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Storyboard und Kapitelexposés

Begonnen von Sorella, 09. Juli 2011, 09:18:46

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Sorella

Heute habe ich mich mit dem Begriff Storyboard auseinandergesetzt.
So richtig schlau werde ich allerdings nicht aus dem, was ich im Web gefunden habe. Es würde es mich interessieren, ob ihr damit schon Erfahrungen gemacht habt und in wie weit sich ein Storyboard von einem Kapitelexposé unterscheidet.
Habt ihr eventuell Beispiele, wie ihr so etwas aufbaut? Benützt ihr diese Werkzeuge?

Mein Ziel wäre es, damit die Dramaturgie der Geschichte zu analysieren, bzw. zu verbessern.

Gibt es auch charakterbezogene Storyboards? Ich habe nämlich das Problem, dass manche Charaktere kapitelweise nichts wirklich Spannendes beitragen oder auch zu wenig vorkommen. Damit könnte man doch so was aufdecken und ändern, oder?
Oder liege ich mit allem falsch?

Fragen über Fragen, ich hoffe ihr habt Tipps dazu  :bittebittebitte:
Vielen Dank




FeeamPC

Ein Storybord kommt für mich erst zum Tragen, wenn die Geschichte in ihren Grundzügen steht, und ich über die Verteilung von Text und Illustrationen in einem Buch nachdenke. Dann erstelle ich ein Storybord, aus dem hervorgeht, wo wieviel Text hinverteilt wird, d.h,. dass zum Beispiel nicht zwei gähnend lange Kapitel direkt aufeinander folgen, oder, bei wechselnden Charakteren, dass plötzlich ein Viertel des Buches nur von einem Charakter aus  handelt, und wo die Illustrationen stehen (nicht, das die alle im ersten Kapitel auftauchen und der Rest des Buches leer bleibt.

Schommes

Mein Gefühl (kein Wissen) ist, dass für den schriftstellerischen Bedarf Kapitelexposé und Storyboard deckungsgleich sind. Nur wenn man zusätzlich auch noch Grafiker ist, wird Storyboard zu etwas anderem, nämlich eine zeichnerische Darstellung des Handlungsablaufs. Ursprünglich kommt das meiner Meinung nach aus dem Zeichentrick und ist dann in den herkömmlichen Film übernommen worden. Jetzt hält es in die Literatur Einzug. Ich würde gerne zeichnen lernen, um Storyboards nutzen zu können, aber so lange das nicht der Fall ist, was soll es anderes sein, als eine detaillierte Kapitel oder Szenendarstellung. So und jetzt gucke ich auf Wikipedia nach, wie falsch ich gelegen habe  ;)

Runaway

Ich halte mich da an keine Vorgaben, ich mache immer das, was ich brauche. Bevor ich mit dem Schreiben anfange, schreibe ich mir immer einen groben Ablauf auf, was passieren soll... um ihn beim Schreiben sowieso zu ignorieren ;)
Und wenn fertig geschrieben ist, lasse ich den Text erst mal liegen und krame ihn dann wieder hervor, um zu gucken, was los ist.

ZitatMein Ziel wäre es, damit die Dramaturgie der Geschichte zu analysieren, bzw. zu verbessern.
Einfachstes Hilfsmittel: Den Aufbau analysieren, indem man feststellt, auf welche Handlungsteile wieviel Text entfällt. Wenn man sich die Normseiten bzw. Wortzahlen aufschreibt, sieht man ganz schnell, welche Parts zu lang und welche zu kurz sind.
Was auch hilft - so mühsam das jetzt klingt - die Geschichte hundertmal lesen. Irgendwann merkt man, worüber man immer fällt und was einen stört. Man merkt, wo es sich zieht und wo die Spannung fehlt.
Das fasse ich dann immer in Worte. Ich überlege mir einfach zu jeder Szene, ob man die so einem Leser vorsetzen kann. Dann schreibe ich mir auf, was ich verbessern möchte.
Ich bin also immer ziemlich nah am Text.

Schommes

Aber selber Figuren und Szenen malen können wär schon toll, oder? Is so ein alter Traum von mir. Kennt Ihr die Lamplighter Trilogie von D. M. Cornish? Der kommt aus dem Grafikerbusiness. Die Zeichnungen zu den Büchern sind wunderschön und genauso die Website. Da passt dann einfach alles zusammen.

