Guten Abend!
Ich lese bei Agenturen und Verlagen immer öfter Begriffe wie "Frauenunterhaltung" und "Frauenkrimis" oder "Frauenthriller". Auch weist man gerne darauf hin, dass die Zielgruppe weiblich ist und um die dreißig Jahre alt. Weiters haben Frauenromane Romantik und Erotik zu beinhalten oder den (haha!) "besonderen Dreh".
Da stellen sich mir viele Fragen. Täusche ich mich da oder wollen die Verlage auch in unserem Genre tatsächlich mehr und mehr die Frauen ansprechen? Haben sie vielleicht die "lesemuffelnde" Männlichkeit ganz aufgegeben? Lesen Frauen wirklich so anders als Männer? Wenn ja, warum kann ich mich dann ausgerechnet mit Frauen am besten über meine Lieblingsbücher unterhalten? Und besonders wichtig: Muss ich jetzt Ärzteromane lesen, um mich besser auf die Zielgruppe einzuschießen?
Versteht mich nicht falsch, ich schreibe sehr gerne für die Frauen, aber macht das denn wirklich so einen Unterschied? Wie schreibe ich beispielsweise Frauen-Fantasy im Gegensatz zur ... äh, Männer-Fantasy? Kann ein Mann das überhaupt?
Liebe Grüße,
Korahan
Ich bin eine Frau. Und wenn irgendwo "Frauenunterhaltung" drauf steht, heißt das für mich, dass ich einen Bogen drum mache.
Die Verlage haben nicht das männliche Lesepublikum aufgegeben. Umgekehrt - es gibt Bücher, und Bücher für Frauen. Werkzeuge, und Werkzwuge für Frauen. Filme, und Filme für Frauen. Etc. Fürs Marketing ist "Mann" die Defaulteinstellung, und "Frau" die Abweichung. In der Literatur ist das wie mit den Frauenzeitschriften. Sicher gibt es Bücher, die eher ein weibliches, und Bücher, die eher ein männliches Publikum ansprechen. "Frauennterhaltung" geht aber noch einen Schritt weiter, und mir zu weit. Wo "Frau" draufsteht, kann man leichte, schnell verdauliche, eher anspruchslose Literatur erwarten, perfekt zugeschnitten auf den eher anspruchslosen weiblichen Geist.
Locker, frech, romantisch, etc - ich kann nicht erwarten, dass ich als Intellektuelle angesprochen werde, als Geek, als Romantikmuffel. Es ist eine von diesen Sachen, wo ein ganzes Geschlecht über einen Kamm geschert wird: a) Alle Frauen und b) kein Mann haben sich dafür zu interessieren. Ich kann nicht anders, als diese Haltung ätzend zu finden.
Es ist auch nicht mein bevorzugtes Genre. Aber genau das ist das, was sich am besten verkauft. Liebesromance sind immer bei den Bestsellern dabei. Wenn man Spaß daran hat, so etwas zu schreiben, und sich mit den Genrekonventionen zu beschäftigen, dann findet man sicher leicht eine Agentur oder Verlag. Wenn man nichts damit anfangen kann, schreibt man eben etwas ohne allzuviel Romantik. Es sagt ja niemand, dass Frauen keine anspruchsvolle Literatur lesen würden. Aber die meisten Männer lesen solche Bücher nicht. Der Begriff ist natürlich etwa unglücklich. Es gibt ja abseits von Romance auch leichte Unterhaltung für Männer, also so lustige Bücher von Männern geschrieben. Man könnte es auch als Romance oder leichte Unterhaltung bezeichnen. Aber am meisten findet man es doch von Frauen. Wobei es auch einige Autoren mit weiblichen Pseudonymen gibt.
Ich will auch was sagen, so als Frau :D
Da kann ich mich nur anschliessen. Solche Bücher sind auch überhaupt nicht meins. Besonders in der Fantasy geht es um so viel mehr als dieses kitschige Gekritzel und meiner Meinung nach sollte man sich unter keinen Umständen auf ein solches beschränken. Romantische Aspekte und Humor sind erlaubt, teilweise sogar erwünscht. Aber diese sollten in einem gesunden Gleichgewicht zu anspruchsvolleren Themen stehen.
Ich finde, man sollte nicht versuchen, sich auf diese Weise dem Leser anzupassen, da gehen die ganzen interessanten Sachen ja direkt unter :(
Zitat von: Korahan am 21. Juli 2014, 18:41:24
Täusche ich mich da oder wollen die Verlage auch in unserem Genre tatsächlich mehr und mehr die Frauen ansprechen?
Frauen konsumieren mehr auf dem Buchmarkt. Also ja, gerade ehemals sehr männlich dominierte Genres werden mehr und mehr für weibliches Zielpublikum optimiert.
ZitatHaben sie vielleicht die "lesemuffelnde" Männlichkeit ganz aufgegeben?
Glaube ich nicht. Aber was mehr gekauft wird, wird eben auch mehr angeboten.
ZitatLesen Frauen wirklich so anders als Männer?
Puh, schwere Frage. Allerdings scheint es so zu sein, dass diejenigen, die am meisten für Bücher ausgeben tatsächlich generell "leichtere" Kost bevorzugen, in der Romantik eine große Rolle spielt.
ZitatWenn ja, warum kann ich mich dann ausgerechnet mit Frauen am besten über meine Lieblingsbücher unterhalten?
Wie gesagt, ich vermute, dass die Geschlechterbegriffe hier zwar synonym mit bestimmten Kaufinteresseren verwendet werden, aber es geht dem Buchmarkt ja nicht darum Frauen (oder sonst eine bestimmte Gruppe) zu hofieren, sondern einfach nur viel zu verkaufen.
ZitatUnd besonders wichtig: Muss ich jetzt Ärzteromane lesen, um mich besser auf die Zielgruppe einzuschießen?
Hoffentlich nicht! ;D
ZitatVersteht mich nicht falsch, ich schreibe sehr gerne für die Frauen, aber macht das denn wirklich so einen Unterschied? Wie schreibe ich beispielsweise Frauen-Fantasy im Gegensatz zur ... äh, Männer-Fantasy?
Unterschiede gibt es scheinbar schon. Denn Romantasy verkauft sich im Mittel scheinbar einfach viel besser als der Rest. Das treibt manchmal etwas seltsame Blüten. Eines meiner längeren Projekte wurde mal abgelehnt, weil der Prota männlich war und sich absolut nicht verliebt hat. (Wobei ich keine Ahnung habe, ob das der wirkliche Grund, oder nur eine Schutzbehauptung war)
ZitatKann ein Mann das überhaupt?
Klar. Aber ich denke nicht, dass man(n) das unbedingt muss.
