Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Handwerkliches => Workshop => Thema gestartet von: Thaliope am 28. Juli 2013, 08:04:01

Titel: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Thaliope am 28. Juli 2013, 08:04:01
Ich frage mich gerade, woran man beim Lesen erkennt (oder zu erkennen glaubt), ob ein Ich-Erzähler männlich oder weiblich ist. Identifiziert man es vielleicht sogar automatisch mit dem Namen des Autors? Wie gängig ist es überhaupt, dass eine Autorin aus einer männlichen Ich-Perspektive schreibt?

Beim Schreiben selbst habe ich ja klar im Kopf, aus wessen Sicht ich schreibe, aber mir ist es schon mehrfach passiert, dass der Leser/Hörer dann eine andere Vorstellung im Kopf hatte.

Gibt es typisch männliche und typisch weibliche Arten, sich auszudrücken? Worauf muss ich als Frau besonders achten, wenn ich eine Erzählstimme wie einen Mann klingen lassen möchte (ohne dass er jetzt besonders "männlich" sein müsste. Einfach nur ein Mann eben)?

Was meint ihr? Habt ihr euch beim Lesen vielleicht auch schonmal "vertan" - und habt eine Ahnung, woran es gelegen haben könnte?

LG
Thali
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Feuertraum am 28. Juli 2013, 08:19:11
Auch auf die Gefahr, dass man bei meiner Antwort nun die Augen verdreht und ich die Pfanne bekomme, aber in den allermeisten Fällen ist es so, dass die Ich-Person entweder sich am Anfang selbst vorstellt oder - was auch keine Seltenheit ist - mit Namen angesprochen wird.
Und ich wage mal zu behaupten, dass kein Autor seine Leser dadutch aufs Glatteis zu führen bereit ist, in dem er die Hauptfigur als einen Thomas hinstellt und zum Schluss erklärt, dass Thomas eine Frau ist.
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Thaliope am 28. Juli 2013, 08:33:18
Hmja. Ich hätte in meinen Post doch noch aufnehmen sollen, dass ich Situationen meine, in denen es nicht aus dem Inhalt hervorgeht. Ich meine wirklich die reine Ausdrucksweise und das Bild, das dabei im Kopf des Lesers entsteht.

Ich weiß schon, dass man es eindeutig klarmachen kann, wenn  man will. Aber es geht mir um das Gefühl, um den intuitiven Eindruck beim Lesen. Manchmal habe ich zumindest eine klare Vorstellung davon, wer mir da was erzählt, und dann kommt irgendwann die "Aufklärung", und ich muss beim Lesen komplett umdenken. Und ich frage mich, wie sowas entsteht.

LG
Thali




Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Rynn am 28. Juli 2013, 09:23:54
Ich glaube, es wird ziemlich schwer, das Geschlecht zu bestimmen, wenn man keine eindeutigen Hinweise gibt. Ich schreibe fast ausschließlich Ich-Erzähler, und ich schreibe auch sehr gern männliche Ich-Erzähler, aber ich würde nicht sagen, dass es eine männliche und eine weibliche Art zu erzählen gibt. Es gibt individuelle Arten zu erzählen, völlig losgelöst vom Geschlecht. Mann 1 redet anders als Frau 1, die wiederum anders redet als Frau 2 und Mann 2. Ich stelle mir meine Figuren als Individuen vor, nicht als "männliche Figur vs. weibliche Figur". Sicher schreibt man einem Mann prinzipiell eine andere Wortwahl zu als einer Frau, aber meistens ist das dann auch eine ziemlich klischeebehaftete Vorstellung. Wenn man, einmal überspitzt gesagt, jeden Text nach "nett erzählt = weiblich" und "mit Schimpfwörtern erzählt = männlich" sortiert, dann wird man wohl mehr als einmal falschliegen.

Trotzdem halte ich es für unheimlich wichtig, dass man als Autor früh im Text – so früh wie möglich – klarstellt, welches Geschlecht der Erzähler hat. Denn wenn man die Handlung dreißig Seiten liest und den Erzähler für eine Frau hält, bis dann auf Seite 31 jemand sagt "Ey, Junge" (oder eben auch andersherum), dann stößt man den Leser damit vor den Kopf. Und das ist für mich in den meisten Fällen schlechtes Handwerk.
Einen anderen Fall haben wir natürlich, wenn das Geschlecht den ganzen Text über nie aufgelöst wird und bewusst offengelassen wird oder wenn der Autor ganz bewusst mit der Erwartungshaltung spielt und diese ganz gezielt zerstören will. Das gibt es natürlich auch, kommt aber seltener vor. Meistens ist es eben doch einfach nur nicht optimal gelöst.

Abgesehen von der bloßen Namensnennung gibt es aber noch einige andere Dinge, die man verwenden kann, um das Geschlecht zu implizieren, ohne es auszusprechen. Wenn ein Ich-Erzähler im allerersten Satz sagt, zum Geburtstag bekam er "ein pinkes Fahrrad", dann gehen Leser automatisch davon aus, dass der Erzähler ein Mädchen sein wird. Wenn ein Ich-Erzähler im allerersten Satz sagt, dass er sich mit Kumpels zum Bier trifft, dann gehen Leser davon aus, er muss ein Mann sein. Damit bedient man einfach Gemeinplätze, mit denen man zumindest ein wenig subtiler sein kann als mit der "Hallo Thomas, wie schön dich zu sehen, mein Sohn!"-Taktik. ;) (Gegen die ich an sich auch nichts einzuwenden habe; auch das finde ich legitim. Hauptsache, ein Leser erfährt so früh wie möglich, wen er vor sich hat.)
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Churke am 28. Juli 2013, 09:29:03
Zitat von: Thaliope am 28. Juli 2013, 08:33:18
Manchmal habe ich zumindest eine klare Vorstellung davon, wer mir da was erzählt, und dann kommt irgendwann die "Aufklärung", und ich muss beim Lesen komplett umdenken. Und ich frage mich, wie sowas entsteht.

Bei Absicht durch das Können, bei Nichtabsicht durch das Unvermögen des Autors.

Zitat von: Thaliope am 28. Juli 2013, 08:04:01
Gibt es typisch männliche und typisch weibliche Arten, sich auszudrücken?
Ja.

ZitatWorauf muss ich als Frau besonders achten, wenn ich eine Erzählstimme wie einen Mann klingen lassen möchte (ohne dass er jetzt besonders "männlich" sein müsste. Einfach nur ein Mann eben)?
Achten? Du musst Männer verstehen und wissen, wie sie reden. Der Rest ist ein Rollenspiel und stinkeeinfach.  :engel:

Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Christopher am 28. Juli 2013, 09:55:33
Kommt durch die Art und Weise wie ein Charakter denkt.

Ich gebe mal ein etwas aus dem Zusammenhang gerissenes Beispiel. Eine kurze Zusammenfassung eines kleinen Artikels über ein psychologisches Experiment, der in "Die Welt" erschienen ist.

Bei diesem Experiment wurden Frauen und Männern unterschiedlichste bilder gezeigt und dabei gemessen, wie lange ihr Blick in verschiedenen Regionen des Bildes verweilte, wo er zuerst hinging usw. Waren z.B. Raubtiere (Löwen o.ä.) auf dem Bild zu sehen, gingen die Blicke grundsätzlich zuerst da hin usw.

Nun zu der Männer/Frauensache. Waren Personen auf den Bildern zu sehen (egal ob Männer oder Frauen!) verweilte der Blick von Frauen grundsätzlich deutlich länger auf diesen, als der von Männern. Frauen taxierten die gezeigten Personen oftmals komplett, während Männer sich nur einen kurzen Überblick verschafften und dann an andere Punkte des Bildes schweiften, z.B. dem Fisch den die gezeigte Person gerade gefangen hatte, interessante Punkte der Landschaft o.ä.
Es kann natürlich sein, dass die Männer, bewusst nicht allzugenau die gezeigten Frauen angesehen haben. Schließlich wurde ja gemessen, was sie sich angucken und für wie lange. Da aber Personen beiderlei Geschlechts gezeigt wurden und die Verweildauer des Blicks von Frauen auch beim betrachten von anderen Frauen länger war, kann man davon ausgehen, dass Frauen Personen ein deutlich höheres Interesse entgegenbringen als Männer.

So, was hat das ganze jetzt mit dem Thema zu tun?

Es geht um die Denkweise und den Umfang des Interesses. Frauen (so scheint es mir auch wenn ich Bücher von ihnen lese) legen Beobachtungsschwerpunkte oftmals in Personen oder deren Interaktionen mit ihnen/mit anderen. Männer betrachten Personen zwar und taxieren sie kurz um sie einzuordnen, widmen ihre Aufmerksamkeit danach aber eher dem Geschehen. Ist ein Mann kein Konkurrent oder eine Frau keine Potenzielle Partnerin, wird diese Person gedanklich schnell in den Hintergrund gedrängt und es geht eher um die Handlung. Ebenso geht Männern dieses "schwärmen" völlig ab. Eine Person zu beobachten und dann mitten im Gedankengang darauf zu kommen wie toll sie doch ist, geht Männern völlig ab. Bei so etwas würde ich die Person sofort als Frau identifizieren. Das muss nichts sexuelles sein. Die reine Bewunderung für eine Person die etwas besonders gut macht kommt  - zumindest bei mir - gedanklich sehr selten mittendrin vor.

Ich würde empfehlen, einfach versuchen einen Text bei dem nicht genannt wird welchen Geschlechts der Ich-Erzähler ist zu schreiben und dem einem Testleser vorzulegen. An praktischen Beispielen kann man das viel einfacher festmachen, als so ins Blaue hinein zu erzählen, was die Denk-/Erzählweise eines Mannes/einer Frau ausmacht ;D
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Thaliope am 28. Juli 2013, 10:08:59
Danke, Christopher!  :knuddel: deine Ausführungen finde ich schonmal ungemein hilfreich. Informationen in diese Richtung habe ich gesucht. Das gibt mir jedenfalls einen sehr interessanten Ansatzpunkt zur Analyse von Texten und zur eigenen Umsetzung.

@Rynn: In Sachen Individualität stimme ich dir natürlich völlig zu :) Und es geht ja auch nicht darum zu sagen, dass alle Männer gleich sprechen und alle Frauen anders gleich ;). Aber offenbar haben wir ja beim Lesen ein bestimmtes Bild im Kopf.

ZitatTrotzdem halte ich es für unheimlich wichtig, dass man als Autor früh im Text – so früh wie möglich – klarstellt, welches Geschlecht der Erzähler hat. Denn wenn man die Handlung dreißig Seiten liest und den Erzähler für eine Frau hält, bis dann auf Seite 31 jemand sagt "Ey, Junge" (oder eben auch andersherum), dann stößt man den Leser damit vor den Kopf. Und das ist für mich in den meisten Fällen schlechtes Handwerk.

Und genau das ist der Punkt, der mich interessiert: Wie kommt es denn, dass man jemanden fälschlicherweise für eine Frau hält? Woran macht sich das im Text fest? Und inwiefern spielt die Vorerwartung des Lesers da mit rein? Weißt du, was ich meine?

