Hallo,
wenn ihr eine gruselige Szene (ohne Splattereffekte, sondern eher subtil) schreiben wollt, wie geht ihr vor? Wie erzeugt ihr eine Stimmung, die dem Leser eine Gänsehaut verschafft? Was gehört für euch in eine solche Szene und was auf keinen Fall? Gibt es altbewährte Klisches, die ihr gern benutzt, oder welche, die ihr um jeden Preis meidet? Wie handhabt ihr Beschreibungen und Dialoge? Mehr davon als in anderen Szenen oder weniger?
Ich freue mich auch über Buchtipps oder Links zum Thema.
Danke und liebe Grüße,
Alana
Ich habe bislang zwei Grusel-Novellen und eine Grusel-Kurzgeschichte (die grenzwertig dicht am Horror ist) geschrieben. Bei der KG mußte ich nachts im Dunkeln das Schreiben abbrechen, hab mich also selbst zu sehr gegruselt. Betaleser bestätigen das!
Bei der KG hab ich vor allem mit einem für die Antagonistin charakteristischen Geräusch, einem Schmatzen gearbeitet, das genau dann erklingt, wenn der Leser denkt, alles ist gut.
Generell stelle ich in solchen Szenen den Protagonisten/die Protagonistin als alleine und hilflos da. Es gibt kaum Gelegenheit für Dialoge, dafür viel Innensicht. Geräusche und Gerüche sind meine liebsten Effekte. Dazu die Natur als Feind/Hindernis (eine Novelle spielt in der Fast-Schnee-Katastrophe 2009/2010, und natürlich hat das neue, ungewohnte Auto Heckantrieb und erschwert schlingernd die Flucht).
Was ich nicht benutze: Knarrende Türen, Käuzchenrufe, Schritte auf dem Dachboden.
Generell gilt: Alles, was nicht gezeigt wird, ist gruselig. Meist enttäuscht das Gruselwesen. Der Weg zu seiner Entdeckung ist das, was den Leser bei der Stange hält.
Lesetipps: Die Klassiker natürlich! Edgar A. Poe und Howard P. Lovecraft. Vielleicht noch King, The Shining ist da noch relativ subtil in den ersten 2/3.
Ich sehe das im Prinzip genau wie Sprotte. Was den größten Effekt erzielt, ist das, was man nicht sieht - weil man dann zusätzlich noch seiner eigenen Phantasie ausgesetzt ist. Im Kino grusele ich mich bei subtilem Horror am allermeisten. Ist erst einmal klar, dass das Klappern auf dem Dachboden von einem sechsarmigen Monster mit Stielaugen verursacht wird, finde ich das nicht mehr gruselig, da kommen dann andere Gefühle zum Einsatz.
Geräusche bieten sich da wirklich sehr an. Was mir auch noch einfällt: Unerklärliche Veränderungen. Dinge, die sich auf einmal anderswo befinden, anders daliegen, also alles, was auf eine weitere Präsenz hinweist, die nicht da sein dürfte. (Meine Mutter erzählte mir einmal, wie sie zu Mauerzeiten nach Hause kam und anhand von Kleinigkeiten feststellte, dass die Stasi in ihrer Wohnung gewesen sein musste. Das ist jetzt kein klassischer Grusel, aber ich bekomme bei der Vorstellung doch eine Gänsehaut.)
Bei mir wird der Grusel-Effekt meist durch "Beiläufigkeit" erzielt. Das heißt, im Prinzip ist alles wie immer, vielleicht herrscht sogar eine etwas zu positive Stimmung. Und dann arbeite ich mich an zunächst beiläufig erwähnten Details zu dem akuten Grusel-Ereignis heran.
Das mag jetzt etwas abstrakt klingen, aber diese beiläufigen Details können ganz unterschiedlich sein. Eine Geste, auf die der Protagonist aufmerksam wird, ein Blick oder ein Geräusch, vielleicht auch Farbflecken oder Gegenstände, die nicht da stehen, wo sie normalerweise sind. Sodass das dezent Ungewöhnliche die Harmonie langsam durchsticht.
[jetzt kam mir Malinche mit den Gegenständen "zuvor"... ]
Ja, das sehe ich genauso. Die Ungewissheit ist das, was einem Angst macht.
Wie setzt ihr das denn sprachlich um? Habt ihr da eine bestimmte Herangehensweise oder schreibt ihr einfach drauflos? Komponiert ihr solche Szenen nach einem bestimmten Muster?
Ich bin der absolute Drauflosschreiber. Wenn ich mich selbst fürchte, hab ich es richtig gemacht.
