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Handwerkliches => Workshop => Thema gestartet von: Leygardia am 24. Juni 2015, 19:59:28

Titel: Schreiben einer langen Reise?
Beitrag von: Leygardia am 24. Juni 2015, 19:59:28
Hallo liebe Autoren/innen  :winke:
Endlich habe ich mal wieder Zeit zum schreiben gefunden und komme einfach nicht weiter.. Und zwar geht meine Truppe (bestehend aus 6 Leuten) auf eine Reise die 6 Tage dauert. Sie sind zu Fuß und inoffiziell auf den Weg zu einer Stadt. Der "Öffentlichkeit" erzählen sie, dass sie das Portal von der Erde zu ihrer Welt schließen wollen, um mögliche Hinterhälte zu vermeiden, da sich dieser Weg in einer völlig anderen Richtung erstreckt. Jedenfalls müssen sie einen Bergpass durchqueren bei dem sie 3 Tage brauchen. Bis dahin alles kein Problem, ein paar Gefahren und Hinterhälte sind auch schon geplant aber jetzt kommen wir zu meinem Problem.. Und zwar weiß ich nicht, wie ich das schreiben soll..  ???
Ich kann mir vorstellen, dass wenn ich jeden einzelnen Tag eins zu eins beschreibe, es für den Leser langweilig wird, jedoch will ich auch nicht einfach schreiben "Nach dem 6-Tagemarsch, 4 Hinterhälten etc, kommen sie in der Stadt an", denn man soll schon etwas davon mitbekommen, da manche Ereignisse wichtig sind, für den Verlauf der späteren Geschichte..

Ich hoffe ihr könnt mir helfen, liebe Grüße, Ley  :)
Titel: Re: Schreiben einer langen Reise?
Beitrag von: Klecks am 24. Juni 2015, 20:15:13
Ich würde die Reise definitiv so weit wie ohne Langweile möglich ausschreiben, wenn sie so ist, wie du beschreibst. Ein Hinterhalt ist mit Selbstverteidigung/Kämpfen verbunden, und da kann immer etwas passieren, was wichtig ist für die Figuren; ein Kampf hinterlässt auch mental seine Spuren. Und gerade, wenn du sagst, dass manche Ereignisse wichtig sind: Diese Ereignisse würde ich definitiv schreiben, und die kannst du dann miteinander verbinden, indem du ruhigere Dinge - Landschaftsbeschreibungen, Dialoge, Monologe über die Geschehnisse - einbaust.  :D
Titel: Re: Schreiben einer langen Reise?
Beitrag von: Leygardia am 24. Juni 2015, 20:17:27
Da hast du Recht Klecks.. Hoffentlich finde ich die Grenze zwischen Spannung und einfach nur noch Langeweile :D ..
Danke :)
Titel: Re: Schreiben einer langen Reise?
Beitrag von: Siara am 24. Juni 2015, 20:25:11
Das Problem kenne ich, aber nur, wenn ich zu viel drüber nachdenke. Normalerweise ergibt sich immer irgendetwas. "Große" und aktionreiche Ereignisse wie ein Hinterhalt sind möglich, müssen aber gar nicht unbedingt sein, finde ich. Gerade solche Reisen sind toll, um Konflikte zwischen den Figuren aufzuwerfen (oder bereits vorhandene sichtbar zu machen), um Freundschaften zu vertiefen, Geheimnisse auszutauschen und Pläne zu schmieden.

Und ich würde nicht unbedingt jeden Morgen beim Aufwachen anfangen und jeden Abend mit dem Schlafengehen beenden. In ein Kapitel einfach mal mit "Der Himmel färbte sich bereits rot, als sie den Gipfel erreichten" einzusteigen, spart einem eine Menge Zeit, die man nicht füllen muss. Dann reicht meist ein kleiner Rückblick ("Die Hitze des Mittags hatte den Tag dahinkriechen lassen, und niemand hatte sich sonderlich gesprächig gezeigt.") reicht oft schon, damit der übersprungene Zeitraum nicht so leer wirkt. Auch landschaftliche Besonderheiten würde ich nach der ersten Beschreibung nur noch überfliegen, höchstens ein paar bemerkenswerte Details hervorheben.