Danke für die konstruktiven Beiträge!
LG
Thali

Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Alaun am 28. Juli 2013, 10:18:46
Interessantes Thema!
Ich denke, es hängt auch sehr davon ab, welche Art von Persönlichkeit die Figur hat. Um mal ganz bewusst extreme und plakative Beispiele zu bringen:

Ein Fußball-Proll, der seine Freizeit überwiegend mit Grillen und Biertrinken verbringt, drückt sich anders aus als der verkopfte Philosophiestudent. Eine Frau, die sich ausschließlich über Äußerlichkeiten definiert setzt andere Schwerpunkte in ihrer Wahrnehmung und Kommunikation als eine Geschlechtsgenossin, die mehr reflektiert. Und nicht zuletzt gibt es einfach mehr oder weniger sensible Menschen, unabhängig vom Geschlecht.

Um Missverständnissen vorzubeugen: ich habe weder etwas gegen Fußball, noch gegen das Grillen noch gegen Äußerlichkeiten. Es sind nur plakative Beispiele.



Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Kati am 28. Juli 2013, 10:33:26
Ich würde mich da Rynn anschließen wollen, ich glaube nicht, dass man so von vorne rein sagen kann "Männer sind so, Frauen sind so". Figuren sollten zuallererst individuell sein, unabhängig vom Geschlecht, dann kann man sich Gedanken darüber machen, wie man nun deutlich werden lässt, welches Geschlecht eine Figur hat. Das Problem mit all den Beispielen ist ja, dass es immer Ausnahmen gibt. Die Person, die ein pinkes Fahrrad geschenkt bekommt, kann genauso gut ein Junge sein, der die Farbe eben mag, kommt öfter vor, als man denkt.  ;) Schrecklich finde ich, wenn ein Autor versucht das Geschlecht des Protagonisten über "typische" Eigenschaften zu definieren. In einem von einer Frau geschriebenen Roman mit männlichem Erzähler starrte der Protagonist allen Mädchen auf die Beine, weil das ja angeblich typisch männlich ist.  ::) Wie man es also ohne Klischees und dergleichen von Anfang an deutlich macht, ist eine gute Frage.

Ich denke, ganz wichtig ist, was Churke sagt: Man muss die Figur verstehen. Damit meine ich aber nicht "man muss Männer / Frauen verstehen", weil so unterschiedlich denken wir von Natur aus sicherlich nicht. Es geht viel eher um die gesellschaftlichen Einflüsse, unter denen die Figur aufgewachsen ist. Da ich nie mit männlichen Rollenbildern aufgewachsen bin, muss ich mich da rein denken können, um die Figur so handeln zu lassen, wie ein Junge unter den Umständen handeln würde. Jungen werden ja durchaus anders erzogen als Mädchen und ich denke, da muss man ansetzen um zu verstehen, wieso eine Figur so ist, wie sie ist. Merkwürdig kommt es dem Leser meist vor, wenn eine männliche Figur wirkt, als wäre sie mit weiblichen Rollenbildern erzogen worden. Das merkt man und dann fühlt sich das Buch komisch an und man weiß nicht so recht, was man da nun vor sich hat. Aber am sichersten ist natürlich immer noch die männliche Anrede, dann ist alles klar.

ZitatUnd ich wage mal zu behaupten, dass kein Autor seine Leser dadutch aufs Glatteis zu führen bereit ist, in dem er die Hauptfigur als einen Thomas hinstellt und zum Schluss erklärt, dass Thomas eine Frau ist.

Doch. Mir ist einmal ein Roman untergekommen, in dem die ominöse Hauptperson mit Unisexnamen sich später als Frau herausgestellt hat, obwohl ich und andere Leser über die Hälfte gedacht haben, es müsste ein Mann sein. Sowas soll wohl als Plot Twist funktionieren, finde ich aber wenig optimal, man ärgert sich eher und fühlt sich veralbert.
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Thaliope am 28. Juli 2013, 11:35:01
Hmmm, das mit den Rollenvorbildern ist auch ein sehr interessanter Ansatz, in den ich mich mal reindenken müsste. Das könnte sehr aufschlussreich sein, danke dafür :)

Ich selbst habe mir bisher wenig Gedanken um solche Rollenbilder gemacht, weil für mich - wie hier auch schon mehrfach angesprochen - nur die individuelle Figur im Vordergrund steht und nicht ihr Geschlecht. Aber dann stand ich einmal recht ratlos vor dem Feedback, meine Figur würde sich "weiblich" lesen. Und da frage ich mich eben, welcher Teil an meiner Ausdrucksweise  dafür verantwortlich ist.

In diesem Punkt finde ich übrigens, dass Klischees eine zweischneidige Sache sind. Natürlich sind sie einerseits böse und wir wollen uns alle davon lösen. Auf der anderen Seite sind sie, dosiert eingesetzt, prima dazu geeignet, im Leser Bilder und Vorstellungen hervorzurufen, was sich gerade an diesem Beispiel ganz interessant zeigt, finde ich. Es geht ja nicht um zwingend eindeutige Zuordnungen, sondern um Wahrscheinlichkeiten, darum, mit welchen Worten welche spontanen Assoziationen verknüpft sind (so sehr diese Assoziationen gesellschaftlich bedingt sein mögen, und so gründlich wir sie intellektuell hinterfragen - als Mechanismus zur Bilder-Erschaffung dürfen wir sie wohl nicht außer Acht lassen.)

LG
Thali

Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Judith am 28. Juli 2013, 11:35:57
Ich habe einmal ein Buch mit so einem Plot-Twist gelesen - Hintergrund des ganzen war da im Grunde, dass ein Mädchen sich bei anderen als Junge ausgibt und auch den Lesern erst sehr spät verrät, dass es eben keiner ist. Ich habe nachher Rezensionen gelesen, die mir gezeigt haben, dass die meisten Leser damit aufs Glatteis geführt wurden, aber ich habe genau so etwas schon vom Beginn an geahnt.
Ob es allerdings nun an der Erzählstimme lag oder einfach an dem diffusen Gefühl, dass da ein Twist kommen wird, kann ich nicht mehr sagen. Interessant war es dennoch, dass ich bei der großen "Enthüllung", die anscheinend die meisten kalt erwischt hat, nur dachte "Aha, ja, genau das, was ich schon die ganze Zeit geahnt habe".  ::)
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Grey am 28. Juli 2013, 11:38:44
Zitat von: Churke am 28. Juli 2013, 09:29:03
Bei Absicht durch das Können, bei Nichtabsicht durch das Unvermögen des Autors.
Ja.
Achten? Du musst Männer verstehen und wissen, wie sie reden. Der Rest ist ein Rollenspiel und stinkeeinfach.  :engel:

:wache!:

Churke, wenn du schon nichts Konstruktives oder Hilfreiches zur Diskussion beizutragen hast, würde ich dich bitten, dir auch Kommentare wie diese zu verkneifen, die keinerlei Inhalt haben, außer dem Fragesteller zu vermitteln, dass seine Frage aus deiner Sicht dumm war. Das ist vollkommen unnötig, verletzt darüber hinaus die Kommunikations- und Umgangsformen des Forums und bringt niemanden weiter, vor allem wenn es sich um eine vernünftige handwerkliche Diskussion handelt.
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Lavendel am 28. Juli 2013, 13:58:59
Hm, jetzt kommt natürlich wieder die Feministin durch, aber ich würde sagen, es gibt keine "weibliche" oder "männliche" Sprache - nicht an sich. Es gibt allerdings Attribute, die im Allgemeinen die eine Zuschreibung von weiblich oder männlich beinhalten, obwohl sie im Grunde nichts mit dem biologischen Geschlecht zu tun haben, auch in der Sprache. Das ist allerdings nicht so fürchterlich eindeutig, finde ich, genauso wenig wie es eindeutig sein muss, ob ein Autor männlich oder weiblich sit.

Ich denke, man beurteilt das Geschlecht des Erzählers vermutlich am ehesten über die Themen, die der Text berührt, und über die Dinge, die die Figur tut. Wer joggen geht und zum Frühstück die Kalorien der Haferflocken mit frischem Obst zählt, wird wahrscheinlich schnell als weiblich eingestuft, wer vor dem Duschen zehn Klimmzüge macht und sich dann ein Mettbrötchen reinhaut, wahrscheinlich eher als männlich. Ok, das sind blöde Beispiele (es geht da doch subtiler ... ::)) und es ist sicherlich nicht immer in jedem Text ganz einfach, einen Ich-Erzähler einem Geschlecht zuzuordnen, aber ich würde sagen so funktioniert die Zuschreibung im Allgemeinen - über die mehr oder weniger auffälligen Unterschiede in der Sozialisation. (Natürlich auch über die Körperlichkeit der Figur, wenn das denn ein Thema ist, aber dann wäre es ja eh sehr schnell eindeutig, jedenfalls, was das biologische Geschlecht angeht ;)).
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Christopher am 28. Juli 2013, 15:25:28
Man kann sich natürlich gegen diese Klischees sträuben, im ach so politisch korrektem modernen Leben mag das auch angebracht sein...

Aber: Was spricht dagegen, diese Klischees für sich arbeiten zu lassen? Anstatt sich dagegen zu sträuben und darüber zu ärgern und es unbedingt ANDERS machen zu wollen, kann man das auch ausnutzen. Und das ist nicht mal schlimm.

Das fiel mir das erste mal auf, als ich zufällig bei einem Bekannten eines der Harry Potter Bücher in die Finger bekam. Aus reinem Vergnügen würde ich die nicht lesen, ist einfach nicht mein Geschmack, aber rein interessehalber hab ich mal die ersten 5-10 Seiten gelesen.

Dabei konnte ich ungefähr alle 30 Sekunden ein Klischee benennen, welches da gerade bedient wurde. In England ist Nebel, in Audienzzimmern hängen immer irgendwelche Übergroßen Porträs herum, in England wird ständig Tee getrunken usw. usf. Hätte ich den Text nicht mit einem Kritiker- sondern Leserauge gelesen, wäre mir das nicht aufgefallen. Was sie damit erreicht hat war aber simpel: Der Leser konnte sich alles sehr leicht vorstellen, weil es eben IMMER in die Klischeenische schlug, also genau das beschrieb, was sich die meisten sowieso schon so vorstellten.

Soviel zum Thema: Klischees für sich arbeiten lassen.
Wie viel oder wenig man dann nutzt, ist jedem selbst überlassen, aber es muss eben nicht schlecht sein. Das politisch korrekte "Aber jeder Mensch ist anders!" hilft dem Leser nicht.

Hoffe, das klang jetzt nicht zu scharf  :-[
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Kati am 28. Juli 2013, 15:52:56
Es sagt ja auch keiner, dass Klischees böse sind und um jeden Preis vermieden werden müssen. Zumindest mir ging es eher darum, nicht alles an Klischees festzumachen. Das Problem mit Klischees ist, dass sie vielleicht auf bestimmte Gruppen zutreffen, aber nicht auf jedes Mitglied dieser Gruppe. Natürlich kann man Klischees super für sich arbeiten lassen, aber man muss ja deshalb nicht jedes umsetzen. Wenn ich will, das mein Protagonist ein rosafarbenes Fahrrad fährt, dann fährt er ein rosafarbenes Fahrrad. Das hat für mich nicht viel mit alles anders machen wollen oder politischer Korrektheit zu tun, sondern mehr mit dem Versuch es näher an die Realität zu bringen. Menschen sind ja nicht nur Klischee, sie haben meist Eigenschaften, die man als "Klischee" bezeichnen würde und solche, die eben vom Klischee abweichen.  :)
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Churke am 28. Juli 2013, 19:45:24
Zitat von: Grey am 28. Juli 2013, 11:38:44
:wache!:

Churke, wenn du schon nichts Konstruktives oder Hilfreiches zur Diskussion beizutragen hast, würde ich dich bitten, dir auch Kommentare wie diese zu verkneifen, die keinerlei Inhalt haben, außer dem Fragesteller zu vermitteln, dass seine Frage aus deiner Sicht dumm war. Das ist vollkommen unnötig, verletzt darüber hinaus die Kommunikations- und Umgangsformen des Forums und bringt niemanden weiter, vor allem wenn es sich um eine vernünftige handwerkliche Diskussion handelt.