Zitat von: Sprotte am 17. Mai 2012, 20:27:16
Ich bin der absolute Drauflosschreiber. Wenn ich mich selbst fürchte, hab ich es richtig gemacht.
Dem kann ich eigentlich nur zustimmen. Habe es generell nicht mit dem "Komponieren" von Szenen, weder, wenn es gruselig sein soll, noch sonst wann.
Ich hab die KG mal in den Tintenschnipseln komplett eingestellt, falls Du gucken willst, Alana.
Oh, vielen Dank, Sprotte, die schaue ich mir nachher mal an!
Hm, das mit dem Drauflosschreiben ist schön, hilft mir nur leider nicht. ;D
Ich empfehle, mal sowas wie Die Literatur der Angst von H.P. Lovecraft oder Freuds Essay Das Unheimliche zu lesen (das gibts hier (http://www.gutenberg.org/files/34222/34222-h/34222-h.htm) auf Project Gutenberg). Ich fand beides ziemlich interessant.
Danke für den Link, Lavendel! Hab mir das Schätzchen gleich mal ausgedruckt und freu mich auf die Lektüre.
Ein tolles Thema, wo ich mich doch so gern grusele. Insbesondere mag ich dieses Ziehen im Bauch, in diesen kurzen Momenten, wo man den Kontakt zu etwas Übersinnlichem zu spüren vermeint - oder das Gefühl hat, das eigene Weltbild wird gerade komplett aus den Angeln gehoben. Irgendetwas ist eigentlich ganz und gar nicht so, wie wir immer geglaubt haben ... khihi, mich schaudert's jetzt schon wieder.
Aber wie ich bewusst Gruseleffekte erschaffen kann, damit habe ich mich noch gar nicht auseinandergesetzt. Bin weiterhin sehr gespannt auf eure Methoden - und auf den guten alten Freud :)
LG
Thali
Besonders gruselig finde ich Dinge, die der Charakter nicht beeinflussen kann. Wenn zum Beispiel der gute, alte Schaukelstuhl einfach von allein schaukelt, oder Dinge durch den Raum schweben, oder Türen sich einfach öffnen und der Prota steht da und kann überhaupt nichts machen. Diese Art von Ausgesetztsein finde ich unheimlich und ich verwende sie sehr gern. Ansonsten finde ich auch, dass gerade das, was man nicht sieht, am Allerunheimlichsten sein kann. Ein manisches Lachen, wenn man allein im Haus ist, zum Beispiel. Allerdings:
ZitatIst erst einmal klar, dass das Klappern auf dem Dachboden von einem sechsarmigen Monster mit Stielaugen verursacht wird, finde ich das nicht mehr gruselig, da kommen dann andere Gefühle zum Einsatz.
Das kommt ganz darauf an, was denn jetzt die gruseligen Geräusche erzeugt. Wirklich gruselig finde ich da Geister, die einfach in der Ecke stehen und starren und man kann mal wieder nichts dagegen tun. Sechsarmige Monster finde ich auch nicht besonders gruselig und die gehören für mich auch nicht mehr zu subtilem Grusel, da sie ja an sich schon einen Ekelfaktor auslösen sollen, der in reinen Gruselszenen nichts zu suchen hat. Besonders schön finde ich auch die Figur, die ganz kurz da ist und dann wieder verschwunden und niemand weiß, was das war und ob es echt war oder nicht. Schreckeffekte mag ich auch, aber die lassen sich im Kino natürlich viel besser einsetzen als im Roman.
Ich weiß nicht genau, wie ich jetzt gruselige Szenen schreibe, aber angeblich mache ich es oft. ;D Ich denke, es ist so, wie Sprotte sagte: Wenn man sich selbst gruselt, hatte man Erfolg. Besonders, wenn man bedenkt, dass man selbst ja bereits weiß, was da vor sich geht und der Leser eben nicht. :snicker:
Generell finde ich auch meist die Dinge gruselig, die nicht greifbar sind oder "verkehrt". Horrorfilme lassen mich z. B. oft kalt, aber dieser Gnom, bei "Wenn die Gondeln Trauer tragen" hat es mir eiskalt den Rücken runterlaufen lassen :versteck:
Danach hab ich mich oft gefragt, warum das eigentlich so ist. Und wirklich gruselig fand ich daran einfach die Kombination aus meiner falschen Erwartung (ich dachte, der Mörder wäre ein normaler Mensch, plus: Ich dachte John läuft einer Halluzination hinterher), dem Gegensatz (kleiner mörderischer Zwerg, mit dämonischen Augen)
und dem Übersinnlichen, dass plötzlich und unerwartet in die Realität einbricht (wieso weiß der Zwerg das mit dem roten Cape? Was ist dieses Ding?).
