Kann mir eigentlich gar nicht vorstellen, dass es solch einen Thread noch gar nicht gibt, aber es ist auch so schwierig danach zu suchen! Hab's auf jeden Fall versucht :)
Es ist gerade das erste Mal, dass ich wirklich recherchiere (sprich: Ich lese tausende Bücher quer, um die Antwort auf folgende Frage zu finden), da es derzeit ein echtes Problem für mich darstellt. Wie finde ich heraus, welche Szene es wert ist, in der Story zu bleiben oder überhaupt erst geschrieben zu werden? Nach welchen Kriterien sollte man entscheiden?
- Storyrelevanz?
- Vertiefung der Charaktere?
- Fluff, des Fluffs wegen?
- ...?
Im Grunde liebe ich es am meisten, einfach über meine Charaktere zu schreiben. Tavernengespräche, Hobbyausübung, Flirtereien... Hurra! Allerdings hat das in einem Roman wohl wenig zu suchen. Wie viel Fluff darf es sein, oder "muss" jede einzelne Szene die Handlung vorantreiben, muss in jeder Szene etwas enthalten sein, das Fragen aufwirft oder beantwortet, Spannung erzeugt?
Ich bin da wirklich unsicher und habe gedanklich schon 50% (Ach! 95%!)unserer "Schreibskizzen" gelöscht, merke selber, dass ich bei jeder neuen Szenenidee diese 1.000Mal umdrehe und kritischst betrachte, anstatt einfach lustig draufloszuschreiben - und das,
obwohl die Szene sogar storyrelevant ist. Strange.
Wie handhabt ihr das denn?
Erstmal: Mach dir bloß nicht so einen Kopf. Wenn dir doch mal eine Szene dazwischenrutscht, die später unwichtig erscheint, kannst du sie immer noch streichen. :)
Ich für mich handhabe es so, dass eine Szene die Handlung vorantreiben muss. Ob das Charakterentwicklung ist, oder die Auflösung von Handlungssträngen, neue Fragen aufwirft oder die Helden einfach näher ans Ziel bringt... die Szene muss am Ende etwas bewirkt haben. Vielleicht ist es so am einfachsten gesagt: Wenn du die Szene im Kontext liest und man sie streichen könnte, ohne, dass man es den Szenen drum herum anmerkt, war sie überflüssig. Als Beispiel vielleicht: Peter und Lisa unterhalten sich über den Garten von Herrn Müller. Die Szene ist genau dann wichtig, wenn: Im Garten von Herrn Müller etwas Wichtiges passiert ist oder passieren wird. Wenn der Garten von Herrn Müller aus welchen Gründen auch immer dazu beiträgt, dass Lisa oder Peter sich charakterlich weiterentwickeln. Wenn Peter im Gespräch über Herrn Müllers Garten bemerkt, dass er in Lisa verliebt ist. Oder, wenn die blutroten Petunien in Herrn Müllers Garten eine Anspielung auf irgendetwas sind, das später im Zusammenhang nochmal wichtig wird. Sowas. Wenn sie sich aber einfach so darüber unterhalten, wie schön dem Herrn Müller seine Stiefmütterchen blühen, kannst du die Szene streichen, weil sie dich kein Stück weiterbringt. (Was ich mir auch vorstellen kann ist, falls du darstellen willst, dass Lisa und Peter sich nicht mögen und dann angespannt und total passiv-aggressiv über die Stiefmütterchen reden, damit würdest du ja dem Leser die wertvolle Information geben, dass die beiden Helden sich nicht ausstehen können.)
Mein Beispiel ist wie eh und je strunzblöd, aber ich denke, man versteht es. :) Jeder Autor schreibt unheimlich gern über die kleinen Dinge, die den Alltag des Helden ausmachen, aber kaum jemand liest das gern. Die Leute lesen dein Buch, weil sie die Geschichte interessiert und deshalb solltest du sie auch nicht länger als nötig von der Geschichte ablenken. Fluff des Fluffs wegen... schwierig. Ich denke, wenn du mit Fluff die Liebesgeschichte ausbaust, dann ist das okay. Oder, wenn der Fluff irgendwie in einer Szene steckt, die die Handlung weiter treibt. Oder du damit die Beziehung deiner Figuren zeigst. Aber einfach so, weil einem gerade danach ist... das kommt bestimmt auch auf das Genre an. In Liebesromanen, wo die Leser erwarten, dass es viele romantische Szenen gibt, ist das sicherlich nicht fehl am Platz. In Urban Fantasy, wo Vampire Los Angeles angreifen, wäre Fluff des Fluffs wegen nicht angebracht, denke ich.
Aber ja, am Ende wird wohl ein kleines Gespräch über Stiefmütterchen niemanden stören, wenn es nicht gerade fünf Seiten lang ist. Selbst, wenn mal eine völlig unnötige Szene durchrutscht, wird niemand deshalb das Buch weniger mögen. Man sollte nur aufpassen, dass man so wenig unnötige Szenen wie möglich einbaut, weil irgendwann ist da dieses eine kleine Gespräch, dass das Fass zum Überlaufen bringt und der Leser bekommt zu Recht das Gefühl, der Plot wurde mit unnötigen Szenen gestreckt, bis es mehr Gespräche über Gärten und Stiefmütterchen gibt, als Szenen, die die eigentliche Handlung voranbringen.
Bei mir kommt das natürlich überhaupt nicht vor, dass ich Szenen schreibe, die nicht plotrelevant sind. ;D Nun gut, Scherz beiseite, ja auch ich habe Szenen, die im endgültigen Manuskript nichts verloren haben. Wie ich sie rausfinde? Schwierige Frage. Ich habe einen eigenen Überarbeitungsschritt eingebaut, bei dem mein Ziel es ist zu kürzen, einzelne Wörter, Abschnitte oder auch ganze Szenen. Da freue ich mich dann über jede Szene, die rausfliegt, weil das ja schließlich das Ziel dieses Überarbeitungsschrittes ist. So gehe ich zumindest schon einmal mit einer positiven Einstellung an das Szenen-Rausschmeißen heran.
Plotrelevante Szenen bleiben natürlich drinnen. Bei Szenen, die meine Figuren charakterisieren, frage ich mich, ob ich die Charakterisierung nicht auch in einer plotrelevanten Szene unterbringen kann. Wenn ja, baue ich um und die Szene fliegt raus. Für alle anderen Szenen ist der Gesamtaufbau entscheidend. Anders gesagt: nach einer Action-Szene sind manchmal kleine Plätscher-Szenen ganz angenehm, um Figuren und Leser kurz zur Ruhe kommen zu lassen, bevor es weitergeht. Und dann achte ich auch noch darauf, ob eine Szene insgesamt das Tempo verlangsamt, das Manuskript an dieser Stelle langweilig macht, oder ob sie schlichtweg nicht hineinpasst, dann fliegt sie auch raus.
