Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Handwerkliches => Das Sprachbastelboard => Thema gestartet von: Maja am 21. April 2013, 21:27:41

Titel: Schwache Verben, starke Verben
Beitrag von: Maja am 21. April 2013, 21:27:41
Während des Lektorats des Puppenzimmers stelle ich fest, dass ich in einem Punkt offenbar komplett andere Vorstellungen habe als meine Lektorin, und das sind schwache Verben. Ich vermute, mit meinen Ansichten stehe ich mal wieder komplett entgegen allem, was als guter Stil gilt, aber ich möchte sie trotzdem gerne vorstellen:

Ich mag "schwache" Verben, wegen ihrer Einfachheit und vor allem wegen ihrer Schwäche. Sie lenken nicht ab von dem, was ich für wichtig und wesentlich halte - meistens das Objekt eines Satzes. Mein lieber Gatte, als alter Lateiner, geht mit meiner Lekorin d'accord und findet, dass das Prädikat der wichtigste Teil des Satzes ist, weil er das einzige ist, was man nicht weglassen kann, aber daraus schlussfolgere ich jetzt nicht per se, dass man schwache Verben meiden sollte.

Wenn ich sagen "Blanche hat den Körper einer Toten", dann ist klar, worauf ich hinaus will. Wenn ich aber sage "Blanche besitzt den Körper einer Toten", dann lässt das Verb an sich schon zu viel Interpretation zu: Hat sie von dem Körper Besitz ergriffen? Ist der Körper besessen? Ist er nur in Blanches Besitz, aber jemand anderens Eigentum? An dieser Stelle lenkt das starke Verb zu sehr vom Wesentlichen ab, während man das schwache Verb so beiläufig registriert, dass man es ruhig überlesen kann.

Ich bediene mich eines ziemlich komplexen Satzbaus, aber dafür verwende ich gerne sehr einfache Verben. Meine Figuren sagen meistens, was sie sagen - kein "ausrufen", "äußern", "mitteilen", "erörtern", etc. Mein Problem mit vielen Verben, die mir meine Lektorin als Ersatz für die zu einfachen oder schwachen Begriffe einsetzt, klingen mir oft zu weit hergeholt - als hätte der Autor den Thesaurus bemühen müssen, um dieses bestimmte Wort zu finden. Ich habe kein großes Problem damit, die Änderungen rückgängig zu machen und wieder zu haben oder zu können, als zu besitzen oder zu vermögen,  aber mich würde interessieren, wie ihr es mit den schwachen Verben haltet - teilt ihr da meine Leidenschaft, oder vermeidet ihr sie doch lieber, wo ihr könnt?


P.S. Grinsen musste ich an der Stelle, wo sie mir "wir sind der Stoff, aus dem man Träume macht" umgeändert hat in "der Stoff, aus dem man Träume herstellt". Da bleibe ich doch lieber bei meinem Shakespeare, vielen Dank!
Titel: Re: Schwache Verben, starke Verben
Beitrag von: Alana am 21. April 2013, 21:33:59
Ich sehe das recht ähnlich. Ich benutze starke Verben dann, wenn sie mir helfen, etwas auszudrücken, für das ich sonst zum Beispiel ein Adjektiv verwenden müsste, für Showing oder um Akzente zu setzen. Sonst setze ich auch eher auf Dezentes, das den Lesefluss nicht stört. Inquit-Formeln versuche ich wegzulassen oder benutze "sagen" wenn ich eben nicht gerade etwas Besonderes zum Ausdruck bringen will.
Titel: Re: Schwache Verben, starke Verben
Beitrag von: Thaliope am 21. April 2013, 21:44:35
Ich glaube, diese "starken" Verben (leicht.verwirrende Bezeichnung, übrigens ;)) sind nur dann störend, wenn sie nicht ganz genau treffend sind. Das ist für mich die Kunst, die guten Stil ausmacht - das ganz genau passende Wort zu finden. Was manchmal eben auch "haben" oder "sein" sein kann.
Titel: Re: Schwache Verben, starke Verben
Beitrag von: Mogylein am 21. April 2013, 21:49:12
Brauche kurz eine Erläuterung: Ich habe im Schulunterricht damals gelernt, dass man starke und schwache Verben danach unterscheidet, wie sie gebeugt werden. Davon ist in diesem Thread nicht die Rede, oder? Sondern vom Unterschied zwischen pauschalen und sehr definierten Verben, oder?
Titel: Re: Schwache Verben, starke Verben
Beitrag von: Lovagh am 21. April 2013, 21:51:02
Bei einfachen Aussagen oder Sätzen bevorzuge ich auch schwache Verben. Wie du gesagt hast, können sonst Interpretationen hervorgerufen werden, die den Lesefluss stören.
Allerdings finde ich die Verwendung starker Verben gut, wenn man mehr ausdrücken möchte oder eben doch eine Unsicherheit bereitstellen möchte, über die man nachdenken kann/muss.

