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Allgemeines => Buch- und Verlagswesen => Thema gestartet von: TheaEvanda am 25. November 2013, 12:41:17

Titel: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: TheaEvanda am 25. November 2013, 12:41:17
Gegenwärtig klagt ein in der VG Wort vertretener Autor gegen die Verteilungspraxis der VG Wort, die 30-50% ihrer Einnahmen an Verleger ausschüttet. Zwei Gerichte haben die Klage angenommen und zugunsten der Kläger entschieden, nun ist das BGH und wahrscheinlich auch das EuGH dran.

Blog von Stefan Niggemeier für die Autorenseite (http://www.stefan-niggemeier.de/blog/tag/vg-wort/)

Pressemitteilung der VG-Wort (http://www.vgwort.de/fileadmin/pdf/allgemeine_pdf/FAQs_Klageverfahren_11.11.2013.pdf)

Ich weiß, auf welcher Seite mein Brot gebuttert ist und hoffe, dass auch BGH und EuGH die Verteilungsschlüssel der VG Wort einsacken und mehr Geld an die Urheber auszahlen.
Wichtig ist dieser Prozess und sein Ausgang auch deshalb, weil diverse Verlage nun Rechteabtretungen vom Autor verlangen, die darauf hinauslaufen, dass der Autor gar kein Geld mehr von der VG Wort sieht. Aber auch jeder Unterzeichner eines Wahrnehmungsvertrags (auch GEMA und die anderen Verwertungsgesellschaften) sollte sich darüber informieren.

--Thea
Herzogenaurach, Germany

Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: Pygmalion am 25. November 2013, 15:09:19
Interessantr link und blog, den kannte ich gar nicht.

Das mit den Rechteabtretungen an die Verlage, erscheint mir nach dem was ich da gerade gelesen habe überhaupt gar nicht möglich und sollte es unterschrieben werden, sowieso nicht rechtskräftig, oder habe ich das falsch verstanden ?:)
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: Aphelion am 26. November 2013, 03:46:41
Pssst ... "Niggemeier" ohne zweites R vor dem "meier".  :psssst:

@Pygmalion:
Ja, du könntest theoretisch auch den Vertrag unterschreiben und anschließend dagegen klagen. :) Aber seien wir ehrlich: Dieser Weg ist eigentlich nicht für das bewusste und systematische Brechen von Gesetzen gedacht.

Leider geht es genau darum ... Es geht *nicht* darum, ob man aus "Fairnessgründen" den Verlagen nicht auch "mehr" zukommen lassen sollte (wie teilweise suggeriert wird) - es geht darum, dass auch eine VG sich an Gesetze halten muss. Wenn die VG Wort, die GEMA, die VG Bild-Kunst usw. diese Gesetze als unfair empfinden, dann hätten sie sich schon vor Jahren dafür stark machen müssen, dass diese Gesetze geändert werden, statt die bestehenden Gesetze einfach zu brechen.

Wie man darüber persönlich denkt, ist deshalb erstmal egal ... Meine persönliche Meinung: Verlage wollen mehr finanzielle Sicherheit? Schön, Autoren aber auch. Gesetze werden nunmal  gerade *nicht* dazu gemacht, dass (Un-)Recht des Stärkeren zu untermauern.
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: TheaEvanda am 26. November 2013, 08:25:34
Wie Aphelion schon sagte, natürlich sind viele Vertragsklauseln nichtig. Aber weisst du das, wenn du zur Sicherheit noch einmal den Vertrag durchgehst und dann scharf formulierte Klauseln liest? Oder ziehst du den Kopf ein und nimmst es hin, weil du Mist unterschrieben hast und Verträge bindend sind?

Übrigens habe ich auch mehrere Klauseln in Verträgen mit der Begründung gekippt, dass ich sie gerne unterschreibe und wir uns im Zweifel nach einem halben Jahr vor dem Kadi wiedersehen, weil ich Recht bekomme, wenn ich es einklage. Das ist natürlich eine harte Keule, aber sie wirkt, wenn man sie sparsam anwendet. Man macht sich aber zum besseren Verhandlungspartner, wenn man sich vorher wehrt und nicht hinterher alles rausklagt. Den Ruf, den man sich mit Klagen verdient, will man vielleicht nicht haben.

Zum Letzten sind die zwei oben verlinkten Webseiten natürlich nur Meinungsäußerung von Kläger und Verklagter. Dass die ersten zwei Gerichte, LG München I und OLG München die VG Wort verknackt haben, ist noch nicht rechtsgültig. Die VG Wort hat Berufung eingelegt und zeiht das wahrscheinlich im Sinne eines langen Verfahrens und der Verjährung alter Ansprüche auch bis zum EuGH hoch, um zu verhindern, dass die Urteile "zu früh" rechtskräftig werden. Auf ein Wunder und die eigene Lobbyarbeit kann man ja immer noch hoffen.

--Thea
Herzogenaurach, Germany

Aphelion: Danke, ich habe es korrigiert.
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: Fianna am 21. April 2016, 10:04:01
So, vor Gericht wurde es jetzt entschieden und zwar zu Ungunsten der Verlage.

(http://www.boersenblatt.net/artikel-verfahren_vogel_gegen_vg_wort_um_verlegerbeteiligung.1133032.html%5B/url)
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: pink_paulchen am 21. April 2016, 11:49:17
Jawoll - Fianna hat's zuerst entdeckt - nun ist wohl erstmal Schluß. BGH hat entschieden: https://www.lawblog.de/index.php/archives/2016/04/21/vg-wort-verteilte-50-ihrer-einnahmen-falsch/
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: Fianna am 21. April 2016, 11:53:10
Ich habe es nur bei Twitter gesehen, und die beiden jungen Frauen waren wohl der Ansicht, dass die letzten paar Jahre dann nachträglich an die Urheber zurück gezahlt werden müssen und das so einige der kleineren Verlage finanziell ruiniert.

EDIT:
Das Mädchen hat mir die Quelle für diese Meinung gelinkt: http://www.boersenverein.de/de/portal/Presse/158382?presse_id=1133208 (http://www.boersenverein.de/de/portal/Presse/158382?presse_id=1133208)
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: Zit am 21. April 2016, 13:38:06
Boa, bei dem Börsenverein-Beitrag wird mir schlecht, aber auch kein Wunder, für welche Interessen die einstehen. Klar, die sehen ihre Felle davon schwimmen, und das zu Recht. Um ehrlich zu sein, müssten die Verlage imho nicht zurück zahlen oder wenn, dann könnten sie das in moderaten Raten machen, sondern müssen sich in Zukunft einfach nur raushalten. Gerade bei großen Verlagen ist das zwar eine Menge Geld, aber in Anbetracht der "einzigartigen deutschen Verlagskultur" in Deutschland, könnte man ja mal darüber reden.
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: Fianna am 21. April 2016, 13:44:10
Ja, bei Kleinverlagen dachte ich auch direkt an das Wort "Mischkalkulation", das zwar in dem Zusammenhang nix Sinnvolles beiträgt, aber @treogen  verwendet das immer, wenn er das Verlagswesen in einem kleinerem Zusammenhang erklärt.