Wenn ich Thaliope zu nahe getreten bin, tut es mir leid, das war nicht beabsichtigt.

Davon abgesehen habe ich nur den Standpunkt vertreten (und den vertrete ich immer noch), dass ein Autor wissen muss, ob und wie er sich in eine Person hinein versetzen kann. Eine Person glaubhaft und realistisch, nicht selten sogar typisch, darzustellen ist eine Frage von Empathie und dem persönlichen Erfahrungshorizont des Autors. Ich würde mir z.B. umgekehrt niemals zutrauen, einen weiblichen Ich-Erzähler zu verwenden, da es mir dafür am nötigen Wissen fehlt. Das halte ich auch nicht für eine Frage des Handwerks, sondern eine des Wissens.
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Thaliope am 29. Juli 2013, 07:45:52
@Churke: So formuliert klingt es immerhin nach einem Standpunkt und nicht danach, als würdest du dich nur über die Frage lustig machen. Den Standpunkt selbst finde ich sehr interessant und freu mich, dass du ihn erläutert hast.

Gruß
Thali


Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Fynja am 29. Juli 2013, 17:33:46
Bei der Fragestellung dieses Threads musste ich spontan an ein Buch denken, das ich mit 11 oder 12 Jahren gelesen habe. "Die geheime Tür" von Joachim Friedrich. Die Hauptfigur heißt Chris und verliebt sich im Laufe des Buchs in ein Mädchen. Ich habe also während des Lesens in meinem inneren Auge einen männlichen Protagonisten agieren gesehen- und irgendwann am Ende des Romans war dann von der lesbischen Beziehung der Prota die Rede. Also doch eine Frau.
Damals habe ich mich irgendwie schon verschaukelt gefühlt, eben weil ich die ganze Zeit über ein falsches Bild vom Ich-Erzähler hatte und mich dann gefragt habe, ob ich tatsächlich so bescheuert war, dieses Detail die ganze Zeit über zu übersehen. Mittlerweile weiß ich, dass der Autor diesen Effekt beabsichtigt hat und irgendwie fühle ich mich dabei ertappt, immer noch zu sehr dem "Mann+Frau"-Schema instinktiv zu folgen. Falls die Absicht des Autors war, den Leser dazu zu bringen, von diesem Schema abzuweichen oder insgesamt die Norm in Frage zu stellen statt davon auszugehen, dass diese immer zutrifft, gefällt mir die Idee jetzt eigentlich im Nachhinein.

Dies nur mal als Anekdote am Rande. ;)
Ich persönlich schreibe meistens in der Ich-Perspektive eines weiblichen Protagonisten. Und muss gestehen, dass ich nie darüber nachgedacht habe, wie ich das mit dem Geschlecht rüberbringe, wahrscheinlich weil ich mir sage, dass ich in erster Linie für mich selbst schreibe und erstmal nicht daran denke, wie etwas vom potenziellen Leser wahrgenommen wird. Will man nämlich keinen Überraschungseffekt provozieren, finde ich es ebenfalls wichtig, dass das für den Leser klar wird.
Nun habe ich mir zwei meiner Texte als Beispiel angeschaut und versucht, mich in einen neutralen und ahnungslosen Leser hineinzuversetzen.

Bei dem Roman, den ich zurzeit überarbeite, macht meine Prota sich anfangs Sorgen um ihre Zwillingsschwester. Weint deswegen. Macht sich Gedanken, ist einfühlsam, betont, dass sie wissen würde, ginge es um Liebeskummer... Als der beste Freund der Schwester anruft, meldet sie sich mit Nachnamen und der Freund fragt daraufhin, wer von den beiden dran ist- spätestens hier wird dem Leser wohl klar, dass der Prota nicht männlich sein kann, da sich die Nachfrage seitens des Kumpels ansonsten wohl erübrigt hätte, wenn er eine männliche Stimme vernommen hätte. Nach 6 Seiten dann fällt zum ersten Mal der Name meiner Protagonistin.

Bei meinem anderen Roman(anfang), an dem ich momentan arbeite, kommt als erste Szene ein Traum, in dem sie von einem fremden Typen geküsst wird. In der darauffolgenden Szene ist sie bei ihrem festen Freund und ich erwähne, dass sie nicht bei der Sache ist, als er ihren BH aufknüpfen will.  ;D

Ohne mir bisher Gedanken darüber zu machen, habe ich wohl instinktiv mehr als genug Indizien eingebaut, die dem Leser das Geschlecht der Hauptfigur verraten. Allerdings bin ich gerade selbst ein wenig erschrocken darüber, wie rollenbildlastig diese Indizien sind und subtil eingebaut sind sie wohl auch nicht gerade... Dabei habe ich mich doch vorhin noch selbst ermahnt, nicht immer in der Norm zu denken.
Dennoch - immerhin lässt diese Vorgehensweise keinen Platz mehr für Unsicherheiten und die Frage nach dem Geschlecht ist gleich am Anfang ein für alle Mal geklärt, der Leser hat gleich das richtige Bild vor Augen- also finde ich sowas durchaus legitim. Die genannten Szenen habe ich ja eben nicht geschrieben, um dieses Problem, dessen ich mir beim Schreiben gar nicht bewusst war, zu lösen, sondern weil sie eben zum Plot passen. Besser offensichtlich aber verständlich als subtil und dennoch nicht eindeutig, sofern man es nicht anders beabsichtigt.
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Kerimaya am 29. Juli 2013, 19:34:20
Ich habe oft die Erfahrung gemacht, dass ein Ich-Erzähler sich in seiner Betrachtung der Umgebung zu erkennen gibt (wenn er denn als Männlein oder Weiblein erkannt werden soll ;)). Beispielsweise den Blick auf das jeweils andere Geschlecht, die Beobachtung was der Protagonist am Morgen anzieht etc.
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Thaliope am 29. Juli 2013, 20:21:06
Ich frage mich halt, ob es passieren kann, dass ich solche inhaltlichen Hinweise gebe, und der Leser trotzdem denkt: "Wie, das soll ein Mann sein? Das klingt gar nicht wie ein Mann." Und wenn ja, woran das sprachlich liegt.
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Christopher am 29. Juli 2013, 21:10:10
Puh, wie gesagt:

"Der klingt nicht wie ein Mann klingen sollte!" schlägt eben genau in die Klischeeecke. Wenn man sich vorstellt wie ein Mann/eine Frau eben denken/sprechen sollte, wird jeder Mensch zunächst seine Vorstellung (die quasi immer ein Klischee sein wird) dazu heranziehen.

Woran das sprachlich liegt, kann dir eventuell ein mehrere hundert Seiten langes Psychologiebuch erklären, oder ein Laie indem er mit dem Finger auf die betreffende Stelle zeigt. Beispiele geben ist da besser denke ich. Da würden wir Laien hier eher auf eine Lösung kommen.

Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Tanrien am 29. Juli 2013, 22:06:00
Zitat von: Kati am 28. Juli 2013, 10:33:26
Ich denke, ganz wichtig ist, was Churke sagt: Man muss die Figur verstehen. Damit meine ich aber nicht "man muss Männer / Frauen verstehen", weil so unterschiedlich denken wir von Natur aus sicherlich nicht. Es geht viel eher um die gesellschaftlichen Einflüsse, unter denen die Figur aufgewachsen ist. Da ich nie mit männlichen Rollenbildern aufgewachsen bin, muss ich mich da rein denken können, um die Figur so handeln zu lassen, wie ein Junge unter den Umständen handeln würde. Jungen werden ja durchaus anders erzogen als Mädchen und ich denke, da muss man ansetzen um zu verstehen, wieso eine Figur so ist, wie sie ist. Merkwürdig kommt es dem Leser meist vor, wenn eine männliche Figur wirkt, als wäre sie mit weiblichen Rollenbildern erzogen worden. Das merkt man und dann fühlt sich das Buch komisch an und man weiß nicht so recht, was man da nun vor sich hat. Aber am sichersten ist natürlich immer noch die männliche Anrede, dann ist alles klar.

Das finde ich gut beschrieben und würde noch hinzufügen, dass auch die Reaktion anderer einen Hinweis geben kann, denn Männer und Frauen werden ja durchaus in der Gesellschaft in fast ausnahmslos allen Situationen anders behandelt. Das greift dann wenig bis gar nicht in die Klischee-Kiste im non-PC-Sinne, weil es sich nicht um die Figur selber dreht, sondern um die von ihr ja unabhängige Reaktion anderer auf ihr Geschlecht, gleichzeitig ist es natürlich auch nicht 100% eindeutig. (Es geht dann auch mehr in Richtung Beschreibung von Geschlecht, weniger um das ganz echt 100%ige festlegen.)
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Churke am 30. Juli 2013, 15:43:36
Zitat von: Thaliope am 29. Juli 2013, 20:21:06
Ich frage mich halt, ob es passieren kann, dass ich solche inhaltlichen Hinweise gebe, und der Leser trotzdem denkt: "Wie, das soll ein Mann sein? Das klingt gar nicht wie ein Mann." Und wenn ja, woran das sprachlich liegt.

Das spielt sich nicht nur auf sprachlicher Ebene ab.  Im ICE traf ich mal auf einige Herren, die von einem Abwasserkongress kamen. Die haben es geschafft, von Mannheim bis Ulm nur über Abwasser zu reden. Das würde ich als typisch männlich bezeichnen.
Und dann waren mal zwei Frauen im Nahverkehrszug, da ging es zwischen Stuttgart und Karlsruhe ausschließlich um die Entwicklung von und die Beziehung zu Söhnen, und das in einer Tour hochgradig psychologisierend.
Ich habe das in mich aufgesogen - solche Fallstudien bekommt man selten geliefert.
Wenn ich jetzt beide Gespräche austauschen würde, die Mütter führen nur Abwassergespräche und die Abwasserexperten befassen sich mit Sohn-Konflikten - da würde man sofort merken, dass da etwas nicht stimmt.

Wenn man in der 3. Person schreibt, genügt es, solche Muster imitativ nachzuahmen, um eine glaubwürdige Figur zu erhalten. Beim Ich-Erzähler gilt es aber noch eine Schippe drauf zu legen und Verhaltens-, Denk- und Gesprächsmuster emotional darzustellen. Das Problem ist, dass man den Leuten zwar aufs Maul schauen kann, aber nicht in den Kopf. Da sind wir alle auf Vermutungen und Erfahrungswerte angewiesen.
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Moni am 02. August 2013, 09:16:42
Zitat von: Thaliope am 29. Juli 2013, 20:21:06
Ich frage mich halt, ob es passieren kann, dass ich solche inhaltlichen Hinweise gebe, und der Leser trotzdem denkt: "Wie, das soll ein Mann sein? Das klingt gar nicht wie ein Mann." Und wenn ja, woran das sprachlich liegt.