Diese Entwicklung hat imho nämlich weder besondere Relevanz für die klassische Fantasy, noch ist sie besonders schlimm. Wenn man allerdings partout einen Bestseller landen will, sollte man natürlich versuchen, besonders die größten Leserinteressen zu bedenken. Aber das war ja schon immer so.
Ich denke nicht, dass mehr Frauen als Männer lesen oder umgedreht. Aber es ist schon so, dass beide Geschlechter über den Daumen gepeilt andere Leseinteressen haben. Männer interessieren mehr die Fakten, sie lesen eher Sachbücher als Romane. Frauen fahren mehr auf Charaktere und ihre Beziehungen zueinander ab und lesen mehr Romane als Sachbücher. Der Stil bei Männerbüchern ist dann auch sachlicher, abgespeckter, härter und bei Frauenbüchern gefühlvoller, poetischer.
Schau dir mal die Dirk-Pitt-Bücher von Clive Cussler an und vergleiche sie mit, sagen wir mal, den Stephanie-Plum-Sachen von Janet Evanovich. Abgesehen von kleineren Unterschieden, weil es nicht ein und dasselbe Genre ist, unterscheiden sie sich auch stark wegen der Zielgruppe.
Natürlich würde ich niemals einer Frau nur Rosamunde Pilcher andrehen (übertrieben gesagt) und einem Mann den neuesten Hawking. Dafür sind die Personen einzeln betrachtet dann doch wieder zu individuell und die Frage nach Romanen, die sie zuvor gelesen haben, so wichtig. Allerdings kann ich schon sagen, dass eher Frauen auch Männerromane lesen als dass Männer zu Frauenromanen greifen. (Ich wüsste zumindest nicht, dass einer von unseren Jungs aus der Berufsschule* Das Schicksal ist ein mieser Verräter (das ja auch noch ein Jugendbuch ist) oder Das Lavendelzimmer gelesen hätte.)
Außerdem, wegen den Ärzteromanen (du hast vll. an die Schwarzwaldklinik oder Doktor Stefan Frank gedacht?): Heftchenromane sind nochmal eine ganz andere Zielgruppe als Romane -- und zeichnen sich gerade durch die Einfachheit aus. Das ist nicht 1zu1 auf Romanen zu münzen. Wobei es natürlich auch bei Romanen seichte und anspruchsvolle Geschichten gibt. Das gibt es aber genauso bei Männerromanen (Stichwort: Dick Lit wie Tommy Jaud).
*Btw.: Ich bin in der Ausbildung zur Buchhändlerin.
Zitat von: Korahan am 21. Juli 2014, 18:41:24
Lesen Frauen wirklich so anders als Männer?
Zumindest schreiben sie im Schnitt anders.
Zitat
Wie schreibe ich beispielsweise Frauen-Fantasy im Gegensatz zur ... äh, Männer-Fantasy?
Du musst wissen, was Frauen (lesen) wollen. Eine gute Quelle sind schlechte Autorinnen, da bei denen die Phantasie nicht vom Können überdeckt wird.
Auch Ken Follett zeigt, wie man seine Leserinnen bedient. Dem Historiker rollen sich da Fußnägel hoch, aber die Leute wollen das lesen...
Interessanterweise lese ich diese "Frauenromane" ungern, obwohl ich es sehr mag, interessante zwischenmenschliche Beziehungen zu beobachten - wobei ich finde, dass das in jedem Roman gewissermaßen vorhanden sein sollte. Ich bin extremst anspruchsvoll, wenn es um die Bücher geht, die ich lese, was allerdings nicht heißen soll, dass ich diesen sogenannten Frauenromanen wenig Anspruch unterstelle. Ich habe auch schon so einigen anderen gut laufenden Romansorten und internationalen Bestellern wenig Anspruch unterstellt.
Als Autorin sehe ich durchaus einen Reiz darin, was nicht immer so war, obwohl ich noch nie einen Frauenroman geschrieben habe (glaube ich zumindest :hmhm?:). Genau weil "traditionellerweise" besonders auf Charaktere und ihre Beziehungen untereinander geachtet wird, wie Zitkalasa schon sagte, und das mag ich eigentlich sehr, kann man sich psychologisch und zwischenmenschlich, melodramatisch und emotional als Frauenroman-Autorin so richtig schön darin austoben, ohne dass man Schmalzigkeit und solche Dinge unterstellt bekommt (es sei denn naürlich, man übertreibt oder will genau das erreichen, um die Zielgruppe zu treffen - hm, das ist ein vielschichtiges Thema, das in meinem Kopf viele Widersprüche hat). :hmmm:
Allerdings sollte man das auch in anderen Romanbereichen dürfen. Es ist ein schwieriges Thema, denke ich, und eine wirkliche Meinung darüber bilden ... damit tue ich mir schwer, weil ich als Leserin und Autorin zu wenig Erfahrung damit habe. Frauenromane können mitreißend und toll geschrieben sein, aber sie können, wie es Maja schon ähnlich geschrieben hat, auch sämtliche Klischees bedienen, und das sollte man hauptsächlich in einer Satire.
Natürlich lesen Männer weniger "Frauenromane". Genauso wie es heutzutage für Mädchen und Frauen okay ist, Männerklamotten zu kaufen und zu tragen, aber Männer schief angesehen werden, wenn sie sich wie eine Frau kleiden. Das Label "Frau" ist noch immer negativ besetzt. Wenn ein Mann wie eine Frau kämpft, ist das eine Beleidigung. Pussy wird als Synonym für Weichei verwendet, usw. Aus diesen Gründen (unter anderem) haben Frauen auch weniger Probleme, Männerbücher zu lesen als anders herum.
Und ganz ehrlich: Müssen diese typischen "Frauenschinken" auch immer nach Frauenschinken aussehen? Rosa, babyblau, und am besten noch einen süßen Mops mit drauf auf das Cover und ein Sektglas. Allein aus solchen Gründen habe ich diese Art von Buch auch noch nie gelesen, dabei bin ich mir relativ sicher, dass da auch ganz gute Sachen dabei sind. Es ist vollkommen in Ordnung, wenn manch einer gern zu seichten Büchern greift oder gerne Liebesromane liest. Dagegen spricht ja nichts! Nur wozu wir diese Geschlechtertrennung brauchen, ist mir ein Rätsel. Reicht es nicht, wenn die Bücher in der richtigen Abteilung des Buchladens stehen und somit geschlechterneutral behandelt werden?
Ich persönlich lese gern Romane von Männern sowie von Frauen, und dabei querbeet auch alle Genres. Diese Details sind mir relativ Wurst, solange mich die Geschichte packt.
Ich hoffe, das Folgende wird nicht missverstanden. Ich denke, es geht nicht darum, dass Frauen mehr oder weniger lesen als Männer, sondern um die Problematik der ,,Zielgruppe".
