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Ironie – Qualitätsmerkmal oder Sargnagel einer Geschichte?

Begonnen von Issun, 08. Februar 2014, 18:38:33

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Issun

Hallo liebe Tintenzirkler,

Ich möchte aus gegebenem Anlass nach längerer Abwesenheit mal ein Thema eröffnen, das es so (hoffentlich) noch nicht gibt. Kürzlich erhielt ich auf eine meiner Kurzgeschichten die Rückmeldung, sie sei zwar gut, verliere aber vor allem gegen Ende durch ironische Bemerkungen der Figuren und meine zwischendurch anklingende Selbstironie an Stärke, weil dadurch die Geschichte nicht mehr ,,echt" wirke, sondern eine Distanz zwischen Leser und Erzählung entstehe. Nun bin ich etwas verunsichert. Ich habe Ironie immer gerne verwendet, ich mag sie auch, wenn ich selbst Geschichten lese. Für mich sind ironische Bemerkungen und Schilderungen wichtig, um den Charakter von Figuren, die eben eine Neigung zur Ironie haben, zu verdeutlichen. Wikipedia preist Ironie als Merkmal von Literatur an, die sich selbst nicht bierernst nimmt. Allerdings scheint es auch viele Leser zu geben, die damit nichts anfangen können bzw. der Meinung sind, dass Ironie in ernsten Geschichten nichts verloren hat.
Als Beispiel möchte ich einen Satz aus einer meiner Geschichten zitieren. Eine Figur mokiert sich über das Aussehen einer anderen, die ihr nackt gegenübersteht. Sie beschreibt daraufhin, was die andere Figur tut:   

,,In einem Spiegelchen, das nicht annähernd groß genug war, seine ganze Pracht zu reflektieren, betrachtete er sich kritisch." 

Gemeint ist, dass er nicht gerade prächtig aussieht. Das ist jetzt kein sehr gelungenes Beispiel, aber auf die Schnelle habe ich kein besseres gefunden.
Etwas schwieriger ist es meiner Meinung nach mit Selbstironie des Autors, die in den meisten Fällen nur zwischen den Zeilen herausgelesen werden kann.

Wie haltet ihr es damit? Lasst ihr gern etwas Ironie in die Dialoge oder auch Schilderungen eurer Figuren einfließen? Oder schreibt ihr lieber immer deutlich das, was ihr meint? Habt ihr dazu schon Rückmeldungen von Lesern bekommen? Ich bin sehr gespannt auf eure Meinungen.

Mit besten Grüßen

Issun

Mondfräulein

Ich bin generell nicht gegen Ironie in Geschichten, besonders, wenn sie zur jeweiligen Figur passt, aus deren Sicht ich erzähle. Ich glaube aber, ich weiß, was bei dir kritisiert wurde. Ironie ist meiner Meinung nach eine Eigenschaft oder Sichtweise, die häufig Distanz zwischen der jeweiligen Person und ihrem Umfeld schafft. Ganz oft hat man da ja ältere, zynische Männer wie Dr. House, die ständig nur böse Bemerkungen machen. Ironie ist eine Form der Ablehnung, vielleicht auch häufig ein Schutzinstinkt, wenn man etwas nicht ernst nehmen will. Wenn ich noch Witze über etwas reißen kann, kann es ja nicht so schlimm sein.
Umgekehrt sind solche Figuren meistens nicht mehr ganz so ironisch, wenn sie durch emotionale Krisen gehen, großes Drama und so weiter uns so fort, eben das, was die meisten Leser in einem nicht ausgesprochen komödiantischen Buch lesen wollen. Dadurch kann es natürlich sehr distanziert wirken, wenn ein Protagonist immer nur ironische Sprüche von sich gibt, denn wenn er alles nicht ernst nimmt, ist er emotional womöglich nicht genug involviert.