Eigentlich kann ein Kleinverlag, der 2013 schon im Geschäft war, gar nicht so knapp kalkulieren, dass der Wegfall der (im Kleinverlagsbereich) vermutlich nicht so exorbitant hohen Beiträge ihn ruiniert.

Bei de Kommentar "Das ist ein schwarzer Tag" habe ich erst gedacht, die junge Frau arbeitet bestimmt in einem Verlag, oder als sie erklärte, was sie meinte, dass sie da wohl eher an Kleinverlage denkt. Das habe ich einfach mal angenommen. Für die dürfte es ja eigentlich nicht soviel ausmachen.

Bei den großen Verlagen kann ich mir jetzt auch nicht vorstellen, dass das solche Einbußen hervorruft, dass sie beispielsweise keine Debuts mehr veröffentlichen können.

Aus Leser- oder Autorensicht dürfte sich da meiner Ansicht nach nichts ändern. Aber das ist nur ein Blick in die Glaskugel bzw. ins Wasserglas.
Da steht zwar "Original Caipirinha Pitu" drauf, es ist aber nur Mineralwasser drin. Der Inhalt ist durchsichtig und blubbert.
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: Zit am 21. April 2016, 14:04:55
 ;D

Aber ich denke, die sprechen im Zusammenhang mit Ruin eher von den Rückzahlungen, die alle auf einmal geleistet werden müssten, auch rückwirkend für die letzten Jahre. Dazu hat sich das Gericht aber nicht geäußert, wie es aussieht. (Habe das Urteil noch nicht gelesen.)
Hm, ich kann mir aber schon vorstellen, dass gerade bei Autoren wie Dan Brown die VG Wort-Ausschüttungen an den Verlag nicht klein aussehen. Im Kleinverlagsbereich denke ich aber auch eher, dass die Beiträge marginal sind und nur als Summe aus allen VÖ vll. etwas bringen. Was meinen denn unsere Verleger dazu? @FeeamPC @treogen

Aus Autorensicht ändert sich doch etwas: Die ausgeschütteten Beiträge werden höher. Statt einer Pizza gibt es zwei. ;) Nein, ehrlich, das Urteil ist aus Autorensicht gut so.
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: Fianna am 21. April 2016, 14:06:42
Aber Zit, auf Twitter wurde mir der Link doch geteilt mit dem Kommentar "Ein schwarzer Tag"!! Die Crowd irrt sich nie!
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: Zit am 21. April 2016, 14:09:18
Ach so, Twitter. Ja, ja. Da hast du natürlich recht. Mea culpa. Der Untergang des Abendlandes steht uns bevor. Setzt schon mal eure Aluhüte auf.
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: Grummel am 21. April 2016, 15:55:36
Naja, die ausgeschütteten Veträge werden höher, was trotzdem nicht mehr in die Tasche bringt, weil letztendlich die Verlage die entgangenen Betröge auch wieder umlegen müssen. Und das werden sie nicht beim Buchpreis tun. :(
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: Silvia am 21. April 2016, 18:49:16
Ich werde erst am Abend dazu kommen, mir die Artikel genauer durchzulesen, aber die ZEIT.online titelt gerade am schönsten:
"Buchbranche sieht nach BGH-Urteil Verlage vor dem Aus"  :hmhm?: Na, dann müssen wir wohl alle Selbstverleger werden.  ;)
http://www.zeit.de/kultur/literatur/2016-04/vg-wort-bgh-urteil-buchbranche-deutschland
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: treogen am 21. April 2016, 20:31:18
Also erstmal: es gibt durchaus Kleinverlage, die von den Rückzahlungen in geradezu absolut existenzvernichtender Art und Weise gefährdet sein werden.
So mal eben 30.000 Euro Rückzahlungen stemmen, ist mMn für keinen Kleinverlag so einfach machbar.

Und der andere Punkt ist: Früher oder später wird es wieder auf die altem Auszahlungshöhen zurückfallen.
Die VG Wort hat seine Rechte gegenüber der Industrie nur dank der Stärke des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels durchsetzen können. Und der Börsenverein sind die Verlage. Die Verlage, die jetzt mit Arschtritt rauskatapultiert werden.
Ja, was glaubt ihr denn, was das Ergebnis ist? Glaubt ihr wirklich, für die Autoren würde jetzt mehr Geld ausgeschüttet werden?
Glaubt ihr wirklich, die Autoren kriegen gegenüber der Industrie die Abgabenhöhen durch, die bislang durchbekommen wurden? Bei diesem Spiel gibt es nur einen Gewinner: Die großen PC-Firmen, Kopiererhersteller und Medienhersteller, die seit Jahren um jeden Cent feilschen. Und die sich jetzt schon die Finger danach lecken, die Abgaben einfach zu reduzieren - und die Autoren können am Ende nichts dagegen tun. Weil sie keine Lobby haben. Und keinen starken Partner mehr haben. Den haben sie sich selbst vergrault.
Schaut mal nach Belgien, wie es da aussieht. Wo die Geräteindustrie bereits die Zahlungen an die Autoren massivst zu kürzen versucht.

Gleichzeitig kann man davon ausgehen, dass es für Autoren komplizierter wird, bei Verlagen unter Vertrag zu kommen. Es werden definitiv einige Verlage wegsterben.
Nicht die ganz Kleinen wie @FeeamPC und mich. Wir haben nie so viel von der VG Wort bekommen, dass uns das beißt.
Nicht die ganz Großen wie Randomhouse. Die stecken das weg und reduzieren über die Nachzahlung sogar noch ihre Steuern.
Nein ... erwischen wird es die dazwischen. Die Kleinen von den Großen. Oder die Großen von den Kleinen. Die, die im Jahr 2000 oder 3000 Euro bekommen haben und damit den Laden am Laufen gehalten haben - und die nun alles zurückzahlen sollen.
Die, die tatsächlich 1 oder 2 Festangestellte haben und diese Aktion wahrscheinlich auf den einfachen Weg - einen entlassen - kompensieren werden.

Aber natürlich werden die verbleibenden ihre Konsequenzen ziehen.
Ich kenne 2 oder 3 Verleger, die mir auf der LBM bei einem Verlegertreffen anvertraut haben, dann in Zukunft eben nur noch die eigenen Romane und die der vertrauenswürdigen Stammautoren zu verlegen.

Und ich denke, dass die Honorare fallen werden. Kein Autor kann in Zukunft erwarten, von einem Verlag 8-10% vom Nettoladenpreis zu bekommen, wenn dem eine der wichtigsten und sichersten Einnahmemöglichkeiten dank der Autorenschaft weggebrochen ist.
Durchaus möglich, dass der Nettoladenpreis in Zukunft bei der Honorarberechnung keine große Rolle mehr spielt.
In der Vergangenheit konnten Verlage es sich leisten, gönnerhaft für alles dieselben Prozente abzudrücken. Scheiß auf den Vertriebsweg.
Wenn aber in Zukunft der Nettoverlagsabgabepreis als Basis für die 8-10% Honorar genommen wird ...
Irgendwo muss ein Verlag ja Geld einsparen.

Ich prophezeie euch - am Ende wird dieses Urteil für die Urheber zum Pyrrhus-Sieg.
Vielleicht nicht heute.
Vielleicht nicht morgen.
Aber in 2, 3 Jahren - da bin ich mir sicher.

Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: Lothen am 21. April 2016, 20:53:26
Das finde ich aber jetzt auch gewagt, den Autoren indirekt die Schuld dafür zu geben, dass sie auf ihrem Recht beharrt haben. ;)

Tatsache ist und bleibt doch: Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung haben die VG-Wort und die Verlage jahrelang Geld eingenommen, das ihnen rein rechtlich gar nicht zustand. Nicht aus Boshaftigkeit, sondern vermutlich mangels besserem Wissen und weil es eben alle so gemacht haben, aber rechtlich spielt das ja keine Rolle.

Sicherlich ist es so, dass die Verlage jetzt einen Modus finden müssen, neu zu kalkulieren, aber dann zu sagen: "Tja, ihr Autoren, ihr wolltet das so, jetzt müsst ihr mit den Konsequenzen leben" finde ich schon sehr zynisch. Der Fehler lag schließlich nicht bei den Autoren, sondern beim gesamten Verteilungssystem der VG-Wort.

Ich selber bin übrigens noch zwiegespalten, was ich von dem Urteil halten soll, die obigen Ausführungen bezogen sich nur auf die rechtliche Schiene. Gut finden muss man das ja nicht. ;) Ich denke aber, dass im Moment weder Euphorie noch Hysterie angesagt ist - inwieweit überhaupt Rückforderungen möglich sein werden und inwieweit diese Option genutzt wird, das wird sich sowieso erst zeigen müssen.
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: Silvia am 21. April 2016, 20:59:47
Übrigens hatte, soweit ich gelesen habe, 1 (EIN) wissenschaftlicher Autor geklagt. Nicht die komplette Autorenschaft, die hier schon wieder "schuld" sein soll an mancher Stelle.
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: Grummel am 21. April 2016, 21:11:58
Nichts desto Trotz hat treogen Recht, mit den Auswirkungen. Und um so schlimmer, da sich ein Einzelner zum Sprachrohr vieler macht, ohne die Konsequenzen bis auf das letzte zu durchdenken. Mich hat er nicht gefragt und Ichbewusstsein zufrieden so wie es ist.
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: treogen am 21. April 2016, 21:23:58
Zitat von: Lothen am 21. April 2016, 20:53:26
Das finde ich aber jetzt auch gewagt, den Autoren indirekt die Schuld dafür zu geben, dass sie auf ihrem Recht beharrt haben. ;)

Ich sehe es eben nicht so, dass die Autoren auf "ihr Recht" beharrt haben. Meiner Meinung nach gibt es einen drastischen Unterschied zwischen dem Manuskript - für das es eben keine Urheberrechtsvergütung gibt - und dem fertigen Buch - an welchem die Verleger ganz entscheidend mitgearbeitet haben.
In vielen Verlagen ist es sogar so, dass die Werke Auftragsarbeiten sind. Die urheberische Leistung des Autors besteht dabei oftmals darin, dass er irgendwelchen Storylines folgt. Gerade in Reihen, bei den Akteure feststehen, Orte feststehen, und und und.
Und bei Anthologien beispielsweise werden ein Großteil der Geschichten nur deswegen geschrieben, weil ich und andere Verleger Vorgaben machen und Möglichkeiten bieten.
So zu tun, als hätte der Verlag mit diesen Büchern nichts zu tun, als wären diese Bücher auch ohne den Verlag geschrieben und veröffentlicht worden - das ist einfach eine ganz miese Lüge.

Zitat von: Lothen am 21. April 2016, 20:53:26
Nicht aus Boshaftigkeit, sondern vermutlich mangels besserem Wissen und weil es eben alle so gemacht haben

Oder aus der festen Überzeugung - die meiner Meinung nach der Realität näher ist, als die "höchstrichterlicher Rechtsprechung" - dass man tatsächlich mit einem guten Cover, Lektorat und Werbung sehr viel für das urheberische Gesamtpaket "vermarktbares Buch" getan hat, so dass für ebendieses Gesamtpaket eine Beteiligung an den Urheberrechtsvergütungen absolut angebracht ist.
Denn schließlich wird nicht der Originaltext auf einen Kopierer gelegt und durch den Drucker gejagt, sondern das lektorierte Gesamtkunstwerk. Das es eben erst durch den Verlag geworden ist.

Zitat von: Lothen am 21. April 2016, 20:53:26
inwieweit überhaupt Rückforderungen möglich sein werden und inwieweit diese Option genutzt wird, das wird sich sowieso erst zeigen müssen.

Wenn es diese Option geben wird, dann wird sie definitiv auch genutzt werden. Weil auch in dem Punkt die "zuerst ich, dann die anderen"-Mentalität vorherrschen wird.

Zynismus musst du mir nicht unterstellen. Das, was ich oben geschrieben habe, ist durchaus nicht zynisch gemeint. Es ist einfach nur ein bisschen desillusioniert und verdammt realistisch - und zwar nicht nur aus meiner Verlagssicht. In den letzten 23 Berufsjahren habe ich mehr als einmal erleben müssen, dass immer mal wieder ein Keil zwischen 2 Parteien getrieben wurde, die eigentlich halbwegs vernünftig miteinander umgehen sollten. Und IMMER hat sich einer gefunden, der dies getan hat. Und IMMER waren am Ende beide Parteien die Verlierer. Und IMMER gab es am Ende einen lachenden, händereibenden Dritten.

Zitat von: Silvia am 21. April 2016, 20:59:47
Übrigens hatte, soweit ich gelesen habe, 1 (EIN) wissenschaftlicher Autor geklagt. Nicht die komplette Autorenschaft, die hier schon wieder "schuld" sein soll an mancher Stelle.

In dem Moment, wie ein Einzelner aus der Autorenschaft sich hinstellt und eine Grundsatzklage für die gesamte Autorenschaft führt, ist es aber im Endeffekt die komplette Autorenschaft.
Die komplette Autorenschaft hätte ja Widerspruch einlegen können ;)
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: Silvia am 21. April 2016, 21:50:59
Das Literaturcafe hat auch was dazu geschrieben - mit 3 möglichen Wegen, wie es jetzt weitergehen könnte für die Verlage:
http://www.literaturcafe.de/schock-vg-wort-beteiligung-der-verlage-ist-ungesetzlich-3-wege-aus-dem-desaster/

Interessant fand ich auch, dass dieses "Damoklesschwert", wie es hier und da heißt, schon seit ein paar Jahren über den Köpfen der Verlage "geschwebt" hätte ...("Die Ausschüttungen seit 2012 standen bereits unter Rückzahlungsvorbehalt.") in Bezug auf das Thema "Rücklagen bilden für den Fall, das Urteil kommt so, wie es heute gekommen ist" ...  Ganz so aus heiterem Himmel fällt es nun also nicht nieder.