Frauen lesen und schreiben anders als Männer, wenn man von einem statistischen Durchschnitt ausgeht. Deswegen gibt es eben die Zielgruppe ,,Frau" und auch die Zielgruppe ,,Mann". Ein Verleger wird das bei der Optimierung seiner Verkaufsstrategie sehr wohl berücksichtigen.
Für dieses unterschiedliche Leseverhalten gibt es soziale, kulturelle und auch biologische Gründe. Bevor ich gesteinigt werde - ,,biologisch" ist keine Wertung, sondern der Hinweis darauf, dass es wissenschaftliche erwiesene Unterschiede im Aufbau des weiblichen und des männlichen Gehirns und im Zusammenwirken seiner Komponenten gibt. So sind Frauen nicht nur beim Thema ,,Socialising" den meisten Männern weit voraus, in Gefühlsäußerungen und in der Wahrnahme von Gefühlsäußerungen gibt es ebenfalls Unterschiede. Wobei hier sicherlich diskussionswürdig wäre, ob das biologisch oder gesellschaftlich bedingt ist. Darum geht es jedoch nicht, sondern das dem einfach so ist. Dementsprechend gibt es sicherlich mehr Frauen als Männer, die mit ,,schnulzigen" Liebesromanen etwas anfangen können. Oder dass es mehr Männer als Frauen gibt, die Thriller lesen usw. - dazu gibt es ausreichend Statistiken. Das ist keine Wertung, sondern eine Tatsache, die ein Verlag in seinem Programm berücksichtigt, mehr nicht.
Kennt ihr die Sinus Milieus? Die haben auch ihren Einfluss: http://www.kulturmanagement.net/downloads/verbraucherstudie.pdf
@Melenis
Hm, so hart würde ich das nicht sehen. Genauso wie bei High Fantasy gerne Drachen drauf sind, so sind es bei bestimmten Arten von Frauenromanen eben die stilisierten Grafiken. Hat sich so ergeben und als BuHä und Leser hilft es mir, von Weitem schon zu sehen, was drin ist. *Schultern zuckt* Auf männliche Frauenmode wie in den 80ern, um geschlechtsneutral zu sein, habe ich jedenfalls wenig Lust. Tatsächlich fände ich das sogar sehr schrecklich, wenn alles geschlechtsneutral wäre. Über den Daumen gepeilt sind die Geschlechter auch verschieden und dem sollte Rechnung getragen werden.
Allerdings ist es mühselig, nur in Geschlechtern zu denken. Ich denke lieber in Genren. Und da ist, Klischee Klischee, auf dem Krimi eben die blutige Klinge drauf und auf dem Romantikschinken Blümchen (oder Früchte, toller Trend in diesem Jahr).
Melenis: Du hast gerade genau das geschrieben, was ich sagen wollte, also: Ja, ich stimme zu. :) Ich bin jemand, der sehr gern Chick-Lit und Frauenunterhaltung liest und ich finde Geschichten über Frauen, die ihren Platz im Leben finden und sich verlieben auch nicht anspruchsloser oder dümmer als Fantasygeschichten über epische Schlachten und heroische Reden (um es mal ganz platt zu sagen). Das sind zwei verschiedene Thematiken, aber beide sollen nicht mehr, als zu unterhalten und Spaß zu machen. Und das tun sie doch - Männern und Frauen. Weshalb die typisch weiblichen Geschichten trotzdem als dümmer und weniger wertvoll gelten, als die typisch männlichen Geschichten hat Melenis sehr gut erklärt. Ich bin dafür, Literatur einfach nicht mehr zu gendern und jeden Leser zu dem greifen zu lassen, was er möchte. Viele werden zu beidem greifen, denke ich, besonders, wenn man den "Hirnloses Romantikzeugs"-Stempel endlich mal von der Chick-Lit runternimmt.
Ich finde süße Hunde, rosa Cover und Sektgläser nicht verkehrt, das Problem ist eigentlich genau dasselbe: Das sind Symbole für Weiblichkeit und die werden genutzt als "Warnung" vor einem seichten Frauenroman. Auf typischen Fantasybüchern oder Krimis sind auch immer ähnliche Motive, damit man weiß, was man erwarten kann, die haben bloß nicht einen so negativen Beigeschmack. Ich würde vielleicht eher so ansetzen, die Symbole in dieser Hinsicht zu "entwerten" und sie nicht gleich als schlecht rauszuschmeißen. :) In meiner alten Lieblingsbuchhandlung waren sogar die Kinderbücher in zwei Regale aufgeteilt: Mädchen und Jungen. Bei den Mädchen stand alles zu Freundschaft und Pferden und Schule und dergleichen, bei Jungen die Action, die Kinderkrimis, die historischen Sachen, dabei lesen in dem Alter durchaus noch viel mehr Jungen auch typische "Mädchengeschichten". Als Autorin reizt es mich schon sehr lange mich mal an Chick-Lit ranzuwagen, aber ehrlich? Ich kann es nicht. Das ist nicht so leicht, "Ach, schreib ich mal schnell Chick-Lit, das verkauft sich so gut" greift hier auch nicht. Man muss trotzdem ein lesenswertes Buch schreiben und das ist bei Chick-Lit nicht leichter als bei Fantasy, bei Krimis oder bei anderen Genres.
ZitatIch bin dafür, Literatur einfach nicht mehr zu gendern und jeden Leser zu dem greifen zu lassen, was er möchte.
Das Problem ist doch nicht das Gendern -- das Problem sind die Werte in den Köpfen der Menschen. Aber das Thema wird ja im OT schon ausführlich diskutiert und ich fände es schade, wenn wir uns beim Thema "Frauenromane" wieder nur auf Diskussionen zum Bild der Frau in unserer Gesellschaft einschießen.
Hey,
also mir sind diese Trends auch aufgefallen und ich stehe dem ganzen ambivalent gegenüber.
Es gab und gibt sehr unterhaltsame Chick Lit, wie beispielsweise die Chicago Stars Romane von Suzan Elizabeth Phillips. Ich lese so etwas ab und an ganz gern, früher mehr als heute, und zwar um einfach nicht über das Buch nachdenken zu müssen. Das ist halt ein Genre, dass einen in rosa Watte packt und in einer zuckrigen Romance-Seifenblase herumschweben lässt, den Leser manchmal aber auch überraschend sehr mitleiden lässt. Es gibt da einige Autoren, die da wirklich gekonnt Missgeschicke, Intrigen und Konflikte heraufbeschwören, die Protas bluten lassen und es am Ende trotzdem noch drehen können (oder auch nicht, gibt ja genügend Dramen ohne Happy End).