Insofern muss man meiner Meinung nach (falls das Buch nicht einfach nur witzig sein soll, dann ist das was anderes) wissen, wann man Ironie verwenden kann und wann nicht. In hochemotionalen Szenen, im großen Finale vielleicht weniger, etwas sparsamer, denn hier braucht es dann vielleicht Ernst um die nötige emotionale Tiefe zu erlangen, auch wenn das bei Tragikkomödien wiederum funktionieren kann. Ansonsten finde ich Ironie in Büchern aber eigentlich gar nicht schlecht, ich mag solche Figuren oft. Ein gutes Beispiel ist meiner Meinung nach Bartimäus von Jonathan Stroud. Sehr zynischer Charakter, macht immer wieder Witze, über die ich mich totlachen könnte, findet aber am Ende doch den nötigen Ernst. Insgesamt ist das glaube ich ein Balanceakt, der nicht so einfach ist.

Ryadne

Wenn es um Ironie als durchgängiges Stilmerkmal geht, hängt es für mich vom Setting ab, ob ich sie als gelungen oder passend ansehe. Gerade in so bierernsten, klischeehaften High Fantasy-Abenteuern braucht es für mich manchmal eine ironische Anmerkung, denn wenn so etwas fehlt, wirkt die Handlung da auf mich schnell mal albern. Ähnlich geht es mir z.B. auch bei Superhelden-Filmen, die ja häufig sehr viele ironische Momente haben. Hätte "Captain America" sie nicht, könnte ich den Kerl in seinem schnieken Patrioten-Outfit überhaupt nicht ernst nehmen. Trotzdem sollte man es auch nicht übertreiben; das Setting sollte ja trotz allem glaubwürdig bleiben. Irgendwann wird die erwähnte, mit der Ironie einherkommende Distanz sonst zu groß.

Um diese Glaubwürdigkeit nicht zu gefährden, reicht es auch manchmal, eine einzelne ironische Figur zu haben, die dann sozusagen das pragmatische Gewissen verkörpert. So eine Figur zu haben, finde ich eigentlich setting-unabhängig eine schöne Sache, weil sie auch Humor in eine Geschichte bringen kann, ohne als Clown dazustehen.

Grundsätzlich schätze ich also durchaus Ironie als Stilelement und halte sie manchmal auch für nötig. Aber wie Mondfräulein schon anmerkt, man muss ein gespür dafür entwickeln, wann sie angebracht ist und wann nicht.
Dein Beispiel fände ich, so wie ich es verstehe, in eigentlich jedem Setting akzeptabel, aber es hängt auch von der Beziehung und dem sozialen Status der Figuren ab.

Coppelia

#3
Irgendwie kann ich nicht verstehen, was an Ironie der Kritikpunkt sein soll. Ich sehe zwar das "Problem" des Anspruchs, d. h. der Leser sollte in der Lage sein, die Ironie zu erkennen, um den Text entschlüsseln zu können. Das wird nicht bei jedem Leser der Fall sein. Aber schließlich kann nicht jede Geschichte jedem Leser gefallen. Und wenn eine ironisch veranlagte Figur Perspektive hat, kann man Ironie im Text doch kaum vermeiden, wenn man die Gedankengänge dieser Figur wiedergeben möchte.
Wenn die Situation wirklich ernst ist, werden einer Figur die zynischen Bemerkungen vermutlich ausgehen. Wenn nicht, empfinde ich das manchmal als unglaubwüdig, so "badass"-mäßig, als würden die Figuren durch nichts beeindruckt werden. Allerdings kann ich gerade an einem Beispiel aus meiner Nähe sehen, dass selbst eine extrem ernste und traurige Lage und große persönliche Probleme manchen Leuten ihren Zynismus nicht austreiben. Er kann wohl auch ein Schutzschild sein, mit dem man durchs Leben kämpft. Und dann ist er auch nicht mehr wirklich witzig.

Um zu sehen, was die Ironie in deiner Geschichte konkret bewirkt hat, müsste man sie natürlich mal sehen. Ich kann nur raten, dass du es eventuell in heiklen Situationen mit der "Badass"-Ironie übertrieben hast? Das Beispiel gefällt mir übrigens sehr gut, schon der eine Satz. :) (Ich hatte es übrigens im ersten Anlauf als Selbstironie des Betrachters verstanden.)
Vielleicht haben deine Betaleser auch einfach einen anderen Geschmack.

