Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Allgemeines => Buch- und Verlagswesen => Thema gestartet von: Zanoni am 23. Oktober 2012, 14:20:42

Titel: Copyright soll Autoren helfen, nicht Verlagen
Beitrag von: Zanoni am 23. Oktober 2012, 14:20:42
Endlich mal ein Artikel, der das eigentliche Problem bei den ganzen Urheberrechts(reform)diskussionen auf den Punkt bringt!

Denn verrückterweise streiten sich auf beiden Seiten - bei den Befürwortern wie den Gegnern - oft am lautesten diejenigen, die am wenigstens davon haben: Die Autoren.

Deshalb finde ich es klasse, dass endlich mal jemand betont, worum es beim Urheberrecht ursprünglich mal ging: Die Interessen derer, welche die Werke geschaffen haben! Nicht etwa diejenigen, welche die Werke lediglich vermarkten. Das ist ein riesengroßer Unterschied!

http://www.buchreport.de/nachrichten/verlage/verlage_nachricht/datum/2012/10/23/copyright-soll-autoren-helfen-nicht-verlagen.htm (http://www.buchreport.de/nachrichten/verlage/verlage_nachricht/datum/2012/10/23/copyright-soll-autoren-helfen-nicht-verlagen.htm)
Titel: Re: Copyright soll Autoren helfen, nicht Verlagen
Beitrag von: Gwee am 23. Oktober 2012, 15:09:30
Ich finde ja sowieso, dass es da keine Diskussionen geben sollte. Natürlich sollte dem Autor das Urheberrecht gewidmet sein und nicht dem Verlag. Klar hat das für die Verlage auch ihre Nachteile, aber man kann genauso gut einen Vertrag aushandeln, der besagt, dass die Geschichte des Autors nur in diesem Verlag veröffentlicht werden darf oder so.
Im Endeffekt profitieren die Verlage doch auch nur davon, dass es das Urheberrecht für den Autor gibt. Ansonsten würde jeder seinen Roman in seinem Kämmerchen behalten und es gäbe gar nichts zu veröffentlichen.

Ich finde den Artikel auch toll.  :pompom: Autoren sollten doch nicht noch dafür bestraft werden, dass sie einen Roman geschrieben haben, sondern eher belohnt.
Titel: Re: Copyright soll Autoren helfen, nicht Verlagen
Beitrag von: Snöblumma am 23. Oktober 2012, 15:41:56
Hm, ja. Keine Frage.

Aber ich frage mich gerade, was genau Lessig denn an unserem jetzigen System ändern würde, um die Urheber zu stärken. Was würde dem Urheber helfen? Wo könnte man drehen? (Und das ist, btw, eine sehr ernst gemeinte Frage von mir, nicht nur aus privatem, sondern auch aus wissenschaftlichem Interesse...)

Ich meine, der Urheber hat das Recht an seinem Text. Er muss keine Rechte verkaufen. Er muss sich nicht auf seines Erachtens unfaire Vertragsbedingungen einlassen. Anscheinend sind die Bedingungen in den meisten Verlagen doch noch so, dass die Autoren damit zufrieden sind - sonst würden sie ja keine Menschen mehr finden, die für sie schreiben, oder? Oder sind Autoren so (verzeiht!) naiv/eitel/verzweifelt, dass sie sich wirklich auf jeden Schmarrn einlassen, nur um endlich den Vertrag zu ergattern? Das kann ich mir wirklich nicht vorstellen... und will es auch niemandem unterstellen.

Mir fehlen in dem, zugegeben kurzen, Artikel konkrete Beispiele.

Und, nicht zu vergessen: Lessig spricht vom Copyright. Das ist mit der Rechtslage in Deutschland nun beileibe nicht zu vergleichen, nicht im Hinblick darauf, wer im Mittelpunkt des Gesetzes steht. Das Copyright geht ganz selbstverständlich davon aus, dass eher die Investition in eine kreative Leistung geschützt werden soll; Investoren gehen vor Urhebern. Das deutsche Recht wählt von Grund auf einen anderen Ansatz. Wir kennen kaum Investitionsschutz, sondern schützen die kreative Leistung an sich und für den Urheber - darum finde ich es etwas irreführend, wenn Lessigs (nicht zitierte) Aussagen unmittelbar auf Deutschland übertragen werden sollen.

Aber, wie gesagt: Es würde mich wirklich interessieren, was sich konkret ändern müsste, um dem Urheber wieder zu mehr Recht (hatte er das je?) zu verhelfen.
Titel: Re: Copyright soll Autoren helfen, nicht Verlagen
Beitrag von: Sven am 23. Oktober 2012, 16:24:56
In meinen Augen gibt der Artikel keine neuen Ansatzpunkte preis.

ZitatQualitätssicherung auch ohne Verlage möglich
Niemand ist gezwungen, mit einem Verlag zu arbeiten. Was passiert, wenn man das nicht tut, sieht man bei den e-Books, deren Menge so unüberschaubar geworden ist, dass sich ein Normalsterblicher in seinem Leben nicht durch den Berg, der größenteils aus Schrott besteht, durchwühlen kann.
Außerdem bieten Verlage ja noch mehr, außer die reine Qualitätssicherung. All die anderen Funktionen müsste der Autor selbst übernehmen, oder als Leistung zukaufen.

ZitatPrivate Kopien, die nicht einem klaren Geschäftsinteresse gelten, will Lessig freigeben.
Das ist ausgemachter Unsinn. Filme, Bücher, Musik werden für den privaten Gebrauch hergestellt. Wer soll denn sonst dafür bezahlen, wenn nicht Privatleute? Wer kauft denn Filme, um sie sich anzusehen? Lidl? Nach der Aussage müsste nur derjenige für ein Buch bezahlen, der es an jemanden weiterverkauft, der es weiterverkaufen will.
Harvard-Professor? So, so ...

Bei der ganzen Debatte frage ich mich, wo genau das Problem liegt? Wer etwas konsumiert, muss dafür bezahlen. Einfacher geht es nicht!
Die Abmahntaktik ist kontraproduktiv, hat aber mit dem Urheberrecht herzlich wenig zu tun.
Mein Geld ist mir teuer, daher muss ich im Vorfeld sehr genau überlegen, wofür ich es ausgebe und da bin ich froh, wenn es Verlage gibt, die mir im Vorfeld all den Müll aussortieren und ich mich nur noch mit dem Rest befassen muss. Klar werden so auch ein paar wenige Perlen aussortiert, aber mal ehrlich, das Risiko gehe ich gerne ein.
Titel: Re: Copyright soll Autoren helfen, nicht Verlagen
Beitrag von: Snöblumma am 23. Oktober 2012, 16:39:42
Zitat von: Sven am 23. Oktober 2012, 16:24:56
Bei der ganzen Debatte frage ich mich, wo genau das Problem liegt? Wer etwas konsumiert, muss dafür bezahlen. Einfach geht es nicht!