Und dann gibt es für mich eben immer wieder bestimmte Komponenten, die ich als gruselig empfinde. Und Edgar Allan Poe ist der absoulte Meister im Spiel mit diesen Elementen. Es gibt ein paar Geschichten von ihm, die kann ich nicht vor dem zu Bett gehen lesen - nicht wenn ich in einem dunklen Zimmer schlafen will. Aber E. A. Poe ist m. E. auch unerreichbar, was diesen subtilen Horror angeht... :omn:
Auf meiner "Writing reference" Wunschliste befindet sich aber etwas, dass dir vielleicht helfen könnte:
http://www.amazon.com/Writers-Workshop-Horror-Michael-Knost/dp/0982493916/ref=sr_1_2?ie=UTF8&qid=1337339308&sr=8-2
http://www.amazon.com/On-Writing-Horror-Handbook-Association/dp/1582974209/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1337339308&sr=8-1
Tolles Thema. Ich mache es oft ähnlich wie Sprotte: Eine Situation erzeugen, in der der Protagonist alleine und hilflos ist. Dann setze ich ihm den Gruselfaktor (=Antagonist, unerklärliche Dinge) entgegen. Ich kann allerdings nicht genau erklären, wie ich es mache, denn meistens schreibe ich drauflos. Natürlich muss ich mich vorher in den entsprechenden Zustand versetzen (mittels Musik). Was mir auffällt dabei ist, dass ich die - auch von Betalesern bestätigten - besten Gruselszenen immer dann schreibe, wenn ich mich in einem entweder psychisch schwierigen (Wut, Angst, Traurigkeit) oder Schwellenzustand (z.B. kurz vor dem Einschlafen) befinde. Dann fliesst es einfach aus mir heraus.
Ryadne hat allerdings auch Recht, an dieser Stelle ein Buchtipp: John Ajvide Lindqvist, Im Verborgenen. Das ist eine Sammlung von Kurzgeschichten von dem Autor und für ihn ist das ganz typisch. Er nimmt eine völlig normale Situation, an der eigentlich gar nichts Übles dran ist, schmückt sie aber mit so vielen komischen Details, dass alles plötzlich total surreal und unheimlich wirkt. Er beschreibt ausserdem viele Gedanken seiner Protagonisten - die dann meist nicht mehr so normal wirken.
Und damit komme ich zu einem weiteren Punkt, von dem ich leider als Schreiberling noch weit entfernt bin, aber als Leser liebe ich es. Der wirkliche Horror besteht gerade bei Ajvide Lindqvist meist nicht bloss im Übernatürlichen, sondern vor allem auch darin, wie der Mensch darauf reagiert. Also der Mensch erzeugt sich eigentlich den Horror selbst, in dem ihm eben genau diese oben erwähnten Details merkwürdig vorkommen, wobei sie im Grunde gar nicht so schlimm wären, würde nicht der Protagonist so denken, wie er denkt. Ein Beispiel: In dem Buch So ruhet in Frieden (ja, auch von Ajvide Lindqvist) gibt es so eine Plastikfigur. Im Grunde ist das lediglich eine fette Frau mit einem Einkaufswagen. Aber der Autor beschreibt die soo detailliert, dass man beginnt zu denken, dass etwas nicht stimmen kann. Und dann beschreibt er, wie der Protagonist in dieser Figur das Sinnbild für den Tod schlechthin sieht. So etwas finde ich extrem gruselig.
Der Ungewissheitsfaktor wurde ja von Kati schon so schön erklärt, und um gleich dabei zu bleiben. Dieser Schaukelstuhl kommt in dem Film The Woman In Black vor (wahrscheinlich aber auch in anderen), den ich sehr unheimlich fand. Bei diesem Film war es so, dass immer genau dann etwas passierte, als man dachte: Okay, jetzt ist es vorbei, jetzt können wir aufatmen. Es wurde also Spannung erzeugt, die dann verpuffte und erst dann der Gruseleffekt eingebaut. Funktioniert ganz gut und ist auch etwas, das ich noch lernen will. ;)
Ausserdem hat John Irving einmal gesagt: Wenn du den Leser hineinziehen willst, dass es ihn nicht mehr loslässt, nimm eine Situation, von der er denkt: Bitte lass das meinen Liebsten oder mir niemals passieren. Ich glaube, das kann man eins zu eins auf Grusel-/Horrorfaktoren übertragen.