Runaway

Szenen malen kann ich nicht, aber meine Figuren zeichne ich immer. Die Porträts hängen sogar hier vor meiner Nase über dem Schreibtisch.
Wobei ich den Begriff Storyboard im Zusammenhang mit Schreiben ohnehin lustig finde. Ich kenne das nur aus der Filmemacherei.

Lavendel

Das Storyboard kommt auf jeden Fall in visuellen Medien zum Einsatz. Nicht nur beim Zeichentrick, auch zu Spielfilmen gibt es ein Storyboard. Bilder mit Text eben, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie das Endprodukt mal aussehen könnte.

Wenn du Struktur und Dramaturgie verbessern willst, ist es wahrscheinlich sinnvoll, sich 'von unten nach oben' vorzuarbeiten. Erstmal einen Kurztext schreiben, so 75 Wörter. Wenn man das macht, hat man schon mal den Kern der Handlung formuliert, und man sieht dann gleich vieles, was vielleicht überflüssig ist. Ich habe so schon ganze Handlungsstränge rausgeschmissen. Danach würde ich ein klassisches 3-Seiten Expoé schreiben, und wenn du es dann noch brauchst, kannst du ja ein Kapitelexposé machen, aber ich finde das schon immer zu detailliert. Der Arbeitsaufwand ist für mich persönlich zu hoch für das, was dann dabei rauskommt. Also, jedenfalls hilft mir diese Methode immer sehr.

Lomax

Was dir bei deinen speziellen Anforderungen zur Analyse vielleicht hilft, ist die Art von Aufbereitung, mit der ich mal experimentiert habe - das war, als ich mich mit Drehbuchschreiben beschäftigt habe, hat allerdings mit Storyboards nur indirekt zu tun.
  Zunächst einmal mache ich grundsätzlich, wenn ich so arbeite, keine "Kapitel", sondern "Szenenexposees", weil die dramaturgische Entwicklung auf Basis von Szenen besser herauszuarbeiten ist als mit den viel zu groben und willkürlichen Kapiteleinteilungen.
  Diese Szenen habe ich dann in einer Exceltabelle gesammelt, und in den Spalten daneben jeweils szenengenau den dramaturgischen Aufbau erfasst. In einer Spalte wurden farblich die Akte markiert, so dass man direkt sehen konnte, welche Szene zur Exposition etc. gehört; dann wurden in einer Spalte die allgemeinen Wendepunkte markiert. In einer weiteren Spalte wurde dann der "Subplot" mit seinen eigenen Wendepunkten erfasst, in einer weiteren Spalte die Beziehungen zwischen den Figuren mit ihren Wendepunkten, und danach in jeweils einer eigenen Spalte die Figurenentwicklung für jede Hauptfigur mit ihren eigenen Wendepunkten.
  Da konnte man dann genau sehen, was für dramaturgische Funktionen welche Szene genau hatte, und man konnte den Verlauf so abstimmen, dass dramaturgische Entwicklungen auf verschiedenen Ebenen parallel liefen, man konnte zuspitzen, indem man verschiedene Wendepunkte in einer Szene zusammenlaufen ließ, und man konnte Szenen rausschmeißen, die auf keiner Ebene irgendeine Entwicklung in irgendeinem Strang befördert haben.

Ob das Ergebnis durch diese Planung besser wird, weiß ich allerdings nicht. Ich bin eher zu dem Schluss gekommen, dass der Aufwand sich letztlich nicht lohnt und vieles sich auch einfach von selbst ergibt. Ich fand es eher nützlich, um das Prinzip zu lernen und ein Gespür zu kriegen, worauf man alles achten kann, als dafür, nun wirklich jede Geschichte so durchzuplanen.