Ich habe gern ironische Figuren. Zynismus finde ich schon schwieriger. Aber vor allem ein bisschen Selbstironie tut Figuren sehr gut, finde ich. Sie verleiht ihnen ein bisschen innere Größe und dem Text einen Hauch von Leichtigkeit. Das strebe ich zumindest an.
Aber natürlich geht's auch ohne - ein Merkmal besonderer Qualität ist Ironie meiner Meinung nach auch nicht.

Übrigens danke für die tolle PN. Jetzt muss ich noch eine würdige Antwort finden. ;)

Aphelion

Kommt mal wieder darauf an ...

Das Problem, das ich aus vielen Texten kenne, ist: Die Geschichte verkommt durch die ironischen Bemerkungen zur Persiflage ihrer selbst. Das geschieht meistens, indem eigentlich ernst gemeinte Handlung ironisch dargestellt wird. Dabei handelt es sich um einen klaren Fehler, da Intention und verwendete Stilmittel nicht zusammenpassen können. Wenn etwas ernst gemeint ist, sollte es auch ernst bleiben. Sonst muss man sich nicht wundern, dass man als Autor nicht ernst genommen wird oder die Geschichte nicht "gewürdigt" wird.

Anders sieht es aus, wenn man eine Slapstick-Einlage zwischen ernsthaften Szenen einbaut und dort einen ironischen Kommentar-Stil des Erzählers pflegt. Oder eben durchgängig nichts ernst meint bzw. keine ernste Geschichte spinnt, sondern mehr eine "ironische Spinnerei".

Ironie ist also nicht per se ein Problem - denn es kommt darauf an, was du damit erreichen willst und wie du deine Geschichte wahrgenommen sehen willst.

Churke

Zitat von: Coppelia am 08. Februar 2014, 19:15:45
Irgendwie kann ich nicht verstehen, was an Ironie der Kritikpunkt sein soll.
Es gibt Leute, denen das nicht gefällt. Dass man denen nicht helfen kann, damit muss man einfach leben.  :engel:

Eine andere Sache ist es, wenn der Autor unbedingt witzig sein will. Ich las letztens ein Buch mit jeder Menge missglückter Scherze, übrigens meistens auch im Zusammenhang mit ironischen Bemerkungen. Die wirklichen Probleme bei dem Werk lagen aber woanders.  ::)



Christian Svensson

#6
ZitatLeser sollte in der Lage sein, die Ironie zu erkennen

Ironie ist ein Stilmittel wie so viele andere auch und als solches Mittel zum Zweck. Ich denke nicht, dass die Frage "erlaubt" die richtige ist. "Passend" scheint mir besser - und das wurde schon diskutiert.
Jedoch ist obiges Zitat ein Knackpunkt. Um Ironie als solche zu verstehen, muss der Leser bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Tut er das nicht, wird sie nicht als solche erkannt und geht nach hinten los und zwar richtig böse. Was ist, wenn Kinder oder Jugendliche das Buch lesen? Um Ironie zu verstehen, braucht man ein gewisses Maß an Lebenserfahrung.
Ironie ist auch immer einer mehr oder weniger verschleierte Wertung. Wenn diese Wertung nicht mit dem Wertesystem des Lesers übereinstimmt, verliere ich dadurch den Leser.
Das Verstehen von Ironie setzt immer ein gewisses Maß an Intelligenz und der Fähigkeit, über sich selbst lachen zu können voraus.  Nun ist ja in den letzten Jahren die humanistische Allgemeinbildung und die Fähigkeit des gemeinen Menschen, Texte zu lesen und deren Sinn zu verstehen, enorm gewachsen. Deswegen gibt es auch immer weniger Bild-Zeitungsleser, da nur dicke Schlagzeilen die Sucht des modernen Menschen nach Hintergründen und geschliffenen, aussagekräftigen und mehr als fünf Worten langen Sätzen nicht mehr befriedigen.
Insofern ist natürlich gegen Ironie überhaupt nichts einzuwenden.
Wenn ich also Ironie verwende und es ist ein Mittel zum Zweck, würde ich immer als erstes die Frage stellen: Welchen Zweck will ich damit erreichen? Zeigen das ich es kann? Klingt so schön? Oder ist es an genau der Stelle genau das richtige Mittel ...
wenn ja, spricht nichts dagegen.

