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Bezeichnung für eine Unbekannte

Begonnen von RockSheep, 03. Mai 2013, 12:31:51

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RockSheep

Hallo liebe Zirkler.

Wie in meiner Vorstellung angekündigt belästige ich euch nun mit einer meiner [zensiert] Szenen, an der ich schon so oft geschraubt habe und die mir immer noch nicht gefällt.

Ich hole kurz etwas aus:
Die Geschichte beginnt mit einem Trupp Soldaten, die auf der Suche nach einer flüchtigen Frau sind. Der Hauptmann der Truppe, aus dessen Perspektive erzählt wird, denkt dabei über diese Frau nach. Ihr Name wird aber nicht erwähnt.

Die nächste Szene handelt von einer Frau, die alleine auf der Flucht ist. Es sollte dem Leser sehr schnell klar sein, dass es sich dabei um die Flüchtige aus der ersten Szene handelt.

Nun mein Problem: Wie nenne ich diese Frau? Ich möchte als Erzähler dem Leser nicht ihren Namen einflüstern, da er ihn durch die Geschichte an sich ja noch nicht kennt. Ebenfalls kennt der Leser die Frau noch überhaupt nicht, wodurch viele andere Bezeichnungen wegfallen. Die Szene ist relativ lang und gespickt von ,,sie", ,,die Frau", ,,sie" und ,,die Reiterin", ,,sie" oder ,,die Flüchtige". Auf jeden Fall gehen mir schnell die Bezeichnungen aus und die Wiederholungen sind hässlich zu lesen.  :(

Wie ich das Problem zur Zeit gelöst habe:
Die Frau glaubt plötzlich ihren Namen zu hören, auch wenn sie sich ihn nur einbildet. So erfährt der Leser ihren Namen und ich kann ihn immerhin in der restlichen Szene benutzen. Aber irgendwie gefällt mir die Lösung nicht wirklich. Später stellt sie sich anderen vor und die lernen sie dann kennen und dann ist das Ganze kein Problem mehr. Aber diese erste Szene, in der sie alleine ist, dauert doch ein paar Seiten.
   
Habt ihr eine Idee? Wie habt ihr ähnliche Situationen gelöst?

Ich danke euch schon mal herzlichst!  :knuddel:

das Schaf

Aylis

Hey RockSheep :)
Ehrlich gesagt kenne ich dein Problem sehr gut, weil ich sehr gerne mysteriös schreibe und man mit Namen die ganze Stimmung nur zerstört.
Allerdings weiß ich selbst keine Lösung für dieses Problem der Wiederholungen, weil einem, wie du auch schon bemerkt hattest, die Möglichkeiten ausgehen.
Mein Tipp wäre nun, dass du die betroffe(nen) Szene(n) einfach mal jemand anderem vorliest und den dann entscheiden lässt, ob es wirklich zu viel ist.
Dem Leser fällt es in solchen Situationen oft weniger auf, als dem Schreiber.
Wenn selbst demjenigen auffällt, dass es nervig wird, dann würde ich mir einfach über restliche Formulierungen Gedanken machen und sehen, wo du das Personalpronomen vielleicht vermeiden könntest.
Das wird wohl eine schwere Angelegenheit, deswegen finde ich den ersten Schritt, das Vorlesen oder lesen lassen, sehr wichtig.

Mich als Leser stören solche Wiederholungen kaum, so lange es einen Sinn hat (wie hier die geheimnisvolle Aura) und es sich nicht über das ganze Buch hinweg zieht.
Wenn dir aber all das nichts nutzt, wie wäre es, wenn du die Pronomen immer ein wenig in Szene setzt zum Beispiel kursiv?
Das hat zum Beispiel Tolkien so ähnlich gemacht, in der Szene aus Herr der Ringe, wo Gollum über Sauron und die Riesenspinne spricht.

Ich hoffe, ich konnte dir helfen! :)
Wo genau sollen wir einbrechen? - In die namenlose Festung.

Ryadne

Die Szene mit der Frau, die auf der Flucht ist - welche Erzählweise nutzt du da?