Ich denke, was Sprotte angesprochen hat, stimmt schon. Mit dem zu arbeiten, was man nicht sehen kann, ist sicher eine Sache, mit der man Grusel erzeugen kann. Horrorgeschichten sind ja zumeist sehr nah am Mysteryplot: Etwas verbrogenes, unerklärliches muss aufgedeckt werden, weil das Unerklärliche selbst schon etwas Verstörendes an sich hat. Das "Böse", der Antagonist oder was auch immer, wird Urängste ansprechen, etwas, über das wir normalerweise lieber nicht nachdenken, weil es uns zu sehr beunruhigt.Stück für Stück ein düsteres Geheimnis aufzudecken, dessen Kern eben eine Urangst anspricht, macht wahrscheinlich einen großen Teil des Gruseligen aus. Das Unheimliche ist eben nicht das völlig Unbekannte, sondern etwas eigentlich Vertrautes, das durch die Verdrängung zu etwas Fremdem geworden ist (jedenfalls sagt das Freud ;)).
Sowieso für alle Schriftsteller interessant, auch wenn es dabei um Kurzgschichten geht, ist bestimmt Poes Philosophie der Komposition (aber das kennt ihr sicher eh all ;)). Ich glaube, die "Einheit des Effekts", von der er da spricht, ist bei Gruselgeschichten (die er ja selbst zu Großteil geschrieben hat) besonders zutreffend, auch wenn man einen Roman meist nicht in einem Rutsch durchliest, so wie Poe das für eine Kurzgeschichte verlangt. Jedenfalls stimmt es, denke ich schon, wenn man davon ausgeht, dass Grusel-/Horrorgeschichten am besten einen relativ kurzen Zeitraum umspannen (also die erzählte Zeit) und dass sie an einem (relativ) geschlossenen Ort spielt. Das muss ja nicht unbedingt nur ein gruseliges Haus oder eine Burgruine oder ein Friedhof sein. Weil ich jetzt grade wieder King gelesen habe, fällt mir Derry, die Stadt aus ES ein, die diesen eigenen Willen zu haben scheint, das etwas, das in dem umgestürzten Fabrikschornstein sitzt. :darth: Naja, und Silent Hill könnte man dann vermutlich auch noch als Beispiel heranziehen. ::)
Und noch ein kleines bissl OT: Mal davon abgesehen, dass ich zu viele Gruselfilme gesehen habe, um bei "Die Frau in Schwarz" von irgendetwas überrascht gewesen zu sein (außer davon, dass ich sehr viel über die vorhersehbaren Schockeffekte lachen musste), war das Setdesign wirklich sehr schön ;). Man kann das nicht damit vergleichen, was so in Alien passiert, oder in Psycho oder Dawn of the Dead (von '78) oder bei The Shining (kann es eigentlich jemand besser als Kubrik?).
Zitat von: Sprotte am 17. Mai 2012, 20:32:05
Ich hab die KG mal in den Tintenschnipseln komplett eingestellt, falls Du gucken willst, Alana.
Ich will auch mal gucken!
Wo finde ich die Tintenschnipsel?
Bin schon gespannt.
LG
Feli
@Feli: http://tintenschnipsel.livejournal.com/ (http://tintenschnipsel.livejournal.com/) Du musst dich allerdings erst bei Livejournal anmelden und eine Anfrage stellen, damit du die Tintenschnipsel anschauen kannst. Steht alles auf der Site.
Hier ist auch die Seite im Tintenzirkel, wo alles erkläutert wird: http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,7173.0.html
Da werde ich doch gleich mal schauen!
LG
Feli
Falls das Thema noch aktuell ist, hätte ich noch einen Buch-Tipp: Danse Macabre: Die Welt des Horrors von Stephen King (http://www.amazon.de/Danse-Macabre-Die-Welt-Horrors/dp/3548362591/ref=sr_1_2?ie=UTF8&qid=1339690003&sr=8-2 (http://www.amazon.de/Danse-Macabre-Die-Welt-Horrors/dp/3548362591/ref=sr_1_2?ie=UTF8&qid=1339690003&sr=8-2))
Für mich ein sehr gutes und aufschlussreiches Buch, aber kommt natürlich auf den jeweiligen Geschmack an. Ich bin nun mal ein hoffnungslos fanatischer King-Jünger. ::)
Einfache Antworten gibt es dafür nicht, da es viele verschiedene Arten des Horrors gibt. Es kommt auch darauf an, welche Wirkung du erzielen möchtest, also ob du den Leser schocken, Gänsehaut erzeugen, Ekel erregen oder einen Herzinfarkt auslösen möchtest.
Die vorgeschlagenen Autoren Lovecraft, Poe bringen dich auf jeden Fall in die richtige Stimmung.
Noch ein Tipp: Schreib allein im dunklen Keller nur bei Kerzenschein..das kann auch helfen ;D und stell dir vor, wovor du dich so richtig fürchten würdest - das kannst du dann am besten beschreiben.
