Weil ich gerade echt am Grübeln und Zweifeln bin, wende ich mich einfach mal an euch ...
Da ich demnächst quasi als "Verleger" agieren werde (Create Space und Kindle), hab ich mich gerade mal so ein bisschen bei den Kindle E-books umgesehen - was ist gefragt, wie sind die Preise, welche Kindle-Selfpublisher haben es geschafft, wieviele Bücher haben die so vorzuweisen, etc..
Im Großen und Ganzen gibt es da wohl drei Gruppen:
Die Profis, deren Werken man schon an Cover und Leseprobe ansieht, dass sie keine Kosten gescheut und Lektorat, sowie Coverdesign meist ausgelagert haben.
Die Semi-Begabten, die gute Ideen haben/hatten, aber (oftmals eindeutig wegen des Stils) von allen Verlagen abgelehnt wurden.
Die Möchtegern-Autoren, die weder gute Ideen, noch einen guten Stil haben und einfach schon immer mal ein Buch schreiben wollten.
Dass die Bücher der Profis ankommen und sich verkaufen, kann ich verstehen. Die sind teilweise wirklich super gemacht und in einem flüssigen Stil geschrieben, dass man fast (!) denken könnte, sie kämen aus einem Verlag. Die Möchtegerns sind für meine Frage wohl eher nicht relevant, da der Erfolg hier (verdienterweise) ausbleibt. Aber was ist mit den Semi-Begabten? Was bringt deren Leser dazu, ohne zu zögern, über diesen und jenen Grammatik- und Satzzeichenfehler hinwegzusehen?
Und wie ist es bei euch? Könnt ihr über sowas hinwegsehen, wenn euch die Geschichte fesselt? Kann einem solch eine Geschichte überhaupt fesseln? Habt ihr schon solche E-Books gelesen?
Kann sich der lektoratsverwöhnte Durschnittsleser wirklich an sowas gewöhnen? Wird es vielleicht sogar irgendwann zu (einem) toleriertem Standard? ???
Wenn mich schon in der Leseprobe Rechtschreib- und Grammatikfehler anspringen würden, würde ich mir das entsprechende E-Book nicht kaufen. Aber ich bin eh eine sehr schwierige Leserin und finde auch so nur selten etwas, das mir gefällt, von daher tauge ich kaum als Beispiel für einen wie auch immer gearteten "Durchschnittsleser".
Mich würde aber zuerst mal interessieren, wie du die von dir aufgeführten "Semi-Begabten" genau definierst. Könntest du hier konkrete Beispiele nennen (Autoren, Buchtitel)? :)
Im Übrigen gibt es auch einige Verlagstitel, bei denen man sich berechtigt fragen kann, ob da je ein Lektor (bzw. Korrektor) reingeschaut hat...
Zitat von: Debbie am 26. Oktober 2013, 15:39:50
Und wie ist es bei euch? Könnt ihr über sowas hinwegsehen, wenn euch die Geschichte fesselt? Kann einem solch eine Geschichte überhaupt fesseln? Habt ihr schon solche E-Books gelesen?
Nein, eher nicht. Ich bin zwar anders als Isabel ein schnell begeisterungsfähiger Leser, d. h. mir gefällt so gut wie jedes Buch, das ich lese (nur das sich da eben unterscheide zwischen "gigantisch" "gefällt mir sehr gut", "gefällt mir gut" und "gefällt mir"), aber auffallend viele Fehler ...? :no:
Das einzige Buch, bei dem ich jemals über merkliche Fehler hinwegsehen konnte, war "Der Fremde" von Heike Korfhage (canis lupus nigier). Ich liebe die Geschichte und ihren Schreibstil, aber dennoch hatte ich an den Fehlern zu knabbern, die aufgrund des verschlimmbessernden Zuschussverlagslektorats darin zu finden sind. Obwohl sich das im Vergleich zu manchen Semi-Begabten noch in Grenzen hält und sie zumindest mit einem hervorragenden Stil punkten kann.
Ich habe jetzt schon ein paar wenige E-Books von Leute gelesen, die ich bei diesen Semi-Begabten einsortieren würde, und muss sagen: Nein. Da suche ich lieber auf einer Seite wie Fanfiction.de nach guten Prosa-Geschichten (die es dort tatsächlich gibt), weil die teilweise herausragend sein können, noch dazu kostenlos sind und ich dem Autor im schlimmsten Fall die Fehler leicht und direkt mitteilen könnte.
Mein Fazit: Trotz meiner Begeisterungsfähigkeit würde ich nur zu E-Books von Profis greifen, außer ein Semi-Begabter wurde mir von jemandem empfohlen, auf dessen Meinung ich vertraue.
@Isabel: Amanda Hocking wäre da ein sehr gutes Beispiel. Weniger bekannt, aber dafür deutsch: Die MondSilberLicht-Reihe von Marah Woolf. Weil Amazon sie als "Erfolgs-Autorin" vorgestellt hat, hab ich mal die ersten Seiten angelesen - bin aber nicht bis zum Ende gekommen, weil es mich in den Fingern kribbelt den Rotstift anzusetzen. Nicht wegen eindeutiger Grammatik- oder Rechtschreibfehler, sondern wegen Begrifflichkeiten und Syntax. Es sind also keine Fehler, die einem direkt anspringen, aber ich komm da einfach nicht durch ...
Trotzdem scheint es viele Menschen zu geben, die damit kein Problem haben. Und dann frage ich mich natürlich: Was sind das für Leute? Bin ich nur pingelig, weil ich mich selbst ständig mit Grammatik- und Stilfragen beschäftige oder nach den "richtigen" Begriffen suche?
Habe bisher einige der kostenlosen E-Books gelesen, die wohl in die Semi-Begabten bzw. Möchtegern-Autoren Ecke gehen. Und die gehen einfach gar nicht. Da passieren so viele Dinge, die ein Lektorat mit sicherheit behoben hätten...
Obwohl sie kostenlos sind, ist mir da meine Zeit fast zu schade für, sowas zu lesen. Was natürlich im Umkehrschluss sehr ärgerlich für diejenigen guten Semi-Autoren ist, die auch mal kostenlos/günstig anbieten. Die gehen da einfach unter.
Also ich finde deine Einteilung sehr zweifelhaft. Du schreibst es so, als würden nur ebooks sich gut verkaufen, bei denen der Autor das Lektorat und Cover ausgelagert und dafür viel Geld ausgegeben hat und in allen anderen fänden sich mehr oder weniger Fehler.
Ich sehe das ganz anders. Es gibt Autoren, die ein professionelles Cover und Lektorat vorweisen, teils gekauft, teils aber auch selbst gemacht, weil sie es offenbar können. Diese Bücher weisen keinen Unterschied zum Buch eines Verlages auf, außer dass kein Verlagsname draufsteht.
Dann gibt es Autoren, die kein Geld investieren wollen und das nurmal ausprobieren und vielleicht kein mega gutes Cover haben, und es finden sich mehr Fehler im Text als üblich (denn auch bei Verlagstexten findet man noch genug Fehler).
Was aber etwas ist, was ich nicht verstehe ist, wenn ebooks mit grauenhaftem Cover und zig Fehlern sich dennoch gut verkaufen. Denn das gibt es ja genug. Offenbar gibt es genug Leser, die überhaupt nicht interessiert, ob da Rechtschreibfehler drin sind, der Stil gut ist, oder die Story irgendeinen Sinn ergibt. Hauptsache der LI sieht gut aus oder so. ::)
Aber offenbar verstehen die Leute, die das Buch gekauft haben etwas anderes unter einem grauenhaften Cover als ich. Gut sind auch die Bücher, die ein gutes Cover haben, die verkaufen sich dann oft auch sehr gut, aber wo der Inhalt dagegen gar nicht stimmt. Ich glaube, es gibt eine Leserschaft, die einfach alles kritiklos liest und gut findet und dann gibt es Leser, die durch schlechte Qualität abgeschreckt werden und sagen, ich kaufe jetzt gar keine ebooks mehr von Selfpublishern.
Zitat von: Franziska am 26. Oktober 2013, 23:50:47
Was aber etwas ist, was ich nicht verstehe ist, wenn ebooks mit grauenhaftem Cover und zig Fehlern sich dennoch gut verkaufen.
Das frage ich mich auch - aber unabhängig davon, ob es sich um ein Buch eines Verlages oder eines Selfpublishers handelt. Deshalb denke ich, dass der Grund, warum es "trotzdem" funktioniert, eher ein grundsätzlicher ist und nicht daran liegt, dass z.B. das Cover von allen Menschen als gleich schrecklich wahrgenommen wird und das Buch eben nicht
trotz des schlechten Covers gekauft wird; denn für die Kaufende Person ist es womöglich gar kein schlechtes Cover.
Zitat von: Aphelion am 27. Oktober 2013, 11:40:19
Das frage ich mich auch - aber unabhängig davon, ob es sich um ein Buch eines Verlages oder eines Selfpublishers handelt. Deshalb denke ich, dass der Grund, warum es "trotzdem" funktioniert, eher ein grundsätzlicher ist und nicht daran liegt, dass z.B. das Cover von allen Menschen als gleich schrecklich wahrgenommen wird und das Buch eben nicht trotz des schlechten Covers gekauft wird; denn für die Kaufende Person ist es womöglich gar kein schlechtes Cover.
Ich denke ja, und so habe ich es aus Diskussionen mit anderen intensivst-ebook-Lesern bisher herausfiltern können, dass der Grund eine Mischung ist daraus, dass wegen all der schlechten Cover eh nicht angenommen wird, dass ein Cover gut ist und deswegen auch niemand aufs Cover achtet (außer, klar, es ist jetzt so ein mega gutes und innovatives), und/oder dass die Leute bei ebooks schlicht weniger nach Covern browsen und deswegen auch weniger danach kaufen. Wer geht denn in einen ebook-Shop und klickt auf Fantasy und geht dann nach den Covern durch? Hängt sicher auch mit dem ersten Grund zusammen, aber während man im Laden selbst nur nach Autorennamen und Cover unterscheiden kann, gibt es in den ebook-Shops, die ich kenne, mindestens immer noch schöne Unterkategorien, nach denen man sich genau das ebook raussuchen kann, was einem gefallen könnte. Ich könnte mir auch vorstellen, dass das dank der großen Online-Buchhändler auch für physiche Bücher und so Seiten wie Goodreads noch weiter zunimmt - bei ebooks fällt es nur mehr auf, weil sich die meisten die Mühe schon gar nicht machen.
(Eine andere These, die ich kenne, ist, dass ebook Cover so schlecht sind, um das Genre wiederzuspiegeln. Da MUSS dann halt die halbnackte Frau ohne Gesicht für den Erotik-Roman stehen, egal, wie schlecht das als Cover ist, weil es schon so oft verwendet wurde und man da schlicht nicht mehr innovativ sein kann. Aber es ist halt das Genre.)
Von daher würde ich schon zustimmen, dass zumindest bei Covern ebooks abstumpfen lassen.
@Debbie: Von Marah Woolf hatte ich auch mal eine Leseprobe angeschaut und sie aus denselben Gründen abgebrochen wie du. Ich weiß nicht mehr, ob es dieser Titel war, aber irgendwo stachen mir gleich in der Leseprobe erzählerische Kinderkrankheiten ins Auge: Rückblende direkt am Anfang, seitenlanger innerer Monolog, Telling statt Showing ... alles, was unsereins versucht hat, in den eigenen Texten tunlichst zu vermeiden, weil es immer als "böse" galt. Trotzdem war es ein Bestseller mit geradezu frenetischen Leserbewertungen.
ZitatFranziska: "Was aber etwas ist, was ich nicht verstehe ist, wenn ebooks mit grauenhaftem Cover und zig Fehlern sich dennoch gut verkaufen. Denn das gibt es ja genug. Offenbar gibt es genug Leser, die überhaupt nicht interessiert, ob da Rechtschreibfehler drin sind, der Stil gut ist, oder die Story irgendeinen Sinn ergibt."
Ja, offenbar gibt es eine große Leserschaft, die gerne mal über eventuelle Rechtschreib- und Grammatikfehler, vielleicht auch stilistische Mängel hinwegsieht und auf der Suche nach Literatur ist, die einfach ein bestimmtes Bedürfnis bedient. Zum Beispiel nach Romantik, nach Erotik, nach Spannung ... was auch immer. Solange dieses Bedürfnis bedient wird, ist alles andere nicht so wichtig.
