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[Pferd] Welche Gangart für schnelle Manöver?

Begonnen von gbwolf, 08. August 2013, 19:51:13

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gbwolf

Meine Protagonistin ist auf einem fünfgängigen Quasi-Isländer unterwegs. Das Gelände ist hügelig, vulkanisch geprägt, relativ offen, mit wenigen niedrigen Büschen und Krüppelbäumen. Sie ist bergab auf der Flucht und entschließt sich, das erschöpfte Pony (Im Notfall wird sie es zuschanden reiten, um zu überleben) "Haken" schlagen zu lassen.
Aktuell töltet die Stute, um sich ein wenig von der Jagd zu erholen, aber die Verfolger haben Schusswaffen und trittsichere, schnelle Paarhufer, die auf diesem Gelände überlegen sind.
Ich stelle mir jetzt vor, dass die Protagonistin ihr Pferd in enge Wendungen treibt, damit sie nicht so gut getroffen werden kann. Ist so eine Art "Barrel Racing" im Tölt oder Passgang überhaupt möglich? Oder sollte sie für schnelle Manöver lieber einen leichten Galopp versuchen?

Und wo ich die Pferdeexperten gerade an der Strippe habe: Gibt es noch ein anderes Wort für "zuschanden reiten/schinden"? Ich bin gerade absolut unsicher, ob ich schonmal etwas in der Art gelesen habe oder mein müdes Hirn mir gerade einen Streich spielt.

canis lupus niger

#1
Die richtige Gangart hängt vom Gelände ab. Grundsätzlich soll man einen Hang ja gerade hinunterreiten, also das Pferd quasi auf dem Hintern runterrutschen lassen. Wenn man einen Hang schräg (oder in Kurven und Wendungen) hinunterreitet, kann das Pferd wegen der geringen seitlichen Beweglichkeit seiner Beine leicht stürzen und sich überschlagen. Also würde ich ein echtes "Hakenschlagen" wie bei einem Hasen für nicht machbar halten. Was ginge, wäre vielleicht ein Hin und Herspringen. Aber bedenke, dass ebenfalls schnell reitende Verfolger eine sehr unsichere Schussposition haben. Das Ziel bewegt sich, sie selber bewegen sich. Treffer sind unter solchen Bedingungen eh nur zufällig vorstellbar. Durch das Hakenschlagen/Slalomreiten würde sehr viel geschwindigkeit verlorten gehen. Kann sich Deine Reiterin das wirklich erlauben?

Der Tölt ist gerade auf unsicherem Boden eigentlich eine der sichereren Gangarten, weil das Pferd immer mindestens einen Huf auf dem Boden hat und die Schwebephase (mit der Landung) von Trab und Galopp entfällt. Ein paarhufiges Tier, das auf offenem Gelände schneller läuft als ein Pferd müsste meiner Meinung nach langbeiniger sein, damit es längere Schritte/Sprünge machen kann. Jedenfalls denke ich, dass diese Paarhufer mit den langen Beinen bergab eigentlich benachteiligt sein müssten. Aber vielleicht ist das Gefälle ja nicht so stark. Du wirst Dir das entsprechend überlegt haben ...  ;) Der Vorteil von Galopp gegenüber Tölt ist tatsächlich, dass (nach einem schnellen Handwechsel = Umspringen von Rechts- in den Linksgalopp oder umgekehrt), eine schärfere Wendung auch im hohen Tempo möglich ist.

Vom Sprachgebrauch her gefällt dir vielleicht das weniger oft zitierte "zu Tode reiten" besser als "zuschanden reiten" ? Du kannst es ja auch auch umschreiben. "Sie trieb das Tier gnadenlos weiter und weiter über seine Leistungsgrenzen hinaus. Gnade konnte sie sich nicht leisten."   

Cairiel

Pass kann ich für so eine Aktion auf jeden Fall nicht empfehlen. Soweit ich weiß, tendieren Pferde dabei oftmals dazu, unbeweglicher zu werden.