Andererseits sind gerade die Romane, die in den letzten Jahren unter die Sparte Frauenromane gefallen sind, mittlerweile einfach grottenschlecht. Oben genanntes Beispiel hatte zumindest noch einen annehmbaren Plot und emotionale Fallhöhe (auch wenn von Anfang an klar ist, dass sich die beiden kriegen ::) ), aber das was ich heute da manchmal so bei Amazon finde, geht gar nicht. Ich will nicht schon wieder über Single-Moms Mitte 30 lesen, die es ach so schwer haben im Leben, bis ein mysteriöser neuer Mann in ihrem Leben auftaucht...und das in einer endlosen Schleife aus immer dem gleichen Plot und handwerklichem Ungeschick...
Wie Kati gerade auch so schön gesagt hat, Chick Lit ist wirklich schwierig zu schreiben, was man an der Masse an schlechter Chick Lit der letzten Jahre auch ganz gut sieht, denke ich.
@Heftromane: Erinnert sich jemand an Lassiter? ''...und sie war nackt!''
Wow, mein erstes Thema und ich staune nur so, was da zurückkommt :-)
Es war (bisher) auf jeden Fall sehr erhellend. Ich musste ein bisschen schmunzeln, als ich den Eindruck bekam, dass sich die Antworten männlicher Mitglieder insofern von den der weiblichen unterscheiden, dass sie tatsächlich, wie bereits beschreiben, eher zur Sachlichkeit und zu Fakten tendieren. Dagegen haben Frauen eher davon geschrieben, was ihnen gefällt und warum oder was sie sich wünschen würden.
Ich ertappe mich als Mann oft selbst dabei, unheimlich kitschige Szenen einzubauen. Eine Magierin die beim Kuss die Zeit anhält, über eine Seite lang beschrieben ... ;D Und ich heule bei tragischen Liebesgeschichten. Manchmal denke ich, Männer können sogar noch viel kitschiger sein als Frauen. Dementsprechend stimmt es wohl, dass es hauptsächlich diese gesellschaftliche Konvention ist, dass echte Männer keine romantischen Bücher zu lesen haben, die sich in den Zielgruppen ausprägt. Und wie sollte man als Mann auch einen guten "Frauenroman" finden, ohne sich bloßzustellen?
"He Oida, magst a Bier?"
"Ja, danke ... schoitst mas Fuasboi ein? Heit spüt Barcelona!"
"Gern, gern! Sag, hast 'Rosen im Sturm' glesn?"
"..."
Liebe Grüße,
Korahan
Zitat von: Korahan am 22. Juli 2014, 03:01:32Es war (bisher) auf jeden Fall sehr erhellend. Ich musste ein bisschen schmunzeln, als ich den Eindruck bekam, dass sich die Antworten männlicher Mitglieder insofern von den der weiblichen unterscheiden, dass sie tatsächlich, wie bereits beschreiben, eher zur Sachlichkeit und zu Fakten tendieren. Dagegen haben Frauen eher davon geschrieben, was ihnen gefällt und warum oder was sie sich wünschen würden.
Das mag daran liegen, dass Frauen in dem Fall persönlich betroffen sind (und sei es von der Unterstellung, sie müssten sowas lesen wollen, nur weil sie den entsprechenden Chromosomsatz haben), während Männer in dem Fall eher neutral bleiben können. Hätten wir ein Genre Männerunterhaltung, in dem die Protagonisten anstelle kichernder Zicken grunzende Neanderthaler wären - ich denke, das würde sich großartig verkaufen, aber vermutlich eher an Frauen. ;)
Ich würde auf meinen Romanen nie den Stempel "Frauenunterhaltung" habe wollen, weil ich denke, damit schneide ich mir ins eigene Fleisch - will ich doch nicht schlappe 48% der Bevölkerung als Käufer ausschließen, sondern an das Geld von allen, Männlein wie Weiblein. Auch, wenn ich bis jetzt 90% Feedback von Frauen bekommen habe, ist mein größter Fan ein Mann (mein Lektor *g*). Ich denke, um meine Texte wertzuschätzen - die einen hohen Dialoganteil haben, einen manchmal noch höheren Monologanteil, und meistens mit sehr wenig Action auskommen, braucht es nicht ein bestimmtes Geschlcht, wohl aber eine bestimmte Geisteshaltung.
Und genauso, wie ich als Frau Metzelspiele und Egoshooter liebe, je blutier, desto besser, und zurecht beleidigt wäre, wenn sie unter dem Label "Männerunterhaltung" verkauft würden (sie werden das. Ich weiß es. Ich bin beleidigt), möchte ich auch meinen männlichen Lesern nicht das Gefühl geben, unerwünscht oder aus der Art geschlagen zu sein. Ich kenne viele Frauen, die mit Chicklit und andererer speziell für Frauen vermarkteten Literatur nicht viel anfangen können, und zugegeben wenig Männer, die das lesen, aber das liegt daran, dass ich meinen Umgang überwiegend mit Geeks pflege und der Chicklitleseranteil im Geekdom doch entsprechend gering ist.
Zitat von: Korahan am 22. Juli 2014, 03:01:32
Es war (bisher) auf jeden Fall sehr erhellend. Ich musste ein bisschen schmunzeln, als ich den Eindruck bekam, dass sich die Antworten männlicher Mitglieder insofern von den der weiblichen unterscheiden, dass sie tatsächlich, wie bereits beschreiben, eher zur Sachlichkeit und zu Fakten tendieren. Dagegen haben Frauen eher davon geschrieben, was ihnen gefällt und warum oder was sie sich wünschen würden.
Man könnte auch frech sein und sagen: Die Männer bleiben bei der Analyse der Situation stehen. Die Frauen bringen Veränderungsvorschläge (was dann mit dem Klischee einhergehen würde, dass Frauen per se kreativer und innovativer sind als Männer, das so ja tatsächlich in Personalabteilungen herumgeistert). :P Aber ich sehe es wie Zit: Lassen wir die Geschlechterdebatte in dem Thread, in dem sie schon so schön aufgearbeitet ist und gehen wir mal vom Status quo aus. Rosa Bücher mit Mops und Sektglas drauf für Frauen, Fantasyepen mit Held vornedrauf für Männer, Krimi für alle...
Ich würde ja Frauenunterhaltung (was für ein Wort!) in zwei Kategorien einteilen: in die leichte Sommerstrandlektüre ohne viel Tiefgang und in die Bücher, die tatsächlich die ganz großen Themen des Lebens behandeln. Ersteres - okay. Nicht meines, nicht immer jedenfalls, und ich würde mir wünschen, das wäre noch deutlicher gekennzeichnet ;). Manchmal habe ich echt Bock auf sowas (und frage mich dann, was eigentlich Männer lesen, wenn sie nur mal eine Story für zwischendurch konsumieren wollen ;) ). Zweiteres ist der Grund, warum ich bekennende "Frauenromanleserin" bin. Liebe, Tod, der eigene Platz im Leben, die Spannung zwischen gesellschaftlichen Erwartungen und eigenen Wünschen, das sind ja die Themen, die in vielen dieser fälschlicherweise als seicht verschrieenen Romane beackert werden. Ich finde es immer wieder schön, mit Charakteren mögliche Lösungen dieser Probleme durchzuspielen. Das ist quasi wie mehrere Leben leben und gleich mal ausprobieren, nur dass man eben doch nicht das eigene Leben für Experimente verbraucht.
