• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

[Geschichte] Etikette am Hof Ludwigs XIV.

Begonnen von Rynn, 28. Dezember 2012, 23:20:41

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Rynn

Für eine Kurzgeschichte, die ich gern auf einem Ball Ludwigs XIV. spielen lassen würde, suche ich nach Infos über das Hofzeremoniell, über die Art, wie Gäste auf diesen Bällen vorgestellt wurden, und, vor allem, Infos darüber, wie sich die Adeligen untereinander angesprochen haben. Nannte man einen Comte wirklich "Comte", wie Filme es uns ja gern weismachen wollen, oder doch einfach bloß "Monsieur"?
Falls jemand da Tipps zu Internetseiten oder Büchern hat oder selbst aus Recherchewissen schöpfen kann, würde ich mich über Antworten sehr freuen. Vielen Dank. :knuddel:
»Dude, suckin' at something is the first step to being sorta good at something.« – Jake The Dog

Sprotte

Georgette Heyer "Der Page und die Herzogin" (These old Shades). Das ist zwar Ludwig XV., aber das dürfte nicht viel ändern. Dort ist ein Levée bei Hof beschrieben. Heyer ist berühmt für ihre akribische Recherche und Detailarbeit. Außerdem ist das Buch verdammt gut.
"Monsieur le Comte", "Monsieur le Duc" habe ich bei Heyer gelesen und noch gut im Kopf.

Ratzefatz

#2
"Die drei Musketiere" spielt zur Zeit Ludwigs XIII., die erste Fortsetzung zur Zeit des (minderjährigen) Ludwigs XIV. und die weiteren Fortsetzungen dann zur Regierungszeit Ludwigs XIV.. Ist zwar nicht ganz die Epoche, die du suchst, aber vielleicht reicht das auch? Dumas galt meines Wissens als guter Historiker und hatte im Gegensatz zu heutigen Autoren natürlich den Vorteil, sehr viel näher an der Zeit zu leben, über die er schrieb.

LG
Ratzefatz

EDIT: Ist zwar wohl selbstverständlich, aber die Verfilmungen würde ich zu Recherchezwecken keinesfalls heranziehen! Ich kenne ein paar davon und von Musketieren, die mit Baguettes wie mit Baseballschlägern hantieren, über eine Königin, die mit ihrer Wäscherin einfach so in der Gegend herumreitet, bis hin zu einem Fechtkampf auf einem Luftschiff ist mir da schon allerlei Haarsträubendes untergekommen.
,,Dein Name ist Venko", raunte Zoya in sein Ohr. ,,Venko, Venko, Venko." Sie gab ihm für jedes ,,Venko" einen Kuss und ermahnte ihren Mann: ,,Vergiss deinen Namen nicht!"
,,Wie könnte ich ihn vergessen, meine Zoya", raunte er zurück, ,,wenn ihn vergessen auch dich vergessen hieße?"

Alessa

Spontan fällt mir da Der Sonnenkönig - Das Leben Ludwig XIV. - von Karl Bartz ein. Das Buch ist allerdings bereits 1933 im Paul Neff Verlag erschienen - dementsprechend zerlesen sieht mein Exemplar aus.  :versteck: Ich habe es jedoch seit mindestens 17 Jahren nicht mehr gelesen, aber ich fand es damals gut geschrieben und vor allem informativ.

Rynn

Schon mal lieben Dank an euch drei! Das sind auf jeden Fall schon einmal Ansatzpunkte!

@Sprotte
Das ist auch schon mal ein guter Hinweis, danke. Ich habe nämlich erst vor Kurzem eine Dokumentation gesehen, die mit spielfilmähnlichen Szenen unterlegt war, da nannte Ludwig durchweg alle anderen nur "Monsieur", nicht bei ihren Titeln. Das könnte aber auch nur daran liegen, dass er ja der König ist. Oder schlecht recherchiert sein ... :zensur:

@Ratzefatz
Ja, von Filmen wollte ich definitiv die Finger lassen.

@Alessa
Das klingt auch gut, aber ob ich daran komme, hmm ...
»Dude, suckin' at something is the first step to being sorta good at something.« – Jake The Dog

Churke

Zitat von: Rynn am 29. Dezember 2012, 10:01:02
@Ratzefatz
Ja, von Filmen wollte ich definitiv die Finger lassen.