Und hier findet sich noch einiges zu Hintergründen der ganzen Klagegeschichte: http://www.buchmarkt.de/content/65813-rainer-dresen-zum-vg-wort-urteil-der-pyrrhussieg-des-dr-vogel-gedanken-zur-vg-wort-entscheidung-des-bundesgerichtshofs.htm
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: Tintenteufel am 21. April 2016, 22:13:10
Ich möchte mich als unverlegter Hobbyschreiber nicht zu dem Nitty-Gritty äußern.
Allerdings habe ich noch ein paar Verständnisfragen, die mir jetzt auch Wikipedia nicht erklären konnte und auch die Artikel nicht.

Was die Rückzahlung angeht, möchte ich nur eine Sache zu bedenken geben: Ich lese auf Wikipedia gerade, dass die Einnahmen der VG Wort sich im Jahr 2009 vervierfacht (!) hätten, weil auch auf Scanner usw. Abgaben erhoben wurden. Natürlich ist das ungleich verteilt unter den Verlagen, aber ich zweifle doch dran, dass die Verluste oder Rückzahlungen jetzt die paar hundert Millionen Euro allein dieses einen Jahres übersteigen werden.
Laut Wiki - die Jungs da sind echt schnell - und Spiegel hat die VG Wort selbst auch Rücklagen für so einen Fall gebildet. :)

Edit: Da seh ich grade, dass es im Literaturcafe erklärt wird.  :versteck:

Sorry but you are not allowed to view spoiler contents.
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: Alia am 22. April 2016, 09:50:28
Gestern hat der BGH ein Urteil gegen die VG Wort und die Verlage gesprochen:

Die Ausschüttung von pauschal 50% der Verwertungseinnahmen an die Verlage ist nicht rechtmäßig.

Die Ausschüttung darf von einer Verwertungsgesellschaft ausschließlich an die Inhaber der Rechte und Ansprüche erfolgen.

Hier gibt es die Presseerklärung: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&nr=74426&linked=pm

Das Urteil ist bislang noch nicht online.


Das Urteil verdoppelt also eben mal die VG Wort Ausschüttung der Autoren. Ich schätze, dass es sich hier auch lohnen könnte, die noch nicht verjährten Ansprüche zurück liegender Ausschüttungen von der VG Wort zu verlangen.  ;D
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: Lothen am 22. April 2016, 10:12:46
 :psssst: Dazu haben wir schon einen Thread, Alia:

http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,13612.msg861646.html#new

;)
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: Lothen am 22. April 2016, 10:23:11
@treogen : Ich kann deinen Frust voll und ganz verstehen und auch die Sorge, die das Urteil jetzt mit sich bringt.

Das große Problem ist, denke ich, dass dabei zwei in meinen Augen völlig unterschiedliche Dinge über einen Kamm geschoren wurden, nämlich die Tantiemen-Verwaltung in der wissenschaftlichen und die in der belletristischen Literatur.

Der Kläger war schließlich wissenschaftlicher Autor, und da liegen die Dinge meines Erachtens noch einmal ganz anders. Da haben die Verlage in der Regel kaum Einfluss auf das fertige Werk (das Lektorat machen freie Reviewer, es gibt maximal noch ein Korrektorat). Da erscheint es mir tatsächlich ungerechtfertigt, 50 % der Tantiemen einzubehalten (zumal es in der Wissenschaft ja i.d.R. gar keine festen Honorare gibt, d.h. die VG-Wort-Ausschüttungen sind alles, was man als Autor für seine Arbeit bekommt).

In der Belletristik mag das tatsächlich anders gelagert sein, wobei natürlich die Frage ist, wen die VG-Wort konkret unterstützt: den Urheber (und das ist und bleibt der Autor) oder alle, die an der Entstehung eines Werks aktiv beteiligt sind. Die Autoren verdienen sich ja auch selten eine goldene Nase an ihren Büchern, wie die meisten hier aus eigener Erfahrung berichten können ...
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: FeeamPC am 22. April 2016, 10:51:12
Eine goldene Nase verdienen sich bei Kleinverlagen weder die Autoren noch die Verleger.

Was die VG Wort angeht, mit denen habe ich nie zu tun gehabt, weil mir für die wenigen Kröten, die ich zu kriegen gehabt hätte, mir der Aufwand nie lohnend erschien. Im Nachhinein gut, so kriege ich jetzt keine Rückforderungen.
Auf der anderen Seite war das damit meinen Autoren selbst überlassen, sich bei der VG Wort anzumelden oder nicht, wenn sie denn Geld sehen wollten. Bei den Verlagen die über VG Wort gemeldet waren, haben das die Verlage in nicht unerheblichem Ausmaß für ihre Autoren mit erledigt.

Aber: Wenn es prinzipiell darum geht, wem Geld für Bücher überhaupt zusteht, und ich mir ansehe, wieviel Zeit und Geld ich in jedes Buch investiere, unabhängig davon, ob ich mir überhaupt Verkäufe davon verspreche oder ob ich es einfach aus persönlicher Wertschätzung des Textes oder Themas mit durchziehe, dann denke ich, dass auch ein Verlag seinen Anteil an dieser Abgabe verdient hat. Über die Höhe dieses Anteils kann man streiten, da ist er, aus meiner Sicht (auch wenn ich ihn bislang nicht genutzt habe, aber hier geht es erst einmal ums Prinzip.)
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: Fianna am 22. April 2016, 11:39:31
Zitat von: Alia am 22. April 2016, 09:50:28Das Urteil verdoppelt also eben mal die VG Wort Ausschüttung der Autoren. Ich schätze, dass es sich hier auch lohnen könnte, die noch nicht verjährten Ansprüche zurück liegender Ausschüttungen von der VG Wort zu verlangen.  ;D
Außerdem bekommt man die nicht von der VG Wort, sondern stellt die Ansprüche gegenüber seinem Verlag.
Um die entsprechenden Konsequenzen für die Kleinverlagsszene hat sich unter dem von Lothen angegebenen Link schon eine Diskussion entsponnen.
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: Churke am 22. April 2016, 12:51:42
Zitat von: Silvia am 21. April 2016, 21:50:59
Und hier findet sich noch einiges zu Hintergründen der ganzen Klagegeschichte: http://www.buchmarkt.de/content/65813-rainer-dresen-zum-vg-wort-urteil-der-pyrrhussieg-des-dr-vogel-gedanken-zur-vg-wort-entscheidung-des-bundesgerichtshofs.htm

