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Wie marktfähig sind bisexuelle Figuren?

Begonnen von Alaun, 18. März 2011, 14:31:09

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Alaun

Hallo Ihr Lieben,

vielen Dank für eure zahlreichen Meinungen zum Thema! Das hilft mir wirklich weiter!

@Judith: Wenn Du da mal nachfragen könntest, wäre das klasse! Aber natürlich nur, wenn es keine Umstände macht. Dankeschön.

Hm, ich habe seit gestern nochmal viel über meine Figuren nachgedacht. Und kam zu dem Schluss, dass die Sexualität durchaus plotrelevant ist, zumindest in dem einen Projekt. Das ist ein Krimi mit Fantasy-Einflüssen, er spielt im Jahr 1926. Geschichtlich gesehen waren Homo-Beziehungen in dieser Zeit gar nicht so ungewöhnlich, zumindest in großen Städten. Ich denke, das lässt sich als "authentisch" vertreten.

Im anderen Projekt hat die weibliche Prota ihre Freundin verloren und daher ein großes Misstrauen gegenüber Beziehungen und "sich einlassen". Da gehts allerdings auch sehr darum, wie sie mit den eigenen Emotionen umgeht. Dieses Projekt ließe sich vielleicht sogar umschreiben, indem ich aus der verlorenen Freundin eben einen Mann mache- aber dann wäre es nicht mehr meine Hauptfigur, die so an sich stimmig ist. 

Ich werde es ja sehen. Umschreiben will ich wirklich nicht. Neee, will ich nicht.  ;D

Liebe Grüße,
*Aquamarin

Rakso

@Nachtblick: Stimmt daran hab' ich leider nicht gedacht  ;) . Bei Frauen ist Homo- oder Bisexualität eher anerkannt, als bei Männern. Ein gesellschaftliches Paradoxum.
Was ich eigentlich sagen wollte, dass unabhängig vom Geschlecht, die Akzeptanz für Homosexualität höher ist als für Bisexualität. Aber ich glaube, dass man da wirklich nicht so einfach differenzieren kann.

Zitat von: Aquamarin am 19. März 2011, 10:36:56
Hm, ich habe seit gestern nochmal viel über meine Figuren nachgedacht. Und kam zu dem Schluss, dass die Sexualität durchaus plotrelevant ist, zumindest in dem einen Projekt. Das ist ein Krimi mit Fantasy-Einflüssen, er spielt im Jahr 1926. Geschichtlich gesehen waren Homo-Beziehungen in dieser Zeit gar nicht so ungewöhnlich, zumindest in großen Städten. Ich denke, das lässt sich als "authentisch" vertreten.

In jeder Epoche gab es Homosexualität und auch Bisexualität. Theoretisch wäre es in jeder Zeit authentisch. Nur der Grad der öffentlichen Akzeptanz war unterschiedlich. Meist hinter verschlossenen Türen. Zum Beispiel galt in Deutschland der Paragraph 175, der homosexuelle Handlungen zwischen Männer unter Strafe stellte, bis 1994(!) Erstaunlich ist auch, dass solche Gesetze, auch in der arabischen Welt, fast ausschließlich auf Männer beziehen. Das wollte ich nur mal gesagt haben.

Simara

Zitat von: Silberrauch am 19. März 2011, 13:08:01
Zum Beispiel galt in Deutschland der Paragraph 175, der homosexuelle Handlungen zwischen Männer unter Strafe stellte, bis 1994(!) Erstaunlich ist auch, dass solche Gesetze, auch in der arabischen Welt, fast ausschließlich auf Männer beziehen. Das wollte ich nur mal gesagt haben.

Das liegt aber doch daran, dass den Frauen- zumindest war es im dritten Reich so- überhaubt keine eigene Sexualität  zugesprochen wurde und sie daher laut Staat auch nicht Homo/Bisexuell sein können. (Zumindest wurde uns das in der Schule so erklärt.)

Also ich freue mich jedes mal einen Ast wenn ich eine queere Figur finde, aber da muss ich mich ja leider als nicht objektiv abstempeln. 