Kleine Episode am Rand: In meinen Wochen hier bin ich des öfteren darauf angesprochen worden, dass es doch einfacher wäre, meine Posts mit Bildchen (Smileys) verständlicher zu gestalten. Hm, hat nichts mit diesem Text zu tun, rein gar nichts ...  ;D

Issun

#7
Sehr interessant, welche Rückmeldungen hier kommen! :)

@Mondfräulein: Ich stimme dir zu, dass den meisten Figuren wohl in wirklich tragischen Situationen die Ironie abhanden kommt, und dass es unrealistisch wirken oder zumindest auf einen etwas schrägen Charakter verweisen könnte, wenn dies nicht der Fall ist. Die Schwierigkeit dabei ist m. E., dass man zeigt, dass es sich um denselben Charakter handelt, bloß, dass er in einer Krise steckt. Ich würde nicht alle Spuren seiner Ironie ausradieren, außer er hat einen ganz radikalen Wandel durchgemacht.
Dr. House habe ich noch nicht gesehen (bloß in Auszügen), aber da es ja doch einen gewissen Hype um die Serie gibt, wäre es mal interessant zu untersuchen, wie hier die Balance zwischen Ironie und Ernst aussieht - wie verhält sich House, wenn er in eine Situation gerät, die ihn emotional wirklich strapaziert?

@Ryadne: Interessante Idee, dass Ironie auch zur Glaubwürdigkeit einer Geschichte beitragen kann. Das trifft vielleicht gerade auf die Fantasy-Literatur insgesamt zu. Ich würde allerdings nicht unbedingt sagen, dass es vom sozialen Status der Figuren abhängt, ob Ironie passt. Wie meinst du das genau?

@Coppi: Ich fürchte, um genau diese "Badass-Ironie" (treffender Ausdruck!) ist es meiner Kritikerin gegangen, obwohl die Lage der Figuren nicht wirklich todernst war. Ich dachte mir, eine unangenehme, aber nicht allzu gefährliche Situation verträgt einen Schuss Ironie, aber man muss dabei schon sehr vorsichtig sein, da durch die falsche Dosierung wohl auch die Identifikation mit den Figuren abhanden kommt.
Mit zynischen Figuren geht es mir ähnlich wie dir. Ich finde, in Wortgeplänkeln unter Freunden darf schon mild gespöttelt werden, aber wenn eine Figur wirklich bissig und verletzend ist, wird es schwer, sie liebzugewinnen. Da geht es Lesern und Autoren wohl gleich - es sei denn, die Figur hat einen ausgeklügelten Hintergrund, aber selbst dann...

Zur PN: Sehr gerne! :) Da ich deine Geduld strapaziert habe, freue ich mich in jedem Fall und stelle sicher keinen Anspruch an Würdigkeit! ;D
Und... was sehe ich da?! 105 % von "Blutgeister"? Ich gratuliere herzlichst! :knuddel:

@Aphelion: Stimmt, es besteht eine gewisse Gefahr, dass die Geschichte sich durch permanente Ironie selbst persifliert. Aber vielleicht lässt sich durch "Ironie bis zum bitteren Ende" bei Figuren auch ein tragischer Effekt erzielen. Ich schätze, wie oben erwähnt, dass es kein Kochrezept für alle Geschichten gibt, sondern dass man üben und bei jeder Geschichte neu abwägen muss, wie weit man mit dieser Form von Humor geht.

@Bardo djel Liores: Danke für die schöne Demonstration! :D

Besonders anregend fand ich die Bemerkung meiner Kritikern, ich würde vielleicht versuchen, mich hinter der Ironie meiner Figuren zu verstecken, weil mir die geschilderten Themen unangenehm wären. Aber je länger ich darüber nachdenke, desto weniger glaube ich, dass das der Kern des Problems ist. Ich genieße es, so zu schreiben, also schätze ich, dass es mir nicht bloß darum geht, mit dem Leser Verstecken zu spielen. Aber was weiß man schon.  :-\

Mondfräulein

Zitat von: Issun am 08. Februar 2014, 22:29:37
Ich stimme dir zu, dass den meisten Figuren wohl in wirklich tragischen Situationen die Ironie abhanden kommt, und dass es unrealistisch wirken oder zumindest auf einen etwas schrägen Charakter verweisen könnte, wenn dies nicht der Fall ist. Die Schwierigkeit dabei ist m. E., dass man zeigt, dass es sich um denselben Charakter handelt, bloß, dass er in einer Krise steckt. Ich würde nicht alle Spuren seiner Ironie ausradieren, außer er hat einen ganz radikalen Wandel durchgemacht.