Bei der Satzänderung mit den Träumen stellen sich mir die Nackenhaare auf. Da kam mir sofort die Vorstellung von lauter kleinen Elfchen, die an Nähmaschinen magische Wolldecken machen... ::)
Titel: Re: Schwache Verben, starke Verben
Beitrag von: Maja am 21. April 2013, 21:51:39
Zitat von: Mogylein am 21. April 2013, 21:49:12
Brauche kurz eine Erläuterung: Ich habe im Schulunterricht damals gelernt, dass man starke und schwache Verben danach unterscheidet, wie sie gebeugt werden. Davon ist in diesem Thread nicht die Rede, oder? Sondern vom Unterschied zwischen pauschalen und sehr definierten Verben, oder?
Du hast völlig recht, ich habe die Begriffe durcheinandergeschmissen. Aber wie nennt man diese Verben dann, die sowohl Hilfsverben sein können, aber auch für sich  alleine stehen?
Titel: Re: Schwache Verben, starke Verben
Beitrag von: Mondfräulein am 21. April 2013, 21:59:01
Das mit den starken und schwachen Verben habe ich nie so richtig verstanden, ich glaube, meine Schwester hatte das mal in der Schule, ich aber nicht. Aber ging es dabei nicht nur darum, wie man sie konjugiert? Anyway, ich glaube, ich weiß ungefähr, was du meinst.

Meiner Meinung nach gibt es keinen wichtigsten Teil eines Satzes, zumindest nicht in schriftstellerischer Hinsicht. Natürlich, man kann ein Prädikat eigentlich nicht weglassen, als literarisches Stilmittel ist das jedoch durchaus mal zulässig Sie schleppte sich den Hügel hinauf, das Haar noch nass vom Meer. Weiter, immer weiter, bis zum sandigen Gipfel. Höher hinauf, die Füße mit jedem Schritt tiefer im Sand. Meiner Meinung nach ein Satz (und nebenbei einfach nur ein dahingescheppertes Beispiel, auch zur Verdeutlichung ein wenig übertrieben, keine schriftstellerische Glanzleistung), weil er durch einen Punkt vom Rest getrennt ist, eine Ergänzung zum vorher Gesagten und ohne Prädikat. Das kann man machen.

Verben werden hier meiner Meinung nach überschätzt. Sie sind nicht das Wichtigste am Satz, eher durch ihre Grundlegenheit das unauffällige Gerüst, die Balken, mit denen du dein Haus aufbaust und die du hinter Putz und Tapeten verbirgst. Es ist schon charmant, in der Küche ein paar Balken zu haben, die hervor gucken, das ist rustikal, hübsch, aber das ganze Gerüst will man nicht sehen. Das ist auf die Dauer zu anstrengend für die Augen und stört dann nur noch. Wo soll denn dann noch deine hübsche Blümchentapete hin? Wo hängst du Bilder an die Wand?

Indem ich bestimmte Satzteile durch Wortwahl und Formulierung in den Hintergrund rücke, kann ich aus Sätzen mit objektiv derselben Bedeutung ganz unterschiedliche Bedeutungen und Stimmungen hervor kitzeln. Schwache Verben haben meinem Anschein nach hier die Eigenschaft, immer ein wenig unter zu gehen, haben und sagen zum Beispiel. Sie zu meiden halte ich für grundlegend falsch. Das sind wieder diese elenden Inquit-Formeln. In der Grundschule haben wir gelernt, niemals sagen zu benutzen, immer schön etwas anderes, möglichst kreativ, da werden Sätze gehustet, geräuspert, gelächelt, geschmunzelt, in den Bart gemurmelt, ausgespien, wenn man ganz kreative Kandidaten hat, kommt so etwas dabei heraus: "Gehe er hinfort", strich der König über seinen Purpurmantel.

Solche Sätze halte ich wirklich für ein Unding. Natürlich, es klingt kreativ und wuhu, man hat sagen nicht verwendet, Wortwiederholungen sollte man ja schließlich vermeiden, aber in meinem Kopf erscheinen dann immer nur ganzganz komische Bilder und es wirkt meistens gestelzt. Meiner Meinung nach holen solche "unnatürlichen" Formulierungen den Leser aus der Geschichte heraus, wie bei Brechts epischem Theater. Man macht hier von einem wundervollen Effekt nicht gebrauch, den Wörter wie sagen oder haben nun einmal mit sich bringen, man überliest sie leicht. Wer ganz normal eine Seite in einem Buch liest, wird oft nicht bemerken, dass das Wort sagen mehrmals fällt, genau wie unscheinbare Wörter wie ich, er, sie, es, das, der, die, etc. Wer den Text alledings liest wie ein Lektor und gezielt nach Dingen sucht, die es zu verbessern gilt, dem fällt das dann natürlich viel mehr auf. Und so etwas kommt heraus.

Insofern... schwache Verben sind nicht nur einfach nicht unschön sondern grundlegend, um einen Text richtig aufzubauen, finde ich. Starke Verben werden so, wie ich das aus deinem Text herauslesen kann, schnell zu dominant und übertönen, was du eigentlich sagen willst. Meiner Meinung nach solltest du klar bei deinen Formulierungen bleiben, gerade, wenn du es immer so handhabst. So baust du schließlich deinen Stil auf. Ich bin ganz klar auf der Seite der schwachen Verben. Es muss nicht immer unnötig kompliziert sein. Natürlich können starke Verben genau so hilfreich und nützlich sein wie Schwache und natürlich sollte man sie niemals meiden, aber einfach nur starke Verben der starken Verben wegen... nein, besser nicht. Aber Hauptsache, man weiß, was man tut und warum man es tut.
Titel: Re: Schwache Verben, starke Verben
Beitrag von: Kaeptn am 21. April 2013, 22:03:52
Keine Ahnung, offen gestanden mache ich mir um sowas weder als Leser noch als Autor groß Gedanken. Geschrieben wird was richtig/gut klingt - aber ok, ich bin ein handlungsorientierer Pragmatiker und kein Schöngeist ;) und habe mich längst damit abgefunden, nie an die Wortgewalt eines Zafon/Rothfuss heranreichen zu können.

