde. Manchmal beschleicht mich dieser Eindruck. Die neuen Bücher, die mich in den letzten zehn Jahren noch wirklich berühren konnten, kann ich an einer Hand abzählen.

Und ich möchte noch einmal betonen: ich war mir bewußt, daß es sich dabei um meinen subjektiven Eindruck handelte. Und ehe ich das zum allgemeingültigen Werturteil erhob, wollte ich hier im Tintenzirkel nun mal fragen.

Zitat von: Lavendel am 11. April 2011, 19:56:21
Ich würde die Anfangsfrage sowieso erstmal anders stellen. Nicht: Passen der Buchmarkt und ich zusammen? Sondern: In welches Segment des Buchmarkts passt mein Roman?
Diese Frage habe ich mir am Anfang gestellt, bevor ich hoffnungsvoll meine ersten Exposés eingesandt habe.

Nach fünfzehn Jahren ohne ein einziges, EIN EINZIGES ermutigendes Erlebnis war ich bei der Frage angelangt: Passen der Buchmarkt und ich überhaupt zusammen? Oder strample ich mich hier ab wie ein Hamster im Laufrad, der sich einredet, auf diese Weise gelangt er nach Paris?

Und ich habe die Frage ergebnisoffen gestellt, nicht Bestätigung heischend. Eure Antworten hier motivieren mich bislang ganz gut, mich noch mal in meine Exposés reinzuknien.

Zitat von: TheaEvanda am 11. April 2011, 21:56:22
Farean, ich lese deine Geschichte mit dem "Rollenspiel"-Verlag und schaue in meine Kristallkugel und wahrsage, dass du es damals auch mit einem Midgard-Roman versucht hast?
Deine Kristallkugel spricht wahr, große Seherin. 8)

Zitat von: TheaEvanda am 11. April 2011, 21:56:22
Das Beispiel dieses Verlages würde ich ad Acta schmeißen und mir andere, grünere Wiesen suchen. Nicht jeder Verlag macht so ein Mist ;)
:D Mal gucken, an welchen Wiesen ich noch vorbeikomme. Vorläufig habe ich noch [hüstel] wenig Motivation, mich wieder auf Auftragsschreibe für Romanserien einzulassen. Vielleicht kommt es ja irgendwann wieder. ;)
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: Grey am 12. April 2011, 10:02:43
Zitat von: Farean am 12. April 2011, 09:50:51
Nur, daß meine Zweifel am Buchmarkt und mein Eindruck, zur Zeit käme dort nur noch gleichgeschalteter Einheitsbrei heraus, allmählich überhand genommen haben. Ich habe mich schon gefragt, ob es ein Generationenproblem ist: ob seit den 80ern und 90ern, als noch Vielfalt und Experimente die Fantasy-Szene beherrschten, auf Serienfertigung von immer demselben Plot mit anderen Charakternamen umgestellt wurde. Manchmal beschleicht mich dieser Eindruck. Die neuen Bücher, die mich in den letzten zehn Jahren noch wirklich berühren konnten, kann ich an einer Hand abzählen.

Ich denke, diesen Eindruck bekommt man mit den Jahren, vor allem wenn man lesetechnisch viel im gleichen Genre unterwegs ist. Das ist ähnlich wie im Kino: Ich konnte mich früher auch viel schneller für Filme begeistern. Ich denke, das liegt daran, dass man ein grundsätzliches Gespür für die Struktur einer Geschichte entwickelt, man kann die Art einer Geschichte schneller einschätzen und hat auch schon viel mehr coole Ideen gesehen. Viele der Bücher, die mich früher absolut geflasht haben, würden mich heute nicht mehr ganz so sehr vom Hocker hauen, auch wenn sie nach wie vor gut sind - aber sie sind für mich eben nichts neues mehr. Und je mehr Erfahrung man hat, desto schwieriger ist es, eine Geschichte zu finden, die in ihrer Art wirklich neu scheint. Daran ist dann aber nicht der Markt schuld, sondern unsere fortschreitende Weiseheit. ;)
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: Sven am 12. April 2011, 10:11:18
Zitat von: Grey am 12. April 2011, 10:02:43
Und je mehr Erfahrung man hat, desto schwieriger ist es, eine Geschichte zu finden, die in ihrer Art wirklich neu scheint. Daran ist dann aber nicht der Markt schuld, sondern unsere fortschreitende Weiseheit. ;)