Ich glaube, es ist durchaus normal, dass man nicht immer nur ironisch ist. Das gehört zu einem lebendigen Charakter meiner Meinung nach ja gerade dazu, zu wissen, wie er sich in verschiedenen Situationen verhält und ich glaube, dass ein Charakter auch mehr als eine einzige Eigenschaft braucht. Zum Beispiel, wenn ein Charakter einerseits sehr ironisch ist, immer einen lockeren Spruch auf den Lippen, nimmt das Leben nicht zu ernst. Auf der anderen Seite ist er ein loyaler Freund. Wenn jetzt sein bester Freund in einem brennenden Gebäude fest sitzt, würde er ganz unironisch und ohne darüber nachzudenken reinrennen, um ihn zu retten. Das passt zu seinem Charakter und er muss in dem Moment nicht ironisch sein.

Zitat von: Issun am 08. Februar 2014, 22:29:37
Dr. House habe ich noch nicht gesehen (bloß in Auszügen), aber da es ja doch einen gewissen Hype um die Serie gibt, wäre es mal interessant zu untersuchen, wie hier die Balance zwischen Ironie und Ernst aussieht - wie verhält sich House, wenn er in eine Situation gerät, die ihn emotional wirklich strapaziert?

Die Serie ist eine Weile her, soweit ich mich erinnere, waren das oft Situationen, in denen ein Patiern gerade einen Herzstillstand hatte oder was auch immer. Dann konnte er durchaus auch ernst sein, hat präzise Befehle gegeben, schnell gehandelt und sich nicht so sehr emotional ablenken lassen. Für weitere Charakterstudien würde ich aber die Serie zu Rate ziehen, ich war damals großer Fan :)

Christian Svensson

"Die Rätsel von Karenta" von Glen Cook jemand gelesen? Wunderbare Bücher ...

Issun

@Mondfräulein: Das ist schon richtig, keine Frage. Ich meinte eher längerfristige Krisen und daraus resultierende Veränderungen, die Charaktere während eines gesamten Buches durchlaufen. Dabei kann auch die Ironie abhanden kommen, aber die Krise muss schon entsprechend heftig sein.
Danke auf jeden Fall für die Empfehlung, ich werde mir Dr. House wohl mal zu Gemüte führen. :)

@Bardo djel Liores: Ich habe nur ein Buch seiner Black-Company-Serie zuhause stehen, allerdings noch ungelesen.

Christian Svensson

Stell Dir vor, Raymond Chandler hätte statt Krimis Fantasy mit Elfen, Trollen und Zwergen geschrieben und sein Held hieße nicht Philip Marlowe, sondern Garret, privater Ermittler - dann hast du Ironie und rabenschwarzen Humor vom Feinsten - und Glen Cook.

Ryadne

Zitat von: Issun am 08. Februar 2014, 22:29:37
Ich würde allerdings nicht unbedingt sagen, dass es vom sozialen Status der Figuren abhängt, ob Ironie passt. Wie meinst du das genau?

Das war nur auf dein Beispiel bezogen. Also, je nachdem, wie überzeugt jemand vom sozialen Status Quo ist, würde er sich vielleicht sogar in Gedanken Ironie verkneifen, die den Betroffenen so ins Lächerliche zieht. Wobei ich zugeben muss, dass das natürlich eher in Gesprächen als, wie in deinem Beispiel, in Gedanken zum Tragen kommt. In Gedanken spielt dann eher so etwas wie Respekt eine Rolle.

Klecks

Generell liebe ich Ironie und wende sie auch gerne an, aber beim Schreiben nutze ich sie nur vereinzelt, wenn es um einen Roman (und nicht, zum Beispiel, um eine Satire) geht. In Romanen, die voller Ironie sind - von einzelnen ironischen Bemerkungen der Figuren, die für ironieunempfängliche Leser auch als ironisch bezeichnet werden, natürlich abgesehen - würde ich schnell die Ernsthaftigkeit der Geschichte (nicht unbedingt eines ernsten Themas, sondern der Handlung an sich) vermissen.

