• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

[Jura] Erben - wie geht das eigentlich?

Begonnen von pink_paulchen, 22. Oktober 2015, 10:22:38

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Araluen

Als Alleinerbin, die das Erbe angetreten hat, gehört ihr der gesamte Nachlass des Onkels, also auch der Hund und die Kosten, die er beim Züchter verursacht hat während der Unterbringung. Soweit ich informiert bin, ist sie aber nicht gezwungen den Hund zu behalten, sondern kann ihn einfach verkaufen. Das macht sie mit dem Kram aus der Wohnung ja auch und so ein Hund ist rein rechtlich ein Sachwert.
Anders wäre das bei einem Erbvertrag. Da hätte der Onkel festlegen können, dass sie die Kunstsammlung nur kriegt, wenn sie sich um den Hund kümmert. Das wird dann vom Notar sogar mehr oder weniger regelmäßig überprüft. Allerdings hätte sie zu Lebzeiten des Onkels den Vertrag ebenfalls unterschreiben müssen. Ein Vertrag geht ja von zwei Parteien aus.

xadhoom

#16
Aloha!

Ohne testamentarische Verfügung wird das Erbe unter den sogenannten Pflichterben aufgeteilt. Wenn diese nicht bekannt sind oder von einer umfangreichen Verwandtschaft auszugehen ist, bestellt das Nachlassgericht entweder einen Nachlassverwalter (i.d. R. nur bei nicht unerheblichem Vermögen) oder einen Nachlasspfleger. Während die Aufgabe des Nachlassverwalters darin besteht, die Erben zu ermitteln, hat er gleichzeitig vom Gericht unterschiedlich starke Vollmachten erhalten und kann in diesem Rahmen über das Erbe verfügen, insofern es darum geht dieses auch wirklich nur zur Übergabe an die Erben zu ,,verwalten". Der Nachlasspfleger ist mit erheblich weniger Vollmachten ausgestattet und muss – sobald klar ist, dass es Erben gibt – sich mit diesen über Ausgaben und die Art der Nachlasspflege auseinandersetzen. Dies gilt auch für evtl. Vergütungen und Auslagen aus dem Erbe. Wird weder ein Nachlasspfleger noch ein -verwalter bestellt, kümmert sich das Nachlassgericht (Amtsgericht) selbst um die Ermittlung der Erben und die Verwaltung des Erbes. Das ist eher die Ausnahme.

Wenn die Nichte die alleinige Erbin sein soll, geht das ohne Testament des Onkels nur, wenn alle anderen Pflichterben das Erbe nicht mehr antreten können. Das wären ihre eigenen Eltern sowie deren Geschwister (zu denen der Onkel ja zählte) und alle Nachkommen der Geschwister der Eltern sowie auch alle um einen Verwandtschaftsgrad auftsteigenden Personen (Eltern) der Geschwister der Eltern. Oder aber alle solchen Erben haben das Erbe bereits ausgeschlagen ...

Wer erben möchte muss einen Erbschein beantragen und damit seine Geschäftsfähigkeit nachweisen (Ausweis und Stammbuch bzw. Auszug aus dem Standesregister) vorlegen. Dies geht über einen Notar oder die Urkundsstelle des Amtsgerichts. Ohne Erbschein geht gar nichts, auch wenn das Gericht oder ein Verwalter über das mögliche Erbe informierte. Mit der Beantragung wird gleichzeitig festgelegt, in welchem Umfang das Erbe beantragt wird. Wer davon ausgeht, dass es keine weiteren Erben gibt, wird also das gesamte Erbe beantragen, anderenfalls eben nur einen Teil davon.

Mit der Erteilung des Erbscheins durch das Amtsgericht erhalten alle berechtigten und noch lebenden Erben den Erbschein, in dem auch alle anderen Erben namentlich und mit Anschriften aufgelistet sind. Dann kann das Erbe angetreten werden und das Gericht bzw. Nachlasspfleger/-verwalter händigen das Erbe aus (Geld wird überwiesen, Sachen evtl. durch eine Spedition zugeschickt oder selbst abgeholt – Immobilien müssen beim Amtsgericht durch Änderung der Eintragung im Grundbuch vereinnahmt werden. Da ist m.W. wiederum der Notar am Zuge ...)

Im Falle eines Testaments mit einer entsprechenden Verfügung, dass die Nichte die alleinige Erbin ist, werden die sog. Pflichterben ebenfalls nicht einfach ausgeschlossen, denn nach deutschem Recht können diese nur enterbt werden, wenn sie sich Zeitlebens gegenüber dem Erblasser (Onkel) schwerer Verfehlungen schuldig gemacht haben. Dazu gehört nicht, dass sie sich nie bei ihm haben blicken lassen oder mit ihm geredet haben, aber sie könnten aktiv versucht haben, ihn vorzeitig ableben zu lassen oder ihn gequält haben. Vielleicht haben sie aber auch den Vorgänger-Hund vergiftet, um dem Onkel einen einzustielen ... was wiederum erklärt, warum er eine solche testamentarische Verfügung vornimmt.

Zwar ist er frei, solche Verfügungen in das Testament aufzunehmen, muss sich aber auch im Klaren darüber sein, dass – wenn er dies ungefragt und ohne Rücksprache macht – die Erbin das Erbe ausschlägt. Auf der anderen Seite bleibt auch die Frage im Raume, wer die Einhaltung einer solchen Verfügung prüfen soll: im Zweifelsfall wird der Onkel gleichsam die Bestellung eines Testamantsvollstreckers mit aufnehmen oder das Gericht die Bestellung einer solchen Person veranlassen. Letzteres aber immer nur dann, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt.

Im Prinzip kann sie den Wauwau ja zähneknirschend aufnehmen und dann – je nach Gesinnung – selbst nach gewisser Zeit um die Ecke bringen. (,,Oh Gott, irgendjemand hat Fleisch mit Rasierklingen an der Wiese ausgelegt ...") Alternativ irgendwelche natürlichen Gifte unters Futter mischen etc. Solange sich niemand darum schert, also keine anderen Erben vorhanden sind, die sich benachteiligt fühlen oder denen die Sache herzlich egal ist, weil sie das Erbe ohnehin bereits ausgeschlagen haben, kein Testamentvollstrecker über die Einhaltung akribisch wacht, wird das kaum auffallen, wenn sie sich nicht zu dämlich anstellt auffallen. Im Prinzip kann sie den Hund schlicht um die Ecke bringen und dann die Tierkörperbeseitigungsanstalt anrufen, die den Kadaver abholt.

Verwandschaftsbeziehungen und ein übersichtliches Schaubildmit den rechtlichen Verwandtschaftsgraden findest du bei Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Verwandtschaftsbeziehung
Vor dem Wein sind alle gleich! Und das gilt insbesondere dann, wenn sich der Wein nicht mehr vor, sondern in einem befindet ...

pink_paulchen

Ihr seid super - Caro (die Nichte) und Pablo (der Pudel) haben eine Lösung gefunden :)