Wenn du einen personalen Erzähler hast - also aus Sicht der Frau erzählst - würde ich gar nicht so viele Bezeichnungen wählen, sondern konsequent beim "sie" bleiben und das auflockern, indem du zum Beispiel statt "Sie lief über das Feld" sowas wie "Ihre Füße verfingen sich in den Pflanzen, während sie über das Feld stolperte" schreibst. Also das ständige "sie" und "ihr" dadurch auflockerst, dass du ihre Sicht eben lebendig beschreibst. Ich lese gerade einen Roman, in dem das über mehrere Kapitel so geht, ohne dass man über die Frau viel erfahren würde und es wirkt nicht eintönig, es steigert im Gegenteil die Spannung.
So etwas wie "die Reiterin" oder "die Flüchtige" würde ich dann ganz weglassen, höchstens als Einstieg einfließen lassen. Aber gerade "die Flüchtige" klingt mir zu stark nach Außenperspektive.


Merwyn

Zitat von: RockSheep am 03. Mai 2013, 12:31:51
Ich möchte als Erzähler dem Leser nicht ihren Namen einflüstern, da er ihn durch die Geschichte an sich ja noch nicht kennt.

Der Leser erfährt den Namen doch aber immer nur, wenn du ihn verrätst.
Oder werden deine Figuren grundsätzlich so vorgestellt, dass jemand in der Geschichte sie mit Namen anspricht?

Aus Sicht des Hauptmanns käme es sehr auf seine Einstellung an, finde ich.
Er könnte sie als "Gesuchte", "Geflohene" oder sogar "Opfer" bezeichnen, aber auch abwertender (wenn er vielleicht wütend ist) als "Tussi", "Schlampe".
Wenn die Frau vorher z.B. irgendwo eingesperrt war, könnte sie auch eine Art Häftlingsnummer zugeteilt bekommen haben und der Hauptmann denkt nur an 123 anstelle des Namens, ähnlich wie in Les Miz.

In der Szene, in der nur die Frau vorkommt, hätte ich persönlich absolut kein Problem, wenn da durchgehend nur "sie" steht. Das mache ich selbst sehr gerne, weil ich finde, das hat was. Nur wenn es Bezugsprobleme gibt, nehme ich zwischen drin "die Frau".
Wenn es die Geschichte nicht zerstört, könntest du evtl. auch in die Ich-Sicht wechseln.

Deine anderen Beispiele wären für meinen Geschmack schon zu gezwungen, wobei es natürlich darauf ankommt, wie du sie im Text benutzt. Ich will nicht absprechen, dass es funktioniert, aber mir sind grundsätzlich weniger Bezeichnungen für eine Person lieber, wenn der Name nicht genannt werden soll.
Wenn man dauernd variiert, kann das auch schnell unübersichtlich werden.
In einer Kurzgeschichte, die ich mal gelesen habe, wurden auch keine Namen genannt, dafür war die ganze Zeit die Rede von "der Brünetten", "der Krankenschwester", "der Kostümträgerin", "der Dame in Highheels"... und ich dachte mir 'Um Gottes Willen, wie viel Frauen kommen da noch? Und was bezieht sich jetzt auf welche?'



Lucien

Ich persönlich hätte auch kein Problem damit, wenn es erstmal bei "sie" bleibt. Ich selbst steige in meine aktuelle Geschichte ein, indem ich aus der Sicht einer Werwölfin auf der Jagd erzähle, ohne sie näher vorzustellen. Es ist die ganze Zeit nur "sie" und "die Werwölfin" und ich habe noch keine Rückmeldung erhalten, dass es irgendwie störend wäre.
Ich habe auch selbst schon einen Roman gelesen, in der eine der Figuren erst sehr, sehr spät überhaupt namentlich bekannt wird. In dem Fall hat die Autorin hauptsächlich die Gedanken der Figur offenbart und nur gelegentlich etwas Handlung einfließen lassen (die Passagen waren meistens aber auch nicht besonders lang).

Luna

Zitat von: Jenny am 03. Mai 2013, 13:51:26
Ich persönlich hätte auch kein Problem damit, wenn es erstmal bei "sie" bleibt. Ich selbst steige in meine aktuelle Geschichte ein, indem ich aus der Sicht einer Werwölfin auf der Jagd erzähle, ohne sie näher vorzustellen. Es ist die ganze Zeit nur "sie" und "die Werwölfin" und ich habe noch keine Rückmeldung erhalten, dass es irgendwie störend wäre.
Ich hätte mit sie auch keine Probleme. Sogar der Altmeister Stephen King bedient sich solcher Mittel. In Schwarz, dem ersten Band vom Dunklen Turm ist bestimmt an die 100 Seiten am Anfang nur die Rede von "er" und "der Revolvermann". Hat mich nicht gestört.