Wenn ich das richtig deute, ist der Kläger etwas querulatorisch veranlagt und ärgerte sich darüber, wie man ihn und seine begründeten rechtlichen Einwände arrogant beiseite schob.
VG Wort und Verlage saßen auf dem hohen Ross und haben die Sache verbummelt. Jetzt muss halt doch noch der Gesetzgeber ran.
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: Pygmalion am 22. April 2016, 13:40:37
Also ich glaube, dass Lothens Punkt ein sehr wichtiger ist, den hier die meisten gar nicht bedenken. Klar verstehe ich die Aufregung vieler Verlage, aber gerade die Wissenschaftsverlage lassen sich horrende Summen als Druckkostenzuschüsse bezahlen. Ich rede hier im Folgenden nicht über normale Belletristische Verlage, die ja sowieso nur 30% der Einnahmen bekommen und nicht 50%.
In der Wissenschaft, jedenfalls in der Geisteswissenschaft, ist es absolut normal, dass der Autor dem Verlag Geld gibt. Und in der Regel macht er dann noch Lektorat und Satz selbst. Wenn der Verlag das macht, wird es wieder teurer. Der Verlag überimmt häufig also nur folgende Aufgaben: Drucklegung, Verteilung an andere Universitäten und Ablieferung der Pflichtexemplare, Isbn und so etwas. Mit der Entstehung des Buches selbst haben die sehr häufig gar nichts zu tun. Mit welcher Begründung sollen die pauschal die Hälfte der Ausschüttung bekommen, da ich die ja bereits für ihre Dienstleistung bezahlt habe? Ein Beispiel: Wir geben bald einen Band zu einer Tagung heraus, der etwa 300 Seiten haben wird, dazu kommen ein paar (Farb)abbildungen. Das rennomierteste Fachmagazin würde dafür so etwa 3000-5000 Euro nehmen, wir haben jetzt ein Angebot für etwas über 2000 €. Und das ist nicht unüblich. Auch für Doktorarbeiten lassen sich die Verlage Geld geben. Den Großteil davon gibt es für die Autoren zwar von der Vg-Wort zurück, aber wieso sollte der Verlag davon etwas abbekommen, er wurde bereits bezahlt. Und wenn man, wie das ja heute durchaus möglich ist, die Dissertation im Selbstverlag heraus bringt, gibt es weniger, ich hörte von der Hälfte. Obwohl man eigentlich das doppelte kriegen sollte, denn es gibt keinen Verlag, der damit etwas zu tun hat.
Ich habe auch ne Weile für eine Redaktion als HiWi gearbeitet, die eine sehr schöne Reihe herausbringt, zusammmen mit einem Verlag. Wir haben sämtliche Arbeit gemacht, der Verlag stand letztlich nur drauf. Nun weiß ich nicht, inwiefern sich da überhaupt über  VG-Wort unterhalten wurde, aber ich denke, auch hier hat der Verlag seinen Anteil bekommen und die eigentlichen "Macher", nichts.
Darüber hinaus, was ist mit den Selberverlegern? Deren Anteil darf überhaupt nicht zur Hälfte, auch nicht zu 30%, an die Verlage gehen. Gleiches gilt für Leute, die fürs Radio schreiben oder für das Fernsehen, die haben gar keine Verlage, oder Komponisten, die z.b. nur Manuskripte gemeldet haben. Trotzdem wird deren Anteil an Verlage ausgeschüttet.
Ich denke also, es bedarf einer Neuregelung, dass belletristische Verlage auch etwas von diesem Kuchen abkriegen, da sie eben auch am Gesamtwerk mitgearbeitet haben, da folge ich treogen. Das muss aber gerecht geschehen und nicht so pauschal wie heute.
Wieder mal wird der Untergang des Buches beschworen, aber das glaube ich ehrlich nicht. Jeder Verlag hatte genug Zeit, sich darauf vorzubereiten und sich schon mal Gedanken zu machen, wie es ohne diese Einnahmen weiter geht und entsprechende Rücklagen zu bilden.  Das Urteil fällt nicht aus dem Himmel, die Vg-Wort hat schon in den ersten Instanzen verloren, spätestens da hätten die Verlage reagieren können. Oder auch die Vg-Wort selbst, indem sie ihre Regelungen überdenkt und schon mal guckt, wie das gerechter zu regeln ist. Aber das hat sie eben einfach nicht getan.
Möglicherweise gehen jetzt ein paar wenige Verlage tatsächlich pleite, aber dafür werden andere an ihre Stelle rücken. Veränderungen haben schon immer dazu geführt, dass alle rumschreien, am Ende aber nicht besonders viele Dinge passieren. Ein belletristischer Verlag, dessen Überleben und Geschäftsmodel überwiegend auf den Vg-Wort Einnahmen beruhte, hat meiner Meinung nach jetzt auch in den letzten drei Jahren genug Zeit gehabt, dieses Modell zu überdenken und sich neu auszurichten.
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: treogen am 22. April 2016, 17:38:50
Zitat von: Lothen am 22. April 2016, 10:23:11
Das große Problem ist, denke ich, dass dabei zwei in meinen Augen völlig unterschiedliche Dinge über einen Kamm geschoren wurden, nämlich die Tantiemen-Verwaltung in der wissenschaftlichen und die in der belletristischen Literatur.

Was übrigens in letzter Zeit recht häufig geschieht.
Auch die 5-Jahre-Urheberrechtsdiskussion, die einem belletristischen (kleinen) Verlag - wenn sie denn so durchgekommen wäre - definitiv das Genick gebrochen hätte, wurde ursprünglich aus der Journalistenecke losgetreten.
Das Problem ist, dass wir EIN UrhG haben und dies über alle drübergestülpt wird. Über wirklich alle.

Zitat von: Churke am 22. April 2016, 12:51:42VG Wort und Verlage saßen auf dem hohen Ross und haben die Sache verbummelt. Jetzt muss halt doch noch der Gesetzgeber ran.

Ganz klar - die Verlage hätten durchaus etwas bewirken können. Sich beispielsweise ans Leistungsrecht dranhängen können. Hätte zwar einen Riesenaufschrei gegeben, wäre aber wohl durchgegangen.

Zitat von: Pygmalion am 22. April 2016, 13:40:37
Ich denke also, es bedarf einer Neuregelung, dass belletristische Verlage auch etwas von diesem Kuchen abkriegen, da sie eben auch am Gesamtwerk mitgearbeitet haben, da folge ich treogen. Das muss aber gerecht geschehen und nicht so pauschal wie heute.

Da stimme ich dir absolut zu, wobei ich denke, dass 30/70 trotz alledem schon gerecht ist.

Zitat von: Pygmalion am 22. April 2016, 13:40:37Wieder mal wird der Untergang des Buches beschworen, aber das glaube ich ehrlich nicht.

Ja, das ist natürlich Quatsch. Allerdings beschwöre ich auch nicht den Untergang des Buches. Aber ich gehe davon aus, dass dieses Urteil voll und ganz auf die Autoren durchschlagen wird - und das nicht ausschließlich in positiver Weise.

Zitat von: Pygmalion am 22. April 2016, 13:40:37Jeder Verlag hatte genug Zeit, sich darauf vorzubereiten und sich schon mal Gedanken zu machen, wie es ohne diese Einnahmen weiter geht und entsprechende Rücklagen zu bilden. 