Und das trifft ja nicht nur auf Autoren zu. Wer sich intensiv mit dem Medium Film beschäftigt, sieht irgendwann auch nicht mehr den Film. Er sieht Scheinwerfer, Greenscreens, Seile, etliche Wiederholungen der Szenen und, und, und.
Das ist der Preis, wenn man sich mit einer Sache näher beschäftigt.
Es gibt kaum noch ein Buch bei dem ich nicht sage: "Hm, diese Stelle hätte ich anders geschrieben", oder "Wow, die Dialoge sind prima konstruiert". Man sieht inzwischen mehr als nur die Geschichte. Man blickt hinter die Kulissen. Der Zauber ist verflogen.
Aber das ist (leider) ganz normal. Es gibt nichts umsonst. Je besser Du schreibst, desto schlechter werden die Geschichten um Dich herum.
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: Farean am 12. April 2011, 10:26:58
Zitat von: Grey am 12. April 2011, 10:02:43
Und je mehr Erfahrung man hat, desto schwieriger ist es, eine Geschichte zu finden, die in ihrer Art wirklich neu scheint. Daran ist dann aber nicht der Markt schuld, sondern unsere fortschreitende Weiseheit. ;)
Das habe ich zuerst auch gedacht, und auf manche meiner Einsteigerdrogen trifft das auch zu. Als ich aber neulich mal wieder eins von meinen alten Schätzchen aus dem Regal genommen, abgestaubt und aufgeklappt hatte, war ich wieder in Bann geschlagen wie am ersten Tag. Ich habe schon den Eindruck, die Fantasy war früher experimentierfreudiger und irgendwie frischer.

Oder ich werd' einfach alt. ;)

Zitat von: Sven am 12. April 2011, 10:11:18
Je besser Du schreibst, desto schlechter werden die Geschichten um Dich herum.
Mann, muß ich inzwischen gut sein...! 8)
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: Lavendel am 12. April 2011, 10:27:32
Zitat von: Farean am 12. April 2011, 09:50:51
Erst mal vielen Dank für die vielen Hinweise auf die Skriptschmiede, aber... ich habe schon längst ein Exposé dort eingestellt und warte seitdem auf Resonanz. (Was ich bislang an Resonanz bekommen habe, bestärkt mich allerdings in meinem Eindruck, daß ich im Exposéschreiben absolut saumäßig bin und das, was ich dort eingestellt habe, mit meinem Buch nicht viel zu tun hat.)

Sorry. Ich bin echt blind! :engel:

Zitat von: Grey am 12. April 2011, 10:02:43
Ich denke, diesen Eindruck bekommt man mit den Jahren, vor allem wenn man lesetechnisch viel im gleichen Genre unterwegs ist. Das ist ähnlich wie im Kino: Ich konnte mich früher auch viel schneller für Filme begeistern. Ich denke, das liegt daran, dass man ein grundsätzliches Gespür für die Struktur einer Geschichte entwickelt, man kann die Art einer Geschichte schneller einschätzen und hat auch schon viel mehr coole Ideen gesehen. Viele der Bücher, die mich früher absolut geflasht haben, würden mich heute nicht mehr ganz so sehr vom Hocker hauen, auch wenn sie nach wie vor gut sind - aber sie sind für mich eben nichts neues mehr. Und je mehr Erfahrung man hat, desto schwieriger ist es, eine Geschichte zu finden, die in ihrer Art wirklich neu scheint. Daran ist dann aber nicht der Markt schuld, sondern unsere fortschreitende Weiseheit. ;)

