Hey ihr Lieben,
dieser Gedanke treibt mich schon länger um: Darf/Kann/Sollte ich das Äußere von Figuren durch einen Vergleich mit einem Schauspieler, Musiker, Filmcharakter oder ähnlichem beschreiben? Natürlich nur in einem Setting wo's auch passt, also möglichst einem in unserer Welt, zu unserer Zeit (oder bei den 80ern dann eben die Frisur des jungen Jon Bon Jovi anstatt die von Ed Sheeran ;D ).
Ich meine, das so schon gerade im ChickLit-Bereich der 90er bis frühen 00er-Jahren gelesen zu haben. Mir hat das damals meistens die Vorstellung der Hauptfiguren erleichtert, und gerade bei Romance finde ich das Aussehen der Protagonisten schon sehr wichtig.
Ich war selbst schon öfter versucht, dadurch mir besonders schwerfallende Aussehensdetails zu umschiffen, zum Beispiel einen trendigen Herrenhaarschnitt, Singstimmen (da ich die meisten gängigen Beschreibungen wie 'rich baritone' oder so etwas nicht mehr lesen mag) oder teilweise auch die Körperform.
Was haltet ihr davon, sowohl aus Autorensicht, als auch als Leser? Und, gibt es da eventuell rechtliche Folgen? Irgendwie wäre das Thema ja prädestiniert für letzteres.
Liebe Grüße
Norrive
Versuche mir das gerade für so dieverse Textstellen aus mir bekannten Büchern vorzustellen. klingt dann ungefähr so: Ihre wilde rote Mähne war lockig und stand in alle richtungen ab, wie die von Merida" ...
Weiß nicht, gewöhnungsbedürftig. Die vorstellung erleichtern vielelicht möglich. Im Low-Fantasy kann ich mir das noch vorstellen. Aber für High-Fantasy ist das 'Breaking the fourth wall' vom Feinsten.
Das ist meine ganz persönliche Meinung und Gefühlssache, aber ich mache das in meinen Romanen nie, einfach, weil ich es nicht mag. Mit diesem Hilfsmittel macht man es sich meiner Meinung nach (zu) leicht, ein gewisses Bild im Leser zu erzeugen. Was ich da auch miteinkalkuliere, ist, dass ich einem Leser vorweg nehme, sich anhand einer Beschreibung selbst ein Bild von der Figur machen zu können, und dieses ganz eigene Bild von einer Figur ist für mich ein ganz großer Reiz beim Schreiben und Lesen. Zum Beispiel wenn ich lese, ist es für mich eine der größten Genüsse am Lesen, mir die Figuren auszumalen. Ich möchte nicht, dass mir der Autor ein Bild unter die Nase schiebt, denn das schränkt mich als Leser ein. Ich möchte mir selbst ausmalen, wie genau denn diese blonden Locken aussehen, das runde Gesicht, die Sommersprossen, und solche Dinge. :hmmm:
Zitat von: Aljana am 30. April 2015, 17:17:15
Aber für High-Fantasy ist das 'Breaking the fourth wall' vom Feinsten.
Klar, natürlich nicht bei High Fantasy ;D Das wäre sehr gruselig. Ich dachte primär an Urban Fantasy und Contemporary Romantasy und so etwas. Aber dein Textbeispiel ist nicht schlecht, eines meiner Lieblingsbeispiele ist die 'Rudi-Völler-Gedächtnisfrisur', gerade in einem humoristischen Setting. Da weiß ich einfach direkt, was Sache ist.
@Klecks Ist auch dein gutes Recht, das nicht zu mögen, ich stolpere da manchmal auch eher drüber als das es hilft ;D Aber, ich denke, wir haben da auch unterschiedliche Vorstellungen. Ich mag es zum Beispiel gar nicht gerne, mir so etwas auszumalen, denn dann passiert es mir oft, dass ich einen als attraktiv beschriebenen Charakter als hässlich wahrnehme und kann das Buch dann auch gleich aus der Hand legen, je nach Genre. Außerdem weiß ich nicht, wie gut ich es finde, wenn sich meine Leser meinen Prota anders vorstellen als ich. Ich glaube ich bin da eigen :hmmm:
Es muss passen, dann kann es ganz super sein. Kennt jemand von euch "Gott bewahre" von John Niven? Großartiges Buch (Jesus kehrt auf die Erde zurück und macht bei American Idol mit), jedenfalls reden da auch Teufel und Gott ab und zu mal miteinander. Keiner wird namentlich verglichen, aber die Beschreibungen passen ziemlich exakt auf Danny De Vito (Teufel) und George Clooney (Gott). Dort passte das einfach total gut hinein.
