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[Medizin] Wie fühlt sich das Erwachen aus der Narkose an?

Begonnen von Farean, 17. Februar 2012, 12:08:54

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Farean

Folgende Situation: mein Protagonist befindet sich mit zeitweise (kontrolliert) angehaltenem Herzen in Vollnarkose. Dann wird das Herz wieder in Gang gesetzt und der Prota aus der Narkose geweckt.

Meine Frage: Wie fühlt sich das Erwachen an? Wie nimmt man zunächst seine Umgebung wahr? Ist es so ähnlich, als ob man aus einem ganz normalen Schlaf aufwacht, oder anders? Und gibt es Verfahren, um das Aufwachen zu beeinflussen, um z.B. jemanden "langsam, aber sicher" aufwachen zu lassen oder (mit Adrenalinstoß oder so) schnell wieder wach und einsatzbereit zu kriegen?

Arcor

Ich weiß nicht, ob das Aufwachen durch die von dir beschriebene medizinische Situation beeinflusst wird, aber ich kann mal von meiner Vollnarkose-Erfahrung berichten.

Es ist definitiv anders als ein normales Aufwachen. Ich denke, weil man es nicht selber wirklich beeinflussen kann. Wenn man normal aufwacht, kann man sich danach dazu bringen, wachzubleiben. Beim Aufwachen aus der Narkose ist das - meiner Erfahrung nach - am Anfang nicht so.
Es hatte eher was von einem kontinuierlichen Aufwachen und Wegdämmern. Dazu vergisst man davon vieles hinterher, denke ich. Oder es verzerrt sich in der Wahrnehmung, weil man nicht alles klar wahrgenommen hat. Ich erinnere mich z.B. nur an einzelne Fetzen: Aufwachstation, wieder weg - Krankenhausflur, wieder weg - Einrollen in den Fahrstuhl, wieder weg - Einrollen ins Zimmer, wieder weg - Aufwachen im Zimmer. Erst da konnte ich dann länger wachbleiben. Davor ist alles auch sehr matschig. So ein bisschen wie Kindheitserinnerungen, die oft auch sehr zusammenhanglos sind. Da ich auch schon mal jemanden beim Aufwachen aus der Narkose erlebt habe und dort alles dreimal erzählt habe, bis es hängen blieb, weil das Gedächtnis noch nicht vernünftig gearbeitet hat, nehme ich an, dass ich zwischen meinen Erinnerungsfetzen schon etwas wahrgenommen habe, es nur nicht abgespeichert wurde.

Und man ist völlig geschlaucht und alle am Anfang.
Not every story is meant to be told.
Some are meant to be kept.


Faye - Finding Paradise

Sprotte

Müde, sehr müde. Es gibt immer nur Streiflichter (die nette Schwester, die mir feierlich meine Gallensteine überreichte), dann wieder weg, bis das verdammte Blutdruckmeßgerät meinen Arm abschnürte, wieder weg, das dringende Bedürfnis, weiter zu schlafen. Telefonklingeln weckte mich wieder ein bißchen, bis ich verstand, daß der Pfleger mit mir sprach, weil meine Mama angerufen hatte.
Diese Wachmomente habe ich als klare Erinnerungen, und zwischendrin war ich immer wieder weg.
Im Zimmer habe ich dann relativ normal weitergepennt, bis  ich endlich wieder fit war.

sirwen

*g*, ich habe beim Aufwachen von einer Vollnarkose kleine grüne Männchen von der Decke kommen sehen und das meiner Mutter mitgeteilt, die mich damals ins Spital begleitet hat. Es war ein bisschen wie das Aufwachen aus einem Fieber, das man als Kind hat. Irgendwann ist dann die normale Realität wieder zurück gekommen, so weit ich mich erinnere, ziemlich plötzlich.

Kraehe

@sirwen: ;D Klingt cool.

Sonst kann ich das von Sprotte und Arcor bestätigen - Es gibt einzelne Erinnerungsfetzen, die bleiben, sonst aber ist man enorm fertig und kann noch so sehr wollen, dass man wach ist - man nickt doch wieder weg. Wie fiebriges Schlafen, finde ich. Oder wie wenn man mit offenen Augen halbwach träumt... (äh, oder so. Kennt ihr den Zustand?)