Insgesamt würde ich mehrere Kategorien "Frauenromane" ausmachen, die jeweils noch ganz anderen Gesetzen unterliegen:
- die klassische Chicklit à la "Bridget Jones" (Liebeskummer, wie finde ich "the one and only")
- Romane à la "Sex and the City" (urbanes Milieu, berufliche Selbstfindungsprobleme, ekelhaft überspitzter Schuhtick, eher humorvoll)
- Romane mit Fokus auf Alleinerziehenden und Selbstfindung
- Landschaftsromane, Historicals
- New Adult - Zielgruppe bis ca. 30, Hauptfrage ist: Wo ist mein Platz im Leben?
- Liebesromane mit erotischem Touch
- Erotik
Und ja, es ist leider tatsächlich so, dass die Zielgruppen sehr Männer-/Frauenlastig gebaut werden. Frauenunterhaltung braucht einen starken Liebesplot und Fokus auf die Charaktere (characterdriven), während Männerromane auf pure Action ausgelegt sind (plotdriven). Ich finde es immer wieder schade, auch wenn ich verstehen kann, was die Verlage dazu treibt. Der Durchschnitts-Wenig-Käufer kauft eben, was er so schon kennt, bei den klassischen Liebesromanen lässt sich gut eine Werbung in den Frauenzeitungen schalten, Männer lesen eh nicht... ich sehe da auch eine gewisse Unsicherheit bei den Verlagen, die in diesen Mustern verharren lässt.
Ich selber schreibe ja per se characterdriven, einfach weil mir das mehr liegt. Darum habe ich im Bereich Frauenunterhaltung (auch wenn ich das Label nicht mag, aber meine Güte, wenn meine Romane sich mit dem Stempel drauf verkaufen ;) ) eher Chancen als bei Fantasy. High Fantasy, die sich auf die Charaktere fokussiert? Will doch keiner lesen! Männer interessieren sich nicht für die Beweggründe der Figuren und wenden sich bei einem Kuss schon ab, die wollen Gemetzel, Frauen brauchen unbedingt eine Lovestory und bloß nicht zu viel Haudrauf... ::) Total schade eigentlich, weil Schubladen zwar für bequeme Verkäufe sorgen, aber was großartig Neues ist dann ja nicht dabei.
Ich kann nun nur für den Teilbereich "Erotik" sprechen, in dem ich einen Hauptunterschied zwischen Frauen- und Männerromanen auszumachen glaube (auch mithilfe männlicher Freunde, die allesamt meine Romane als "zu weiblich" klassifiziert haben):
Frauen-Erotik legt sehr viel Wert auf die Gefühle und braucht eine Backstory. Kein Sex ohne Grund, zwar gerne auch direkt, aber einfach drauflos ist nicht. Was nicht bedeutet, dass es keinen One Night Stand geben dürfte, aber auch da muss Gefühl dabei sein. Männer-Erotik konzentriert sich eher auf den mechanischen Akt, der bei Frauen-Erotik dagegen eher mal abgekürzt wird (das Spannende ist ja dann vorbei, nicht wahr? Der pure Akt ist ja doch immer gleich, kennt man ja :rofl:). Story braucht Männer-Erotik nicht zwangsläufig, da tut es auch eine Aneinanderreihung von Begegnungen. Ich fand es sehr spannend, dass die Männer, die in meine Bücher reingelesen haben, häufig nach ein paar Seiten gesagt haben: "So ein romantischer Quatsch. Und wann geht es endlich zur Sache?" - während Frauen häufig mal zurückmelden, dass es zu viel Sex und zu wenig Story sei ;). Andererseits habe ich auch wunderbare Nachrichten von Männer bekommen, die sich für die Romantik bedankt haben, aber rein zahlenmäßig waren diese Ausnahmen wirklich in der Unterzahl.
Ich finde, die Fantasy ist (leider) genau das Beispiel, wo man sieht, wie Verlage denken und wie das, was sich verkauft, sich durchsetzt und jedwede Innovation erstickt.
In den 80ern gab es vor allem klassische Quest-Kost und Ewig-Reihen wie Rad der Zeit, Midkemia, Hohlbein, Drachenlanze und so Zeugs. Fantasy war Geek-Ware, allenfalls Narnia, Tolkien und Ende waren noch als Literatur anerkannt. Den Rest schrieb man eher komischen Stubenhockern zu - so Leuten, die auch dauernd vor diesem seltsamen Brotkasten saßen und pixelige Computerspiele spielten - und ich glaube, die Vorstellung dieses Typus war in den meisten Fällen "Männer", obwohl sicher auch Frauen sowas gelesen und C64 gespielt haben.
Mit Harry Potter und den HdR-Filmen änderte sich das, Fantasy boomte, hierzulande schlugen die Völkerromane wie Bomben ein. Die Zwerge war dabei noch recht klassisch, die Elfen packten schon Romantik/Kitsch rein, aber auch da flutschten noch Gedärme raus, das war alles noch "transgender" wie man heute sagt.
Tja, und dann kam Stephenie Meyer mit ihrem unseligen Twilight. Wie sieht die Fantasy-Ecke seither aus? 80% Romantasy-Zeugs, gern mit bewährten Formeln wie "toll aussehender Vampir/Werwolf/Dämon/wasweißich verliebt sich in gewöhnliche Frau", "eine Frau zwischen zwei Männern" usw... Das verkauft sich, also wird das bis zum Erbrechen gemacht. Klassische Fantasy gibt es zwar auch noch (dank Game of Thrones, sogar wieder etwas mehr, scheint mir), aber weil Romantasy sich so viel besser verkauft, dominiert sie eben.
Natürlich muss nicht jeder Frau Romantasy gefallen, aber sie sind wohl klar in der Mehrheit bei den Käufern. Und das Frauen im Durchschnitt mehr Bücher(!) kaufen/lesen als Männer, ist glaube ich unstrittig.
Für uns als Autoren heißt das: Mit klassischer Fantasy (in der Romantik allenfalls eine Nebenrolle spielt) ist es sehr schwer irgendwo unterzukommen. Es gibt genug etablierte Autoren, die den Markt beliefern, folglich kaum freie Programmplätze bei den großen Verlagen - und die belegen sie dann noch oft mit übersetzten Romanen.
Kaixo,
ich finde ja immer das Romantasy etwas ist mit dem man viel falsch machen kann. Da muss man extrem vorsichtig sein, weil man zu leicht in Kitsch abrutscht.