Hier bietet es sich meiner Meinung nach wirklich an, sich auf einzelne Szenen zu beschränken. Das Abendessen, die Rast, der Fund einer Fußspur oder eines Leichnams, Kampfübungen, was immer deine Protas eben so machen. Wenn man von Szene zu Szene springt und die Zwischenzeiten durch Zusammenfassung überbrückt, ergibt sich ein gut lesbares Tempo, finde ich. Aber ein Gemetzel zwischendruch darf immer sein. ;D
Titel: Re: Schreiben einer langen Reise?
Beitrag von: Miezekatzemaus am 24. Juni 2015, 20:26:53
Du könntest auch einfach nur die Action geschehen lassen und ansonsten Sätze wie "dann und dann liefen sie x Stunden nach bla" einbauen, vielleicht ein wenig eleganter als in meinem Beispiel. Ich habe mal ein Buch geschrieben, da hatte ich auch eine lange Reise drin und ich habe, glaube ich, zu detailliert beschrieben - ein Tag war ein Kapitel und die Kapitel hatten bis zu 60 Seiten. *hüstel*
Titel: Re: Schreiben einer langen Reise?
Beitrag von: Shedzyala am 24. Juni 2015, 20:33:03
Ich finde bei längeren Reisen Dialogschnipsel schön. Also ein kurzer, pointierter Streit, höchstens eine Seite lang, der die Reise und Reiseprobleme kurz aufgreift, wie die Aufgabenverteilung beim Nachtlager oder die Beuteaufteilung nach dem 5. Hinterhalt. Das zeigt, dass die sechs nicht schweigend nebeneinander her wandern, macht das Kapitel aber auch nicht unnötig lang. Sapkowski arbeitet oft mit Dialogschnipseln und da liest es sich schön schnell und lebendig.
Titel: Re: Schreiben einer langen Reise?
Beitrag von: Eluin am 24. Juni 2015, 20:41:22
Als ich deinen ersten Beitrag gelesen hab, dachte ich mir auch direkt: Bitte keine seitenlangen Beschreibungen aber gerade auf so einer Reise hast du viel Platz, um Charaktere näher vorzustellen und diese auch zu entwickeln. Dazu natürlich noch Action und vielleicht ein paar Konflikte innerhalb der Gruppe ... Du musst ja nicht alles bis ins kleinste Detail beschreiben. Ich meine sieh dir Herr der Ringe als klassische Heldenreise an. Da besteht im Endeffekt der ganze Roman aus der Reise :)