Manches Mal hatte ich auch schon bei einem Lektor (bei anderen Themen) das Gefühl, dass die ziemlich verbohrt sind und per se ihre Regeln immer umsetzen, ganz egal ob es danach bescheuert klingt. Finde ich auch reichlich nervig, wenn man ihnen dann solche peinlichen Änderungen wie die oben genannten Träume unter die Nase reiben muss.
Titel: Re: Schwache Verben, starke Verben
Beitrag von: TheaEvanda am 21. April 2013, 22:06:13
Das eine ist die grammatikalische, das andere die literarische Definition von "starken" und "schwachen" Verben. Beides ist richtig. ;)

Ich tendiere zu vielen starken (aka. ausdrucksstarken) Verben, die aber treffgenau eingesetzt werden müssen. Ein Lektor hat mir das mal angekreidet. Seine Begründung war, dass starke Verben nur durch den Kontrast mit schwachen "Hintergrundverben" stark sein können. Man sollte sie also nicht überstrapazieren, aber auch nicht vernachlässigen.

Die Verbenfolge im Text muss stimmen, der sprachliche Rhythmus passen. Lass die Vorschläge doch mal auf dich wirken und lies den Text einmal im Original und einmal in der voll-lektorierten Fassung durch. Und dann sinne auf eine Synthese, die die Stärke von beidem mitnimmt?

Inquit-Floskeln lasse ich nach Möglichkeit weg. Die Sprache und Ausdrucksweise der Figuren muss transportieren, wer spricht. Oder der Kontext trägt die Information. Wenn ich etwas mit "er/sie/es sagte tagge, ist mir nichts besseres eingefallen.

--Thea
Herzogenaurach, Germany
Titel: Re: Schwache Verben, starke Verben
Beitrag von: Mondfräulein am 21. April 2013, 22:15:49
Zitat von: TheaEvanda am 21. April 2013, 22:06:13
Seine Begründung war, dass starke Verben nur durch den Kontrast mit schwachen "Hintergrundverben" stark sein können. Man sollte sie also nicht überstrapazieren, aber auch nicht vernachlässigen.

Diese Formulierung finde ich wundervoll. Das muss ich mir unbedingt merken. :vibes:

Zitat von: TheaEvanda am 21. April 2013, 22:06:13
Die Sprache und Ausdrucksweise der Figuren muss transportieren, wer spricht. Oder der Kontext trägt die Information. Wenn ich etwas mit "er/sie/es sagte tagge, ist mir nichts besseres eingefallen.

Das stimmt teilweise, aber in hitzigen Debatten oder Dialogen kann das auch manchmal untergehen. Deshalb finde ich es oft durchaus legitim, obwohl du natürlich auch Recht hast, Sprache und Ausdrucksweise sollten ihre Arbeit tun. Das ist allerdings auch wieder ein Argument gegen schrie er, flüsterte er, etc., denn das kann auch durch den Kontext vermittelt werden und wäre etwas für Show, don't tell.
Titel: Re: Schwache Verben, starke Verben
Beitrag von: Debbie am 21. April 2013, 22:33:55
ZitatInquit-Floskeln lasse ich nach Möglichkeit weg. Die Sprache und Ausdrucksweise der Figuren muss transportieren, wer spricht. Oder der Kontext trägt die Information. Wenn ich etwas mit "er/sie/es sagte tagge, ist mir nichts besseres eingefallen.

Nö, ich benutze die Inquits gerne, in einem moderaten Rahmen. Im Wechsel mit Tätigkeiten, Gesichtsausdrücken und dem kompletten Verzicht (den ich maximal über zwei bis drei Wechsel einsetze, und eher als Stilmittel verwende. Aber ich bevorzuge bei den Inquits auch die "herkömmlichen", weil der Leser sie einfach nicht wahrnimmt. Ausgefallenere Inquits lenken die Aufmerksamkeit des Lesers wieder mehr auf die Sprache, außer eben, wenn sie als "starkes" Verb sagte+Adverb ersetzen (im Gegensatz zu "ausgefallenes" Inquit zur Vermeidung von Wiederholungen). Diese Konstellation vermeide ich, wo ich kann. Da sie für mich auf Bequemlichkeit des Autors schließen lässt. Wenn der Autor schreibt "sagte er laut/traurig/glücklich" ist das in den meisten Fällen (für mein Empfinden) einfach der mangelnde Wille, nach einem Verb zu suchen, dass konkreter ist und beides in einem Wort ausdrücken kann.

Also ja, ich bin ein Verfechter von "starken" Verben. Allerdings nicht auf Biegen und Brechen! Und das hier:

Zitat"Blanche besitzt den Körper einer Toten"

"der Stoff, aus dem man Träume herstellt"

Fühlt sich für meine Verhältnisse schon ziemlich stark nach "auf Biegen und Brechen" an. Im ersten Fall lässt das Verb tatsächlich zu viel Interpretationsspielraum. Gut, im Kontext mit weiteren Infos, würde es mich wahrscheinlich nicht stören. Aber "hat" stört mich hier auch nicht. Für mich ist "besitzt" keine wirkliche Verbesserung.

Das zweite Beispiel tut mir schon fast ein bisschen weh  :-\  (Wegen des Rhythmus - hier zwei Silben statt einer - den es nämlich auch noch gibt, und der keinesfalls unbedeutend ist, auch wenn man ihn nicht wirklich analysieren kann, sondern eher "fühlen" muss) Finde ich nicht besonders schön oder gelungen. Also wenn schon ein konkreteres Verb, dann doch bitte eines, das auch wirklich einen Unterschied macht! Wie gesagt, finde ich die starken Verben - oder auch Substantive - v. a. dann besonders wichtig, wenn sie eine Sache oder einen Vorgang auch wirklich treffender ausdrücken oder eben die Konstellation "schwaches Verb + (allgemeines) Adjektiv oder Adverb" ersetzen. Das ist für mich nämlich wirklich laienhaft (was nicht heißen soll, dass es mir nie passiert  :-[)

Titel: Re: Schwache Verben, starke Verben
Beitrag von: Adam_Charvelll am 22. April 2013, 02:13:16
Die Bezeichnung "schwache" und "starke" Verben höre ich in diesem Zusammenhang das erste Mal, finde ich auch etwas unglücklich, da diese Bezeichnung bereits deutlich besetzt ist. Wie TheaEvanda gemeint hat, redet man eher von ausdrucksstarken Verben, wobei ich die Bezeichnung auch etwas verwirrend finde.

Zitat von: Maja am 21. April 2013, 21:51:39
Aber wie nennt man diese Verben dann, die sowohl Hilfsverben sein können, aber auch für sich  alleine stehen?

Ich denke, da muss man anders an das Thema herangehen. Hilfverben sind ja nicht ursprünglich Hilfsverben, sondern normale Verben (oftmals auch als "Vollverben" bezeichnet), die zusätzlich die Funktion eines Hilfverbs einnehmen können. Sie sind daher nicht weniger oder mehr wert als die anderen Verben, haben aber diese zusätzliche Funktion.
Der größte Unterschied zwischen "ist", "hat" und "kauft" "liebt", etc. ist  meines Erachtens rein auf einer semantischen Ebene zu betrachten, da Erstere einfach eine allgemeinere Bedeutungsbreite besitzen/haben ( ;D), als die hier erwähnten starken Verben. Außerdem geht es ja nicht rein um Hilfzeitwörter, wie zum Beispiel das hier genannte "sagen" verdeutlicht. Eine Trennung in eine Art hyperonyme und hyponyme Verben wäre wohl sinnvoller, aber gut, das ist schon sehr pedantisch und soll die Linguistiker beschäftigen  :) Die schwachen Verben erinnern so wie sie hier gezeigt wurden mehr an eine Variable, einen Platzhalter, der für mehrere Begriffe stehen könnte.
Nur ein kleiner Ausflug zur Terminologie, aber zurück zum Thema:

Ich bin durchaus Fan von ausdrucksstarken Verben, denke aber, dass beide Gruppen sowohl Vor- als auch Nachteile haben. Wie Maja bereits völlig richtig gesagt hat, sind die ausdrucksschwachen Verben simpel und fördern den Lesefluss, indem man den Leser die freie Wahl lässt, wie er gewisse Verben semantisch besetzen will. Ein "sagen" ist ein Blankoscheck, während man dem Leser mit "klagen", "schluchzen", "jubeln" gewisse Muster und Gedanken aufzwingt, da diese Begriffe viel engere Konnotationen besitzen.  Ausdrucksstarke Verben steuern den Leser also viel mehr, was man als Autor natürlich zu seinem Vorteil nutzen kann, was die Leserschaft allerdings auch einschränkt, in einen Rahmen presst und im schlechtesten Fall sogar verärgern könnte.

Auf der anderen Seite kann man mit ausdrucksstarken Verben, zumindest meiner Meinung nach, viel mehr mit der Sprache spielen und eloquent schreiben. Gerade erst hatte meine Lektorin mir gesagt, dass ich "trompetete" nur benutzen sollte, wenn es sich um einen Elefanten oder einen Trompeter handelt. Meine Absicht war allerdings 1.) auf die Nasalierung des Gesprochenen aufmerksam zu machen und 2.) tatsächlich mit der Konnotation "Elefant" auf einen Zirkus bzw. Zirkusdirektor anzuspielen, der in der Manege zum Publikum spricht. Vielleicht bin ich aber auch der Einzige, der das in diesem Fall für legitim hält  ;D

Ich denke, man sollte beide Gruppen nicht so sehr separieren und wirklich abwechselnd nutzen, wie hier bereits schön gesagt wurde. Die Verben sind alle gleich viel wert und sind nur in Hinblick auf ihre semantische Besetzung einzustufen und situationsadäquat für den Text auszuwählen.
Titel: Re: Schwache Verben, starke Verben
Beitrag von: Pestillenzia am 22. April 2013, 08:00:10
Ich benutze beides, sowohl die allgemeineren/ausdrucksschwächeren Verben wie "haben", "sagen", "sein", als auch die spezifischeren/ausdrucksstärkeren wie "besitzen", "flüstern", "bestehen", etc. Die spezifischeren kommen bei mir aber wirklich nur dann zum Zug, wenn sie auch hundertprozentig passen, alles andere klingt schnell schräg, bemüht oder unfreiwillig komisch.