Letztlich geht es nur um individuelle Geschmacksfragen, und wenn ein Autor mit seinem Buch bei den Leuten einen Nerv trifft, wird es gekauft - egal, ob mit Mängeln behaftet, egal, ob vom Verlag oder nicht.
Die Begriffe "Semi-Begabter" oder auch "Semi-Autor" finde ich übrigens problematisch. Wer legt fest, ob jemand nur "halb begabt" oder ein "halber Autor" ist? Selfpublisher ist mir da als Begriff doch viel lieber.
Das man E-books nicht nach dem Cover beurteilt, kann ich nachvollziehen, weil man (wenn man Ahnung hat) weiß, dass die oft selbsterstellt sind - wobei Franziska natürlich recht hat und man es teilweise wirklich kaum oder garnicht erkennen kann, dass das Cover selbstgemacht ist. Dass Cover unseren Sinn für Ästhetik abstumpfen lassen, ist auch nicht meine größte Sorge ...
Eher, dass v. a. jüngere Leser, die sich vielleicht in der nächsten oder übernächsten Generation nur noch von E-books "ernähren", das Gefühl für Sprache völlig verlieren. Das Gefühl für die richtige Syntax, Sprachmelodie, etc.. Werden dann die verlagsverlegten Bücher "von früher" nur noch Beispiel für einen antiquierten Stil sein (in den Augen der Schüler - zunächst)?
Und liegt der Siegeszug der semi-professionellen E-books wirklich hauptsächlich im Preis begründet? Oder ist dem Durchschnittsleser die Sprache wirklich einfach nicht so wichtig - und war es vielleicht noch nie?
Im Zuge dessen wird mir immer klarer, wie wichtig ein Qualitätskontrollsystem tatsächlich ist. Nicht nur für die selbstverlegten Bücher, sondern auch für freischaffende Lektoren, die aus allen möglichen Branchen kommen, weil der Begriff "Lektor" ja nicht an eine entsprechende Ausbildung gebunden ist ...
@Isabel: Mich hat tatsächlich v. a. die Sprachwahl und die Satzstellung "befremdet". Dass mit Schreib-Regeln gebrochen wird, sehe ich weniger als Problem, weil sie für mich ein wertvoller Leitfaden, aber nur der erste Schritt auf dem Weg zum eigenen Stil sind - bei dem dann, mal mehr, mal weniger, eine oder mehrere dieser "Regeln" gebrochen werden.
Und
Selfpublisher trifft eben auf alle zu - von Sehr Gut bis Ungenügend. Ich habe einfach nur (für mich) versucht, das ganze etwas einzuteilen. Aber es gibt, gerade sprachlich, schon objektive Bewertungskriterien. Denn mit der Sprache ist es (noch) nicht so, wie mit den Schreibregeln; in der Sprache gibt es
richtig und
falsch, und daher ist Sprache, zumindest teilweise, eben keine Interpretationssache.
@Franziska:
ZitatAlso ich finde deine Einteilung sehr zweifelhaft. Du schreibst es so, als würden nur ebooks sich gut verkaufen, bei denen der Autor das Lektorat und Cover ausgelagert und dafür viel Geld ausgegeben hat und in allen anderen fänden sich mehr oder weniger Fehler.
Ich sehe das ganz anders. Es gibt Autoren, die ein professionelles Cover und Lektorat vorweisen, teils gekauft, teils aber auch selbst gemacht, weil sie es offenbar können. Diese Bücher weisen keinen Unterschied zum Buch eines Verlages auf, außer dass kein Verlagsname draufsteht.
Deshalb hab ich ja geschrieben "Im Großen und Ganzen" - weil es sehr wohl die Ausnahmen gibt, die du beschreibst. Aber das sind eher einzelne, die ich eine Unterkategorie der Profis packen würde.
Ich räume den niedrigpreisigen E-Books denselben Lebenszweck ein wie Groschenromanen. Es gibt sie, die mit einem wunderbaren Stil und nicht offensichtlichem Plot daher kommen, aber das Gros ist trotzdem Massenfutter. Ebenso konsumier ich sie auch.
Und ich denke nicht, dass von den Selfpublishern einmal abgesehen, der "durchschnittliche", nicht-schreibende Leser sich groß anders verhält und E-Books einen höheren Stellenwert einräumt und hohe Qualitätsansprüche hat. Gerade weil es flüchtige, digitale Daten sind, sind E-Books prädestiniert zum Weglesen, denke ich.
(Wenn ich mir manche Texte bei meinem Brötchengeber anschaue, so geben sich die Leute natürlich Mühe, aber es ist selten, dass ich nicht doch mal den ein oder anderen Fehler entdecke. Letztens sogar in unserem gedruckten Veranstatlungskalender, oder im Produktkatalog... Ich nehme an, dass viele Leser vll. auch viele Fehler gar nicht wahrnehmen oder sich davon nicht allzu sehr stören lassen. Schließlich kostet's ja nur zwei Euro, da kann man nicht zu viel erwarten.)
Der zuletzt angesprochene Punkt ist meiner Meinung nach die Antwort. Die Leser sind oft einfach nicht mehr imstande, Fehler zu erkennen, und nehmen daher nicht wahr, wie viele Fehler tatsächlich in einem Text sind. Sie lesen einfach über die Fehler weg. Uns stören die nur, weil wir durch unsere eigene Arbeit einen höheren Qualitätsanspruch haben.
Das würde ich so unterschreiben. Seit ich mich etwas ernsthafter mit der Schreiberei befasse (also nicht nur für mich und meine 3 Betas schreibe) ist meine Emfpindsamkeit gegenüber solchen Sachen deutlich gestiegen.
Allerdings wird alles was ich auf dem Kindle lese bei mir geistig deutlich härter verrissen als ein normales Buch. Da bin ich irgendwie übermäßig kritisch.
Puh ... Wie erschreckend ist das denn bitte, wenn die Leute Rechtschreibfehler nicht einmal mehr mitkriegen? :P Da stimmt doch etwas nicht, mal ehrlich. Ich weiß, Sprache entwickelt sich, sie verändert sich, und es gab zu jeder Zeit Menschen die predigten, die Sprache würde untergehen, wenn man nicht aufpassen würde, usw usw ... Aber wenn nicht einmal mehr die geschriebene Sprache der aktuell gültigen Norm entspricht, dann muss man sich auch nicht wundern, wenn die Menschen es nicht mehr richtig lernen. Ich finde das bedenklich. Mal ganz abgesehen davon, dass Lesen einfach das Sprachgefühl schult. Wenn man nur noch Schund liest, einfach weil der billig und leicht zu konsumieren ist, dann ist das nicht gerade förderlich für die Entwicklung einer schönen Sprache. :-\
Zitat von: Aquamarin am 27. Oktober 2013, 19:48:59
Puh ... Wie erschreckend ist das denn bitte, wenn die Leute Rechtschreibfehler nicht einmal mehr mitkriegen? :P Da stimmt doch etwas nicht, mal ehrlich.
Das kann man auch auf jeden anderen Bereich übertragen. Ich bekomme es auch bei Musik oft mit. Da werden selbst grob schiefe Töne nicht als solche erkannt, "Dynamik" ist ein Fremdwort, es wird absolut nicht verstanden, warum "fehlende Akzente" ein Kritikpunkt und kein Lob sind ... ::)
Man muss fairerweise aber auch fragen: Woher sollen diese Personen dass denn auch wissen? Um auf Sprache zurück zu kommen: Deutschunterricht in der Schule vollbringt in den seltensten Fällen wirkliche Meisterleistungen (was noch nicht einmal nur den Lehrern zuzuschreiben ist). Wer hat in der Schule etwas davon gehört, dass Gedankenstrich und Bindestrich unterschiedliche Satzzeichen sind oder wie man ein Semikolon verwendet? Alte Rechtschreibung, neue Rechtschreibung, neueste Rechtschreibung in der x-ten Variante ... Ja, da kommt nicht jeder mit. Vor allem, wenn man überall etwas anderes liest (wohlgemerkt im Alltag, zur Unterhaltung etc.). Unter diesen Umständen entwickelt nicht jeder ein "Gefühl" dafür, wann ein Wort richtig geschrieben ist und wann nicht.
Ich muss mich auch mal wieder noch unbeliebter machen. ;) Ich sehe das auch in Schreibforen. Da haben "Autoren" keine Ahnung von Rechtschreibung, wollen aber eine Trilogie schreiben. Und veröffentlichen. Am liebsten sofort. Und Selfpublishing ohne Lektorat und Korrektorat trauen sie sich natürlich auch zu und sehen das als gute Option, wenn ein Verlag ihr Werk verschmäht.
Die Geschichten sind noch nicht einmal unbedingt schlecht, sondern das Problem ist, dass die Bereitschaft, sich ernsthaft hinzusetzen und zu "pauken", selbst bei "Autoren" fehlt. Es fehlt die Arbeitsmoral, wenn man so will - weil Schreiben eben nicht nur Vergnügen ist, sondern auch Arbeit. Aber eine Arbeit, die Spaß macht, wenn einem die Geschichte es wert ist.
Aber wozu sich Mühe geben, wenn man auch mal eben etwas hinrotzen kann?
Teufelskreis: Wie soll man da ein Sprachgefühl aufbauen? ...
Die Überschrift scheint mir ein bisschen am Thema vorbei zu zielen. Es geht bei der Fragestellung doch wohl eher um Selbstverleger-E-Books. Davon abgesehen, hat das literarische Medium, das ich konsumiere, keinen Einfluss auf meinen Anspruch. E-Book, Audio-Buch, Hardcover, Taschenbuch oder geheftetes Fanzine - die Qualität muss stimmen.
Zitat von: Aquamarin am 27. Oktober 2013, 19:48:59
Aber wenn nicht einmal mehr die geschriebene Sprache der aktuell gültigen Norm entspricht, dann muss man sich auch nicht wundern, wenn die Menschen es nicht mehr richtig lernen. Ich finde das bedenklich. Mal ganz abgesehen davon, dass Lesen einfach das Sprachgefühl schult. Wenn man nur noch Schund liest, einfach weil der billig und leicht zu konsumieren ist, dann ist das nicht gerade förderlich für die Entwicklung einer schönen Sprache. :-\
Genau das ist es, was mir ein bisschen Bauchschmerzen macht. Wird es bald nur noch ein paar "Gelehrte" geben, die noch etwas von Sprache
verstehen? Die Kinder/Teenies texten sich ja inzwischen auch nur noch mit Abkürzungen (nicht nur bei der Schlussformel), ein Punkt den die Lehrer zwecks Rechtsschreibung oft bemängeln - aber was passiert denn jetzt, wenn sie in ihren Büchern auch noch falsche/nicht existierende Ausdrücke und verkehrte Satzstellung finden? Ich glaube nicht, dass die nächste Generation noch großartig zwischen Verlagsbüchern und selbstverlegten Büchern unterscheiden wird, also wo soll das hinführen?
Zitat von: Aphelion am 27. Oktober 2013, 20:29:30
Aber wozu sich Mühe geben, wenn man auch mal eben etwas hinrotzen kann?
Teufelskreis: Wie soll man da ein Sprachgefühl aufbauen? ...
Das macht mir ein wenig Angst ... :gähn:
Zitat von: Linda am 27. Oktober 2013, 20:34:06
Davon abgesehen, hat das literarische Medium, das ich konsumiere, keinen Einfluss auf meinen Anspruch. E-Book, Audio-Buch, Hardcover, Taschenbuch oder geheftetes Fanzine - die Qualität muss stimmen.
Ja, aber gehören wir damit schon zu einer aussterbenden Rasse? Hast du Kontakt zu Teenies (so zwischen 10 und 15)? Das ist eindeutig die Technik-Generation mit der Geiz-ist-geil Mentalität, und ich befürchte die wächst bald größtenteils ohne "gute" Beispiele auf. Wie sollen die dann noch Qualität erkennen können?
Oh Gott, diese Feststellungen hier sind ja grausam! Was mir persönlich mehr und mehr entgegenschlägt ist, wie wertlos ein Mensch, dem Sprache wichtig ist, heutzutage zu sein scheint. Da wird man im Internet beschimpft, wenn man auf die Nettikette aufmerksam macht, da werden Fantasy-Bücher als sinnlos betrachtet... Es liegt in meinen Augen weniger daran, dass Rechtschreibung und Grammatik verschmäht werden, sondern dass der Wert einer Geschichte verloren geht. Wir haben doch alle so super abenteuerliche Leben, da brauchen wir doch keine Abenteuer im Buch mehr. :hmmm: Und Autoren schreiben so nebenbei mal eben ein Buch hin und wollen dann auch noch Geld von uns. Seit wann glauben wir, das Recht zu besitzen, für unsere Arbeit Geld zu verlangen?
Ich finde, es hat nicht nur etwas mit ebooks E-Books zu tun. (Jetzt frage ich mich ernsthaft, ob ich das englische ebook oder das deutsche E-Book verwenden sollte? Duden, hilf!) Es hat generell etwas damit zu tun, das Märchen eben Kinderkram sind, dass die Kinder sowieso viel zu früh erwachsen sind/ sein müssen und dass Kreativität bzw. Phantasie im Berufsalltag eher hinderlich ist. Wenn etwas so wenig Wert hat wie eine Geschichte, dann hat Sprache erst recht keinen Wert mehr. Das tut weh, keine Frage. Andererseits stelle ich mir dank dieser Diskussion nun auch die Frage, ob wir nicht eher Sprachen-Dinosaurier sind, die sich der sprachlichen Entwicklung einfach nicht anpassen können oder wollen.
Ich werde auch weiterhin allen Unwissenden da draußen erklären, warum Geschichten wichtig sind, warum wir Autoren einen Dienst für die Gesellschaft leisten und warum Sprache nicht verfallen darf.
Ich kann Darielle und den anderen nur zustimmen. Es ist furchtbar mit ansehen zu müssen, wie die Sprache heutzutage mit Füßen getreten wird. Ich bin selbst noch unter Teenies und es ist eine Tatsache, dass die größtenteils der Meinung sind, "cooler" zu sein, wenn sie Wörter und Sätze verkürzen, verunstalten, zerreißen und kaputt machen.
So viel dazu. Was E-Books angeht: Ich lehne diese Teufelsteile vollkommen ab, ich finde sie furchtbar, sie zerstören so vieles. Jeder kann jetzt mal eben ein Buch schreiben und es veröffentlichen. Die Gesellschaft verkennt langsam aber sicher vollkommen den Sinn von Geschichten und Büchern.
Wie Debbie gesagt hat, sehe ich eine Zeit kommen, in der nur noch "Gelehrte" Ahnung von Sprache haben. Das ist eine furchtbare Vorstellung, aber der Prozess dahin geht unaufhaltsam weiter und man kann nur inständig hoffen, dass das ganze nur eine Mode ist und sich vielleicht mal eine Gegenbewegung formiert. Gegen die Verkrüppelung der Sprache, gegen E-Books, gegen die Oberflächlichkeit und Missachtung gegenüber bze. von Fantasie und Sprache, alles was uns bleibt, wenn wir nichts mehr haben.
Nun ja, ich sehe zu und kämpfe gegen eine Person nach der anderen.
Es ist traurig.
Lili
@ Darielle
Zwei deiner Punkte verstehe ich nicht so richtig. Was hat die Netiquette im Forum oder das Genre Fantasy damit zu tun, ob jemand Sprache beherrscht?
Wenn ich die Studenten in Latein unterrichte, merke ich, dass viele von ihnen große Probleme mit der Kenntnis deutscher Grammatik und Semantik haben. Viele können einen lateinischen Satz, selbst wenn sie ihn gut verstanden haben, nicht in einen korrekten deutschen Satz übersetzen. Sie beherrschen weder die deutsche Zeitenfolge noch die indirekte Rede. Ich muss ihnen häufig grundlegende Dinge über deutsche Tempusverwendung, Wortstellung u. ä. erklären. Auch viele deutsche Wörter verstehen sie nicht. Wenn eine lateinische Vokabel mehrere Bedeutungen haben kann, verstehen sie manchmal nicht, warum manche Bedeutungen im deutschen Text keinen Sinn ergeben.
Allerdings glaube ich nicht, dass daran Ebooks schuld sind. Eher denke ich, dass diese jungen Leute schlechten Schulunterricht hatten, so gut wie gar nicht lesen und ohnehin nicht sehr sprachbegabt sind. Und ich glaube auch nicht, dass das früher anders war. Natürlich gibt es auch Studenten, die das alles sehr gut beherrschen und wunderbare deutsche Übersetzungen schreiben. Ich denke, am meisten entscheidet die angeborene Sprachbegabung darüber, ob man Sprache gut beherrscht oder nicht. Wer Freude an schöner Sprache hat, wird sich von sich aus den geeigneten Lesestoff suchen.
Sprache hat vor allem, denke ich, erstmal einen Wert außerhalb von Geschichten. Auch für komplett fantasielose Menschen ist sie als Kommunikations- und Manipulationsmittel extrem wichtig.
Weniger anspruchsvolle Literatur hat es zu jeder Zeit gegeben. Sie hat ihre Leserschaft. Und wenn viele Leute eine Geschichte großartig finden, kann der Autor nicht alles falsch gemacht haben, auch wenn man selbst das anders sieht (und das tue ich auch ständig). Wirklich sprachbegabte Menschen, die ihre Muttersprache beherrschen, gab und gibt es meiner Ansicht nach leider immer nur verhältnismäßig wenige, und ebenso wenige, die deren Sprachverwendung zu schätzen wissen. Viele Menschen sehen ja auch keinen Unterschied zwischen Currywurst-Pommes und einem Fünf-Sterne-Menü, weil ihr Geschmackssinn nicht fein genug entwickelt ist, um ihn zu bemerken. Hauptsache, sie bekommen was zu essen. ;)
Die Geschichte von dieser Amazon-Erfolgsautorin kann ich gar nicht richtig glauben. Ich habe mich schon seit Monaten gefragt, ob das wirklich stimmt. (Aber ich kann auch viele andere Dinge nicht glauben, die trotzdem wahr sind).
Also ich finde es ehrlich gesagt etwas übertrieben, ebooks an allem die Schuld zu geben und außerdem Leute die Grammatik nicht gut beherrschen herabzuwürdigen. Wie viele Leute lesen denn wirklich ebooks, die von Fehlern wimmeln? Die verkaufen sich vielleicht höchstens ein paar tausend Mal. Es kann natürlich sein, dass das in Zukunft zunimmt, aber genauso kann es sein, dass die Leute mehr auf Qualität achten. Es gibt genug Leute, die überhaupt nicht lesen, die kann das schon mal gar nicht betreffen, wie Coppelia schon sagte. Ich kann ihr da eigentlich nur zustimmen. Wenn Leute keinen längeren zusammenhängenden Text lesen können, dann liegt das am Schulunterricht und das finde ich viel schlimmer, als wenn sie einen Text mit ein paar Rechtschreibfehlern drin lesen. Für viele ist Deutsch außerdem nicht die Muttersprache. Ich würde in einer anderen Sprache Grammatikfehler auch viel eher übersehen. Ich würde mal behaupten, dass was Jugendliche am häufigsten lesen sind Nachrichten, die sie sich gegenseitig zuschicken. Und da sind bestimmt nicht weniger Grammatik-und Rechtschreibfehler drin als in selbstverlegten ebooks. Es kann schon sein, dass einige denken, wie es im Buch steht, müsste es richtig sein. Aber wie Linda auch schon sagte, sowas wie Groschenromane gabs auch schon immer.
Zitat von: Franziska am 28. Oktober 2013, 11:11:14
Also ich finde es ehrlich gesagt etwas übertrieben, ebooks an allem die Schuld zu geben und außerdem Leute die Grammatik nicht gut beherrschen herabzuwürdigen. Wie viele Leute lesen denn wirklich ebooks, die von Fehlern wimmeln? Die verkaufen sich vielleicht höchstens ein paar tausend Mal.
das wäre aber, streng genommen, schon ein kleiner Bestseller, auch bei aufgelegten, gedruckten Büchern.
ZitatAber wie Linda auch schon sagte, sowas wie Groschenromane gabs auch schon immer.
das stammt aber nicht von mir.
Ich wage zu behaupten, dass heutige Bücher generell mehr Schreibfehler und stehengelassene Buchstaben, falsche Endungen enthalten als früher, weil die Verdichtung auch in Verlagen zunimmt und vieles durchrutscht.
Mein Hauptverdächtiger, neben der Zeitverknappung in den Verlagen, ist ja
Word-Änderungen verfolgen/Annehmen, Ablehnen. Wenn Lektorat (zwangsweise) nur noch am Bildschirm stattfindet und man die halbe Zeit genötigt wird, direkt in der Datei (statt im Ausdruck) zu arbeiten, und mit Unmengen an Formatierungskram beschäftigt ist, weil man vor Schlängeln und Kringeln und Durchstreichungen den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht, passiert sowas schnell. Da muss man als Autor selbst gegensteuern und einfach immer wieder, und so oft wie möglich, ausdrucken und lesen. Denn in Texten auf Papier sieht man Fehler eher als auf einem Schirm, und selbst das Textverständnis leidet, weil der Überblick nicht mehr so umfassend ist. Wer benutzt schon ein A-4-Pad, um Manuskriptseiten 1:1 darzustellen?
Ich denke nicht, das das bei der simplen einmaligen Lektüre groß ins Gewicht fällt. Bei Lektorat aber ist das tödlich.
Ich meinte damit, dass ein paar Tausend Leser nicht der Grund sein können, warum Millionen Leute keine Grammatik können.
Das zweite: entschuldige, das war jetzt so interpretiert, weil du sagtest, es gab schon immer unterschiedliche Qualität.
Das man bei Ausdrucken mehr Fehler findet ist mir auch aufgefallen. Seht gut kann ich auch mit dem ebook-Reader korrigieren. Je größer die Schrift, desto mehr Fehler bemerke ich.
Zitat von: Coppelia am 28. Oktober 2013, 05:31:50
@ Darielle
Zwei deiner Punkte verstehe ich nicht so richtig. Was hat die Netiquette im Forum oder das Genre Fantasy damit zu tun, ob jemand Sprache beherrscht?
Nettikette hat etwas mit Rechtschreibung zu tun. Ich schreibe schon allein der Leserlichkeit und damit aus Respekt vor meinen Mitmenschen richtig (von kleinen Fehlern abgesehen, die macht jeder mal) Jetzt habe ich aus Unsicherheit auch nochmal "Netiquette" nachgeschlagen.
Es gab Zeiten, da habe ich alles klein geschrieben. Inzwischen lerne ich mehr und mehr die schriftsprachliche Besonderheit der deutschen Sprache zu lieben. Vor allem erhöht die korrekte Rechtschreibung halt die Leserlichkeit. Ich stolpere auch gern über Anhäufungen von Fehlern.
Tja, was hat Fantasy mit Sprache zu tun? Lesen bildet, das wissen wir alle. Je mehr ein Kind/ Jugendlicher zu lesen bekommt, desto mehr wird er ein Gefühl für die jeweilige/n Sprache/n entwickeln und die Rechtschreibung sicherer beherrschen. Fantasy ist vor allem für junge Menschen sehr reizvoll, weil sie so noch nicht mit der trockenen Realität konfrontiert werden. Früher nannte man solche Geschichten noch Märchen. Heute eben Fantasy. Zudem trägt Fantasy zu einem besseren Vorstellungsvermögen, mehr Phantasie, mehr Kreativität bei. Und nicht zuletzt auch zu mehr Toleranz, denn wo kann ein Mensch mit einem Fabelwesen befreundet sein, wenn nicht in der Fantasy? Frage dich doch selbst einmal, was du an Fantasy liebst und frage dich, was sie dir gibt. Sicherlich nicht ausschließlich Realitätsflucht. ;)
Also ich persönlich sehe es als Fakt an, dass vor allem in E-Books/ Büchern von Selfpublishern die Fehlerteufel stecken und zudem sind die E-Books leichter und schneller erreichbar, vor allem für die junge Generation Leser, bei denen sowieso die meisten Dinge technisiert sein müssen. Oder habe ich da jetzt ein falsches Bild im Kopf?
Also dann oute ich mich hier mal als eine der von euch gebrandmarkten Leserinnen, die auch fehlerhafte Bücher gut finden (können). Ich unterscheide dabei zwischen verschiedenen Fehlern. In aufsteigender Reihenfolge stören mich Interpunktion, dann Orthografie und schließlich Sprache/Stil.
So kann ich ein Buch mit ziemlich vielen Interpunktionsfehlern immer noch spitze finden, wenn Rechtschreibung, Sprache und Geschichte mich ansprechen. Bei Rechtschreibfehlern sollte die Quote nicht so hoch sein, schlechte Sprache mag ich fast nie leiden. Wenn die Geschichte mir vom Setting oder der Handlung nicht gefällt, fange ich normalerweise nicht an. Zur Bewertung all dieser Faktoren reichen mir 1-2 Seiten plus Klappentext, also die Leseprobe des e-books.
Das ist ein ganz persönliches Ding. Über Geschmack läßt sich eben nicht streiten. Bei mir liegt das Hauptaugenmerk bei Büchern auf Schauplatz, Handlung und Figuren. Das Handwerkliche darf mich davon nicht ablenken, dann bin ich gern bereit Mängel zu übersehen.
Ein Science-Fiction Roman, dessen Name mir dummerweise nicht mehr einfällt, von einem Selfpublisher im Kindle veröffentlicht, hat mich beispielsweise so mitgerissen, dass die Rechtschreibfehler für mich ignorierbar waren. Wenn der Text "schwächer" ist, fallen sie mir aber mehr auf. Das Buch hat sich erfolgreich verkauft, trotz hoher Fehlerquote, wie in den Rezensionen stand. Nach dem Lesen der anderen Rezensionen habe ich gezielt darauf geachtet und kann bestätigen: ein langweiligerer Text mit dieser Fehlerquote wäre bei mir durchgefallen.
Ganz ehrlich: Ich glaube nicht, dass der Verfall der deutschen Sprache mit solchen Werken gefördert wird. Vielmehr ist es in meinem speziellen Fall so, dass ich durchaus glaube ein gutes Gefühl für schöne Sprache zu haben. Ich bin auch nicht ganz schlecht in Rechtschreibung und Grammatik. Und selbstverständlich liebe ich Werke, bei denen alle diese Faktoren einen Mindeststandard erfüllen und einige davon herausragend sind. Wenn ich beispielsweise Bühnenprogramme vergleiche und höre Jochen Malmsheimer als Verfechter schöner und durchgängig deutscher Sprache, bin ich begeistert. Trotzdem kann ich auch die anderen genießen. Im Gegenteil glaube ich, durch die Beschäftigung mit vergleichsweise minderwertigen Werken wird die Lust daran größer, die Perlen zu genießen.
Wenn ich es mal mit einem anderen Lebensbereich vergleiche, dann finde ich natürlich Filme wie "Das Labyrinth des Pan" oder "Schindlers Liste" herausragend, aber das heißt nicht, dass ich buntes Popcornkino wie "Armageddon" oder "Jack Reacher" nicht genießen könnte. Aber das ist nur meine persönliche Meinung. Ich kann akzeptieren, das andere ihre eigenen Standards anlegen. Nur vorschreiben, dass ich auch diesen Standard haben müsste - um es mal extra flapsig zu sagen: Sorry: das könnt ihr knicken ;)
Zitat von: Aquamarin am 27. Oktober 2013, 19:48:59
Puh ... Wie erschreckend ist das denn bitte, wenn die Leute Rechtschreibfehler nicht einmal mehr mitkriegen? :P Da stimmt doch etwas nicht, mal ehrlich.
Ja, bei Jüngeren gibt es tatsächlich diese Tendenz - Rechtschreibung Glücksache. Aber woher soll das auch kommen, wenn nicht aus der Schule?
Mit der Aussage, dass "heutzutage" so viele keine korrekte Rechtschreibung mehr beherrschen, wäre ich vorsichtig. Es mag sein, dass sich da eine gewisse Tendenz abzeichnet, aber Menschen, die Probleme mit Rechtschreibung/Grammatik haben und Fehler nicht mal sehen, wenn sie ihnen groß und rot entgegenbrüllen, hat es schon immer viele gegeben.
Eine Freundin von mir ist so ein Fall - die hatte eine gute Schulbildung, hat studiert, kann gut formulieren, aber sie sieht Fehler einfach nicht. Sie liest auch sehr viel, aber man könnte ihr so ein fehlerhaftes ebook vorsetzen und sie würde sich vermutlich nicht daran stören.
Oder wenn ich da an meinen Besuch im Wiener Kriminalmuseum vor ein paar Jahren denke: da wimmelten die Museumstexte nur so von Fehlern. Die waren aber etliche Jahre alt und noch aus Zeiten vor dem Siegeszug des Internets. Von der Rechtschreibung und Grammatik her entsprachen sie aber in etwa den berüchtigten hier angesprochenen Selfpublisher-ebooks.
Es mag also schon stimmen, dass sich die (vor allem schriftliche) Sprachbeherrschung verschlechtert, aber man sollte nicht in ein "früher konnten alle korrekt schreiben und heutzutage ist alles ganz furchtbar" verfallen. ;)
Wir dürfen nicht vergessen, dass wir uns hier im Forum in dieser Hinsicht quasi auf einer Insel der Seligen befinden. Hier tummeln sich Leute, die gut schreiben können und auch sehr sorgfältig lesen. Aber der Ottonormalleser bemerkt viele Fehler tatsächlich nicht (oder sie sind ihm egal) und ich denke mal, das war früher nicht so viel anders als heute. Ich denke eher, dass durch das Internet, das einem ermöglicht, zig Beiträge und Meinungen von Leuten zu allen möglichen Themen zu lesen, dieser Eindruck verstärkt wird. Denn erst dadurch fällt einem die mangelhafte Rechtschreibung überhaupt erst auf. Wo hätte man denn früher so viele ungefilterte, schriftliche Beiträge überhaupt lesen können?
Zitat von: Zanoni am 02. November 2013, 00:36:01
Ja, bei Jüngeren gibt es tatsächlich diese Tendenz - Rechtschreibung Glücksache. Aber woher soll das auch kommen, wenn nicht aus der Schule?
tja, ich wage mal die Behauptung: :buch: vom Lesen. Ein Kind, das wöchentlich vielleicht 5 Stunden Rechtschreibung in der Grundschule hat, dafür aber jeden Tag zuhause 2 -3 Stunden liest, nimmt mehr aus dem guten und richtigen Beispiel
Buch mit, als aus dem Unterricht. (Vorausgesetzt, das Buch ist auch sauber korrekturgelesen).
Ansonsten geben Eltern heute viel zu viel Verantwortung und Erziehungsarbeit an die Schule ab. Wenn sie selbst einigermaßen korrekt deutsch sprechen, kindliche Fehler verbessern und auch selbst regelmäßig die Nase in ein Buch stecken, ist die Wahrscheinlichkeit schon recht hoch, dass das Kind diese Kulturfähigkeit hinreichend beherrscht, um durchs Leben zu kommen. Und zwar, weil es sie en passant mitnimmt, statt zu pauken.
Zitat von: Linda am 02. November 2013, 12:50:24
tja, ich wage mal die Behauptung: :buch: vom Lesen. Ein Kind, das wöchentlich vielleicht 5 Stunden Rechtschreibung in der Grundschule hat, dafür aber jeden Tag zuhause 2 -3 Stunden liest, nimmt mehr aus dem guten und richtigen Beispiel Buch mit, als aus dem Unterricht. (Vorausgesetzt, das Buch ist auch sauber korrekturgelesen).
Das ist genau mein Punkt! Wenn sich meine 11-jährige Patentochter jetzt aber (weil Geiz ist ja geil, und man braucht ja auch noch Geld für Primark-Klamotten, die man alle 30 Tage austauschen muss) so ein semi-professionelles E-book runterlädt und alles was da drin steht für bare Münze nimmt, kann es doch nicht sein, dass sowas keine Verschlimmerung herbeiführt?! Schließlich predigen wir seit 5 Jahren, dass sie mehr lesen soll, um ihre Rechtschreibung und Lesefähgikeit zu verbessern ...
Und auch der Rest deines Posts deckt sich mit meinen Gedanken, Linda.
Meine Patenkinder können noch nicht lesen, wenns mal soweit ist, bekommen sie ein Bücher-Abo von mir.
Mir ist das mit der Rechtschreibung auch aufgefallen, aber bis auf eine sind es alles Nicht-Leser. Ich denke also auch, dass es an den ausserschulischen Aktivitäten hängt.
Was die Lese- und Schreibkompetenz angeht, so habe ich letztens mit einer Mischung aus Staunen und Grusel mitbekommen, dass Kinder in vielen Bundesländern in der Grundschule erstmal "schreiben wie sie wollen". Das scheint ein pädagogisches Konzept zu sein, das aus Skandinavien kommt und dort wohl auch prima funktioniert. Ab der 3. Klasse wird dann "korrekt umgelernt".
Ich finde eigentlich dass die skandinavischen Länder gewaltig viel richtig machen was ihre Pädagogik angeht, aber was das soll, erschließt sich mir nicht. Die Kinder, die ich bisher getroffen habe, die gerade in diesem "Umschulungs-Prozess" stecken, sind eigentlich nur verwirrt und verunsichert, weil sie das, für das sie bisher gelobt wurden, nun nicht mehr dürfen und es auf einmal "falsch" sein soll.
Öhm, ist zwar total OT, sorry, aber ich denke, dass gerade auch solche frühen Erfahrungen die Lust auf Lesen und Schreiben stark mitbeeinflussen können. Wenn man gleich da schon Verwirrung stiftet - hm.
Das Problem an Lesen durch Schreiben ist, dass es von vielen Lehrern nicht bis in die letzte Konsequenz durchgeführt wird. Ich habe mich mal eingehend damit beschäftigt und das Konzept ist eigentlich schon toll. Es soll Kinder ermutigen zu schreiben, ohne ihnen durch allzuviel Kritik den Spaß zu verderben. Kinder können so schon recht schnell eigene kleine Geschichten schreiben und werden dazu auch ermutigt. Das Problem ist nur, ähnlich wie bei der antiautoritären Erziehung, dass viele Aspekte der eigentlichen Methode nicht umgesetzt werden, wodurch es tatsächlich zu grausigen Rechtschreibergebnissen in den höheren Klassen kommt. Ob die Methode funktioniert, hängt also hauptsächlich vom Lehrer ab.
Abgesehen davon stört mich bei dieser ganzen Diskussion hier ein wenig das Gefühl, dass sie von oben herab geführt wird. Sorry, dass ich das so offen sage, ich wollte auch eigentlich gar nichts dazu sagen. Ich finde nur, dass gerade wir Fantasyautoren doch da etwas sensibler sein sollten, schießlich werden wir oft genug von anderen in eine Schund-Ecke gedrängt.
Außerdem mag ich mich so apokalyptischen Zukunftsvisionen immer nicht anschließen. Natürlich mag ich es auch nicht, dass Qualität offensichtlich nicht so ein wichtiges Kriterium ist, wie es sein sollte. Trotzdem glaube ich, dass ein Buch vor allem das Herz ansprechen muss. Und wenn ein Buch Jugendliche dazu bewegt, es zu lesen, die sonst vielleicht gar nicht lesen würden, dann ist das für mich absolut in Ordnung.
Außerdem kennt ihr doch alle diese witzigen Texte, wo kaum noch ein Buchstabe am richtigen Platz ist. Trotzdem kann man sie lesen. Menschen, die sich nicht so mit Sprache beschäftigen wie wir, haben kein Auge dafür und ihr Gehirn liest das Wort automatisch richtig. Also für mich alles kein Grund für Weltuntergangsstimmung. Wenn man Bücher schreibt, die die Menschen bewegen, und es schafft, die Leser darauf aufmerksam zu machen, (das ist eher das Problem) wird man auch Leser finden.
Edit sagt noch: Was ich aber absolut genauso sehe, ist, dass jemand, der ein Buch schreibt, sich mit den Rechtschreibregeln auseinandersetzen und diese beachten sollte. Nicht nur in seinen Romanen, sondern auch in Foren und auf facebook. Klar, es gibt immer mal Vertipper, aber ein Autor, der schon auf facebook das und dass nicht unterscheiden kann, wird mich sicher nicht dazu bewegen können, mir seine Bücher genauer anzusehen.