Ich denke auch, dass die Lebendigkeit am Wichtigsten ist und nicht nur staubtrockene Beschreibungen. Es muss nicht immer Actionreich zugehen.
Titel: Re: Schreiben einer langen Reise?
Beitrag von: Churke am 24. Juni 2015, 21:36:59
Was ist wichtig? Der Leser sollte eine Vorstellung haben von der Länge der Strecke, der Dauer der Reise, Verwaltungsstrukturen, Wirtschaft, Landschaft etc.. Ich glaube, da kann man ruhig ein wenig infodumpen. Es ist schließlich ein Unterschied, ob man auf Kamelen durch die Wüste schaukelt oder sich durch Urwald am Amazonas kämpft. 
Titel: Re: Schreiben einer langen Reise?
Beitrag von: DoroMara am 24. Juni 2015, 22:30:23
Ich würde die Reise beschreiben, aber weniger "wie lange, was und wo", sondern eher, was zwischen den Menschen geschieht und wie sie mit den Strapazen und Gefahren umgehen. Dann geht so eine Reise im Flug vorüber und ich als Leserin habe ganz wichtige Informationen bekommen.
Wenn du daneben noch eine ganz eigene Landschaft kreieren kannst, wäre das noch ein angenehmer Zusatz.
Titel: Re: Schreiben einer langen Reise?
Beitrag von: Moni am 25. Juni 2015, 10:42:19
Ich habe das bei mir im Opus ganz einfach gelöst: der erste und zweite Tag sind beschrieben, der Rest wird mit einer Art Zusammenfassung abgehandelt, eben weil die Tage sich letztlich gleichen. Irgendwann kommen sie halt an und gut ist. Das ganze ordentlich mit Dialogen aufgelockert, damit es nicht nur seitenweise Landschaftsbeschreibungen sind und einfach so simple Tätigkeiten wie Nachtlager aufbauen, Essen zubereiten. Dann noch ein paar Wetterwidrigkeiten und fertig ist das Roadmovie.  ;D
Titel: Re: Schreiben einer langen Reise?
Beitrag von: Ary am 25. Juni 2015, 12:00:15
Ich klaue mal bei Sprotte, die mir bei so einem Problem ein Shakespearezitat aus dem Prolog zu Henry V um die Ohren gehauen hat:
"Überspringt der Zeiten Lauf, die nicht der Handlung dienen".
Beschreibe ausführlich, wenn etwas Wichtiges unterwegs passiert und raffe alles andere - also ruhig die Überfälle und Kämpfe beschreiben und auch bei den Helden bleiben, wenn vielleicht jemand verletzt wurde, um den jetzt alles bangt. Aber nicht zu viele Langdschafts-und Campingbeschreibungen. :)
Titel: Re: Schreiben einer langen Reise?
Beitrag von: Dämmerungshexe am 25. Juni 2015, 12:44:40
Ich denke es kommt auch drauf an, was man beim Leser bewirken will: will man Handlung, Charaktere und Informationen unterbringen? Oder will man ein wenig Stimmung und Ambienten machen? Will man die Eintönigkeit und die Strapazen der Reise in den Vordergrund rücken? Je nachdem würde ich anders vorgehen.
Beim "Feuerberg" waren meine Charas auch praktisch andauernd unterwegs. Ab und an gabs etwas Action, die ich dann natürlich ausgearbeitet habe. Manchmal ist gar nichts passiert, was ich dann weggelasen und gerafft habe. Und ab und an war die Reise einfach mühsam, wenn sie durch den Regen stapfen und sich andauernd verstecken musste, mit ihren Sorgen und Nöten alleine waren, oder es miese Stimmung zwischen ihnen gab - an solchen Stellen habe ich das ganze auch mal etwas gestreckt, um dem Leser das auch so vermitteln zu können.
Titel: Re: Schreiben einer langen Reise?
Beitrag von: FeeamPC am 25. Juni 2015, 14:12:54
Kommt immer darauf an, was unterwegs passiert.
Verlieben sich zwei Protas ineinander? Dann ist die Reisebeschreibung wichtig.
Dackelt eine Söldnertruppe ohne besondere Ereignisse 6 Tage durch die Wüste? Dann reicht es, wenn sie bei ihrer Ankunft in der Oase froh sind, endlich wieder kühles, gut riechendes Wasser trinken zu können und ein schattiges Plätzchen zu haben.
Titel: Re: Schreiben einer langen Reise?
Beitrag von: canis lupus niger am 25. Juni 2015, 22:26:05
Wieviel und wovon Du schreibst, ist ausschließlich davon abhängig, was Dir an der Reise wichtig ist.

Sind Deine Leutchen fünf Tage unterwegs, und dann erst beginnt die Action mit Überfall etc, dann schreib das auch so. "Sie reisten/ritten, wanderten fünf Tage lang, die ihnen wie fünf Monate vorkamen. Das anhaltende Regenwetteer/die anhaltende Hitze machte ihnen ebenso zu schaffen, wie der Dauerstreit/der Flirt zwischen X und Y. Jeder wünschte sich nur, das Ziel endlich zu erreichen. Aber am sechsten Tag, als sie erst seit einer Stunde unterwegs waren, ..." usw.

Wenn Du den Schwerpunkt Deiner Geschichte auf dieser Reise stattfinden lassen willst, musst Du natürlich ausführlicher werden.

So eine Reise mit ihren Anstrengungen und Problemen kann auch eine schöne Möglichkeit sein, Deine Charaktere vorzustellen. Wie wird jeder einzelne mit Anstrengungen, mit schlechtem Wetter, mit Übernachtungen im Freien oder schlechten Gasthäusern fertig? Wie ist jeder ausgerüstet, bzw. auf die Reise vorbereitet? Wie entwickeln sich die Verhaltensweisen der einzelnen Charaktere? Wird jemand reizbarer? Wird jemand kameradschaftlicher? Zeigt jemand unerwartete Fähigkeiten, und sei es nur, mit nassem Holz und ohne Streichhölzer ein Feuer anzukriegen? Gibt es Vorurteile, die zu Dauerstreit führen, oder entsteht eine Freundschaft oder mehr? In Situationen, in denen sonst nicht viel passiert, kannst du das Leserinteresse auf Details Deiner Charaktere lenken.

Titel: Re: Schreiben einer langen Reise?
Beitrag von: Lauren Mandrake am 02. September 2015, 23:13:28
Huhu!