Natürlich gibt es bei jeder Regel eine Ausnahme und irgendwo entscheidet dann doch das Gefühl, welche Szenen drinnenbleiben und welche rausfliegen. Und ja, es kann vorkommen, dass gerade die Szenen raus müssen, die man besonders gerne mag. Aber was tut man nicht alles für ein gutes Manuskript. :P
Ich glaube auch, dass es keine Szene gibt, die man im Vorfeld ausschließen sollte. Besser hinterher streichen, wenn man merkt, dass es nur blabla ist. Manchmal benötigt der Autor nämlich auch solche Szenen, um ein besseres Gefühl für Charakter, Setting etc. zu bekommen. Gut, wenn man schon während des Schreibens merkt, dass die Szene vielleicht als solche nichts taugt, kann man gegensteuern und umschreiben, aber ich persönlich würde erstmal alles runterschreiben, es ein zwei Tage sacken lassen und dann drüberlesen. Ist die Szene dann immer noch vom Gefühl her unnötig, packe ich sie in eine Datei, wo sie irgendwann entweder vergammelt oder doch noch hervorgekramt wird.
Manche meiner Szenen entpuppen sich beispielsweise als Infodump. Die Informationen sind zwar notwendig, aber nicht in so geballter Form, so dass ich dann die Szenen nach etwas Abstand auseinanderpflücke und die Details gezielt streue, aber darum mache ich mir auch während des Schreibens an sich, wenig Gedanken - oder naja, zumindest versuche ich es. ::)
Was definitiv wegfallen kann sind meiner Meinung nach redundante Szenen. Ich hasse nichts mehr, als wenn eine Situation von x Seiten beleuchtet wird. Wobei es auch hier Ausnahmen gibt. Wenn eine neue Szenen beispielsweise mit dem Ende der alten beginnt, stört es mich nicht so sehr. Aber sofern dieselbe Situation von Protagonist, Antagonist und meinetwegen einem Dritten beleuchtet wird, heißt das für mich immer, dem Autor fiel nichts besseres ein.
Ein guter Indikator für mich ist immer: Was würde ich selbst gerne lesen? Überspringe ich die Szenen? Dann sind sie vermutlich nicht wichtig, also weg damit. Aber auch hier gilt für mich immer: Erst nachdem ich etwas Abstand hatte. Bei zweiten Bänden geht mir das nämlich mitunter ständig so und die Romane würden nie fertig werden, wenn ich das jedes Mal gleich löschen würde. :psssst:
Ich denke, es kommt darauf an, um welche Szenen es sich handelt und wie sie sich in die Geschichte eingliedern. Natürlich muss der Plot vorangetrieben und der Teppich der Geschichte ohne große Lücken zu Ende geknüpft werden.
Ich persönlich bezeichne meinen Plot gerne als "Flickenteppich". Ich liiieeeebe Fluff, aber ich versuche, ihn miteinzubinden, sodass auch der Fluff am Ende seinen Teil dazu beiträgt, dass die Geschichte weitergeht.
Aber Fluff ist auch gut, um den gewebten Teppich bunter und fülliger zu machen. Eine geradlinig geschriebene Geschichte liest sich zwar schnell und einfach, wirkt aber für mich immer etwas geschmacksneutral. Man muss auch mal über Nebensächlichkeiten reden, da sie das Bild erst abrunden und den Prota menschlicher erscheinen lassen.
Nur darf man sich in diesen Szenen nicht verlieren, wenn sie keinen größeren Sinn haben außer der Bespaßung des Lesers.
Versuch also vorher abzuschätzen, wie wichtig diese Szenen für die Geschichte sind oder wie wichtig sie sind, um den Prota näher zu beschreiben und den Leser mehr in seine Welt eintauchen zu lassen. Eine direkte Prozentangabe kann ich Dir da leider nicht geben, denn jede Geschichte lebt von anderen Szenen und jeder Plotstrang braucht eine andere Ausschmückung.
Ja, redundante Szenen mag ich auch nicht, genau wie Nycra. Das wirkt auf mich dann immer so, als würde mir der Autor nicht zutrauen, dass ich den Inhalt auch nach einmaligem Lesen verstehe.
Grundsätzlich müssen Szenen bei mir auch immer plotrelevant sein. Aber ich finde, das ist schwierig zu definieren. Es klingt zwar schön von "plotrelevant" zu reden, aber man kann sich auch fragen, was überhaupt plotrelevant ist. Sogar Actionszenen können total plotirrrelevant sein, finde ich. Und es gibt auch Bücher (z.B. jene von Abercrombie), da ist die ganze Story irgendwie plotirrelevant.
Ich persönlich gehe daher nicht nach dem Plot, sondern nach den Prämissen bzw. dem Endziel der Geschichte oder der Erzählstränge. Ich mache für den ganzen Plot eine Prämisse, aber auch für jeden Perspektivträger. Wenn dann Szenen auftauchen, bei denen ich ihre Daseinsberechtigung anzweifle, schaue ich immer, ob sich die Szene mit der Prämisse der Figur oder der Prämisse für den Gesamtplot vereinbaren lässt. Wenn ja, bleibt die Szene drin, wenn nein, wird sie gelöscht.
Im Gegensatz zu Kati neige ich nicht dazu, jede Szene, die sich als nichtrelevant für den Plot erweist, gnadenlos zu streichen. So habe ich in meiner Krimikomödie eine Bibliothek, die ein wenig wie ein "Schneckenhaus" aufgebaut ist. Lange Gänge, die immer wieder nach links abzweigen und immer ein Stückchen kürzer werden. Bis sie schließlich in einen Raum führen, in dem eine Wand aus Feuer sich dem Besucher zeigt.
Diese Szene bringt den Plot nicht wirklich weiter. Sie ist nur dazu gedacht, den Leser zu unterhalten, ihm ein wenig Ruhepause zu gönnen, ihn vielleicht auch zum Staunen zu bringen.
Wenn es wirklich nach der Methode geht: nicht plotrelevant, also kill your darling, dann müsste ich sie rausschmeissen.
Aber ich lasse sie aus erwähnten Gründen drin.