Der Autor hat ja auch immer ein Bild von seinen Charakteren vor Augen. Immerhin ist es seine Figur. Wenn das hilft, dem Leser ein Bild in Kopf zu setzen (aha, Gott sieht aus wie George, ok) erspart einem das vielleicht später weitere Erklärungen. In einem Fantasysetting mit selbst ausgedachten Welten habe ich das allerdings noch nie gelesen, müsste man mal testen, ob das dort auch hinkommt. Wenn man die Königin wie Angela Merkel beschreibt (nataürlich ohne sie namentlich zu nennen) jedenfalls würde einem das nicht mehr aus dem Kopf gehen :D
Ich finde, das kann im richtigen Setting durchaus auch mal witzig sein (deswegen hast du es im Post ja auch extra erwähnt). :)
Ich selbst habe mal einen Dämonenjäger-Roman angefangen und da dann eben so etwas geschrieben wie:
ZitatHoffentlich begegnete ihr wenigstens ein süßer Dämonenjäger, mit dem sie in einen Jahrgang ging. So einer von den Winchester Brüdern vielleicht, am besten Dean.
Aber auch in so expliziteren Beispielen, wie du es jetzt meinst, kann das durchaus Sinn machen.
Ich würde das auch mal einfließen lassen, vielleicht, wenn es witzig ist.
Ein Geist, der eine erschreckende Ähnlichkeit mit Bill Murray hat und deswegen schon zu Lebzeiten unter einer Reihe von qualvollen Verwechslungen litt oder so. ;D
Also, wenn das Setting und der Stil der Geschichte stimmen, wäre ich sofort dabei.
Ich finde das problematisch, da nicht jeder alle Schauspieler und Musiker kennt.
Mit Aylis Beispiel kann ich überhaupt nichts anfangen, da ich keine Ahnung habe, wer die Winchester Brüder überhaupt sind.
Außerdem wirken Bücher, die irgendwelche Promis erwähnen ziemlich schnell unmodern und veraltet.
@Pygmalion Auf diese Art hab ich das noch garnicht betrachtet, also einfach jemanden beschreiben und hoffen, dass es jemandem auffällt :hmmm: Gefällt mir ;D
@Aylis Ja, genau so etwas meinte ich ;D Dass das von Setting und Stil abhängt, keine Frage.
@Tigermöhre Hmm, klar, dass nicht jeder alles kennt, aber ich glaube, da könnte man das nochmal Zielgruppenabhängig machen. Du kennst Dean Winchester vielleicht nicht, aber ich gehe jede Wette ein, dass ein großer Teil der 15 - 30 jährigen Fantasyfans Supernatural kennt. Und ich hab tatsächlich auch schon die erwähnten Personen nachgeschlagen, die in einem Buch vorkamen :rofl: Mit Google hält mich nichts mehr auf ;D
Zum Thema unmodern und veraltet: Das sehe ich anders. Man merkt jedem Buch in irgendeiner Form an, aus welcher Zeit es kommt, ganz besonders in zeitgenössischen Genres. Letzten Endes entscheidet aber mein Plot, ob das Buch auch in 20 Jahren noch lesbar ist, denn der Plot sollte zumindest etwas mit zeitlosen Themen zu tun haben. Dann wird sich auch niemand daran stören, ob man die Frisur von Draco Malfoy in den HP Filmen noch kennt.
Für mich käme das wirklich auch mit auf die Perspektive mit an - wenn die Geschichte in einem realen Setting spielt und aus der Sicht einer "realen/normalen" Person erzählt wird, dann kann so ein Vergleich schon angebracht sein. Ich stelle mir da grad ein Teenie-Mädchen vor, dass zum ersten Mal dem Love-Interest begegnet und ihn natürlich gleich mal mit ihrem Lieblingssänger/-schauspieler vergleicht. Das würde durchaus passen.