Felsenkatze

Jupp, Erinnerungsfetzen sind ganz richtig. Dazu kommt, dass man durchaus schon kohärente Sätze von sich geben kann, die man aber nachher wieder vergisst. So stellt man ganz oft die gleiche Frage (manchmal noch mit dem Zusatz: "Das hab ich bestimmt schon gefragt, aber ...", weil man das dumpfe Gefühl hat, schon mal wach gewesen zu sein, sich aber nicht sicher ist). Ich hab wohl laut gefordert: "Ich will jetzt meinen Tee" (Warum auch immer ... ::) ).
So ganz zurechnungsfähig ist man auch nicht, weil man eben ständig was vergisst und Dinge aus dem Narkosetraum und Dinge, die man schon im Wachzustand gesagt bekommen hat, durcheinander bringt. Ich hab den Ärzten wohl was von meinem neusten Rollenspielabenteuer erzählt, was die natürlich nicht so brennend interessiert hätte, wie die Tatsache, ob ich mich wohlfühle.

Michaela

Was noch dazu kommt, ist der staubtrockene Mund. Ich dachte im ersten Moment, jemand hat mir Sagespäne zum essen gegeben.  :seufz: Meine Ohren haben geklingelt, obwohl das auch zu den Dingen gehören könnte, die ich mir nur Eingebildet habe. Auf jeden Fall fühlt man sich unglaublich müde und schläft ständig wieder ein.

Rigalad

#7
Ergänzend zu den anderen Aussagen kann ich noch sagen, dass manche Leute brennenden Durst verspüren, Hals und Mund ganz ausgetrocknet scheinen. Vielleicht wolltest du deswegen Tee, Felsi? :)
Und wenn man die Narkose nicht verträgt, kann es sein, dass einem schlecht ist und man sich übergeben muss. Manche wiederum zittern unkontrolliert, nicht unbedingt, weil einem kalt ist, sondern weil die Muskeln sich zusammenziehen. Das hatte ich auch mal und habe das nur unterbewusst wahrgenommen.
Aber ja, ich glaube, am einprägsamsten sind diese kurzen Momente des Wachseins, die sich anfühlen, als wäre man in Watte gepackt, während man immer wieder wegdämmert.

Ary

#8
Ich hatte nach meiner ersten Narkose einen kompletten Blackout und fragte die Schwester, die um mich rumwuselte, wann es denn nun endlich losginge mit meiner Mini-OP (es war nur eine Kurznarkose). Ihre Antwort: "Sie sind schon fertig, Ihr Freund kann Sie gleich abholen." Ich: "Öh... blblblblbl... okay..."
Wieder zuhause hatte ich a) barbarischen Hunger und b) war ich hundemüde und habe nach ein paar Schnitten Brot den ganzen Nachmittag verpennt. Schlecht war mir noch nie nach einer Narkose, aber meine Mutter gehört zu den armen Socken, die das überhaupt nicht abkann und bisher nach jeder OP brechen musste.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Nika

Es gibt – wohl vereinzelt – auch Menschen, die sehr unsaft aufwachen und dabei um sich schlagen und treten und das mit einer unglaublichen Kraft. So erging es Nachbarn von uns, als der Sohn an den Zähnen operiert wurde. Der Junge (damals ca. 10 Jahre alt) musste von zwei Erwachsenen Männern festgehalten werden, weil er beim Aufwachen so tobte.

Noch etwas zu den Erinnerungsfetzen und wozu der Körper in der Lage ist: Ich hatte eine Vollnarkose, als meine Weißheitszähne entfernt wurden. Ich bin also auf dem Zahnarztstuhl eingeschlafen, später aber in einem anderen Zimmer aufgewacht. Als ich fragte, wie ich da hingekommen bin, erklärte mir meine Mutter ganz erstaunt, dass ich doch wach war, und selbst dorthin gelaufen und mich auf die Liege gelegt hätte. Daran habe ich aber überhaupt keine Erinnerung mehr. Ich war auch sehr müde und wollte nach dem Aufwachen eigentlich direkt wieder weiterschlafen und habe meine Mutter und die Arzthelferin angemeckert, als sie mich wachhalten wollten.

