• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

[Recherche] Bewusstlosigkeit und Fieber nach Kopfverletzung

Begonnen von et cetera, 26. Juli 2010, 19:30:59

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

et cetera

Hallo alle zusammen!

Ich hoffe, ich bin hier mit meiner Frage richtig :) Ich hänge gerade an ein paar medizinischen Details und leider ist meine Suche bisher recht erfolglos, da ich nicht weiß, nach welchem Begriff ich eigentlich konkret suchen muss.

Es geht um folgende Szene:
Das Ganze spielt in einer Welt des Hochmittelalters. Magie gibt es zwar grundsätzlich, ist aber im Moment nicht zugänglich.
Mein Charakter befindet sich im Sturm auf einem Schiff und wird vom Segeltuch eines herabstürzendes Mastes getroffen. Er geht dabei zu Boden und schlägt mit dem Kopf auf, bevor er ins Wasser stürzt. Er wird gerade noch so aus dem Wasser gezogen, bevor er ertrinken kann.
Danach ist er für wenigstens einen Tag bewusstlos, wird dabei aber auf einem Pferderücken transportiert. Erst dann wird er hingelegt. Er bekommt Fieber und spricht auch im Fieberwahn, bis die Temperatur wieder sinkt und er noch ein paar Tage vor allem mit Schlafen und Ausruhen verbringt. Nach dieser Zeit soll er aber wieder halbwegs in der Lage sein zu reiten und zu kämpfen.

Diese Fragen haben sich mir nun aufgetan:
Kann eine Kopfverletzung bzw. das Ertrinken so schwerwiegend sein, dass er so lange bewusstlos ist und Fieber bekommt, sich dann aber so schnell wieder erholt? Welche Kopfverletzung könnte das sein? Ich dachte zuerst an eine Gehirnerschütterung, aber da scheint es entweder nur eine kurze Bewusstlosigkeit (wenn überhaupt) zu geben oder Koma.
Was könnte meine Protagonistin als Pflegerin tun, wenn sie keinen Zugang zu Medizin hat und auch nichts davon versteht? Hilfe kann sie nicht holen, sie ist meilenweit von nichts anderem als Ödnis umgeben.

Ich hoffe, ihr könnt mir helfen :bittebittebitte:

Liebe Grüße
et cetera





Sprotte

Das mit dem Ertrinken ist sehr grenzwertig. Als Bewußtloser im Wasser ist man im Prinzip beim ersten Atemzug tot.

Von Gehirnerschütterung alleine kriegt er kein Fieber. Rasende Kopfschmerzen, Desorientierung, Verwirrtheit - ja. Bei Einblutungen ins Hirn: Schlaganfallsymptome, Exitus (es sei denn, da ist jemand, der ihm ein Loch in den Schädel bohrt, um den Druck zu mindern) Fieber: Fehlanzeige. Es muß also noch eine offene Wunde dazu kommen, die sich infizieren kann.

Was kann sie tun? Ihn vor sich selber beschützen. Kopf kühlen, ihm so viel Ruhe wie möglich verschaffen. Jede Erschütterung und jede Anstrengung verschlimmert die Symptome.

et cetera

Danke schon mal :) Geht das mit dem Ertrinken wirklich so schnell? Ich hätte schon gedacht, dass ihm etwas Zeit bleibt.

Eine Platzwunde hat er auf jeden Fall. Ich denke, die könnte sich infizieren, zur Not kann ich auch eine Fleischwunde vorher einbringen, unabhängig vom Schlag auf den Kopf.
Aber nach deiner Einschätzung ist die ganze Sache mit der Bewusstlosigkeit eher unrealistisch, oder?

Cythnica

#3
Also was Kopfverletzungen mit Bewusstlosigkeit betrifft, so geht es dabei oftmals um 3 wichtige Räume im Bereich der Hirnhäute, in die Blut fließt wodurch es zu neurologischen Schäden kommt.

Unter dem Schädelknochen gibt es den Raum zwischen Schädel und Harter Hirnhaut ( Dura mater) wo es gerne mal zu arteriellen Blutungen kommt - die sind sehr schnell und können auch gerne mal tödlich verlaufen - ziehen auch gerne mal schnell eine Bewusstlosigkeit mit.  Dieser Raum ( der pathologisch ist, so nebenbei) ist der Epiduralraum ... aber das Wort wird wohl kaum wichtig sein.

Zwischen der harten Hirnhaut und der Spinngewebshaut ( Arachnoidea Mater) kann pathologisch der Subduralraum entstehen, was hier eher Venöse Ursachen hat.
Es fließt eher langsam Blut ein, verursacht Kopfschmerz und auch gerne mal bewusstlosigkeit, ist aber nicht so schnell tödlich wie die erstere Blutung. Das wäre dann eine Subduralblutung.

Unter der Arachnoidea Mater ist dann der Subarachnoidalraum ( nicht pathologisch, den gibts immer) wo auch die Flüssigkeit ist, in der das Hirn schwimmt, um sein effektives Gewicht zu senken ( Liquor heißt das Zeugs).
Wenns da Blutet blutets richtig, dass ist am häufigsten tödlich und geht sehr schnell.  Dies wäre ne Subarachnoidalblutung.

Gefahr ist bei den starken Blutungen vor allem, dass sie das Hirn verdrängen, welches dann ins Rückenmark ausweichen muss und dabei das Atemzentrum zerquetscht - die Folge ist dann der Tod.

Alles darunter sind Hirnblutungen.


Für den Szenario könnte ich mir vorstellen, dass es durch das stumpfe Trauma eine Veletzung im zweitgenannten Raum gab, dies führte zu einer erst schnellen, aber dann langsamer werdenden Blutung, deren Raumverdrängung erst einmal zur Bewusstlosigkeit führt. Dann jedoch nahm die Blutung ein Ende und der Körper beginnt damit, das Blut sozusagen wieder abzubauen, wobei es allerdings trotzdem zu starken Entzündungen kommt, wodurch der Chara eben Fieber hat und auch Übelkeit.


Was die Protagonistin auf jeden Fall tun sollte ich den Oberkörper des Betroffenen immer oben halten ( damit kein weiteres Blut ins Hirn geht) und immer sicherstellen, dass der Charakter trotz der Bewusstlosigkeit atmet - in der ersten Hilfe gibts dafür die stabile Seitenlage.
Wenn es etwas gibt, das einer Sicherheitsnadel unserer Zeit gleicht, könnte sie die Zunge des Verletzten an seine Wange heften, damit diese ihm nicht die Atemwege  blockiert...

So, das fiel mir dazu erstmal ein.

EDIT: Ach wegen dem ersten Atemzug... gerade bei Kopfverletzungen kann es sein, dass das Atemzentrum hinten in der Medulla Oblangata ( glaub ich) mal kurzfristig die Mitarbeit verweigert, und erst durch ein paar großzügige Atemgaben wieder selbst mitwirkt. Nannte man früher mal Initialbeatmung.
EDIT2: Was Sprotte zum Thema Loch im Schädel sagt ist zudem natürlich auch eine etwas schwierige Sache, denn eigentlich brauchts das laut heutiger Medizin wirklich bei allen 3en dieser Blutungen, aber ich könnte mir schon vorstellen, dass der ein oder andere es im Mittelalter auch ohne Bohrung überleben konnte, wenn die Subduralblutung nicht so schlimm war und das Glück der Person hold war, sodass der venöse Rückfluss letztlich doch wieder ins Laufen kam.

Churke

Es braucht doch nur einen Heilkundigen an Bord, der das Loch bohrt.

Cythnica

Hm... eigentlich recht einleuchtend... ;D

Im Grunde würde das dann auch das Fieber erklären denn naja, um die Zeit herum ein solchen Loch steril zu bohren ist wohl eher unwahrscheinlich und dann ists ja klar, warum die Entzündung nicht lange auf sich warten lässt.

et cetera

@Cythnica: Wow, danke für die ausführlichen Beschreibungen! Da kann ich sicher einiges verwenden.

@beide: Das mit dem Loch wird schwierig, denn sie haben keinen Heilkundigen dabei und sind die meiste Zeit auf sich allein gestellt. Eventuell muss ich das ganze abändern und den Fokus weniger auf die Kopfverletzung als auf eine Fleischwunde legen.

Cythnica

#7
Ach übrigens - ne ganz andere Richtung um diese etwas fragwürdige Geschichte der inneren Kopfverletzung zu umgehen:

Er fällt ins Wasser, erleidet eine Gehirnerschütterung, und schluckt noch einiges Wasser, ehe er das Bewusstsein verliert.
Man sammelt ihn auf und beatmet ihn, wodurch er wieder einen Atemrhythmus findet - allerdings ist er durch den Aufenthalt im Wasser unterkühlt und sehr schlapp. Er wird warm gehalten und man passt auf, dass er nicht aufhört zu atmen.
Er schläft ein, stirbt aber nicht an der Unterkühlung, weil er ja gewärmt wird - und wird erst nach langer Ruhe wieder wach.
Zwar ist die Kälte besiegt und von der Gehirnerschütterung sind nur noch Kopfschmerzen übrig, aber die geringe Menge an Salzwasser, die zu seinem Glück kein zweites Ertrinken auslöst ( d.h. Lungenödem durch Diffusion... etwas doof wenn gerade kein Lasix zur Hand hat), sehr wohl aber eine Lungenentzündung verursacht, wodurch hohes Fieber entsteht.
Er braucht viel warme Flüssigkeit und ist zunächst eben eher lahm, aber mit der Zeit kuriert er es.

et cetera

Die Variante fände ich auch nicht schlecht, aber ich fürchte, meine Protagonistin weiß nicht, wie man beatmet oder dass so etwas überhaupt möglich ist.
Wie sähe es denn aus, wenn er sich eine Wunde zuzieht, die sich entzündet. Wie schnell könnte er Fieber bekommen und wie lange wäre er dann nicht ansprechbar? Mir geht es darum, dass meine Protagonistin eine Weile auf sich alleine gestellt ist, ihm dabei aber, soweit sie kann, helfen soll.

Cythnica

Also wenn ihm eine Wunde das Bewusstsein raubt, dann muss die schon schwer sein, weswegen dann schonmal mindestens eine Schocklage kommen sollte - also Arme Beine hoch und beten.

Zudem ist die Frage, wo die Wunde sein sollte und ob das dann nicht ohne große Kenntnisse dazu führen müsste, dass der entsprechende Teil des Körpers ggf abstirbt, gerade weil ja aus dem Meerwasser richtig fieses Zeugs in die Wunde kommt, wo man dann schon sowas wie ne zufällige Kräuterhexe als Hilfe braucht.
Außerdem für Bewusstlosigkeit muss einem da auch mal gut ein Liter blut verloren gehen und um gut kämpfen zu können braucht man da auch erstmal wieder viel kräftigendes Essen um das alles nachzumachen.

Dann würde ich eher auf das Aussetzen der Atmung verzichten - er wird aus dem Wasser gerettet, atmet dabei noch, und ist wegen der Kopfverletzung bewusstlos und beim aussetzen der Bewusstlosigkeit gehts direkt mit Schlafen aufgrund der ermüdenden Unterkühlung weiter.



et cetera

Oh, da habe ich mich sehr unklar ausgedrückt. Bei dem Szenario mit der Fleischwunde hätte ich die Bewusstlosigkeit weggelassen. Das sähe dann in etwa so aus:
Er bekommt die Wunde ab (vorher gibt es sowieso einen Kampf), er stürzt zu Boden, schlägt mit dem Kopf auf, ist danach aber nur benommen. Er stürzt ins Meer, wird gerettet, ist aber immer noch etwas desorientiert. Dann entzündet sich die Wunde, er bekommt Fieber und ist von da an nicht mehr ansprechbar. Würde das in etwa gehen?

Cythnica

Klar, sowas geht.
Die Entzündung könnte ihn durchaus einige Zeit kampfunfähig machen, und mit Glück am Ende wieder ohne Rückstände entschwinden ...
Naja... man müsste sich vielleicht nur überlegen, was man gegen die Sepsis ( Blutvergiftung) macht da kenne ich dann leider zu wenig mittelalterliche Methoden für, nicht mein Gebiet.

et cetera

Vielen lieben Dank, du hast mir sehr geholfen :) Ich denke, so in etwa werde ich die Szene machen, auch für die blutvergiftung habe ich schon ein paar Ansätze. Vielen Dank noch mal an alle!