Oder wenn die Geschichte tatsächlich stark von der Zeit beeinflusst wird, in der sie spielt - also eine explizite Darstellung der Epoche sein soll. Dann sind Mode und Haarstile meist auch mit Vorbildern verknüpft ("Haare wie Jimi Hendrix", "Bart wie Bismark", ...)
Ich denke, dass solche Merkmale ja nicht die ganze Figur beschreiben, sondern nur Teile. Den Rest muss der Autor ja trotzdem beschreiben (oder auch nicht), und der Leser sich alleine vorstellen.
Das mit dem unmodern und veraltet käme immer auf die gewählten Beispiele an - "wie die Monroe", "wie der King" - das wird wohl auf lange Zeit jedem was sagen. Ob wir in ein paar Jahrzehnten noch wissen, wie der Sieger der 25. Staffel DSDS aussah, das sei eher mal dahingestellt.
Was auch ein Vorteil von solchen Beschreibungen sein kann, ist, dass es vielen Lesern gefällt Vertrautes wieder zu finden. Gerade in einem Rahmen, wo es auch hineinpasst. Wenn es dazu nicht ganz offensichtlich ist, und ein kleiner "Aha!-Effekt" entsteht, kann das ein ziemlicher Mehrwert für die Geschichte sein. (Ein Beispiel aus einem anderen Bereich wären zum Beispiel, dass in den alten Asterix-Comics ab und zu Figuren aus anderen Comicreihen aufgetaucht sind. Oder die ganzen Easter-Eggs in den Disney-Filmen).
Zitat von: Norrive am 30. April 2015, 19:18:58
Zum Thema unmodern und veraltet: Das sehe ich anders. Man merkt jedem Buch in irgendeiner Form an, aus welcher Zeit es kommt, ganz besonders in zeitgenössischen Genres. Letzten Endes entscheidet aber mein Plot, ob das Buch auch in 20 Jahren noch lesbar ist, denn der Plot sollte zumindest etwas mit zeitlosen Themen zu tun haben. Dann wird sich auch niemand daran stören, ob man die Frisur von Draco Malfoy in den HP Filmen noch kennt.
Ich habe auch schon einiges an älteren Büchern gelesen. Und egal, wie gut der Plot war, ist es mir immer negativ aufgefallen, wenn da zeitgenössische Prominente erwähnt wurden.
Also, ja mich würde es stören, wenn die Frisur von Draco Malfoy erwähnt werden würde. (Auch wenn ich weiß, wie sie aussieht.)
Ich finde, dass man damit vorsichtig sein sollte. Wenn ich eine Geschichte wirklich gut finde, aber plötzlich wird der Prota mit Robert Pattinson... Pattison... Der Typ aus dem Glitzer-Vampir-Film... Der Prota wird halt mit dem verglichen und ich hab beim Lesen die Hackfresse vor Augen und will das gar nicht mehr lesen. So kann es Leuten auch mit anderen Promis gehen.
Zitat von: Norrive am 30. April 2015, 17:02:14
Darf/Kann/Sollte ich das Äußere von Figuren durch einen Vergleich mit einem Schauspieler, Musiker, Filmcharakter oder ähnlichem beschreiben?
Gerade heute habe ich einer polizeilichen Vernehmung gelesen:
"Hat Arme wie Arnold Schwarzenegger."
Da weiß doch jeder, was gemeint ist, oder nicht?
Über den Trainer Luiz Felipe Scolari sagte der Kommentator mal bei einem Länderspiel: "Sieht aus wie Gene Hackman in "French Connection.""
Und hey, er hatte recht!
Weitere Beispiele:
Errol-Flynn-Bärtchen
Ausstrahlung wie Channing Tatum
Schmollmund wie Angelina Jolie
Wobei es weniger ein Beschreiben ist (soll ja Leute geben, die Geld zum Schönheitschirurgen tragen, damit sie aussehen wie Justin Bieber :40°C: ) als vielmehr ein Charakterisieren. Man schaut sich die Figur an und drückt die Ausstrahlung mit einem griffigen Vergleich aus.
Zitat von: Dämmerungshexe am 30. April 2015, 19:29:50
Für mich käme das wirklich auch mit auf die Perspektive mit an - wenn die Geschichte in einem realen Setting spielt und aus der Sicht einer "realen/normalen" Person erzählt wird, dann kann so ein Vergleich schon angebracht sein.