Richtig.

Und darüber hinaus steht es den Autoren ja heute schon frei, ihre Bücher zum freien Gebrauch freizugeben. Wenn es mir Spaß macht, kann ich meine Werke als ebook auf den Markt werfen, kein oder nur ein geringes Entgelt verlangen und das Kopieren freigeben. Vielleicht nicht über eine Plattform wie Amazon, aber auf der eigenen Homepage ist das problemlos möglich.

Nur: davon werde ich niemals nie nicht leben können. Darum machen es wohl auch noch nicht allzu viele Autoren - kein Geld für die Kopie bedeutet auch, kein Geld für Cover, Satz, Lektor, Korrektur, Arbeitszeit, Herzblut, Schweiß und Tränen. Schreiben wäre reine Liebhaberei. Auch nett. Aber wohl auch nicht ganz Sinn der Sache...

Zitat
Harvard-Professor? So, so ...
Um eine Lanze für Lessig zu brechen: Ja, Harvard-Professor mit einem unwahrscheinlichen Durchblick im Hinblick auf dogmatische Strukturen des Urheberrechts. Einer der ganz großen Denker und Vordenker des amerikanischen Urheberrechts und von mir immer noch bewundert für seine Art, gegen herrschende Proprietarisierungsdokrtinen anzukämpfen. Ich mag ihn und sein Gedankengut, und ich fühle mich ihm urheberrechtspolitisch sehr, sehr nahe. Nur bringt dieser Artikel das nicht rüber...
Titel: Re: Copyright soll Autoren helfen, nicht Verlagen
Beitrag von: Lomax am 25. Oktober 2012, 16:54:29
Zitat von: Snöblumma am 23. Oktober 2012, 15:41:56Lessig spricht vom Copyright. Das ist mit der Rechtslage in Deutschland nun beileibe nicht zu vergleichen, nicht im Hinblick darauf, wer im Mittelpunkt des Gesetzes steht. Das Copyright geht ganz selbstverständlich davon aus, dass eher die Investition in eine kreative Leistung geschützt werden soll; Investoren gehen vor Urhebern.
Gut, dass du das erwähnt hast. Dann muss ich nicht mehr darauf hinweisen. Ein wichtiger Punkt, der zeigt, dass selbst scheinbare "Offensichtlichkeiten" so offensichtlich gar nicht sind. Da steckt so eine Menge an kulturellen Einflussen, heute mehr oder minder zufällig wirkenden Traditionen und auch an Partikularinteressen in dem Themenkomplex, dass ich da inzwischen wenig für natürlich halte - und mit "so einfach ist das. Basta" funktioniert da eigentlich gar nichts ;).
  Was aber natürlich auch dazu führt, dass Artikel wie der verlinkte rasch auch wieder in Partikular- und Einzelfragen untergehen.

Was den Einwand von "ist ja alles freiwillig" angeht ... Das ist gar kein Argument. Ich denke mal, der Themenkomplex mit "assymetrischen Arbeitsverhältnissen" ist so weit ausdiskutiert und zieht sich durch so viele Branchen, dass man schon ein wenig mehr ins Detail gehen muss, um zu sehen, ob Autoren nun "ihren gerechten Anteil bekommen", oder aber "von den Verlagen über den Tisch gezogen werden" - und warum das so ist. Ich stelle hier nur fest, wie schon öfter: Die simplifizierende Einstellung "Der Markt wird's schon richten. Es muss ja keiner einen Vertrag schließen, wenn ihm die Konditionen nicht passen", die höre ich vor allem von den vielen Autoren, die noch nicht so viel mit realen Verträgen zu tun hatten und da wenig Erfahrung aus der Praxis haben - und von den wenigen, die ein solches Standing haben, dass sie den Verlagen ihre Verträge diktieren können.
  Die breite Menge der "real vertragsaushandelnden Autoren" dazwischen sind zwar nicht unbedingt unzufrieden mit ihren Verträgen und haben nicht alle dieselbe Meinung zu dieser Frage - aber doch ein sehr viel nüchterneres und differenzierteres Bild vom Markt und den Mechanismen.
Titel: Re: Copyright soll Autoren helfen, nicht Verlagen
Beitrag von: Zanoni am 26. Oktober 2012, 11:50:18
Also ich sehe seine Intention weniger im Liefern von konkreten Lösungen, sondern mehr darin, die Aufmerksamkeit (wieder) auf die Interessen derjenigen zu lenken, um die es ursprünglich bei den bestehenden Gesetzen ging. Ich verstehe ihn als einen Beitrag zu einer ergebnisoffenen Diskussion. Und vor allem als einen sehr klugen Beitrag. Denn selbstverständlich muss zuerst das Ziel feststehen, bevor man darüber diskutiert, wie man am besten dort hin gelangt.

In der aktuellen Diskussion steht meist nur die "Vermarktbarkeit" und "Profitmaximierung" der jeweiligen "Vermarkter" im Vordergrund - ursprünglich ging es jedoch um die Rechte der jeweiligen Schöpfer!

Es stimmt natürlich, dass niemand gezwungen wird, seine Rechte einem "Vermarkter" zu übergeben. Theoretisch zumindest.
Klar, früher war es ohne Verlage - praktisch gesehen - extrem schwer ein eigenes Werk selbst zu veröffentlichen. Heute geht das wesentlich einfacher.

Doch dann kommen Leute, die sagen pauschal "selbstverlegte eBooks sind Schrott", mit dem die Leser massenhaft überschwemmt werden.
Wenn sich dieses Vorurteil insgesamt durchsetzen würde, wären Autoren - rein praktisch gesehen - auch in Zukunft wieder auf Verlage angewiesen, um eines ihrer Werke veröffentlichen zu können. Weil nur durch den "Segen" eines Verlages aus einem Manuskript ein echtes, wirklich gutes Buch wird (völlig unabhängig von der tatsächlichen Qualität übrigens, wie sich z.B. bei solchen Werken wie Shades of Grey zeigt).

In der ganzen Urheberrechtdiskussion gibt es ein sehr interessantes Phänomen zu beobachten: Dass die Schöpfer von Werken von den Vermarktern sehr geschickt mit eingesetzt werden, um für die "Rechte" der Vermarkter zu kämpfen, statt für ihre eigenen.

