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[Medizin] Einweisung in eine psychiatrische Anstalt

Begonnen von La Variée, 25. Dezember 2014, 23:57:46

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Mondfräulein

Ich habe jetzt eine Weile über deine Idee eines "Psycho-Dorfes" nachgedacht und bin nicht sicher, ob das Konzept dahinter überhaupt Sinn macht. Ich bin auf diesem Gebiet keine Expertin, das gleich vorweg, aber sollte eine Psychotherapie nicht darauf abzielen, den Patienten ein halbwegs normales Leben innerhalb unserer Gesellschaft zu ermöglichen? Alleine deshalb würde eine Unterbringung in diesem Dorf nur dann Sinn machen, wenn eben das nicht mehr möglich ist. Das dürfen aber wiederum keine Personen sein, die sich selbst oder andere gefährden, weil diese wiederum eine intensivere Betreuung benötigen, als in so einem Dorf wahrscheinlich möglich ist.
Ich kene das Gelände, das du im Auge hast und so gut abgeschottet ist das wiederum auch nicht, als dass man mit viel Mühe und gutem Willen hinein und heraus gelangen könnte. Es bleiben eben nur Personen übrig, die weder sich selbst noch andere gefährden, aber nicht mit unserer Gesellschaft klar kommen und zudem das Geld für so eine Unterbringung haben. Und ich schätze, dass das nicht allzu viele Personen sein werden.

Zudem kommt hinzu, dass ich nicht weiß, ob das Konzept eines abgeschotteten Dorfes, das für Demenzkranke vielleicht durchaus sinnvoll ist, für psychisch erkrankte Menschen ebenfalls hilfreich ist. Da würden viele Menschen mit wahrscheinlich sehr unterschiedlichen Krankheitsbildern aufeinander treffen und ich bin nicht sicher, ob nicht entweder ein betreutes Wohnen innerhalb unserer Gesellschaft oder die Unterbringung in einer Klinik nicht vielviel sinnvoller ist. Die Menschen einfach so abzuschotten klingt weniger nach Hilfe als einfach nach Problembeseitigung und weckt in mir ehrlich gesagt unschöne Assoziationen.

Zudem musst du, wenn du echte psychische Störungen erwähnst oder gar bei deinen Protagonisten diagnostizieren lässt, extrem vorsichtig sein. Gerade gegenüber Menschen mit psychischen Störungen kann das leicht falsch rüberkommen, wenn du vorhandene Klischees bedienst oder die Störungen falsch darstellst, denn auch Menschen mit den Störungen, die du beschreibst, werden deine Bücher lesen. In unserer Gesellschaft gibt es sehr viele Vorurteile gegenüber psychischen Störungen und es findet noch immer eine ungeheuere Stigmatisierung statt. Da musst du verdammt gut recherchieren. Ich will dir deine Ideen und deinen Plot nicht schlecht reden, ich wollte es nur vorsichtshalber einmal gesagt haben. Ich hoffe, du weißt, dass du dich da auf einem sehr heiklen Terrain bewegst und bestimmt gehst du mit der nötigen Feinfühligkeit an die Sachen heran, aber ich sage das lieber einmal zu oft als einmal zu wenig.

Aphelion

Hallo La Variée ,

deine Idee hat einige Problemzonen - ich versuche mal, einige davon aufzuzeigen und äußere meine Gedanken dazu. :) Fangen wir mal mit der neueren Idee des Dorfes an ...

Möchtest du eine dystopische Gesellschaft in deiner Geschichte aufbauen? Dann könnte ich mir so ein Dorf vorstellen; es ist noch gar nicht so lange her, dass man psychisch Kranke einfach nur weggesperrt hat und nicht vorhatte, sie wieder in die Gesellschaft zu integrieren.
Genau das wäre nämlich die Folge deines Psycho-Dorfes. Bei dementen Menschen kann man darüber streiten - denn dementielle Syndrome sind nicht heilbar. Man kann z.B. den Abbau der Nervenzellen im Gehirn, d.h. letztlich das schrittweise Absterben des Gehirns, zwar mit einigen Mittel manchmal verzögern - man kann es aber nicht rückgängig machen. Deshalb ist Demenz eine Einbahnstraße. Andere psychische Störungen sind jedoch keine solche Einbahnstraßen.
Menschen, die eine heilbare psychische Erkrankung haben, eine Chance auf eine "normale" Zukunft zu nehmen, halte ich nicht für ethisch vertretbar. Wenn du wie gesagt ein dystopisches System erfinden willst, kannst du deshalb auf so ein Dorf zurückgreifen - wenn du einen realistischen, konstruktiven Ansatz suchst, würde ich dir davon abraten, so etwas in deine Geschichte aufzunehmen.