Ok, an der Stelle muss ich allerdings aufs Entschiedenste protestieren.
Ich weiß, wie es mir geht.
Ich weiß, wie es vielen Kleinverlagen geht.
Und die meisten haben eben keine großen Möglichkeiten zum Bilden von Rücklagen. Rechnungen müssen gezahlt werden - sonst gehts irgendwann mal ins Inkasso. Und den Gläubiger interessiert es nicht, ob es eine Rücklage ist, die nicht angetastet werden darf, weil sie vielleicht zurückzuzahlen ist.
Man darf nicht vergessen, dass der Verlegerteil nicht erst seit 3 Jahren gezahlt wird, sondern so lange es die VG Wort gibt. Wir reden hier von über einem halben Jahrhundert gängiger Praxis - und in jedem anderen Bereich würde es heißen: "Bestandsschutz". Die Planung vieler Verlage basiert darauf, dass sie bei der Ausschüttung bedacht sind. Denn das Verlagsgeschäft ist eines, welches auf langfristige Planung ausgelegt ist.
Ein mir befreundeter Kleinverleger meinte letztens zu mir: "Unsere Kalkulation ist darauf ausgelegt, dass wir jedes Jahr 2500 Euro Verlagsausschüttung erhalten. Seitdem wir wissen, dass wir das Geld zurückzahlen müssen, haben wir auf Experimente verzichtet."
Wenn man sich jedoch überlegt, was das wirklich heißt. Es heißt: Die letzten 3 Jahre hat dieser Verlag auf Debütautoren komplett verzichtet und nur noch auf Stammautoren gebaut. Genau dieses Konzept hat ihn das Geld reingefahren, was er braucht, um OHNE die Ausschüttung zu überlegen.
Wenn das der Preis dafür ist, dass die Autoren ihr Recht bekommen ... Nunja, das ist nicht der Untergang des Buches. Aber die Frage ist, ob das nicht zu teuer erkauft ist.

Zitat von: Pygmalion am 22. April 2016, 13:40:37spätestens da hätten die Verlage reagieren können.
Wie schon weiter oben gesagt ...
Es beißt nicht die Großen - für die ist das Peanuts.
Es beißt nicht die ganz Kleinen - die sehen eh nichts von.
Es beißt die dazwischen. Die, die bislang geradeso überlebt haben und eben nicht die (finanziellen) Möglichkeit hatten, zu reagieren.
Und oftmals auch nicht die Möglichkeit, auf rechtlicher Seite einzugreifen (dummerweise hat man Eingriffsmöglichkeiten in der Richtung nur, wenn man Mitglied des Börsenvereins ist - und wer von den Kleinen ist das schon. Kein Wunder bei den Beiträgen, da merkt man, dass dieser Verein Kleinverlage regelrecht raushaben möchte).

Zitat von: Pygmalion am 22. April 2016, 13:40:37Oder auch die Vg-Wort selbst, indem sie ihre Regelungen überdenkt und schon mal guckt, wie das gerechter zu regeln ist. Aber das hat sie eben einfach nicht getan.

Stimme ich dir absolut zu.

Im Endeffekt können wir jetzt eh nur noch abwarten, wie es weitergeht.
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: Kerstin am 23. April 2016, 06:41:25
@treogen: Was mich an deiner Antwort etwas wundert, ist die Bedeutung, die du der VG-Wort-Ausschüttung beimisst. Bekommt ihr Verlage so viel mehr? Oder die kleineren Verlage im Verhältnis zu den Großen? (Ich habe mich mit den Ausschüttungsregeln noch nie befasst).
Ich weiß nur, dass ich bei Großverlagen bin, im fünfstelligen Bereich verkauft habe, bei der VG-Wort-Ausschüttung aber immer einen dreistelligen Betrag mit einer 1 am Anfang erhalte (und das auch erst seit kurzem), die ersten Jahre, war es zweistellig.

Ich gehe also mal davon aus, dass ihr pro Buch und Autor auch nur zweistellig erhaltet (mein restlicher Beitrag geht von dieser Annahme aus - sollte ich einfach nur besonders wenig erhalten, korrigiere mich bitte) und dieser Betrag ist dann doch nicht ganz so dramatisch?
Dass es sich summieren kann, verstehe ich. Ich verstehe auch, dass eine Rückzahlung katastrophal sein kann (und ich hoffe, dass es nicht soweit kommt), aber ansonsten empfinde ich die Kalkulation eines mittleren Verlags (wie du sagtest, die Kleinen interessiert es eh nicht), schon als sehr knapp, wenn sie keine Debüts mehr rausbringen wegen einem zweistelligen Betrag, den ihnen dann bei diesem Autor fehlen werden.

Dasselbe gilt auch für dieses, "die Autoren werden es zu spüren bekommen".
Die Summe ist so winzig, die man (meiner Erfahrung nach) als Autor erhält, dass wohl kein Autor darauf angewiesen sein dürfte (nicht, dass die Ausschüttung nicht nett wäre, ich freue mich auch immer).
Also selbst wenn die Summe runtergehen sollte, weil uns nun die Unterstützung der Verlage fehlt, sollten das nur sehr wenige Autoren nennenswert spüren. Ärgerlich wäre es trotzdem, weil es genau die behalten werden, die es am wenigsten brauchen und "verdienen".

Ebenso mit den Vertragsbedingungen. Wenn ein Großverlag sich hinstellen würde und mir (wegen einem zweistelligen Betrag pro Buch) nun ein Prozent weniger anbieten würde, würde ich ihn wirklich auslachen.
Bei den mittleren mag es ja sein, aber das kann ja auch nur so kalkuliert sein, dass es diesen zweistelligen Betrag pro Buch auffängt und das dürfte dann wohl wieder für den einzelnen Autor in den weniger relevanten Bereich fallen.

Aber wie gesagt, ich verstehe, dass sich die Ausschüttung summieren kann (gerade auch bei Autoren mit sehr vielen Büchern und eben Verlagen) und finde das Urteil durchaus auch problematisch.

