Ich halte es bei meinem Großprojekt so, wie
@Avery es beschrieben hat: vieles überlasse ich der Fantasie der Leser*innen und da es sich um eine komplett ausgedachte Fantasy-Welt handelt, muss sich nicht alles auf die Realität stützen, was mich bei einigen Recherchefragen schon entlastet, selbst bei Fragen wie: Wie lange dauert der Heilungsprozess XY? Die Antwort: Der Kerl ist ein Werwolf, also pfeiff drauf! Oder: Ach, mit dieser magischen Heilsalbe ist er in ein paar Stunden wieder auf den Beinen!

Aber ganz ohne Recherche geht es natürlich auch bei einer magischen Welt nicht. Ich betreibe gerne Recherche als Inspiration. Z.B. entstehen die Völker, die ich mir ausdenke, ja auch nicht im luftleeren Raum. Sie haben - zumindest in groben Zügen - reale Vorbilder. Und so ist es auch mit Ländern, Städten politischen Systemen, Religion ...
Was Recherche für mich gerne mal problematisch macht, ist die Tatsache, dass ich am liebsten alles gleichzeitig recherchieren würde, weil Thema X gerade für diesen Aspekt der Welt interessant ist, während die Themen Y und Z relevant sind für die Szenen, mit denen ich mich gerade ganz konkret beschäftige. Das führt dann dazu, dass ich ein Kapitel hier und eines dort lese und dann noch etwas im Internet recherchiere. Dadurch ist die Recherche natürlich total unorganisiert und ständig kommt ein neues Thema dazu, bevor ich die anderen auch nur ansatzweise abgeschlossen habe. Und das wiederum führt bei mir dann zu dem Eindruck, dass die Flut an Informationen für mich nicht zu bewältigen ist, obwohl es im Grunde gar nicht so viele sind.

(Dummerweise ist mein gesamtes kreatives Schaffen so. Diverse angefangene Romane und Bastelprojekte und nie wird etwas fertig.

)
Den Rat von
@Phlox finde ich gut. Wir lernen eh unser ganzes Leben lang immer wieder etwas Neues. Die Wissenschaft macht immer wieder neue Entdeckungen ... Man kann schlicht und ergreifend niemals alles lernen, was es zu einem Thema zu lernen gibt. Irgendwo taucht immer noch etwas auf.

Mut zur Lücke war noch nie mein Ding, ich bin ein totaler Detailmensch. So war ich schon immer und es ist ziemlich schwer, das zu ändern - es ist auch oft nicht so, dass ich einfach "Stopp!" sagen könnte und gut is. Erstens lässt meine Neugier mich nicht in Ruhe, zweitens verstehe ich viele Dinge überhaupt nicht, ohne viiiiele Details zu kennen. Oft denke ich "Das ergibt keinen Sinn", "Das ist unlogisch" oder "OK, klingt auf den ersten Blick gut, ABER wenn X, was dann? Dann klappt das alles doch gar nicht mehr?". Schrecklich
Ich habe für mich selbst noch nicht herausgefunden, wo mein natürlicher Stopp-Punkt beim Schreiben liegt. Dass ich zufrieden bin mit der Menge an Wissen, die ich angesammelt habe, dass ich die Dinge auch ausreichend selber verstehe und dass meine Neugier die Klappe hält. Vielleicht, weil ich ihn noch nicht erreicht habe, da man als Neuling natürlich gleich super viel auf vielen verschiedenen Ebenen zu lernen hat.
Das kenne ich.

Ich schreibe an meinem Projekt seit 2007. Damals war ich noch ein absoluter Anfänger. Seitdem habe ich - auch dank der vielen lieben Menschen hier - viel dazu gelernt und kann sagen: Völlig unbegründet sind diese Fragen nicht. Aber selbst, wenn etwas tatsächlich keinen Sinn ergibt: Was ist so schlimm daran? Dann schreibst du das halt um. Mir ist vor ein paar Monaten klar geworden, dass gewisse Dinge, die ich mir damals als Teenager ausgedacht und seitdem als gegeben hingenommen habe, vollkommen unlogisch sind. (Unter anderem musste ich mir die Frage stellen: Warum sollten Geschöpfe, die empfindlich auf Kälte und Nässe reagieren, in einem Land mit europäischem Klima leben? Eine Wüste würde viel mehr Sinn machen!

Die Lösung für dieses Problem hat prompt weitere Probleme auch gleich gelöst.)
Natürlich sollte man aufpassen, dass man sich nicht zu sehr darin verliert, immer wieder umzuschreiben, sonst kommt man nie weiter - und ja, ich bin so frei, meinen eigenen Rat zu ignorieren

. Worauf ich hinaus will: Versuche, dir über diese Dinge nicht so viele Sorgen zu machen. Wenn du etwas schreibst und dann merkst: "Mist, das ergibt keinen Sinn. Ich muss den gesamten Plot ab diesem Punkt anpassen!", dann ist das nicht so schlimm. Es hält dich ja auch niemand davon ab, einfach mehrere Fassungen zu schreiben. Ich habe erstaunlich lange gebraucht, bis mir die Erkenntnis kam, dass ich ein Dokument auch einfach unter "Geschichte XY 2.0" abspeichern und erstmal darin meine neu recherchierten Erkenntnisse einbauen kann, ohne dass das ursprüngliche Manuskript angetastet wird.
So, ich hoffe, dieser Beitrag ist halbwegs hilfreich.
Liebe Grüße,
Lu