Sehe ich ähnlich. Letztens habe ich in GNTM reingeschaltet und bei einem der Models gedacht "die sieht aus wie Amanda Seyfried mit dunklen Haaren" - solche "Déjà vus" hat bestimmt jeder von uns hin und wieder, warum sollte man sie dann nicht auch mal in einem Buch bringen? Aber ich würde darauf wert legen, dass
- klar die Perspektive einer bestimmten Figur eingenommen wird - egal, ob das durch Ich-Perspektive oder wörtliche Rede passiert; personaler Erzähler kann ich mir je nachdem auch noch vorstellen, aber es muss immer wie eine impulsive Meinung herüberkommen.
- man es nicht übertreibt. Wiederum möchte ich den impulsiven Aspekt betont sehen und nicht das Gefühl haben, ein Autor nehme solche Vergleiche, um "normalen" Aussehensbeschreibungen aus dem Weg zu gehen.
- es um Stars geht, die einem Großteil der Leser auch wirklich bekannt sind. Audrey Hepburn oder James Dean geht immer, aber wenn jemand einen der One Direction-Sänger nennen würde, wüsste ich selbst jetzt nicht, wie ich mir die entsprechende Figur vorstellen sollte. Wobei das natürlich auch eine Frage der Zielgruppe ist. In einem Jugendroman kann man vielleicht auch mal Zac Efron nennen und in einer Satire Kim Kardashian; in einem Politthriller würde ich auf beide eher nicht zurückgreifen.
Zitat von: Tigermöhre am 30. April 2015, 19:35:13
Ich habe auch schon einiges an älteren Büchern gelesen. Und egal, wie gut der Plot war, ist es mir immer negativ aufgefallen, wenn da zeitgenössische Prominente erwähnt wurden.
Also, ja mich würde es stören, wenn die Frisur von Draco Malfoy erwähnt werden würde. (Auch wenn ich weiß, wie sie aussieht.)
Okay, dann haben wir da einfach unterschiedliche Meinungen :jau: Ist ja Sinn und Zweck dieses Threads :)
Zitat von: Dämmerungshexe am 30. April 2015, 19:29:50
Für mich käme das wirklich auch mit auf die Perspektive mit an - wenn die Geschichte in einem realen Setting spielt und aus der Sicht einer "realen/normalen" Person erzählt wird, dann kann so ein Vergleich schon angebracht sein. Ich stelle mir da grad ein Teenie-Mädchen vor, dass zum ersten Mal dem Love-Interest begegnet und ihn natürlich gleich mal mit ihrem Lieblingssänger/-schauspieler vergleicht. Das würde durchaus passen.
So etwas wie mit dem Teeniemädchen hatte ich auch im Sinn.
Zitat von: Sipres am 30. April 2015, 19:58:15
Ich finde, dass man damit vorsichtig sein sollte. Wenn ich eine Geschichte wirklich gut finde, aber plötzlich wird der Prota mit Robert Pattinson... Pattison... Der Typ aus dem Glitzer-Vampir-Film...
Da hast du Recht, denn das Bekannte kann ja auch negativ besetzt sein - andererseits kann mir das auch mit sonstigen Äußerlichkeiten passieren, nicht nur mit Glitzervampiren. Und Pattinson war schon richtig :rofl:
Nur war mein Plan eigentlich, es so zu machen, wie in der Aufzählung von
@Churke . Also ein gewisses Detail durch einen Vergleich beschreiben, nicht alles.
Zitat von: Ryadne am 30. April 2015, 20:26:52
- man es nicht übertreibt. Wiederum möchte ich den impulsiven Aspekt betont sehen und nicht das Gefühl haben, ein Autor nehme solche Vergleiche, um "normalen" Aussehensbeschreibungen aus dem Weg zu gehen.
Ich muss zugeben, dass das teilweise mein Plan war :versteck: Auf keinen Fall den kompletten Charakter, aber ich komme nicht umhin zB. einen mittellangen Männerhaarschnitt mit Stufen und Pony irgendwie zu vergleichen. A) Finde ich es seltsam, bei Männern einen Pony zu beschreiben und B) gibts da extremst viele Variationen... Vielleicht kann ich aber auch einfach nicht alles gescheit beschreiben ;D
Man könnte natürlich auch diese Art von Vergleich gut als Charakterisierung benutzen. Beschreibt mein Prota sich selbst vielleicht als James Dean, weil er (und nur er) sich so sieht, oder vielleicht sind das einzige, was meine Teenie-Prota an ihrem Gesicht mag, ihre Hepburn-Rehaugen.
Ihr bringt mich hier auf Ideen... ;D :wolke:
Ich glaube der Aspekt, den Prota durch solche - von ihm gezogenen Vergleiche - zu charakterisieren, ist nicht zu unterschätzen. Welche Schauspieler wir kennen und mögen, sagt ja auch sehr viel über unsere Persönlichkeit aus.
Da braucht es dann auch nicht viele Worte aller "er liebte klassische Filme aus den 60ern", wenn man statt dessen auch sagen kann "er liebte Frauen wie Doris Day" - viel knackiger und klarer. Mal wieder ein Beispiel für "show - don't tell".
Der Vorteil der Art, wie es in dem von mir beschriebenen Buch gemacht wurde ist ja, dass die Beschreibung grundsätzlich auch ohne den gemeinten Schauspieler funktioniert. Das heißt sie ist prinzipiell zeitlos aber sozusagen als Bonus der Zeitgenossen erkennt man darin eben Danny de Vito und George Clooney. :)
Darüberhinaus finde ich aber, dass Beschreibungen und Vergleiche nicht zeitlos sein müssen, ganz generell gesprochen. Natürlich wird das in 20 Jahren anders gelesen als heute und das lässt sich nicht verhindern. Das ist aber auch mit politischen Systemen so, Landschaften, Architektur... Man schreibt das Buch ja nicht für mögliche Leser in mehreren Jahrzenten, sondern aus dem Zeitgeist heraus. Zur Not kann es zur Bildung beitragen, sich mit den erwähnten realen Personen zu beschäftigen (ich mache das zumindest bei Wissenschaftlichen Publikationen zumindest recht häufig, dass ich Akteure google, die ich nicht kenne)
Ich möchte übrigens ne Lanze für den Pattinson brechen (Twilight hab ich nur einen geguckt), in "Wasser für die Elefanten" fand ich den gut. Da war er auch nicht so blass :D
Zitat von: Ryadne am 30. April 2015, 20:26:52
- es um Stars geht, die einem Großteil der Leser auch wirklich bekannt sind. Audrey Hepburn oder James Dean geht immer, aber wenn jemand einen der One Direction-Sänger nennen würde, wüsste ich selbst jetzt nicht, wie ich mir die entsprechende Figur vorstellen sollte. Wobei das natürlich auch eine Frage der Zielgruppe ist. In einem Jugendroman kann man vielleicht auch mal Zac Efron nennen und in einer Satire Kim Kardashian; in einem Politthriller würde ich auf beide eher nicht zurückgreifen.
Wobei ich finde, dass es auch mit Stars funktioniert, die man nicht kennt. Natürlich weniger von der Vorstellung her, wie ein Charakter aussieht, (wobei Leser da ja eh Beschreibungen schlicht die meiste Zeit ignorieren) aber vom Contemporary/Echtheit der Welt-Gefühl her, das davon erzeugt wird. Vielleicht weiß ich nicht, wie, um Churkes Beispiel aufzugreifen, Errol Flynns Bart aussieht, aber "Er hatte so ein typisches Errol-Flynn-Bärtchen - [Beschreibung]" klingt doch ganz anders als "Er hatte so ein Bärtchen - [Beschreibung]". Ich finde das viel spannender, wenn Charaktere so in die Welt eingebettet sind, meinetwegen auch mit Fantasy und fiktiven "Stars", selbst wenn ich die zum Vergleich herangezogenen Personen nicht kenne.
Zitat von: Pygmalion am 01. Mai 2015, 11:26:58
Darüberhinaus finde ich aber, dass Beschreibungen und Vergleiche nicht zeitlos sein müssen, ganz generell gesprochen. Natürlich wird das in 20 Jahren anders gelesen als heute und das lässt sich nicht verhindern. Das ist aber auch mit politischen Systemen so, Landschaften, Architektur... Man schreibt das Buch ja nicht für mögliche Leser in mehreren Jahrzenten, sondern aus dem Zeitgeist heraus.