Man kann auch klassische Horrorthemen nehmen und noch um einen Faktor erweitern. Z.B. Das Geisterhaus. Frau allein in der Nacht in einer alten Villa, wo der Vormieter seine Familie bestialisch zerstückelt hat und sich selbst auf dem Dachboden erhängte (in den Nächten hört man immer noch das Quietschen des Strickes, als wenn einer hin und her baumelt). Sein Geist spukt im Haus. Ist zwar gruslig, aber schon alt. Jetzt legen wir aber noch einen Gruselfaktor drauf: Die Frau ist blind. Stell dir nun vor, du bist die Frau, allein im Haus..kannst nichts sehen, hörst das leise Quietschen der Dielen und plötzlich spürst du einen fauligen Atem im Nacken.. :rofl:
Uuuuund bestellt ;D Danke für den Tipp dawinschi. Hier ist mir ja tatsächlich ein Buch von King durch die Lappen gegangen!
@dawinschi: Danke für den Tipp, landet sofort auf der Wunschliste. ;D
Zitat von: dawinschi am 14. Juni 2012, 18:28:51
Einfache Antworten gibt es dafür nicht, da es viele verschiedene Arten des Horrors gibt. Es kommt auch darauf an, welche Wirkung du erzielen möchtest, also ob du den Leser schocken, Gänsehaut erzeugen, Ekel erregen oder einen Herzinfarkt auslösen möchtest.
Die vorgeschlagenen Autoren Lovecraft, Poe bringen dich auf jeden Fall in die richtige Stimmung.
Das hat etwas. Hinzu kommt, dass für jeden etwas anderes richtig gruselig ist, je nach Gewohnheit, Erfahrung, Erwartungen... Aber da man das ja nicht wissen kann, muss man sich wohl einfach auf die eigenen Empfindungen verlassen. Wenn man nach dem Schreiben selbst nicht mehr schlafen kann, hat man sein Ziel wohl erreicht. Zumindest jemand noch Empfindlicheres wird es unheimlich finden.
Was ich mich in letzter Zeit auch immer wieder Frage ist, wie man beim Gruseligen bleibt, ohne es am Ende der Sequenz plötzlich zu verharmlosen. Mir passiert es oft, dass ich es schaffe, eine Horrorsituation zu erzeugen, die ich selbst ganz schlimm finde, lande dann wie tiefer ich reingehe aber immer wieder bei "normalen" Fantasy-Motiven. Also gar nichts Gruseligem und der ganze Effekt ist ein völlig anderer, als der ursprünglich gewollte. Ist es vielleicht die eigene Angst davor, krasse Dinge zu formulieren? Resultieren die Hemmungen (der "Das kannst du ihm doch nicht antun"-Gedanke) möglicherweise aus zu viel Liebe für den eigenen Charakter? Oder fehlt mir schlicht die Lebenserfahrung, zu wissen, was Menschen wirklich schockt? Oder ist es, weil die Grenze des Krassen in der Fantasy so hoch ist? :hmmm:
Ehrlich gesagt, kann ich dir nicht folgen. Hast du ein Beispiel?
Die Sache ist auch, dass etwas nur solange gruselig ist wie man nicht weiß, was es ist. Sobald man den Grusel auflöst, verpufft die Wirkung (imho) -- und je rationaler (je nach den Regeln der Welt) die Auflösung ist, umso enttäuschender ist es. Sind zumindest meine Erfahrungen bisher. Vll. liegt es nicht wirklich an der Art wie du es machst, sondern daran dass du es machst.
@dawinschi: Klar, das Thema ist immer aktuell. Vielen Dank für den Buch-Tipp. Das klingt unheimlich interessant, das schaue ich mir definitiv an. Ich kann ja mit Stephen King nicht so viel anfangen, nur "Friedhof der Kuscheltiere" fand ich genial, aber das trifft auch auf andere Autoren zu, deren Schreibratgeber ich sehr, sehr hilfreich fand.
In diesem speziellen Fall geht es mir um eine Gänsehaut und was ich ja immer toll finde, die Urangst. Undefinierbare Angst. Ja. Jetzt müsste ich sie nur noch erzeugen können.
@Witch: Meinst du, dass du quasi eine Erwartung schürst, die Realtität dann aber die Erwartung nicht übertreffen kann? Mir geht es manchmal so, dass ich zu viel nachdenke, bei Szenen, die viel Drama brauchen. Das müssen keine Gruselszenen sein. Ich wäge zu viel ab, mit dem Ergebnis, dass ich oft zu wenig wage und zu vernünftig an die Auflösung rangehe. Vielleicht muss man da bei aller Planung doch mehr aus dem Bauch heraus schreiben und sich mal überraschen lassen, was passiert. Aber so richtig habe ich da auch noch keine Lösung gefunden.