Ich sage mal so: ohne den Text gelesen zu haben, finde ich es jetzt sehr schwer, dir da irgendwie weiterzuhelfen. Hattest du dieses Feedback denn von mehreren Lesern oder nur einem? Denn gerade in letzterem Fall würde ich mich da jetzt gar nicht dran festklammern, denn dann ist es vielleicht nur der subjektive Eindruck einer einzelnen Person. Und im Zweifelsfall hake doch einmal nach, woran es genau liegt, dass dein Prota nicht als Mann wahrgenommen wurde. Hier kann dir eigentlich nur derjenige weiterhelfen, der dieses Problem mit dem Text hat.
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Thaliope am 02. August 2013, 09:27:36
Es geht mir ja gar nicht um einen speziellen Text. Mehr um allgemeine sprachliche Muster, mit denen bestimmte Assoziationen verknüpft sind. Vielleicht müsste ich das mal einem Sprachwissenschaftler auftragen, anhand eines großen Textkorpus grammatische Strukturen, Gebrauch von Adjektiven unterscheidlicher Kategorien, Satzlänge etc. zu untersuchen. Aber wie ich die Gender-Studies-Leute aus der Linguistik kenne, gibt es da bestimmt schon Abhandlungen. Ich mach mich mal auf die Suche. :)

Aber die Beiträge hier haben mir auf jeden Fall schonmal sehr geholfen, mir inhaltliche Aspekte vor Augen zu führen, die mir vorher gar nicht so bewusst waren und sich sicher auch in der Sprache niederschlagen werden. Danke :)
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Debbie am 02. August 2013, 10:51:04
Ganz abgesehen von Klischees, die man oftmals böswillig auch einfach als "Norm" bezeichnen könnte, denn genau das spiegeln sie meist wider:

- Haben Männer meines Erfahrung nach (meist) eine andere Art zu denken (und zu fühlen) als Frauen. Das schlägt sich oft in der Ausdrucksweise (sachlich vs. emotional) und der Reflektion (oder dem Mangel daran) ihrer Umwelt nieder. Christopher hat das m. E. schon ziemlich treffend erklärt. Neid auf andere Männer, oder ein visueller Vergleich zur eigenen Person, ist in der männlichen Denkweise wohl eher selten. Wie erwähnt, kann man das sehr schön an der Einstellung eines Geschlechts gegenüber anderen Menschen deutlich machen: Mann = potentielle Gefahr (Konkurrent) oder nicht, wobei es hier (wie bei uns Frauen meistens  ;)) nicht um das Aussehen, sondern um Größe, Statur und "Machtgehabe" (Rasierklingen unter den Armen, etc.) geht. Frau = potentielle Partnerin (vielleicht auch nur für 5 Min.) oder nicht (wobei nicht dann erstmal synonym ist zu uninteressant und gegebenenfalls lästig ist). Das revidiert sich aber bei Männern wie bei Frauen, wenn der potentiell uninteressante Gegenpart plötzlich ungeahnte "Eigenschaften" zum Vorschein bringt - sprich, der schmächtige kleine Typ vom Nachbartisch plötzlich auf seinen letzten Sieg bei der Kickbox-Weltmeisterschaft angesprochen wird ...

- Dann sind Männer, was ihre Bedürfnisse angeht, meist einfacher gestrickt. Gutes Essen, ein bequemer Platz zum Schlafen und regelmäßiger Matratzensport stehen ganz oben auf der Liste; dicht gefolgt von dem jeweiligen Interesse, das der gewisse Mann besitzt, z. B. Fußball, Autos, Motorräder, Sport, etc.. Oft eine Mischung aus mehreren Dingen. Alles andere (Pflichten) tritt meist in den Hintergrund, und wenn es zwischen ihnen und ihren Interessen steht, wird es schnell lästig - was die meisten Männer aus Rücksicht auf ihre Umwelt (Frauen) aber mit stoischer Ruhe und "Durchzug" hinnehmen.

- Männer analysieren zwischenmenschliche Beziehungen nicht. Entweder es macht ihnen Angst, oder es überfordert ihre Art zu denken. Wenn ein Mann anfängt über die Verhaltensweise einer Frau nachzudenken (was er selten tut), kann man praktisch sehen, wie sein Gehirn heiß läuft und der Dampf aus den Ohren steigt. Männer denken logisch; die meisten Frauen auch - aber im Gegesatz zu Männern benehmen sie sich oft völlig anders als sie denken. Da kommen Männer nicht mit, weil es für sie (und überhaupt eigentlich) keinen Sinn ergibt. Wenn man einem Mann etwas sagt, nimmt er es erstmal als gegeben hin - außer die andere Person stellt durch Stellung oder Statur eine potentielle Gefahr dar, da schaltet sich immer das männliche Misstrauen ein - v. a. wenn er der Person vertraut. Er sucht nicht nach doppeltem Boden oder Subtext. Er macht klare Ansagen, und geht davon aus, dass andere Menschen das auch tun.

- Der natürlich-männliche Hang nach Einfachheit schlägt sich auch oft in der Ausdrucksweise nieder. Männer reden oft weniger, in kürzeren Sätzen ohne Redeschmuck. Und wenn sie viel reden (wie Churke so schön ausgeführt hat) dann nie über Emotionales. Das letzte Fußballspiel, das neue Auto, Politik, die letzte Schlägerei - da kommen Männer schonmal ins Schwärmen oder können sich ereifern und minutenlang unterhalten (in der Gruppe sogar viele Minuten). Ansonsten ... dafür haben Männer die beste Freundin: um Konversation zu betreiben, v. a. über die Dinge, über die sie normalerweise nicht reden (wollen aber eigentlich doch  ;))

- Es mag das ultimative Klischee sein, aber Männer reden anders als Frauen (auch in Gedanken) - wenn ihr von einem Mann in Rage mal vulgäre Ausdrücke hört: In diesen Worten denkt er auch. Bei gebildeten Männern ist das oft etwas abgeschwächt, da ihr Wortschatz derlei Vokabeln meist nicht zulässt - aber der "Durchschnittsmann" denkt meiner Erfahrung nach so - und die anderen bemühen sich, es nicht zu tun.


V. a. Männer in geisteswissenschaftlichen Berufen entsprechen dem Klischee oft weniger - ihre Ausdrucksweise ist gewählter (Wortschatz auch größer), ihre Sätze enthalten mehr Nebensätze und sind generell etwas länger und geben dadurch ein "zivilisierteres" Bild ab. Aber die logische (sachliche) Denk- und Herangehensweise bleibt, sowie der grundlegende Hang zur "Einfachheit" und oftmals der Mangel an intuitivem/empathischen Verständnis. Auch das Konkurrenzverhalten ist bis zu einem gewissen Grad vorhanden. Man könnte sagen der "gebildete" Mann kennt die Spielregeln, er lebt nur nicht zu 100% danach.


Natürlich bin ich kein Mann, aber ich bin in einer Männerclique aufgewachsen, habe mitbekommen wie die Hirarchie ist, wie sie mit Problemen umgehen, über ihre Freundinnen reden und was ihnen wichtig ist - oder eben nicht. Meine besten Freunde waren immer männlich, ich kann also oft nicht anders als "männlich" zu denken  ::)

Falls sich also jemand von dieser Sichtweise angegriffen oder beleidigt fühlt - Sorry! Natürlich gibt es Ausnahmen, nicht alle Männer sind genau so, aber meine Eindrücke beruhen auf langjähriger Erfahrung mit verschiedenen Männern (und Kategorien), und erheben keinesfalls einen Anspruch auf Vollständigkeit!


Edit: Der "typische" Mann würde sich (meiner Erfahrung nach) niemals nie bei einem Geschlechtsgenossen (außer evtl. bei seinem Bruder) "ausheulen" bzw. ihn mit Problemen vollquatschen! Das wäre ja ein Eingeständnis von Schwäche, und da Männer untereinander in einer klaren Hirarchie, bzw. in anhaltender Konkurrenz leben, ist das völlig undenkbar!
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Thaliope am 02. August 2013, 11:00:09
Danke Debbie. Nach solchen Beobachtungen habe ich gesucht.
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Lavendel am 02. August 2013, 11:26:27
Ach je ... ich habe da aber ganz andere Männer kennengelernt als du, Debbie. Und ich fürchte, es ist nicht qualifizierend, zu sagen, du hättest langjährige Erfahrung im Umgang mit Männern. Haben zu 100% alle anderen Frauen, so wie alle Männer langjährige Erfahrung im Umgang mit Frauen haben.
Wenn ich jetzt ein Mann wäre, würde ich mich von dir diskrimminiert fühlen, aber lassen wir jetzt mal die generelle Gender-Debatte. Ich will nur anmerken, dass man beim Menschen immer sehr vorsichtig sein muss, was die Bezeichnung als "natürlich" betrifft. Natürlich waren wir vor der Entstehung der Kultur, und die begann spätestens vor 100.000 Jahren. Selbst so "natürliche" Dinge wie Essen und Ausscheiden sind extrem stark kulturell kodiert - oder kackst du ganz "natürlich" an Bäume, wenn du musst? (Sorry :P)

Ich habe jetzt noch mal nachgeschaut, und es gibt scheinbar keine sprachlichen Formen oder Ausdrücke, die ausschließlich von einem Geschlecht verwendet werden. Frauen benutzen angeblich häufiger expressive Ausdrücke, wie "meine Güte", "auweia", "super-irgendwas" und so weiter oder auch Steigerungspartikel (Es hat SO/DERMAßEN lange gedauert). Frauen stellen scheinbar auch häufiger Fragen und sind weniger direkt als Männer. Männer unterbrechen angeblich häufiger (3x mehr als Frauen, nach allem, was ich gelesen habe).
Solche sprachlichen Unterschiede sind aber auch nicht fix und gesellschaftlichem Wandel unterworfen, und es gibt sehr wahrscheinlich viel größere Unterschiede in der ganz persönlichen Diktion, die von geographischer Herkunft, sozialem Hintergrund, Bildung und individuellen Interessen geprägt ist.
Klar kann es dir passieren, dass jemand denkt "Das klingt aber nicht nach einem Mann" - so what? Nicht alle Männer sind gleich, und wenn die Welt so gesteckt wäre, dass es zwischen Frauen und Männer tatsächlich keine Überschneidungen in Denken und Fühlen geben sollte, dann würden wir in einer sehr traurigen Welt mit noch viel engerern Rollenbildern leben, als wir sie eh schon haben. Wenn man sichergehen will, nennt man halt den Namen oder baut irgendwie ein Personalpronomen ein, dann werden die meisten Leute kaum darüber nachdenken, ob jetzt die Sprache auch 100% zu biologischen Geschlecht passt.
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Thaliope am 02. August 2013, 11:38:19
Aber, Lavendel, es geht doch hier wirklich nicht um zwingende Zuschreibungen, dass alle Männer so und so reden/denken müssen, sondern um die Beobachtungen die einzelne gemacht haben. Und die finde ich als solche interessant und aufschlussreich, ohne dass ich jetzt daraus schließen müsste, dass alle Männer genau so sind, wie Debbie es beschreibt.

Und Kultur/Natur hin oder her, mich interessiert die derzeitige Realität, ob die nun durch Biologie, Kultur oder Natur bedingt ist, spielt in diesem Fall für mich eigentlich überhaupt keine Rolle.

Ich versteh deinen Standpunkt und finde die Debatte richtig und wichtig, aber sie trifft nicht den Kern dessen, worum es mir in dieser Frage geht. Mir geht es darum, eine Illusion zu erzeugen, bzw. eine bestehende Illusion (bzw. mithilfe der Nennung des Namens), nicht durch typisch weibliche Sprach- und Denkmuster (so es diese gibt) zu konterkarieren. Und das hat nichts damit zu tun, dass ich finde, Frauen müssten typisch weiblich sein und Männer typisch männlich, sondern ich versuche nur, eine bestimmte Illusion hervorzurufen, die natürlich auf kulturellen Konventionen fußt - und mit unterbewussten oder semi-bewussten Assoziationen arbeitet.

Aber vielleicht ist das Thema auch einfach zu speziell...

LG
Thali
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Christopher am 02. August 2013, 11:42:46
Zitat von: Debbie am 02. August 2013, 10:51:04Edit: Der "typische" Mann würde sich (meiner Erfahrung nach) niemals nie bei einem Geschlechtsgenossen (außer evtl. bei seinem Bruder) "ausheulen" bzw. ihn mit Problemen vollquatschen! Das wäre ja ein Eingeständnis von Schwäche, und da Männer untereinander in einer klaren Hirarchie, bzw. in anhaltender Konkurrenz leben, ist das völlig undenkbar!

Das geht durchaus, je nach Thema müssen dann aber gewisse Kriterien erfüllt sein. Bei meinem besten Kumpel lass ich mich auch gerne mal über Beziehungen/meine Probleme mit der holden Weiblichkeit aus. Das geht aber nur weil 1. er mein bester Kumpel ist und dementsprechendes Vertrauen bei mir genießt und 2. er ein völlig anderes "Beuteschema" als ich hat, dementsprechend auf gar keinen Fall eine Konkurrenz darstellt ;D


Was die Denkweise angeht und die Darstellung einer weiblichen/männlichen Person würde ich auf Klischees zurückgreifen. Lass den Mann/die Frau einfach so handeln, wie du denkst dass ein Mann/eine Frau handeln würde. Denk nicht darüber nach. Das darüber Nachdenken und dabei auf die Möglichkeit kommen "...aber manche sind ja auch anders!" lässt dich von deiner automatischen Klischeedenkerei abkommen. Wenn deine Vorstellung von etwas typisch männlichem/weiblichen mit der der meisten Leser kongruent ist, läuft das automatisch. Ist sie es nicht, wirst du es so oder so schwer haben/um Rat fragen müssen.

Was die Denkweise eines Ich-Erzählers im speziellen angeht:
Lass einen Mann möglichst oft von Männern gelesen werden (und bei einer Frau eben andersrum) und lass dir sagen, wass eventuell nicht passt. Anders wird man dem ohne ein Psychologiestudium (und selbst damit vielleicht nicht) nicht beikommen.
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Moni am 02. August 2013, 11:51:50
Zitat von: Thaliope am 02. August 2013, 09:27:36
Es geht mir ja gar nicht um einen speziellen Text.

Ich war jetzt davon ausgegangen, dass du aufgrund des Feedbacks zu einem bestimmten Text darauf gestoßen wurdest. Und bei diesem Text das Problem hast, die Gründe dafür nicht zu erkennen. Also würde ich schon sagen, dass ein spezieller Text der Auslöser war.  ;)
Und genau darum würde ich, bevor ich mir den Kopf über Gender Studies usw zerbreche als allererstes den Leser fragen, der dir dieses Feedback gegeben hat. Wenn er dann nicht an etwas speziellem festmachen kann, was diesen Gedanken bei ihm ausgelöst hat, dann kann man tiefer recherchieren und versuchen zu ergründen, ob es an generellen Formulierungen etc liegt.
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Debbie am 02. August 2013, 12:08:13
Zitat von: Lavendel am 02. August 2013, 11:26:27
Ach je ... ich habe da aber ganz andere Männer kennengelernt als du, Debbie. Und ich fürchte, es ist nicht qualifizierend, zu sagen, du hättest langjährige Erfahrung im Umgang mit Männern. Haben zu 100% alle anderen Frauen, so wie alle Männer langjährige Erfahrung im Umgang mit Frauen haben.
Wenn ich jetzt ein Mann wäre, würde ich mich von dir diskrimminiert fühlen, aber lassen wir jetzt mal die generelle Gender-Debatte. Ich will nur anmerken, dass man beim Menschen immer sehr vorsichtig sein muss, was die Bezeichnung als "natürlich" betrifft. Natürlich waren wir vor der Entstehung der Kultur, und die begann spätestens vor 100.000 Jahren. Selbst so "natürliche" Dinge wie Essen und Ausscheiden sind extrem stark kulturell kodiert - oder kackst du ganz "natürlich" an Bäume, wenn du musst? (Sorry :P)

Klar, aber es ist nochmal was ganz anderes, ob du Männer als Partner oder Männer als Freunde, bzw. untereinander erlebst. Der Mann als Partner nimmt in gewisser Weise immer Rücksicht auf seine Partnerin, wird sich ihr gegenüber in gewissen Dingen also immer zurückhalten. Und wenn man "einzelne" gute Freunde hat, wird man niemals einen regelmäßigen Einblick in die Gruppendynamik bekommen ... Insofern gehe ich jetzt einfach mal davon aus, dass nicht 100% der Frauen die gleichen Erfahrungen haben  ;)

Außerdem hab ich doch das hier eindrücklich dazu geschrieben:

ZitatFalls sich also jemand von dieser Sichtweise angegriffen oder beleidigt fühlt - Sorry! Natürlich gibt es Ausnahmen, nicht alle Männer sind genau so, aber meine Eindrücke beruhen auf langjähriger Erfahrung mit verschiedenen Männern (und Kategorien), und erheben keinesfalls einen Anspruch auf Vollständigkeit!

Aber ich mach es auch gerne fett, wenn du meinst es wäre nicht deutlich genug zu erkennen... Und ich lasse mir von den anwesenden Männern - von denen ich dem Großteil einen Hang zur Geisteswissenschaft unterstelle - gerne meinen Horizont erweitern, wenn sie sich hier falsch verstanden fühlen.
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Thaliope am 02. August 2013, 12:21:33
Zitat von: Moni am 02. August 2013, 11:51:50
Ich war jetzt davon ausgegangen, dass du aufgrund des Feedbacks zu einem bestimmten Text darauf gestoßen wurdest. Und bei diesem Text das Problem hast, die Gründe dafür nicht zu erkennen. Also würde ich schon sagen, dass ein spezieller Text der Auslöser war.  ;)
Und genau darum würde ich, bevor ich mir den Kopf über Gender Studies usw zerbreche als allererstes den Leser fragen, der dir dieses Feedback gegeben hat. Wenn er dann nicht an etwas speziellem festmachen kann, was diesen Gedanken bei ihm ausgelöst hat, dann kann man tiefer recherchieren und versuchen zu ergründen, ob es an generellen Formulierungen etc liegt.

Wenn ich die Frage aber nun mal spannend finde? Wenn ich eben ein kleiner linguistischer Sprach-Nerd bin, der sich für solche Feinheiten brennend interessiert?
Und der Auslöser waren mehrere Texte. Einer vor vielen Jahren, wo ich zu dem Feedbackgeber keinen Kontakt mehr habe - und auch die Geschichte glaube ich nicht mehr exisitert - und einmal die Bibliotheksgeschichte, wo manche automatisch eine Frau und andere automatisch einen Mann assoziiert haben. Der eigentliche Anlass, diese Frage zu stellen, ist eine Geschichte, die ich erst noch schreiben will, und dafür wollte ich auf Überlegungen von anderen zurückgreifen, die sich darüber vielleicht schon Gedanken gemacht haben.

Und offenbar fällt ja ein paar Leuten durchaus was Allgemeines dazu ein, was ich sehr hilfreich finde. Ohne, dass ich das eins zu eins umsetzen müsste, aber einfach als Richtung, in die ich denken kann und anhand derer ich mal ein paar Texte analysieren kann, bringt mich das schon sehr viel weiter.

LG
Thali
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Lavendel am 02. August 2013, 12:52:02
Zitat von: Thaliope am 02. August 2013, 11:38:19
Aber, Lavendel, es geht doch hier wirklich nicht um zwingende Zuschreibungen, dass alle Männer so und so reden/denken müssen, sondern um die Beobachtungen die einzelne gemacht haben. Und die finde ich als solche interessant und aufschlussreich, ohne dass ich jetzt daraus schließen müsste, dass alle Männer genau so sind, wie Debbie es beschreibt.

Und Kultur/Natur hin oder her, mich interessiert die derzeitige Realität, ob die nun durch Biologie, Kultur oder Natur bedingt ist, spielt in diesem Fall für mich eigentlich überhaupt keine Rolle.

Ich versteh deinen Standpunkt und finde die Debatte richtig und wichtig, aber sie trifft nicht den Kern dessen, worum es mir in dieser Frage geht. Mir geht es darum, eine Illusion zu erzeugen, bzw. eine bestehende Illusion (bzw. mithilfe der Nennung des Namens), nicht durch typisch weibliche Sprach- und Denkmuster (so es diese gibt) zu konterkarieren. Und das hat nichts damit zu tun, dass ich finde, Frauen müssten typisch weiblich sein und Männer typisch männlich, sondern ich versuche nur, eine bestimmte Illusion hervorzurufen, die natürlich auf kulturellen Konventionen fußt - und mit unterbewussten oder semi-bewussten Assoziationen arbeitet.

Aber vielleicht ist das Thema auch einfach zu speziell...