Zitat von: Alana am 03. November 2013, 12:18:46
Außerdem mag ich mich so apokalyptischen Zukunftsvisionen immer nicht anschließen. Natürlich mag ich es auch nicht, dass Qualität offensichtlich nicht so ein wichtiges Kriterium ist, wie es sein sollte. Trotzdem glaube ich, dass ein Buch vor allem das Herz ansprechen muss. Und wenn ein Buch Jugendliche dazu bewegt, es zu lesen, die sonst vielleicht gar nicht lesen würden, dann ist das für mich absolut in Ordnung.
Außerdem kennt ihr doch alle diese witzigen Texte, wo kaum noch ein Buchstabe am richtigen Platz ist. Trotzdem kann man sie lesen. Menschen, die sich nicht so mit Sprache beschäftigen wie wir, haben kein Auge dafür und ihr Gehirn liest das Wort automatisch richtig. Also für mich alles kein Grund für Weltuntergangsstimmung.
Die beiden Dinge, die ich hervorgehoben habe, gehören m. E. zusammen und kommen eben wieder genau auf den Kern zurück. Ich weiß nicht, wann ihr angefangen habt zu lesen, aber für mich war jedes Buch zum Geburtstag die reinste Geldverschwendung bis ich ungefähr 14 war. Vorher hab ich mich über Buchgeschenke immer nur maßlos geärgert ... Für dich, Alana - und für uns hier - ist es kein Problem solche Texte zu lesen, denn wir wissen ja, wie die Wörter geschrieben werden, haben sie tausend mal selbst auf die gleiche Art gelesen und geschrieben - und in
jedem Buch standen sie gleich. Was wäre aber, wenn wir, in den uns schreiberisch prägenden Phasen, Joghurt oder Professor immer unterschiedlich gelesen hätten? Was, wenn wir in verschiedenen Büchern einmal "wendete" und ein anderes mal "wandte" als Vergangheitsform von "wenden" gelesen hätten? Was, wenn wir von klein auf auch "sehbar" für "sichtbar" gelesen hätten? Glaubst du wirklich, dass sowas keinen negativen Einfluss auf die Sprachfähigkeit unserer Kinder haben wird, wenn es auch weiterhin keine Qualitätskontrollen bei E-books gibt und der Markt ständig wächst?
Ich will die Diskussion nicht von oben herab führen, aber ich finde es wichtig, dass sie geführt wird. Und ich finde es wichtig, dass endlich ein Qualitätsprüfsystem für Selbstverleger eingeführt wird.
Bei uns in der Grundschule war es schon vor zehn Jahren so, dass die ersten zwei Jahre komplett nach Gehör und Meinung der Kinder geschrieben wurde. Ich nehme an, dass viele deshalb so Probleme mit Diktaten haben. Ich bin froh, dass meine Mutter dem konsequent entgegen gewirkt hat, in dem sie uns nie nach Gehör schreiben ließ, sondern unsere falsch geschriebenen Wörter verbessert hat. Das hat sie bei mir durchgezogen und bei meinen beiden Schwestern. Eine von Beiden ist momentan in der zweiten Klasse und schlägt sich dafür, dass es ihr durch andere Umstände eigentlich noch erschwert wird, ganz gut.
Sie schreibt trotz der Verbesserung seitens meiner Mutter gerne kleine Geschichten auf und sie liest auch gerne - sogar die Spielanleitungen von diversen Spielen. Es wird ja auch mit sogenannten Lesepässen und dergleichen gearbeitet, was gar nicht verkehrt ist und die Kinder zum lesen motiviert.
Ich gebe zu, die ganzen Beiträge habe ich nicht gelesen, allerdings finde ich das mit dem "Qualitätsprüfsystem" für Selbstverleger etwas übertrieben. Letztendlich entscheidet doch jeder selbst, was für ein Ebook er kaufen will oder eben nicht.
Angenommen die Rechtschreibung so mancher Ebooks wäre korrekt - ich würde es dennoch nicht lesen/kaufen, wenn mir die Geschichte nicht zusagt. Da überzeugt mich die einwandfreie Rechtschreibung auch nicht. Über kleine Fehler kann ich problemlos hinweg lesen, wenn man die einzelnen Wörter aber entcoden muss, um den Sinn herauszufinden, landet das Buch und der Autor schon auf der Liste 'Schlecht - Lese ich nicht'. Da kann mir die Story dann noch so sehr zu sagen, wenn ich Augenkrebs von schlechter Rechtschreibung und Grammatik bekomme, tue ich mir das garantiert nicht an.
Aber das weiß ich vorher - ich sehe ja schon in der Beschreibung oder der Leseprobe, wie es von Stil etc her ist.
Und wenn man als Selbstverleger meint, man hätte Erfolg, obwohl man so wenig Mühe in sein eigenes Projekt steckt - Entschuldigung, aber dann kann ich demjenigen auch nicht helfen. Wenn man es selbst nicht auf die Reihe bekommt, etwas einigermaßen akzeptabel herzurichten (es muss ja nicht zwingend mit einem perfekten Cover ausgestattet sein usw.) dann verdient derjenige auch keine Qualitätskontrolle.
Für jene die das machen würden, wäre es reine Zeitverschwendung, ein lieblos hingeklatschtes Buch zu prüfen, wo es der Autor nicht annähernd Ernst meint und die Veröffentlichungsgründe nicht "vorhanden" sind (Im Sinne von Auf gut Glück, kauft schon wer oder Vielleicht wird es ja der nächste Bestseller oder Wird schon irgendwer lesen".
Das mag zwar hart klingen, ist aber meine Ansicht der Dinge. Keiner ist perfekt, aber man kann sein bestmöglichstes zu tun, um es für den Leser als angenehmes Leseerlebnis zu gestalten.
ZitatIch will die Diskussion nicht von oben herab führen, aber ich finde es wichtig, dass sie geführt wird. Und ich finde es wichtig, dass endlich ein Qualitätsprüfsystem für Selbstverleger eingeführt wird.
Natürlich kann und soll man ruhig darüber diskutieren, aber ich finde diese Weltuntergangsstimmung einfach übertrieben.
Dein Beispiel würde vorraussetzen, dass immer genau die gleichen Wörter von verschiedenen Autoren auf die gleiche Art falsch eingesetzt oder falsch geschrieben werden. Und dass die Leser eigentlich kaum schulische Vorbildung mitbringen, wenn sie sich in ihrer Rechtschreibung so derart verunsichern lassen. Und das ist dann sowieso eine Lesergruppe, um die man sich Gedanken machen muss. Leute, die sich wirklich für Bücher interessieren, lesen nicht nur kostenlose vor Fehler strotzende E-Books. Und die, die nur E-Books voller Fehler lesen, weil sie nicht bereit sind, Geld auszugeben, oder es nicht können, würden sonst vielleicht gar nichts lesen. Und ich denke, da ist dann jedes Buch besser als nichts. Statistische Daten wären hier mal wirklich interessant.
Ein verpflichtendes Prüfsystem für Self-Publisher wird sich schwerlich durchsetzen lassen. Es gibt ja auch für Verlage keins. Hast du dir in letzter Zeit mal Bücher von Großverlagen angeschaut? Die Wimmeln genauso vor Fehlern.
Abgesehen davon bin ich sehr für Qualitätsstandards, nur ist die Frage, ob die Jugendlichen sich um solche Siegel scheren. Wohl eher nicht.
Edit: Weil du gefragt hast: Ich hab mit 8 Die unendliche Geschichte gelesen, mit 11 Vom Winde verweht. ;D
@Schneeleopardin
Ich stimme da absolut zu. Der Autor hat die Verantwortung für sein Buch. Es gibt ja auch freiwillige Kontrollsiegel für Selfpublisher, nur werden da Selfpublisher teilnehmen, die sowieso schon eher einen hohen Qualitätsanspruch haben.
@ Alana
Und das sollen sie natürlich auch weiterhin.
Insofern, wenn man es Ernst mit seinem Buch meint, macht man sich auch die Mühe von 3 - 4 - 5 Kontrollgängen und Betaleserverbesserungen und den anderen zahlreichen Services die u.a das Internet so zu bieten hat.
Ich finde das gehört sich sowieso. Das machen wir doch eigentlich alle hier, bevor wir das Buch irgendwo anbieten, oder? (Natürlich abgesehen von einem selbst bezahlten Lektorat, aber Betalesedurchgänge und mehrfache Überarbeitung, Rechtschreibüberprüfung etc.)
@Debbie: Eines hab ich noch vergessen, das ist mir wichtig. Du hast absolut recht, dass das sicher ein Thema ist, um das man sich Gedanken machen muss. Ich denke jedoch, dass es sehr einseitig ist, sich dabei auf minderwertige E-Books zu beschränken, weil ich glaube, dass die in der ganzen Entwicklung keine so große Rolle spielen, wie zu schlechte Bildungschancen für Kinder aus Familien mit geringem Einkommen und dergleichen. Ich habe lange Zeit selbst Hausaufgabenbetreuung gemacht und falsche Rechtschreibung ist da eines der kleineren Probleme. Vielen Schülern fehlt heute schon das Vokabular, um normale Texte vollständig zu verstehen. Das finde ich viel besorgniserregender und ich glaube nicht, dass das durch falsches Lesen passiert, sondern durch gar nicht lesen.
@Alana: Nein, ehrlich gesagt habe ich in letzter Zeit keine neuen Bücher aus deutschen Verlagen gelesen. Ich lese ja fast ausschließlich in Englisch, die Ausnahme bildet da die Inspektor Lynley Reihe, aber die ist ja z. T. sogar noch in alter Rechtschreibung verfasst (meine Exemplare jedenfalls ;)). Und natürlich gibt es auch in den amerikanischen/englischen Büchern Fehler, aber es sind doch eher sehr wenige. Mal eine vergessene Präposition, ein falscher Fall, etc.. Aber das sind Fehler, die nicht immer wieder im Buch auftreten, sondern in 99% der Fälle richtig geschrieben sind. Sie basieren nicht auf Unwissen, sondern auf einem Versehen - vielleicht 1 auf 100 Seiten.
Und ich denke nicht, dass es eine Rolle spielt, ob ein Wort immer auf die gleiche Weise falsch geschrieben wird. Ich denke eher, dass es v. a. schwerwiegend ist, wenn a) Grammatik-Fehler, in einem Buch, dessen Geschichte mich besonders fesselt (und was ich deshalb auch besonders mag) immer wieder gleich auftreten, oder dieser Autor Probleme mit der richtigen Satzstellung hat und b) wenn man eben verschieden falsche Schreib- und Ausdrucksweisen liest, vielleicht noch gemischt mit den richtigen. Da kann man nie im Leben ein Sprachgefühl entwickeln.
Edit: Meinst du das Bildungs- und Sprachniveau hebt sich bei diesen Kindern durch fehlerhafte Literatur? Und gerade die Kinder aus Haushalten mit geringem Einkommen werden eher zu dem E-book für 1,99 als zu dem Taschenbuch für 13 € greifen. Dass der Staat nicht mal annähernd genug tut, um diesen Kindern gleiche Bildungschancen einzuräumen, steht dabei natürlich völlig außer Frage. Unsere Bildungspolitik ist ein einziges Trauerspiel ... :seufz:
Und was ich wirklich, wirklich schlimm finde ist, dass es inzwischen offenbar auch einfach nicht mehr tragisch ist, wenn man Autor werden will/wird, ohne sich genügend mit Sprache auseinanderzusetzen oder sich großartig Mühe zu geben. Warum sollten sich dann Verlage ein Bein ausreißen, wenn es dem Leser sowieso egal ist?
Mag ja sein, dass es dem Leser (den meisten Lesern) egal ist, und v. a. dass ihnen die Konsequenzen überhaupt nicht bewusst sind - aber kann es uns und allen anderen egal sein, wenn in 100 Jahren kaum noch einer einen geraden Satz formulieren kann?
@Schneeleopardin: Du erkennst die Fehler ja noch, aber jemand, der mit den Fehlern aufwächst, kann sie nicht so einfach als Fehler identifizieren.
ZitatUnd was ich wirklich, wirklich schlimm finde ist, dass es inzwischen offenbar auch einfach nicht mehr schlimm ist, wenn man Autor werden will/wird, ohne sich genügend mit Sprache auseinanderzusetzen oder sich großartig Mühe zu geben.