Es sei denn, man hat eine Figur, die durch und durch ironisch ist. Das empfinde ich nochmal als etwas anderes: Ob der Erzählstil ironisch wirkt, weil der Autor gern ironisch ist, oder ob die Ironie eindeutig auf die Figur zurückzuführen ist. Wenn die Figur ironisch ist, dann ist sie nunmal so, und dann stört das auch nicht. Meine Ironie-Vorliebe findet jedenfalls nie Einzug in meine Texte, es sei denn - wie gesagt -, es handelt sich um eine Satire oder meine Figur ist ironisch. Meistens sind solche Geschichten auch in der Ich-Perspektive geschrieben, um das zu verdeutlichen.  :hmmm:

Fynja

Ich habe auch eine Tendenz zur übermäßigen Verwendung von Ironie in meinen Texten. Wenn ich ältere Texte betrachte, zeigt sich diese Tendenz viel eher bei Texten, die entweder ganz fantasylos oder Phantastik sind (letzteres entspricht dem Großteil meiner Projekte), weniger jedoch bei "purer" Fantasy. Weshalb das so ist, weiß ich nicht. Und inwiefern ich die Ironie gut dosiere, weiß ich nicht, dazu müsste ich mich mal trauen, meine Texte betalesen zu lassen.  :versteck: Allerdings habe ich, wenn ich ältere Texte von mir lese, oft das Gefühl, dass mein damaliger ironischer Erzählstil die Texte irgendwie naiv klingen lässt, aber das ist wohl eher mein persönliches Problem. Oder es wirkt nur so, weil es mich an meine vor Ironie triefenden Tagebucheinträge denken lässt, die ich in einem eben ziemlich naiven Alter geschrieben hab.  ;D

Als Leser bin ich ebenfalls ein Fan von Ironie und Sarkasmus, dabei finde ich allerdings, dass je subtiler sie ist, desto genialer sie sein kann. Ob eine einzelne ironische Figur oder der gesamte Erzählstil ironisch sein soll, ist meiner Meinung nach davon abhängig, was der Autor bezwecken will. Wenn der gesamte Erzählstil durchweg von Ironie geprägt ist, kann ich mir auch vorstellen, dass es auf Dauer anstrengend wird und den gewünschten Effekt am Ende nicht mehr erzielt. Da kommt es wohl wirklich auf die Dosis an, würd ich sagen.
Ironie hat für mich übrigens nicht immer unbedingt zum Ziel, lustig zu sein. Wenn das gegeben ist, ist es ein positiver Nebeneffekt, allerdings macht gut angewandte Ironie einen Text für mich oft authentischer. Ob es Distanz schafft? Gute Frage. Es schafft Distanz zwischen dem Protagonisten und dem Geschehen, aber dass es Distanz zwischen dem Leser und dem Prota schafft, würde ich nicht sagen. Oft ist das Gegenteil der Fall, und dazu, ebendiese Distanz zum Geschehen zu schaffen, setze ich sie gerne ein. (Ich würde gerne mit einem passenden Beispiel kommen, aber mir fällt gerade natürlich partout nichts ein, um zu veranschaulichen, was ich meine - sollte mir da noch etwas einfallen, editier ich es rein)
Oft benutze ich die Ironie als Selbstschutzmechanismus, ein wenig so, wie Mondfräulein beschrieben hat: Wenn man unsicher ist und mit einer Situation nicht umgehen kann, gibt es in  meinen Texten oft Figuren, die sich nicht anders zu helfen wissen als der Situation den Ernst zu nehmen, indem sie sie ironisch betrachten oder sie herunterspielen, indem sie Witze darüber reißen. In meinen Jugendbüchern äußert sich dieser Schutzmechanismus zum Beispiel darin, wenn der Ex eine Neue hat, die Prota dadurch eigentlich tief gekränkt ist, und statt zu heulen und die Neue offensichtlich zu beschimpfen, geht sie es subtiler an mit dem Mittel der Ironie, die ich dann beispielsweise in die Personenbeschreibung einfließen lasse.