Von daher machen Sie sich keinen Kopf, was nun richtig oder falsch ist. Wenn Sie beim Überarbeiten merken sollten: och, irgendwie gefällt es mir doch nicht so, dann schmeissen Sie sie raus. Wenn von 10 Betalesern 9 sagen: "Diese Szene stört": schmeissen Sie sie raus.
Wenn Sie aber sagen: Heh, ich mag die Szene, dann lassen Sie sie drin.
Ich versuche immer darauf zu achten, dass meine Szenen immer mehr als nur einem Zweck dienen. Unter Zweck versteh ich dabei Sachen, wie
- plot-relevant
- dient zur Charakterisierung
- entwickelt die Beziehung zwischen den Charakteren
- beschreibt das Setting oder vermittelt notwendige Backstory
- zeigt die Ziele von Protagonist oder Antagonist
Eine plotrelevante Szene sollte als möglichst noch irgendetwas anderes dabei haben, als nur den Plot voranzutreibe. Andererseits erhält eine Szene auch dann ihre Daseinsberechtigung, wenn sie zwar nicht direkt plot-relevant ist, aber zwei oder mehr anderen Zwecken dient.
Dabei stellt sich natürlich auch die Frage, was genau plotrelevant ist. Ich hab meist einen äußeren Plot und eine innere Charakterreise - so kann man eigentlich fast immer irgendwie eine Relevanz für den Plot herstellen :rofl:
Aber das ist mehr schöne Theorie, als dass ich es wirklich in der Praxis konsequent durchziehen würde. Aber wozu gibt es Überarbeitungen :rofl:
Als ich die ganzen vorherigen Einträge gelesen habe, musste ich erst einmal kräftig schlucken.
Wenn ich nämlich alle plotunrelevanten Szenen aus meinem Buch löschen würde, dann würde ich von über hundert Seiten wahrscheinlich wieder auf knapp die Hälfte plumpsen.
Natürlich sollte man den Leser mit seitenlangen Beschreibungen vom Mittagessen des Protagonisten nerven, aber ich bin der Meinung, dass auch Szenen, die die Handlung nicht direkt vorantreiben eine Daseinsberechtigung haben.
Es kommt allerdings auch darauf an, was genau man schreibt.
In Büchern, die eher "alltägliche" Themen haben, meinetwegen Romanzen oder Komödien, fällt es meist überhaupt nicht auf wenn eine Szene nicht grundsätzlich relevant ist.
Wenn man allerdings (so wie ich) sehr actiongeladen schreibt, dann braucht man einfach solche Szenen, einfach damit der Leser auch einmal Luft holen kann und zur Ruhe kommt. Es können ja nicht immer Kugeln und Körperteile durch die Luft fliegen. ;D
Außerdem erweisen sich viele Szenen im Nachhinein oft als sinnvoll, denn auch eine "Fluff um des Fluff willens"-Szene kann einem einen besseren Einblick in und einen genaueren Blick auf einen Charakter oder eine Situation ermöglichen.
Wenn sich eine Szene gut anfühlt, nicht direkt stört und die Testleser sie durchwinken, hat sie auch eine Daseinsberechtigung meiner Meinung nach, auch wenn nun nicht gerade ein riesengroßer Plot-Twist mit ihr seinen Anfang nimmt.
Zitat von: Lacerta am 07. März 2014, 15:53:22
en, meinetwegen Romanzen oder Komödien, fällt es meist überhaupt nicht auf wenn eine Szene nicht grundsätzlich relevant ist.
Wenn man allerdings (so wie ich) sehr actiongeladen schreibt, dann braucht man einfach solche Szenen, einfach damit der Leser auch einmal Luft holen kann und zur Ruhe kommt. Es können ja nicht immer Kugeln und Körperteile durch die Luft fliegen. ;D
"Plotrelevant" heisst ja nicht, dass es immer nur Action gibt und man von A nach B hetzt.
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Ich habe verschiedene Funktionen für meine Szenen, wobei i.d.R. mehrere zutreffen. Als großer Weltenbauer habe ich z.B. viele Informationen zu vermitteln, die wichtig für das Verständnis sind, also sind eigentlich in jeder Szene welche enthalten. Manchmal ganz nebensächlich, manchmal nur eine Information oder ein Umstand, der durch "show" vermitteltt wird - aber im Prinzip erfährt der Leser in jeder Szene etwa Neues über Handlung, Figuren oder Welt.
- "Handlung" findet statt - Szenen, die die Handlung beinhalten, die ich im Grob- oder Feinplot notiert habe
- Figuren werden eingeführt und charakterisiert (i.d.R. durch "show", also nicht mit Beschreibung, sondern durch Szenen, zumindest bei den wichtigen Figuren)
- Konflikte zwischen Figuren oder Gruppen werden dargestellt (meist show)
- Elemente der Welt, die für die Handlung wichtig sind, werden erklärt (tell) oder vorgestellt (show)
- Eine bestimmte Atmosphäre wird aufgebaut, entweder im Zusammenhang mit einer Figur (Zusammenspiel mit innerer Konflikt) oder zwischen Figuren (show der Konflikte) oder mit Elementen der Welt (Figur hat Probleme mit Instition/Gruppe) oder es wird eine grundsätzliche Atmosphäre (der Bedrohung, der Leichtigkeit...) aufgebaut
Neben meinem Blatt mit dem Feinplot (teilweise als Zeitstrahl oder parallele Zeitstrahle verschiedener Figuren) habe ich auch noch ein Blatt, auf dem Hauptkonflikte der Handlung, sowie separate innere und äußere Konflikte der Figuren stehen.
~~~~~~~
Eine geschriebene Szene muss sich in einem oder mehreren Punkten obiger Checkliste wiederfinden (i.d.R. sind es mehrere), in dem Feinplot (dort notiertes Ereignis findet statt oder wird vorbereitet) oder in der Übersicht der Konflikte.
Falls das bei keinem der Fall ist, wäre es ein Streichkandidat, aber ich streiche erst nach Überarbeitung.
Ich plotte nicht alle Szenen, bevor ich anfange zu schreibe.
Aber bevor ich eine Szene schreibe, überlege ich mir, was der Sinn ist oder wozu ich sie benutzen kann. Ich gehe mal davon aus, dass ich nach dem Schreiben keine überflüssigen Szenen habe
(sie erfüllen mindestens den Punkt "Atmosphäre" oder verdeutlichen etwas zu den Figuren, ob das schon ausreichend stattgefunden hat, kann ich ja noch immer entscheiden.)~~~~~~~~~
Mit dem Drauflos-schreiben habe ich mehr als ein Projekt unrettbar an die Wand gefahren, daher benutze ich nun verschiedene Plotting/Planungsmethoden. Ich kann daher noch keine Erfahrungswerte geben, wieviele Szenen ich am Ende als überflüssig streichen musste, aber ich gehe davon aus, dass "überflüssig" nur bedeuten wird, ein bestimmte Funktion wurde andernorts schon ausreichend ausgeführt.
Mindestens eine Funktion hat jede meiner Szenen beim Schreiben.
Feuertraum: Wenn Ihre Figuren aus dieser Szene etwas lernen, dann ist sie automatisch schon plotrelevant. Wenn die Szene zum Weltenbau beiträgt, auch. Ich glaube nicht, dass bei Ihrer Szene irgendwer denken wird, sie sei nicht sinnvoll oder überflüssig. :)
Es wurde jetzt von Fianna schon gesagt, Dahlia hat es aufgeschlüsselt und ich hatte es oben auch schon angesprochen: Plotrelevant heißt ja nicht, dass immer überall Action und große Entwicklungen passieren müssen. Deshalb hatte ich ja mein blödes Gartenbeispiel gebracht, weil auch sowas Nebensächliches wie ein Gespräch über Blumen die Handlung vorantreiben kann. Ich habe da, als ich angefangen habe, viel Unsinn gemacht: Ich hatte ganze Kapitel, die überhaupt nicht wichtig waren, Gespräche zwischen besten Freunden, über Verwandte, Spaziergänge durch die Stadt, die keiner brauchte, weil alle Informationen auch an anderer Stelle eingewoben werden konnten. Ich denke, das ist ein Fehler, den viele Anfänger machen? Aber man lernt halt auch und irgendwann merkt man, dass man den Prota am Anfang nicht durch die ganze Stadt jagen muss, damit der Leser weiß, wie es da aussieht, weil man das in wichtigeren Szenen auch nebenbei machen kann. Also ja, irgendeine Funktion hat vielleicht auch die unnötigste Szene, aber kann man das, was man auf 10 Seiten Stadtspaziergang beschrieben hat, nicht auch eleganter an den Leser bringen?
Ich sitze gerade an einem ähnlichen Problem und schaue, welche Szenen ich wirklich brauche und welche nicht. Hierfür habe ich mir auch immer die Frage gestellt: Was passiert hier und wozu dient es? Damit fahre ich insgesamt ganz gut. Manchmal kann ich auf diese Frage auch eine gute Antwort geben. Dann stelle ich mir die Frage, ob es genau diesen Aspekt überhaupt für die Reststory braucht. Meistens lautet die Antwort ja, aber manchmal auch nicht. Wenn ich bei einer Szene, die nicht durch meine Checkliste gefallen ist, trotzdem noch ein schlechtes Gefühl habe, dann schaue ich sie mir inhaltlich an und prüfe, ob ich das, was ich bezwecken will, inhaltlich gut umgesetzt habe. Diesen Aspekt finde ich deshalb wichtig, weil ich bei einigen Szenen zuerst gedacht habe, nee, das muss komplett weg, aber dann habe ich mir überlegt, dass die Szene vielleicht an sich nicht weg muss, sondern einer Überarbeitung oder Neuumsetzung bedarf. Dadurch habe ich, hoffe ich :) verhindert, dass ich eigentlich Wichtiges voreilig entsorgt habe, weil ich meinem Gefühl vllt mehr Vertrauen geschenkt habe als meiner Checkliste.
Schau mal hier, Guddy: http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,13966.0.html
In diesem Thread findest du vielleicht auch noch etwas zum Thema. Von der Frage zur Daseinsberechtigung von Szenen bis zum Ausdünnen von Büchern ist es ja nicht weit, das kann durchaus zusammenhängen - zum Beispiel, wenn man sein Buch ausdünnt, indem man gewisse Szenen streicht, die die Handlung nicht voranbringen. :)
Oh, peinlich, der andere Thread ist sogar frisch *g* Aber auch nicht deckungsgleich, zum Glück!
Eure Antworten bringen mich auf jeden Fall weiter, vielen Dank dafür. Muss das erstmal in meinem "Workflow" verinnerlichen und für mich sehen, was sich bei mir bewähren wird, in ein paar Monaten kann ich dann auch selber was zu sagen ;)
Ich denke, es gibt noch eine weitere Perspektive neben der reinen Betrachtung, im Sinne von "Brauch ich das jetzt für den Plot?" Das ist nämlich die eine Seite der Medaille, die wir Schreiberlinge einnehmen, die andere wäre die der Leser. Letztlich muss der Leser irgendwas von der Szene haben. Natürlich lesen viele Leute Bücher um der Geschichte oder der Figuren willens. Aber das ist nicht das einzige was sie begeistert. Ich fand das Beispiel von Feuertraum ganz gut:
Zitat von: Feuertraum am 07. März 2014, 11:20:06
Im Gegensatz zu Kati neige ich nicht dazu, jede Szene, die sich als nichtrelevant für den Plot erweist, gnadenlos zu streichen. So habe ich in meiner Krimikomödie eine Bibliothek, die ein wenig wie ein "Schneckenhaus" aufgebaut ist. Lange Gänge, die immer wieder nach links abzweigen und immer ein Stückchen kürzer werden. Bis sie schließlich in einen Raum führen, in dem eine Wand aus Feuer sich dem Besucher zeigt.
Diese Szene bringt den Plot nicht wirklich weiter. Sie ist nur dazu gedacht, den Leser zu unterhalten, ihm ein wenig Ruhepause zu gönnen, ihn vielleicht auch zum Staunen zu bringen.
Wenn diese Szene Spaß macht, wenn sie etwas beim Leser auslöst, wird er sie nicht über sie aufregen, selbst wenn sie zum eigentlich Plot oder zur Charakterisierung null beiträgt. Das kann verschiedentlich erreicht werden. Entweder man zeigt etwas wirklich Wunderbares, wie Feuertraum das macht, oder einfach durch gute Prosa (gibt sicher noch weitere Methoden). Das ist ja auch etwas, was prima Unterhaltung abgibt. Frage ist natürlich, wie das Verhältnis solcher Szenen zum Rest aussehen soll. Mir persönlich ist sie bei "a song of ice and fire" viel zu hoch - ich habe all zu oft das Problem, das bestimmte Dinge Nichts beitragen und sie sind auch nicht in einer Art geschrieben, dass ich sie irgendwie anders genießen würde. Doch das ist mein persönlicher Geschmack. Außerdem sieht man, das es funktioniert. Die Serie wäre ansonsten nicht so ein Erfolg. Aber vielleicht erscheinen anderen von euch Szenen dort ja gar nicht als Fluff und euch geht es ganz anders als mir dort? Letztlich ergibt sich aber eine Alternative zu "Szene streichen" in dem du dem Leser darin etwas gibst, was ihn unterhält und wodurch er sie nicht als Zeitverschwendung wahrnimmt. Das ist hat nicht notwendigerweise etwas mit dem Plot zu tun.
(Eine andere Möglichkeit wäre natürlich sie in den Plot einzubinden - aber da muss man, denke ich aufpassen, dass es nicht schnell zu gezwungen wirkt)
Zitat von: Vibulanius am 12. März 2014, 15:43:37
Ich denke, es gibt noch eine weitere Perspektive neben der reinen Betrachtung, im Sinne von "Brauch ich das jetzt für den Plot?" Das ist nämlich die eine Seite der Medaille, die wir Schreiberlinge einnehmen, die andere wäre die der Leser. Letztlich muss der Leser irgendwas von der Szene haben. Natürlich lesen viele Leute Bücher um der Geschichte oder der Figuren willens. Aber das ist nicht das einzige was sie begeistert.
Ach, was bin ich erleichtert, dass das noch jemand so sieht! Ich hatte schon das Gefühl, allein auf einsamer Flur zu stehen, weil ich so gerne Szenen schreibe, die nicht unbedingt plotrelevant sind, aber Spaß machen.
Stimmungen zu erleben, Personen kennenzulernen, teilzunehmen, Spaß zu haben,
zu genießen, das ist mir beim Lesen beinahe so wichtig wie die Spannung. Ich bin ein Genussleser, der Geschichten, Charakter und ihre Welten auch um ihrer Selbst willen mag. Und ich gehe davon aus, dass es von meiner Sorte noch mehr gibt. Pratchett schrieb einmal über den Herrn der Ringe, dass die Hauptperson in Mittelerde die Mittelerde selber ist. Das kennzeichnet in meinen Augen tatsächlich das, was diesen ausschweifenden Roman trotz seiner Längen zum Kultroman gemacht hat.
Da habt ihr, Canis und Vibulanius, einen wirklich guten Punkt gebracht. Manchmal habe ich das Gefühl, das wird bei all dem Plot-Geschrei unter. Ich denke, es ist wie bei so vielen Dingen: Es sollte irgendwo die Mitte gehalten werden. Natürlich sollten Szenen den Plot voranbringen. Zuviel Rumgeeiere dazwischen kann störend sein. Umgekehrt nervt es mich persönlich, wenn ich beim Lesen das Gefühl habe, das sowohl ich als auch die Figuren vom Autor "abgefertigt werden".
Zitat von: canis lupus niger am 12. März 2014, 15:55:19
Ach, was bin ich erleichtert, dass das noch jemand so sieht! Ich hatte schon das Gefühl, allein auf einsamer Flur zu stehen, weil ich so gerne Szenen schreibe, die nicht unbedingt plotrelevant sind, aber Spaß machen.
Da bist du ganz sicher nicht alleine mit. Wie Tinnue schon meinte, bei dieser Fixierung auf den Plot fühlt man sich oft doch schon arg abgefertigt, es sei denn der Autor schafft es eher subtil den Plot in einigen Szenen voranzubringen. Ansonsten entsteht schnell ein Effekt, das man sich durch die Geschichte mehr geschleift als geführt fühlt. Man könnte auch sagen, solche abgespeckten Büchern kranken in Härtefällen teils an Magersucht ;-) Wobei ich nicht verneinen will, dass es da auch wunderbare Romane gibt. Da muss man glaub ich auch für sich rausfinden, was einem selbst eher liegt als Autor und auch als Leser. Muss ja gestehen, dass ich es am liebsten Lese, wenn ein Autor solche Szenen bringt, die am Anfang sehr fluffig wirken, sich aber dann deutlich später als kritisch plotrelavant zeigen. Hat auch den Vorteil, dass der Leser beides genießen kann, das bedient meinen inneren Fluff-Liebhaber und gleichzeitig den Hunger nach Geschichten.
Zitat von: canis lupus niger am 12. März 2014, 15:55:19
Ach, was bin ich erleichtert, dass das noch jemand so sieht! Ich hatte schon das Gefühl, allein auf einsamer Flur zu stehen, weil ich so gerne Szenen schreibe, die nicht unbedingt plotrelevant sind, aber Spaß machen.
Stimmungen zu erleben, Personen kennenzulernen, teilzunehmen, Spaß zu haben, zu genießen, das ist mir beim Lesen beinahe so wichtig wie die Spannung.
Diese Aussagen irritieren mich, denn wir haben doch schon mehrfach festgestellt, dass man nicht von einem Höhepunkt oder Plotpunkt zum Nächsten hetzt, sondern auch Szenen "relevant" sind, die Atmosphäre und Welt nahe bringen (und somit kleine Informationen enthalten).
Ich kann mir eigentlich kaum vorstellen, dass es Szenen geben kann, die so gar nichts zur Story beitragen. Denn sobald sich zwei Charaktere darin befinden, haben wir doch zumindest schon mal eine weitere Charakterisierung und einen Beziehungsaufbau oder Beziehungspflege. Es sei denn, man schreibt einfach irgendwas mit zwei fremden Charakteren zwischen rein, was so gar nix mit der Story zu tun hat, aber das ist ja hier nicht gemeint.
Ich halte mich da einfach an den Grundsatz, dass ich das schreibe, was ich selber gerne lesen würde :)
Zitat von: Sanjani am 13. März 2014, 08:07:42
Ich halte mich da einfach an den Grundsatz, dass ich das schreibe, was ich selber gerne lesen würde :)
An den Grundsatz halte ich mich mittlerweile auch. Denn die Geschmäcker gehen ja so unendlich weit auseinander, dass - wie ja auch schon erwähnt - der eine eine Szene abgöttisch liebt, die eine andere überflüssig und langweilig findet. Schreiben ist halt nicht nur reines Handwerk, das man anhand von starren Regeln abhaken kann, sondern auch Gefühl. Sprachgefühl, Schreibgefühl, Stilgefühl, Plotgefühl, Charaktergefühl, Szenengefühl.. :vibes: Wahrscheinlich würden wir uns sonst auch langweilen.
Zitat von: Fianna am 12. März 2014, 22:53:31
Diese Aussagen irritieren mich, denn wir haben doch schon mehrfach festgestellt, dass man nicht von einem Höhepunkt oder Plotpunkt zum Nächsten hetzt, sondern auch Szenen "relevant" sind, die Atmosphäre und Welt nahe bringen (und somit kleine Informationen enthalten).
Und trotzdem wurde auch hier in dieser Diskussion immer wieder argumentiert, dass ein Buch nicht mit Szenen belastet werden sollte, die den Plot nicht voranbringen. Daher mein Statement, dass ich persönlich auf solche Szenen eben auch Wert lege. Es ist ja keine Entweder-Oder-Frage, sondern eher eine Frage des richtigen Maßes, denke ich. Unnützes Herumschwafeln kann kaum jemandem gefallen und pumpt die Seitenzahl eines Romans sinnlos auf, was auch einen Verlag wenig freuen dürfte. Allzu "nackiges" Plotverfolgen nähert sich andererseits im Stil beinahe einem Bericht. Irgendwo dazwischen hat jeder Leser und jeder lesende Autor seinen eigenen Wohlfühlbereich. Ganz aktuell habe ich selber erfahren, wie verschieden der bei verschiedenen Lesern gelagert sein kann.
Welches Maß muss ein Autor also zugrunde legen? Das kommt meiner Meinung nach darauf an, wem die Geschichte gefallen soll. Dem Eingangslektorat einer Agentur oder eines Verlages? Einem Actionliebhaber? Einer romantischen Seele? Einem Liebhaber fantastischer Landschaften und Kulturen, wie Tolkien sie entworfen hat? Reicht es, dass die Geschichte dem Autor selber gefällt? Wenn man zehn Leser fragt, bekommt man - abhängig von deren aktueller Stimmung - vermutlich elf verschiedenen Meinungen. Das ist wirklich nicht einfach.
Ich würde die Szenen immer erst einmal drinlassen. Wer weiß, ob sie nicht am Ende doch noch plotrelevant werden. Manchmal überraschen uns ja unsere eigenen Geschichten und Protas.
Und wenn nicht, abwarten, was die Beta-Leser sagen. Wenn die nicht meckern, würde ich sie ebenfalls weiter drinlassen.
Die Dosis macht das Gift, sagt man in der Medizin und das gilt nicht nur dort. Dieses "den Plot voranbringen" ist in meinen Augen eine Missinterpretation des "Creative Writing", wie es in den USA gelehrt wird. Natürlich macht es das für den Verlag und den Lektor einfach. Szene bringt den Plot nicht voran, also raus damit.
Das führt in meinen Augen zu Plotklischees, wie ich sie nicht nur in der Buchhandlung von renommierten Verlagen sehe, sondern auch in deutschen Krimis und vor allem im Popcornkino. Was meine ich damit?
Zwei Männer lieben eine Frau. Sie bekämpfen sich, am Ende wird es einen Showdown geben und der Held bekommt seine Liebste. Das ist dröge, millionenmal erzählt. Die Schreibratgeber sagen jetzt, dass unserem Held auf dem Weg zu seinem Sieg alles nur Denkbare zustoßen muss, damit er sich als Held erweisen kann. Das führt dann zu unglaublich vorhersagbaren Szenen, in denen nur noch Gähnen bleibt. Held geht nach Hause, hinter einer dunklen Ecke kommt ein Junkie mit einem Messer hervor und will Geld. Held sthet vor der Haustür, ihm fällt ein Blumenkübel fast auf den Kopf, usw., etc. ,pp. Aber - die Szenen treiben den Plot voran, da ist Action, Kampf, Konflikt. Eine ruhige Szene, in der unser Held darüber nachdenkt, warum er die Frau so unbedingt will und ob er wirklich mit dem Nebenbuhler kämpfen muss, ist unerwünscht. Passiert ja nichts ...
Ich habe es einmal sehr schematisiert geschrieben, aber ich denke, Ihr versteht, was ich meine.
Plot ist nicht = Action. Actionszenen, die nur um der Action willen da sind, sind ein hervorragendes Beispiel für Szenen, die den Plot nicht voranbringen und für mich ein Beispiel für besonders nervige Szenen.
Wenn sich der Held durch die Action wirklich beweist, das heißt äußerlich vorankommt oder sich innerlich weiter entwickelt, ist es natürlich etwas anderes. Aber wenn der Held einfach nur so überfallen wird, ist das noch nicht unbedingt gegeben.
Dass viele Leute Actionszenen gern lesen, steht auf einem anderen Blatt.
Deswegen hatte ich auch von "schematisiert" gesprochen ;)
Aber ich versuche es einmal anders. Es gibt Bücher, da überblätter ich Seiten und bin froh, wenn ich das Ende erreiche. Es gibt Bücher, da ärgere ich mich, das es schon vorbei ist. Bei Letzteren ist dann oft ein leises Bedauern da, obwohl ich wusste, dass es gut geschrieben war, nichts Überflüssiges, straff durch, super. Nur die leise Frage im Hinterkopf - so ein, zwei, drei mehr Kapitel mit dem/der Protagonistin wären schön gewesen. Einfach nur sie zu erleben.
Das führt dann auch dazu, dass es bei Mehrteilern und großen Serien immer wieder Bücher gibt, die nichts mit dem eigentlichen Handlungsstrang zu tun haben, aber die Helden in der Vorgeschichte oder einem Seitenstrang zeigen. Auch das gibt es.
Es ist ja (um es mal gesagt zu haben) nicht so, dass eine Szene in eine Geschichte hinein "verpackt" wird wie in einen Karton, der unabhängig vom Inhalt existiert. Sondern die Geschichte wird aus den einzelnen Szenen gebildet. Jede Szene, die enthalten ist, verändert das Buch als Ganzes. Die einzige Frage, die man sich als Autor stellen kann, ist vielleicht: "Macht diese Szene die Geschichte besser?"
Es ist ein wenig wie beim Kochen: Viele Zutaten ergeben ein großes Ganzes. Und dabei ist nicht die Frage, ob nun Paprika, Tomate oder Pfeffer unbedingt notwendig sind. Weglassen könnte man sie sicher - aber sie verbessern vielleicht den Geschmack, und das ist doch das, worum es geht. Nicht alle Gewürze passen zu jeden Gericht und manches sollte man besser nicht kombinieren. Wie man kochen lernen kann, kann man wohl auch beim Schreiben lernen, was zur Qualität des eigenen Werks beiträgt. Zum Glück gibt es dafür Testesser- Ähhm... Betaleser ;D
Jaja, ich bin gerade ein wenig zu metaphorisch geworden - das passiert mir gerne mal ::) Ich hoffe, was ich sagen wollte, ist unter dem ganzen Gemüse-Geschwafel nicht untergegangen.
Das mit dem Kochen ist eine tolle Metapher, Siara. :jau:
Eine wirklich schwierige Frage, dich ich mir auch schon öfters gestellt habe. Generell versuche ich immer plot-driven zu schreiben, heißt, dass jede Szene die Geschichte voranbringen muss. Da ich meine Kurzgeschichten auf max. 25 Word-Seiten limitiere, ist ein solches Vorgehen auch ratsam. Ich habe versucht, mir selbst folgende Richtlinie aufzuerlegen.
Eine Szene hat Berechtigung, wenn sie
a) Die Handlung vorantreibt
b) etwas über einen Protagonisten enthüllt
c) der Atmosphäre dient
d) dem Leser die Welt nahebring
Dabei besitzt a) höchste, d) niedrigste Priorität. Meist können c) und d) sinnig in a) und b) integriert werden und müssen nicht allein stehend den Text aufblähen. Aber da ist natürlich nur Theorie. Walter Moers schreibt beispielsweise in seinen Zamonien-Romanen kapitelweise Fluff oder schildert seitenlang Kochrezepte und es klappt trotzdem. Warum? Moers kann seine bizarren Ideen derart genial in Sprache verpacken, dass selbst der profanste Nebensatz zum Lesevergnügen wird. Kann aber nicht jeder.
Ich bin ein großer Anhänger von show don't tell (soweit vernünftig). Zum Beispiel würde ich jederzeit einen Prolog wegkürzen wenn ich stattdessen die Informationen alle nach und nach häppchenweise verteilt einbringen oder idealerweise "showen" kann. Eigentlich habe ich niemals einen Prolog, Ausnahme bildet evt die Unterstützung eines Riddles-Plots (dann werden aber eigentlich kaum Informationen gegeben, sondern Fragen aufgeworfen).
Auch sonst habe ich so viele wichtige Informationen zu dem Hintergrund des Protagonisten, der Hintergrundgeschichte des Konfliktes (der verschiedenen beteiligten Gruppierungen) oder der Welt (Informationen, die plotrelevant sind bzw. wichtig für die Logik), dass jede Szene bei mir wichtig ist, weil sie wichtige Informationen enthält.
Jede primär atmosphärische oder welten-zeigende Szene wird als Transportmittel für eine oder mehrere Informationen genommen - dafür gibts keinen Prolog und tell eigentlich nur, wenn show unvernünftig ist.
Deswegen bin ich bei solchen Fragen etwas hin und her gerissen, denn bei mir gibt es niemals "Kategorie d", und man kann keine Szene wegkürzen ohne dass etwas zum Verständnis fehlt.
EDIT:
Das kommt aber auch stark aufs Genre an. Bei High Fantasy oder Romantic Fantasy kann ich mir rein atmosphärische Szenen eher vorstellen, bei meinem eigenen Geschreibsel (Low Fantasy/S&S, Fantasy Krimi, Historisches) will das irgendwie nicht reinpassen.
Hm, ich weiß gar nicht, ob das so sehr etwas mit Show don't tell zu tun hat. Also in meinem Verständnis zumindest nicht. Weil manchmal finde ich es auch ganz toll sozusagen die Welt ge-show-ed zu bekommen bzw die Welt zu show-en ;-) Aber das ist ja in der Regel nicht, was mit show don't tell gemeint ist. Aber du hast schon recht, Fianna, dass das in bestimmten Genres besser funktioniert als in anderen. Besonders dort wo es wichtig ist den Leser zu ermöglichen, in die Welt einzutauchen und die eigene Welt zu vergessen. Also Fantasy und Sci-Fi sind da mit ganz vorne. Aber ich finde persönlich auch Historien-Romane (okay ich bin Historiker, also mag meine Meinung da stark beeinflusst sein). Aber bei all diesen Welten ist man doch sehr darauf angewiesen, dem Leser irgendwie eine Welt näherzubringen, die ihm vollkommen Fremd ist. Die muss er irgendwie verstehen lernen, damit er einschätzen kann, wie die Figuren im Bezug auf den Plot handeln - also zumindest wenn eine Einheit von Figuren-Plot-Welt gegeben sein soll. Finde ich immer erstrebenswert. Aber gerade das ist oft mein Problem mit Historien-Geschichten im übrigen: Solche Szenen die uns zB die mittelalterlichen Stadtkommunen und ihre Lebenswelt näherbringen und nichts weiter entfallen oft und man bekommt den Eindruck, die Geschichten spielen nur auf einer historisch ausgestalteten Bühne und nicht in der Vergangenheit. So was könnte dann genauso gut im Hier und Jetzt spielen (wo man zB beim klassischen Krimi in der Gegenwart kaum was erklären muss, denn der Leser lebt eh in dieser Welt). Diese Szenen haben also für mich durchaus eine große Daseinsberechtigung - aber nicht zwangsläufig bezogen auf den Plot als solches.
Zitat von: Vibulanius am 28. März 2014, 12:16:26
Hm, ich weiß gar nicht, ob das so sehr etwas mit Show don't tell zu tun hat. Also in meinem Verständnis zumindest nicht. Weil manchmal finde ich es auch ganz toll sozusagen die Welt ge-show-ed zu bekommen bzw die Welt zu show-en ;-) Aber das ist ja in der Regel nicht, was mit show don't tell gemeint ist.
Wieso?
Ich kann schreiben, dass der Protagonist die was-auch-immer-Gilde misstrauisch beäugt, wie alle seine Kameraden, und dass er seinen Vorgesetzten für einen blöden Arsch hält, aber der ist manchmal so willkürlich, das passt schon, wobei er andererseits für seine Männer durchs Feuer geht. Das ganze etwas schicker formuliert, tell.
Ich könnte auch einen Prolog machen, der erklärt, warum die Bezugsgruppe des Protas und diese Gilde sich nicht grün sind - reinstes tell.
Ich kann aber auch mehrere Szenen schreiben, in denen sich die Gruppe des Protas und die was-auch-immer-Gilde umkreisen, ohne jemanden aus der Bezugsgruppe des Prota ein einziges Mal jemanden ein Urteil à la "Die sind zwielichtig" fällen zu lassen (ob verbal oder gedanklich).
Show.