Meine beste Freundin und ich wir lesen am liebsten Bücher wie Bernard Cornwell oder Oliver Plaschka, Romantik und Liebe, ja gerne aber bitte nicht im Vordergrund.
Zum Beispiel waren wir gestern im Hugendubel und haben uns nach unseren Lieblingsautoren erkundigt, die Verkäuferin hat uns blöd angeschaut und gemeint das die Damenunterhaltung (und ja, sie hat wirklich Damenunterhaltung gesagt!) im zweiten Stock wäre... Wir haben uns nach Game of Thrones (da vergess ich andauernd den Namen), Eoin Colfer, Christoph Marzi, Bernard Cornwell, Alan Bradley und D. J. MacHale erkundigt. Wir wissen das die normalerweise NICHT bei der Frauenunterhaltung stehen, anstatt zu sagen das sie keine Ahnung hat und uns zu ihren Kollegen schickt, sagt sie sowas.
Ich denke das wir etwas nach Geschlechtern aufteilen, ist nur gut um eine Statistik anzufertigen, diese wird allerdings verfälscht, weil wir ja nicht wissen wie viele Männer solche Bücher kaufen, angeblich um sie ihrer Freundin/Frau zu schenken, obwohl sie vielleicht nichts derartiges haben. Die Statistik sagt nur aus wie viele Bücher von einem bestimmten Genre gekauft werden, nur selten sagen sie auch aus, wer sie kauft. Heutzutage werden viele Kundenumfragen auch über Telefon oder Internet gestartet was es nochmal verfälscht. Ich zum Beispiel habe bei der letzten Kundenumfrage im Internet angegeben das ich Männlich, 50 und blond bin, sowas ist fehleranfällig wie sonst was und hat soviel Aussagekraft wie ein Märchen.
Das ist zumindest meine Meinung und daher denke ich das man schreiben sollte wie man selbst es gut findet, eine Einschätzung für Geschlechter gebe ich meist nicht an, ich sage bei meinem Genre immer Fantasy, Alternate History oder sonst was, irgendetwas jedenfalls das potentiell beide Geschlechter lesen können. Auf Nachfrage würde ich das vielleicht spezifizieren, aber ehrlich, Geschlechtsspezifisch denken und "Männlich" als "normaleinstellung" zu haben finde ich nicht so gut, Mann und Frau lesen was ihnen gefällt und ich kenne einen jungen Mann der Frauenliteratur liest in der Hoffnung so ein Gesprächsthema beim ersten Date zu haben und das funktioniert sogar ;D
lg
Ilargi
Das Thema hat angefangen, mich wirklich zu interessieren und deshalb bin ich ein wenig auf die Suche gegangen. Das Ergbenis fand ich sehr erstaunlich und widerspricht vielem von dem, was hier gesagt wurde. Allerdings sind auch Bestätigungen dabei. Ich hoffe, Ihr könnt damit leben, dass ich nur ansatzweise die Knackpunkte zitiere. Ich gebe die Quellen mit an, sodass jeder, der sich dafür interessiert, die Beiträge finden kann.
Bundesministerium für Unterricht zur geschlechtersensiblen Leseförderung:
- ,,... Die PISA Studien haben gezeigt, dass Mädchen und Frauen der Kulturtechnik Lesen näher stehen als Burschen und Männer ..."
- ,,... Diese Broschüre erläutert die besondere Herausforderung der geschlechtsspezifischen Leseförderung und zeigt mit Beispielen und praxisorientierten Anregungen neue Wege für eine geschlechtersensible schulische Leseförderung auf. Was Lesen für Mädchen bzw. Frauen bedeutet und was für Buben bzw. Männer,..."
- ,,... Die Leseforschung bestätigt, was Lehrerinnen und Lehrer in ihrer Unterrichtspraxis alltäglich erleben. Mädchen und Buben – und Frauen und Männer – verbinden mit ,,Lesen" und mit einzelnen Lesemedien Unterschiedliches. Sie geben dem Lesen in ihrem Alltag unterschiedliche Bedeutung und unterschiedliche Funktionen. Mädchen und Frauen stehen insgesamt dem Lesen näher als Buben und Männer und bewerten das Lesen allgemein deutlich positiver. Das gilt vor allem für das Buchlesen, im Besonderen erzählende Literatur. Für das männliche Geschlecht stehen beim Lesen eher informierende Genres und Massenmedien im Vordergrund. Diese Unterschiede sind bereits im Alter von acht bis zehn Jahren deutlich zu beobachten. ..."
Gefunden in: https://www.bmbf.gv.at/schulen/unterricht/ba/genderlesenwebfassung_15230.pdf?4dzgm2 (https://www.bmbf.gv.at/schulen/unterricht/ba/genderlesenwebfassung_15230.pdf?4dzgm2)
"Im Vergleich zu früheren Erhebungen ist das informatorische Lesen rückläufig – Jungen wollen unterhalten werden: 'Die Mehrheit der Jungen erwartet, dass bereits die ersten Seiten eines Buches äußere Aktion bieten, dass dann eine Abfolge von Span nungshöhepunkten die Lektüre erleichtert.' (Bischof/Heidtmann 2002, S. 259) ... die Nennungen der Lektüremotivationen und -gratifikationen lassen sich in folgende Reihenfolge bringen: Unterhaltungs- und erlebnisorientiert lesen 40 % der Befragten, zum Informieren 11 %, aus Interesse an der Geschichte bzw. dem Genre 7 %, um mitreden zu können 2 %, und um Inhalte nochmals zu erleben, die aus audiovisuellen Medien bekannt sind, ebenfalls 2 %. Die Autoren der Studie kommen zu dem Ergebnis:
'Männer und Frauen erleben Lesen anders. Frauen, die insgesamt häufiger Bücher lesen als Männer, erleben diese Freizeitbeschäftigung intensiver und vielfältiger als Männer. Insbesondere die Emotionalität fällt auf: Alle Aussagen dieser Dimension werden von Frauen erkennbar häufiger genannt als von Männern.' (Dehm et al. 2005, S. 526)"
gefunden in: http://www.nwsb.ch/dokumente/lesen_und_geschlecht.pdf (http://www.nwsb.ch/dokumente/lesen_und_geschlecht.pdf)
Danke für die Links, Bardo! Kann ich auch für die Arbeit gebrauchen.
Bei meinen eigenen Schreibereien geht es mir wie Maja, ich möchte keinen Stempel "für Männer" oder "für Frauen" aufgedrückt bekommen. Ich schreibe für Menschen, die interessiert, was ich schreibe, dabei denke ich bei der Zielgruppenbestimmung nicht an Gender oder Geschlecht, eher an Alter oder "Leuten, denen das-und-das gefallen hat, könnte auch meins gefallen" als grobe Orientierung.