Atischara

Wenn ich so darüber nachdenke, kenne ich nicht viele Bücher, in denen Bi- oder Homosexualität bei zentralen Charakteren vorkommt, aber offenbar gibt es doch mehr, als ich spontan vermutet hätte.  ;)

Grundsätzlich finde ich es gerade interessant, wenn ich in einem Buch etwas anderes erlebe als gängige Klischees, und ich meine, man sollte den Lesern ruhig auch mal neue Erfahrungen und Erweiterungen des Horizonts ermöglichen. Schließlich lese ich ja, um etwas zu erleben, was mir im wirklichen Leben nicht oder nicht oft begegnet. :buch:
Wichtig ist doch vor allem, daß man sich ansonsten in die Figur hineinversetzen kann, und dann besteht die Chance, daß man eine andere Sicht auf Dinge bekommt, mit denen man im wirklichen Leben nicht viel anfangen kann (wie ich z.B. mit Bisexualität). Wenn die Atmosphäre stimmt, die Geschichte interessant ist und ich den Figuren etwas abgewinnen kann, finde ich Originalität und ungewöhnliche Konstellationen immer schön. :pompom:

Wie es mit den Verdienstmöglichkeiten aussieht, ist eine andere Frage, und ich habe davon wenig Ahnung. Aber dazu haben sich ja schon einige andere geäußert. Grundsätzlich finde ich, man soll die Offenheit von Lesern für neue Erfahrungen nicht unterschätzen.

Atischara

@ Silberrauch:
Ach, das mit der Homosexualität in der arabischen Welt (und anderen Ländern mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit) ist eine sehr interessante, aber nicht ganz unkomplizierte Sache! Dazu muß man erstmal verstehen, daß es dort sehr lange ganz andere Konzepte als Homosexualität gegeben hat (und z.T. bis heute gibt). Mißverständnisse sind in diesem Bereich fast vorprogrammiert.

Momentan scheint Khaled El-Rouayheb den besten Überblick zu geben ("Before Homosexuality in the Arab-Islamic World, 1500-1800", University of Chicago Press 2005) - für diejenigen, die mehr wissen und nur ein Buch lesen wollen. Kaufen kann man es z.B. hier: http://www.amazon.de/Before-Homosexuality-Arab-Islamic-World-1500-1800/dp/0226729893/ref=sr_1_2?ie=UTF8&qid=1301015183&sr=8-2.

Hier gibt's ein paar (werbende) Infos dazu:
http://www.press.uchicago.edu/ucp/books/book/chicago/B/bo3613572.html
Aber das Buch ist wirklich ganz gut. Hab mich in anderem Zusammenhang ein bißchen mit dem Thema beschäftigt.

Ich poste das gleich mal noch im Recherchebereich.

Judith

#20
Zitat von: Aquamarin am 19. März 2011, 10:36:56
@Judith: Wenn Du da mal nachfragen könntest, wäre das klasse! Aber natürlich nur, wenn es keine Umstände macht. Dankeschön.
Hab dir dazu eine PN geschickt.  :)

Ich persönlich schließe mich da ja ganz Atischara an:
Zitat von: Atischara am 25. März 2011, 02:00:18
Wichtig ist doch vor allem, daß man sich ansonsten in die Figur hineinversetzen kann, und dann besteht die Chance, daß man eine andere Sicht auf Dinge bekommt, mit denen man im wirklichen Leben nicht viel anfangen kann (wie ich z.B. mit Bisexualität). Wenn die Atmosphäre stimmt, die Geschichte interessant ist und ich den Figuren etwas abgewinnen kann, finde ich Originalität und ungewöhnliche Konstellationen immer schön. :pompom:

Und ich hoffe, dass die meisten Leser das genauso sehen. Grundsätzlich ist so etwas halt immer schwierig einzuschätzen, da man einfach anders liest, wenn man selbst schreibt. Und ich habe auch so den leisen Verdacht, dass man solchen Themen gegenüber eher offener ist als die "normalen" Leser.
Aber da mag ich mich auch täuschen (hoffentlich!).

Rakso

@Atischara: Ich bin mir bewusst, dass das Thema etwas vielschichtiger ist und das mein Wissen darüber (leider) etwas begrenzt ist. Aber was im heutigen Kontext erstaunlich ist, das Länder mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit über einen beeindruckenden Fundus an literarischen Werken verfügen in dem es um Homosexualität geht (eventuell auch Bisexualität, aber es kann gut sein, dass ich mich irre)

Ich wollte noch sagen, dass ich im Allgemeinen, ohne jetzt auf Verlage einzugehen, die Idee von Figuren mit einer anderen sexuellen Orientierung in Literartur generll gut finde, ins besondere in Fantasy. Leider gelingt mir das bis jetzt noch nicht so gut, so dass bei mir momentan nur wichtigere Nebencharaktere homo- oder bisexuell sind. Aber ich arbeite dran.
Denn warum sollte es in einer anderen Welt/Realität denn keine Bi- oder Homosexualität geben? Fantasy und SF haben ja auch die Ambition reale Konflikte auszuformulieren zwischen den Charakteren oder zwischen Charakteren und der Gesellschaft und keine homophobe Utopie zu beschreiben.