Oder ich setze diese Wertung des Protagonisten über seinen Vorgesetzten, die sicherlich wichtig für den verlauf der Story ist (sonst macht man sich solche "show don't tell??"-Gedanken ja nicht) im Verlauf von mehreren Szenen um. Da kann ich die willkürliche Behandlung des Vorgesetzten einfach
zeigen, ebenso wie seinen Stimmungsumschwung und seinen mehr als hundertprozentigen Einsatz, wenn jemand in der Klemme sitzt.
Show.
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Reden wir grad über dasselbe?
Wovon redest Du? Beziehst Du Dich vielleicht auf den zweiten Teil meines Beitrags (der mit "show don't tell" nüscht mehr viel zu tun hat)?
Zitat von: Vibulanius am 28. März 2014, 12:16:26Diese Szenen haben also für mich durchaus eine große Daseinsberechtigung - aber nicht zwangsläufig bezogen auf den Plot als solches.
Das ist es ja eben, was ich meine: sobald du merkst, dass die Szene "nur" Hintergrundinformationen liefert oder die Atmosphäre eines Ortes oder die Spannung zwischen Figuren aufbaut - und sonst nichts beiträgt - strukturierst etwas um und gibst dem eine zweite Funktion.
Persönliche Konflikte, innerere Konflikte, alles mögliche kann man da reinpacken.
Gute Szenen haben in der Regel niemals nur eine Funktion (z.B. "Ich stelle den Prota vor" oder sonstwas) - vielleicht eine Hauptfunktion. Aber es wird immer noch mehr geschehen, z.b. Informationen/Hintergrund vermittelt.
Zitat von: Fianna am 28. März 2014, 12:37:27
Reden wir grad über dasselbe?
Wovon redest Du? Beziehst Du Dich vielleicht auf den zweiten Teil meines Beitrags (der mit "show don't tell" nüscht mehr viel zu tun hat)?
Ja ich glaube, ich bin etwas an deinem Beitrag vorbeigeschossen. Könnte zumindest sein. Also ich versuch das nochmal zu reformulieren ;-)
Ja auf jeden Fall denke ich auch, dass show don't tell ein wichtiges Werkzeug für einen Text ist. Aber für mich ist es eher so, dass show und tell Modi einer Szene sind. Die Szene kann in der einen oder der anderen Form existieren. Natürlich ist es so, dass man mit tell manchmal Ereignisse besser zusammenfassen kann und mit show sie aufteilen muss. Aber im Grunde kann ich (zumindest für mich) damit keine Entscheidung über die Daseinsberechtigung einer Szene treffen, weil ich damit zwar Plot anders darstellen bzw komprimieren und expandieren kann, aber nicht direkt wegschneide oder hinzufüge. Das mag für dich natürlich anders aussehen.
Vielleicht haben wir uns auch missverstanden, da es hier ja vorher teilweise darum ging, ob eine Szene, die erstmal nicht Plot relevant ist, geschnitten werden sollte oder nicht. Du hast zurecht angesprochen, dass eine Szene besser wird, wenn sie mehrere Funktionen erfüllt. Aber gerade das geht tatsächlich teilweise auch ohne Plotrelevant zu sein. Die Szene könnte nämlich einfach der Immersion des Lesers dienen, in dem sie einerseits Atmosphäre und andrerseits Weltinformationen vermittelt, die eigentlich nicht direkt relevant für den eigentlichen Plot sind. Zusätzlich können Romane, die zB Bezug auf einen bestimmten Themenkomplex nehmen (willkürliche Beispiele: Menschenrecht, Erkenntnistheorie, Religionskritik) sich hier die Zeit nehmen alternative Ansichten darzustellen, die in der Handlung nicht zur Sprache kommen (können - vllt aus pragmatischen Gründen). Ehrlich gesagt, liebe ich solche Szenen, weil sie zeigen, dass es nicht nur Wahrheit A und vllt noch B gibt, sondern ebenso C, D, G, etc. Da stört es mich dann auch selten, dass es die Szene etwas abschweifend wirkt im ersten Moment oder fast schon nicht richtig zum Roman gehörig.
Letztendlich um es auf den Punkt zu bringen die Überlegung A (Show oder Tell) und die Überlegung B (Szene bleibt im Text oder nicht)
kann für mich getrennt voneinander ablaufen.
Hab ich jetzt alle Klarheit restlos beseitigt und noch weiter an dir vorbeigeredet? ;-)
Welteninformation oder Bezug zu Aussage der Geschichte ist doch plotrelevant.
NICHT plotrelevant wäre dagegen, wenn der Protagonist Anekdoten aus seiner Ausbildungszeit zum was-auch-immer-erzählt, ohne dass der Leser neue Informationen erhält. Oder wenn der Protagonist einen Kameraden aus dieser Ausbildung trifft, beide jedoch nur über Dinge sprechen, die keinen Bezug zur Handlung haben und keine relevanten neuen Infos für den Charakter des Protagonisten bieten.
So etwas nenne ich nicht plotrelevant.
Zitat von: Fianna am 30. März 2014, 17:21:22
Welteninformation oder Bezug zu Aussage der Geschichte ist doch plotrelevant.
Nicht zwangsläufig. Auch dein Beispiel der Ausbildungszeit könnte unter Umständen Welteninformation enthalten. Wären die dann plotrelevant? Und Bezug zur Aussage der Geschichte ist immer plotrelevant? Also okay, vielleicht liegt hier der Knackpunkt in einem unterschiedlichen Plot-Verständnis. Die Aussage wird zwar durch den Plot transportiert,
ist aber ja nicht der Plot. Daher kann es meiner Meinung nach Szenen geben, die mit der Aussage zusammenhängen, aber nicht mit dem Plot. Ich erweitere mal dein Beispiel: Die Aussage des Buches ist: "Militärdienst ist Kacke" und die Ausbildungszeit genau das demonstriert oder meinetwegen, weil man den Leser ernst nimmt und ihm zutraut mehrere Meinungen auszuhalten, hier ausnahmsweise jemanden hat, der "Militärdienst ist gut" rüberbringt, ohne das sich jetzt sofort Gegenargumente dazu finden. Würde das die Szene für dich plotrelevant machen? Für mich würde sie nur für die Aussage relevant werden, nicht für den Plot. Aber das magst du ja anders sehen.
Zitat von: Fianna am 30. März 2014, 17:21:22
So etwas nenne ich nicht plotrelevant.
Wie du siehst, stimme ich dir da zu. Womit aber immer noch die Frage im Raum steht, ob die Szene im
Buch eine Daseinsberechtigung hat ;-) Für mich schon, wenn es gut gemacht ist. Doch das ist wohl eine ziemliche Geschmacksfrage.