Nachtrag: Mir ist bewusst, dass die Ausschüttung nicht in Zusammenhang mit den Verkaufszahlen steht. Ich gehe allerdings davon aus, dass da eine gewisse Relation bestehht.
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: FeeamPC am 23. April 2016, 09:22:19
Dazu habe ich nur eine kleine Anmerkung:
Klar, bei Kleinverlagen geht es nicht um Riesen-Summen. Aber da kann bereits ein zweistelliger Betrag, der nicht vorhanden ist, ausreichen, damit ein anderes Buch nicht gedruckt werden kann.
Das meinte Treogen vermutlich mit: "Die Autoren werden es zu spüren bekommen".
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: Kerstin am 23. April 2016, 15:18:49
Bisher war aber die Aussage, dass die VG-Wort-Ausschüttung bei Kleinverlagen ohnehin zu gering ist, um von Bedeutung zu sein.
Dass auch bei mittleren Verlagen ein zweistelliger Betrag problematisch sein soll, wundert mich (bin aber wirklich nur neugierig - bitte nicht falsch verstehen).
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: Golden am 23. April 2016, 16:48:21
Ließen sich nicht neue Verträge schlicht mit einer Klausel verfassen, die eine 50-50-Aufteilung festhält? :hmmm: Das Problem der Rückzahlung besteht natürlich weiterhin, aber so könnte doch wieder alte Plaungssicherheit hergestllt werden (außer jemand stellt dann fest, dass diese Klauseln wieso und wie auch immer rechtswidrig sind).
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: Kerstin am 23. April 2016, 16:56:29
@Golden: Das dürfte zu aufwändig sein. Bisher wird das ja automatisch von der VG-Wort erledigt. Bei individuellen Regelungen müsste nun der Verlag von dem Autor das Geld einfordern. Dazu müsste er aber erstmal wissen, wie viel der Autor erhalten hat (für das Buch, das bei ihm erschienen ist) und dann dafür sorgen, dass der Autor auch zahlt.
Umgekehrt müsste die VG-Wort dem Autor detaillierte Aufstellungen zukommen lassen, wie sich der Gesamtbetrag zusammensetzt und dann muss dieser pro individuellen Vertrag die Summe ausrechnen, die jeder Verlag erhält. Das ganze darf man dann auch wieder transparent für das Finanzamt machen, da diese Beträge ja auch steuerpflichtig sind.
Mir persönlich wäre das zu viel Aufwand, um mich auf so eine Klausel einzulassen.
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: FeeamPC am 23. April 2016, 17:05:30
Kleinverlag und Kleinverlag ist ein ziemlicher Unterschied. Ich bin Kleinstverlag, also ein kleiner Kleinverlag, und damit wohl kaum betroffen. Die Summen, die ich eventuell bekommen hätte, wären eh vernachlässigbar gewesen. Etwas größere Kleinverlage könnten da aber schon an ihre Grenzen stoßen, auch deshalb, weil die mehr Fixkosten haben und nicht so leicht auf andere Arbeitsabläufe ausweichen oder Bücher schieben können, insbesondere dann, wenn außer dem Verlagsinhaber noch weitere fest angestellte Mitarbeiter vorhanden sind.
Es hängt sehr von der Zusammensetzung des Verlages und von dem Umfang seiner Produktion sowie von dem vorhandenen oder eben nicht vorhandenen Eigenkapital ab, ob dieses Gerichtsurteil sich jetzt für den Verlag bemerkbar macht oder nicht. Aber wenn es sich bemerkbar macht, dann mit Sicherheit verdammt deutlich in Form mangelnder Liquidität.
Und bei mangelnder Liquidität drehen heutzutage die Banken schnell den Geldhahn zu, und das Finanzamt setzt dann noch einen obendrauf (war wohl doch nur Liebhaberei, da holen wir uns die ganzen geltend gemachten Mehrwertsteuern mal schnell wieder zurück). Dann ist der (ehemalige) Verlag doppelt gekniffen.
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: Tigermöhre am 23. April 2016, 17:18:09
Zur Vertragsklausel, könnte das dann nicht auch der Verlag machen?
Im Verlag steht, dass das Geld zum Verlag gehen soll, und der leitet dann den Autorenanteil zusammen mit den Tantiemen weiter?

Bei golem.de (http://www.golem.de/news/bgh-urteil-vg-wort-darf-einnahmen-nicht-mehr-an-verlage-ausschuetten-1604-120469.html) steht übrigens, dass die Verlage doch noch was bekommen, wenn die Autoren keinen 100%igen Wahrnehmungsvertrag bei der VG-Wort haben. Weiß da jemand etwas genaueres?
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: Silvia am 23. April 2016, 18:29:09
Mich würde mal interessieren, wie man mit der VG-Wort-Summe für Verlage eigentlich überhaupt sicher planen kann? Die wird doch nach Ausleihen in Bibliotheken und Kopien etc. ausgeschüttet - wie soll man denn voraussagen, wie oft das im folgenden Jahr passiert? Das klingt doch nach einer eher unsicheren Einnahmequelle, zumindest nach der Höhe. Oder? (Ich habe aber auch noch nie eine Abrechnung gesehen, daher - keine Ahnung ^^)

Auch bin ich - zumindest was Belletristik angeht - in mehreren Bibliotheken nur höchst selten auf Ausgaben aus Klein- oder Kleinstverlagen gestoßen. Dort wird doch auch viel von dem gekauft (und natürlich ausgeliehen), was Richtung Bestseller geht. Es fällt mir doch schwer, mir die Riesensummen vorzustellen, die - zumindest den kleineren Verlagen - da jetzt entgehen.
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: Maria am 24. April 2016, 16:18:28
Die Schwierigkeit bei der fairen Verteilung im belletristischen Bereich dürfte beim Wort "fair" liegen.  Nicht jedes Manuskript macht gleich viel Arbeit. So sind bei mir auch für jedes Bilderbuch gleich viel an den Verlag übergeben worden wie bei meinen Fantasybüchern mit vielen Seiten Text und bei den Bilderbuchtexten musste kein Korrektorat ran und auch kein Lektor. Die Illustratorin bekommt den Löwenanteil an den Tantjemen, somit ist sie kein Fixkostenpunkt wie ein reiner Coverkünstler sondern Mit-Urheber.
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: FeeamPC am 24. April 2016, 18:13:31
Fair absolut und objektiv gibt es nicht. Allenfalls eine Regelung, die von beiden Seiten subjektiv für ein bestimmtes Buch als fair oder zumindest annähernd fair empfunden wird.
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: Zit am 24. April 2016, 21:11:48
Naja, faire Verträge für beide Seiten sind ab einer bestimmten Verlagsgröße und gerade bei fehlendem Autoren-Agenten irgendwann imho nicht mehr gegeben.
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: treogen am 25. April 2016, 08:11:45
Zitat von: Kerstin am 23. April 2016, 06:41:25Bekommt ihr Verlage so viel mehr? Oder die kleineren Verlage im Verhältnis zu den Großen? (Ich habe mich mit den Ausschüttungsregeln noch nie befasst).

Nein, die kleinen Verlage bekommen nicht so viel mehr. Sie bekommen 30% - die Autoren 70%.
Aber ... jetzt kommt es.
Ein Kleinverlag ist meiner und @FeeamPC.
Ein Kleinverlag ist auch Feder und Schwert, ist auch Abacus, ist auch periplaneta - mit mehreren Festangestellten.
Kurz - ein Kleinverlag ist alles was zwischen 0 und 2 Mio Umsatz ist.
Und scheiße ja - für einen Verlag mit 500.000 Euro Umsatz im Jahr (und vielleicht 25.000 Euro Gewinn) sind die 4000 Euro Ausschüttung über alle Bücher existenziell. Da geht es ja um Verlage, die teilweise 200, 300, 500 Bücher auf dem Markt haben - und nicht nur 10.
Und wenn du jetzt noch davon ausgehst, dass du die letzten Jahre zurückzahlen sollst, dann kneift das schon.

Zitat von: Kerstin am 23. April 2016, 06:41:25Ich verstehe auch, dass eine Rückzahlung katastrophal sein kann (und ich hoffe, dass es nicht soweit kommt), aber ansonsten empfinde ich die Kalkulation eines mittleren Verlags (wie du sagtest, die Kleinen interessiert es eh nicht), schon als sehr knapp, wenn sie keine Debüts mehr rausbringen wegen einem zweistelligen Betrag, den ihnen dann bei diesem Autor fehlen werden.

