Die Wölfin hat sich dieses Thema gewünscht, ich bin mal so frei, es zu eröffnen.
Irgendwann hatten wir mal einen ähnlichen Thread, wo ich drei Alternativanfänge geschrieben habe nach drei alternativen Arten, mit der Handlung einzusetzen, und die Vorteile und Nachteile genannt. Jetzt muss ich nur noch selbst auf mich hören und den ultimativen Anfang finden, und der Erfolg kann kommen.
Es geht dann um die Frage, wie der Anfang aussehen muss, um den Leser sofort zu fesseln und Verlage und Agenten zu überzeugen. Da ich ja selbst noch keine allzu erfolgreichen Veröffentlichungen vorweisen kann, kann ich zu dem Thema höchstens sagen, mit welchen Mitteln ich vermutlich gute Effekte bei den Büchern erreicht habe, die es etwas weiter gebracht haben als auf meinen eigenen Tisch.
Als ich die Lottiromane angefangen hab, hab ich vom Schreiben noch so wenig Ahnung gehabt, dass es ein Wunder ist, dass die jemals veröffentlicht wurden. Der 1. und 2. Teil waren ja als eins geplant. Die erste Szene beginnt, indem sie den Protagonisten, den meine Leser -
die in den Hintergrund eingeweiht sind! - als uralten, hässlichen, bitterbösen Mann kennen. Diese Szene zeigt ihn als jungen Idealisten. Außerdem findet ein sehr existentieller Kampf mit Worten statt.

Ich glaube, die Diskrepanz zwischen der Figur im Kopf der Leser und der Art, wie ich sie präsentiert habe, hat irgendwie für Spannung gesorgt.
Mit welcher Szene ich den Schreibauftrag bekommen hab, weiß ich nicht mehr, es war allerdings keine Actionszene, irgend ein Psychodama, glaub ich. Ich würde es heutzutage garantiert nicht mehr mit so einer Szene versuchen, einen Schreibauftrag zu bekommen.
Ich denke, schon der erste Satz muss möglichst viel Spannung wecken, und nach dem ersten Absatz muss der Leser dringend die Fragen beantwortet haben wollen, die bisher aufgeworfen worden sind. Die erste Szene muss ihn dann anfüttern, aber noch viel mehr Fragen aufwerfen, sodass er gar nicht mehr aufhören kann zu lesen.
Was meiner Ansicht nach nicht funktioniert, ist der Einstieg mit einer Actionszene. Das funktioniert in meinen Augen daher nicht, weil der Leser bisher keine Gelegenheit hatte, sich mit der Figur zu identifizieren, die da in Lebensgefahr gerät. Wenn die Geschichte also damit anfängt, dass Hans 10 Orks abschlachtet, die ihn überfallen, denke ich mir als Leser eher: "Na und? Wer ist Hans?" Wenn die Hauptfigur übel am Metzeln ist, wird sie mir außerdem gleich unsympathisch.
Es kann allerdings sein, dass manche Lesergruppen von dieser Art Anfang angesprochen werden (ich erinnere mich an den Anfang von "die Orks"). Wenn man es geschickt anstellt, sympathisiert der Leser vielleicht auch gleich mit dem kämpfenden Helden (vielleicht so (überzogenes Beispiel): "Hans warf sich schützend über den flauschigen Welpen, als die Pfeilde der Orks ringsum in die Bäume schlugen. Der kleine Hund war alles, was er von seiner Verlobten noch hatte, und jetzt wollten diese Grünheute das Tier zum Frühstück essen! ...") Wenn Hans beispielsweise ein süßes Hundchen davor schützt, gegessen zu werden, muss er einem sympathisch sein, oder? Man darf das natürlich nicht allzu durchschaubar machen ...
Ich würd noch weiterschreiben und von meinen Überlegungen für die letzten Anfänge erzählen, aber jetzt muss ich gleich erstmal los.