Da ist absolut was Wahres dran. Nachdem ich Literaturwissenschaften studiert und mehrere Jahre mit der Analyse von Romanen und Filmen zugebracht habe, kann ich die meisten Geschichten bis zu einem gewissen Grad sogar vorhersehen. Natürlich nicht die Details, aber die übergeordneten Themen und die Richtung in die die Geschichte verläuft. Viel Leseerfahrung hat sicher den gleichen Effekt, nur dass man vielleicht nicht so bewusst analysiert. Bis mich eine Geschichte vom Hocker haut muss mittlerweile wirklich viel passieren ::).

Zitat von: Farean am 12. April 2011, 09:50:51
Was ich ganz einfach wissen wollte, bevor ich weiter an mir arbeite: lohnt sich diese Richtung? Oder kann ich in einer anderen Richtung schneller und mit größeren Erfolgsaussichten erreichen, was ich im Kern will, nämlich Leser erreichen? Sprich: ist der Buchmarkt das beste und auch ein erfolgversprechendes Ziel, oder beackere ich, wenn ich in dieser Richtung weitermache, ein Steinfeld?
Der Markt ist mehr oder weniger schwierig, damit muss man sich wohl arrangieren. Autorenkarrieren verlaufen wohl in den wenigsten Fälle 'glatt' und ohne eine gehörige Portion Frustration. Ich denke trotzdem, dass die Veröffentlichung in einem Verlag immer noch die größten Erfolgsaussichten verspricht, wenn ich mit anderen Möglichkeiten vergleiche. Man hört zwar mittlerweile immer auch von europäischen Autoren, die mit einer Internetpubliktation mehr oder weniger 'groß rauskommen', aber das ist wohl immer doch eher die Ausnahme. Es spricht allerdings nichts dagegen, kreativ zu werden. Ich war zum Beispiel begeistert von der Autorin, die diese 'Hosentaschengeschichten' geschrieben hat und sie dann unter die Leute brachte. Erst hatte sie glaube ich einen Kasten unter ihrem Fenster, aus dem sich Passanten bedienen konnten, dann hat sie die Geschichten auch in die Straßenbahnen gebracht oder an anderen Stellen platziert (oder so). Ich fand das sehr pfiffig, und sie hatte hinterher tatsächlich viele Leser. Ich glaube mittlerweile betreibt sie die Sache als Verlag. Es gibt also viele Wege, an Leser zu kommen, man muss nur den Mut haben, da selbst auch kreativ zu werden und was auszuprobieren.
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: Farean am 12. April 2011, 11:21:07
Zitat von: Lavendel am 12. April 2011, 10:27:32
Bis mich eine Geschichte vom Hocker haut muss mittlerweile wirklich viel passieren ::).
Bei mir auch, aber der Witz an der Sache ist: häufig sind es eher die ungeschliffenen, handwerklich noch etwas unbeholfenen Newcomer, deren Werke dafür noch Seele haben, die mich wirklich berühren. Die etablierten "Meister", die handwerklich solide und, man verzeihe mir den Ausdruck, marktgerecht schreiben, kommen mir zunehmend steril vor.

Zitat von: Lavendel am 12. April 2011, 10:27:32
Ich denke trotzdem, dass die Veröffentlichung in einem Verlag immer noch die größten Erfolgsaussichten verspricht, wenn ich mit anderen Möglichkeiten vergleiche. Man hört zwar mittlerweile immer auch von europäischen Autoren, die mit einer Internetpubliktation mehr oder weniger 'groß rauskommen', aber das ist wohl immer doch eher die Ausnahme.
Das ist ja gerade einer der Punkte, um die es mir vom Eingangsposting an ging: mein primäres Ziel ist es nicht, 'groß rauszukommen'. Im Internet erst mal kleine Brötchen backen wäre für mich in Ordnung.

