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Die Sache mit den Blicken

Begonnen von Avery, 09. August 2014, 01:03:07

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THDuana

Also ich sehe das wie die anderen: in vielen Situationen, in denen der Blick die Umgebung beschreibt, kannst du auf das Wörtchen verzichten und einfach die Beschreibung setzen. Die Spannung zwischen interner und externer Fokalisierung sehe ich da nicht, weil sich solch ein kurzer Bruch in der Erzählperspektive nicht logisch erklären ließe.
Was deine Beispielsätze betrifft, schließe ich mich Christopher an, es würde mich beim Lesen nicht stören. Wahlweise könntest du in passenden Situationen, wie etwa beim zweiten Satz, statt des finsteren Blickes ein Gefühl auftauchen lassen. Als Mensch merkt man ja selbst eigentlich nicht, ob der eigene Blick wirklich finster ist, wenn es intuitiv und nicht absichtlich passiert. Es gibt viele Arten der Mimik, die unkontrolliert sind und ein Gefühl ausdrücken. Person B sieht diese Zeichen und weiß, wie sich Person A fühlt. Person A allerdings empfindet nur das Gefühl. Damit meine ich nicht, dass du gänzlich auf solche Formulierungen verzichten solltest, aber es hilft manchmal das im Hinterkopf zu behalten, um Alternativen zu finden.

Es gibt eine Menge Phänomene, die gehäuft in der Literatur auftreten. Dazu gehören die Blicke und eingie Wörter, die immer wieder auftauchen (sagte, hörte, etc.), sowie Satzkonstruktionen (ich neige dazu, sehr viele Relativsätze zu machen). Diese Sachen gehören aber dazu und sind so unvermeidbar wie einen Absatz zu machen, damit der Lesefluss erleichtert wird. Ein geübter Leser bemerkt den "Blick" oder das "sagte" nicht mehr wirklich, würde ich sogar behaupten, weil es nicht um das Wort an sich geht, sondern nur noch um die Bedeutung und einen bestimmten Sinnabschnitt einleitet oder beendet.

Siara

Das Problem mit den Blicken kenne ich ganz eindeutig auch. Dass es dem Leser in den wenigstens Fällen auffällt, sehe ich zwar auch so, aber ohnehin habe ich noch eine ganz andere Sorge: Wird die äußerliche Charakterisierung zu einseitig, wenn der Fokus so sehr auf den Augen liegt? Natürlich greife ich beim Schreiben auch auf Anderes zurück, wenn es passend ist - weitere Mimik, nebensächliche Handlungen, Gesten, Betonung, etc. Aber Blicke und der Ausdruck in den Augen bleiben bei Dialogen mit Abstand am stärksten vertreten. Schon allein, weil ich selbst bei Gesprächen vor allem die Augenbewegung des Anderen wahrnehme. Ich habe das Gefühl, das nutzt sich auf der Länge des Romans sehr schnell ab, auch wenn ich mich mühe, Abwechslung hineinzubringen.

Wenn es aber um andere Situationen geht, sehe ich in den Blicken wirklich kein Problem. Was Churke sagt, stimmt natürlich, die Eindrücke des Perspektivträgers mit "blicken" einzuleiten, ist unnötig. Aber da nun einmal viele verschiedene Redewendungen und Ausdrücke mit "blicken" existieren, sehe ich keinen Grund, nicht auch oft von ihnen Gebrauch zu machen, wenn sie am besten in eine Situation passen.

@Avery: Statt dem "finsteren Blick" finde ich manchmal "anfunkeln" ganz schön. Statt dem "Blick" kann die "Sicht" freigegeben werden. Es finden sich beinahe nie Alternativen, die ganz genau dieselben Eindrücke hervorrufen, da gebe ich dir vollkommen recht. Deshalb die beiden Ideen nur für den Fall, dass du es unbedingt ersetzen willst, denn eigentlich wäre mir der Blick ebenfalls nirgendwo negativ aufgefallen. ;)
I'm going to stand outside. So if anyone asks, I'm outstanding.

THDuana

Zitat von: Siara am 09. August 2014, 15:16:18
Wird die äußerliche Charakterisierung zu einseitig, wenn der Fokus so sehr auf den Augen liegt? Natürlich greife ich beim Schreiben auch auf Anderes zurück, wenn es passend ist - weitere Mimik, nebensächliche Handlungen, Gesten, Betonung, etc. Aber Blicke und der Ausdruck in den Augen bleiben bei Dialogen mit Abstand am stärksten vertreten. Schon allein, weil ich selbst bei Gesprächen vor allem die Augenbewegung des Anderen wahrnehme.
Du hast da schon selbst etwas Wichtiges gesagt: Man achtet in Gesprächen selbst eher auf die Augen, als alles andere. Ich kann mir vorstellen, dass es daran liegt, weil das Gesicht des Gesprächspartners ungefähr in der gleichen Höhe wie das eigene Gesicht / die eigenen Augen liegt und damit eher im Blickfeld ist. Weil man auch "anerzogen" bekommt, dem Gegenüber in die Augen zu schauen. Und letztendlich, weil man am Ausdruck der Augen, vieles ablesen kann. Ob jemand lügt oder es ihm/ihr schwer fällt, über ein Thema zu reden, Freude und viele andere Gefühle lassen sich an den Augen ablesen.
Beim Protagonisten selbst kann man je nach Gesprächssituation auch nervöse Ticks, Ablenkungsmanöver etc. einbauen, beim Gegenüber würde ich das eher selten machen.