LG
Thali

Aber, Thali, auch wenn es nervig ist, sich damit auseinanderzusetzen, die Welt, auch die Welt der Literatur, ist nicht so einfach in die Dichotomie von weiblich und männlich einzuteilen. Es gibt meiner Meinung nach keine klaren Strukturen oder Marker, mit denen man eine Figur in der Ich-Perspektive als zwangsläufig männlich oder weiblich kennzeichnen kann - es sei denn man benutzt eindeutige Namen oder eben Personalpronomen.
Ja, es ist blöd, sich ständig damit zu beschäftigen, und es ist vielleicht auch blöd, wenn ich immer diejenige sein muss, die damit um die Ecke kommt.  Natürlich gibt es Unterschiede zwischen biologischen Frauen und Männern, die immer bleiben werden, und es gibt Unterschiede im sozialen Verhalten, aber man muss sich trotzdem fragen, wie groß diese Unterschiede letzlich sind, und ob es gerechtfertigt ist, nach Formeln zu suchen, das Geschlecht ohne Nennung von Pronomen, Namen oder Artikeln anhand von sprachlichen Strukturen zweifelsfrei für alle Leser zu herauszustellen - weil die Frage ja auch sein muss, ob diese Allgemengültigkeit überhaupt möglich ist. Wenn du linguistisch interessiert bist dann musst du doch auch fragen: Wie sinnvoll ist die Frage nach weiblicher oder männlicher Diktion? Wie signifikant sind die Unterschiede? Und als Autorin sollte dich dann interessieren, inwieweit es einen Text oder deine Figuren besser macht, wenn du Allgemeinplätze verwendest um deinen Ich-Erzähler zu charakterisieren.
So sehe ich diese Suche nach dem Unterschied jetzt im Moment. Ich bin und bleibe der Meinung, dass einprägsame und vielschichtige Figuren nicht hauptsächlich durch ihr Geschlecht interessant oder glaubwürdig werden, auch nicht als Ich-Erzähler. Sie werden interessant, glaubwürdig und rufen bei den Lesern emotionale Reaktionen hervor, wenn sie vielschichtig sind, wenn sie einen interessanten inneren Konflikt haben und so weiter.
Dich interessiert die Realität, na gut: die Realität ist in keiner Beziehung einfach und kein Mensch ist eine Schablone. Und Literatur schafft sowieso immer eigene Realitäten. Jeder literarische Text ist eine eigene, in sich geschlossene Realität, die nah an unserer Wirklichkeit scheinen kann, es aber nicht ist, ob ich jetzt einen Gegenwartsroman schreibe oder eine Fantasyepos. Bei letzterem ist es nur offensichtlicher.
Literatur hat aber auch eine Rückwirkung auf die Realität. Konzepte, Gedanken, Weltbilder, die in Literatur verarbeitet werden, kommen zwar aus der Realität, weil jeder Autor ja in der Realität lebt, deren Einflüsse er in seinen Texten verarbeitet, aber gesellschaftliche Entwicklungen laufen auf vielen Ebenen, und Geschichten sind eine sehr wichtige Ebene, durch die wir die Realität reflektieren und weiterdenken. Da bestehen Wechselwirkungen, die eben nicht einfach sind, und die sich nicht einfach so auflösen lassen, um das aus medientheoretischer Sicht zu beschreiben.
Also, gibt es diese weibliche/männliche Diktion, nach der du fragst, in der Realität? Scheinbar ja, in gewisser Hinsicht zumindest, dazu habe ich oben ja was geschrieben. Und sicher, man kann damit als Autor spielen. Es ist an mancher Stelle vielleicht sogar sinnvoll, sich zu überlegen, welche Figur "Liebe Güte" sagt und welche nicht. Aber wenn man solche Fragen schon stellt, muss man auch bereit sein, so weit über den Tellerrand zu sehen, um seine eigene Frage in Frage zu stellen. Gerade in dieser Beziehung setzt man oft schon Maßstäbe an, bevor man überhaupt angefangen hat, sich der Antwort anzunähern.
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Thaliope am 02. August 2013, 13:10:53
Okay, Lavendel, ich glaube, wir reden hier hoffnungslos aneinander vorbei.

Es ging mir nie darum, männlich oder weiblich als das eine, einzige oder bestimmende Charakteristikum einer Person zu bestimmen. Und dass du das jetzt so hinstellst, lässt mich echt ein bisschen verzweifeln. Es ist natürlich nur eines von vielen Merkmalen, das ich aber nicht gänzlich außer acht lassen kann. Denn wenn ich einen Text lese, dann habe ich dabei entweder einen Mann oder eine Frau vor Augen. Einen Menschen, ja, einen Menschen, der noch tausend andere Eigenschaften hat, ja, natürlich. Ich kann nicht so richtig glauben, dass ich das tatsächlich dazuschreiben muss. Es war nur die Frage nach einem Detail von vielen. Und ich weiß an dieser Stelle gerade nicht mehr weiter. *schulternzuck*


EDIT: Die Frage, ob, wie und mit welcher Intention man die Antworten auf diese Frage nachher umsetzt, und welche gesellschaftlichen Folgen das hat, kann bestimmt an anderer Stelle sinnvoll gestellt und diskutiert werden. Mir geht es gerade einzig und allein ums Handwerk, um die Technik, die Analyse.
Aber was du mir gerade alles an Unwissenheit unterstellst, finde ich echt ein bisschen verletzend.
LG
Thali
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Debbie am 02. August 2013, 13:12:52
@Thali: Ich finde man kann auch sehr gut erkennen, wie Männer denken und fühlen, wenn man ein Buch mit einem männlichen Protagonisten liest, dass von einem Mann geschrieben wurde. *reichtdireinenNervenberuhigungstee*   :omn:

Natürlich ist es dann nochmal was anderes, wenn es von einem intellektuellen Mann geschrieben wurde - denn ab einem gewissen Maß von Intellektualität verschwimmen die Grenzen nahezu vollständig (meiner Meinung nach). Intellektuelle Frauen denken meist rationaler und sind emanzipierter als ihre nicht-intellekutellen Geschlechtsgenossinen, während intellektuelle Männer generell mehr verstandes-/vernunftsgesteuert statt "triebgesteuert" (sorry, mir ist gerade kein weniger klischeehaftes Wort eingefallen) sind. Auf intellektueller Basis treten genderspezifische Verhaltensweisen also immer weiter in den Hintergrund. Ob man das mag/vorzieht steht natürlich auf einem anderen Blatt. Zur Charkaterisierung von Protagonisten/einzelner Figuren in Genre-Literatur, und wenn man auf kommerziellen Erfolg abzielt, ist es sicherlich weniger geeignet.  ;)
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Kati am 02. August 2013, 13:56:45
Ich denke, es ging hier nie jemandem darum zu unterstellen, du wolltest deine Figuren in typisch männlich oder weiblich einteilen, Thaliope. Viel eher darum, dass der einzige Weg wirklich sicherzugehen, dass der Leser nicht verwirrt ist, ist einfach hinzuschreiben, dass er ein Mann ist. Wir können hier glaube ich noch hundert Mal unsere Erfahrungen mit Männern aufschreiben, du wirst immer unterschiedliche Ergebnisse bekommen, weil, wie du ja selbst auch schon gesagt hast, einfach kein Mann gleich ist. Ich persönlich kenne keinen Mann, der genau auf das Klischee passt, was nicht heißen soll, dass ich keinen Mann kenne, der nicht die ein oder andere klischeehafte Eigenschaft aufweist. Und ich kenne viele Männer, die mit mir oder untereinander auch über Gefühle sprechen können, ohne Angst zu haben ihren Rang zu verlieren. Ich kenne aber auch welche, die das für unmännlich halten und es deshalb nicht tun.

Ich verstehe auch, was Christopher mit den Klischees meint und, dass man sie für seine Zwecke einsetzen kann und da würde ich sofort zustimmen. Aber ich finde, wenn man einen Teil der Realität widerspiegeln möchte, dann sollte man sich nicht allzu sehr auf Klischees verlassen, Norm hin oder her. Wer von uns passt schon genau in die Norm, haben wir nicht alle mal Tage, an denen wir das Gefühl haben, komplett rauszufallen? Und ich denke, das sollte auch für Figuren gelten. Ich kann nur sagen, dass mich als Leser nichts mehr nervt, als Figuren, die ganz typisch männlich oder ganz typisch weiblich handeln oder denken, obwohl sie natürlich perfekt in die Norm passen mit ihrem Verhalten. Ich maße mir jetzt mal nicht an, männliche Ich-Erzähler bewerten zu können, aber ich kann weibliche bewerten. Auch solche, die von Männern geschrieben wurden. Und ich merke für mich, dass mir Figuren, bei denen nicht penibel darauf geachtet wird, dass sie ja typisch weibliche Eigenschaften haben, deutlich besser gefallen, weil sie echter wirken und weniger künstlich.

Für dein Projekt würde ich einfach sagen: Schreib den Herrn einfach so, wie es dir passt und schau, was du für Rückmeldungen bekommst. Ich glaube nicht, dass auch nur einer sagen wird, er würde sich nicht wie ein Mann lesen. Dass dieses Thema hier interessant ist, finde ich auch, aber ich denke, man sollte nicht zu viel darüber nachdenken, sondern einfach schreiben und sich nicht daran aufhalten, was andere sich von einem männlichen Ich-Erzähler wünschen oder was andere glauben, wie ein Mann zu denken hat. Am Ende kommen wir immer wieder darauf zurück, dass eh jeder Mensch anders tickt und wieso sollte es in Geschichten dann anders sein? Wieso sollten wir gerade da darauf achten, die angebliche Norm zu treffen, in die in Wirklichkeit doch niemand wirklich reinpasst?
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Churke am 02. August 2013, 13:59:01
Zitat von: Lavendel am 02. August 2013, 12:52:02
Es gibt meiner Meinung nach keine klaren Strukturen oder Marker, mit denen man eine Figur in der Ich-Perspektive als zwangsläufig männlich oder weiblich kennzeichnen kann - es sei denn man benutzt eindeutige Namen oder eben Personalpronomen.

Wenn du 350+ Seiten Ich-erzählst, dann addieren sich Indizien und Muster auf, die der Leser mehr oder weniger bewusst mit eigenen Erfahrungswerten abgleicht. Man kann damit spielen, man kann den Leser auch bewusst in die Irre führen - aber wenn der Leser unbeasichtigt auf dem falschen Dampfer landet, dann ist was schief gelaufen.

Zitat von: Debbie am 02. August 2013, 13:12:52
Auf intellektueller Basis treten genderspezifische Verhaltensweisen also immer weiter in den Hintergrund.
Hätten sie wohl gerne.
Der Bildungsabschluss wird nach meiner Erfahrung stark überschätzt. Für genderspezifische Studien empfehle ich übrigens Internetforen. Einfach mal im BMW-Forum mitlesen. Da sind die Herren der Schöpfung weitgehend unter sich und wähnen sich unbeobachtet.  ;)
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Thaliope am 02. August 2013, 14:08:45
Zitat von: Kati am 02. August 2013, 13:56:45
Ich denke, es ging hier nie jemandem darum zu unterstellen, du wolltest deine Figuren in typisch männlich oder weiblich einteilen, Thaliope. Viel eher darum, dass der einzige Weg wirklich sicherzugehen, dass der Leser nicht verwirrt ist, ist einfach hinzuschreiben, dass er ein Mann ist. Wir können hier glaube ich noch hundert Mal unsere Erfahrungen mit Männern aufschreiben, du wirst immer unterschiedliche Ergebnisse bekommen, weil, wie du ja selbst auch schon gesagt hast, einfach kein Mann gleich ist. Ich persönlich kenne keinen Mann, der genau auf das Klischee passt, was nicht heißen soll, dass ich keinen Mann kenne, der nicht die ein oder andere klischeehafte Eigenschaft aufweist. Und ich kenne viele Männer, die mit mir oder untereinander auch über Gefühle sprechen können, ohne Angst zu haben ihren Rang zu verlieren. Ich kenne aber auch welche, die das für unmännlich halten und es deshalb nicht tun.

Ich verstehe auch, was Christopher mit den Klischees meint und, dass man sie für seine Zwecke einsetzen kann und da würde ich sofort zustimmen. Aber ich finde, wenn man einen Teil der Realität widerspiegeln möchte, dann sollte man sich nicht allzu sehr auf Klischees verlassen, Norm hin oder her. Wer von uns passt schon genau in die Norm, haben wir nicht alle mal Tage, an denen wir das Gefühl haben, komplett rauszufallen? Und ich denke, das sollte auch für Figuren gelten. Ich kann nur sagen, dass mich als Leser nichts mehr nervt, als Figuren, die ganz typisch männlich oder ganz typisch weiblich handeln oder denken, obwohl sie natürlich perfekt in die Norm passen mit ihrem Verhalten. Ich maße mir jetzt mal nicht an, männliche Ich-Erzähler bewerten zu können, aber ich kann weibliche bewerten. Auch solche, die von Männern geschrieben wurden. Und ich merke für mich, dass mir Figuren, bei denen nicht penibel darauf geachtet wird, dass sie ja typisch weibliche Eigenschaften haben, deutlich besser gefallen, weil sie echter wirken und weniger künstlich.