Schommes

Zitat von: Lomax am 09. Juli 2011, 11:32:56
Ob das Ergebnis durch diese Planung besser wird, weiß ich allerdings nicht. Ich bin eher zu dem Schluss gekommen, dass der Aufwand sich letztlich nicht lohnt und vieles sich auch einfach von selbst ergibt. Ich fand es eher nützlich, um das Prinzip zu lernen und ein Gespür zu kriegen, worauf man alles achten kann, als dafür, nun wirklich jede Geschichte so durchzuplanen.
Lief bei mir so ähnlich. Für mein Erstlingswerk mit dem ich dann Schlücks Aufmerksamkeit erregt habe, hatte ich auf siebzig Seiten 120 Einzeltabellen mit Setting, Zeitpunkt, handelnden Personen, wesentliche Infos und Inhaltsübersicht. In einem Anhang hatte ich dann noch Settingbeschreibungen und Charakterexposés sowie eine Übersicht des Informationsflusses zwischen den Charakteren, Buch und dem Leser.
Mein Agent fand das alles toll aber viel zu komplex. Da habe ich mir einen vereinfachten Plot ausgedacht und ihn, ohne ihn nochmal zu verschriftlichen, runtergeschrieben. Wie Lomax sagte: Man muss es mal gemacht haben, damit man sich über die Strukturen klar wird, die man beschreibt.
Fürs nächste Mal habe ich mir den Gebrauch einer gängigen PlottingSW vorgenommen.

Calysta

Ich bin gerade auch dabei für meine Agentin Kapitelexposés zu schreiben, damit sie einen besseren Überblick hat, wann ich wie die Handlungsstränge zusammenführe und wie die Figuren miteinander agieren.
Ich habe da noch keine wirkliche Ahnung - ganz ehrlich- und auch nur stichpunktartig alles zusammengefasst - es sind trotzdem 8 Seiten (keine Normseiten) geworden.
Ich habe bislang auch nur das Buch "Heftromane schreiben&veröffentlichen" zu dem Thema gelesen, da die Groschenromanautoren mit diesem Mittel den Plot festlegen und teils vertiefen. Ich weiß leider erst im August, wie richtig oder falsch ich das angepackt habe.

Schommes

Zitat von: Calysta am 09. Juli 2011, 12:01:24
Ich habe bislang auch nur das Buch "Heftromane schreiben&veröffentlichen" zu dem Thema gelesen, da die Groschenromanautoren mit diesem Mittel den Plot festlegen und teils vertiefen.
... und die sind ja handwerklich nicht die schlechteste Referenz. Und wie fandest Du das Buch? Kannst Du es empfehlen?

Runaway

Zitat von: Schommes am 09. Juli 2011, 11:48:45
Für mein Erstlingswerk mit dem ich dann Schlücks Aufmerksamkeit erregt habe, hatte ich auf siebzig Seiten 120 Einzeltabellen mit Setting, Zeitpunkt, handelnden Personen, wesentliche Infos und Inhaltsübersicht.
Mein Agent fand das alles toll aber viel zu komplex.
Das ist aber wirklich wahnsinnig komplex. Ich quetsche immer alles auf eine Seite neben meine Szenen/Kapitelübersicht. Muß reichen ;D Und wer wann wo wie handelt, steht in StoryMill selbst drin. Auch sehr praktisch.

Calysta

Zitat von: Schommes am 09. Juli 2011, 12:07:51
... und die sind ja handwerklich nicht die schlechteste Referenz. Und wie fandest Du das Buch? Kannst Du es empfehlen?
Ich fand es etwas teuer für 184 Seiten, von denen ich gerade mal 13 Seiten gebraucht habe. Aber ich finde es schön, dass die Autorin mit sehr vielen Beispielen arbeitet und dadurch Einblick gibt, wie das Ganze am Ende auszusehen hat. Aber - wie gesagt - für 16,80€ ziemlich teuer. Aber keine Fehlinvestition. Ich finde den Einblich in das Genre des Groschenromans wirklich beeindruckend. Trivial ist zumindest etwas Anderes - wenn man von manchen sprachlichen Dingen absieht (aber es soll ja auch nur der kleine, unkomplizierte Roman für zwischendurch sein).

Sorella

Okay, ich habe also verstanden, dass ein Storyboard eher eine zeichnerische Darstellung ist. Jetzt wird mir auch klar, warum ich kein eindeutiges Bild von diesem Begriff bekommen konnte.