Trotzdem erlaube ich mir, dir der "Der König tanzt" ans Herz zu legen, eine Biographie über Ludwigs Hofkomponisten Jean-Baptiste Lully.

http://de.wikipedia.org/wiki/Der_K%C3%B6nig_tanzt_%28Film%29

Einiges wurde im Dienste der dichterischen Wahrheit geändert (z.B. ist Molière nicht AUF der Bühne gestorben, sondern hinterher), aber im Großen und Ganzen ist das gut recherchiert.


Als literarische Quelle fallen mir noch die Briefe der Lieselotte von der Pfalz ein. Ob die für dich interessant sind, weiß ich nicht, weil sich die an Leute richten, die mit höfischem Zeremoniell vertraut sind.

Ratzefatz

#6
Ein ernstzunehmender Film kann meines Erachtens durchaus eine gute Quelle für Recherchen sein. Und bei den "Musketieren" hat sich Dumas trotz seiner historischen Kenntnisse ja auch dichterische Freiheiten erlaubt - zum Beispiel, dass bei der (realen) Hinrichtung des englischen Königs der Musketier Athos anwesend war und des Königs letzte Worte ihm galten.

Bei den Musketier-Verfilmungen ist es allerdings so, dass diese vor Einfällen strotzen, die Dumas sicher nie und nimmer in seine Werke eingebaut hätte, beispielsweise eben, dass die Königin und ihre Wäscherin gemeinsam herumreiten oder dass sich Porthos über Rocheforts französischen Namen lustig macht, weil ihn dieser an "stinkenden Käse" erinnert. Und das stellt dann eben sicher keine gute Quelle dar.

LG
Ratzefatz
,,Dein Name ist Venko", raunte Zoya in sein Ohr. ,,Venko, Venko, Venko." Sie gab ihm für jedes ,,Venko" einen Kuss und ermahnte ihren Mann: ,,Vergiss deinen Namen nicht!"
,,Wie könnte ich ihn vergessen, meine Zoya", raunte er zurück, ,,wenn ihn vergessen auch dich vergessen hieße?"

Alessa

Zitat von: Rynn am 29. Dezember 2012, 10:01:02
@Alessa
Das klingt auch gut, aber ob ich daran komme, hmm ...

Mh? Derzeit steht es bei mir nur im Regal. Falls es dich interessiert, ist es kein Problem, es auf Reisen zu schicken. Gegen ein wenig Urlaub hat es sicher nichts einzuwenden.  ;)  Den Einband halten zwar nur noch Tesastreifen zusammen, aber die Seiten sind alle in Ordnung.

Rynn

#8
@Churke
Danke, das klingt sehr vielversprechend. Die Briefe sind übrigens auch eine sehr gute Idee, weil sie Beschreibungen liefern, die ich gut gebrauchen kann.

@Ratzefatz
Das ist mir natürlich bewusst, dass es auch Filme gibt, die man nutzen kann. Aber im Zweifelsfall, wenn ich die Recherchequalität nicht einschätzen kann, lasse ich es lieber. ;D

@Alessa
Das ist sehr nett, danke, ich überlege mir das mal. Würde auch nicht wollen, dass dem Buch auf dem Postweg etwas zustößt ... :schuldig:

Einmal der Vollständigkeit halber: Gefunden habe ich eben einen Thread im Geschichtsforum, der sich genau auf die Frage nach der Anrede in dieser Zeit bezieht und die Doku, die ich gesehen habe, zu bestätigen scheint: Ab dem 17. Jahrhundert war ein einfaches "Monsieur" wohl tatsächlich die Anrede der Wahl.

Danke noch mal an alle, das sind schon gute Ansätze. :)
»Dude, suckin' at something is the first step to being sorta good at something.« – Jake The Dog

Ary

Die Briefe der Lieselotte von der Pfalz sind auf jeden Fall lesenswert. Sie haben einen ganz eigenen Humor und geben dem Hofleben ein sehr eigenes Flair. Sie schreibt herrlich drastisch und wenig "höflich". :) Mir haben sie einen Riesenspaß gemacht.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.