Ich finde, es kommt auch drauf an, ob es schon vorher längere Reisepassagen gegeben hat, die du ausformuliert hast?

Es gibt da so einen Roman, aber um nicht zu spoilern, sag ich nicht welcher, da gibt es viele, viele, viiiiele Reisesequenzen.
Die haben auf Dauer ganz schön genervt.

Ich weiß bis heute nicht, ob ich den Schachzug großartig oder einfach nur blöd fand, als bei der gefühlten zehnten Reise einfach nur kam:
"Ja, ich will Euch ja jetzt nicht mit den Details nerven, aber die Reise war zwei Wochen lang, wir wurden mehrfach überfallen, bla bla."

Aber schön vorher elends lange Tagesmärsche des einsamen Protagonisten, ausgeschmückt mit inneren Monologen...
:D

Also, wie die Anderen schon sagten: Wie lange, wer ist dabei, willst du mit den Ereignissen auf der Reise spielen und vorallem... gab es wie gesagt schon längere Reisepassagen?
Titel: Re: Schreiben einer langen Reise?
Beitrag von: Cavenaught am 03. September 2015, 08:32:27
Hallo,
in meinem neuen Roman habe ich die langen Reisen durch meine große Welt auf die Weise gelöst, dass sie zwischen den Kapiteln stattfindet. In der ersten Hälfte der Geschichte befassen sich die Kapitel mit den Perspektiven der verschiedenen Hauptcharaktere, bis sie in der zweiten Hälfte zusammentreffen. So habe ich am Ende eines Kapitels der jeweiligen Person den Aufbruch geschildert, im nächsten dann die Ankunft, mit einem kurzen Rückblick der Reise, Erinnerung daran, wie lange der Char unterwegs war etc. Außer in Kapiteln, in denen etwas für die Story wichtiges passiert, bin ich näher auf die Reise eingegangen mit Landschaftsbeschreibungen, Mono- und Dialogen, bis das wichtige Ereignis eintritt. So hat die Geschichte durchgängig ein gutes Tempo, bringt immer die wichtigen Informationen und zieht sich nicht unnötig hin.

lg, cavy
Titel: Re: Schreiben einer langen Reise?
Beitrag von: Zit am 03. September 2015, 12:08:48
Es ist kein Spoilern sondern Recherche, wenn du den Roman nennst, den du meinst. ;) Oder meinst du nur den Herr der Ringe?
Titel: Re: Schreiben einer langen Reise?
Beitrag von: Dämonenbändiger am 03. September 2015, 15:23:03
Mach die lange Reise kurz. Was ich damit meine ist: Schreibe sie so, dass sie dem Leser als kurz erscheint.
Die Reise soll eine Funktion erfüllen. Wenn diese ,,Entwicklung der Charaktere" heißt, dann musst du genau das kurzweilig erzählen. Wenn der Leser sich fragt ,,Was soll denn diese ganze Geschreibe über die Reise nun?" oder denkt ,,Ist das langweilig." Dann hat deine Reise keine Funktion und / oder ist zu lang.

Und wie gesagt, du musst auch nicht den ganzen Tag (zeitlich) ausschlachten, genauso wie die ganze Strecke. Deine Leser sind nicht dumm, sie verkraften Auslassungen und Sprünge, wenn sie Orientierungspunkte haben, die die Textstellen verbinden.
Eine Reise ist ja auch deshalb spannend, weil sie unbekanntes und Gefahren birgt. Das muss nicht allein von außen kommen, sondern kann aus deinem Protagonisten bzw. den Charakteren der Gruppe selbst kommen. Sie werden von außen vielleicht nur durch ein Geschehnis angeregt und dadurch kommt ein Aspekt eines Charakters zum Vorschein, den der Leser so vorher noch nicht gesehen hat und den es sich lohnt zu ergründen.

Leg dir ein paar Eckpunkte fest und schreib einfach drauf los. Falls du eher ein Plotter bist, dann plotte dir doch ein paar verschiedene Reisen oder leg dir eine ,,Reiseroute" fest und für jede Station der Reise entwickelst du fünf Alternativen oder zumindest alternative Ausgänge. Es könnte auch interessant sein, die Reihenfolge zu vertauschen. Wie gesagt, du musst sehen, welche Funktion deine Reise erfüllen soll.
Titel: Re: Schreiben einer langen Reise?
Beitrag von: Lauren Mandrake am 03. September 2015, 15:35:20
Zitat von: Zitkalasa am 03. September 2015, 12:08:48
Es ist kein Spoilern sondern Recherche, wenn du den Roman nennst, den du meinst. ;) Oder meinst du nur den Herr der Ringe?

