Es gibt ein paar Dinge, die man natürlich im Blick haben sollte, wenn man sich für die Zusammenarbeit mit einem Kleinverlag entscheidet:
- Es wird keinen oder bestenfalls einen symbolischen Vorschuss geben.
- Kleinverlagsbücher stehen selten im stationären Buchhandel - Ausnahmen gibt es natürlich, aber im Vergleich zu Großverlagstiteln fällt da natürlich ein Sichtbarkeitspotenzial weg. (Realistischerweise muss man aber auch sagen, dass du auch im Großverlag keine Garantie hast, dass dein Buch in Filialen vorrätig ist oder gar schick auf den Tischen präsentiert wird.)
- Kleinverlage haben in der Regel auch ein eher kleines Budget für Lektorat und Cover sowie für Marketing.
Demgegenüber stehen aber auch andere Aspekte. Viele Kleinverlage sind sehr umtriebig in den sozialen Medien sowie auf Messen und Conventions (Letztere sind während der Pandemie als Einnahmequelle natürlich weggefallen). Wenn sie schon länger dabei sind, haben sie oft auch ein treues Publikum und Blogger*innen, die eben genau zum Verlagsprogramm passen. Das heißt, dass Kleinverlage im Rahmen ihrer Möglichkeiten bei ihrer Zielgruppe auch eine gute Sichtbarkeit für ihre Titel schaffen können.
Viele Kleinverlage arbeiten auch für Lektorat und Cover auf einem professionellen Level und grundsätzlich hast du den Vorteil, dass du potenziell mehr Mitspracherecht bei der Gestaltung hast - oder auch da, wo es um Marketingaktionen und Goodies geht. (Auch im Großverlag kannst du mit dem Lektorat grundsätzlich Pech haben, wenn du und Lektor*in z.B. nicht auf einer Wellenlänge seid.)
Es gibt mittlerweile so einige gut etablierte Kleinverlage, bei denen ich denke, dass die so schnell nicht verschwinden werden. Gerade bei ganz neuen Verlagen gibt es natürlich immer eine gewisse Unsicherheit, wobei es oft auch hilft, sich die Webpräsenzen genau anzugucken und auszuloten, ob die Sache grundsätzlich seriös ist und die Leute am Steuer wissen, was sie tun. (Verlage, die enthusiastisch Manuskripte aller Genres an sich rupfen wollen und für alle Autor*innen Hardcover im Glitzerschmuckschuber versprechen, verraten damit mindestens eine gewisse Blauäugigkeit.)
Und: Im Großverlag kann es dir passieren, dass dein Buch nach Ablauf der Vertragslaufzeit verramscht wird und ebenfalls aus dem Programm verschwindet. Da hast du mit einem langlebigen Kleinverlag ggf. sogar bessere Chancen auf längerfristige Verfügbarkeit. (Wobei auch Kleinverlage ihr Programm verschanken und erneuern können.) Wenn ein Kleinverlag wirklich verschwindet, bekommst du die Rechte am Buch zurück und kannst dir überlegen, was du damit machst.
Meine persönliche Erfahrung ist, dass ich speziell mit "meinem" aktuellen Kleinverlag eine unglaublich wertschätzende und aufmerksame Zusammenarbeit erlebe und für mein Buch einiges an Sonderwünschen und Ideen umgesetzt wurde (und auf einige davon kam die Verlegerin von selbst). Für dieses Projekt und mich war Kleinverlag da definitiv die beste und passendste Lösung. (Fun Fact: Das Buch war zuvor schon in einem anderen Kleinverlag erschienen, der aber dann vor einigen Jahren seine Pforten schloss. Das vielleicht als Beispiel, dass auch so etwas nicht das Ende bedeuten muss.

)
[EDIT] Es kommt natürlich auch aufs Projekt selbst an. Manche Stoffe und Genres passen besser in Kleinverlagsprogramme, aber wie Alana sagt, wenn das Projekt gutes Vermarktungspotenzial hat, kannst du auch bei einem Großverlag unterkommen.
Und wiederum demgegenüber kann es auch ein Vorteil bzw. eine Strategie sein, sich im Kleinverlags-/Indiebereich erstmal einen Namen und eine Leser- und Followerschaft aufzubauen und dadurch mittelfristig dann bessere Chancen bei einer Agentur-/Großverlagsbewerbung zu haben. Keine Garantie, natürlich, aber eine Möglichkeit.