@Zit: Ich finde das kommt darauf an. Bei der TV-Serie "Lost" war ja die erste Zeit gar nicht klar, dass das eine Mystery-Serie ist. Ich habe immer erwartet, dass es für alles eine logische Erklärung gibt und gerade das fand ich total spannend, weil ich mir überhaupt nicht vorstellen konnte, wie das funktioniert. Als sich dann herausgestellt hat, dass da auch das Übersinnliche mit im Spiel ist, war ich eine Weile lang ganz schön enttäuscht.
Grusel und Horror stecken für mich in zwei anderen Schubladen.
Grusel kann man mit ganz sanften Tönen erzeugen. Bei Horror kann man ruhig mal richtig in die Kiste greifen.
Ich schreibe gruselige Szenen prinzipiell immer tagsüber bei Sonnenschein und spielendem Kind neben mir. Wenn ich das nachts bei Mondschein schreibe, traue ich mich ab einem gewissen Zeitpunkt gar nicht mehr weiter zu tippen. Ich lese aus dem selben Grund auch nachts nie Grusel.
Und wenn ich schon bei hellem Sonnenschein richtig Angst bekomme, wie schlimm muss es dann erst im Dunkeln sein.
Grusel lebt ganz viel davon, dass nur angedeutet wird. Das was ich mir im Kopf ausmale ist meist viel schlimmer, als das was wirklich ist. Ein Schatten hier, ein Geräusch dort, verrückte Gegenstände, leiser Gesang in einem ansonsten leeren Haus, ein Fleck, der immer wieder kommt, etc. sind viel schlimmer, als ein Geist, der ins Zimmer schwebt, genau zu sehen ist, wie schrecklich er aussieht und der dann "Buhuuuuu" ruft.
Man kann eine Szene auch scheinbar auflösen und dann mit umso heftigerem Paukenschlag weiter machen.
ZB Mädchen alleine im Haus. Stromausfall. Ziemlicher Wind kommt auf. Ständig irgendwelche Geräusch, Schatten, etc. Sie beruhigt sich selbst. Ist ja nur dieses was klappert, das was knarrt, etc. Außerdem findet sie Kerzen und alles ist nicht mehr so schlimm. Sie will in den Keller nach der Sicherung schauen. Und dann ist sie sicher wirklich was im Keller gehört zu haben. Irgendwann will sie mutig sein und runter gehen. Was ein Glück: Es ist nur Nachbars Katze. Sie nimmt sie auf den Arm, geht nach oben - die Tür ist verschlossen. Luftzug. Kerze aus. Und dann hört sie Schritte hinter sich. Und sie spürt fremden Atem in ihrem Nacken.
Da steigert es sich von "irgendwie unheimlich, weil dunkel und alleine" zu "irgendwas oder irgendwer im Haus" was sich erstmal scheinbar mit der Katze auflöst, um dann zu "irgendwas direkt hinter einem und kein Fluchtweg mehr" zu werden.
Unsere Klasse hat lange Zeit immer eine Geisterbahn auf dem Schulfest gemacht. Am aller schlimmsten fanden die Leute da weder das Skelett oder die Präparate aus Bio. Auch die verkleideten Schüler, die aus der Ecke sprangen waren nicht schlimm. Ein ganz dunkler Tunnel, wo so Glibberfäden runter hingen, die immer mal wieder Gesicht oder Hände berührten, und ein mit Eiswasser gefüllter Gummihandschuh, der mit Feuchtigkeitslotion eingecremt war und plötzlich am Arm, bzw der Hand zu spüren war, haben da aber echt gestandene Kerle Gruseln beigebracht. Das konnten sie nicht einordnen und es war kalt, glibbrig und unvorhersehbar. ;D
Lost hat mich nie interessiert.