Die Formulierung mit den "hergestellten Träumen" ist für mich ein solches Beispiel. Das klingt in meinen Ohren so, als hätte sich jemand krampfhaft um Originalität bemüht - und ist kläglich gescheitert. "Träume herstellen" hört sich für mich nach gewerblicher/industrieller Fertigung an, also etwas, das nur Betriebe tun, um Geld damit zu verdienen.

Zu viele von den allgemeineren Verben lassen einen Text wiederum platt und langweilig klingen.

Auch bei Texten gilt eben auch Paracelsus' berühmter Satz: "Die Dosis macht das Gift." Und das falsche Gift an der falschen Stelle ist der Gesundheit auch nicht gerade zuträglich.
Titel: Re: Schwache Verben, starke Verben
Beitrag von: Churke am 22. April 2013, 13:05:16
- Wenn man ein allgemeines Verb durch ein spezielles ersetzt, bekommt der Satz automatisch Konnotationen und Bedeutungen, die der Autor womöglich gar nicht beabsichtigt.

- Diese Wörter sind komplizierter und stören den Lesefluss

- Satzbau und Wortwahl bilden eine Einheit. Ein guter Autor - und ich billige dir, Maja, jetzt einfach mal zu, dass du eine gute Autorin bist - überlegt sich genau, was er/sie sagt und mit welchen Worten. Wenn man mal schnell die Verben durch den Thesaurus jagt, wird der Text wahrscheinlich nicht besser.

ZitatIch habe kein großes Problem damit, die Änderungen rückgängig zu machen und wieder zu haben oder zu können, als zu besitzen oder zu vermögen,  aber mich würde interessieren, wie ihr es mit den schwachen Verben haltet - teilt ihr da meine Leidenschaft, oder vermeidet ihr sie doch lieber, wo ihr könnt?
Das ist eine Stilfrage. Kommt ganz auf den Text an. Der einzige objektive Grund, ein Wort zu vermeiden, ist für mich die Wiederholung.
Titel: Re: Schwache Verben, starke Verben
Beitrag von: Malinche am 22. April 2013, 13:19:19
Ich bin von Betalesern öfter mal auf meine "Verbfaulheit" gestupst worden und gucke gerade bei "haben" und "sein" jetzt öfter mal, ob ich das nicht anders sagen kann. Das heißt für mich aber, dass ich nicht krampfhaft versuche, ein anderes Verb zu finden, sondern mir Gedanken mache, ob es nicht ein Verb gibt, das aussagekräftiger und präziser das transportiert, was ich mit dem Satz sagen will. Wenn ja - rein damit. Aber das geht nicht immer. Und wenn ich sehe, nein, der Satz klingt dann nur noch gestelzt, aufgebläht oder wirft mehr Fragen auf, als er beantwortet, dann bleibt da auch das "schwache" Verb.

Ich denke, hier ist es wie mit so vielen Dingen des Schreibens: Es gibt keine Patentregel, sondern man sollte stets noch sein Sprachgefühl und seine Intuition zurate ziehen. Pestilenzia hat es mit ihrem Paracelsus-Zitat schon sehr schön auf den Punkt gebracht, finde ich. :)
Titel: Re: Schwache Verben, starke Verben
Beitrag von: Leann am 22. April 2013, 13:22:25
Mir ist auch die literarische Bedeutung von "schwachen" und "starken" Verben ein Begriff. Dass es auch noch eine grammatikalische gibt hatte ich schon fast vergessen.
Meiner Meinung nach sollte da unterschieden werden, in welchem Status sich der Text gerade befindet. Ist es der erste Entwurf, kann und sollte man sich als Autor überlegen, ob man die schwachen Verben im Eifer des Schreibens als eine Art Platzhalter verwendet hat und ob es einen treffenderen Ausdruck gibt. Auch der Status des Autors spielt eine Rolle. Wer seinen Stil schon gefunden hat und das Schreibhandwerk schon sehr gut beherscht, ist sich der Einsatzmöglichkeiten von schwachen und starken Verben bewusst und kann damit "spielen", während Anfänger wie ich oft gar nicht merken, dass da nun zum hundertsten Mal eine "sein"-Form aus sprachlichem Unvermögen steht. 
Was ich überhaupt nicht gut finde ist, wenn eine Lektorin die vermeintlich schwachen Verben einfach gegen andere austauscht. Wie Churke schon sagte, 
ZitatWenn man ein allgemeines Verb durch ein spezielles ersetzt, bekommt der Satz automatisch Konnotationen und Bedeutungen, die der Autor womöglich gar nicht beabsichtigt.
Da liegt es wohl am "man". Der Autor kann das tun, andere sollten nur darauf hinweisen, dass evtl. ein anderes Verb passender sein könnte, nicht aber eines vorgeben.
Mir als Leserin ist ein goldener Mittelweg am liebsten. Sobald es sich starkverbig gestelzt und gewollt anhört gefällt mir ein Text genauso wenig wie eine reine öde Aneinanderreihung von Schwachverben.