Eluin

Das Problem mit dem "Blick" / "Blicken" kenne ich auch nur zu gut. Mich nervt es häufig und mir erscheint es so einfallslos, ständig zu schreiben "er/sie/es sah an", "er/sie/es nickte, schüttelte den Kopf, seufzte...".
Mittlerweile habe ich für mich viele dieser Wendungen rausgeschrieben - alles was mich beim Schreiben nervt - und gebe die, wenn der Text fertig ist, in die Suchfunktion ein. An jeder Stelle überlege ich dann: brauche ich dieses Wort / diese Wendung wirklich, oder kann ich sie löschen bzw. durch etwas anderes ersetzen. Häufig stelle ich dann fest, dass ich es gar nicht so oft verwende, wie ich denke bzw. es genau an dieser Stelle passt.

Aber ich muss sagen, ich freue mich hier zu lesen, dass es eigentlich gar nicht so störend beim Lesen wirkt, wie es mir beim Schreiben vor kommt.

Achso, eine Frage habe ich auch noch. Avery, du hast von Mimik, Gestik und Co. Threads gesprochen. Meinst du hier unter Workshops? So etwas suche ich nämlich  :bittebittebitte:
Träume verändern die Zukunft. Doch erst wenn wir die Augen öffnen, können wir sie verwirklichen!
Mein Spruch, mein Motto.

THDuana


Sternsaphir

Ich habe ein ähnliches Problem, aber bei mir hängt es nicht mit der Beschreibung der Umgebung zusammen, sondern ist eher bei zwischenmenschlicher Kommunikation (auch nonverbal) stark vertreten. Ich versuche immer gern auch die Mimik der Gesprächspartner einzubinden, aber wenn es um die Sprache der Augen geht (z.B. Er sah sie neugierig an, er blickte auf, sein Blick flog unruhig umher, sie sah wieder zurück zu ihm etc.), dann habe ich manchmal das Gefühl, das Gespräch ist ein völliger "Augen-Salat".
Ich versuche schon so viel wie möglich zu umschreiben. Anstatt z.B. "Er sah sie neugierig an" wird dann "Seine Augen wurden groß vor Neugierde" eingesetzt usw.
Dennoch erwische ich mich immer wieder - vor allem bei Texten, die ich nur in kleinen Stücken abarbeiten kann und damit schnell den Überblick verliere - dass sich immer wieder tückische Blick-Momente einschummeln.

Eluin

Zitat von: Duana am 09. August 2014, 16:42:39
@ Eluin: Vielleicht hiflt dir dieser Thread weiter: Nicken, Nicken, Schulterzucken - Mimik und Gestik. :)

Danke!  :vibes: Genau so etwas!  :buch:

@Sternsaphir: Das geht mir auch ähnlich. Vor allem wenn sich die Umgebung gerade mal nicht bewegt - also im Endeffekt ein Gespräch stattfindet, ohne dass wirklich Aktion gefragt ist. Immer nur:
Er sagt "..."
"...", sagte sie.
Er sah sie an. "..."
Und ähnliches ist mir dann auch zu doof. Ich versuche immer wieder dann Handbewegungen oder so einzubauen, um wenigstens etwas "Bewegung" in die Szene zu bekommen. Gerade dieses unbewegte fällt mir in Dialogen und sehr dialoglastigen Szenen sehr schwer. Eine Lösung habe ich dafür leider auch noch nicht gefunden.
Träume verändern die Zukunft. Doch erst wenn wir die Augen öffnen, können wir sie verwirklichen!
Mein Spruch, mein Motto.

Vic

Hier wurde es schonmal so ähnlich gesagt, aber ich kann da nur zustimmen.
Also wenn es bei den Blicken darum geht, dass man die Umgebung betrachtet, braucht man das für den Erzähler nicht unbedingt.

Schön sind Blicke halt vor allem in einer non-verbalen Kommunikation. Also wenn zwei Leute sich vielsagende Blicke zuwerfen, sich zwei Leute freundlich grüßen, aber abschätzige Blicke zuwerfen oder eben zwei Menschen mit Blicken ganze Gespräche austragen, ohne einen Ton zu sagen.
Leider ist das eine Gelegenheit wo das Medium Film es manchmal leichter hat, da gute Schauspieler ja wirklich mit Gesten und Mimik sehr viel transportieren können. ;)
In einem Buch kann man da natürlich schön mit Adjektiven arbeiten. Man kann sich böse Blicke zuwerfen oder verstohlene Blicke. Man kann auch umschreiben sowas wie "Ihr spöttischer Blick verriet, was sie von seinem Angebot hielt"  - da kann man sich als Leser schon vorstellen wie die Dame gerade guckt.

Ansonsten kann ich nur von mir ausgehen und sagen dass mich viele Blicke nie gestört haben in Büchern, da ich gerade diese Art der Interaktion zwischen zwei oder mehr Menschen immer am allerinteressantesten finde.  :wolke: