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Lesen das eure Eltern?

Begonnen von Schreinhüter, 13. August 2010, 03:48:10

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Federstreich

Ich fände es schön, wenn meine Mama meine Geschichten lesen und mit meinen Veröffentlichungen angeben könnte. Sie hat mir stets von der Schriftstellerei abgeraten, weil man damit keine regelmäßigen Rechnungen begleichen kann, aber sie hätte sich für mich gefreut, weil ich endlich glücklich bin. Da bin ich mir sicher. Leider ist sie seit dreizehn Jahren tot. Meinem Vater hätte ich meine Texte nie gegeben. Der war eh nicht so der Leser und hätte auch nichts mit meinen Geschichten anfangen können. Er war noch mehr gegen meine kreative Ader. Zum Glück ist er seit zwölf Jahren tot, sodass ich mich nicht vor ihm rechtfertigen muss.

Tasha

Eigentlich schade, dass dir immer davon abgeraten wurde, die Schriftstellerei zum Beruf zu machen. Meinen Eltern war es auch sehr wichtig, dass ich einen "sicheren" Beruf erlerne und das Schreiben ein Hobby bleibt. Sie fanden es zwar schön, dass es mir viel Spaß gemacht hat, waren aber nicht wirklich daran interessiert was ich schreibe und das ist bis heute so. Meiner Mutter habe ich mal ein Manuskript gegeben, auch wenn ich weiß, dass Fantasy nicht ihre Welt ist. Sie hat nicht sehr viel dazu gesagt und ich bin nicht sicher, ob sie es gelesen hat, aber das ist auch okay. Ich würde ihr allerdings keine weiteren Texte von mir geben.

Ich bin auch froh über meinen Beruf als Lehrerin, auch wenn Ich mir öfter wünsche, ich könnte dem Schreiben mehr Raum in meinem Leben einräumen.
We are all in the gutter, but some of us are looking at the stars (Oscar Wilde)

Federstreich

Im Nachhinein wäre ich einfach froh gewesen, wenn meine Eltern mir das Schreiben als Hobby mit Hinblick auf einen Nebenjob zugestanden hätten. Ich meine, hey, als ich meine esoterische Phase hatte, hat meine Mama mir ein Buch übers Lesen aus der Hand vom Flohmarkt mitgebracht. Wieso konnte sie das bedenkenlos unterstützen, während das Schreiben ein solches Tabuthema war? Mal ehrlich, wenn man sich in der Esoterik verliert, ist das doch schlimmer, als wenn man z. B. ein Jahr Auszeit für sein Buch nimmt. Da verstehe ich die Relation einfach nicht.

Ich denke, dass meine Mama an meinen Kurzgeschichten ihre Freude gefunden hätte. An der einen mehr, an der anderen weniger, bei einer speziellen vermutlich gar nicht, weil ich darin das Verhältnis zu meinem Vater und ein wahres Erlebnis verarbeite, das sie verurteilt hätte, wäre sie da noch am Leben gewesen. Ob sie meine Romane gerne gelesen hätte, weiß ich nicht. Sie hat nie Fantasy gelesen, soweit ich mich erinnere. Aber damals galt Fantasy auch eher als Jugendliteratur. Erwachsene, die sowas lasen, verkleideten sich auch und trafen sich, um Wikinger zu spielen. Das klang damals wirklich noch merkwürdig. Heute finde ich das klasse, auch wenn ich nie mitgemacht habe. Aber die Kostüme sind teilweise echt der Wahnsinn.

Ich finde es schade, dass du deine Geschichten nicht mit deinen Eltern teilen kannst. Das ist doch etwas sehr Persönliches. Mir ist erst vor ein paar Monaten aufgefallen, dass gerade meine Romane in unterschiedlicher Form immer wieder das Thema Selbstbestimmung enthalten. Mal im Hintergrund, bei meinem letzten Roman sogar als eines der Hauptthemen. Wenn man mich und meine Geschichte kennt und dann meine Romane in der Reihenfolge ihrer Entstehung liest, wird derjenige merken, wie ich mir immer mehr meines eigentlichen Problems bewusst wurde. Wie es zunächst wohl nur eine unbewusste Ahnung war und letztlich an die Oberfläche drang.

Leann

ZitatIch fände es schön, wenn meine Mama meine Geschichten lesen und mit meinen Veröffentlichungen angeben könnte.
Das verstehe ich. Schade, dass es nicht mehr möglich ist. Ich hatte das Glück, dass meine Mama noch ganz viel von mir lesen konnte und auch meinen bisherigen Weg als Autorin begeistert mitverfolgt hat. Für sie war ich einfach die beste Autorin der Welt.  ;D Sie war auch bei zwei Lesungen von mir dabei und sehr stolz auf mich. Tatsächlich war sie auch diejenige, die mich dazu ermuntert hat, mal ein Manuskript an einen Verlag zu schicken. Sonst hätte ich das vermutlich nie gemacht. Fantasy war nicht so ihr Fall, aber sie hat meine Romanzen geliebt. Ich bin sehr froh, dass ich so viel Unterstützung erfahren habe. Meine Mama war mein größter Fan.