Am allerdeutlichsten zeigt sich das m.E. in der Musikbranche beim Streit zwischen Youtube und Gema. Beide Großorganisationen verdienen ihr Geld mit - und durch - die Arbeit von kreativ schaffenden Menschen und schaffen nichts selbst. Nur anhand ihrer jeweiligen Geschäftsmodelle unterscheiden sie sich voneinander. Und genau daraus entsteht dieser Konflikt.
Beide Seiten schaffen es ganz gut, "ihren" Kreativen einzureden, dass nur sie deren einzig "richtiger" (gutmeinender) Partner wären, und schicken diese vor, um für die Interessen der eigenen Großorganisation zu streiten. Und dabei gerät völlig in Vergessenheit, um wen es eigentlich gehen müsste ... welche Interessen wirklich im Mittelpunkt stehen müssten.

Aber das nur als Beispiel. Denn die Situation in der Musikbranche ist natürlich noch etwas spezieller.
Doch das Prinzip lässt sich auch in den Diskussionen in der Buchbranche entdecken. Das Interesse der eigentlich zu Schützenden steht nicht immer im Mittelpunkt - auch wenn meist so getan wird, als wäre es so.
Titel: Re: Copyright soll Autoren helfen, nicht Verlagen
Beitrag von: Snöblumma am 26. Oktober 2012, 16:33:04
Zitat von: Zanoni am 26. Oktober 2012, 11:50:18
In der aktuellen Diskussion steht meist nur die "Vermarktbarkeit" und "Profitmaximierung" der jeweiligen "Vermarkter" im Vordergrund - ursprünglich ging es jedoch um die Rechte der jeweiligen Schöpfer!
Das ist so selbstverständlich nicht. Wie gesagt, in den USA wird das Copyright seit jeher als Wirtschaftsrecht begriffen. Ziel: Ermöglichung eines vernünftigen return on investment. Und wer investiert? Der Verlag. Wer wird also geschützt? Der Geldgeber. Der Urheber muss entlohnt werden für den Job, den er macht. Aber er ist nicht genialer Schöpfer, dem ein persönlichkeitsbezogenes Recht zusteht.
Insofern: In den USA hat Lessigs Aussage Sprengkraft.
Als deutscher Urheberrechtler hebt man da müde die Augenbraue. Dass der Urheber im Mittelpunkt stehen muss, ist allen klar. Nur, wie gesagt: das Problem der geringen Entlohnung wird man gesetzlich nicht ändern können. Es fließt einfach nicht mehr Geld in das System, und dass einige Bestseller große Summen abziehen, ist ein reiner Marktmechanimus, gesteuert von Werbung, manchmal Können, ab und zu einem Hype, aber ganz sicher nichts, was sich gesetzlich verhindern lässt.

Zitat
In der ganzen Urheberrechtdiskussion gibt es ein sehr interessantes Phänomen zu beobachten: Dass die Schöpfer von Werken von den Vermarktern sehr geschickt mit eingesetzt werden, um für die "Rechte" der Vermarkter zu kämpfen, statt für ihre eigenen.
Das stimmt in der Tat. Andererseits habe ich nicht das Gefühl, als ob seriöse Verlage wirklich ein Interesse daran haben, ihre Autoren für dumm zu verkaufen. Die brauchen das, was wir liefern, sonst hätten sie nichts zu verkaufen - und je attraktiver e-books und Selbstverlage werden, umso verzweifelter werden sie deutsche Autoren brauchen, die sie als Marken aufbauen können. Eingekaufte Übersetzungen? Bitte, das Original ist billiger, schneller zu haben und einfach verfügbar. Selbstvermarktung? Bedeutet Arbeit für den Autoren und das Publikum - und genau hier kann der Verlag mit professionellem Markenmanagement einsetzen. Und genau dafür braucht er einen mit ihm zusammenarbeitenden Autoren...

Zitat von: Lomax am 25. Oktober 2012, 16:54:29
Was den Einwand von "ist ja alles freiwillig" angeht ... Das ist gar kein Argument. Ich denke mal, der Themenkomplex mit "assymetrischen Arbeitsverhältnissen" ist so weit ausdiskutiert und zieht sich durch so viele Branchen, dass man schon ein wenig mehr ins Detail gehen muss, um zu sehen, ob Autoren nun "ihren gerechten Anteil bekommen", oder aber "von den Verlagen über den Tisch gezogen werden" - und warum das so ist. Ich stelle hier nur fest, wie schon öfter: Die simplifizierende Einstellung "Der Markt wird's schon richten. Es muss ja keiner einen Vertrag schließen, wenn ihm die Konditionen nicht passen", die höre ich vor allem von den vielen Autoren, die noch nicht so viel mit realen Verträgen zu tun hatten und da wenig Erfahrung aus der Praxis haben - und von den wenigen, die ein solches Standing haben, dass sie den Verlagen ihre Verträge diktieren können.
Ich gestehe, ich bin auch kein Freund von Marktmechanismen. Ich stehe dem ganzen Ansatz mehr als skeptisch gegenüber. Aber im Falle des Urheberrechtes ist ja schon das maximal mögliche getan: das Werk gehört allein seinem Schöpfer. Komme, was da wolle, selbst dann, wenn es im Auftrag oder als Angestellter geschaffen worden ist. Im Urhebervertragsrecht gibt es sicher die ein oder andere Sache, die kritisch überprüft werden muss (gerade bei buy-outs, bei der Übertragung von Nebenrechten...), aber an sich sehe ich da wirklich viel als Verhandlungssache. Stärker kann eine Rechtsposition doch gar nicht sein, als dass man etwas hat, das jemand anderes braucht. Natürlich ist die Bezahlung eher mau, aber das liegt nun wirklich nicht am Urheberrecht. Das liegt daran, dass m.E. einfach nicht mehr Geld in den Sektor "Urheberrechtsindustrie" fließt. Die Leute geben einfach nicht mehr Geld dafür aus, weil sie keinen Bock auf Lesen haben, weil sie es sich irgendwo illegal ziehen, weil sie selber mit ihrem Geld sparsam umgehen müssen - und wo nichts ist, kann auch nichts verteilt werden. Dass kulturelle Leistungen weniger honoriert werden als andere Leistungen, liegt ja nicht wirklich am geltenden Recht, sondern an der Wertschätzung, die der Normalmensch dieser Leistung entgegenbringt.

Aber, wie gesagt: Ich würde wirklich, wirklich gerne wissen, welche konkreten Punkte verändert werden müssten. Beispiele? Vorschläge?
Titel: Re: Copyright soll Autoren helfen, nicht Verlagen
Beitrag von: treogen am 26. Oktober 2012, 21:03:44
Zitat von: Zanoni am 26. Oktober 2012, 11:50:18
Doch dann kommen Leute, die sagen pauschal "selbstverlegte eBooks sind Schrott", mit dem die Leser massenhaft überschwemmt werden.

Das Problem ist aber, dass man auch wirklich mindestens 99 % der selbstverlegten Sachen als Schrott deklarieren kann und wirklich nicht daneben liegt.
Die Selbstverleger, die sich selber um ein (ernsthaftes) Lektorat bemühen, die sind doch in der absoluten Unterzahl.