Allerdings denke ich, dass es vll. daher enttäuschend war, weil es scheinbar keinerlei Anhaltspunkte dafür gab, dass es eben keine realistische Welt ist. Soweit ich weiß, geht es ja letztlich darum, dass ein Flugzeug in unserer Zeit und in unserer Welt über einer Insel mitten im Nirgendwo abstürzt -- und die Leute, die überleben, sind auch alles Normalos. Also keiner davon meint, er könnte mit Geistern sprechen oder so. In Fantasywerken ist aber in aller Regel klar, dass auch übernatürliche Erklärungen für die Ereignisse gefunden werden können. Und wenn dann die Lösung ein Geist ist, der alles durch die Gegend fliegen lässt, ist es weniger enttäuschend, weil es etwas Übernatürliches ist, sondern vll. eben weil es "nur" ein trauriger Geist ist. Und kein furchtbar böser Geist oder gleich mehrere Geister, die alle sauer sind, weil sie an das Haus gegen ihren Willen gebunden wurden (13 Geister, wobei ich das nicht gruslig fand, sondern den Film eher als Splatter einordne). Ich sage sogar, dass man in einem Fantasywerk eine übernatürliche Lösung erwartet. Wenn alles auf einen Poltergeist hindeutet, kann sich zwar der sich fürchtende Prota alles mit tropfenden Wasserhähnen, kleinen Erdbeben, die die Bilder schief hängen lassen oder undichtem Bau des Hauses erklären -- aber am Ende erwarte ich als Leser den Poltergeist. Zumindest wenn das Buch eindeutig als Fantasy klassifiziert ist. Bei einem Thriller könnte ich mir auch denken, dass es der liebtuende Nachbar ist, der den Prota in den Wahnsinn treiben will, vll. weil der Nachbar sadistisch ist und besonderen Spaß hat total verängstigte Menschen aufzuschlitzen.
Zitat von: Alana am 15. Juni 2012, 21:01:11
@Witch: Meinst du, dass du quasi eine Erwartung schürst, die Realtität dann aber die Erwartung nicht übertreffen kann?
Ganz genau. Nur dass ich mir wirklich keine Gedanken mache, vielleicht zu wenig? Ich muss da mal tief in mich gehen und vielleicht das eine oder andere Buch noch einmal mit diesem speziellen Fokus lesen.
@Zitkalasa: Beispiele, hm, schwierig. Ich hatte einmal bei einer Kurzgeschichte einen total gruseligen Anfang mit einer wandelnden Leiche, die einen Menschen angreift einfach so. Und habe dann die Situation aufgelöst, in dem ich jemanden zur Hilfe eilen liess, der sich mit diesen Leichen auskennt, weil er sie seit Jahren betreuen muss. Das hebt aber sämtlichen Panikfaktor auf in diesem Moment und es wird zu einer - zwar guten, aber immer noch, - grossen Party mit einer hysterischen Geschädigten und einem magischen Boss. Verstehst du jetzt, was ich meine? Ich wünschte, ich hätte eine unheimlichere, weniger fanasy-, sondern mehr horrorhafte Lösung gefunden. Doch meistens finde ich sie nicht. Obwohl mir die gefundenen Lösungen zwar auch gefallen: Ich möchte auch einmal die andere Lösung haben.
@Alia: Hm, das ist ein äusserst interessanter Ansatz. Ich würde jetzt zwar spontan behaupten, auch bei meinem Lieblingsbeispiel John Ajvide Lindqvist weiss man oft, was es ist. Aber gleichzeitig: Man kann es nicht definieren. Man weiss es unbewusst, aber nicht rational. Ob das der Trick ist?
@Witch: Hm, bei dem Beispiel ist das "Problem" vielleicht, dass jemand ihr überhaupt zu Hilfe eilt. Vielleicht hätte es dir besser gefallen, wenn sie sich selbst hätte helfen müssen? Ich könnte mir auch vorstellen, dass die Gegenwart eines solchen Experten sehr schnell sehr einlullend wirkt. Wenn ich an solche Situationen zurückdenke, dann kann ein solcher Experte die Situation aber auch verschlimmern, indem er nämlich zugibt, dass sein Beruf schwer ist, vielleicht sogar oft Glückssache und dass die aktuelle Situation sowieso aussichtslos ist und er fest davon ausgeht, da nicht lebend rauszukommen, sich dann aber mit Todesverachtung daran macht, die Leiche (oder in dem Fall war es glaube ich ein Raptor) zu besiegen. Ich denke, das geht auch in die Richtung, dass man den Leser zuerst in Sicherheit wiegt und dann kommt noch was nach.
Hm. Bei dem speziellen Beispiel würde ich sagen, dass nicht die Hilfe das Problem war, sondern dass durch den allwissenden Charakter plötzlich keine Herausforderungen für die Figuren da waren. Ich mein, wir wissen alle mehr oder weniger wie man Zombies killt oder sie sich zumindest vom Hals hält (wenn es nicht gerade diese miesen Renn-und-Spring-Zombies sind, aber auch da gibt es Kniffe). Aber nur weil wir das wissen, verlieren die Zombies ja nichts von ihrer Gefährlichkeit.
