Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Allgemeines => Tintenzirkel => Thema gestartet von: Christian Svensson am 29. Januar 2014, 12:38:12

Titel: Feedback vom Literaturhaus: Was aus dieser Mail herauslesen?
Beitrag von: Christian Svensson am 29. Januar 2014, 12:38:12
Okay, danke für die Antworten. Lerne auch hier :-) Text gelöscht. Neue Zusammenfassung siehe unten.

[Mod-Edit Malinche] Zusammenfassung (http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,14009.msg589129.html#msg589129) der ursprünglich zitierten Mail:

Zitat von: Christian SvenssonJepp, dann mal die Zusammenfassung der Antwort eines Profis auf die Anfrage eines optimistischen, hoffnungsfrohen und natürlich zukünftigen Megabestsellerautors.

Zusammenfassung der Antwort auf die Bitte um Durchsicht eingesandter Kurzgeschichten:

- für das  erwiesene Vertrauen, denn ich weiß, dass es oft nicht ganz einfach ist, das Persönliche berührende Texte in die Öffentlichkeit zu geben.
- literarischem Ausdruck ist vorhanden
-Texte haben durchaus sprachliche Intensität.
- deutliche Defizite in der Handhabung literarischer Gestaltungsmittel festgestellt
- Sie beherrschen das Handwerk noch nicht in dem Maße, das für die Veröffentlichung nötig wäre.
- Fehler in der Gestaltung der Erzählperspektive (Erzähler wissen oft Dinge, die sie aus der gewählten Perspektive nicht wissen dürften);
- Die Figurengestaltung ist oft klischeehaft,
- die Gestaltung der Erzählverfahren telling und showing ist zufällig (und wohl nicht bewusst),
- die Tempusgestaltung (in allen Texten) ist mangelhaft;
- das sog. epische Präteritum kennen Sie nicht.
- zahlreiche orthografische, grammatische, semantische und stilistische Fehler

Diese Einwände sind nicht dramatisch - es handelt sich um Schwächen, die bei den meisten Anfängern vorhanden sind

- Ausbildung der handwerklichen Fertigkeiten notwendig. Als Einstieg "Fritz Gesing: Kreativ schreiben. Handwerk und Techniken des Erzählens";  guter Überblick über jene literarischen Gestaltungsmittel, die jeder Prosa-Schreibende kennen sollte.

[/Mod-Edit Malinche]
Titel: Re: Feedback vom Literaturhaus: Was aus dieser Mail herauslesen?
Beitrag von: Sanjani am 29. Januar 2014, 12:46:32
Hallo Christian,

in diesem Thread geht es meines Wissens v. a. um Fragen bzgl. des Forums, z. B. wo man was findet, wo was hingehört oder was auch immer im Zusammenhang mit der Tintenzirkelseite an Fragen auftauchen sollte. Deshalb gehört deine Frage hier nicht rein, das behaupte ich jetzt mal als alteingesessener Tintenzirkler, ich bin kein Moderator :)

LG Sanjani
Titel: Re: Feedback vom Literaturhaus: Was aus dieser Mail herauslesen?
Beitrag von: Sprotte am 29. Januar 2014, 12:52:08
Hallo!

Bitte zuallererst: Lösche den Mailtext aus Deinem Beitrag. Das Urheberrecht an ihr besitzt nämlich der Verfasser.

Dieser Thread ist für Fragen im Umgang mit dem Forum. Wie zitiere ich? Wie binde ich einen Link ein?

Zum generellen Problem: Du hast eine sehr ausführliche Liste bekommen, woran Du arbeiten mußt. Grundsätzlich rate ich gerne: mehr Lesen! Gucken, was der Autor gut gemacht hat, und daraus lernen und für das eigene Schreiben übernehmen.
Gehe Deinen Text mit deutlichem zeitlichen Abstand durch: Was sind die Zeitfehler? Generell erzählt ein Autor meistens in der einfachen Vergangenheit (Präteritum), Rückblenden werden in der Vorvergangenheit (Plusquamperfekt) eingeleitet.
Zum Thema Perspektive kannst Du Dich hier  (http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,198.0.html)schlau machen.
Titel: Re: Feedback vom Literaturhaus: Was aus dieser Mail herauslesen?
Beitrag von: Thaliope am 29. Januar 2014, 13:10:09
Hey

also, ich denke, eine solche Antwort ins unglaublich wertvoll.
Von Verlagen kriegt man ja meist nur Standardabsagen und muss sich dann selbst zusammenreimen, woran es liegt, dass sie einen nicht wollen.

Wie niederschmetternd das für dich ist, hängt wahrscheinlich von deiner Erwartungshaltung ab. Wenn du erwartet hast, dass du "fertiger" Schriftsteller bist, ist diese Mail sicher enttäuschend.

Aber eigentlich sagt er: Du hast gewisse Anlagen, den künstlerischen Ausdrucksdrang, eine intensive Sprache. Und das ist gut, denn das sind die Dinge, die man mitbringen sollte. Der Rest sind zwar im Augenblick gravierende Mängel am Manuskript, aber alles Dinge, die man lernen kann. Handwerk eben. Das empfohlene Buch kann ich übrigens auch sehr empfehlen, lies es ruhig. Und sonst ... lies dich hier mal durchs Forum. Hier werden ganz viele solcher handwerklichen Fragen besprochen :)

Der wichtigste Satz ist, glaube ich, der, in dem es heißt, die ganzen Mängel wären nicht dramatisch, sondern typische Anfängerfehler. Jupp. Das heißt, du hast Arbeit vor dir.