Nein, ich meine Rothfuss. A Wise Man's Fear.
Titel: Re: Schreiben einer langen Reise?
Beitrag von: Akirai am 03. September 2015, 19:50:23
Eventuell noch eine Idee: Wenn deine Protagonisten am Ende in einer Stadt ankommen, könntest du sie die Reise "nacherzählen" lassen. Etwa so: Deine Protas kommen in der Stadt an. Sie sind schwer verwundet, irgendetwas muss also passiert sein => die Leute fragen sie aus, deine Protas müssen erzählen. Natürlich werden sie nicht sagen
"wir standen um 6.45 Uhr auf. Ein Vogel zwitscherte. Wir gingen drei Minuten. Dann hatte ich einen Stein im Schuh und wir machten Rast. Dann gingen wir weiter" (also möglichst kleine, unwichtige Details  ;)), sondern sie erzählen die - auch für den Leser! - relevanten Informationen. Da du mehrere Protagonisten hast, werden die in ihren Erzählungen natürlich verschiedene Schwerpunkte setzen.
Prota A sorgt sich um Prota B, der schwer verletzt ist, und schimpft deshalb auf die Wegelagerer und erzählt die spannenden Hinterhalt-Geschichten.
Prota C ist der etwas verträumte, nachdenkliche, der sich mehr für die Schönheit der Landschaft / die faszinierenden Völker am Weg / etc. interessiert hat.
Prota D erzählt den ganzen zwischenmenschlichen Klatsch und Tratsch, den du loswerden willst.

Ich hoffe, du verstehst, was ich meine? Ein weiterer Vorteil ist: Du kannst für lange Zeit in die Ich-Position abtauchen, was dem Leser einen sehr nahen Blick auf deine Protagonisten ermöglicht (er fühlt ja gleich viel besser mit, weil die Erzähldistanz abgebaut ist).

So viel von mir, ich hoffe, ich konnte dir helfen!  ;D

LG
Aki
Titel: Re: Schreiben einer langen Reise?
Beitrag von: Judith am 04. September 2015, 09:08:37
Zitat von: Lauren Mandrake am 03. September 2015, 15:35:20
Nein, ich meine Rothfuss. A Wise Man's Fear.
An allzu viel Reise kann ich mich da gar nicht erinnern (obwohl ich das Buch erst vor kurzem gelesen habe), aber bei beiden Bänden mochte ich die Passagen, in denen Kvothe unterwegs war, besonders gern. Aber ich bin vermutlich eh kein Maßstab. Ich liebe Reiseplots in Fantasyromanen über alles und habe noch kein einziges Buch gelesen, in dem mir das zu viel geworden wäre. Ich schreibe sie daher auch sehr gern und es war ein ziemlicher Schock festzustellen, dass Reisen anscheinend sonst bei Lesern nicht sehr beliebt sind.  :d'oh:
Titel: Re: Schreiben einer langen Reise?
Beitrag von: Lauren Mandrake am 04. September 2015, 09:13:48
@Judith: *lacht*
Ich haaaaasse Reisepassagen meistens. Ich bin ein ungeduldiges Ding und wenn sich so ne Truppe dann los macht... denk ich mir nur "bitte schnell ankommen!"
Bin da vielleicht auch Herr der Ringe-geschädigt. Ich liebe das Buch, aber ich hasse es auch wiederum. ES hat so viele schöne Elemente, wenn man davon absieht dass es eine einzige große Reise ist :D

Bei Kvothe doch gerade am Anfang, als er sich nach Tarbean durschlägt... dann reist er nach Imre... dann reist er seiner Angegebeteten hinterher (ich haaaasse Denna!) und dann reist er zu diesem Adeligen, der ihn mit ein paar Söldnern rausschickt,... wo man eigentlich schon weiß, alles klar, der will Kvothe loswerden... und dann die Episode mit der Fae. Ich hab vergessen wie sie heißt und danach wird das Buch in meinen Augen eh nur noch grottenschlecht. Sorry :D

Also wirklich, bei Reise-Passagen verlier ich oft die Geduld wenn sie zu lang sind.