Da sind wir absolut einer Meinung.
Ich lese auch fast nur noch englische Bücher und habe in letzter Zeit sehr häufig Fehler gefunden. So häufig, dass ich sogar mal nachgeschaut habe, ob das Buch nun selbstverlegt war oder aus einem Verlag. (Denn beim runterladen achte ich darauf nicht so sehr, wenn mir das Buch empfohlen wurde und mich anspricht.) Das fragliche Buch war von Penguin. Das war ich schon etwas geschockt, muss ich sagen.
Da bin ich aber froh, dass nicht nur die deutsche Verlagslandschaft den Bach runtergeht :snicker:
Ich glaube, ich habe hier kein Penguin Book rumliegen ... Gibts das Buch auch als Paperback oder Hardcover? Gerade gestern hab ich ein bisschen bei den Rezensionen zu "Beautiful Disaster" gestöbert und da überraschenderweise gelesen, dass das E-Book viele Fehler enthalten soll. Ich hab nur das Audio Book gehört, und da sind keine Fehler drin?! :hmmm:
Das war ein E-Book. Die englischen Bücher kaufe ich eigentlich nur noch als E-Books. Ich glaube aber, dass es davon auch Taschenbücher gibt.
@ Debbie:
Ich erkenne die Fehler, ja - aber jemand der sie nicht erkennt kann immer noch sagen, er lernt das Wort, welches ihm Schwierigkeiten bereitet auswendig. Oder beschäftigt sich anderweitig mit Rechtschreibung und Grammatik und lernt es dadurch. Ich kenne ein paar Leute, die Probleme mit Grammatik und Rechtschreibung haben und sich einfach hinsetzen und das lernen - und sie können es dann eben auch.
Wenn man es versucht und einen Fehler macht, ist es ja nicht weiter tragisch. Wenn man es allerdings nicht macht und dementsprechend eben auch Fehler hat, ist das in meinen Augen Faulheit. Es gibt ja auch genug Leute mit Lese-Rechtschreib-Schwäche die ihre Texte dann eben durch Word etc jagen und von Aussenstehenden kontrollieren lassen. Das ist irgendwie so eine Sache zwischen "Will ich überhaupt oder Ist es mir egal".
@Alana
Klar, wir machen das. Es gibt aber auch Autoren die das eben nicht machen bzw. zumindest wirkt es so, als würden sie es eben nicht machen.
Es gibt aber mittlerweile tatsächlich einige offensichtliche Fehler in Büchern von großen Verlagen, wo man sich dann fragt, ob das Korrektorat das überlesen hat oder was da schiefgelaufen ist.
Ich testlese ja für mehrere Verlage und selbst wenn dabei steht, dass es eine unlektorierte und unkorrigierte Fassung ist, schreibe ich mir die Fehler raus und sende sie dem Verlag zusammen mit meiner Bewertung zu. Lieber mach ich mir die Mühe mit dem rausschreiben und eintippen, wie wenn nachher ein so offensichtlicher Fehler im Buch landet.
Zitat von: Schneeleopardin am 03. November 2013, 14:18:14
Es gibt aber mittlerweile tatsächlich einige offensichtliche Fehler in Büchern von großen Verlagen, wo man sich dann fragt, ob das Korrektorat das überlesen hat oder was da schiefgelaufen ist.
Die Lektoren bekommen weniger Zeit für die Aufträge bzw. weniger Geld (was bei freiberuflichen Lektoren damit aufs Gleiche rauskommt). Das Budget für Lektorat wird immer mehr zusammengestrichen.
Quelle habe ich nicht, aber vor einigen Monaten kursierten viele Artikel/Blogbeiträge zu dem Thema, die ich gelesen habe, da viele meiner Freunde mit dem Berufsziel Lektor gerade studieren.
Nach dem Verlinken in einer PN habe ich die Lesezeichen aber wieder gelöscht.
Natürlich könnte man jetzt den Bogen zum Ausgangsthema zurückschlagen und sagen: Lektoren gehen etwa 10 % der Fehler durch, durch diese knappere Budgetierung mehr - somit trägt der Ausgangstext, den der Autor dem Verlag zusendet, eine "Mitschuld", also müssen da ja ordentlich welche drin gewesen sein... und bei jüngeren Autoren (k.a., unter Dreissig Jahren), könnte man spekulieren, ob da auch eine mangelhafte Organisation des Deutschunterrichts an einer so hohen Fehlerquote im Manuskript schuld ist ;)
Zitat von: Debbie am 03. November 2013, 13:46:59
Edit: Meinst du das Bildungs- und Sprachniveau hebt sich bei diesen Kindern durch fehlerhafte Literatur? Und gerade die Kinder aus Haushalten mit geringem Einkommen werden eher zu dem E-book für 1,99 als zu dem Taschenbuch für 13 € greifen. Dass der Staat nicht mal annähernd genug tut, um diesen Kindern gleiche Bildungschancen einzuräumen, steht dabei natürlich völlig außer Frage. Unsere Bildungspolitik ist ein einziges Trauerspiel ... :seufz:
Wenn je-
man-d sich bemüht, kann auch ein Kind aus einer bildungsarmen und/oder armen Familie richtige und ralativ fehlerfreie Bücher lesen (mal abgesehen davon, dass arme Familien bestimmt eher weniger Geld für Reader und dessen Bestückung für den Nachwuchs zur Verfügung haben.)
Natürlich müssen sich da Eltern, Paten oder Verwandte bzw Freunde reinhängen, aber einen Leseausweis für die Schulbücherei sollte es kostenlos geben, und auch die Stadtbüchereien, kirchlichen Büchereien und Bibliotheken sind für Schüler bzw. Jugendliche erschwinglich. Sogar in unserer klammen Gemeinde steckt die Stadt gesponserte Leseausweise fürs 1. Jahr in die Schultüten. Der muss dann jedes Jahr für 10 Euro verlängert werden - soviel kosten heute ein Kinobesuch ohne Popcorn (und streng genommen genügt ein Ausweis pro Familie, und auf den bekommt man auch CD's und DVD's oder sogar diverse Spiele). Und wenn man Mitglied ist, kann man auch an der Onleihe teilnehmen, die auch eben nicht gerade ein kleines Angebot aufweist - wenn man einen Reader besitzt.
Es gibt also, Interesse vorausgesetzt, Mittel und Wege. Man muss sie nur beschreiten.
@ Linda
Das sehe ich genauso. Es gibt halt die Leute die so Angebote gut und gerne nutzen und es gibt leider Gottes auch Leute, die es nicht nutzen und ihren Kindern damit eigentlich schaden. Durch das Lesen lernt man viele unterschiedliche Worte und dergleichen.
Es gibt einfach viel zu viele Kinder, die manche Wörter noch nie gehört haben und da fragt man sich dann schon. Zehnte Klasse, Deutschunterricht. Lehrerin wollte das Gegenteil vom Patriarchat wissen. Ich war als Einzige dazu in der Lage, die Frage mit Matriarchat zu beantworten. Bis dann geklärt war, was Beides ist war die Stunde auch schon rum :nöö: Man muss kein Experte sein um sowas zu wissen.
Reader gibt es inzwischen für 50 €. Wer den Aufwand scheut, zur Bibliothek 2 x hin zu fahren (zum Holen und zurückbringen) sowie es in der Frist zurück zu bringen, der weicht vllt lieber auf 0,99-€-Ebooks aus.
Von denen es übrigens auch viele gute gibt, sei es nun als Einführungspreis oder weil der Anbieter (Indie bzw. Verlag) sich preispolitisch an die Zielgruppe anpasst. Bei Verlagen waren es aber "nur" Anthologien oder Kurzromane, und da eben von Kleinverlagen.
Als semi-begabte Möchtegern-Autorin, die ihr Debüt -vermutlich mangels Stil- in keinem anständigen Verlag unterbringen konnte, sehe ich ein, dass es besser wäre, den Leseranspruch durch meine Machwerke in Zukunft nicht weiter negativ zu beeinflussen.
Es mag als mildernder Umstand gelten, dass auch Semi-Begabten glücklich sind, wenn ihre Machwerke gelesen werden. Und wenn dieses Produkt, obwohl anständige Agenturen und Verlage das Manuskript nicht einmal ansehen wollten, trotz ihres mangelnden Stils fast ausschließich positive Kritiken bekommen, dann ist das sehr verwirrend und kann schon mal dazu führen, dass auch Semi-Begabte wider besserer Einsicht weder mit dem Schreiben, noch mit dem Veröffentlichen aufhören mögen. Dies vor allem dann, wenn die positiven Kritiken nicht nur von leicht zufriedenzustellenden Lesern stammen, die eigentlich alles mögen, was sie lesen, sondern auch von erfahrenen und renommierten Kritikern wie Erik Schreiber.
Für Kinder und Jugendliche aus unterprivilegierten Familien ist es relativ wenig wahrscheinlich, dass sie überhaupt lesen.
@canis: Nun stell dein Licht mal nicht so unter den Scheffel ;)
@Thema: Ich denke die Frage sollte auch heißen: "Der Einfluss des Preises auf den Leseranspruch". Ich zumindest senke mit dem Preis automatisch meine Erwartungen, vor allem an Satz und Stil. Wenn ich 15 Euro für ein Paperback oder gar 25 für ein Hardcover bezahle, will ich gefälligst ein High-End-Produkt und zwar äußerlich wie innerlich. Aber wenn ich 99 cent bezahle, erwarte ich nur Groschenheftniveau - wenn der Unterhaltungswert stimmt, ist das doch ok.
Aber klar, es gibt da wirklich Leute, die schreiben wie sie sprechen, das ist dann wirklich kaum noch zu ertragen. Mittlerweile sind aber so viele ernsthafte Indies unterwegs, dass solche Sprachverdreher eher die Minderheit sind und man sie meist schon an der Inhaltsangabe erkennt, sodass man sie leicht aussortieren kann.
Ich frage mich auch, ob diese wenig-Leser, um die es hier hauptsächlich geht überhaupt mit solchen Bücher in Berührung kommen.
Erstens bräuchten sie einen E-Reader. Zwar könnten ein paar wegen wohlwollender Verwandten einen haben, aber das werden eher die wenigsten sein. Und auf dem Handy lesen macht nun wirklich keinen Spaß :gähn:.
Dann müssten sie sich noch auf die Suche nach entsprechenden Billigbüchern machen. Und die stehen normalerweise nicht direkt auf der Startseite.
Soweit ich mich erinnere läuft die Bücherauswahl bei solchen Leuten entweder über Werbung, über die Stapel bei Thalia oder die Bücher in der Schulbibliothek. Und die sind in fast allen Fällen von Verlagen.
Ich würde mir wenn überhaupt Sorgen um die Vielleser machen, deren Rechtschreibung und Grammatik noch nicht so fest sind.
Zitat von: Kaeptn am 02. Mai 2014, 07:54:50
Wenn ich 15 Euro für ein Paperback oder gar 25 für ein Hardcover bezahle, will ich gefälligst ein High-End-Produkt und zwar äußerlich wie innerlich. Aber wenn ich 99 cent bezahle, erwarte ich nur Groschenheftniveau - wenn der Unterhaltungswert stimmt, ist das doch ok.
Richtig schlimm ist, dass man manchmal auch im Hardcover für 25 Euro oder im Paperback für 15 Euro aus einem namhaften Verlag schlecht lektorierte und -korrigierte Texte bekommt. Habe ich selber erst mehrfach erleben müssen. Ich meine, dass gerade große Verlage es sich und ihren bekannten Autoren (und den Kunden selbstverständlich auch) schuldig sind, weitgehend fehlerfreie Texte zu drucken. Und auch Übersetzungen sollten noch einmal durchgesehen und korrigiert werden.
@kaeptn
Na, wenn ich doch weiter oben ausdrücklich als Beispiel für semi-begabten Veröffentlicher genannt worden bin, wenn auch als eine eher besserer von diesen ...
Ein bisschen verletzend finde ich diese Wortwahl schon.