Ja, sehe ich auch so. Vor allem sollte man ehrlich sein, dass die meisten Bücher auch in zwanzig Jahren nicht mehr gelesen werden, das würde ich als Bedenken weiter hinten einordnen. Was allerdings problematisch sein könnte, wären weniger als zwanzig Jahre. Ein Vergleich von "wie Zayn aus One Direction", der vor einem Jahr im Manuskript noch toll klang, ist jetzt bei der Veröffentlichung schon nicht mehr aktuell.[/list]
Zitat von: Pygmalion am 01. Mai 2015, 11:26:58
Da war er auch nicht so blass :D
Metaphorisch oder wörtlich? :rofl:
/OT
Nein, Spaß beiseite, man kann mit solchen Vergleichen natürlich auch potentielle Leser abschrecken, aber ich finde, man kann, wenn man für die Allgemeinheit konzipiert, einen gewissen Kreis an Prominenten bedenkenlos nehmen. Vor allem die mit tadellosem Benehmen und globaler Bekanntheit (Jolie, Pitt, Clooney, Diaz...). Ein Justin Bieber mag objektiv betrachtet vielleicht nicht schlecht aussehen, wird aber einigen sauer aufstoßen, weil er a) ein Teenie-Star ist und b) ein Benehmen an den Tag legt, das garnicht geht.
Vielleicht sorgt es in der Zukunft ja auch für den ein oder anderen Lacher, wenn sich die übernächste Generation darüber amüsiert, wen wir damals so attraktiv fanden. Genauso wie ich grinse, wenn meine Mutter für die Bee Gees schwärmt ;D
Und, sich mit Personen der Vergangenheit beschäftigen, ist auch garnicht verkehrt, es besteht die Chance, dass man was dabei lernt :)
Zitat von: Dämmerungshexe am 01. Mai 2015, 08:39:05
Ich glaube der Aspekt, den Prota durch solche - von ihm gezogenen Vergleiche - zu charakterisieren, ist nicht zu unterschätzen. Welche Schauspieler wir kennen und mögen, sagt ja auch sehr viel über unsere Persönlichkeit aus.
Oder es sagt viel darüber aus, was der Autor von Leuten hält, die eben besagte Menschen mögen. Die Krux daran ist, dass man da nicht wirklich objektiv rangehen kann. Schreibe ich einen Bösewicht, der trotzdem ein Fan von Band X ist, dann offenbare ich als Autor ja schon, dass ich selbst Band X gut finde, sonst würde ich das ja nicht als positive Eigenschaft meines Fieslings hervorheben.
Zitat von: Tanrien am 01. Mai 2015, 12:06:01
Was allerdings problematisch sein könnte, wären weniger als zwanzig Jahre. Ein Vergleich von "wie Zayn aus One Direction", der vor einem Jahr im Manuskript noch toll klang, ist jetzt bei der Veröffentlichung schon nicht mehr aktuell.[/list]
Vor allem, wenn er wie vor 3 Wochen oder so One Direction verlassen hat :rofl: Oh Gott, wieso kann ich mir sowas denn merken?!
Ich finde die Idee von
@Tanrien gut, vielleicht auch die ein oder andere fiktive Persönlichkeit zu erfinden und meine Figuren sich damit vergleichen zu lassen. Etwas wie "Elena sah, wie ihre Schwester sich die Haare frisierte, genau wie Aimee die Bardin sie neuerdings zu tragen pflegte. Aber der geflochtene Seitenzopf wirkte an ihr eher wie eine Kinderfrisur, und Elena verkniff sich ein Grinsen als ihre Schwester fertig war." Sagt mehr über die Schwestern und ihre Beziehung zueinander aus als über den Promi, der hier nur Nebensache ist, wirkt aber doch recht organisch, oder nicht? :hmmm:
Zum Thema reale Vorbilder haben wir bereits einige Threads, am besten betätigst du selbst einmal die Suche und ziehst dir die für dich wichtigen Sachen heraus (ich habe jetzt den Begriff "reale Personen" genommen). ;)
Meine Meinung zum Thema. Rechtlich gesehen darfst du reale Personen beschreiben, aber nicht handeln lassen. Und du darfst nicht verunglimpfen, also nicht schreiben "seine Frisur war genauso besch**** wie die von Brad Pitt". Ausserdem musst du dich an bekannte Fakten halten, du kannst also nicht behaupten, Angelina Jolie sei in Wirklichkeit blond. Dann sollten dir keine Klagen ins Haus flattern. Ich verwende selbst oft Beschreibungen von realen Personen, aber mehr in Verbindung mit Musik.
