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Wikinger und ihre Schiffe

Begonnen von Yora, 19. Juni 2011, 10:43:00

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Yora

Hallo zusammen,
Ich schreibe momentan an einer Geschichte, in der drei Jugendliche und ein Schiffskater ein Meer überqueren wollen. Und das mit einem Wikingerschiff.
Anfangs wagte ich mich zwar noch nicht so recht an die Geschichte ran, da ich nicht unbedingt viel Ahnung von Schiffen habe, aber diese Wikinger reizten mich eben doch extrem...

Also meine Fragen wären einmal folgende:
- Ist es überhaupt möglich, dass drei Jugendliche ein Wikingerschiff alleine steuern oder braucht es dafür mehr Leute (zwei von ihnen haben ziemlich viel Ahnung von Schiffen)
- Hat es denn in einem Wikingerschiff unter Deck (sagt man das überhaupt so ???) viel Platz, hat es überhaupt Platz und wo hatten die Wikinger ihre Essvorräte? Was diese Frage betrifft, habe ich schon versucht mich ein wenig schlau zu machen, ich habe aber einfach nichts sinnvolles gefunden :(

Das ist es vorerst einmal, ich hoffe ihr könnt mir da weiterhelfen.
Vielen Dank schon im Voraus
Yora :jau:

Sprotte

*fingerknöchelknack*

Wikingerschiffe unterscheiden wir in zwei Gruppen: Drachen und Knarr
Drachen sind schnelle, elegante Kriegsschiffe, die je nach Größe durchaus hochseetauglich sind. Es gibt KEINEN nennenswerten Laderaum. Neben den Ruderbänken (vertieft) gab es Nischen zwischen Oberdeck und Schiffsrumpf, in denen die Krieger ihre persönliche Habe stauen konnten.
Bedingt durch die Art des Segels und der Takelung kann ein Drache nicht gegen den Wind kreuzen. Steht der Wind falsch, muß das Segel eingeholt werden, und die Mannschaft muß an die Ruder. Das wird mit drei Leuten schon einmal sehr schwierig. Ist der Drache in einer für drei Mann händelbaren Größe, ist er definitiv nicht hochseetauglich.
Knarr sind breiter gebaut, haben in der Mitte des Decks offenen Laderaum, wo - je nach Größe des Schiffs - auch größere Tiere verladen werden konnten. Knarr kannst Du als Vorläufer der Hansekoggen ansehen (ganz grob). Je nach ihrer Größe sind sie hochseetauglich - und dann wie ein Drache für eine kleine Crew nicht händelbar. Segel und Ruder wie bei den Drachen.

Man geht davon aus, daß die Überfälle auf England, Schottland und Irland mit Drachen geleistet wurden. Alle großen Überfahrten (Grönland, Island, Amerika, Rußland, China, Orient) wurden mit Knarr begangen.

Yora

ZitatJe nach ihrer Größe sind sie hochseetauglich - und dann wie ein Drache für eine kleine Crew nicht händelbar.

Hmm, das ist jetzt ein bisschen blöd...
Wie viele Leute braucht es denn für so ein Schiff? Sonst müsste ich mir etwas mit Magie einfallen lassen.  :hmmm:

Sehr schöne Beschreibung übrigens, die hilft mir definitiv weiter.

Sprotte

#3
Sieh mal hier: Nydam-Schiff
Das ist ein hochseetaugliches Kriegsschiff gewesen, ergo ein Drache
45 Mann Besatzung max.

Auch wunderschön (Drache) aber nicht hochseetauglich: Oseberg-Schiff

Churke

Ich weiß nicht, ob die Wikingerschiffe wirklich so groß sein müssen. Die Knorren (ich schätze mal 7-8 Mann Besatzung) erreichen ihre Hochseetauglichkeit in erster Linie durch die Bauform. Sie reiten auf den Wellen und sind wirklich genial konstruiert. Ich könnte mir also durchaus vorstellen, dass man sich auch mit einem kleineren Schiffe aufs Meer hinaus wagen kann.
Allerdings ist die Navigation nicht einfach. 

Sprotte

Natürlich ist die Bauart entscheidend. Das Oseberg-Schiff ist "Leichtbauweise" und deswegen nicht hochseetauglich.
Das Problem mit dem Segel besteht aber auch bei einer kleinen Knarr. Gegen den Wind kreuzen ist nicht. Das heißt dann entweder, sich solange dumm treiben zu lassen, bis der Wind wieder in die richtige Richtung bläst - oder rudern, und das wird mit drei Mann nicht zu leisten sein.