Hee, und das sage ich als ehemaliger Selbstverleger ...
Was glaubst du denn, wie die 1. Auflage von meinem eigenen Roman aussah  :wums:

Zitat von: Zanoni am 26. Oktober 2012, 11:50:18
Weil nur durch den "Segen" eines Verlages aus einem Manuskript ein echtes, wirklich gutes Buch wird (völlig unabhängig von der tatsächlichen Qualität übrigens, wie sich z.B. bei solchen Werken wie Shades of Grey zeigt).

Siehe oben.
Wenn ich sehe, was ich vor 7 Jahren für meinen selbstverlegten Roman an Geld für das Lektorat und Korrektorat in die Hand genommen habe und wenn ich sehe, was ich heute dafür in die Hand nehme.
Ich glaube, die reine handwerkliche Qualität von Verlagen ist auch heute noch um Klassen besser als das, was die meisten Selbstverleger produzieren.
Oder meinst du die "literarische Qualität"? Dazu kann ich nur sagen: Die Leser bekommen die Bücher, die sie verdienen. "Shades of Grey" verkauft sich doch nicht deswegen so gut, weil es keiner kauft und keiner liest. Es verkauft sich, weil jeder wissen will, was an diesem Buch dran ist (naja, außer mir. Meine Lesezeit - ich sage nur "Krieger"  ;D - ist zu begrenzt, als dass ich Bücher zum Spaß lesen könnte, die so weit vom eigenen Verlagsprofil entfernt sind).

Zitat von: Zanoni am 26. Oktober 2012, 11:50:18In der ganzen Urheberrechtdiskussion gibt es ein sehr interessantes Phänomen zu beobachten: Dass die Schöpfer von Werken von den Vermarktern sehr geschickt mit eingesetzt werden, um für die "Rechte" der Vermarkter zu kämpfen, statt für ihre eigenen.

Die Rechnung ist doch ganz einfach:
Wenn von einer Printauflage 4000 Stück abverkauft sind, dann bekommt der Autor ca. 3000 Euro. Und das ist für die meisten Autoren kein Problem.
Wenn der Autor sein Ebook für 5 Euro auf eigene Faust einstellt und davon  3,25 erhält, dann muss er erstmal 1000 Käufe bekommen. Und die muss er als Selbstverleger erstmal haben.

Also - soll ich dafür streiten, dass die Rechte der Content Mafia - also derer, die mein Buch erfolgreich machen könnten, beschnitten werden und ich mich mit einer Handvoll Verkäufen abgeben muss?

Zitat von: Zanoni am 26. Oktober 2012, 11:50:18
Doch das Prinzip lässt sich auch in den Diskussionen in der Buchbranche entdecken. Das Interesse der eigentlich zu Schützenden steht nicht immer im Mittelpunkt - auch wenn meist so getan wird, als wäre es so.

Ich denke, wir werden in den nächsten Jahren sowieso noch weitere Veränderungen des Buchmarktes erleben. Eine ganze Menge Verlage werden auf der Strecke bleiben. Und mal schauen, wann sich die "Amazon publishing company" in Deutschland etabliert.
Allerdings bezweifle ich, dass das für das Gros der Autoren so toll werden wird.
Titel: Re: Copyright soll Autoren helfen, nicht Verlagen
Beitrag von: Lomax am 27. Oktober 2012, 19:16:20
Zitat von: Snöblumma am 26. Oktober 2012, 16:33:04
Ich gestehe, ich bin auch kein Freund von Marktmechanismen. Ich stehe dem ganzen Ansatz mehr als skeptisch gegenüber. Aber im Falle des Urheberrechtes ist ja schon das maximal mögliche getan ... Ich würde wirklich, wirklich gerne wissen, welche konkreten Punkte verändert werden müssten. Beispiele?
Darübe ließe sich dann länger diskutieren. Vor allem, wenn man das Urheberrecht nicht nur aus Sicht von Autoren betrachtet, sondern auch aus der Sicht anderer betroffenen Urhebergruppen, denen es ja auch gerecht werden muss. Ich denke da beispielsweise an meinen anderen Tätigkeitszweig im Journalismus. Da ist die "asymmetrische Vertragsgestaltung" ja ein noch deutlich heißeres Eisen mit sehr viel mehr existenziell Betroffenen. Fotografen beispielsweise, denen die großen Presseunternehmen gerne Total-Buyout-Verträge zu Hungerlöhnen unterjubeln würden. Man könnte sagen, dass Urheberrecht schützt davor, denn meistens werden solche Verträge im Klagefall gekippt - aber oft genug kriegen die Betroffenen, die geklagt haben, zwar ihre Rechte zurück und/oder Nachzahlungen, verlieren in der Folge aber die Einkommensquelle ganz. Und haben, da sich solche Dinge in der Branche rumsprechen, durchaus zu befürchten, dass sie danach gar keine Aufträge mehr kriegen.

Vor diesem Hintergrund könnte ich mir also schon einiges Vorstellen, was man im Urheberrecht mehr tun könnte, um die Urheber zu schützen. Beispielsweise entsprechende Verwerter stärker in Haftung zu nehmen auch für Verluste, die dem Urheber durch sittenwidrige Verträge und sein Vorgehen dagegen nicht nur entstanden sind, sondern auch möglicherweise entstehen werden. Dann könnte man die "angemessene Vergütung" präzisieren, die man derzeit im Urheberrecht findet, und das nicht nur der Rechtsprechung überlassen - auch diese Forderung wurde ja im Rahmen der Urheberrechtsbearbeitungen öfter geäußert.
  Das Problem ist, dass alle diese Einzelfälle auch ihre eigenen Probleme haben, gerade weil das Urheberrecht dann ja für alle Betroffenen gelten muss, die teilweise in sehr unterschiedlichen Branchen, mit unterschiedlichen Problemen und Geschäftsverhältnissen tätig sind. So schön es also auch wäre, dem Urheber da gegen missbräuchliche Aktivitäten von Verwertern eine höhere Kompensation zuzuschieben, so muss man doch sagen, dass übertriebene Kompensationsregeln auf anderem Gebiet jetzt schon ein Problemfall urheberrechtlicher Streitigkeiten sind. Klarere Angaben anstelle nebulöser "Gummiformulierungen" könnten dann plötzlich für den großen Presseverlag genauso verbindlich sein wie für den kleinen Literaturverlag oder den engagierten Hobbyverleger - und wenn man nicht genau aufpasst, hat man auf der einen Seite einen Missbrauch abgestellt, und dafür auf der anderen Seite einen gut funktonierenden Zweig des Geschäfts erwürgt.

