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Was ist "explizite Gewaltdarstellung"?

Begonnen von Sprotte, 25. März 2012, 13:52:17

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Maran

Zitat von: Aryana am 25. März 2012, 15:06:43
Das finde ich schon recht explizit. Vor allem die Gedärme.  :gähn:

Ja, finde ich auch. Gerade weil es die Phantasie (und wohl auch die Emotion) des Lesers extrem anspricht. Es geht hier nicht um das Besiegen, das Töten, sondern um grausamsten Schaden. Mir persönlich ist ein sauberer Schlag zwischen die Augen, der den sofortigen Tod des Gegners zur Folge hat, lieber, als daß ich mir die Folgen vorstelle, die jemand durchleidet, der einen solchen Angriff überlebt.   :hmmm: Allerdings ist das Geschmackssache, und letzten Endes sind beide Möglichkeiten Gewaltdarstellungen. Vielleicht fragst Du einfach einmal bei dem Verlag (?) an, wie weit Du gehen kannst.

Grummel

#16
Also ich würde die Grenze gerade in Hinsicht auf Bücher sehr eng ziehen. das ist aber meine persönliche Meinung, da ich als Fan von Splatter-, Gore und Horrorfilmen allgemein ein wenig verdorben bin. Explizite Gewaltdarstellung ist affektorientiert, was soviel heißt, wie eine Gefühlsregung aufgrund der Darstellung hervorrufen.
Wenn das, was ich da schreibe (egal ob Erotik oder Gewalt) von der eigentlich beabsichtigten / gewünschten Reaktion beim Leser abweicht, dann drifte ich in genau diese explizite Darstellung ab.
Wenn ich also, um auf mein ursprüngliches Beispiel zurück zu kommen, meinen Helden durch eine menge Gegner schicken muss, damit er sein Ziel erreicht, dann beabsichtige ich bei dem Leser das Gefühl der Enge, der Gefahr und des nahen Hauch des Todes herbei zu führen. Das mache ich natürlich, indem ich den Helden durch die Gegnerhorden stürmen lasse. Er teilt Schläge nach links und rechts aus und am Ende blickt er über die Schulter und erschrickt vor dem von seinen Händen angerichteten Gemetzel. Das reicht aus, um dem Leser die Brutalität vor Augen zu halten, aber jeder kann sich unter Gemetzel das vorstellen, was sein Empfinden zuläßt.

Wenn ich bei dieser Szene beschreibe, wie er jeden einzelnen Gegner hier in den Unterbauch trifft und dessen Blut die Erde benetzt, bevor seine Gedärme dazu klatschen, oder dort mit einem geschickten Rückhandschlag den Kopf spaltet um beim Weiterlaufen das umher gespritzte Gehirn von seiner Rüstung zu streichen, so gebe ich dem Leser nicht die Chance selber mit der "versteckten" Gewalt klar zu kommen. Nein, er muss sich mit dem Gehirn und den  Gedärmen auseinander setzen.

Für mich ist das explizite Gewaltdarstellung.
"Kaffee?"
"Ja, gerne."
"Wie möchtest du ihn?"
"Schütte ihn mir einfach ins Gesicht!"

Arcor

Zitat von: Xaverine am 25. März 2012, 15:29:30
Wobei ich eigentlich finde, dass die Gedärme das einzig Explizite daran sind. Wenn du das streichen würdest, Sprotte, dann wäre das in meinen Augen eine normale Kampfszene.

Ich finde, über die Wörter "verstümmelt" und "schreiend", vor allem im Zusammenhang, kann aber aber durchaus auch diskutieren. Denn vor allem die beiden vermitteln ein detailliertes Bild, wie die besiegten Feinde den Angriff erleben, und ziehen den Leser somit ins Geschehen.
Not every story is meant to be told.
Some are meant to be kept.


Faye - Finding Paradise

Michaela

Ich habe mein Wörterbuch zur Hand genommen und da steht unter explizit : ausdrücklich, deutlich, ausführlich.

Für einen Wettbewerb würde ich es wörtlich nehmen und auf deutliche Gewaltdarstellung verzichten. Wenn die Kapfszenen nur oberflächlich beschrieben sind, ist man auf der sicheren Seite und hat trotzdem Kapfszenen in seiner Geschichte. Es mag ja nicht jeder einen Weichspüler.  ;)

Emilia

Zitat von: Arcor am 25. März 2012, 15:36:20
Ich finde, über die Wörter "verstümmelt" und "schreiend", vor allem im Zusammenhang, kann aber aber durchaus auch diskutieren. Denn vor allem die beiden vermitteln ein detailliertes Bild, wie die besiegten Feinde den Angriff erleben, und ziehen den Leser somit ins Geschehen.

Über das "verstümmelt" habe ich auch einen Moment nachgedacht, ehe ich meinen Beitrag abgeschickt habe. Ich persönlich empfinde das nicht als explizit, weil die Verstümmelungen nicht genau beschrieben wurden. Sicherlich, darüber kann man streiten, aber es ist in meinen Augen eben nicht eindeutig explizit. Die herausquellenden Eingeweide dagegen schon.

Tokanda

Zitat von: Grummel am 25. März 2012, 15:34:14
Wenn ich also, um auf mein ursprüngliches Beispiel zurück zu kommen, meinen Helden durch eine menge Gegner schicken muss, damit er sein Ziel erreicht, dann beabsichtige ich bei dem Leser das Gefühl der Enge, der Gefahr und des nahen Hauch des Todes herbei zu führen. Das mache ich natürlich, indem ich den Helden durch die Gegnerhorden stürmen lasse. Er teilt Schläge nach links und rechts aus und am Ende blickt er über die Schulter und erschrickt vor dem von seinen Händen angerichteten Gemetzel. Das reicht aus, um dem Leser die Brutalität vor Augen zu halten, aber jeder kann sich unter Gemetzel das vorstellen, was sein Empfinden zuläßt.

Wenn ich bei dieser Szene beschreibe, wie er jeden einzelnen Gegner hier in den Unterbauch trifft und dessen Blut die Erde benetzt, bevor seine Gedärme dazu klatschen, oder dort mit einem geschickten Rückhandschlag den Kopf spaltet um beim Weiterlaufen das umher gespritzte Gehirn von seiner Rüstung zu streichen, so gebe ich dem Leser nicht die Chance selber mit der "versteckten" Gewalt klar zu kommen. Nein, er muss sich mit dem Gehirn und den  Gedärmen auseinander setzen.

Für mich ist das explizite Gewaltdarstellung.


D'accord.
Wenn der Fokus der Szene nur auf der Darstellung der Verletzungen liegt, die der Held anrichtet, wäre das für mich explizit und hätte etwas gewaltverherrlichendes. Wenn aber mehr das innere Erleben des Helden im Vordergrund steht, die eigene Panik, die eventuell mit blindem Überlebenswillen gepaarte Todesangst, wäre es für mich vertretbar. Denn dann beschreibst du mehr das Grauen, das einem Kampf oder einer Schlacht innewohnen kann und stellst es nicht als erstrebenswert dar.
Eigentlich ist das für mich die entscheidende Frage: ist eine Szene gewaltverherrlichend oder ist die dargestellte Gewalt ein notwendiges Mittel um herauszuarbeiten, welchen Charakter die Heldin oder der Held in jenen Momenten an den Tag legt, in denen es um Leben und Tod geht? Steht sie oder er der Gewalt gleichgültig gegenüber oder hassen sie es, töten zu müssen?