Er bietet dir ein einstündiges, kostenloses Lektoratsgespräch an. Das ist ziemlich geil. (Wenn er dir dafür jetzt Geld hätte abknöpfen wollen, hätte ich den Text bis dahin sehr viel kritischer gesehen ... ;)) Aber so scheint der Mann das nicht für komplett sinn- und aussichtslos zu halten ;)

LG und frohes Schaffen, hier in der Runde :)
Thali
Titel: Re: Feedback vom Literaturhaus: Was aus dieser Mail herauslesen?
Beitrag von: Malinche am 29. Januar 2014, 13:10:16
 :wache!: Hallo Christian Svensson,

Sanjani und Sprotte haben recht; im Allgemeine-Fragen-Thread geht es um forumspezifische Fragen. Ich habe deinen Beitrag daher abgetrennt und einen eigenen Thread draus gemacht.

Was das Urheberrecht betrifft, schätze ich, dass Sprotte richtig liegt. Eine komplette Mail zu zitieren ist problematisch.

Zu deinen Fragen: Ich denke, am Boden zerstört zu sein brauchst du keineswegs. In der Mail wird ja selbst explizit gesagt, dass diese Schwächen, die der gute Mann in deinen Texten sieht, klassisch sind. Sie bedeuten nicht, dass du per se nicht schreiben kannst und die Finger davon lassen solltest, sondern lediglich, dass es noch an Übung fehlt. :)

Schreiben ist tatsächlich zu einem nicht unerheblichen Teil Handwerkszeug. Dinge wie saubere Perspektiven oder "show don't tell" machen, behaupte ich, die wenigsten Autoren auf Anhieb und aus reiner Intuition durchweg richtig. Viel Lesen, wie Sprotte sagt, ist da ein guter Punkt. Aber auch viel schreiben. Es ist wie bei anderen Fertigkeiten - Übung macht den Meister.

Schmökern in unserem Workshop-Board (http://forum.tintenzirkel.de/index.php/board,5.0.html) empfehle ich ebenfalls - da gibt es viele interessante Diskussionen um handwerkliche Punkte und die Möglichkeiten ihrer Umsetzung.

Was das Feedback in Internetforen betrifft, ist das leider häufig nicht allzu repräsentativ. Es gibt generell natürlich auch sehr gute und ehrliche Textkritikforen, allerdings kommt es ebenso oft vor, dass Texte nur oberflächlich besprochen werden und lieber schnelles Lob verteilt wird, als ehrlich auf Schwachstellen einzugehen.

Das Lektoratsgespräch, da es kostenlos ist, klingt nach einer guten Möglichkeit, die ich an deiner Stelle wahrnehmen würde.

Es tut weh, die eigenen Texte und Schwächen um die Ohren gehauen zu bekommen. Und es ist normal, dass man sich direkt im Anschluss erst einmal verkriechen und die Wunden lecken möchte. Ich denke, das kennen wir alle hier. :) Wichtig ist, mit etwas zeitlichem Abstand noch mal draufzugucken und die Kritikpunkte zu begreifen. Manches ist sicher Geschmackssache, aber gerade bei handwerklichen Fragen ist vieles auch erst einmal Fakt: Ein Perspektivbruch ist meistens ziemlich deutlich zu erkennen, da bleibt wenig zu diskutieren.

Dranbleiben. Schreiben ist Arbeit, und die betrifft längst nicht nur den eigentlichen Schreib-, Plot- oder Rechercheprozess. Und sie kann, wie schon gesagt, verdammt weh tun. Aber Dranbleiben lohnt sich. Ich sehe es bei mir. Ich bin jetzt seit knapp dreieinhalb Jahren im Tintenzirkel, und wenn ich mir die Dinge ansehe, die ich in dieser Zeit (oder auch vorher) geschrieben habe, dann erkenne ich Entwicklung. Ich sehe Fehler und Schwächen in älteren Texten von mir, die ich heute nicht mehr mache. Besonders spannend ist das in Texten, die vielleicht ein Jahr alt sind und bei denen ich dann denke: Wow. Ich bin weitergekommen seither. Dabei ist das so wenig Zeit.
(Dafür kommen neue Schwächen und Macken dazu, man ist natürlich nie perfekt, man entwickelt sich immer weiter - aber das macht es ja auch so spannend.)

Mein Fazit also - lass dich nicht entmutigen. Ärmel hochkrempeln und gucken, wie du mit diesen Punkten arbeiten kannst. Denn dazu sind sie gedacht, und wenn du ein hoffnungsloser Fall wärst, hättest du keine dermaßen ausführliche Mail bekommen, behaupte ich mal. :)

[EDIT] Was ich dir vorschlagen würde, damit auch andere vielleicht noch Feedback geben können, die den Mailtext jetzt nicht mehr lesen können - du könntest da vielleicht noch mal kurz resümieren, was angesprochen wurde. So ein leeres Eingangsposting ist auch ein wenig verwirrend.
Titel: Re: Feedback vom Literaturhaus: Was aus dieser Mail herauslesen?
Beitrag von: Christian Svensson am 29. Januar 2014, 13:23:57
Danke ich für die ausführlichen Antworten!
Das mit dem Lesen und Lernen - keine Frage. Bin dabei. Im Moment beteilige ich mich ja nur an nicht-schreiberischen Themen, da ich denke, da noch nichts beitragen zu können und taste mich langsam über Randthemen an ein "Vollmitgliedschaft"  ;) heran.
Die Mail zusammenfassen halte ich für nicht so zweckmäßig, auch deswegen, da ich ja hier im faschen Thread gelandet bin. Lasst es uns hier abschließen, freue mich über die Hilfe bis hierher.

Danke
Titel: Re: Feedback vom Literaturhaus: Was aus dieser Mail herauslesen?
Beitrag von: Sprotte am 29. Januar 2014, 13:28:23
Aber du hast doch jetzt für dieses Thema einen ganz eigenen Thread. Malinche hat "umgetopft". Fasse doch einfach in Stichpunkten nur die Kritikpunkte zusammen.

- Tempusfehler
- Perspektivunsauberkeiten
etc.

Dann können wir hier gemeinsam Punkte erarbeiten, anhand derer die Überarbeitung leichter fällt als nur mit einem Schlagwort. Und fühle Dich getröstet: Vor und nach Dir haben andere Autoren genau die gleichen Probleme! Also können auch Nachfolgende aus diesem Thread lernen, und das ist doch der Sinn der Übung!  :)
Titel: Re: Feedback vom Literaturhaus: Was aus dieser Mail herauslesen?
Beitrag von: Malinche am 29. Januar 2014, 13:29:30
Du bist nicht länger im falschen Thread. Das ist jetzt dein eigener und richtiger. (Und es ist übrigens kein Beinbruch, sich mal im Thread oder im Board zu vertun. Das passiert längst nicht nur Forumsfrischlingen, und im Zweifelsfall sind wir Obermotze da, um Beiträge oder ganze Threads dahin umzutopfen, wo sie richtig sind.) ;)

Schön, wenn dir die Antworten bis hierhin auch schon geholfen haben. Und ich denke übrigens, dass du dich natürlich auch durchaus an schreiberischen Themen beteiligen kannst. Da keine falsche Scheu.

[EDIT] Sprotte war schneller.
Titel: Re: Feedback vom Literaturhaus: Was aus dieser Mail herauslesen?
Beitrag von: Thaliope am 29. Januar 2014, 13:30:54
Na, der Thread ist ja jetzt der richtige, nachdem Malinche ihn verpflanzt hat. :snicker:

Und ich fände es schön, wenn du die Mail doch noch zusammenfassen würdest. Schließlich können wir alle etwas daraus lernen - was typische Anfängerfehler aus Sicht eines Lektors im Literaturhaus sind. Das ist wirklich ganz wertvoll, auch für andere.
Da es hier im Forum ja um Geben und Nehmen geht, und du ja ein paar hilfreiche Tipps gekriegt hast, würde ich persönlich mich schon freuen, wenn du dir im Gegenzug nochmal die Mühe machen würdest, das Startposting für alle nachvollziehbar zu formulieren.


LG
Thali

EDIT: Hach, jetzt waren Malinche und Sprotte schneller als ich.
Titel: Re: Feedback vom Literaturhaus: Was aus dieser Mail herauslesen?
Beitrag von: Christian Svensson am 29. Januar 2014, 13:38:35
Jepp, dann mal die Zusammenfassung der Antwort eines Profis auf die Anfrage eines optimistischen, hoffnungsfrohen und natürlich zukünftigen Megabestsellerautors.

Zusammenfassung der Antwort auf die Bitte um Durchsicht eingesandter Kurzgeschichten:

- für das  erwiesene Vertrauen, denn ich weiß, dass es oft nicht ganz einfach ist, das Persönliche berührende Texte in die Öffentlichkeit zu geben.
- literarischem Ausdruck ist vorhanden
-Texte haben durchaus sprachliche Intensität.
- deutliche Defizite in der Handhabung literarischer Gestaltungsmittel festgestellt
- Sie beherrschen das Handwerk noch nicht in dem Maße, das für die Veröffentlichung nötig wäre.
- Fehler in der Gestaltung der Erzählperspektive (Erzähler wissen oft Dinge, die sie aus der gewählten Perspektive nicht wissen dürften);
- Die Figurengestaltung ist oft klischeehaft,
- die Gestaltung der Erzählverfahren telling und showing ist zufällig (und wohl nicht bewusst),
- die Tempusgestaltung (in allen Texten) ist mangelhaft;
- das sog. epische Präteritum kennen Sie nicht.
- zahlreiche orthografische, grammatische, semantische und stilistische Fehler

Diese Einwände sind nicht dramatisch - es handelt sich um Schwächen, die bei den meisten Anfängern vorhanden sind

- Ausbildung der handwerklichen Fertigkeiten notwendig. Als Einstieg "Fritz Gesing: Kreativ schreiben. Handwerk und Techniken des Erzählens";  guter Überblick über jene literarischen Gestaltungsmittel, die jeder Prosa-Schreibende kennen sollte.

Titel: Re: Feedback vom Literaturhaus: Was aus dieser Mail herauslesen?
Beitrag von: Thaliope am 29. Januar 2014, 13:42:48
Danke  :knuddel:
Titel: Re: Feedback vom Literaturhaus: Was aus dieser Mail herauslesen?
Beitrag von: Sprotte am 29. Januar 2014, 13:49:49
Und ich warte gleich mal mit einem Wiki-Link zum Epischen Präteritum auf (den Begriff dafür kannte ich nämlich auch noch nicht, aber ich benutze es immerhin): Klick (http://de.wikipedia.org/wiki/Episches_Pr%C3%A4teritum)
Zitat
Sie wusch die Wäsche, damit diese am nächsten Tag sauber war.
Normalerweise benutzen wir ja Futur für die Zukunft, aber das würde im Erzählten einen Bruch verursachen.