Zitat von: canis lupus niger am 08. August 2013, 20:18:30
Aber bedenke, dass ebenfalls schnell reitende Verfolger eine sehr unsichere Schussposition haben. Das Ziel bewegt sich, sie selber bewegen sich. Treffer sind unter solchen Bedingungen eh nur zufällig vorstellbar.
Ich weiß nicht. Jemand, der darin ausgebildet wurde, vom Rücken eines Reittieres aus zu schießen, kann darin schon gut werden. Das sollte kein Problem für die Verfolger sein. Und so wendig ist ein Pferd eben im Normalfall nicht, dass es wirklich sooo schlecht zu treffen wäre. Vielleicht nicht gleich tödlich, aber Trefferchancen würde ich einem ausgebildeten Schützenreiter schon einräumen.

Für das "Hakenschlagen" könnte ich mir rein theoretisch den Galopp vorstellen. Einem Pferd fällt es doch soweit ich weiß leichter, aus einer Kurve heraus anzugaloppieren (zumindest funktioniert das auf unserem kleinen Reitplatz nur so), und wenn sie in den Kurven immerzu vom Rechts- in den Linksgalopp wechseln würde und andersherum ...? Wichtig wäre es dabei, dass sie im Sattel sehr gut im Gleichgewicht bleibt - die Flugkraft wird sie ja nach außen aus der Kurve ziehen wollen. Dadurch besteht die Gefahr, dass sie aus dem Sattel fliegt (ist mir in einer vergleichbaren Situation schon mal passiert) oder aber sie bringt ihr Pferd aus dem Gleichgewicht, wodurch dieses durchaus stürzen könnte, stelle ich mir vor.
Dieses Szenario sollte von Pferdekennern noch einmal überprüft werden, das sind wie gesagt nur theoretische Überlegungen eines einfachen Freizeitreiters. Ich schätze aber auf jeden Fall, dass das Pferd dafür gut ausgebildet sein müsste, damit es keinen Hufensalat bekommt.

gbwolf

Danke für eure Gedanken. Ein paar Sachen werde ich am besten mit weniger Details und Fachwörtern beschreiben. Da die Zielgruppe SF-Fans sind, werden sie das mehrheitlich wohl eh nicht honorieren. Meine eigene Pferdemädchenkarriere ist halt schon ein halbes Leben her, deshalb freue ich mich, hier so viel fragen zu können.
Eine Reitexpertin habe ich an der Hand, sie wird die fertige Szene noch lesen, die sehe ich aber erst in ein oder zwei Wochen wieder.

Ganz so steil ist es nicht, sie ist beinahe aus den Hügeln raus. Aber es ist auch nicht flach genug für ein durchgehend schnelles Tempo. Ich erinnere mich da gerade mit Schrecken an einen sehr steilen Abhang, den ich mal mit einem Isländer runter bin *schluck* So schlimm soll es nicht sein.
Die Verfolger haben eine Art schlanke, langbeinige Yaks. Wenn ich mir Filme von Gämsen ansehe, wie die den Hang runterflitzen, hatte ich jetzt gedacht, die könnten mehr Tempo machen als ein trittsicheres Pony. Da das Tier der Protagonistin sehr erschöpft ist, holen die Verfolger auf jeden Fall auf.
Du bringst mich aber auf eine Idee, wenn die Haken schlecht durchführbar sind: Auf dem Terrain kann die Stute sich vertreten und stürzen.

"Zu Tode reiten" ist eine schöne Formulierung, aber ich denke, ihr blutet das Herz mehr, wenn sie später mitansehen muss, wie körperlich zerstört das Pferd durch den Ritt ist. Tja, aber Gnade kann sie sich wirklich nicht leisten, ich werde noch den einen oder anderen Heckenschützen mit gutem Schussfeld positionieren.

Pferd und Reiterin sind auf jeden Fall in guter Form und exzellent ausgebildet, auch der Sattel ist eine Maßanfertigung. Die Schützen sind weder ausgebildet, noch verfügen sie über Waffen, die besser als Musketen sind. Die Überlebenschancen der Protagonistin stehen ganz gut, aber das weiß sie zu diesem Zeitpunkt nicht.

