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Die Nationalbibliothek in Wien - Hatten Frauen Zutritt?

Begonnen von saraneth, 02. September 2008, 16:27:52

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saraneth

Hallo ihr Lieben,

ich habe zur Zeit ein kleines Problem, was sich um die Nationalbibliothek Österreichs in Wien dreht.

In der Zeit um 1722 ließ Leopold I an die Hofburg Wiens ein Gebäude für die Hofbibliothek anbauen. Später in den Anfängen der Aufklärung regten sich erste Klagen, dass die Bibliothek nur repräsentativen Zwecken diene und ein Herr van Swieten sorgte dafür, dass sie um wissenschaftliche Werke bereichert wurde. Zu dieser Zeit bestand Wien nur aus dem heutigen ersten Stadtteil.

Nun frage ich mich, ob die Bibliothek um die Zeit von 1740 - 50 auch für adlige Frauen zugänglich war? Es wäre für meine Geschichte enorm wichtig, dass meine Prota zumindest Zutritt zu einigen Bereichen bekommt (den Zutritt zu den anderen verschafft sie sich dann schon ;)).

Wisst ihr darüber etwas?


LG
saraneth

Elena

Ich konnte leider nichts dazu finden und weiß es auch nicht weiter, aber die Frage ist hier vielleicht auch, ob überhaupt jemand ohne weiteres Zutritt zu der Bibliothek hatte. Wenn ich das richtig verstanden habe, gab es nämlich erst im 19. Jahrhundert die "öffentliche" Bibliothek, wie wir sie heute kannen; möglich wäre es also auch, dass zu der Hofbibliothek niemand so ohne weiteres Zugang hatte.
Bei einer Einladung vom Kaiser (Kaiser Karl VI. ließ die Nationalbibliothek erbauen, Leopold I. hatte nur die Pläne dafür bereitgestellt), wo beim Rundgang des Hauses die Bibliothek gezeigt wird - vielleicht, oder wenn man als Gelehrter für die Arbeit dort eingeladen wurde (was Frauen wohl kaum passiert sein dürfte).
Einfach mal vorbeikommen und herumstöbern, wie wir es heute von den Bibliotheken kennen, denke ich, eher nicht; wenn ich mich nicht irre, dürfte das ganze mehr eine Art Zimmer mit Büchern im Hause des Kaiser gewesen sein.

Das sind aber mehr Überlegungen, die ich aufgrund der Wikipedia-Artikel zur Bibliotheksgeschichte und der Nationalbibliothek habe. Genauer weiß ich leider nichts, sorry ...

Julia

Könnte man dort nicht einfach anrufen und fragen?
Die Leute vor Ort sind doch bestimmt sehr aufgeschlossen, wenn sie hören, dass es sich um eine Recherche für ein Buch  ;D handelt ...

Tenryu

Hier gibt es einen ausführlichen Abriß der Bibliotheksgeschichte:

http://www.ib.hu-berlin.de/~pz/zahnpage/wienonb.htm

Demnach war die Bibliothek bereits im 16. Jhd. teilweise öffentlich zugänglich.
ZitatMit dem Neubau wurde die Bibliothek 1727 öffentlich. Kaiser Karl VI. (1685-1740, Kaiser 1711) erließ eine Bibliotheksordnung, in der es u.a. heißt: "Das gewünschte Buch soll man verlangen, benützen und dabei rein bewahren, es also nicht durch Riß oder Stich beschädigen, noch mit Notizen bekritzeln ... - Man soll sich auch nicht auf das Buch stützen, noch beim Schreiben das Papier auf dieses legen. Tinte und Streusand möge man weit entfernt halten. Unwissende, Diener, Faule, Schwätzer und Herumspazierer mögen fernbleiben" - und "der Benützer hat nichts zu bezahlen, er soll bereichert weggehen und öfter wiederkehren (Weltgebäude ... S. 12f). In der Praxis war aber die Benutzung auf Gelehrte beschränkt. Ein von Garelli schon 1723 gefordertes heizbares Lesezimmer wurde erst 1769 eingerichtet, bis dahin blieb die Bibliothek im Winter geschlossen! - Ausnahmsweise wurden Handschriften in den Privatwohnungen der Bibliothekare benutzt. Auch die Schreibtische der Kustoden standen im Lesesaal. Vergebens hatte Gottfried Frh. van Swieten (Sohn Gerard v. S.s, Freund und Gönner Mozarts und Beethovens, gest. 1803) 1779 für sie ein besonderes Kabinett gewünscht. (Erst nach 1860 wurde aber die Bibliothek für die größere Allgemeinheit geöffnet).

saraneth

Oh, danke Tenryu!

Theoretisch könnte meine Protagonistin also auf das Recht pochen dort hinein zu dürfen? Sie hat Verbindungen zum Königshaus. Das könnte doch gehen, oder?

Tenryu

Ja, warum nicht? Schließlich gab es im 18. Jahrhundert durchaus gebildete Frauen. Zwar waren sie keine Gelehrten, weil sie nicht an den Universitäten als Studenten zugelassen waren. Doch gerade die vornehmen Damen hatten viel freie Zeit, in der sie sich mit Literatur und Musik beschäftigten.

Geli

ich fürchte, Ihr denkt verkehrt herum

keine Dame des Adels hatte es zu jener Zeit nötig, mit ihren eigenen Füßen irgendwohin zu gehen, außer in die Kirche. Es wäre auch sehr unschicklich gewesen, gegen jede Konvention.
Frau schickte entweder ihren Sekretär, oder den Leibdiener, die Vorleserin - die wiederum in Begleitung eines männlichen Bediensteten (unterer Kategorie)
im Zweifelsfall ließ sie sich die nötigen Texte auch abschreiben

Tenryu

Als unschicklich würde ich das jetzt nicht gerade bezeichnen. Schließlich gehört die Bibliothek zum kaiserlichen Hofstaat. Ins Theater und in die Oper ging man damals ja auch. Und das waren schon viel suspektere Vergnügungen.
Aber es stimmt, damals hatten die Herrschaften so viel Personal, daß man nichts wirklich selber erledigen mußte.

saraneth

Ich werde noch einmal an anderer Stelle fragen und versuchen selber noch etwas herauszufinden (vielleicht gibt google ja noch etwas preis?).

Ich danke euch auf jedenfall für eure Antworten!


LG
saraneth