Und ich bin wirklich neiderfüllt über diese ausführliche Rückmeldung. Bislang habe ich nur bei einer Agenturabsage mal etwas Begründung bekommen, was ich als so hilfreich empfand, daß ich den Roman nach diesen Punkten durcharbeitete. Ganz toll.  :vibes:
Titel: Re: Feedback vom Literaturhaus: Was aus dieser Mail herauslesen?
Beitrag von: gbwolf am 29. Januar 2014, 13:50:23
Danke auch von mir. Ich finde es auch sehr spannend, dass Literaturhäuser diesen Service anbieten - zumindest das in deiner Nähe.

Habe natürlich gleich nachschlagen müssen, was ein "epische Präteritum" ist und dann fesgestellt, dass dieses Stilmittel für meine eher U-literarischen Romane eher untauglich ist. Aber immerhin habe ich wieder etwas dazugelernt ...

Übrigens finde ich deine Einstellung bemerkenswert, dich zunächst umzuschauen und dich später zu schreibrelevanten Themen zu äußern. Es dauert ja immer, bis man ein Forum so richtig versteht und es gibt ja auch so wahnsinnig viele Themen, zu denen man etwas beitragen kann. Gerade solche Threads wie diesen hier finde ich sehr interessant und lehrreich.
Und falls du mal gar nicht wissen solltest, was du im Forum schreiben möchtest: Threads, die mir noch fehlen (http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,10521.0.html). *dummdidummWerbungdummdidumm*

Edit: Ich schreibe natürlich U, nicht E-Literatur ...
Titel: Re: Feedback vom Literaturhaus: Was aus dieser Mail herauslesen?
Beitrag von: Ary am 29. Januar 2014, 13:56:26
Danke fürs Teilen, Christian! Detailliertes Feedback ist immer eine feine Sache, da hat sich jemand richtig Mühe gegeben, die Texte zu beurteilen, und ich würde mich über sowas mehr freuen, als über eine Standardabsage, denn das zeigt zumindest, wo der Verbesserungsbedarf ist. Wobei ich einige Punkte auch hinterfragen würde, zum Beispiel diese show-und-tell-Sache oderbei der "Handhabung literarischer Gestaltungsmittel" - da ist ja auch vieles Geschmackssache.

Hmja, ich wusste auch nicht, was "episches Präteritum ist", aber wie Sprotte habe ich es auch schon benutzt. :)
Titel: Re: Feedback vom Literaturhaus: Was aus dieser Mail herauslesen?
Beitrag von: HauntingWitch am 29. Januar 2014, 13:59:39
Erst einmal danke für's Teilen dieses doch ehe persönlichen Inhalts, Christian!  :)

Zunächst einmal unterschreibe ich Malinches Beitrag. Ich war (und bin) auch eher ein "Instinkttier", aber es gibt so viele Tricks und Kniffs, die es im Gepäck zu haben sich lohnt. ;)

Zum Lesen möchte ich noch ergänzen: Nicht einfach "nur" lesen, sondern reflektiert lesen. Wenn dir eine Stelle besonders auffällt (ob positiv oder negativ), nimm dir einen Moment Zeit und überlege, was genau dir daran gar nicht oder eben besonders gut gefällt. Gerade bei Dingen, von denen man denkt "Das möchte ich auch können", lohnt sich das. Wenn dir etwas Spezielles ins Auge fällt, überlege dir, was der Autor wohl damit erreichen möchte, warum er jetzt gerade genau dieses Elemente da hingesetzt hat, welche Auswirkungen es auf die Geschichte hat, wozu es dient. Mit der Zeit entwickelt man immer mehr Gefühl, auch für die eigenen Texte. Und lies möglichst Dinge, von denen du denkst, so gut wirst du nie und nimm dir das vor.  ;)

Und dazu:
Zitat- zahlreiche orthografische, grammatische, semantische und stilistische Fehler
Kennst du jemanden, der darin wirklich gut ist und dem du genug vertraust, um ihm deine Texte zu geben? Dann würde ich diese Person darum bitten, die Texte korrekturzulesen und die Korrekturen in den Text hinein zu schreiben. Dann siehst du, wo du z.B. immer dieselben Fehler machst und bekommst natürlich auch mehr und mehr ein Gefühl dafür. (Gerade in Bezug auf Grammatik gibt es ganz typische Fehler, die viele Leute machen, z.B. "willkürliche" Kommas u.ä.).

Nicht zustimmen würde ich z.B. dem hier:
Zitat(Erzähler wissen oft Dinge, die sie aus der gewählten Perspektive nicht wissen dürften)
Bzw., ich selber sehe das auch so, aber es gibt auch diverse veröffentlichte und durchaus erfolgreiche Bücher, in denen Perspektiven-Regeln grosszügig missachtet werden.

Also, dran bleiben, weiter machen und besser werden.  :knuddel:

@Sprotte: Danke für den Link, wusste ich auch nicht.
Titel: Re: Feedback vom Literaturhaus: Was aus dieser Mail herauslesen?
Beitrag von: Christian am 29. Januar 2014, 14:03:28
Zitat von: Nadine am 29. Januar 2014, 13:50:23
Habe natürlich gleich nachschlagen müssen, was ein "epische Präteritum" ist und dann fesgestellt, dass dieses Stilmittel für meine eher U-literarischen Romane eher untauglich ist. Aber immerhin habe ich wieder etwas dazugelernt ...
Ich musste es auch - mit hochrotem Kopf - googlen. Und dann: Ach sooo. Okay, brauch ich nicht.  ;)

Bei mir dauert diese Phase "ich äußere mich selten zu wirklich schreibrelevanten Themen" immer noch an, weil ich nach wie vor das Gefühl habe, dass ich zu wenig kompetent bin, um etwas Sinnvolles beitragen zu können. Hier gibt es so viele Leute, die das besser und ausführlicher können.

Zitat von: Sprotte am 29. Januar 2014, 13:49:49
Und ich bin wirklich neiderfüllt über diese ausführliche Rückmeldung. Bislang habe ich nur bei einer Agenturabsage mal etwas Begründung bekommen, was ich als so hilfreich empfand, daß ich den Roman nach diesen Punkten durcharbeitete. Ganz toll.  :vibes:
Geht mir auch ein wenig so. Feedback ist, auch wenn es manchmal wehtut, wichtig und allemal besser als im Trüben zu fischen, an sich zu zweifeln und nicht so wirklich zu wissen, ob man es kann oder eben nicht. Und die Punkte, die in der Mail genannt wurden (ich konnte das Original lesen, bevor es weg war ;) ) sind ja nun wirklich kein Beinbruch, sondern der ganz normale Anfängerwahnsinn. Handwerk kann man lernen.
Titel: Re: Feedback vom Literaturhaus: Was aus dieser Mail herauslesen?
Beitrag von: Christian Svensson am 29. Januar 2014, 14:15:45
Wow!

ZitatHandwerk kann man lernen.

Ja, aber es dauert so schweinelange und der einzige Erfolg (ich hatte Gesing schon früher gelesen) ist, wie immer beim lernen - je mehr ich weiß, um so mehr sehe ich, wieviel mir noch fehlt. Alles, was ich geschrieben habe, scheint Mist, entspricht nicht dem, was ich gerade lerne, muss verbessert werden. Tue ich das, lerne ich Neues, geht dieser Kreis wieder los.
Das ist irgendwie ein Teufelskreis, gerade, wenn man perfekt sein möchte. Außerdem verändert das meinen Stil - habe ich überhaupt einen?
Aber naja, damit sind andere auch fertig geworden. Vielleicht hilft da irgendetwas diszipliniertes, etwa zwei Stunden lernen, drei Stunden schreiben am Tag - so als feste, einzuhaltende Regel? Wie macht Ihr das?
Titel: Re: Feedback vom Literaturhaus: Was aus dieser Mail herauslesen?
Beitrag von: Thaliope am 29. Januar 2014, 14:27:21
Zitat von: Christian Svensson am 29. Januar 2014, 14:15:45
Wow!

Ja, aber es dauert so schweinelange und der einzige Erfolg (ich hatte Gesing schon früher gelesen) ist, wie immer beim lernen - je mehr ich weiß, um so mehr sehe ich, wieviel mir noch fehlt. Alles, was ich geschrieben habe, scheint Mist, entspricht nicht dem, was ich gerade lerne, muss verbessert werden. Tue ich das, lerne ich Neues, geht dieser Kreis wieder los.
Das ist irgendwie ein Teufelskreis, gerade, wenn man perfekt sein möchte. Außerdem verändert das meinen Stil - habe ich überhaupt einen?


Joa. So geht es glaube ich vielen von uns. Mir jedenfalls ganz doll.  :knuddel: Aber es gibt dann auch wieder Phasen, wo man merkt, dass sich ein Knoten gelöst hat und man eine entscheidende Stufe besser geworden ist.
Und die Sache mit der Perfektion ... ach. Ich versuche schon so lange, mir diesen Anspruch von der Backe zu putzen, damit ich überhaupt was zu Ende bringe. Aber das Zeug ist klebrig und zäh ;D
Titel: Re: Feedback vom Literaturhaus: Was aus dieser Mail herauslesen?
Beitrag von: Sven am 29. Januar 2014, 14:29:50
Zitat von: Christian Svensson am 29. Januar 2014, 14:15:45
Alles, was ich geschrieben habe, scheint Mist, entspricht nicht dem, was ich gerade lerne, muss verbessert werden. Tue ich das, lerne ich Neues, geht dieser Kreis wieder los.

Ja, und mit etwas Glück, hört das nie auf.
Titel: Re: Feedback vom Literaturhaus: Was aus dieser Mail herauslesen?
Beitrag von: Christian am 29. Januar 2014, 14:35:50
Zitat von: Christian Svensson am 29. Januar 2014, 14:15:45
Ja, aber es dauert so schweinelange und der einzige Erfolg (ich hatte Gesing schon früher gelesen) ist, wie immer beim lernen - je mehr ich weiß, um so mehr sehe ich, wieviel mir noch fehlt.
Hey, niemand hat gesagt, dass es leicht wird. ;)

ZitatDas ist irgendwie ein Teufelskreis, gerade, wenn man perfekt sein möchte.
Texte neigen dazu, niemals fertig zu werden. Aber trotzdem muss man irgendwann einmal fertig sein. Perfektion anzustreben, ist ein gutes Ziel. Aber ich glaube nicht, dass es erreichbar ist. Versuchen kann man es trotzdem. Immer wieder.

ZitatVielleicht hilft da irgendetwas diszipliniertes, etwa zwei Stunden lernen, drei Stunden schreiben am Tag - so als feste, einzuhaltende Regel? Wie macht Ihr das?
Schreiben. Jeden Tag. Und wenn es irgendwas ist. Und von Zeit zu Zeit panisch schreiend im Kreis rennen und sich danach eine Weile unter der Bettdecke verkriechen. Es hilft.
Ich habe den ein oder anderen Schreibratgeber durchforstet. Aber ich denke, irgendwann muss man sich von diesen ganzen "Regelwerken" auch ein bisschen freimachen. Ich nehme mir immer mal wieder den ein oder anderen Autoren vor, von dem ich denke, es könnte mir was bringen, mich damit zu beschäftigen. Und dann lese ich mehrere Bücher aus deren Bibliographie. Dabei sieht man auch wie andere Schreiber sich entwickelt haben. Mir hilft das.
Oder, wenn ich ein konkretes Problem mit einer Szene habe, dann schau ich mir an, wie unterschiedlich verschiedene andere Autoren damit umgehen.
Titel: Re: Feedback vom Literaturhaus: Was aus dieser Mail herauslesen?
Beitrag von: HauntingWitch am 29. Januar 2014, 14:40:25
ZitatBei mir dauert diese Phase "ich äußere mich selten zu wirklich schreibrelevanten Themen" immer noch an, weil ich nach wie vor das Gefühl habe, dass ich zu wenig kompetent bin, um etwas Sinnvolles beitragen zu können. Hier gibt es so viele Leute, die das besser und ausführlicher können.

Aber es gibt ja auch ganz viele "Wie macht ihr das?/Was ist eure Meinung?"-Fragen, da könnte man z.B. anfangen. Gerade weil es dort kein allgemeingültiges Richtig oder Falsch gibt.  :)

Zitat
Ja, aber es dauert so schweinelange und der einzige Erfolg (ich hatte Gesing schon früher gelesen) ist, wie immer beim lernen - je mehr ich weiß, um so mehr sehe ich, wieviel mir noch fehlt. Alles, was ich geschrieben habe, scheint Mist, entspricht nicht dem, was ich gerade lerne, muss verbessert werden. Tue ich das, lerne ich Neues, geht dieser Kreis wieder los.
Das ist irgendwie ein Teufelskreis, gerade, wenn man perfekt sein möchte. Außerdem verändert das meinen Stil - habe ich überhaupt einen?
Aber naja, damit sind andere auch fertig geworden. Vielleicht hilft da irgendetwas diszipliniertes, etwa zwei Stunden lernen, drei Stunden schreiben am Tag - so als feste, einzuhaltende Regel? Wie macht Ihr das?

Darf ich fragen, wie lange du schon schreibst? Wie länger man dran ist, umso mehr kommt es einem natürlich wie eine Ewigkeit vor. Ich kenne das auch. Mir wird zwar von diversen Seiten gesagt, mein Stil wäre toll und manche mögen meine Geschichten sehr, aber Erfolg im Sinne einer Veröffentlichung hat sich bislang noch nicht eingestellt, nicht die geringste. Meine Mutter sagt immer, manche brauchen eben länger für ihre Entwicklung, die einen müssen halt mehr üben und andere weniger. Wichtig ist, dass man nicht aufgibt. :knuddel:

Übrigens hatten wir erst vor Kurzem hier mal eine kleine Diskussion zum Thema "alles Mist": http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,4380.msg575926.html#msg575926 (Ich glaube, etwas Ähnliches gibt es auch schon einige Seiten weiter vorne)

Das mit der Perfektion hat Christian gerade schöner gesagt, als ich es kann. ;) Was mein Lieblingsautor macht, ist für mich Perfektion, Genialität. So gut will ich werden. Er selbst findet seine Schreiberei offenbar nicht so spektakulär und erwähnt das auch mal ironisch im Nachwort. Und ich sitze auf dem Sofa und denke: Mensch, wenn du nur wüsstest...  Das geht jedem so. Wenn man alle seine eigenen Geschichten ohne Einwände nur noch super findet, läuft, glaube ich, etwas falsch im Gehirn.  ;)

Regel habe ich keine, aber ich nehme mir vor (von unserer Coppelia abgeguckt ;)), jeden arbeitsfreien Tag mindestens 500 Wörter zu schreiben. Meistens klappt das. Ausserdem bekomme ich sowieso immer ein schlechtes Gewissen, wenn ich einen Tag lang nichts mache, von daher...
Titel: Re: Feedback vom Literaturhaus: Was aus dieser Mail herauslesen?
Beitrag von: gbwolf am 29. Januar 2014, 14:49:46
Abgesehen von "Schreiben, schreiben" rate ich auch zu Schreibpausen mit viel beobachen und neue Inputs suchen (Mal einen Film sehen, der nicht dem eigenen Geschmack entspricht, mal ein ganz anderes Genre lesen), viel überarbeiten, nach längerem Liegenlassen, laut lesen, Texte anderer analysieren, beispielsweise als Betaleser. Ich war ganz lange bei kurzgeschichten.de (jetzt wortkrieger.de und mit Romanrubrik) aktiv und habe beim Nachdenken über anderer Leute Texte und beim Ausformulieren von Vorschlägen viel gelernt.
Titel: Re: Feedback vom Literaturhaus: Was aus dieser Mail herauslesen?
Beitrag von: Christian Svensson am 29. Januar 2014, 15:02:27
Zitat"Wie lange schreibst du?"

Tja, wie lange schreibe ich?
Es war ein Tag im Jahr 2008, da stand ich in einer Buchhandlung und suchte nach guter Phantasie oder Science Fiction in etwa früher Hohlbein oder Peter. F. Hamilton und fand nichts. Da fiel mir zum ersten Mal auf, dass ich die Seiten der Bücher, die ich in die Hand nahm, auch aus zwei Metern Entfernung lesen konnte - wegen der großen Schrift. Ich nahm andere Bücher in die Hand und irgendwie dachte ich mir, dass, wenn der Graf von Monte Christo auch so gedruckt würde, man für den Transport nach Hause wahrscheinlich einen LKW brauchte.
Oder das Kommunistische Manifest mit seinen damaligen 49 Seiten heute wahrscheinlich ein Wälzer von 300 Seiten wäre. Jedenfalls habe ich mir dann gesagt, dass, wenn keiner so schreibt, wie ich es gerne lese, ich es dann eben selbst tun muss. Ab nach Hause und los gings. War gar nicht so schlecht - dachte ich damals.
Danach kam die Phase mit Kurzgeschichten, erstmal Erotik, nein, eigentlich übelste Pornographie. Dann kamen Internetforen, Kommentare, Kritiken. Irgendwann fiel mir auf, dass Menschen viel spannender sind als Handlungen. Dann kamen die ersten Flashes, in denen ich in zwei Nächten Erzählungen von zwanzig Seiten und mehr schrieb - und dann die Wochen, in den ich sie überarbeitet habe - nach dem Eschbach-Prinzip. Dann die Erkenntnis, dass ich schreiben brauche, unbedingt, wie die Luft zum Atmen. Das erste eigene Buch mit Kurzgeschichten, als eBook bei Amazon. Nach einem Monat herausgenommen. Es war der Monat, in dem mir klar wurde, dass die Sucht nach schneller Anerkennung und Selbstdarstellung kein wirklich gutes Motiv ist. Ich ekelte mich vor mir selbst.
Dann kam die Heirat mit meiner Frau, die mich so mag, wie ich bin. Das hat mich verändert. Danach habe ich lange nichts mehr in Internetforen veröffentlicht, sondern sehr viel gelesen, Prosa, Gesing, James Wood, Eschbachs Internetseite. Danach brach wieder ein Flash durch und da wusste ich endgültig - ich muss schreiben. Also tue ich es, aber diesmal aus mir selbst heraus, nicht, um etwas zu erreichen oder jemandem etwas beweisen zu müssen. Jetzt will ich es richtig tun, also lernen und schreiben. Lange Wege gehe, Kritiken einstecken, daraus lernen und die vielen, vielen Bücher, die ich im Kopf habe, irgendwann zu Papier bringen. Diesmal in aller Ruhe und vernünftig. Sorry, ist etwas länger geworden ...
Titel: Re: Feedback vom Literaturhaus: Was aus dieser Mail herauslesen?
Beitrag von: cryphos am 29. Januar 2014, 15:13:01
Hallo Christian,

der Brief ist super. Der Mensch am anderen Ende hat sich Zeit genommen deine Sachen zu lesen, sich Gedanken darüber zu machen und diese Gedanken sogar ausformuliert und dir zukommen lassen.
Das ist ein klasse Feedback um anzusetzen und sich zu verbessern. Da hat jemand Zeit investiert und dir eine Mega-Dienstleistung erbracht. Zudem bietet dir dieser Mensch an noch mehr Zeit kostenlos in dich zu investieren, in dem er dir eine Lektoratssprechstunde anbietet.
Das ist gigantisch!
Ich gehe sogar noch weiter. Ich vermute, dass nicht viel fehlt, damit du deine Chance bekommst. Niemand investiert nämlich Zeit und damit Geld in einen hoffnungslosen Fall. Irgendetwas an deinen Texten hat den Leser dazu bewogen viel in dich zu investieren.
Von daher, ja es ist eine Absage; jedoch mit einem ganz großen ABER.vale
~c~
Titel: Re: Feedback vom Literaturhaus: Was aus dieser Mail herauslesen?
Beitrag von: HauntingWitch am 29. Januar 2014, 16:47:18
Zitat von: Christian Svensson am 29. Januar 2014, 15:02:27
Danach brach wieder ein Flash durch und da wusste ich endgültig - ich muss schreiben. Also tue ich es, aber diesmal aus mir selbst heraus, nicht, um etwas zu erreichen oder jemandem etwas beweisen zu müssen. Jetzt will ich es richtig tun, also lernen und schreiben. Lange Wege gehe, Kritiken einstecken, daraus lernen und die vielen, vielen Bücher, die ich im Kopf habe, irgendwann zu Papier bringen. Diesmal in aller Ruhe und vernünftig. Sorry, ist etwas länger geworden ...