Es fehlen ja nicht die 30 Euro für den Debütautor. Es fehlt die Gesamtheit der Ausschüttung. Die kompletten 4000 Euro.
Ein Debütautor kostet einen großen Verlag einen Mittelklasse-Jahreswagen.
Für einen Kleinverlag ist der Betrag zwar geringer, aber trotzdem einschneidend. Während ich für einen Stammautor eigentlich fast gar nichts investieren muss, weil es ein "Selbstläufer" ist, muss ich in meinen Kleinverlag schon 1 Tausender für einen Debütanten mehr einkalkulieren. Und in etwas größeren Kleinverlagen ist es auch ein wenig mehr, weil die auch mit etwas höheren Auflagen rangehen.

Zitat von: Kerstin am 23. April 2016, 06:41:25Die Summe ist so winzig, die man (meiner Erfahrung nach) als Autor erhält, dass wohl kein Autor darauf angewiesen sein dürfte (nicht, dass die Ausschüttung nicht nett wäre, ich freue mich auch immer).

Das ist aber genau das Problem. Ab einer gewissen Größe eines Verlages summiert es sich. Und man kann nicht exakt so rechnen, dass alles, was für Buch A ausgegeben wurde, von Buch A - und nur von Buch A - wieder reingeholt werden muss.
Das ist die Mischkalkulation. Man hat Bestseller, Langsamdreher und Flops.
Und wenn man mindestens 1 Bestseller und 6-8 Langsamdreher hat, kann man damit auch einen Flop (sprich: einen Debütanten) auffangen.
Wenn man die nicht hat, dann sieht es übel aus. Und in eben diese Rechnung zählt halt auch diese Ausschüttung. Die kommt obendrauf - um das abzupuffern, was nicht gut gelaufen ist und um das zu finanzieren, was man als Lektor/Verleger für finanzierenswert hält, wo man sich aber keine großen Hoffnungen auf Gewinn macht (sprich: mindestens 90% der Debütromane).
Fällt das jetzt weg, ändert sich das Verhältnis. Wie genau, kann ich dir nicht sagen. Vielleicht brauchts neben den Langsamdrehern 2 oder 3 Bestseller. Vielleicht auch 4. Was am Ende nichts anderes heißt, wie: Größere Kleinverleger werden weniger für Risiken bereit sein.

Zitat von: Kerstin am 23. April 2016, 06:41:25Ebenso mit den Vertragsbedingungen. Wenn ein Großverlag sich hinstellen würde und mir (wegen einem zweistelligen Betrag pro Buch) nun ein Prozent weniger anbieten würde, würde ich ihn wirklich auslachen.

Nun, auch da zählt wieder: Mischkalkulation.
Auch die Großen haben ihre Debüts immer über die Bestseller finanziert. Und über die Ausschüttungen, die natürlich gerade bei den bekannten und damit häufig ausgeliehenen Autoren richtig hoch sind. Und so, wie dein Debüt höchstwahrscheinlich mit Gewinnen eines Bestsellers finanziert wurde, wirst du die Verluste durch die fehlenden Ausschüttungen der Bestseller mit abfangen müssen.
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: FeeamPC am 25. April 2016, 09:46:27
Ich glaube, die 70%, die Amazon bei den Ebooks der Self-Publisher ausschüttet, haben den Autoren ziemlich gründlich den Blick für reale Marktzahlen verstellt. Amazon hätschelt natürlich die Self-Publisher, um sie an sich zu binden und eine gewisse Monopol-Stellung zu bekommen.
Wenn ich Ebooks verkaufe, nimmt der Zwischenhandel inklusive Amazon mir mindestens 40%, teils sogar 60% ab, und natürlich will Vater Staat noch seine 19% MWSt. Dann können am Ende weder für den Autoren noch für mich große Zahlen herauskommen. Auf jeden Fall kommen für die Autoren weniger als die 30% herum, die Amazon im ungünstigsten Fall den Self-Publishern gibt.

Und bei gedruckten Büchern sind die 5%, die Autoren normalerweise angeboten werden, ziemlich halbe-halbe vom Gewinn.
Das gilt für Kleinverlage wie für Großverlage.
Genau deshalb reagieren derzeit die Verlage so gepiekt auf dieses Urteil.

Wie ich schon sagte, eine goldene Nase verdient sich keiner, weder die Autoren noch die Verleger (außer, man heißt George R.R.Martin) ...
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: treogen am 28. April 2016, 17:36:55
Die ersten Auswirkungen sind schon mehr als deutlich sichtbar.

ZitatDie Reaktion der Zeitungsverleger kam prompt: Die verbandseigene Akademie, die bislang etwa 20.000 Journalisten besucht hätten, müsse voraussichtlich noch vor der Sommerpause Liquidation anmelden. Das VG-Wort-Urteil gefährde also die Aus- und Weiterbildung von Journalisten. Ein harter Vorwurf. Und zumindest ein bisschen ist dran, denn: Die Ausschüttungen der VG Wort waren ausdrücklich zweckgebunden, eben für die journalistische Ausbildung. Allein: Das war eine freiwillige Vereinbarung.

Und an den Zitat sieht man eigentlich, dass man da einfach keine Rückstellungen bilden kann.
ZitatBei einigen kleinen Buchverlagen sollen die Ausschüttungen der VG Wort bis zu einem Drittel des Umsatzes ausgemacht haben.

Wenn man für ein Drittel des Umsatzes Umsatzsteuer zahlen muss und sie mit in die Unternehmenssteuer mit reinrechnen muss, dann muss man sie auch verwenden. Sonst ist man ja komplett arbeitsunfähig.

http://www.deutschlandfunk.de/vg-wort-urteil-autoren-brauchen-geld-nicht-mit-verlagen.761.de.html?dram:article_id=352222 (http://www.deutschlandfunk.de/vg-wort-urteil-autoren-brauchen-geld-nicht-mit-verlagen.761.de.html?dram:article_id=352222)

@Edit: Macht vielleicht Sinn, beide Threads zu vereinen?
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: Grummel am 28. April 2016, 18:44:24
Zitat von: Alia am 22. April 2016, 09:50:28
Ich schätze, dass es sich hier auch lohnen könnte, die noch nicht verjährten Ansprüche zurück liegender Ausschüttungen von der VG Wort zu verlangen.  ;D

Mal unabhängig vom anderen Thread, wäre ich da sehr vorsichtig bei der Rückforderung an den VERLAG, denn das kann ganz doll nach hinten für den Einzelnen und auch für alle Autoren gehen.
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: Nycra am 29. April 2016, 09:20:49
Zitat von: treogen am 28. April 2016, 17:36:55
@Edit: Macht vielleicht Sinn, beide Threads zu vereinen?
:wache!:
Da ich das genauso sehe, hab ich es einfach mal gemacht.
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: pink_paulchen am 06. Juni 2016, 13:27:14
500.000 Euro später sagt der Vorstand auf der JHV: "Blöd gelaufen." Plan gibt es noch nicht ...
http://uebermedien.de/5459/vg-wort-vorstand-entschuldigt-sich-fuer-bloede-gesamtsituation/
Titel: Re: BGH: VG Wort darf nicht pauschal 50% an Verlage ausschütten
Beitrag von: Zit am 06. Juni 2016, 18:54:15
Mir wird so schlecht, wenn ich das lese. (Nicht das Urteil, das gefällt mir. Aber wie die VG Wort damit umgeht. Bhä.)