Sookie

Uiui, Wikinger, mein Lieblingsthema! :wolke:

Ich habe ungefähr zwei Dutzend Bücher zum Thema, aber zum Thema Schiffe weiß ich leider nur recht wenig, also auch nur das, was Sprotte schon geschrieben hat. Und da meine Bücher alle schon in Umzugskartons sind, kann ich da im Moment auch nicht mehr nachschlagen...

Was das Thema Besatzung angeht, ist es aber ziemlich sicher, dass man auf einem solchen Schiff definitiv jeden einzelnen Mann braucht, und das sind bei den größeren Schiffen sehr viel mehr als drei. In den Romanen von Bernard Cornwell wird immer wieder betont, dass die Wikinger nur dann kämpfen, wenn sie sicher sein können, ohne große Verluste durchzukommen, da sie sonst ihre Schiffe nicht mehr steuern können.

LG,
Sookie


Churke

Also ich denke mal, "Hochsee", "kreuzen" und "rudern" verträgt sich sowieso nicht. Normalerweise folgt man bei längeren Fahrten der vorherrschenden Windrichtung.


Dieses Schiff hier kann von 5 Mann gesegelt werden und ist offenbar hochseetauglich:

http://www.vikingtoday.com/ships/denmark/freja-byrding.htm

Sookie

Zitat von: Churke am 19. Juni 2011, 13:30:40
Also ich denke mal, "Hochsee", "kreuzen" und "rudern" verträgt sich sowieso nicht. Normalerweise folgt man bei längeren Fahrten der vorherrschenden Windrichtung.

Ok, sorry wenn das hier jetzt zu sehr vom Thema abkommt, aber das verstehe ich gerade nicht so richtig. Ich will nach Grönland, der Wind kommt aber dummerweise von Norden und dann fahre ich stattdessen eben nach Frankreich?

Noch eine Seite (leider größtenteils nur auf englisch und dänisch) über verschiedene Schiffstypen: http://vikingeskibsmuseet.dk/en/research/ship-archaeology/the-skuldelev-ships-i/?T=&S=4

Yora

Vielen Dank an alle, für die Antworten.

Scheint, als wäre das wirklich nicht so leicht mit drei Leuten... :hmmm:
Ich werde es wohl so machen, dass sie entweder irgendwo heimlich mitsegeln oder sich erst eine Mannschaft zusammensuchen. Die Methode mit der Magie scheidet aus, sonst wäre damit ja alles möglich und das würde die ganze schöne Geschichte zerstören.  :seufz:

Churke

Zitat von: Sophie am 19. Juni 2011, 16:00:09
Ok, sorry wenn das hier jetzt zu sehr vom Thema abkommt, aber das verstehe ich gerade nicht so richtig. Ich will nach Grönland, der Wind kommt aber dummerweise von Norden und dann fahre ich stattdessen eben nach Frankreich?

Sofern du weit genug nördlich startest (z.B. in Norwegen) kannst du auch mit Nordwind ("am Wind") nach Grönland segeln.
Wenn nicht, wartest du eben auf Wind. Hochseestrecken lassen sich nicht rudern, weil es den Ruderern einfach an Leistung fehlt. Es dauert zu lange und gegen Wind und Strömung zu rudern dauert noch länger. Du darfst nicht vergessen, dass eine solche Überfahrt immer ein großes Risiko darstellt. Je schneller du bist (und diese Schiffe waren bequem doppelt so schnell wie eine Hanse-Kogge), desto geringer ist das Risiko, dass das Wetter umschlägt. Davon abgesehen hatten die damals noch kein GPS oder so etwas. Man navigierte über Windrichtungen, Fischschwärme, die Farbe des Wassers (Golfstrom!) etc..

Wind war früher ein Riesenproblem. Die römische Getreideflotte pendelte im Wechsel der Jahreszeiten zwischen Rom und Ägypten. Das heißt, man konnte die Fahrt nur ein (!) Mal im Jahr machen. 

Berjosa

Hallo Yora,

Wenn in deiner Geschichte der Personalbedarf wichtiger ist als der Drachenkopf, schau vielleicht mal nach "The Brendan Voyage" von Tim Severin. Ich weiß nicht mehr ganz genau, mit wie vielen Leuten die ihre Atlantiküberquerung geschafft haben, aber es waren deutlich weniger als 40.