Das ist eine richtig gute Einstellung. Umso mehr ein Grund, die Rückmeldung als Input zu betrachten und sich dem in aller Ruhe anzunehmen. Gerade weil du nicht primär für den Erfolg schreibst und in dem Fall auch nicht finanziell davon abhängig bist, hast du alle Zeit der Welt. :)
Titel: Re: Feedback vom Literaturhaus: Was aus dieser Mail herauslesen?
Beitrag von: Christian Svensson am 30. Januar 2014, 08:29:09
Angekommen

Viel Mut, viel Kraft, viel Motivation - ganz viel "viel". Beim Lesen der Antworten ist mir irgendwie warm geworden.
Herzlichen Dank.
Titel: Re: Feedback vom Literaturhaus: Was aus dieser Mail herauslesen?
Beitrag von: Christian Svensson am 28. Februar 2014, 15:00:30
So, Update:
heute hatte ich den Termin in Rostock. Am Montag hatte ich dazu den Plot und das erste Kapitel meines Romans ,,und vergib uns unsere Schuld" eingeschickt.
Zum Gespräch.
Der Mann ist Literaturwissenschaftler, Lektor und gibt Schreibkurse sowie Verlagsempfehlungen. Geplante Zeit für das Gespräch war eine Stunde.
Es begann mit einer allgemeinen Diskussion um die Motivation meiner ,,Schriftstellerei", in der ich deutlich gemacht habe, dass ich mich weder als verkanntes Genie, noch als jemand, der dem deutschen Volk unbedingt etwas mitzuteilen hat oder als jemand, der sich unbedingt ausdrücken muss, betrachte.
Das bremste seinen Schwung ein wenig, er hat aber fairerweise dann von der Kunst auf die Trivialliteratur umgeschwenkt und mit mir die Verlagslandschaft in Deutschland durchdiskutiert. Nicht viel Neues - das meiste kenne ich , aber zum größten Teil  aus diesem Forum.
Wichtige Aussagen für mich waren die Hinweise, nicht direkt an einen Verlag zu senden (war mir vorher schon klar), sondern es über Kontakte, Buchmessen, Agenten und Ausschreibungen zu tun.
Ins Förderprogramm des Landes komme ich nicht, da kommerzielles Schreiben (Romane) nicht gefördert wird.
Übrigens hat er mir noch aus einem anderen Grund geraten, nicht direkt an einen Verlag zu gehen und dabei hätte ich am liebsten geheult. Mein Alter. Klipp und klar - wenn auch freundlich (ich sage jetzt nicht mitleidig) hat er mir gesagt, dass Verlage nicht nur das Erstlingswerk betrachten, sondern wie viel man noch aus einem Autor herausholen kann und da ist bei einem 54-jährigen nicht mehr viel zu holen. Kam besonders gut, da ich seit vier Monaten fast verzweifelt einen Job in Schwerin suche und immer wieder gegen mein Alter renne.
Ich kann mich ja jetzt aufregen und die Welt verfluchen. Das wir jedoch nicht helfen, so sind die Regeln und ich muss halt sehen, wie ich trotzdem zurecht komme. Werde ich auch, ganz sicher, verdammt noch mal! -sorry-
Ach so, ja, das erste Kapitel. Kurz und trocken:
- Schwächen bei der Verwendung des Plusquamperfekts und seinem geliebten epischen Präteritum,
- zu viele Adjektive (ich habe schon massiv darauf verzichtet, hier meinte er aber auch, er sei da besonders streng und die meisten Lektoren würden das so durchgehen lassen)
- Auf 31 Seiten in zwei Sätzen einen Perspektivenbruch
Das erste Kapitel sei gut genug, an einen Verlag geschickt zu werden, er würde gerne die anderen Kapitel auch lesen.
Da sage ich dann mal:
DANKE!! An meine Superpatin Alessa - sie hat das Kapitel ,,in der Mache" gehabt. :knuddel:
So, das ist dann das Ende dieser Geschichte, aber ganz sicher nicht meines. Mein Roman wird geschrieben und gedruckt und zwar von einem Verlag ohne das ich dafür bezahle. Ist ein Versprechen. Bin sauer!
Titel: Re: Feedback vom Literaturhaus: Was aus dieser Mail herauslesen?
Beitrag von: Coppelia am 01. März 2014, 07:21:22
Erstmal finde ich toll, dass du dranbleibst, Bardo! Was war das denn für ein Termin, den du hattest?

Zu deinem "Altersproblem" muss ich noch mal was loswerden. Ich werde ärgerlich, wenn ich das hier lese. (Ich wurde übrigens vor einigen Jahren noch als zu jung bezeichnet, um etwas zu veröffentlichen ... :P)
Ich denke nicht, dass jeder in deinem Alter einen Nachteil sehen muss. Erst einmal ist es nicht "alt". Wir leben ja wohl nicht mehr im Mittelalter! 2. hast du hoffentlich noch einige Jahrzehnte vor dir, in denen du einem Verlag Geld einbringen kannst - heutzutage weiß man doch ohnehin nicht, wie lange sich ein wirtschaftliches Unternehmen hält. 3. ist mehr Lebenserfahrung vermutlich in jeder Lebenslage nützlich, auch bei der Produktion von Texten. 4. gibt es viele Autoren, die erst in "höherem" Alter veröffentlicht haben. Wenn ich mich nicht irre, unter anderem auch Arnulf Zitelmann, den ich sehr verehre.

Bevor du dich an einen Verlag wendest, solltest du vielleicht eine Literaturagentur in Betracht ziehen, um deine Chancen zu verbessern. Wir haben hier einige Thread dafür.