Aber das soll ja hier natürlich niemanden davon abhalten, trotzdem welche zu schreiben!
Titel: Re: Schreiben einer langen Reise?
Beitrag von: cryphos am 04. September 2015, 10:09:34
Reisen sind in einigen Geschichten fester Bestandteil. Wichtig ist dabei die Reise auf das wesentliche zu reduzieren.
Tolkien hat es bei H.d.R nicht so ganz geschafft, aber war auf einem guten Weg.
Auch im Rad der Zeit von Robert Jordan sind Reisen ein zentraler Bestandteil und ich finde er hat es meist souverän gelöst.
Wenn man die Reise auf handlungsrelevante Aspekte zusammenschrumpft und die Zeit dazwischen rafft bekommt der Leser Plott und eine Ahnung von der Dauer und dem Mühsal.
Jordan nutzt die Zeit einer Reise gerne für die Charakterentwicklung. Perrin und Fail unterhalten sich morgens im Lager darüber was es bedeutet als Anführer zu gelten. Schnitt. Am Abend desselben Tages einige Meilen weiter rastet das Heer, das Lager wird überfallen, Action für einige Tage, wiederum auf die Handlungszeiträume reduziert. Schnitt. Drei Tage später rettet Perrin seine Fail und hat seine Ansichten über Führerschaft geändert, was man an seinem inneren Monolog erkennt. Schnitt. Fail fällt auf, dass sich Perrin geändert hat (wieder innerer Monolog). Schnitt. Fail spricht Perrin zwei Tage später darauf an. Insgesamt sind 15 Tage reise vergangen und im deutschen drei Bücher geschrieben.
Titel: Re: Schreiben einer langen Reise?
Beitrag von: Lauren Mandrake am 07. September 2015, 16:28:21
Zitat von: cryphos am 04. September 2015, 10:09:34
Reisen sind in einigen Geschichten fester Bestandteil. Wichtig ist dabei die Reise auf das wesentliche zu reduzieren.
Tolkien hat es bei H.d.R nicht so ganz geschafft, aber war auf einem guten Weg.
Auch im Rad der Zeit von Robert Jordan sind Reisen ein zentraler Bestandteil und ich finde er hat es meist souverän gelöst.
Wenn man die Reise auf handlungsrelevante Aspekte zusammenschrumpft und die Zeit dazwischen rafft bekommt der Leser Plott und eine Ahnung von der Dauer und dem Mühsal.
Jordan nutzt die Zeit einer Reise gerne für die Charakterentwicklung. Perrin und Fail unterhalten sich morgens im Lager darüber was es bedeutet als Anführer zu gelten. Schnitt. Am Abend desselben Tages einige Meilen weiter rastet das Heer, das Lager wird überfallen, Action für einige Tage, wiederum auf die Handlungszeiträume reduziert. Schnitt. Drei Tage später rettet Perrin seine Fail und hat seine Ansichten über Führerschaft geändert, was man an seinem inneren Monolog erkennt. Schnitt. Fail fällt auf, dass sich Perrin geändert hat (wieder innerer Monolog). Schnitt. Fail spricht Perrin zwei Tage später darauf an. Insgesamt sind 15 Tage reise vergangen und im deutschen drei Bücher geschrieben.

Einer der Hauptgründe, warum ich beim "Rad der Zeit" nie über Band 3 im Englischen hinaus gekommen bin.
Sorry but you are not allowed to view spoiler contents.


Also, meine Meinung ist: Halte Reisen so kurz wie es geht und konzentriere dich auf das Wesentliche, was die Reise bewirken soll. Das Ganze künstlich aufzublähen, um z.B. Landschaften zu beschreiben oder inhaltsleere Reisedialoge zu haben, wäre schade! Denn ich denke, wie in A Wise Man's Fear, reichen auch manchmal drei Sätze  ;D
Titel: Re: Schreiben einer langen Reise?
Beitrag von: Trippelschritt am 08. September 2015, 16:54:14
Das Reiseproblem ist so besonders gar nicht, nur etwas schwieriger zu lösen als andere verwandte Schwierigkeiten.
Es geht beim Schreiben immer darum, was erwähne ich, was lasse ich weg, und wenn ich etwas erwähne, aus welcher Perspektive betrachte ich es. So ist es auch bei der Reise.
Wenn es nur darum geht. von A nach B zu kommen, reicht ein Satz. Wenn auf der Reise Dinge passieren, die für den Ablauf entscheidend sind, oder vom Autor benutzt werden sollen, um eine Figur oder eine Beziehung zu charakterisieren, dann sollte man es erwähnen.