Zitat von: Lavendel am 09. Juli 2011, 11:18:01
Wenn du Struktur und Dramaturgie verbessern willst, ist es wahrscheinlich sinnvoll, sich 'von unten nach oben' vorzuarbeiten.
Ja, ich habe von Ein-Satz-Zusammenfassung bis hin zum Drei-Seiten-Exposé alles schon gemacht. Der Plot an sich ist ja völlig in Ordnung und funktioniert auch, es geht mir wirklich um die Inhalte der einzelnen Kapitel in bezug auf das große Ganze. Ich denke, was Lomax beschreibt, ist das, was ich meine.
Zitat von: Lomax am 09. Juli 2011, 11:32:56
In einer Spalte wurden farblich die Akte markiert, so dass man direkt sehen konnte, welche Szene zur Exposition etc. gehört; dann wurden in einer Spalte die allgemeinen Wendepunkte markiert. In einer weiteren Spalte wurde dann der "Subplot" mit seinen eigenen Wendepunkten erfasst, in einer weiteren Spalte die Beziehungen zwischen den Figuren mit ihren Wendepunkten, und danach in jeweils einer eigenen Spalte die Figurenentwicklung für jede Hauptfigur mit ihren eigenen Wendepunkten.
Das ist wirklich gut. Die Szenentabelle habe ich schon erstellt, aber auch sehr detailliert ist. Schließlich bin ich Listenfanatiker  ;D Was mich an meiner Aufstellung stört, ist die Entfernung zum Text. Es wird komischerweise immer steriler und steriler, je genauer ich es herunterbreche, wenn ihr versteht, was ich meine  :hmmm: Vielleicht sollte ich den Zoom ein wenig zurücknehmen.
Zitat von: Dani am 09. Juli 2011, 10:53:47
Ich überlege mir einfach zu jeder Szene, ob man die so einem Leser vorsetzen kann. Dann schreibe ich mir auf, was ich verbessern möchte.
Ich bin also immer ziemlich nah am Text.
Du machst das mit handschriftlichen Notizen, wie ich weiß. Ich mische jetzt mal Lomax und deine Methode und lass mich überraschen.

@Calysta Ich werde heute abend, wie vereinbart, bei dir spicken gehen  ;D Sehr praktisch.

sirwen

Hi Sorella,

Beim Storyboard, wie man es in den visuellen Medien verwendet, versteht man eine Abfolge von Keyframes, d.h., Schlüsselbildern der Geschichte. Storyboards werden in v.a. bei Trickfilmen, Filmen, Werbespots und Comics verwendet (beim Comic sind Storyboards aber nicht Skizzen vom Seitenlayout, das kommt erst im nächsten Schritt). Das definieren dieser Schlüsselbilder, die immer das gleiche Format haben, um sich nicht im Layout zu verlieren, kann in etwa mit einer Zusammenfassung verglichen werden. Das Vorgehen gestaltet sich in der Regel so, dass man vom grossen Handlungsbogen immer mehr ins Detail geht. Text ist dabei nicht einmal zwingend notwendig, weil es in erster Linie ja darum geht, eine Handlung in Bildern zu erzählen.

Ich bin mir nicht ganz sicher, was du suchst, aber vielleicht wäre ja ein Plotdiagramm etwas für dich, um komplexere Handlungsstränge visuell zu ordnen. Ein Bekannter von mir macht das mit einer Software (http://www.inspiration.com/), aber von Hand mit farbigen Pfeilen und Kästchen geht das auch. Oder du machst dir zu Hause eine Wand frei und beklebst die mit beschriebenen Post-its, die du dann nach belieben verschieben kannst. Naja, ich bin halt ein visuell denkender Mensch und brauche oft solche Diagramme/Cluster, um die Dinge zu ordnen, aber du musst für dich selbst herausfinden, was dir am meisten bringt.

ZitatGibt es auch charakterbezogene Storyboards?
Ich mach das meistens mit Farben, d.h., auf dem Plotdiagramm kriegt jede Figur eine eigene Farbe. Entweder gibt's dann farbige Pfeile, die sich durch den Plot ziehen, oder bunte Flecken. Mir hilft es jedenfalls, nicht die Übersicht zu verlieren.

Liebe Grüsse,
sirwen