Volker

Schnelle Reaktion bzw. Hakenschlagen setzt voraus, dass die Beine relativ zum Schwerpunkt vergleichsweise spontan um- bzw. eingesetzt werden können..

Im Stand wie auch im Schritt ist das Gewicht des Pferdes mittig zwischen allen Standbeinen verteilt, die Beine sind fast alle die ganze Zeit auf dem Boden - Richtungswechsel sind fast instantan möglich.

Beim anderen Extrem, dem Galopp sind die Beine die meiste Zeit in der Luft - und können dadurch schnell extrem verlagert werden - was allerdings erst beim nächsten Aufkommen Wirkung zeigt. Außerdem ist durch das höhere Tempo eine starke Richtungsänderung durch die Massenträghiet kraftraubend und vergleichsweise weniger "eckig".

Da beim Pass das (Gleich)gewicht auf der Bewegungslinie liegt, ist ein Hakenschlagen deutlich schwieriger, da dies vorangehende Gewichtsumlagerung und Gangartwechsel voraussetzt. Im Gegensatz dazu kreuzen beim Trab die Beine um den Schwerpunkt, mit jeweils zwei Beinen am Boden, wodurch ein Richtungswechsel deutlich einfacher sein sollte.

Der Tölt ist eine vergleichsweise komplizierte Gangart, bei dem wechselnd ein oder zwei Beine auf dem Boden sind. Da dürften schnelle Wechsel eher aufwändig und stolperanfällig sein.

Wenn die Verfolger Paarhufer reiten, dann könnte es bei diesen eventuell ein Passgang sein - und damit weniger wendig als ein im Wesentlichen gleich schneller Trab?

(reine Theorie, ich hab' da keine Praxis)

canis lupus niger

#5
Im Tölt muss ein Pferd eigentlich nicht wechseln, da er im Grunde ein gerannter Schritt ist. Nur beim Galopp ist ein Handwechsel für eine starke Richtungsänderung notwendig, denn das Pferd spring kontinuierlich mit den beiden Beinen einer Seite zuerst nach vorn. Deshalb spricht man vom Rechts- oder aber vom Linksgalopp. Sogenannte Naturwechsler tun das beim Richtungswechsel (z.B. beim Spielen und Rangeln auf der Weide) von selber. Anderen Pferden wird beigebracht, das auf Kommando zu tun, z.B. für das Barrelrace im Westernreiten, für die klassische Dressur oder auch für schnelle, enge Wendungen beim Springreiten. Unter dem Link findest Du eine aufzeichnung über sehr schnelle Barrel-Race Ritte. Die Pferde springen jeweils kurz vor der zweiten Tonne um.
www.youtube.com/watch?v=j5yWZnpjjN8

Auf langen Strecken ist der Galopp auf jeden Fall die schnellste Gangart. Aber auf abschüssigem, steinigem/rutschigem Boden und wenn ich unterwegs noch seitlich manövrieren will, würde ich eventuell doch den Tölt (falls verfügbar) wählen.

Gemsen, Steinböcke oder Schneeziegen haben eines gemeinsam: Sie haben vergleichsweise kurze Beine und dadurch einen niedrigen Schwerpunkt. Dazu kommen spreizbare Klauen (Paarhufe), die gut Halt finden können. Dadurch können sie sehr geschickt und schnell in Felswänden klettern. Man wundert sich immer, dass die nicht abstürzen. Aber Langstreckenrenner sind sie eigentlich nicht. Das wären unter den Paarhufern (auch in steinigem Gelände) eher Kamele. Renndromedare haben lange Beine und große, flache Füße und sind unheimlich schnell und ausdauernd. Im richtigen Gelände könnten sie vermutlich auch ein Pferd einholen. Auch die indischen Zugochsen z.B. der Rasse Hariana sind kräftige und schnelle Läufer, wenn auch bei weitem nicht so schnell wie ein Pferd. Aber sie zeigen doch, dass auch Rinder sich züchterisch Richtung Renner/Retittiere verändern lassen. So ein paarhufiges Reittier stelle ich mir machbar und sehr interessant vor.