Ich würde also erst mal nur sagen, so leicht, dass man pauschalisieren könnte, ist die Sache nicht - und das gilt für Pauschalisierungen wie "Das Urheberrecht muss dringend reformiert werden" genauso wie für solche im Sinne von "der Markt wirds richten" und "Es wird schon das maximal Mögliche getan".
Titel: Re: Copyright soll Autoren helfen, nicht Verlagen
Beitrag von: Zanoni am 27. Oktober 2012, 22:17:30
Zitat von: Snöblumma am 23. Oktober 2012, 15:41:56Aber, wie gesagt: Es würde mich wirklich interessieren, was sich konkret ändern müsste, um dem Urheber wieder zu mehr Recht (hatte er das je?) zu verhelfen.
Dass Urheber leichter ihre einmal vergebenen Rechte zurückfordern können ... zum Beispiel.
Titel: Re: Copyright soll Autoren helfen, nicht Verlagen
Beitrag von: treogen am 28. Oktober 2012, 00:15:52
Zitat von: Zanoni am 27. Oktober 2012, 22:17:30
Dass Urheber leichter ihre einmal vergebenen Rechte zurückfordern können ... zum Beispiel.

Nichtbenutzte Rechte dürfen sie bereits heute nach 2 Jahren zurückfordern - man muss es nur wissen und selbst aktiv werden.
Und die Möglichkeit, Rechte in aktueller Benutzung vor Ablauf der Vertragsfrist zurückfordern zu können, halte ich gerade in der Buchbranche für extrem kritisch.

Das Hauptproblem ist mMn viel eher - wie Lomax es ja schon angedeutet hat - dass das Urheberrecht sehr viele verschiedene Bereiche abdeckt. Während es in der Buchbranche ja noch halbwegs human abgeht und total-buyout-Verträge eher Randerscheinungen sind, ist das in anderen Branchen ein viel größeres Problem.

Dass eine Urheberrechtsüberarbeitung nötig ist, ist sicherlich den meisten klar.
Ich finde es wie gesagt albern, dass Kindergärtnerinnen verklagt werden können, weil sie Noten aus einem Liederbuch, welches sich die KiTa angeschafft hat, kopieren und an die Eltern aushändigen, damit die Kinder Lieder lernen können. So was ist Blödsinn.
Auch das Total-Buyouts vom Gesetz her nicht zulässig sein dürften, könnte ich mir vorstellen. Ein Recht, welches geldwert genutzt wird, ist zu bezahlen. Daran geht mMn kein Weg vorbei.
Und dass manche Sachen im UrhG (und damit auch in den Verträgen) sehr schwammig formuliert sind, ob das nun solche Begriffe wie "angemessen" im Zusammenhang mit Werbung oder mit Bezahlung sind, ob das Phrasen wie "unter Berücksichtigung der herrschenden Übung" sind und dringend überarbeitet werden müssten, ist auch klar.

Aber da fängt es ja schon wieder an.
Wie präzisiere ich etwas, ohne mit eine Gleichbehandlung in der Verlagslandschaft für eine Verarmung der Branchen zu sorgen. Deswegen ist es leicht gesagt, es muss sich was ändern.
Titel: Re: Copyright soll Autoren helfen, nicht Verlagen
Beitrag von: Shin am 28. Oktober 2012, 15:22:32
Zitat von: Sven am 23. Oktober 2012, 16:24:56
Das ist ausgemachter Unsinn. Filme, Bücher, Musik werden für den privaten Gebrauch hergestellt. Wer soll denn sonst dafür bezahlen, wenn nicht Privatleute? Wer kauft denn Filme, um sie sich anzusehen? Lidl? Nach der Aussage müsste nur derjenige für ein Buch bezahlen, der es an jemanden weiterverkauft, der es weiterverkaufen will.
Harvard-Professor? So, so ...

Wenn man über etwas urteilen will, dann sollte man den Originaltext lesen und nicht nur eine Zusammenfassung.
Aus dem Interview:
ZitatEin Beispiel: Wer Teile eines Werkes nutzt, um sie in einem Remix zu einem neuen Werk zusammenzubauen und sie dann auf YouTube seinen zehntausend Freunden zu zeigen, der sollte dafür nicht zahlen müssen. Und auch Verhandlungen zwischen der Gema und YouTube sollte es in einem solchen Fall nicht geben, da der Preis Null ist. Aber wenn ich ein Buch schreibe und jemand macht daraus einen Film, für den er Eintritt nimmt, dann ist das ein kommerzieller Remix, über dessen Bezahlung er mit mir verhandeln sollte.

Titel: Re: Copyright soll Autoren helfen, nicht Verlagen
Beitrag von: treogen am 28. Oktober 2012, 16:59:34
Zitat von: Shin am 28. Oktober 2012, 15:22:32
Wenn man über etwas urteilen will, dann sollte man den Originaltext lesen und nicht nur eine Zusammenfassung.
Aus dem Interview:
ZitatEin Beispiel: Wer Teile eines Werkes nutzt, um sie in einem Remix zu einem neuen Werk zusammenzubauen und sie dann auf YouTube seinen zehntausend Freunden zu zeigen, der sollte dafür nicht zahlen müssen. Und auch Verhandlungen zwischen der Gema und YouTube sollte es in einem solchen Fall nicht geben, da der Preis Null ist. Aber wenn ich ein Buch schreibe und jemand macht daraus einen Film, für den er Eintritt nimmt, dann ist das ein kommerzieller Remix, über dessen Bezahlung er mit mir verhandeln sollte.

Du weißt aber schon, dass genau dieser angegebene Fall sehr wohl eine kommerzielle Ausnutzung sein kann. Wer bei Youtube auch nur 1000 Freunde hat, wäre ein absoluter Volltrottel, nicht dem Youtube-Partnerprogramm beizutreten (meines Wissens nach kriegen die das sogar direkt angeboten, wenn sie sich nicht eh schon freiwillig dafür entscheiden). Genau da liegt aber der Hase bereits im Pfeffer - da verdient jemand ohne Rücksprache, ohne Geldrückfluss und ohne Genehmigung echtes Geld mit fremden Material.
Also nicht "der Preis ist Null" (wer das behauptet, hat schlichtweg noch nicht gesehen, wie viele Anzeigen Youtube vor diversen Videos schaltet), sondern es gibt definitiv einen Preis.

Und selbst, wenn der Remixer keine Anzeigen einblenden läßt - wieso genau sollte ein Urheber zulassen, dass ein Werk in der Form benutzt werden darf? Nicht jede Form der Verwertung ist vom Urheber auch gewollt. Oder fändest du es toll, wenn du Musik produzierst und die Reps nehmen deinen Musikclip, "remixen" ihn und machen eine Arier-Werbekampagne da draus?