Zitat von: canis lupus niger am 02. Mai 2014, 16:44:18
Richtig schlimm ist, dass man manchmal auch im Hardcover für 25 Euro oder im Paperback für 15 Euro aus einem namhaften Verlag schlecht lektorierte und -korrigierte Texte bekommt. Habe ich selber erst mehrfach erleben müssen. Ich meine, dass gerade große Verlage es sich und ihren bekannten Autoren (und den Kunden selbstverständlich auch) schuldig sind, weitgehend fehlerfreie Texte zu drucken. Und auch Übersetzungen sollten noch einmal durchgesehen und korrigiert werden.
natürlich. Jede Übersetzung wird auch noch mal lektoriert und danach gibt es einen reinen Korrektur-Leseschritt. Aber die Arbeitsverdichtung gerade in den großen Verlagen hat enorm zugenommen, es gibt immer mehr Titel mit immer weniger Leuten, und nicht jeder kann das als Nebenverdienst-Job betreiben, und sich relativ Zeit nehmen.
* Großer Punkt.
Allgemein zum Thema:
Das Hauptproblem der ganzen Selfpublish/E-Book etc pp-Chose sehe ich darin, dass oft Autoren, (ja, und Verlage) die einfach noch nicht so weit sind, auf den großen Markt drängen. Damit tun sie sich und auch den Lesern selten einen Gefallen, denn nicht alles, was geht, ist auch gleich empfehlenswert.
Ich sage nun nicht, dass Schreiber tunlichst erst nach 20 Jahren Erfahrung aus ihrem Zimmerchen kommen sollen. Aber erste, literarische Schritte finden meiner Ansicht nach besser in einem geschützten Raum statt, in einer Szene, ohne sich gleich mit den Big Names und Profis messen lassen zu müssen. Früher haben Fanzines und Magazine Veröfentlichungsmöglichkeiten und Feedback geboten, heute entsprechende Plattformen. Die Kritik kann dort nicht weniger hart sein, aber sie ist eben erst mal auf einen kleineren Kreis beschränkt. Michael Schuhmacher ist auch nicht direkt in einen Formel 1-Boliden gestiegen...
Zitat von: Linda am 02. Mai 2014, 17:47:26Ich sage nun nicht, dass Schreiber tunlichst erst nach 20 Jahren Erfahrung aus ihrem Zimmerchen kommen sollen. Aber erste, literarische Schritte finden meiner Ansicht nach besser in einem geschützten Raum statt, in einer Szene, ohne sich gleich mit den Big Names und Profis messen lassen zu müssen.
Da kann ich dir so halbwegs zustimmen, auch wenn ich ein Gegenbeispiel bin. Ich setzte mich an meinen ersten Schreibversuch, es wurden 1.000 Seiten, ich informierte mich über Agenturen und Verlage, wurde genommen und alles nahm seinen Lauf. Mittlerweile habe ich acht Romane geschrieben (davon mehrere ziemlich umfangreiche), alle bekamen einen Vertrag und meine Erfahrung ist dementsprechend größer (auch wegen der vielen Lektorate mit fast immer einem anderen Lektor, wo man auch dazulernt). Wenn ich mir jetzt meinen Erstling ansehe, würde ich ihn gerne neu schreiben oder zumindest gründlich überarbeiten. Ich liebe die Story immer noch, hätte sie heute aber wohl anders geschrieben.
Andererseits hat mich aber genau dieser Weg zu dem gemacht, was ich bin, als Mensch und Autorin. Er hat mir auch den Weg für die zukünftigen Romane geebnet und die Erfahrungen würde ich auch nicht missen wollen. Und ist man mit älteren Projekten nicht immer unzufrieden? Ich denke, wenn man sein zwanzigstes Buch schreibt, würde man das zehnte auch gerne wieder anders schreiben. Man entwickelt sich ja immer weiter.
Beim Selfpublishing habe ich bisher eine einzige Autorin für mich entdeckt, von der ich absolut begeistert bin und wo ich keinen Unterschied zu Verlagsbüchern merke (außer die Cover sind nicht so meins, aber das ist Geschmacksache). Die anderen waren meistein Griff ins Klo, auch wenn ich zugeben muss, dass ich noch nicht allzu viele versucht habe (30 oder 40 ca.)
Und zum Thema Fehler in Verlagsbüchern: Neulich las ich einen Roman eines Bestsellerautors, großer Verlag, einer meiner Lieblingsautoren und nicht nur einmal stolperte ich über den falschen Charakternamen. Beide Charaktere fangen mit demselben Buchstaben an, gehören aber in eine andere Welt. Es war ziemlich nervig, wenn da plötzlich der falsche stand. Vom Autor erfuhr ich dann dass es da einen ziemlichen Zeitdruck gab. Schade.
Was mir auch aufgefallen ist: Oft baut man gerade beim Lektorat oder beim Korrigieren wieder neue Fehler ein. Wenn der Lektor zB. die gesammelten Korrekturen aller Testleser zusammenfügt, kommt es durchaus vor, dass dabei wieder neue eingebaut werden, ein Buchstabenverdreher drinnen ist, ein fehlender Buchstabe/fehlendes Wort usw. und das ist dann die Finalversion und sieht sich niemand mehr an.
Ich hatte auch schon einmal den Fall, wo selbstständig im Text geändert wurde, ohne die Änderungen zu markieren. Ich stolperte darüber, weil ein Charaktername von mir falsch geschrieben war, ich aber wusste, dass ich meinen Charakter nicht falsch schreibe. Ich sah nach und entdeckte, dass da einfach ohne Markierung umgeschrieben wurde. In diesem Fall ließ ich mir das Manuskript noch einmal nach allen Korrekturen zeigen, ehe ich es freigab. Da war dann das Vertrauen nicht mehr so gut, wie ihr euch sicher vorstellen könnt.
Zitatndererseits hat mich aber genau dieser Weg zu dem gemacht, was ich bin, als Mensch und Autorin. Er hat mir auch den Weg für die zukünftigen Romane geebnet und die Erfahrungen würde ich auch nicht missen wollen.
Es war dein individueller Weg, da bin ich der letzte, der das kritisiert. Ich finde im Gegenteil den Hand zu "Karriere-Abkürzungen" in Form von Self publishing, Schreibbibeln und -Kursen bedenklich. Aber bei der heutigen "
man kann alles lernen in 30 Tagen" und verSuperstarten Gesellschaft sollte es einen nicht wundern, dass solche Angebote boomen.
Die einzigen Regeln beim Schreiben sollten die der Grammatik und Rechtschreibung sein. Alles andere funktioniert entweder, oder es funktioniert nicht. Und das sollte ein Autor tunlichst selbst für sich ausprobieren.
Zitat von: SabrinaQ am 03. Mai 2014, 09:09:57
Was mir auch aufgefallen ist: Oft baut man gerade beim Lektorat oder beim Korrigieren wieder neue Fehler ein. Wenn der Lektor zB. die gesammelten Korrekturen aller Testleser zusammenfügt, kommt es durchaus vor, dass dabei wieder neue eingebaut werden, ein Buchstabenverdreher drinnen ist, ein fehlender Buchstabe/fehlendes Wort usw. und das ist dann die Finalversion und sieht sich niemand mehr an.
das ist klassisch. Ich arbeite ja nun auch auf der anderen Seite des Schreibtischs (:darth:) und habe da gewisse Einblicke. Im Schnitt kommt für je 10 korrigierte Fehler 0, 5 - 1 Einarbeitungsfehler rein (von geübten Leuten. Die Quote von Ungeübten will ich gar nicht wissen). Auch das ist ein Grund, weshalb man bei der Fahnenkorrektur keine größeren Umstellungen machen soll, sondern nur knallharte Fehler behebt.
Dass bei einer Finalversion noch so viel gemacht wird, wundert mich etwas, ich kenne nur, das zuletzt die Verbesserungen des Korrekturlesers und die letzten Funde des Autors angepasst werden.
Apropos Fahnenkorrektur: Ich lasse mir die Fahnen sowohl ausgedruckt, wie auch als Datei geben wenn möglich (letzteres jage ich ganz simpel durch die Rechtschreibprüfung), und stehe mit einem runden Dutzend Tippfehler eigentlich ganz gut da.
Auch hilfreich sind gute Freunde (und rasche Leser), die den Text noch nicht in zig Varianten kennen.
ZitatIch hatte auch schon einmal den Fall, wo selbstständig im Text geändert wurde, ohne die Änderungen zu markieren. Ich stolperte darüber, weil ein Charaktername von mir falsch geschrieben war, ich aber wusste, dass ich meinen Charakter nicht falsch schreibe. Ich sah nach und entdeckte, dass da einfach ohne Markierung umgeschrieben wurde. In diesem Fall ließ ich mir das Manuskript noch einmal nach allen Korrekturen zeigen, ehe ich es freigab. Da war dann das Vertrauen nicht mehr so gut, wie ihr euch sicher vorstellen könnt.
Nicht dokumentierte Änderungen sind eigentlich ein No Go. Die Freigabe sollte aus diesem Grunde immer erst ganz zum Schluss erfolgen.
Ärgerlich finde ich vor allem Fehler in Klappentexten, die das Marketing sich irgendwie aus dem Exposé zusammenkürzt, obwohl man selbst fehlerfreie Texte abgibt. (hier noch mal Darth hoch 2) Aber das ist wieder ein anderes Thema...
Zitat von: Linda am 02. Mai 2014, 17:47:26
natürlich. Jede Übersetzung wird auch noch mal lektoriert und danach gibt es einen reinen Korrektur-Leseschritt. Aber die Arbeitsverdichtung gerade in den großen Verlagen hat enorm zugenommen, es gibt immer mehr Titel mit immer weniger Leuten, und nicht jeder kann das als Nebenverdienst-Job betreiben, und sich relativ Zeit nehmen.
Das war ja auch kein Vorwurf an die Lektoren und Korrektoren. Aber (Personal-)Zeit ist Geld, und das wird vom Unternehmer natürlich gerne eingespart. Das kann in einem Verlag gar nicht anders sein, als in jedem anderen Wirtschaftsunternehmen auch. Aber wenn man ein Produkt, hier: ein Buch, teuer anbietet, mit dem Argument, dass dieses Produkt besser ist als das von Billiganbietern (hier: Self-Publisher, bzw. Dienstleister oder DKZV), dann muss der teure Anbieter in die Herstellung seines Produktes auch entsprechend mehr investieren, als ein Billiganbieter das tut/täte/könnte. Nur dann ist der höhere Preis auch gerechtfertigt. Um konkret zu werden: Eine "Lied von Eis und Feuer"-Übersetzung vonBlanvalet MUSS für die 15 Euro je Paperback einfach besser lektoriert und korrigiert sein, als der Roman eines Self-Publishers. Da darf dann eben kein Student im Nebenjob dran sitzen, sondern man muss den Text von einem oder sogar mehreren (teuren) Germanisten (sorgfältig = viele Stunden = richtig teuer) lesen lassen. Die Einnahmen sollten diese Kosten rechtfertigen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die paar tausend Euro, die ein erstklassiger Korrektur-Durchgang vielleicht kostet, den gesamten Gewinn eines neuen "Lied-von-Eis-und-Feuer"-Bandes aufzehren würden. Da bleibt für den Verlag bestimmt immer noch was bei über.
Wenn die Mövenpick-Restaurants ihre Zutaten beim Aldi einkaufen würden, eventuell sogar die abgelaufenen zum Sonder-Rabatt, und sie von ungelernten Aushilfskräften zusammenrühren ließen, würde kein Kunde einsehen, dass er für dieses Essen doppelt oder dreimal so viel bezahlen soll, wie im Imbiss. Jedes Unternehmen muss Gewinne machen, klar. Aber teure Produkte dürfen nicht nur teuer sein, um die maximale Gewinnspannen zu finanzieren, und Werbebudgets, die Konkurrenten aus dem Markt drängen können. Davon haben nämlich nicht die Kunden Vorteile, sondern nur die Unternehmen. Und warum sollten Kunden das dann bezahlen wollen?
Zitat von: Linda am 03. Mai 2014, 11:58:26
Nicht dokumentierte Änderungen sind eigentlich ein No Go.
Das dachte ich bis dahin auch. Ist mir aber auch nur das eine Mal passiert.
Zitat von: Linda am 03. Mai 2014, 11:58:26
Ärgerlich finde ich vor allem Fehler in Klappentexten, die das Marketing sich irgendwie aus dem Exposé zusammenkürzt, obwohl man selbst fehlerfreie Texte abgibt. (hier noch mal Darth hoch 2) Aber das ist wieder ein anderes Thema...