Titel: Re: Schwache Verben, starke Verben
Beitrag von: Angela am 22. April 2013, 13:46:43
Ich frage mich in diesem Zusammenhang, wie man einer Lektorin/einem Lektor schonend beibringt, dass man die Verbesserungen schlicht als Verschlechterung empfindet. Weil, wenn ich mir so einige neuere Schreibratgeber ansehe, propagieren sie da unterschiedliche Standards:  kein sagte, doch gerade sagte, nur keine Inquits, doch Inquits ..., reine Vorlieben in meinen Augen und nicht in Stein gemeißelt.
Ausdrucksstarke Verben sind wohl 'in' und sollen in einem Wort was auch immer beinhalten. Irgendwie tendiert es immer mehr zum Kurzsatz, oder? Wobei ihr natürlich recht habt: Der Satz muss klingen und den Inhalt transportieren.
Titel: Re: Schwache Verben, starke Verben
Beitrag von: Nirahil am 22. April 2013, 13:53:22
Mir wurde in der Schule ebenfalls beigebracht, "sagen" zu vermeiden. Ich habe das so verinnerlicht, dass ich eigentlich bewusst kein sagen mehr nehme - und mich dann frage, wieso überhaupt. Warum? Sagen hat diesselbe Daseinsberechtigung wie rufen, erklären, murmeln. Es wird manchmal viel zu oft verwendet, weil es keinen steigernden Beigeschmack mehr hat (im Sinne von bei einer großen Rede sagen zu verwenden, wo eigentlich ein epochales Gefühl transportiert werden will), aber - und das ist für mich der springende Punkt - es ist nicht grundsätzlich falsch. Ich habe viele Bücher gelesen, die viel sagen in den Dialogen verwenden und es hat mich nicht gestört. Es sei denn, es war einfach ständig dasselbe Wort, aber das fällt, wie von meinen Vorrednern schon genannt, in die Wiederholung. Und auch verwende ich wieder sagen, wenn ich nicht ausufern will und es ohnehin schon lange nicht mehr verwendet habe. Einen längeren Dialog kann man nicht ständig nur mit ausufernden Verben schmücken, das fühlt sich überladen an, finde ich.

Deshalb mein Fazit: es ist tatsächlich eine Sache des Stils.

Schonend beibringen kann man sowas wohl eher nicht. Entweder hat sie Verständnis dafür, oder sie stellt sich quer, weil sie sich im Recht denkt. Gerade weil es keine eindeutige Norm gibt, ist das sehr schwierig.
Titel: Re: Schwache Verben, starke Verben
Beitrag von: TheaEvanda am 22. April 2013, 14:09:49
Es gibt etwas, das man Erzählmoden nennen könnte, und es gibt Lektoratsmoden.

Eine Mode ist recht eindeutig, dass in einer gewissen Altersklasse die Lektoren (und damit die Leute, die zu einer bestimmten Zeit Germanistik studiert haben) davon überzeugt sind, dass ein echter Konjunktiv von Übel ist. Die Auflösung aller Konjunktive in "möge", "würde", "hätte" und "hätte gehabt" - Konstruktionen läuft bei diesen Leuten beinahe automatisch ab. Begründung, wenn man mal nachfragt: Konjunktive macht man heute nicht mehr.

Sind die Lektoren deutlich älter, so wird eine aufgelöste Konjunktivkonstruktion auch mal zu einem echten Konjunktiv verstrafft - aber nur, wenn er nicht mit einem Indikativ gleichlautend ist. Letzteres ist von Übel, da es die Leser verwirrt, sagen sie.

Die neueste Generation Lektoren scheint es recht locker zu nehmen und kann mit beiden Sorten Konjunktiv leben. Die Texte, die dabei herauskommen, gefallen mir am Besten: Abwechslungsreich in der Grammatik, und ohne überbordende Hilfsverbengräber.

In Sachen starke und schwache Verben bin ich noch nicht mit einem Lektor zusammengerasselt - meine wichtigsten Erfahrungen stehen im Bereich der Konjunktive. Aber auch bei der Verbenwahl scheint es Denkschulen zu geben, die mal mehr oder mal weniger tonangebend sind. Ein Lektor sagte mir einmal im zwanglosen Gespräch, dass starke Verben nur dann wirken, wenn aussenrum genug schwache Verben stehen. Maja ist offenbar auf jemanden aus dem entgegengesetzten Ende des Spektrums gestoßen.

Auch die Sache mit den Inquits ist mir schon mehrfach untergekommen.

Ein Redakteur erklärte mir, dass Menschen nur Sachen sagen oder über Dinge sprechen können. Alles andere sei unakzeptabel. Kein Mensch außer Waldorfschülern(1) hüpfe einen Satz, und das oben genannte Beispiel
Zitat"Gehe er hinfort", strich der König über seinen Purpurmantel.
wäre wahrscheinlich ein Grund gewesen, mich sofort aus der Autorenriege der Reihe zu entfernen. Ich höre den Redakteur schon ausflippen: Da graust es noch nicht mal mehr einer Sau. Die rennt schreiend weg. Mäntel können nicht reden, Basta. Schreib "sagte er und strich sich über den Mantel", oder  :pfanne: .
Das nenne ich für mich die englische Schule: Dort wird "..., he said" nicht als Stilfehler angesehen, sondern als vom Leser still aufgenommene Information.

Dagegen kommt die deutsche Schule mit ihrem "Adjektive sind doof und Wortwiederholungen böse" - Prinzip. "... sagte er" ist damit keine aktzeptable Attributierung zur Information des Lesers. Aber manchmal braucht man es ja doch, also dürfen die Charaktere schreien, brüllen, jammern, niesen, husten und schnurren, was das Zeug hält. Nur sagen dürfen sie nix. Sagen ist ja ein schwaches Verb und transportiert damit kaum Inhalt.