Offene oder geschlossene Wohngruppen verfolgen ein ganz anderes Konzept. :) Die Idee ist dabei nämlich, einen halbwegs normalen Tagesablauf in einer halbwegs normalen Umgebung zu ermöglichen. Das erhöht die Chancen für die dort lebenden Menschen, Selbstständigkeit (wieder) zu erlernen oder zu erhalten und bewahrt sie vor psychischem Hospitalismus.

Eine allgemeine Bemerkung zum Begriff "geschlossene Station" rasch eingeschoben: Menschen in einer geschlossenen psychiatrischen Abteilung sind *nicht* weggesperrt. :) "Geschlossen" heißt nur, dass es Absprachen gibt, was das Verlassen der Station betrifft. Das Verlassen der Station ist jedoch grundsätzlich möglich; je nach individueller Situation werden entsprechende Entscheidungen getroffen. Eine Unterbringung infolge einer richterlichen Anordnung ist ein anderes Kaliber.

Zum Thema Schizophrenie bei Kindern: Ist ein bisschen OT, aber es gibt wenige (weltweit vielleicht eine handvoll) Kindern, bei denen die Diagnose anerkannt wurde. Aber nur durch massive Bemühungen der Eltern und weil die Positivsymptome (v.a. Halluzinationen in diesen Fällen) extrem stark ausgeprägt waren.

Lothen

Ich stimme da mit Aphelion überein: Das Konzept eines "Psycho-Dorfes" passt für meinen Geschmack nur in eine dystopische Realität.

Wie Aphelion schon gesagt hat: Ziel JEDER Behandlungsmaßnahme ist es, dem Patienten die Möglichkeit zu geben, den eigenen Alltag (in einem gewissen Rahmen) selbständig meistern zu können und ihm Lebenfreude zurückzugeben. Das ist bei manchen Störungen sogar entscheidender als die Linderung von Symptomen. Selbst bei gefährlichen Straftätern ist das Ziel einer Therapie die Resozialisierung und die Rückführung in den "normalen" Alltag. Freiheitsentziehnde Maßnahmen sind aus gutem Grund an extreme Bedingungen gekoppelt (Straffälligkeit, Selbst- und Fremdgefährdung) und auch wenn sich die Patienten innerhalb des Dorfes frei bewegen dürfen, wären sie in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt, weil sie es ja nicht verlassen dürfen. Das wäre rechtlich sicher problematisch.

Abgesehen von einigen neurologischen Störungen (Parkinson, Demenz, Chorea Huntington) gibt es keine psychische Erkrankung, die wirklich "unheilbar" wäre. Selbst bei schweren Fällen von Schizophrenie kann es zu einer Spontanremission kommen. Und selbst kleine Fortschritte sind Fortschritte. Wenn ein schwer psychotischer Patient beispielsweise soweit stabilisiert werden kann, dass er in geschütztem Rahmen (z.B. Behindertenwerkstätten) arbeiten kann, ist das eine Supersache und gibt dem Patienten ein Stück Alltag und ein Stück Lebensqualität zurück.

Außerdem gebe ich Mondfräulein recht: Wenn in diesem Psychodorf vor allem schwer gestörte Patienten leben würden, für die es keine anderen Optionen mehr gibt, bräuchte man ein extrem dichtes Sicherheitssystem, damit nichts passiert. Und das würde dem Konzept wiederum entgegenstehen.

Also Fazit: Dystopisch: ja, im "realen" Deutschland: eher nein.

Tintenvers

Ich bin jetzt nach einigen Überlegungen zu einem Schluss gekommen und eure Kommentare verstärken diese nur zusätzlich. Ein "Psycho-Dorf" in dem Sinne passt nicht in meine Geschichte. Zum Einen aus den von euch genannten Gründen, aber zum Anderen auch, weil die Idee viel zu umfangreich für die eigentlich angedachte Geschichte ist und irgendwie auch zu sehr die Geschichte vom Grundplot her beeinflusst. Ich habe das "Psycho-Dorf" also nun zur Seite geschoben - vielleicht grabe ich es eines Tages aus und mache da etwas Eigenständiges draus.

Eric wird nun also in einer WG untergebracht. Zum Anderen bin ich zum Schluss gekommen, dass man bei ihm zunächst einen Asperger Autismus diagnostiziert hat, einige Jahre später jedoch Shizophrenie, weil Eric ja eben doch viele, klassische Symptome zeigt.

@Mondfräulein, danke für den Hinweis, darum bin ich ohnehin sehr bemüht. Ich habe es ja auch gelegentlich beruflich mit solchen Menschen zu tun - und  weiß deshalb auch, dass diese Menschen unter anderen auf Fremde ganz normal wirken können. Ich werde also versuchen, möglichst wenig Klischees zu bedienen.