Ich hatte in der ersten Auflage meines Debüts einen Riesenfehler auf der Buchrückseite in der Überschrift des Klappentextes. Wunderschön und groß stand da in goldener Schrift: "Die magische Elfenköngin". Mann, da war ich zerstört. Das erste Mal das eigene Buch in Händen und dann das. Wurde für die nächsten Auflagen dann aber zum Glück ausgebessert.
Zitat von: canis lupus niger am 03. Mai 2014, 12:47:21
Um konkret zu werden: Eine "Lied von Eis und Feuer"-Übersetzung vonBlanvalet MUSS für die 15 Euro je Paperback einfach besser lektoriert und korrigiert sein, als der Roman eines Self-Publishers. Da darf dann eben kein Student im Nebenjob dran sitzen, sondern man muss den Text von einem oder sogar mehreren (teuren) Germanisten (sorgfältig = viele Stunden = richtig teuer)
[...] Jedes Unternehmen muss Gewinne machen, klar. Aber teure Produkte dürfen nicht nur teuer sein, um die maximale Gewinnspannen zu finanzieren, und Werbebudgets, die Konkurrenten aus dem Markt drängen können. Davon haben nämlich nicht die Kunden Vorteile, sondern nur die Unternehmen. Und warum sollten Kunden das dann bezahlen wollen?
das ist absolut richtig und legitim. Wenn mehr Kunden ihre Beschwerden an die richtige Adresse (Verlag) senden würden (ganz knapp mit den wichtigen Angaben: Buchtitel, Seitenzahl, Fehler, Preis, Unzufriedenheit) und ihren Unmut kundtun würden, dann würden die Verlage ja in Zugzwang geraten. Aber die meisten Menschen schlucken lieber ihren Groll und ärgern sich, statt Konsequenzen zu ziehen. Bücher einfach nicht mehr kaufen, ist keine lehrreiche Lektion für Verlage. Die hauen dann eher noch mehr raus, in der Hoffnung, den Geschmack der Leser wieder zu treffen.
Der einzelne Titel muss einen höheren Stellen
wert erhalten.
Lektoren und Korrektoren wären dankbar, wenn sie mehr Zeit in Bücher und Textarbeit stecken können. Übersetzer könnten sich mehr Zeit nehmen, wenn die Programme nicht so dicht aufeinander folgten. Buchhändler müssten nicht dauernd neu ein- und ausräumen, weil dauernd neue Titel drängen. Leser würden keine Berge ungelesener Bücher horten, dafür zeitig Nachfolgebände kaufen können...
Da folgt ein Rattenschwanz nach, aber der Kunde ist der König und muss seinen Willen deutlich machen.
Es würde dann etwas bewegen, wenn diese Beschwerden wirklich bis zu den Verantwortlichen vordringen würden. Aber bis ein Verlagsleiter eines großen Publikumsverlags auch nur einen Leserbrief in die Hand bekommt, sitzen noch andere Leute vor ihm, die empfangen, sortieren, löschen, weiterleiten oder ablegen.
Es müsste schon ein wirklich wirkungsvoller Protest von vielen Lesern zum gleichen Problem sein und die Gefahr bestehen, dass massiv öffentlich sichtbar Kritik geübt würde, dann vielleicht würde sich etwas bewegen.
Ich bin als Kunde in Restaurants so, dass ich nie einfach erdulde, was mir vorgesetzt wird. Das Essen muss mir so schmecken, wie es auf dem Teller serviert wird und ich beschwere mich immer, wenn Nudeln zu weich, die Sauce zu salzig usw... ist. Dafür meide ich kein Restaurant, auch wenn ich da mal nicht zu meiner Zufriedenheit gegessen habe. Jeder hat eine zweite Chance verdient.
Zitat von: Maria am 03. Mai 2014, 16:28:52
Ich bin als Kunde in Restaurants so, dass ich nie einfach erdulde, was mir vorgesetzt wird. Das Essen muss mir so schmecken, wie es auf dem Teller serviert wird und ich beschwere mich immer, wenn Nudeln zu weich, die Sauce zu salzig usw... ist. Dafür meide ich kein Restaurant, auch wenn ich da mal nicht zu meiner Zufriedenheit gegessen habe. Jeder hat eine zweite Chance verdient.
Offtopic, aber weil's gerade so gut passt:
Das ist bewundernswert, so etwas packe ich nie. Selbst wenn es grässlich ist und ich keinen Bissen runterbekomme, sage ich beim Abräumen immer noch mit einem gequälten Lächeln, dass es ganz toll war und ich nur keinen Hunger hatte ::)
Mein Mann hingegen haut sofort auf den Tisch und ich schäme mich dann immer ganz fürchterlich und werde auf meinem Stuhl immer kleiner. Meistens kann ich mich gerade noch zusammenreißen, um mich nicht zu entschuldigen.
Einmal im Eissalon warteten wir über eine Stunde auf unser Eis und als es dann endlich serviert wurde, fragte mein Mann: "Waren Sie die Erdbeeren erst im Wald pflücken"? Ich trete ihn dann immer unter dem Tisch, weil mir das so peinlich ist.
Da fällt mir ein, dass ich neulich ein Video von Christoph Waltz über die Unterschiede von Österreichern und Deutschen gesehen habe. Die Deutschen sagen angeblich immer direkt, was sie meinen, auch wenn's noch so hart ist. Die Österreicher sind hingegen immer freundlich, aber meistens meinen sie es nicht so.
Ich falle da wohl wirklich ins Klischee ::)
Daher bin ich auch so froh, einen Agenten zu haben. Ich wäre für alle Verlage ein gefundenes Fressen und würde mich ordentlich über den Tisch ziehen lassen, nur weil ich mich nicht traue, den Mund aufzumachen. Mittlerweile ist es schon etwas besser geworden, aber anfangs nahm ich auch alle Vorschläge bei Lektoraten an, weil ich mich gar nicht traute, da gegen den erfahrenen Lektor zu sprechen. Mittlerweile, wenn ich von etwas überzeugt bin, stehe ich schon dafür ein. Das ist halt ein Reifeprozess.
Zitat von: Maria am 03. Mai 2014, 16:28:52
Es würde dann etwas bewegen, wenn diese Beschwerden wirklich bis zu den Verantwortlichen vordringen würden. Aber bis ein Verlagsleiter eines großen Publikumsverlags auch nur einen Leserbrief in die Hand bekommt, sitzen noch andere Leute vor ihm, die empfangen, sortieren, löschen, weiterleiten oder ablegen.
Es müsste schon ein wirklich wirkungsvoller Protest von vielen Lesern zum gleichen Problem sein und die Gefahr bestehen, dass massiv öffentlich sichtbar Kritik geübt würde, dann vielleicht würde sich etwas bewegen.
der Verlagsleiter ist da natürlich der falsche Adressat. Das wäre so, als würde ich wegen eines fehlenden Verkehrsschildes in meiner Wohnstraße die Bundeskanzlerin abkanzeln.
Ansprechpartner solcher Leserbriefe sind auch nicht die Lektoren, die würde ich an's Marketing senden. Das ist die Abteilung im Verlag, die am meisten auf Außenwirkung guckt. Die merken schon, wenn sich diverse Leute beschweren (und sei es nur über Facebook oder eine ähnliche Quelle) und die würden das dann auch irgendwann weiterleiten. Beschwert man sich beim Buchhändler (und zwar in Massen, ohne natürlich diese zur Verantwortung zu ziehen) bekommen das bei genug Meckereien auch die Verlagsvertreter mit.
Man muss eine Verbindung herstellen zwischen Kaufverhalten und Meinung. Also z.B. androhen, keine weiteren Bücher der Reihe zu kaufen,
wenn sich das Fehlerverhältnis nicht spürbar bessert, und mit der Umsetzung auch ein Jahr oder mehr warten, denn solange werden die Programme locker im Vorraus geplant. Aber nicht einfach nur irgendwann nicht mehr kaufen oder auf Englisch ausweichen .
Fantasy (incl. aller Varianten) ist kein Schmuddelkind mehr, sondern eine ernstzunehmende Größe. Sie wird aber in den Verlagen oft genug noch wie ein Kellerkind behandelt und abgefertigt. Schlechte und sexistische Cover wie in den Siebziger-Jahren lässt sich heute auch kein Fantasy/SF-Leser mehr bieten (mit sehr wenigen, bewusst trashigen, Ausnahmen). Schreibfehler und sinnentstellender Stil gehen da noch deutlich eine Ebene höher. Wer geübte Leser will, der muss qualitätvolle, oder doch wenigstens den Standards entsprechende Literatur bieten.
Ich denke mir aber, dass den Marketingleuten im Verlag durchaus klar ist, dass es irgendwo nicht weit her sein kann mit der Qualität bei den Massen, die viele Verlage im Monat raushauen. Aber eben diese Masse macht's auch. *Groschen in's Phrasenschwein wirft* Die schaufeln sich ihr eigenes Grab im vollen Bewusstsein und reden sich selbst ein, dass sie nur Blumen pflanzen wollen.
Das Problem wird wohl sein, dass die Marketing-Leute wissen, wie man Kunden etwas schmackhaft macht, die Lektoren wissen, was ein gutes Buch ausmacht, und die Finanzabteilung weiß, wie hoch die Gewinne sind oder/und sein sollen. Bloß ist es erforderlich, dass diese drei Abteilungen ihre verschiedenen und einander teils ausschließenden Prämissen (Lektorat: maximale Buchqualität, Marketing: ALLES verkaufen, was der Verlag produziert, Finanzen: möglichst hohe Gewinne erzielen) in Übereinstimmung bringen müssen. Derjenige, der die Entscheidung trifft, in der Regel wohl Verlagsleiter oder Vorstand, hat dann seinen Interessenschwerpunkt bei einer der verschiedenen vorgebrachten Forderungen. Wen würde es wundern, wenn dieser bei "möglichst hohen Gewinnen" liegt. Davon hat der Entscheider persönlich am meisten. Und selbst, wenn er ein selten idealistischer Verlagsmensch ist (XY-Verlag stand immer für anspruchsvolle, spannende Literatur, war ein Trendsetter beim Entdecken und Erschließen neuer Stilrichtungen, wo andere sich auf den Mainstream beschränkt haben.), werden die anderen Vorstandsmitglieder ihn daran erinnern, dass es in der Wirtschaft nicht um Idealismus geht, sondern um Geld, und dass ein anderer Verlagsleiter diesen Zusammenhang eventuell besser verstehen könnte.
Eine der Ursachen für diese ausschließliche Orientierung auf Gewinnmaximierung ist meiner Meinung nach der Zusammenschluss von ursprünglich unabhängigen Verlagen zu immer größeren Konzernen. Die unter deren Dach zusammengefassten "Töchter" sind alle der gleichen Unternehmenspolitik unterworfen. Was hat der Heyne Verlag zum Beispiel früher für vielfältige, teils skurrile Literatur herausgebracht, unter anderem den "Science Fiktion Story Reader", regelmäßig jedes Jahr einen neuen Band dieser Anthologie. Wäre heute gar nicht mehr vorstellbar, denn damit verdient man ja kein Geld.
Zitat von: Zitkalasa am 06. Mai 2014, 00:03:20
Ich denke mir aber, dass den Marketingleuten im Verlag durchaus klar ist, dass es irgendwo nicht weit her sein kann mit der Qualität bei den Massen, die viele Verlage im Monat raushauen. Aber eben diese Masse macht's auch. *Groschen in's Phrasenschwein wirft* Die schaufeln sich ihr eigenes Grab im vollen Bewusstsein und reden sich selbst ein, dass sie nur Blumen pflanzen wollen.
Naja, das mit den Massen hat sich ja schon stark eingeschränkt. Die meisten großen Verlage haben ihre Programme stark gekürzt (oft um mehr als die Hälfte), ganze Genres rausgenommen und sie konzentrieren sich jetzt wieder auf weniger Titel in weniger breit gefächerten Bereichen. Das ist zwar einerseits für uns Autoren schade, da es damit noch schwieriger wird, einen Vertrag zu bekommen - denn jetzt gibt es viel, viel weniger Programmplätze - andererseits ist es der Qualität sicher förderlich.