Als Schreiber bin ich nach vielen Jahren Lektüre englischer Romane und englischer Schreibratgeber und englischer Blogs ein klitzekleines bisschen anglistisch geprägt. Aber in einem deutschen Text nehme ich mir trotzdem kein "sagte sie, sagte er" heraus. Irgendwie erscheint es mir falsch. Also vermeide ich jede Situation, in der ein Inquit notwendig wird, nach Kräften. Und das sieht dann so aus:

ZitatAdara musste zugeben, dass ihre Verhandlungsbasis nicht sehr gut war. Ein bisschen Artigkeit konnte nicht schaden. »Entschuldigt, Ritter Hemger. Es lag nicht in meiner Absicht, Euch zu beleidigen.« Sie verkniff sich einen flötenden Tonfall. »Es ist sehr zuvorkommend von Euch, mir ein derart erhabenes Geleit zu geben. Leider fehlen mir die Mittel, diese Leute zu unterhalten.«
Aureolus spießte sie mit einem ungläubigen Blick auf. »Ich bezweifle, dass Euch die Mittel fehlen. Ihr seid nur nicht bereit, sie auszugeben.« Er winkte einen der Geißler zu sich. »Darf ich Euch Knappe Praiomar von Mühlenburg vorstellen? Er führt den Trupp.«

Es geht also auch fast ohne Inquit. Aber als Leser stört mich weder die englische noch die deutsche Schule sonderlich. Nur, wenn die starken Verben in penetranter Anzahl auftauchen und vor lauter Sprachmalerei der Inhalt des Texts kaputtgeht - dann erinnere ich mich wieder daran, weshalb ich Unterhaltungsliteratur und nicht Nobelpreisliteratur schreibe. Letzeres liegt mir weder als Leser noch als Schreiber.

--Thea
Herzogenaurach, Germany

(1) seine Aussage. Ich habe nichts gegen Waldorfschulen, ich wäre gerne auf eine gegangen. Meine Cousine hat diese Sorte Schulbildung genossen, und ich war ja sooo neidisch. --TH
Titel: Re: Schwache Verben, starke Verben
Beitrag von: FeeamPC am 23. April 2013, 21:19:42
Starke Verben, schwache Verben- jedem Tierchen sein Pläsierchen.
Wa ich brauche, das sind Rexte mit einer guten Erzählstimme, und die hängt nicht von Verben ab, sondern davon, dass der Textfluss harmonisch ist und die richtige Stimmung erzeugt.
Und viele "starke" Verben klingen halt manchmal so überzogen und gekünstelt, dass sie den Textfluss regelrecht zerreissen. Als Leser denke ich dann: Häh? Welchen geistigen Höhenflug hat der Autor denn jetzt schon wieder? Was hat er da gewollt und nicht gekonnt?
Titel: Re: Schwache Verben, starke Verben
Beitrag von: chaosqueen am 24. April 2013, 12:17:36
Ich hatte lange das umgekehrte "Problem" wie Maja und Malinche: Ich habe - durchaus durch Schreibratgeber und Betaleser entsprechender Schulung unterstützt - extrem viele ausdrucksstarke und kaum ausdrucksschwache Verben verwendet. Ich hatte immer Angst, dass mein Text sonst nicht anspruchsvoll genug ist, und ich merke noch heute, wo ich meinen Stil gemildert habe, dass ich mich beim Lesen manchmal frage, ob das nicht alles zu einfach vom Sprachanspruch her geworden ist.

Im Endeffekt unterschreibe ich den hier vorherrschenden Tenor: Jedes Stilmittel zu seiner Zeit und in Maßen einzusetzen. Der tote Körper im Besitz klingt mir sehr nach einer Leiche im Keller, und zwar physisch. Bäh! Man hat ja auch die Anmut einer Elfe und besitzt sie nicht. Wäre auch unfair, was macht die arme Elfe, der man ihre Anmut geklaut hat? ;)

Letztendlich kommt es eben immer darauf an, was man sagen will. Und wenn Du, Maja, mit Deinen "schwachen" Verben genau das aussagst, was Dir vorschwebt und alles andere sich falsch, verdreht oder aufgesetzt anfühlt - dann lass es. Es ist Dein Buch und Dein Stil, und wie ich Dich kenne und Deine Texte bisher kennengelernt habe, weißt Du sehr genau, wann Du welches Stilmittel und welchen Ausdruck einsetzt.
Titel: Re: Schwache Verben, starke Verben
Beitrag von: Verwirrter Geist am 26. April 2013, 23:50:22
Imho ist das entscheidene Argument gegen schwache Verben nicht unbedingt Verbfaulheit, oder ein gewisser Hang zu mehr Wiederholungen, es ist schlichtweg der Interpretationsspielraum.
"Sie lief langsam" wird Leser A vielleicht eher mit Schleichen assozieren, Leser B mit Humpeln, Leser C mit Torkeln etc.
Wenn der Text sonst sehr klar formuliert und evtl. minutiös gestaltet ist, sind schwache Verben sicher oft eine gute Wahl, weil sie durch das sonstige Wissen des Rezipienten richtig aufgefasst werden. Neigt man aber zu eher kurzen und prägnanten Beschreibungen braucht man vermutlich starke Verben, um etwaige Missverständnisse zu verhindern.

Also meine These wäre: Opulente Beschreibungen + viele starke Verben = too much. Kurze Satzstrukturen + schwache Verben = zu beliebig.
Titel: Re: Schwache Verben, starke Verben
Beitrag von: Churke am 27. April 2013, 10:02:11
Man könnte aber auch die Frage stellen, weshalb der Autor "sie lief langsam" und nichts anderes geschrieben hat. Vielleicht wollte er solche Assoziationen absichtlich ausschließen. Vielleicht ist die Frage, wie sie läuft, in diesem Zusammenhang auch völlig belanglos und lenkt von wichtigeren Dingen ab.