Calysta

Ich hatte gezittert wie ein Erfrierender und ganz wirres Zeug von mir gegeben. Ich habe scheinbar die tollsten Flüche und Verspottungen herausgeholt, die meine Mom je gehört hatte. Sie meinte, dass sie sich dafür fast geschämt hätte, hätte ich nicht wie ein Betrunkener gelallt.
Ich kann mich allerdings an absolut nichts mehr erinnern - für sie ist es immer noch eine Gaudi, es lang und breit meinen Freunden zu erzählen.
Meine Umgebung hatte ich damals nicht wirklich wahrgenommen (auch keine Gerüche oder Geräusche) - außer die Treppe im Aufgang, über die ich mich scheinbar länger aus vollem Hals aufgeregt hatte.

Aber was bei meiner Knie-OP damals wohl auch maßgeblich war, war die Überdosierung. Die nette Narkose-Tante hatte mich mit der doppelten Dosis schlafen gelegt. Als ich aufgewacht bin hatte ich auch ziemlichen hunger, durst und war - wie erwähnt - der Grinch persönlich.

Alaun

ZitatIch hatte eine Vollnarkose, als meine Weißheitszähne entfernt wurden. Ich bin also auf dem Zahnarztstuhl eingeschlafen, später aber in einem anderen Zimmer aufgewacht. Als ich fragte, wie ich da hingekommen bin, erklärte mir meine Mutter ganz erstaunt, dass ich doch wach war, und selbst dorthin gelaufen und mich auf die Liege gelegt hätte. Daran habe ich aber überhaupt keine Erinnerung mehr.

;D Nika, das ging mir bei meinen Weisheitszähnen ganz genau so!

Ansonsten kenne ich Übelkeit (inklusive übergeben), dieses Ganzkörperzittern und Kopfschmerzen. Alles in allem keine sehr erstrebenswerte Situation. Ach ja, wenns ne lange OP war, könnte die Haut gelbstichig werden, weil die Leber überlastet ist. Meine Mutter war nach ihrer 8stündigen OP noch 2 Tage später quietschgelb. 

Antigone

Und noch kurz meine Aufwach-Erfahrungen: dass man sich total weggetreten fühlt, haben ja schon die anderen geschrieben. Man kriegt kaum was mit, kann sich nciht auf die Dinge konzentrieren. WAch bleiben in einem Stück geht auch nicht, man driftet immer wieder noch mal zurück in den Schlaf.
Was mir dazu noch passiert ist: ich hab mitbekommen, wie sie den Beatmungsschlauch entfernt haben. Glaub ich zumindest. Ich weiß noch, dass ich keine Luft gekriegt hat, und dann hat dauernd eine Stimme gesagt: Atmen, Fr. XXX, Atmen! Na, und das hab ich dann getan. War ein ziemlich grässliches Gefühl.

lg, A.

Nycra

Ich kann dazu auch noch was beitragen.

Als meine Mandeln rausgenommen wurden, hatte ich - wegen meines doch schon so fortgeschrittenen Alters von 30 Jahren  :d'oh: - eine Vollnarkose. Beim Aufwachen fühlte ich mich nicht nur desorientiert, sondern hatte auch Kopfschmerzen und Durst. Dazu kommt, dass mein Mann meinte, als ich das erste Mal die Augen geöffnet habe, hätte ich in zwei verschiedene Richtungen gleichzeitig geguckt (also geschielt).

Farean

Wow. Vielen Dank für die vielen persönlichen Erlebnisberichte! :) Jetzt habe ich einen guten Überblick darüber, was bei Narkose normalerweise passiert und was im individuellen Falle zusätzlich passieren kann. Ich denke, ich werde für all das auch gute Verwendung haben. :hmmm:

Dankeschön, :winke:

  Farean