Für dein Projekt würde ich einfach sagen: Schreib den Herrn einfach so, wie es dir passt und schau, was du für Rückmeldungen bekommst. Ich glaube nicht, dass auch nur einer sagen wird, er würde sich nicht wie ein Mann lesen. Dass dieses Thema hier interessant ist, finde ich auch, aber ich denke, man sollte nicht zu viel darüber nachdenken, sondern einfach schreiben und sich nicht daran aufhalten, was andere sich von einem männlichen Ich-Erzähler wünschen oder was andere glauben, wie ein Mann zu denken hat. Am Ende kommen wir immer wieder darauf zurück, dass eh jeder Mensch anders tickt und wieso sollte es in Geschichten dann anders sein? Wieso sollten wir gerade da darauf achten, die angebliche Norm zu treffen, in die in Wirklichkeit doch niemand wirklich reinpasst?

Ich will keine Norm treffen. Ich will keinen "typischen" Mann schaffen.

Ich will nur wissen, was andere als typisch empfinden, am besten so breitgefächert wie möglich, um meine eigenen Erfahrungen damit abzugleichen und zu erweitern.

Ich werd schon nicht die genannten Klischees eins zu eins umseetzen, was denkt ihr denn bitte von mir? Ich will doch nur Meinungen, Infos, Daten. So viele verschiedene wie möglich.

@Churke: Danke für den Tipp mit dem Forum :) Auch in Online-Fußball-Manager-Spielen könnte ich mich wohl mal umsehen, das dürfte fast noch weniger schichtspezifisch sein :)

LG
Thali

 
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Debbie am 02. August 2013, 14:13:28
Zitat von: Churke am 02. August 2013, 13:59:01
Der Bildungsabschluss wird nach meiner Erfahrung stark überschätzt. Für genderspezifische Studien empfehle ich übrigens Internetforen. Einfach mal im BMW-Forum mitlesen. Da sind die Herren der Schöpfung weitgehend unter sich und wähnen sich unbeobachtet.  ;)

Ich meinte auch nicht den Bildungsabschluss - Intellektualität hat nicht zwangsläufig mit dem Bildungsabschluss zu tun.  ;)
Und meiner Erfahrung nach gibt es dann auch nochmal deutliche Unterschiede zwischen einem Betriebswirt/Informatiker/Ingenieur oder sogar Arzt und einem Geisteswissenschaftler.

Und das BMW Forum dürfte im Allgemeinen sowieso ziemlich repräsentativ für den Typ Mann sein, den ich unten beschrieben habe ... BMW-Fahrer fahren im Allgemeinen gerne schnell (oft rücksichtslos) und ihr Auto ist für sie ein Statussymbol. Alleine diese Tatsache (Auto als Statussymbol) sagt schon viel über den Typ Mann aus - und Intellektualität ist keine Eigenschaft die ich zwangsläufig damit assoziiere  :snicker:
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Kati am 02. August 2013, 14:19:38
ZitatIch werd schon nicht die genannten Klischees eins zu eins umseetzen, was denkt ihr denn bitte von mir? Ich will doch nur Meinungen, Infos, Daten. So viele verschiedene wie möglich.

Ich meinte dich auch nicht persönlich, das war bloß wegen dem, was Christopher zu Klischees geschrieben hatte und meine Meinung zur Norm und Klischees an sich. Ich wollte dir nichts unterstellen.  :)
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Thaliope am 02. August 2013, 16:51:05
Zitat von: Kati am 02. August 2013, 14:19:38
Ich meinte dich auch nicht persönlich, das war bloß wegen dem, was Christopher zu Klischees geschrieben hatte und meine Meinung zur Norm und Klischees an sich. Ich wollte dir nichts unterstellen.  :)

Ach so. Na, dann bin ich ja froh :)


EDIT:
Zitat von: Debbie am 02. August 2013, 13:12:52
@Thali: Ich finde man kann auch sehr gut erkennen, wie Männer denken und fühlen, wenn man ein Buch mit einem männlichen Protagonisten liest, dass von einem Mann geschrieben wurde. *reichtdireinenNervenberuhigungstee*   :omn:


Danke übrigens für den Tee. Hatte ich vor lauter Aufregung ganz überlesen :)
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: zDatze am 03. August 2013, 01:21:39
Wenn es darum geht, was in die Schublade "typisch männlich" einzuordnen wäre ... mir fallen da durchaus ein paar Dinge ein, die ich in den letzten Jahren an meinen Arbeitskollegen und zuvor in meiner Klasse (waren die letzten 2 Jahre 2 Mädels und 19 Burschen) beobachtet habe. Nachfolgende Beispiele sind also zu 100% persönliche Erfahrungen und keinerseits dazu gedacht jemanden zu beleidigen.

Männer sehen gewisse Dinge einfach nicht. Das beginnt dabei, dass ein Büro in kürzester Zeit zu einem Sauhaufen mutiert, oder die neue Topfpflanze erst nach gut einem Monat registriert wird - nachdem man zuvor ein Monat lang jeden Tag das Kommentar zu hören bekam, dass das Büro so leer aussehe. Oder aber auch, dass die Kaffeemaschine monatelang keine Bekanntschaft mit einem Putzlappen macht. Von vergessenen Kaffeefiltern und Kaffeesatzbehältern, die über das Wochenende fröhlich vor sich hin schimmeln, einmal ganz abgesehen.
Ich vermute doch sehr stark, dass weiblich angehauchte Arbeitsumgebungen eher nicht mit solchen "Problemen" zu kämpfen haben.

Eine weitere Beobachtung meinerseits: Die Ekelgrenze liegt bei Männern anders; meist höher. Letztens wurde ich angepflaumt, weil ich schwarz gefleckte Bananen (Anm. die halbe Banane war schwarz) im Bio-Müll entsorgt habe. Argument: "Die kann man ja noch essen." Mir hat der Geruch alleine schon gereicht.
Des weiteren erinnere ich mich an diverse Experimente bei uns im Klassenraum, die eine Cola-Flasche, Jausenreste und einige Wochen Zeit beanspruchten.

Die Begeisterung von Männern und Maschinen wurde bereits angesprochen. Ich kann dazu nur noch ergänzen: Der Sender DMAX hat da einiges an Anschauungsmaterial, was das männliche Publikum auch sonst noch so beeindruckt. Überleben in Extremsituationen, Goldrausch, riesige Maschinen ... ich vermute, Männer sehen in solchen Sendungen primär das Abenteuer und lassen sich von der Vorstellung, wie viel Kraft und Mühe es kostet ans Ziel zu kommen, mehr beeindrucken als das weibliche Publikum, das womöglich kopfschüttelnd vor dem Fernseher hockt.

Der rauere Umgangston unter Männern wird sich auch in den Gedanken niederschlagen. Dass sich daraus durchaus unterschiedliche Ausdrucksweisen ableiten lassen, finde ich ziemlich logisch, auch wenn ich das jetzt nur als außenstehende Person so vermuten kann. Von daher empfinde ich es schon so, dass z.B. verstärktes Fluchen bei einer Figur durchaus "männlicher" wirkt. Wobei ich gegen fluchende Frauen durchaus nichts hab - und damit meine ich nicht so etwas wie "Gute Güte!".

Noch eine Beobachtung: Männer sind oft ehrlicher und direkter - zumindest wenn man erst einmal in den Kumpel- oder Kollegen-Status gerutscht ist. Da wird wenig schön geredet oder mit Komplimenten um sich geworfen. Frauen haben ja doch oft die Tendenz zum Lästern und das geht nun einmal am besten hinter dem Rücken von jemandem, dem man eben noch ein Kompliment gemacht hat. Männer reagieren eher mit direktem Spott.
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Moni am 08. August 2013, 10:10:26
Zitat von: Thaliope am 02. August 2013, 12:21:33
Wenn ich die Frage aber nun mal spannend finde? Wenn ich eben ein kleiner linguistischer Sprach-Nerd bin, der sich für solche Feinheiten brennend interessiert?
Und der Auslöser waren mehrere Texte. Einer vor vielen Jahren, wo ich zu dem Feedbackgeber keinen Kontakt mehr habe - und auch die Geschichte glaube ich nicht mehr exisitert - und einmal die Bibliotheksgeschichte, wo manche automatisch eine Frau und andere automatisch einen Mann assoziiert haben. Der eigentliche Anlass, diese Frage zu stellen, ist eine Geschichte, die ich erst noch schreiben will, und dafür wollte ich auf Überlegungen von anderen zurückgreifen, die sich darüber vielleicht schon Gedanken gemacht haben.

Und offenbar fällt ja ein paar Leuten durchaus was Allgemeines dazu ein, was ich sehr hilfreich finde. Ohne, dass ich das eins zu eins umsetzen müsste, aber einfach als Richtung, in die ich denken kann und anhand derer ich mal ein paar Texte analysieren kann, bringt mich das schon sehr viel weiter.

LG
Thali

Eigentlich wollte ich hier nichts mehr schreiben, ich muß doch gerade noch loswerden, dass ich so einen schnippischen Unterton nicht wirklich passend finde. Es mag ja sein, dass dir das Thema soviel Spaß macht, aber ich wollte lediglich einen anderen Denkansatz reinbringen, was aber wohl verlorene Liebesmüh ist.

Ich lasse mir aber hier nicht von dir zwischen den Zeilen sagen, dass ich doch besser meine Klappe halte, wenn ich nichts "vernünftiges" zum Thema sagen kann. Sorry, aber das geht gar nicht!
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Thaliope am 08. August 2013, 10:23:55
Tut mir leid, Moni. Schnippischer Unterton sollte nicht sein, da hast du sehr recht.
Es ist auch eigentlich gar nicht schnippisch gemeint. Ich wurde nur mit der Zeit immer hilfloser, weil ich das Gefühl hatte, mein Anliegen wird einfach nicht verstanden, so oft ich es auch zu erklären versuche. Wenn mir da der Ton aus dem Zaum geraten ist, möcht ich mich dafür entschuldigen.

LG
Thali


Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Amber am 08. August 2013, 19:14:51
Ich muss sagen, dass ich in dieser Diskussion in vieler Hinsicht mit Lavendel übereinstimme. Ich verstehe aber auch, dass du konkretere mögliche Anhaltspunkte suchst, Thaliope. An der Uni hatte ich mal ein Seminar zu Language and Gender, bei dem das Buch "Language and Woman's Place" von Robin Lakoff Ausgangspunkt war: http://www.stanford.edu/class/linguist156/Lakoff_1973.pdf
Gerade, weil das Buch empirisch eher wacklig dasteht und auf vielen persönlichen Beispielen der Autorin basiert, denke ich, dass es nützlich sein könnte (auch wenn es sich auf die englische Sprache bezieht und aus den 70er Jahren stammt). Ich fand es auf jeden Fall extrem interessant.

Was meinen persönlichen Bekanntenkreis betrifft ... schwierig. Die Männer, die ich kenne, reden miteinander viel über Technik, Sport und  Internetspaßkultur. So weit, so klischeehaft. Letztens hat ein Freund aber auch mal ganz freudig erzählt, dass er für seine Arbeitskollegen einen Gugelhupf gebacken hat ... allerdings mit Fleisch  :D

Ich denke wirklich, dass du da auch mit deinen eigenen Beobachtungen und Erfahrungen arbeiten kannst, denn die sind doch mindestens genauso valide wie die der anderen. Oder erzähl doch einfach mal, an welchen Details du selbst das Geschlecht eines Ich-Erzählers festmachen würdest, dann könntest du sehen, ob viele mit dir hier übereinstimmen  :)

Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Thaliope am 09. August 2013, 00:17:20
Danke, Amber und auch zDatze für eure Beiträge.