Edit: Interessant fand ich übrigens letztens, als ich einen Artikel gelesen habe, dass viele Clips, die mit den Hinweis "Wurde von der GEMA gesperrt" löscht wurden, eben NICHT von der GEMA gelöscht wurde, sondern von den Urhebern selbst, dass aber die Urheber sich in dem Falle entschieden haben, dass ihr Name nicht genannt werden soll (das kann man nämlich beim Anmahnen von Urheberrechtsverletzungen mit angeben).
In dem Falle würde ich annehmen, dass ein Teil (wahrscheinlich sogar ein sehr großer Teil) der gelöschten Inhalte auf die Initiative der Urheber zurückgehen, die nur Angst vor angepissten Fans haben.
Titel: Re: Copyright soll Autoren helfen, nicht Verlagen
Beitrag von: Shin am 28. Oktober 2012, 17:08:22
Normalerweise ist es so, dass Youtube auf die erfolgreichen Kanäle zugeht, um ihnen eine Partnerschaft vorzuschlagen. Selbst bewerben kann man sich zwar immer, hat dort aber auch schlechtere Chancen.
In die Auswahl kommen nur Kanäle, die mindestens 5-10 Videos mit jeweils 10.000 Aufrufen haben. Wenn man ein gutes Video hat, wird man noch lange nicht zum Partner. Ebenso bekommt man bei der Partnerschaft kein Geld für Klicks, die bereits vorher erzielt wurden - da war ja noch keine Werbung geschaltet.
Der normale Youtube-Nutzer, der vielleicht einen Hit mit einem Video landet, verdient noch lange kein Geld damit.

Wenn Musikremixe verboten sind, sind es dann demnächst auch Fanfictions? Wenn ich ein Buch veröffentliche, würde ich gerne sehen, was mit meinen Charakteren angestellt wird, ob nun schlecht oder gut umgesetzt.
Das ist meine persönliche Meinung, aber wenn Remixe von Liedern verboten sind, warum verhält es sich mit Remixen von Romanen dann anders?

Außerdem ging es mir darum, Sven zu zeigen, dass Lessig es genau anders meint. Sven sprach von Filmen als privaten Gebrauch, Lessig spricht von Filmen als kommerziellen Remix.
Titel: Re: Copyright soll Autoren helfen, nicht Verlagen
Beitrag von: treogen am 28. Oktober 2012, 17:21:17
Zitat von: Shin am 28. Oktober 2012, 17:08:22
Der normale Youtube-Nutzer, der vielleicht einen Hit mit einem Video landet, verdient noch lange kein Geld damit.

Mag heute noch so sein.
Aber auch Youtube wird irgendwann mal feststellen, dass man mit Werbung richtig gut verdienen kann.

Zitat von: Shin am 28. Oktober 2012, 17:08:22
Wenn Musikremixe verboten sind, sind es dann demnächst auch Fanfictions?

Fanfictions sind auch heute schon problematisch.
Mach mal eine Star Trek Webseite auf und stell dort kostenlos Fanfictions zum Download. Du bekommst bestimmt eine EMail von Paramount Pictures.
Diverse Autoren wie Anne Rice verbieten FanFiction zu ihren Figuren. Manche Autoren interessiert es nur nicht, was mit ihren Figuren passiert.

Die zentrale Frage ist doch bei der ganzen Sache immer: Wieso muss man davon ausgehen, dass man einfach alles machen kann, nur weils nicht kommerziell ist.
Ich weiß nicht, ob "Harry-Potter-und-Hermine-Ab18"-Fanfictions sich positiv oder negativ auf den Umsatz auswirken. Aber als Autor muss man bei so etwas gefragt werden oder zumindest das Recht haben, denjenigen im nachhinein eine auf die Finger zu hauen. Und wenn er es beim 2. Mal nicht rafft, notfalls auch eine Abmahnung vor den Latz zu knallen.
Titel: Re: Copyright soll Autoren helfen, nicht Verlagen
Beitrag von: Shin am 28. Oktober 2012, 17:35:10
Das mag für Youtube gelten, aber nicht für alle Nutzer. Die erfolgreichste deutsche Youtuberin verzichtet auf das Partnerprogramm, da sie nicht möchte, dass bei ihren Videos Werbung geschaltet wird. Dieses Gegenbeispiel muss ich einfach anbringen.

Die Frage sollte eher sein, warum man sich bei Rechtsfragen auf das Kommerzielle versteift. Warum heißt es immer GEMA und Youtube? Warum nicht nicodouga, myvideo oder vimeo? Ganz einfach: Weil Youtube größer und bekannter ist und eben dieses Partnerprogramm anbietet. Wenn jemand seine Song-Parodien auf myvideo hochladen würde, gäbe es erst viel später Sperrungen - oder gar nicht. Es geht also nicht darum, das Material zu schützen - sondern an einer Klage am besten zu verdienen.

Remixe von Liedern sind Werbung für das eigentliche Lied selbst. Ich habe es oft erlebt, dass das Original Video einer Band oder eines Sängers an die 100.000 Aufrufe mehr hatte - weil die ganzen Nutzer sich das Lied ansehen, nachdem sie die Parodie kannten. Und natürlich um die schwachsinnigen "Daumen hoch, wenn du von YTitty kommst!"-Kommentare zu hinterlassen. Die Veränderung eines Produktes ist immer Werbung für das Produkt selbst. Wenn sämtliche Videos verboten werden, die nur eine bekannte Titelmelodie enthalten oder Memes, die Donald Duck enthalten, kann man bald herzlich wenig hochladen.

Ich kenne bisher keine Fanfiction-Seite, die so extrem Werbung geschaltet hat und gut verdienen würde, von daher ist es für mich klar, dass es dort in den nächsten Jahren niemanden interessiert, was mit den Werken angestellt wird.
Jedenfalls nicht, wenn es dort nichts zu holen gibt.
Titel: Re: Copyright soll Autoren helfen, nicht Verlagen
Beitrag von: Sven am 28. Oktober 2012, 18:11:13
Zitat von: Shin am 28. Oktober 2012, 17:08:22
Außerdem ging es mir darum, Sven zu zeigen, dass Lessig es genau anders meint. Sven sprach von Filmen als privaten Gebrauch, Lessig spricht von Filmen als kommerziellen Remix.

Nein, mir ging es darum zu sagen, dass 1000 Facebookfreunde, oder 1000 Youtubefreunde nicht unter "privat" laufen kann. Wer urheberrechtlich geschütztes Material nimmt und es 1000 Leuten zugänglich macht - ob verändert, oder original ist dabei völlig irrelevant - bewegt sich eben nicht mehr im privaten Umfeld.

ZitatEin Beispiel: Wer Teile eines Werkes nutzt, um sie in einem Remix zu einem neuen Werk zusammenzubauen und sie dann auf YouTube seinen zehntausend Freunden zu zeigen, der sollte dafür nicht zahlen müssen.