Nur, daß ich aus diesem Thread eben auch den Gedanken mitnehme: 'groß rauszukommen' kann für mich ein unverzichtbares Mittel zum Zweck sein, wenn es darum geht, mein Werk gegen Plagiate zu schützen. :-\

Zitat von: Lavendel am 12. April 2011, 10:27:32
Es gibt also viele Wege, an Leser zu kommen, man muss nur den Mut haben, da selbst auch kreativ zu werden und was auszuprobieren.
Das ist genau mein Punkt: was lohnt sich mehr? Weiter den etablierten Markt zu beackern oder meine Energie eher in alternative Wege zu investieren?

Wobei zDatze es schon angesprochen hat: grundsätzlich schließt das eine das andere nicht aus. :hmmm: Weiß hier jemand, inwieweit eine Online-Veröffentlichung die Chancen eines Werkes beeinträchtigt, hinterher bei einem Verlag zu landen? (Natürlich unter der Voraussetzung, daß die Online-Veröffentlichung kontrolliert geschieht und nicht als, wie es ein Bekannter so treffend ausdrückte, PDF-Schleuder für Jedermann.)
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: Sven am 12. April 2011, 11:30:41
Zitat von: Farean am 12. April 2011, 10:26:58
Mann, muß ich inzwischen gut sein...! 8)

:P

ZitatIch habe schon den Eindruck, die Fantasy war früher experimentierfreudiger und irgendwie frischer.

Mag das vielleicht daran liegen, dass Fantasy früher nicht so weit verbreitet war? Erst jetzt ist Fantasy in Deutschland salonfähig. Und die Verlage überschwemmen den Markt so mit Vampirschnulzen (ich entschuldige mich schon mal, bevor hier die Pflöcke fliegen  ;D ) und High Fantasy Clone, dass es schwieriger wird, die Perlen herauszusuchen?

Zitat von: Farean am 12. April 2011, 11:21:07
Weiß hier jemand, inwieweit eine Online-Veröffentlichung die Chancen eines Werkes beeinträchtigt, hinterher bei einem Verlag zu landen? (Natürlich unter der Voraussetzung, daß die Online-Veröffentlichung kontrolliert geschieht und nicht als, wie es ein Bekannter so treffend ausdrückte, PDF-Schleuder für Jedermann.)

:hmmm: Das Problem ist, wenn ein Roman veröffentlicht wird, ist er veröffentlicht. Verlage mögen das nicht so gerne. Sie werden erst darauf aufmerksam, wenn es sich unerwartet gut verkauft. Und Tausend "Bezieher" der Onlineversion, sind Tausend potentielle Käufer weniger.
Es besteht die Chance, dass ein Verlag so ein Projekt übernimmt, groß ist sie aber nicht.
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: Maja am 12. April 2011, 11:32:19
Zitat von: Farean am 12. April 2011, 11:21:07
Das ist genau mein Punkt: was lohnt sich mehr? Weiter den etablierten Markt zu beackern oder meine Energie eher in alternative Wege zu investieren?
Du kannst beides machen. Ich habe meine "Chroniken der Elomaran" seit über zehn Jahren online, und zwar nicht nur Leseproben, sondern den kompletten Text. Kein Verlag hat sich daran gestört, und auch nicht daran, daß ich die ersten zwei Bücher über Lulu selbstveröffentlicht habe. Die Verlage wissen, daß die wenigsten einen so langen Text online lesen oder sich ausdrucken, und zwanzig Bücher über einen Printondeman-Anbieter sind auch keine Konkurrenz. Trotzdem habe ich über die Jahre einiges an nettem Feedback zur Geschichte bekommen, das mir sehr geholfen hat, bei der Stange zu bleiben. Sogar meine Agentur habe ich auf dem Weg gefunden.