Zitat von: Verwirrter Geist am 26. April 2013, 23:50:22
Kurze Satzstrukturen + schwache Verben = zu beliebig.
Zu beliebig ist es dann, wenn keine Beliebigkeit gewollt ist. "Starke" Verben haben immmer Subtext. Aber wer sagt denn, dass der im Satz drin sein soll?
Titel: Re: Schwache Verben, starke Verben
Beitrag von: Eliyanor Aruval am 06. Mai 2013, 23:13:49
Ich habe jetzt nicht jeden einzelnen Post gelesen und weiß nicht, was jeder genau gesagt hat, aber dem Anfangsbeitrag muss ich zustimmen. Es müssen zwar nicht alles schwache Verben sein, aber sie dürfen gerne oft benutzt werden und ich denke auch, dass Verben den Satz schnell kaputt machen können. Was für mich eine wichtige Regel ist: Der Erzähler muss so einfach sprechen, dass auch einfachere Menschen es ohne Probleme verstehen können (außer man hat die Absicht, eine anfangs nicht verständliche Stelle zu schreiben). Die einzelnen Charaktere können dann abhängig von ihrer Bildung von allerlei Ausdrücken Gebrauch machen und auch stets so Worte wie "herstellen" oder gar "kreieren" oder "erzeugen" statt "machen" benutzen, solange es zur Person passt. Aber beim Erzähler würde ich das als das bezeichnen, was einige meiner Freunde ganz locker "rumfappen" nennen. (Rumfappen vom englischen "fap": sich selbst so toll finden weil man mit Fremdwörtern die keiner versteht um sich schmeißen kann, dass man sogar darauf masturbiert). :D
Bei mir persönlich beschränkt sich eigentlich das Vokabular, das zu einer direkten Rede führt bis auf Ausnahmen auf: fragte, rief, schrie, flüsterte, sagte, sprach, antwortete, brüllte. Ein wenig Abwechslung bringe ich rein, damit es nicht immer nur sagte sagte sagte sagte ist. Ab und zu kommt dann auch mal "wollte wissen" oder "gab von sich", aber damit spare ich auch, weil das sonst auch mir zu doof wäre. Es geht ja um die Geschichte und nicht um "wie kann ich am besten damit angeben, unendlich viele Umschreibungen von "sagen" zu kennen?".
Starke Verben sollten da sein, aber nicht immer. Es ist halt situationsbedingt und wir schreiben das Buch ja für normale Menschen und nicht für Deutschlehrer (wobei Deutschlehrer sich jetzt nicht beleidigt fühlen sollten, die sind ja auch normale Menschen, wenn sie den Deutschlehrer ausschalten, was sie beim Lesen von Romanen meiner Meinung nach tun sollten ;) )
Also, Erzähler im einfachen, aber noch etwas sachlichen Stil, was die Charaktere dann in der wörtlichen Rede machen ist natürlich ganz was anderes :)
Titel: Re: Schwache Verben, starke Verben
Beitrag von: Cailyn am 31. Mai 2013, 15:39:43
Liebe Maja

Für mich ist die Entscheidung für ein "schwaches" oder "starkes" Verb vor allem im Dialog wichtig.

Wenn Dialogsätze voll von hartem Tobak sind, komplex und inhaltsträchtig, dann finde ich es sehr angenehm, wenn danach einfach steht sagte er/sie.

Sind die Dialogsätze aber eher kurz oder simpel wie "Hey du!" oder "Weg da!" "Wie meinen?", dann mag ich gut gewählte Verben wie presste er hervor oder entgeisterte sie sich.

Wenn schwere Dialogsätze mit ausgefeilten Verben aufeinander treffen, wirkt es dann oft zu kontruiert; bei simplen Kurzsätzen und simplem Verben hingegen wirkt es zu phantasielos.

Daher mein Fazit: die gute Mischung macht's.

LG, Cailyn
Titel: Re: Schwache Verben, starke Verben
Beitrag von: Sternenlicht am 01. Juni 2013, 00:16:46
Grammatikalisch gibt es grob gesagt:
Vollverben (beziehen sich auf eine Handlung, einen Vorgang oder einen Zustand),
Modalverben (müssen, können, wollen u.ä.)
und Hilfsverben (sein, haben und werden). Hilfsverben dienen dazu andere Verbformen zu bilden (hat gekauft, ist gegangen usw.), sie können aber auch als Vollverb benutzt werden (Sie ist glücklich, sie hat eine Katze, etc.)

Vom Stil her, ist es meiner Meinung nach zum einen Geschmacksache, zum anderen aber auch eine Frage der Bedeutung. "Sie besitzt den Körper einer Toten" hört sich für mein Empfinden nicht nur schräg an, es hat auch eine andere Bedeutung. Die Betonung liegt in diesem Fall auf dem "Besitz", nicht auf dem "Körper einer Toten", was, vermute ich mal, nicht deine Intention ist. Ebenso bei dem "Wir sind aus dem Stoff wie Träume sind", der sich nicht auf den Vorgang des Herstellens bezieht, sondern um den Vergleich Mensch - Traum.

Das sind wirklich grobe Verschlimmbesserungen  :(