Vergleiche zwischen Charakteren und irgendwelchen Promis finde ich schwierig. Ich finde, man kann es machen und ich finde es auch nicht handwerklich schlecht. Aber wenn ich eine Beschreibung lese, stelle ich mir etwas Bestimmtes dabei vor. Mit dem Vergleich zu einem Promi kann diese Vorstellung bei mir zerstört werden. Ich finde z.B. Brad Pitt nicht attraktiv, im Gegenteil. Wenn ich nun aber von einem blonden Schönling lese, denke ich zunächst einmal ja nicht an Brad Pitt und finde diesen Chara wahrscheinlich attraktiv, schliesslich stehe ich auf blond. Sobald da aber steht "er sah ein bisschen aus wie Brad Pitt" ist dieses Bild zerstört und ich finde ihn nicht mehr attraktiv. Oder ich ignoriere diesen Zusatz einfach. ;D
Umgekehrt kann ein Autor aber auch Glück haben und an eine Leserin gelangen, die Brad Pitt supertoll findet und sich darüber freut. Von dem her ist es ein bisschen ein Glücksspiel, finde ich. Man kann allerdings auch ohne einen Vergleich eine Beschreibung bringen, die mich als Leserin an einen bestimmten Promi erinnert und dann sieht der Chara für mich aus wie dieser Promi. Ohne dass der Autor das jemals gesagt hätte.
Also ich bin zwar ein riesiger Verehrer von Vergleichen und Metaphern, finde jedoch Vergleiche zu realen Personen in den meisten Fällen nicht so gut. Kommt natürlich auch immer auf die Art und Weise der Einbindung, das Setting und die Geschichte an sich an, denn wenn das stimmt, kann das schon überzeugend und gut wirken. Aber in den meisten Fällen würde ich das eher ablehnen.
Zitat von: Norrive am 01. Mai 2015, 12:22:55
Oder es sagt viel darüber aus, was der Autor von Leuten hält, die eben besagte Menschen mögen. Die Krux daran ist, dass man da nicht wirklich objektiv rangehen kann. Schreibe ich einen Bösewicht, der trotzdem ein Fan von Band X ist, dann offenbare ich als Autor ja schon, dass ich selbst Band X gut finde, sonst würde ich das ja nicht als positive Eigenschaft meines Fieslings hervorheben.
Ich weiß nicht, ob man das so betrachten kann. Immerhin werden gerade in Filmen usw. sehr viele Bösewichte (wie zB. Hannibal und Alex aus Clockwork Orange) als große Klassik-Liebhaber dargestellt. Das heißt ja nicht, dass Klassik schlecht ist, sondern nur, dass man als Betrachter damit allgemeinhin einen großen Intellekt verbindet, der hier wiederum ins negative gedreht ist.
Ähnlich stelle ich es mir vor, wenn ich einen Psychopathen beschreibe, der großer John Lennon-Fan ist - für mich würde das unterrstreichen, wie verdreht diese Figur ist.
Natürlich kann das ganze auch unterstützend sein - beim dritten Teil von "die unendliche Geschichte" trägt einer von der bösen Jugend-Gang ein "Cradle of Filth"-T-Shirt - ich bezweifle, dass der Großteil der Zuschauer die Band kennt, aber allein schon der visuelle Eindruck passt.
Worauf man achten sollte, ist keine zu eindeutige Wertung rein zu bringen. Immerhin soll gesagt werden, dass die Figur den Star mag/nicht mag, aber nichts über die persönlichen Präferenzen des Autors - ich denke da muss man wirklich trennen können.[/list]
In einem entsprechenden zeitgenössischen Setting wirkt ein beiläufiger Vergleich mit einer bekannten Persönlichkeit meist relativ organisch und bedeutend weniger störend als eine langatmige Beschreibung.