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[Medizin] Das Problem mit der Zunge...

Begonnen von Zurvan, 08. Mai 2013, 14:03:00

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Zurvan

... bei unkontrollierten Zuckungen.

Folgendes Problem:
Ein Charakter durchlebt eine Art Tollwut. Der gesamte Körper schlägt um sich, verkrampft sich und er hat keine Kontrolle mehr über das, was geschieht. Um genau zu sein, bekommt er es nicht einmal wirklich mit.
Er wurde nun an Tisch und Schrank festgebunden, um zu verhindern, dass er sich selbst schlägt, kratzt, oder sonstwas anstellt.
Die Mittel sind definitiv improvisiert. Die Seile stellen einfache Kleidungsstücke dar. Keiner der Anwesenden hat eine Ahnung, wie man helfen könnte. Ein größeres Kissen verhindert, dass er sich den Kopf aufschlägt oder sich gleich den Schädel bricht. Der Charakter fiel nämlich einfach um und liegt jetzt am Boden. Und ein zappelndes Bündel mit Flügeln zu transportieren ist etwas schwierig.
An sich schön.
Aber da gibt es noch das Problem mit der Zunge. Kann ich ihm einfach ein Stück Stoff in den Mund stecken, damit er sich die Zunge nicht abbeißt? Die brauch er nämlich noch. Wie halte ich ihn davon ab, den Stoff zu schlucken und daran zu ersticken?
Die Mittel sind äußerst begrenzt. Hilfe holen ist nicht möglich.

Pestillenzia

Was ich bei einer ähnlichen Frage gelernt habe: am besten ist ausprobieren. Steck dir z.B. ein Geschirrtuch in den Mund und versuche das zu schlucken. Das ist einfach zu groß. Außerdem: ohne dass die Zunge nachschiebt, ist es unmöglich, etwas, das sich im Mund befindet, zu (ver-)schlucken. Vor allem, wenn es Flüssigkeit aufsaugt. Stoff bindet den Speichel und etwas ohne Speichel zu schlucken ist verdammt schwer, selbst wenn es kein Stück Stoff ist (das beliebte Toastbrot-Wettessen scheitert ja im Regelfall auch am fehlenden Speichel).



Luna

#2
Wo befindet er sich denn? Ist es ein normales Zimmer? Ich sehe da gerade so eine Zimmerpflanze mit einem Stamm vor mir, der in den Mund passt. Wenn Du den Stamm auf eine Länge brichst, die über die Länge des Mundes geht, kannst Du ihm den in den Mund stecken, so dass er auf den Stamm beißen kann. Den kann er dann nicht verschlucken.

Edit: Wie wärs mit einer noch nicht zu groß geratenen Yukkapalme? Der Stamm passt von der Dicke her.

Nycra

An ein Stück Holz hab ich auch gedacht. Zur Not ein Stuhlbein oder eine Stuhlspeiche?
Stoff würde ich nur bedingt nehmen. Nicht, weil er sich daran verschlucken könnte. Er könnte daran ersticken, weil die Nase zuschwillt oder sich in dem Stoff etwas befindet, auf das sein Organismus reagiert (ich sag nur: Eine Frage der Ehre, Code Red - keine Ahnung, wie gut das recherchiert ist).

Zurvan

Ok, ich habe festgestellt, dass ein dünnes kleines Tuch besser geeignet ist als ein dickes. (Danke hiermit an Pestilenzia.)

An eine Beißschiene dachte ich auch. Das Problem ist, dass das Stuhlbein einen Teufel tun wird im Mund zu bleiben. Bei dem hin und her des Kopfes wird es rausrutschen. Man müsste es also festbinden. Zuschwellen kann passieren. Es ging zu schnell für die anderen um sehen zu können wo er mit was hinschlug. Knie kann ja auch sein. Dann würde aber vermutlich Nasenbluten darauf hindeuten.

Eine Idee die mir noch kam, war ein Tuch um den Kopf zu binden. Falls es runterruscht kann er sich auch nicht erwürgen, da das Band zu weit und die Hände sich darin nicht verhaken können. So würde verhindert, dass Schluckgefahr bestünde. Klingt das einleuchtend?

Windfeuer

:hmmm: Für mich klingt es einleuchtend.

Mir ist grade noch was eingefallen. Wir wäre es ihm ein Stofftier in den Mund zu stecken, dass er weder runter schlucken noch zu schnell wieder ausspucken kann.

Luna

#6
Mir ist da gerade was aus meinen Erste Hilfe Kursen eingefallen bzg. epileptischer Anfälle, was ja mit dieser Situation vergleichbar ist. Gegenstände um den Patienten herum entfernen etc. ... Da habe ich mal Wikipedia bedient und unter erster Hilfe bei epileptischen Anfällen dieses hier gefunden:
Zitat
Arme und Beine nicht festhalten, nichts zwischen die Zähne schieben. Man sollte nicht versuchen, den Betroffenen festzuhalten oder ihm etwas zwischen die Zähne zu schieben (Mundkeil). Der Betroffene entwickelt in diesem Moment so viel Kraft, dass er während des Anfalls auch vertraute und durchaus starke Menschen verletzen könnte. Außerdem ist die Gefahr, dass er sich die Zunge abbeißt, wesentlich geringer, als dass er bei dem Anfall durch die Kraft des Zubeißens seine Zähne verliert.
Es ist also nicht gesagt, dass man sich bei einem Anfall zwangsläufig die Zunge abbeißt. Kann vielleicht passieren, muss aber nicht. Dein Prota könnte einfach Glück haben und das ist nicht so unwahrscheinlich. Ich werde mal weitersuchen, ob ich noch andere Seiten über Gefahren des Zunge abbeißens finde.