Alles, was man schreibt hat eine Funktion. Wenn die nicht klar ist und noch schlimmer, nicht zur Spannung beiträgt, hängt die Geschichte da oft durch.
Deshalb geht es weniger darum, wie ich so etwas schreibe, sondern um die Funktion, von dem was ich erwähne. Die entscheidende Frage ist eine Warumfrage. Warum soll das und das ausformuliert werden und was gewinne ich dadurch? Je präziser die Antwort formuliert werden kann, desto besser.

Liebe Grüße
Trippelschritt
Titel: Re: Schreiben einer langen Reise?
Beitrag von: Koboldkind am 24. Mai 2016, 21:33:57
Und dann ist die Frage, ob eine Gruppe reist oder eine Person. Oder es macht keinen Unterschied, allerdings fallen bei einer Person natürlich die Interaktonen und spitzen Dialoge weg  ;D Wiederum hat man hier Platz, den Prota in krisen udn Hirnficks zu werfen, wehmütige Erinnerungen quälen in der Nacht, und dazu die Angst in einer gefährlichen Umgebung, die einen nicht schlafen lässt - auch spannend, hält nur nicht lange, wenn der Chara nach Tag Drei zerbricht und die Story endet ...
Gut, das ist eine Extremsituation, die ich geschrieben hatte. Aber ich mag den Umstand, dass man hier Platz für Erinnerungen und Charakterbuild hat.

Ansonsten bin ich der Auffassung, egal in welcher Truppenstärke die Landschaft erwandert wird, sollte man sich da gerne führen lassen und im nachhinein kürzen und umstellen. Ich lass mich hier (wie auch in Städten) gerne an die Hand nehmen und mir etwas über das Land erzählen. Klar, könnte ich das alles auch vorher beim Worldbuilding klären, aber so ists mir lieber. Vielleicht kommt es dann auch natürlicher rüber.

Apropos Städte: Die von mir angeführte Geschichte habe ich bisher auch immer als Roadmovie beschrieben, allerdings gibt es Anfangs und gegen Ende zwei große Teile in Städten. Hier hat die Protagonistin zwar eine To-Do-Liste, die die eigentliche Handlung mit bringt, aber immer wieder auch Leerläufe. Vor allen in der zweiten Stadt dauert es ein paar Tage, bis bei einem Fest die Action wieder los geht. Beim lesen diese Threads kam mir der Gedanke, dass auch Stadtbesuche bisschen wie Reisen-auf-der-Stelle sind. Vor allen, wenn man neugierige Erkunder-Protas hat, kann sich ein schöner Stadtplan mit Geschichte auftun, und die Zeit mit begleitenden Charas ist ebenfalls da, auch wenn man sich natürlich hier eher aus dem Weg gehen kann.
Was meint ihr, kann auch eine Stadt wie eine Reise behandelt werden (Wenn sie nicht gerade nur als Wegmarke für eine längere Reise dient)?
Titel: Re: Schreiben einer langen Reise?
Beitrag von: Ulli am 25. Mai 2016, 14:54:03
Ich schließe mich mal der Meinung an, dass nicht die Reise an sich, sondern die Funktion im Mittelpunkt stehen sollte. Offensichtlich verfolgt die Truppe ja ein geheimes Ziel. Eventuell weiß der Leser davon noch nichts und die Reise gibt ein paar Infos frei. Das Ziel der Reise macht ja auch ein Stück Spannung aus. Schaffen sie es rechtzeitig? Wer verfolgt sie? Was könnte schief gehen, weil der liebe Protagonist vielleicht eine wichtige Sache vergessen hat? Oder weil er etwas ausgeplaudert hat und nun erst wird ihm die Tragweite klar. Vielleicht kann man solche Dinge schön in Dialoge verpacken?

Machen sich alle nach einer spannenden Szene auf den Weg, kann man natürlich ruhig ein wenig Landschaft zur Beruhigung des Blutdrucks dem Leser aufzeigen. Wurde die Reise aber lange geplant und wurde hier schon die Beziehung zueinander dargestellt würde ich nicht mehr ausschweifend sein.