Federstreich

Zitat von: Leann am 15. April 2020, 14:42:37Meine Mama war mein größter Fan.
Das klingt wunderschön. Freut mich sehr für dich!  :)

Tasha

@Earu  Vielleicht haben sie das Schreiben mehr als "Bedrohung" empfunden, weil sie da mehr die Gefahr gesehen haben, dass du diesen Weg auch als Beruf einschlägst als bei Esoterik? Trotzdem echt schade. Ich hoffe einfach, dass ich meinen Kindern vermitteln kann, dass sie für sich das finden müssen, was ihnen wirklich am meisten bedeutet.

@Leann Das ist natürlich toll, wenn man so ein gutes Verhältnis zu seiner Mutter hat.

Bei mir ist es so, dass ich ganz froh bin, dass das Schreiben eher meine Privatsache ist und meine Eltern zwar wissen, dass ich schreibe, aber nicht was oder wo. Mit meinen Schwestern tausche ich mich sehr gerne darüber aus, wenn meine Eltern sich zuviel dafür interessieren würde mich das hemmen. Ich habe an sich ein ganz gutes Verhältnis zu ihnen, aber auch eins bei dem ich weiß, dass ich für mich ganz klare Grenzen ziehen muss.
We are all in the gutter, but some of us are looking at the stars (Oscar Wilde)

Federstreich

Zitat von: Natascha am 15. April 2020, 15:48:57@Earu  Vielleicht haben sie das Schreiben mehr als "Bedrohung" empfunden, weil sie da mehr die Gefahr gesehen haben, dass du diesen Weg auch als Beruf einschlägst als bei Esoterik? Trotzdem echt schade. Ich hoffe einfach, dass ich meinen Kindern vermitteln kann, dass sie für sich das finden müssen, was ihnen wirklich am meisten bedeutet.
Das ist gut möglich.

Ich rede auch gerne mit meiner Schwester übers Schreiben und lasse sie auch testlesen. Irgendjemanden braucht man einfach, mit dem man darüber reden kann. Ich habe Glück, dass mein Mann immer ein offenes Ohr für mich hat und sich sogar Gedanken macht, wie ich meine Karriere aufbauen kann, aber meine Schwester ist lesebegeistert. Das ist eine ganz andere Basis.

Tasha

Witzig, bei mir ist es auch sehr ähnlich. Meinen Mann kann ich auch gut mal mit technischen Fragen löchern, oder ihm erzählen was gerade gut läuft, aber meine Schwester liest meine Geschichten richtig gern.
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Federstreich

Ist dein Mann denn auch ein Lesemuffel? Mein Mann verschlingt Fachbücher. Er hat sich die Excel-VBA-Programmierung selbst beigebracht und einen echt dicken Leitfaden innerhalb von zwei Wochen abgearbeitet und verinnerlicht(!). Bei Geschichten braucht er ungleich länger. Ich finde das lustig, weil es bei mir genau umgekeht ist. Ich habe den ersten Harry Potter an einem Wochenende problemlos verschlungen, aber ein ähnlich dickes Fachbuch ... Da bräuchte ich wohl einen Monat oder länger.

Meine Schwester ist genau meine Zielgruppe. Daher passt das besonders gut.

Beide haben den Vorteil, dass ich sie zum Lesen "verdonnern" kann. Da habe ich als Ehefrau und große Schwester einfach eine gewisse Macht, die ich ungeniert ausübe.  :D

Tasha

Mein Mann hat mal sehr gerne gelesen und er hat auch Englisch und Geschichte studiert, wozu man ja recht viel lesen muss. Früher hat er auch extrem viel Fantasy gelesen, aber seit einer Weile ist er da irgendwie total rausgekommen. Manchmal liest er noch Terry Pratchett, ansonsten guckt er lieber Serien.

Ja, so ist es bei mir auch. Das ist schon sehr praktisch :D Ich bin auch die große Schwester und habe gleich zwei kleine Schwestern, die meinen Kram beide lesen müssen. Und mein Sohn wird zehn, dem werde ich auch bald etwas davon vorlesen. Es gibt also zum Glück für mich noch andere Optionen als die Eltern.  :)
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Marius

Ich habe es meinen Eltern und meiner Schwester zum lesen gegeben. Bei meinen Eltern jetzt nicht Standardlektüre, bei meiner Schwester schon - aber da kann ich mich gut austauschen, hab da auch keine Hemmungen, das klappt super.  :)

Meine Mutter hat ja selber einige Bücher geschrieben, allerdings kein Fantasy. Mein Vater hat Germanistik studiert. Meine Schwester Englisch und ist sicher Zielgruppe für Fantasy. Da hab ich ein tolles direktes Umfeld.

Bei meiner Freundin ist es etwas schwieriger, Fantasy ist nun wirklich ihr Anti-Genre. Sie liest es zwar, aber ja ... begeistert ist sie nicht.  :-\

Damiano

Mein Vater war immer sehr unterstützend, beinah zu unterstützen, möchte ich sagen. So konnte man Komplimente nicht wirklich einordnen, da er eigentlich keine Kritik geäußert hat.

Meine Mutter hält von Phantastik und Fantasy nicht viel, da ihr eben die Fantasie fehlt, Dinge hinzunehmen, die real nicht existieren. Dahingehend fand ich es immer schön, wenn es (vollkommen berechtigt) hieß, dass man beim Verleger nicht damit prahlen solle, dass die eigene Mutter das Buch
ganz hervorragend gefunden hätte. Meine Mutter findet nichts an dem, was ich schreibe.