Ich selbst bin wahrscheinlich nicht die vom Marketing angesprochene typische Leserin. Ich mag Schlachten genauso wie schmachten, es darf gruseln und ich habe nichts gegen Gänsehaut und zu Berge stehende Haare, ich kann mich wunderbar an einem Egoshooter abreagieren, ohne dadurch zur Amokläuferin zu werden. Ich halte mich nicht so für den Chicklit-Mensch, aber ich habe Bridget Jones-Filme gesehen und mich königlich amüsiert und ich habe ein kleines Bisschen Sex and the City gesehen und dachte nur, wahh, nein, geht nicht, ist nicht meins. Dafür lese ich Game of Thrones und gucke die Serie, und da spritzt das Blut ebenso wie die Erotikszenen knistern. ich kenne genug game of Thrones-Gucker, denen der Sex zu viel ist und das Blut zu hoch spritzt, ich bekenne mich, mit der Reichweite der Blutspritzer hatte ich zumindest bei einer gewissen Hochzeit wirklich ein Problem, nicht aber mit der Erotik.
Ich mag mich als Leserin nicht in Schubladen stecken lassen, und die schon zitierten süße-Tierbabys-und-Sektgläschen-Cover in Pastellfarben schrecken mich eher ab, genau wie die Bezeichnung "freche Frauen-Roman". Warum wird da Frauen, die sich selbst verwirklichen, sich durchsetzen und ihren Weg gehen, das Prädikat "frech" aufgedrückt, während es bei Männern "erfolgreich" heißen würde? Nein, ich will das nicht diskutieren, nur so als Denkanstoß.
Ich mag es nicht, als lesende Frau in eine Dummchenecke gestellt zu werden, auch wenn ich in meiner Freizeit tatsächlich in der Hauptsache lese, um mich zu unterhalten. Sachtexte lese ich im Büro genug, damit muss ich nicht auch noch meine Freizeit vollstopfen, es sei denn, es geht um Romanrecherche.
Ich finde es einfach schade, dass das Marketing auf so "platte Klischees" zurückgreifen muss, um Bücher an den Menschen zu bringen.
Zitat von: Aryana am 22. Juli 2014, 13:42:55
Ich mag es nicht, als lesende Frau in eine Dummchenecke gestellt zu werden, auch wenn ich in meiner Freizeit tatsächlich in der Hauptsache lese, um mich zu unterhalten. Sachtexte lese ich im Büro genug, damit muss ich nicht auch noch meine Freizeit vollstopfen, es sei denn, es geht um Romanrecherche.
Ich finde es einfach schade, dass das Marketing auf so "platte Klischees" zurückgreifen muss, um Bücher an den Menschen zu bringen.
Ja, das kann ich nur unterschreiben. Ich gebe gerne zu, dass ich nach der Arbeit und dem Schreiben nachts gerne mal noch eine viertel Stunde seichte Liebesromane lese, weil meine Kapazität für mehr nicht mehr reicht. Ein bisschen Humor, ein bisschen Drama, gut ist - aber ich finde solche Romane weder "einfacher" zu schreiben als andere (so sie handwerklich gut gemacht sind, es gibt überall Schund und Quatsch) noch "dümmer". Sie gehen eben nicht so in die Tiefe, was die großen Probleme des Lebens angeht - weil das auch gar nicht ihr Zweck ist. Ihr Zweck ist es, einfach nur ne viertel Stunde zu unterhalten, ohne dass man groß dabei sein muss.
Gibt es sowas ähnliches eigentlich "für Männer"? Und ich meine jetzt nicht Fantasy oder so, weil jedenfalls für mich Fantasy eigentlich immer auch Mitdenken voraussetzt (allein um den Weltenbau zu begreifen) - darum lese ich zur Zeit fast gar kein Fantasy mehr, außer eben Urban Fantasy oder Romantasy, weil ich dafür nicht den Kopf habe. Also einfach nur seichte Unterhaltung?
Zitat von: Snöblumma am 22. Juli 2014, 13:59:09
Ich gebe gerne zu, dass ich nach der Arbeit und dem Schreiben nachts gerne mal noch eine viertel Stunde seichte Liebesromane lese, weil meine Kapazität für mehr nicht mehr reicht.
Da Liebesromane mir noch nie besonders lagen, läuft das bei mir dann eher auf seichte Lokal-Krimis à la Kluftinger raus (vermutlich ja auch eher "Frauen-Literatur" ;) )- aber ich verstehe voll und ganz, was du meinst, Snö :)
Interessanterweise habe ich übrigens in der Betaphase meines Romans festgestellt, dass Männer und Frauen (
im Durchschnitt!) tatsächlich anders lesen, andere Anmerkungen oder Kritikpunkte bringen und unterschiedliche Aspekte positiv hervorheben. Ähnlich, wie das vorher schon einmal anklang, passen meine Beobachtungen ganz gut in die Vermutung, dass Männer eher plotbezogen lesen und Frauen eher charakterbezogen. Vor allem bei den emotionalen Stellen des Romans ist mir das recht deutlich aufgefallen. Ganz von der Hand zu weisen wäre diese Vermutung also nicht und ich sehe auch nichts Problematisches darin, abgesehen davon, dass man gerade als Autor nicht übergeneralisieren sollte.
Ich würde mich aus diesem Grund auch meinen Vorrednern anschließen und vermeiden, den Stempel "Frauen-" oder "Männerliteratur" zu verwenden. Natürlich muss man als Verlag und als Buchhandlung zielgruppenorientiert werben, aber man sollte zumindest versuchen, die eine Hälfte der Leserschaft nicht zu vergraulen :) (ich gehöre leider auch zu der Gruppe Leser, die ein Buch mit Sekt, Hündchen und pinken Highheels auf dem Cover nicht mit der Kneifzange anfassen würde, obwohl ich eine Frau bin :rofl:)
Vielleicht sollte man bei manchen Büchern zwei verschiedene Aufmachungen wählen, so wie das damals in England mit Harry Potter für Erwachsene gemacht wurde? Eine Frauen- und eine Männerversion :rofl:
Ich glaube, irgendjemand hatte schon dick lit angesprochen: Tommy Jaud und Konsorten. Ich habe mir mal Bücher von Tommy Jaud von meinem Vater ausgeliehen und fand die auch wirklich lustig. Ich würde also schon sagen, solche lustigen leichten Romane über Männer, die von einer Katastrophe in die nächste schlittern sind das Gegenstück zur chick-lit. Ich lese zum Beispiel viel Sophie Kinsella und das ist auch ähnlich aufgebaut: Deren Heldinnen stolpern auch ständig in neue lustige Katastrophen, der Fokus auf der Liebesgeschichte ist nur ein wenig stärker ausgebaut und man versucht halt jeweils "typisch Mann" und "typisch Frau" anzusprechen. Ich persönlich würde das tatsächlich als Gegenstück interpretieren, nur die Werbung macht das natürlich nicht. Während auf ähnlichen Büchern von Frauen mit weiblichen Hauptfiguren wirklich oft so ein Quatsch wie "Roman für freche Frauen" steht, habe ich das im Gegenzug bei ähnlichen Unterhaltungsromanen für Männer noch nicht gesehen und es ist auch allgemein akzeptierter als Frau Jaud zu lesen, als als Mann Kinsella, aber woran das liegt, hatte ich schon angesprochen und Maja auch.