Falsch. "Wer Teile eines Werkes nutzt, um sie in einem Remix zu einem neuen Werk zusammenzubauen" darf das im familiären Umkreis zeigen und natürlich auch seinen Freunden, die er jedes Wochenende trifft. Wer das jedoch seinen "zehntausend Freunden auf Youtube" zeigt, sollte das weiterhin nicht dürfen, wenn der Urheber das nicht möchte. Punkt. Denn das hat mit "privat" rein gar nichts mehr zu tun und dabei ist es in meinen Augen völlig egal, ob kommerziell gehandelt wird, oder nicht.
Wenn sich jemand ein Buch schnappt, die Story adaptiert, um daraus einen Independentfilm zu machen, weil er sich meinetwegen bei einer Filmhochschule bewerben will, so ist dieser Vorgang nicht in dem Sinne kommerziell, weil er damit ja kein Geld verdient. Aber er nimmt sich eine Story, die ihm nicht gehört, um daraus einen Vorteil zu haben. Er setzt den Film danach ins Internet auf youtube und zehntausend Leute sehen ihn sich an. Das Buch brauch dann keiner mehr zu lesen, weil der extrem coole Twist am Ende ja bekannt ist.

Zitat von: Shin am 28. Oktober 2012, 17:35:10
Warum heißt es immer GEMA und Youtube? Warum nicht nicodouga, myvideo oder vimeo? Ganz einfach: Weil Youtube größer und bekannter ist und eben dieses Partnerprogramm anbietet. Wenn jemand seine Song-Parodien auf myvideo hochladen würde, gäbe es erst viel später Sperrungen - oder gar nicht.

Eigentlich geht es immer deshalb um Youtube, weil die GEMA mit MyVideo und ähnlich Plattformen geltende Verträge hat. Youtube sperrt sich, weil Youtube sagt, dass sie ja gar kein Material ins Netz stellen, sonder nur die Server zur Verfügung stellen. Und um auf die GEMA Druck auszuüben, sperrt Youtube mal dieses und mal jenes Video und zeigt den bekannten Ersatztext.

Titel: Re: Copyright soll Autoren helfen, nicht Verlagen
Beitrag von: Lomax am 30. Oktober 2012, 22:13:21
Zitat von: treogen am 28. Oktober 2012, 00:15:52Nichtbenutzte Rechte dürfen sie bereits heute nach 2 Jahren zurückfordern - man muss es nur wissen und selbst aktiv werden.
Nun ja, in einer Hinsicht spricht Zanonis Einwand durchaus ein reales Problem an - im Zeitalter der Ebooks ist es für einen Verlag ja kein Problem, einen Titel ohne Aufwand und ohne jede praktisch relevante Rechtenutzung rein formal "verfügbar" zu halten und die zweijährige Frist zu blockieren, wenn die Ebook-Rechte vertraglich als Bestandteil des Hauptrechts und nicht nur als Nebenrechte übertragen wurde. Zumindest ist das ein theoretisches Szenario, dass in jüngster Zeit diskutiert wurde, auch wenn ich nicht weiß, ob es schon praktische Präzedenzfälle gibt und wie das vor Gericht dann ausginge.
  Den praktischen Handlungsbedarf kann ich also nicht einschätzen, aber es ist durchaus eine Frage, die man im Zuge aktueller Entwicklungen im Auge behalten muss und ggf. durchaus schon prophylaktisch berücksichtigen kann.

Zitat von: treogen am 28. Oktober 2012, 17:21:17Ich weiß nicht, ob "Harry-Potter-und-Hermine-Ab18"-Fanfictions sich positiv oder negativ auf den Umsatz auswirken. Aber als Autor muss man bei so etwas gefragt werden oder zumindest das Recht haben, denjenigen im nachhinein eine auf die Finger zu hauen. Und wenn er es beim 2. Mal nicht rafft, notfalls auch eine Abmahnung vor den Latz zu knallen.
Muss man das? In der Tat sehe ich gerade die Teile des Urheberrechts, die dem Urheber eine über den Schutz von Vermarktbarkeit hinausgehende Eingriffsrechte zubilligen, für hochproblematisch.
  Natürlich will man als Künstler gern die Kontrolle über alle Aspekte seines Werkes behalten. Aber das allein ist kein Grund, dieses Recht auch juristisch festzuschreiben. Ich kann mir beispielsweise gut vorstellen, das BMW auch gerne kontrollieren würde, wer alles sein Auto fährt und wofür es benutzt wird, oder auch wie man es tunen darf. Trotzdem würde ein solche Kontrolle gegen alles verstoßen, was nach nach gängigem Rechtsempfinden Recht und billig ist - nur das Urheberrecht und vergleichbare Immaterialgüterrechte sollen durch die Hintertür genau solche Vorstellungen hoffähig machen.
  Den Missbrauch sieht man sofort. Normale Firmen versuchen für ihre normalen Produkte und ihre Vertriebsnetze diese Möglichkeiten des Immaterialgüterrechts durchzusetzen, die man ihnen im normalen Handelsrecht nicht zufällig, sondern gezielt und aus gutem Grund genommen hat. Architekten blockieren Umbauten und damit de facto die Nutzung ihres "Werkes", das am Ende nichts anderes als ein gekauftes Produkt ist.
  Das Problem dabei ist, dass damit der "Wille" des Urhebers zu einer rechtlichen Größe wird - was am Ende automatisch darauf hinausläuft, dass die Größe, die man gegen Begriffe wie "Fair Use", "öffentliches Interesse", "berechtigte Interessen" etc. abwägen muss die "persönliche Willkür" ist. Und nach meinem Empfinden bringt diese Größe ein Ungleichgewicht in jede Abwägung, das den Gewinn, den man damit hat, nicht wert ist. Am Ende haben alle diese Rechte kaum einen konstruktiven Nutzen, sondern laufen auf ein reines Blockaderecht hinaus - spricht, der Urheber gewinnt das Recht, Dinge ohne objektive Abwägung zu blockieren, und er gewinnt das daraus resultierende Erpressungspotential.
  Je früher alles, was in diese Richtung geht, komplett aus dem Urheberrecht verschwindet, umso besser.