Es ist also keine Grundsatzentscheidung, die du treffen mußt - natürlich, umgekehrt geht's nicht, wenn du einmal groß rausgekommen bist, kannst du es nicht noch online stellen und bei BoD rausbringen. Aber ansonsten schließt das eine das andere nicht aus. Diese Grundsatzfrage, die du dir da stellst, ist effektiv keine.

Übrigens war die Fantasy der 80er und 90er auch schon total abgedroschen, nur anders. Damals war die große Zeit der Sammelquesten und der verbannten Prinzen, die sich als Küchenjunge verdingen müssen, und der Prophezeiungen. Mein einziger Fehler ist, heute nach genau diesem Strickmuster zu arbeiten und nicht nach den modernen. Aber et kömmt ja alles irgendwann wieder.
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: Farean am 12. April 2011, 12:07:15
Zitat von: Maja am 12. April 2011, 11:32:19
Du kannst beides machen. Ich habe meine "Chroniken der Elomaran" seit über zehn Jahren online, und zwar nicht nur Leseproben, sondern den kompletten Text.
Gibst du mir mal den Link, bitte?

Zitat von: Maja am 12. April 2011, 11:32:19
Es ist also keine Grundsatzentscheidung, die du treffen mußt - natürlich, umgekehrt geht's nicht, wenn du einmal groß rausgekommen bist, kannst du es nicht noch online stellen und bei BoD rausbringen. Aber ansonsten schließt das eine das andere nicht aus. Diese Grundsatzfrage, die du dir da stellst, ist effektiv keine.
:knuddel:

Danke, Maja, du ahnst nicht, was für einen Brocken du mir mit diesen paar schlichten Worten von der Seele gewuchtet hast!

Was mich bislang einfach nur fertiggemacht hat, war das Gefühl der Ausweglosigkeit. Allein das Gefühl, einen Plan B zu haben - daß also von meinen Exposés nicht alles abhängt, das mir etwas bedeutet -, steigert schon wieder enorm meine Motivation, meine fünf Buchstaben hochzukriegen und mich ans nächste dranzusetzen. Wenn ich parallel dazu trotzdem schon Leser erreichen kann und nicht dazu verdammt bin, meine Bücher unter Verschluß zu halten, wenn sie denn jemals Gnade in den Augen eines Lektors finden sollen, bedeutet mir das ungeheuer viel.

Zitat von: Maja am 12. April 2011, 11:32:19
Übrigens war die Fantasy der 80er und 90er auch schon total abgedroschen, nur anders.
Dem würde ich mit Blick auf mein Bücherregal tendenziell widersprechen, aber das gehört nun wirklich nicht mehr in diesen Thread. ;)
Titel: Re: Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?
Beitrag von: Maja am 12. April 2011, 12:12:33
Zitat von: Farean am 12. April 2011, 12:07:15
Gibst du mir mal den Link, bitte?
Guckst du hier: http://www.elomaran.de

Bis auf das letzte Kapitel des vierten Buches ist alles online. Ich hatte meiner Agentur angeboten, die Seite auf Hintergrundinformationen zu beschränken, um dem Vermittlungserfolg nicht im Weg zu stehen, aber sie meinten, das wäre nicht nötig. Tatsächlich haben die Verlage auf die Webseite (die meine Agentur als Werbemittel aufgeführt hat) immer sehr positiv reagiert, ich habe einmal sogar eine Mail von einer Lektorin deswegen bekommen ("Könnte ich vielleicth doch noch ein Worddokument bekommen? Auf der Webseite gibt es ja zum Download nur ein PDF").

Daß die Verlage dann immer andere Gründe zum Absagen gefunden haben, steht auf einem anderen Blatt, aber ohne die Webseite stünde ich heute ohne Agentur da und hätte vermutlich noch nicht mal den Tintenzirkel gegründet, weil ich damals viele von den Autoren, mit denen wir den Zirkel angefangen haben, wegen der Webseite kennengelernt habe.