Edit: Hier noch was gefunden: http://www.erstehilfeausbildungen.de/page12.php
Da die Seite sehr lang ist und über diverse Erste Hilfe Maßnahmen berichtet, habe ich Dir mal eine Stelle am Ende zitiert.
Zitat
Für den Ersthelfer ist es wichtig den Patienten in einem Krampfanfall nicht zu berühren, diesen einfach auskrampfen zu lassen und falls möglich Gegenstände an denen sich der Patient verletzen könnte aus dem Gefahrenbereich zu räumen. Auch an Kiefer oder Zunge sollte der Ersthelfer nichts machen, da hier ebenfalls enorem Kräfte wirken. Bedenkt man das ein gesunder Erwachsener Mensch schon 50 - 80kg Kraft in seinem Kiefer aufbringen kann, kann man sich vorstellen welche Kraft ein Patient in einem Anfall aufbringt und dieser für Schäden verursachen könnte.
Doch warum sollte man als Ersthelfer etwas am Gebiss oder der Znge tun, hier besteht die Angst der Patient beißt sich die Zunge ab, diese rutscht nach hinten und verschliesst somit Luft-Speiseröhre. Jedoch wird sich aus der praktischen Erfahrung der Patint nicht die Zunge abbeißen sondern lediglich auf die Zunge beißen. Ein Zungenbiß jedoch ist tolerabel da hier kein gravierender Schaden für den Patienten als auch den Ersthelfer entstehen kann.
Nach den Lesen einiger Seiten: Die Zunge ist ein überaus fester Muskel. Aus Erfahrung von Ärzten, Sanitätern hatten die in ihrer Laufbahn nie eine abgebissene Zunge. Man kann sich höchstens wohl nur übel in die Zunge beißen und auch mal einen kleinen Teil vorne abbeißen, aber nicht ganz durchbeißen. Letzteres ist nach Meinung vieler Sanis/Ärzte nur so ein Gerücht, genau wie der rote Streifen bei einer Blutvergiftung, der zum Herz wandert und dann stirbt man.

Zurvan

Oh, vielen Dank Luna!

Das erledigt automatisch sämtliche Probleme und ich habe sogar noch was dabei gelernt! Da ich nur alte Bilder von festgebundenen Tollwutpatienten kenne, dachte ich, dass es durchaus sinnvoll wäre. Aber dann werden die Patienten wohl nur wegen der Infektionsgefahr derart gebändigt.
Ich wäre gar nicht auf die Idee gekommen, dass man sich eigentlich gar nicht die Zunge abbeißen kann. Gerade weil der Kiefer so extrem kräftig ist und man ja auch Finger u.Ä. abbeißen kann. Könnte man ja fast in einem Spionageroman verwenden.  :hmmm:

Dann lass ich den Chara mal weiterzappeln und die anderen zu Tode ängstigen. Hat auch was für sich.

Luna

#8
Zitat von: Zurvan am 08. Mai 2013, 16:38:45
Das erledigt automatisch sämtliche Probleme und ich habe sogar noch was dabei gelernt!
Das freut mich. Gelernt habe ich auch was ;D. Das mit der Zunge wusste ich vorher ebenfalls nicht. Und, meine Erste Hilfe Kenntnisse konnte ich wieder etwas auffrischen.

Pestillenzia

Zitat von: Luna am 08. Mai 2013, 17:37:22
Gelernt habe ich auch was ;D. Das mit der Zunge wusste ich vorher ebenfalls nicht.

Dito.  :jau:

Lisande

Luna hat die Frage schon beantwortet, aber vielleicht noch mal als Bestätigung von mir (mit Kenntnis eines Epilepsie-Patieten): nicht anfassen.

Die Erklärung, dass diese Patienten extreme Kräfte entwickeln, stimmt, und da sie keinerlei Kontrolle - und oft auch keinerlei Bewusstsein - haben, kann es zu erheblichen Verletzungen der Helfer führen.
Der Zungenbiss ist häufig, aber harmlos. Wir wissen alle, wie es ist, wenn man sich auf die Zunge beißt - dass fühlt sich hinterher sehr eklig an, tut auch weh, aber das ist besser, als wenn ein Möchtegern-Helfer verletzt wird, das kann nämlich wirklich übel werden.

Anfall austoben lassen (dauert in der Regel nur eine Minute) und hinterher auch nicht ausrasten, wenn derjenige erst mal für etliche Minuten mehr nicht ansprechbar ist - auskurieren lassen. Was Du beschreibst ist eine Epilepsie mit Grand Mal http://www.epilepsie-elternverband.de/Grand-mal.38.0.html

Eine sehr typische Nachwirkung ist übrigens, dass der Patient keinerlei Erinnerung an den Anfall selber bzw. auch an die erste Zeit danach, in der er schon wieder bei Bewusstsein ist, hat. Oder zumindest dicke Gedächtnislücken. Ich habe es schon erlebt, dass ich fünf Mal das gleiche gefragt worden bin - in zehn-Minuten-Abständen.