Aryana hat etwas angesprochen, was ich dabei schon wichtig finde: Es sollte völlig in Ordnung sein, auch mal diese Sorte von Romanen zu lesen, ohne dafür als dumm oder anspruchslos verurteilt zu werden, besonders, wenn Männern, die Jaud lesen (auch nicht das große Ausmaß an intellektuellem Inhalt, was ja auch nicht sein muss) das eben nicht passiert. Ich finde es auch bezeichnend, dass viele Leute gar nicht darauf kommen, das einem mehrere Genres gefallen können. Man kann chick-lit lesen und Klassiker und Fantasy und nichts davon sagt etwas darüber aus, wie schlau man ist. Und das ist glaube ich auch das Problem bei diesen Covern mit Sektgläsern, Schuhen und Hündchen: An sich sind das nur Marketingsymbole, die einem sagen sollen, was man zu erwarten hat. Genauso, wie auf Dystopien in letzter Zeit oft solche Siegel drauf sind und auf High Fantasy Krieger oder Schwerter oder dergleichen. Das Problem ist einfach, wie diese Symbole gewertet werden. Denn an sich ist nichts Schlimmes an Hunden und Sektgläsern (oder Comicfrauen, die sind auch oft auf dem Cover), solang einem nicht jeder erzählt, das stünde für furchtbar dummen Schund. Und genau wie in jedem anderen Genre ist es schwer, das Gute vom Schlechten zu trennen und die guten Romane zu finden, wenn alles gleich aussieht, aber das ist ja nicht nur ein Problem innerhalb der "Frauenliteratur".
ZitatGibt es sowas ähnliches eigentlich "für Männer"?
Ich schätze mal, "Seichtes für Männer" könnten actionbetonte Thriller sein, wie z.B. Romane von Clive Cussler, Lee Childs oder Preston/Child. Ich bin zwar kein Mann, lese diese Art Bücher aber gerne, wenn ich etwas Unterhaltsames, Anspruchsloses konsumieren möchte. Dabei fällt mir auch eine Gemeinsamkeit zwischen "seichter" (ich meine das nicht negativ, sondern in dem Sinne, wie Snö es beschrieben hat) Männer- und Frauenliteratur: Die Handlung läuft immer nach dem selben Schema ab, man weiß, was man zu erwarten hat, obwohl die Roman durchaus spannend sein können. Besonders auffallend ist es, wenn man mehrere Bücher dieser Art nacheinander liest, da finden sich immer die gleichen Versatzstücke und Elemente. Ob das wohl zur Entspannung beiträgt?
ZitatGibt es sowas ähnliches eigentlich "für Männer"?
Wenn ich bei meiner Freundin bin und mir der Trubel mit ihren Kindern zu viel wird (ist das gemein von mir?), verziehe ich mich in eine Ecke und lese die Halo-Romane. Ich glaube, das ist tatsächlich das, was man als seichten Männerroman beschreiben könnte. Im Wesentlichen murksen die Spartaner über 400 Seiten Aliens ab. Ich würde gar nicht sagen, dass das nicht spannend wäre oder schlecht geschrieben, ganz im Gegenteil. Aber Romantik oder Erotik kommen da keine vor und die Charaktere definieren sich über die Waffengattungen, mit denen sie am besten umgehen können. Ihre Charakterentwicklung zeigt sich darin, wie gute Soldaten die ursprünglichen Rabauken wurden. Ein Happy End ist ein heroischer Tod.
Interessant ist dabei, dass die Spieleserie tatsächlich eine ordentliche Portion "Männerromantik" beinhaltet - diese wurde in den Büchern völlig ausgeklammert. Als Männerromantik bezeichne ich die unerfüllbare Liebe zwischen dem Supersoldaten John und der KI Cortana. Diese Beziehung ist sogar der spannendste Bestandteil der Handlung und, wenn man so will, Herz und Seele der Serie. Offenbar denken da die Verlage noch viel zielgruppenorientierter als Entwicklerstudios. Das ist mir übrigens schon öfter aufgefallen.
Da finde ich das hier ganz spannend, ein bisschen Infotainment zu Gendered Marketing: Link zu Youtube (https://www.youtube.com/watch?v=3JDmb_f3E2c). In dem Video geht es darum, dass oftmals gleiche oder sehr ähnliche Produkte mit unterschiedlichen Verpackungen, unterschiedlichen Namen und Zielgruppen vertrieben werden, um den Gewinn in die Höhe zu treiben. Marktsegmentation - wir kennen das ja schon alle von Fantasy allgemein, mit den ganzen teils vollkommen sinnfreien Untergenre, und ich denke, das findet man auch hier. Da gibt es dann nicht mehr diese humorvollen Lebensgeschichten für alle, sondern einmal für Männer (Kati hat es erwähnt, sowas wie Tommy Jaud und Co. würde ich darunter fassen) und einmal für Frauen (Chick Lit). Beide haben mehr oder weniger den gleichen leichten Inhalt, aber die Hauptcharaktere ein anderes Geschlecht und das Cover und Marketing sieht anders aus.
Lothen spricht es ja schon an:
Zitatin England mit Harry Potter für Erwachsene gemacht wurde? Eine Frauen- und eine Männerversion
ZitatDie Handlung läuft immer nach dem selben Schema ab, man weiß, was man zu erwarten hat, obwohl die Roman durchaus spannend sein können. Besonders auffallend ist es, wenn man mehrere Bücher dieser Art nacheinander liest, da finden sich immer die gleichen Versatzstücke und Elemente. Ob das wohl zur Entspannung beiträgt?
Wobei das ja eigentlich für alle Genre gilt. ;D
Danke für den Link, Tanrien! Das bringt das, was mich schon lange stört, auf den Punkt.
Ergänzend hierzu ein Link zu einem Produkt, der das Ganze buchstäblich auf die Spitze treibt: ein Stift, spezial für Frauenhände (http://www.amazon.com/BIC-Cristal-1-0mm-Black-MSLP16-Blk/dp/B004F9QBE6/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1406040782&sr=8-1&keywords=bic+women+pen&dpPl=1). Ja, es ist ein stinknormaler Kugelschreiber. Kostet nur das Fünffache. Man beachte die Kundenkommentare.