Christopher

Steckbrieflich gesucht: Frau xyz

Männer, das ist unser Ziel! Frau xyz hält sich da und da auf, wir wollen sie uns schnappen usw. usf. möglich sowas in der Art irgendwo einzubauen?
Be brave, dont tryhard.

Churke

Zitat von: RockSheep am 03. Mai 2013, 12:31:51
Die Szene ist relativ lang und gespickt von ,,sie", ,,die Frau", ,,sie" und ,,die Reiterin", ,,sie" oder ,,die Flüchtige". Auf jeden Fall gehen mir schnell die Bezeichnungen aus und die Wiederholungen sind hässlich zu lesen.  :(

Aber Namen zu wiederholen ist in Ordnung?
Ich denke, die Hässlichkeit kommt daher, dass du Unvermeidlichen zu vermeiden versuchst.

Ich würde mir eine (!) Bezeichnung heraus suchen (z.B. "die Reiterin") und immer dabei bleiben, sie verwenden wie einen Eigennamen.

Sven

Man sollte nur nicht davon ausgehen, dass es mysteriös wirke, wenn man dem Leser den Namen einer Figur unterschlägt. Das tut es nicht! Die Figur wird wahrscheinlich vom Leser als nicht wichtig angesehen werden. Man lässt sie nicht an einen heran. Ein Name ist mehr als nur die Bezeichnung für eine Figur. Er ist etwas Persönliches, etwas das uns ein Stück näher an die Figur heranrückt.
Wenn es keinen wirklich triftigen Grund dafür gibt (die Figur als solche z.B. unwichtig ist), würde ich raten, den Namen der Figur zu nennen.

Gibt es diesen Grund, würde ich - wie Churke - eine Bezeichnung wählen und dabei bleiben. Alles andere wirkt zu sehr nach einem "gewollten Vermeiden" und das ließt sich dann holprig.
Beste Grüße,
Sven

RockSheep

#9
Danke euch allen schon mal für die hilfreichen Tips!

Ich hab die Szene jetzt ein paar mal für mich selbst gelesen und einige Sätze und Wörter gedanklich umgestellt. Ich gebe euch auf jeden Fall schon einmal recht, dass ich bei einer Bezeichnung bleiben sollte. Genau dieses "gewollte Vermeiden" hat mich bislang immer an der Szene gestört. Aber es geht mir zu Beginn der Geschichte eben schon gerade darum, den Leser (noch) nicht an die Person heranzulassen. 

@Churke: Nein, Namen zu oft wiederholen ist natürlich auch nicht schön. Aber es brächte etwas Abwechslung hinein ;)

@Christopher & Merwyn: Das habe ich  mir auch schon überlegt. Die Soldaten zu Beginn kennen die Frau schon lange und es wäre kein Problem sie schon dort mit Namen zu nennen. Aber irgendwie will ich einfach, dass der Name erst vorkommt, wenn sie auf die anderen Protagonisten stösst. Vielleicht bin ich da aber zu stur und scheitere genau deswegen an der Szene...

Aber wenn ihr alle sagt, dass euch das nackte "sie" nicht stören würde, muss ich den Text wohl wirklich mal ein paar Leuten zum Probelesen geben und schauen was sie dazu meinen. Mir fallen einige Bücher ein, in denen das auch so gehandhabt wird und bei einigen fand ich es mit der Zeit halt störend und bei anderen nicht. Ich schätze da bin ich auf Fremdmeinungen angewiesen.

Ganz bestimmt werde ich die Szene aber etwas umschreiben.  Ich habe bemerkt, dass ich viel zu wenig aus der Perspektive der Frau selber schreibe. Und eigentlich wollte ich in der Szene genau das, nun ist es häufig eher beobachtende Sicht. Danke Ryadne für die Erinnerung!

Danke euch allen! Ich bastle mal ein wenig daran rum, such mich Versuchskaninchen und lasse euch wissen, ob ich eine Lösung gefunden habe, die mir passt.  ;)

RockSheep

So. Ich hab mal etwas rumgebastelt und es jemandem zum Lesen gegeben. Und offenbar liegt es wirklich an mir, dass ich es während dem Schreiben als störend empfand.
Danke nochmals für eure Hilfe!