Ich habe mir den Thread jetzt nochmal mit ein bisschen Abstand durchgelesen und möchte mich an dieser Stelle entschuldigen, dass ich viele Beiträge nicht entsprechend gewürdigt habe. Ich hatte irgendwie so viel mit den Stellen zu tun, an denen ich das Gefühl hatte, missverstanden zu werden, dass ich auf viele konstruktive Teile gar nicht reagiert habe. Tut mir leid, ich glaub, ich hatte einen ziemlichen Tunnelblick.

Was Lavendel über die wechselseitige Beziehung zwischen Literatur und Gesellschaft schreibt und auch über die Vielschichtigkeit von Figuren, halte ich für richtig und wichtig. Vielleicht halte ich es für zu selbstverständlich, und vielleicht hätte ich schon eingangs erwähnen sollen, dass das die Grundlage ist, auf der ich diese Frage betrachte, dann wäre vielleicht manches Missverständnis gar nicht erst aufgekommen.

Also, danke für eure Mühe, eure Überlegungen, Denkanstöße und Erfahrungen. Ich denke, ich habe jetzt einiges, mit dem ich arbeiten kann.

LG
Thali
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Moni am 09. August 2013, 11:00:18
@Thali: Entschuldigung angenommen.  :knuddel:

Das Thema an sich ist durchaus interessant und ich kann sehr gut verstehen, dass es sich beschäftigt, aber es ist auch ein Punkt, der sehr polarisieren kann, wie man in diesem Thread ja wirklich gut merken kann.  8)
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: chaosqueen am 24. August 2013, 08:33:28
Hallo Thali (und alle anderen, die noch hier reinschauen),

ich hab jetzt den Thread von gestern auf heute komplett gelesen und mag auch noch ein bisschen Senf dazu beisteuern.

Was mir mehrfach durch den Kopf geschossen ist: Klischees auf Teufel komm raus zu vermeiden ist ja letztendlich auch ein Klischee, dass (ungeübte) Autoren oft verwenden. Wenn dann also plötzlich eine Frau auftaucht, die stärker ist als die Kerle, die mit jedem Werkzeug umgehen kann, sich noch nie verliebt hat, aber reihenweise Männer flachlegt etc.pp., dann hat da jemand auf Krampf versucht, eine "nicht-klscheehafte" Frau zu basteln, die absolut nicht echt wirkt. Genauso der musisch begabte, kochende, backende und natürlich extrem empfindsame Mann, der von sich aus zuhause bleibt und die Kinder hütet, niemals flucht und in seiner Töpfergruppe ganz aufgeht ... Den würden wir vermutlich alle für schwul halten. ;D

Was ich damit sagen will: Einen Menschen so zu konzipieren, dass er authentisch wirkt und man dann trotz aller berechtigter Individualität noch eindeutig herauslesen kann, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt, ist extrem schwer. Ich hab mir noch nie darüber Gedanken gemacht, weil ich meine Figuren meist schon eindeutig als männlich oder weiblich einführe, aber natürlich ist die Frage mehr als berechtigt, was den Leser dann davon überzeugt, dass er auch wirklich eine Frau bzw. einen Mann "vor sich" hat.

Als ich im März neu in der jetzigen Tauchschule aufgetaucht bin, haben da fast nur Männer gearbeitet. Der Tonfall sei manchmal etwas rau und direkt, wurde mir gesagt. Kein Problem, damit kann ich umgehen. Stimmt, was die Arbeit angeht, hab ich tatsächlich kein Problem damit, wenn ich in kurzen knappen Sätzen Anweisungen bekomme, wie ich was zu machen habe. Wenn ich allerdings kurz nach Hause fahre, um meine Katzen zu füttern und einer meiner erwachsenen Kollegen (Mitte 40) fragt mich mit Lachtränen in den Augen, ob ich "meine Muschis gefüttert" hätte und bekommt sich ungefähr zwei Stunden über seinen eigenen schlechten (und in dem Fall ja nicht mal anatomisch korrekten ;)) Witz wieder ein, dann fehlt mir da tatsächlich ein männliches Gen ...

Was mir aufgefallen ist: Fast alle Männer, egal aus welcher Bildungsschicht und in welchem Job tätig, sind im Umgang miteinander derber, als Frauen es untereinander sind - aber auch, als sie es im Umgang mit einer Frau sind. Ich habe mehr als einmal irritiert den Kopf geschüttelt, wenn der gleiche Mann, der sich wenige Stunden später noch liebevoll und einfühlsam um mich gekümmert hat, weil es mir schlecht ging, dann plötzlich mit seinen Kumpels irgendwie wieder in der Höhle der Neanderthaler verschwindet, derbe, zotige Witze reißt und sich stundenlang über Schwule aufregen kann.

Andersherum verstehen die wenigsten Kerle, warum ich manche Dinge mache, wie ich sie mache, ohne vorher einen ausgeklügelten rationalen Plan anzufertigen. Warum fahre ich den einen Weg hin, aber den anderen zurück? Warum erledige ich Dinge nicht einfach und schaue dann, ob es funktioniert hat, anstatt mir erst lang und breit zu überlegen, was alles schiefgehen kann?

Was ordentliche Büros angeht: Aus mir nicht näher bekannten Gründen bin nicht nur ich sehr chaotisch, sondern die meisten Männer in meiner Umgebung sind auch sehr ordentlich. Hier dreht sich das Klischee in der Wirklichkeit mal um. Und in vielen Punkten habe ich "männliche" Züge, während mein Ex in den gleichen Punkten eher "weibliche" Attribute aufwies.

Das macht es nur noch schwerer, und ich glaube, die Kunst liegt letztendlich darin, einen authentischen Menschen zu schreiben, der anhand winizger Details als eindeutig weiblich erkannt wird. Es gibt Dinge, die sich schwer umkehren lassen: Frauen pinkeln naturgemäß selten im Stehen. Und auch, wenn es viele Frauen gibt, die sehr kräftig sind, haben Männer einfach physiologisch mehr Kraft, daran kann auch die Emanzipation nichts ändern.

Was den "Intellekt" angeht, Debbie: Intellekt hat einiges mit dem Bildungsabschluss zu tun, denn der Intellekt ist ja quasi das Maß der Bildung - Intelligenz ist davon gänzlich unabhängig und das Maß des Potenzials. Nur, weil ich das Gefühl hatte, das da kurz etwas durcheinander geraten ist. ;)

zDatze: Für die Banane hättest Du von mir - vorausgesetzt, sie war nur schwarz, nicht aber weich und matschig - auch Mecker bekommen. Die war reif, nicht gammelig! ;D
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Debbie am 24. August 2013, 13:25:24
ZitatWas den "Intellekt" angeht, Debbie: Intellekt hat einiges mit dem Bildungsabschluss zu tun, denn der Intellekt ist ja quasi das Maß der Bildung - Intelligenz ist davon gänzlich unabhängig und das Maß des Potenzials. Nur, weil ich das Gefühl hatte, das da kurz etwas durcheinander geraten ist. ;)

Intellekt mag zwar der Bildung eines Individuums entspringen (auch nicht zwangsläufig), aber Bildung mit Schulabschluss gleichzusetzen, halte ich für ziemlich gefährlich. Ich kenne ein paar Leute mit Einser-Abi (und einem darauffolgenden, entsprechenden Studienabschluss) die so "dumm" sind, dass es zum Himmel schreit. Die sind auch nicht intellektuell, oder gar gebildet, die haben nur entweder eine Gabe fürs Auswendiglernen oder Eltern, die ihnen in jedem Fach schon in der Fünften Nachhilfe besorgt haben - oder meist beides. :snicker:
Und dann gibts ja auch noch die Techniker, die Ingenieure und Softwareleute, die zwar einen hohen Bildungsabschluss haben, aber von Künstlerischem oft keinen Schimmer, und ihre Freizeit entweder auf dem Fußballplatz oder vor der Konsole verbringen, und auch sonst recht "ursprünglich" leben. Sehr viele Leute die ich kenne, die ein Diplom haben, interessieren sich, gelinde gesagt, garnicht für Philosophisches und die wirklich wichtigen Dinge des Lebens. Auf der anderen Seite kenne ich einige Leute, die "nur" Hauptschulabschluss haben (entweder zwecks kaputtem oder verarmtem Elternhaus - oder beides), die es locker mit jedem Bachelor aufnehmen können, was Allgemeinbildung und Philosophie angeht.

Das ist jetzt natürlich auch wieder subjektiv, aber das sind eben meine Erfahrungen.  ;)
Titel: Re: Na, was bin ich? - Woran erkennt man das Geschlecht des Ich-Erzählers?
Beitrag von: Thaliope am 17. September 2013, 10:02:31
Chaos, danke auch für deine Beobachtungen!  :knuddel:

Ich war ja eigentlich froh, dass der Thread zur Ruhe gekommen ist, weil er mir irgendwie ... entglitten war, wie ihr ja gemerkt habt. Trotzdem habe ich weiterhin ganz viel nachgedacht, bin nochmal in mich gegangen und habe meine Lese- und Wahrnehmungsgewohnheinten im Licht dieser Frage noch einmal unter die Lupe genommen, und ich bin tatsächlich zu so etwas wie einem Ergebnis gekommen - das ich euch nicht vorenthalten möchte, nachdem ihr euch mit so viel Energie hier eingebracht habt.

Also: Ich persönlich assoziiere tendenziell eine eher knappe, lapidare, vielleicht auch abstraktere Sprache mit kürzeren Sätzen und häufigeren Ellipsen mit einem männlichen Schreibstil. Selbst jüngst bei einem Buch, bei dem ich wusste, dass es von einer Frau geschrieben wurde - da musste ich beim Lesen immer wieder in meinem Kopf den Schalter umlegen. :) Gefühlsmäßig habe ich auch den Eindruck, dass sich das mit einigen der hier aufgeführten Beobachtungen decken könnte (eher handlungs- als emotionsorientiert?). Aber das ist nur eine Vermutung, die ich nicht näher belegen kann.

Das ist natürlich keine allgemeingültige Aussage, sondern nur mein persönlicher Eindruck von einer Tendenz, und er hängt stark damit zusammen, welche Bücher ich gerade als Referenz genommen habe, und ist davon abgesehen vollkommen subjektiv. Aber er fasst das Empfinden in Worte, das mich anfangs - noch sehr abstrakt und unkonkret - überhaupt auf diese Frage gebracht hat.

Keine Ahnung, ob das eine in irgendeiner Form verwertbare Erkenntnis ist oder ob sie nur für mich allein zutrifft - wenn überhaupt (vielleicht ist sie auch nur durch meinen momentanen Lese-Fokus bedingt und an sich völlig verzerrt).

LG
Thali

(Der Vollständigkeit halber soll noch erwähnt sein, dass diese Beobachtung in keiner Weise normativ verstanden werden soll - kein Mann "soll" auf eine bestimmte Weise schreiben, und natürlich auch keine Frau. Falls jemand Assoziationen wie die obigen dennoch per se verwerflich finden sollte, bitte ich das zu entschuldigen.)