Auch würde mich, zBsp., so eine wandelnde Leiche trotzdem schrecken, auch wenn ich weiß, dass die einfach nur nach meinem Herzen dürstet -- eben weil so eine Leiche absolut widernatürlich ist und ich trotzdem Hemmungen hätte, diese Leiche zu töten, schließlich war sie ja mal ein Mensch. Also, auch wenn ich weiß, wie ich die Leiche wieder endgültig zurück in ihr Grab befördern kann, steh ich mir mit meiner Moral trotzdem im Weg, was die Situation für mich und damit die Spannung für den Leser, nicht gerade erträglicher macht.
Grusel oder Horror sind für mich nur sehr spezielle Arten von Spannung. Hinzu kommt, dass die Prota bzw. die Menschen/Wesen, die sich fürchten sollen, bis zum Schluss bedroht/ der Gefahr ausgeliefert sind.
Jupp, ich denke, da hat Zit Recht. Das Problem ist da eindeutig das Glleichgewicht, was entsteht. Richtig schlimm ist es halt, wenn es ein ziemliches Ungleichgewicht zwischen Protas und Gefahr besteht. Wenn da ein Rudel Zombis unterwegs ist und ich einen guten Zombijäger habe, der alles weiß und fit genug ist die alle wieder so tot zu machen, wie sie eigentlich sein sollten, ist es zu ausgeglichen. Eigentlich sind sogar die Protas im Vorteil.
Wenn man das Verhältnis wieder ändert - zB schimpft sich da jemand Zombijäger, hat allerdings noch nie wirklich welche gesehen und erlegt, weil er einfach nur ein Aufschneider und Möchtegern ist, der beim ersten Schmatzen und schlurfenden Schritten, die er hört, das kleinste Gruppenmitglied nach vorne schupst und dann die Beine in die Hand nimmt, fühlt man sich plötzlich gar nicht mehr so sicher.
Oder es ist zwar ein Zombijägerveteran, der aber leider derart alkoholabhängig ist, dass er die meiste Zeit keinen Plan von irgendwas hat und wenn es drauf ankommt auch schon mal vergisst, was man denn nun mit dem Zombi anstellen soll. Oder er ist mal schwer verletzt worden, halb blind, fast taub mit Hinkebein und nur einer Hand. Früher wäre das wohl kein Problem gewesen... Aber heute?
Die Schwierigkeiten die der Prota hat, müssen halt zu dem Prota passen.
Das kleine Mädchen mit dem Gipsbein kann man halt schon mit viel weniger in Gefahr bringen, als den knallharten Geisterjäger mit zig Jahren Berufserfahrung und perfekter Ausrüstung. Eigentlich müssen die Protas derart in Gefahr geraten, dass sie theoretisch aus eigener Kraft fast überhaupt nicht überleben könnten. Und nur weil sie besonders "irgendwas" sind, klappt es dann doch. Wenn ich irgendwann einfach den Retter in der strahlenden Rüstung vom Himmel fallen lasse, dann ist das ein ziemlich dummes Ende. Wenn ich die Retter auf den Weg schicke, aber die weit weg sind, aufgehalten werden, etc. und nicht klar ist, ob der Prota es schafft so lange wegzurennen/sich zu verstecken, dann ist wieder richtig Spannung da. Die Frage lautet dann ja nicht: Schafft der Prota sich zu retten? Sonder: Schafft der Prota so lange zu überleben, bis die Rettung kommt?
Was mir beim Thema, wie man solche Szenen nicht beschreiben sollte, eingefallen ist und ich unbedingt loswerden muss:
http://www.youtube.com/watch?v=9CsntuTVw_4 (http://www.youtube.com/watch?v=9CsntuTVw_4)
Bei Gruselszenen würde ich vorallem mit Gefühle und genauen, fast zu genauen, Beschreibungen der Gegenstände arbeiten.
z.B. Wenn dein Protagonist eine Leiche entdeckt, wirkt es um einiges mehr gruselig, wenn du beschreibst, wie sie am vermodern ist, als wenn du die Gesamtszenerie beschreibst.
Wenn dein Protagonist jetzt die Leiche auf einer Toilette findet, will niemand wissen, ob da jetzt ein Spiegel an der Wand hängt oder nicht. Ich würde mich da auf die Beschreibung der Leiche konzentrieren.
Obendrauf würde ich noch beschreiben, was für Gefühle die Leiche im Protagonisten auslöst.
Geräusche beschreiben finde ich auch noch ganz passend. Wenn z.B. dein Prota in einem verlassenen Kino vor jemanden wegrennt und dann plötzlich im Raum neben ihr Schritte hört, bekommt der Prota panische Angst.
Allgemein würde ich sagen, dass Gegenstände oder Geräusche plus die Gefühle, welche beim Prota damit hervorgerufen werden ein guter Anfang wäre.