Ich denke, alle sinnvollen Effekte dieser "Kontrollmöglichkeiten" des Urhebers lassen sich problemlos auf ökonomische Fragen reduzieren. Dass der Urheber von seiner Leistung profitieren soll, dass kein anderer ohne Beteiligung des Urhebers von dieser Leistung profitieren soll, dass kein anderer das Werk in einer Weise nutzen oder verbreiten dürfen soll, die für den Urheber geschäftsschädigend ist und die ihn daran hindert, von seinem Werk zu profitieren, das wären wohl vergleichsweise konsensfähige Elemente des Urheberrechts.
  Ich denke, auf diese Elemente kann man auch andere Rechte des Urhebers zurückführen, und mehr Rechte muss man in der Tat nicht haben.
  Wenn der Urheber also Fanfics, Zitate, Kollagen, private Nutzungen, Veränderungen etc. verbieten will, dann soll er dieses Recht durchaus bekommen - allerdings nur, wenn er zumindest begründet belegen kann, dass die jeweilige konkrete Nutzung unumstrittene und objektivierbare Interessen beeinträchtigt: die Vermarktung seines geistigen Eigentums, die Nutzung seiner Rechte, oder dass die Verwendung rufschädigend ist oder andere Werte dieser Art, die mir jetzt vielleicht nicht einfallen. Ob im Einzelfall so eine Schädigung vorliegt, kann die Rechtsprechung entscheiden.
  Was der Urheber keinesfalls unbedingt haben muss, ist die Berechtigung, jeder derartigen Nutzung "eine Abmahnung vor den Latz zu knallen", nur weil es ihm gerade einfällt, ohne irgendeine weitergehende Begründung und ohne einen benennbaren Schaden, der sich von unabhängiger Instanz überprüfen lässt. An dieser Stelle würde ich eine Grenze ziehen.

Jeden Schutz der Verwertung und der materiellen Interessen halte ich für weitestgehend konsensfähig. Dass weitergehende Kontrollrechte nötig sind, halte ich hingegen erst mal nur für eine Meinung, und es ist keine Meinung, die ich teile. Ich stelle dem jetzt einfach mal die Meinung gegenüber, dass der Urheber, sobald seine Idee an der Öffentlichkeit ist, sich gefallen lassen muss, dass er sie nicht mehr alleine und in jedem Aspekt kontrolliert. Genau wie der Autobauer auch damit leben muss, dass unsympathische Typen seine liebevoll montierten Wagen fahren, oder einen hässlichen Spoiler dranschrauben. Das tut weh, rechtfertig aber nicht automatisch ein Gesetz dagegen ;).
Titel: Re: Copyright soll Autoren helfen, nicht Verlagen
Beitrag von: treogen am 30. Oktober 2012, 22:41:10
Zitat von: Lomax am 30. Oktober 2012, 22:13:21
Nun ja, in einer Hinsicht spricht Zanonis Einwand durchaus ein reales Problem an - im Zeitalter der Ebooks ist es für einen Verlag ja kein Problem, einen Titel ohne Aufwand und ohne jede praktisch relevante Rechtenutzung rein formal "verfügbar" zu halten und die zweijährige Frist zu blockieren, wenn die Ebook-Rechte vertraglich als Bestandteil des Hauptrechts und nicht nur als Nebenrechte übertragen wurde.

was das Ebook betrifft, hast du absolut recht.
Aber Zanoni hat ja die Möglichkeit der Rechterückforderung allgemein angesprochen, deswegen war mir wichtig daraufhinzuweisen, dass es das grundsätzlich schon gibt.
Wie das im Einzelfall EBook zu handhaben ist, da ist auf jeden Fall noch Klärungsbedarf.

Zum Thema Fanfiction: Müssen wir nicht ausdiskutieren. Da hast du deine und ich meine Meinung - und die Gesetzesänderung, wenn sie denn kommt wird sicher wieder was ganz anderes vorschreiben ;)

Titel: Re: Copyright soll Autoren helfen, nicht Verlagen
Beitrag von: Zanoni am 31. Oktober 2012, 11:24:10
Beim eBook funktioniert das bisherige Vorgehen - wie Lomax sehr richtig beschrieben hat - überhaupt nicht. Da die Übernahme der alten Regelung aufs neue Medium jedoch deutliche Vorteile für die Verlage mit sich bringt, vermute ich, dass sich die wenigsten Verlage besonder intensiv um eine Neuregelung bemühen werden und stattdessen lieber stillschweigend übernehmen. Bis die ersten Autoren mit den entsprechenden Problemen in der Praxis konfrontiert werden, wird es vermutlich noch etwas dauern - erst dann wird es zu heftigeren Diskussionen führen.

Aber selbst im "Normalfall", also der Rückholung brachliegender Rechte, kommt es immer wieder zu praktischen Problemen. Ich befreundete Autorin hatte mehrere Jahre darum kämpfen müssen, ihre Rechte an einer einstmals begonnenen Serie zurück zu holen, die eingestellt wurde, weil die Firma von einer anderen aufgekauft wurde. Obwohl es eindeutig keine weitere Veröffentlichung gab und auch nicht mehr geben sollte, war es insgesamt eine sehr langwierige und nervige Sache. Klar, wahrscheinlich nicht gerade die Regel, aber als reinen Einzelfall kann man solche Erfahrungen wohl auch nicht abtun.

Was mich aber ganz allgemein bei der ganzen Situation heute wundert, ist die absolute Versessenheit auf solche "alles meins"- und "nur der Profit zählt"-Vorstellungen. Wie haben es die Menschen nur in den Jahrtausenden vor dem 20. Jahrhundert geschafft, Kunst und Kultur diese Ideen zu schaffen? Wie konnten überhaupt jemals Hochkulturen entstehen - ganz ohne segensreiches Copyright und Profitstreben?
Schon seltsam ... irgendwie ...
Titel: Re: Copyright soll Autoren helfen, nicht Verlagen
Beitrag von: Lomax am 31. Oktober 2012, 17:26:17
Zitat von: Zanoni am 31. Oktober 2012, 11:24:10Wie haben es die Menschen nur in den Jahrtausenden vor dem 20. Jahrhundert geschafft, Kunst und Kultur diese Ideen zu schaffen? Wie konnten überhaupt jemals Hochkulturen entstehen - ganz ohne segensreiches Copyright und Profitstreben?
Da hast du vielleicht Recht, dass das heutige Immaterialgüterrecht insgesamt keinesfalls die Vorteile für die Gesellschaft und die Produktion von Kultur- und Ideengütern bietet, die es gerne verspricht und mit denen es oft gerechtfertigt ist.
  Aber wenn man sich die Geschichte der Entstehung dieser Rechte anschaut, stellt man fest, dass früher auf anderen Gebieten auch nicht alles fair ablief und dass es durchaus ein paar Missstände und Gerechtigkeitslücken gab, die damit behoben wurden. Die Vorteile für die Gesellschaft und die Förderung der Kunst sind ja nicht alles, um ein Copyright zu rechtfertigen - dass auch geistige Leistung entlohnt werden muss, kann man ja durchaus als einen Wert an sich betrachten.
  Vor allem, wenn man solche Leistungen erbringt, und an anderer Stelle Geld damit verdient wird ;).