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Veränderter Lesegeschmack, seit Ihr selbst Geschichten schreibt?

Begonnen von Zonka, 23. Februar 2010, 16:04:28

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Zonka

Mich würde interessieren, ob Ihr an Euch  feststellt, dass Eure Lesegewohnheiten, Euer Lesegeschmack sich verändert haben, seitdem Ihr selbst Geschichten/Romane schreibt.

Ich gehöre zu den Viellesern, merke aber, daß ich mittlerweile viele Bücher stehen lasse, wenn sie mich nicht beim Anlesen sehr schnell in ihren Bann ziehen, oder schlampig geschrieben sind.
Mit schlampig geschrieben meine ich auffällige Logikfehler, sinnfreies Geschwafel, oder ähnliche Leseflussbremsen.
Für so ein Buch ist mir mittlerweile meine Zeit zu schade, dann lese ich lieber zum wiederholten Mal Bücher die ich bereits gelesen habe und schätze.


Liebe Grüsse
Zonka

Wollmütze

#1
Hallo Zonka,

Ja, das ist definitiv der Fall und ich habe in letzter Zeit auch verstärkt darauf geachtet, wie sich mein Lesegeschmack verändert hat. Früher dachte ich z.B das ich nur Bücher lesen müsste, die aus der dritten Person geschrieben sind, was ja völliger Blödsinn ist! Heute lese ich auch mal gerne ein Buch in der ersten Person, und genieße es, das gleiche mit Geschichten, die in der Gegenwart erzählt sind  :)
Außerdem lese ich keine typischen Weltrettungsgeschichten mehr, ich verspür einfach keine Lust dazu, noch einmal über den kleinen Bauernjungen zu lesen, der zum absoluten Funkel-Glitzi-Glitzi Held wird. Was ich absolut reizend finde sind Romane, die sehr charakternah geschrieben sind und sich mit dem Schicksal des Protas befassen, grade wenn es traurig ist  :'(
Ich war noch nie jemand, der Happy-Ends gerne schreibt, aber gelesen hab ich sie früher immer gern. Heute nicht mehr. Ich liebe es, wenn am Ende einer Geschichte etwas Tragisches passiert, oder eine Frage in den Raum geworfen wird, die der Leser selber knacken muss. Natürlich sollten die Handlungsfäden schon aufgelöst sein, vielleicht grade durch dieses Sad-End aufgelöst werden.

Früher, als ich anfing, Fantasy zu lesen, war Klischee für mich ein Muss. Heute habe ich mich absolut davon abgewandt. Das hat sich wohl verändert  :)


Grüßle,
Wolli

Kati

ZitatFunkel-Glitzi-Glitzi Held
:rofl:

Also, sagen wir es mal so  ;D: Ich habe ein Regal, in dem alle meine Lieblingsbücher stehen dürfen. Bis auf ein- zwei Ausnahmen stehen da heute komplett andere Bücher als noch vor einigen Jahren, als ich noch nicht so intensiv geschrieben habe.
Damals stand ich voll auf "Mädchengeschichten" wie "Plötzlich Prinzessin" und alles war voll davon. Nach und nach habe ich die alle aus dem Lieblingsregal genommen und gegen andere Bücher ersetzt, nachdem ich bemerkt habe, wie schlampig, oberflächlich und uninteressant meine alten Lieblingsbücher jetzt für mich waren. Ich mochte sie kein bisschen mehr.
Heute stehen auf den Regalen natürlich meine geliebte Dark Fantasy, Urban Fantasy und ganz viele historische Sachen, die ich vor ein paar Jahren nur gelangweilt gemustert und auf keinen Fall gekauft hätte.

Ich glaube, dass das etwas mit dem Schreiben zu tun hat, da ich dadurch wohl ein Auge für verschiedene Schreibstile und so etwas entwickelt habe. Eine Freundin von mir, die nicht schreibt, sagte einmal, es wäre ihr egal, ob eine Geschichte nicht logisch ist oder oberflächlich, solange sie spannend ist. Das konnte ich überhaupt nicht nachvollziehen und ich glaube, dass das auch vom Schreiben kommt.

LG,

Kati

Maran

Ich denke eher, daß es ein normaler Prozess ist, wenn sich der Lesegeschmack ändert. Man wird halt nicht jünger, und was einen als Kind/Jugendlicher begeistert hat, wird mit zunehmendem Alter uninteressanter. (Ausnahmen bestätigen die Regel ;) )

Allerdings bemerke ich bei mir auch, daß ich anders lese als in noch in der Schule, bzw. daß ich beim Lesen von mir gefälliger Lektüre auf Dinge achte, die mir früher beim Just-for-fun-Lesen relativ egal waren. Ich denke, dies liegt daran, daß ich heutzutage mehr mit dem Kopf als mit dem Gefühl lese. Versteht das jemand? Und viele Themen, die mich früher begeisterten, sind inzwischen sowas von ausgelutscht, daß mir der Spaß daran vergeht. Es gibt eigentlich nur noch wenige Bücher, die mich wirklich begeistern können.

Kati

Maran, das stimmt bestimmt, aber ich denke doch, das viel Schreiben und Lesen einen kritischer macht. Dadurch, dass man selbst so sehr auf seinen eigenen Stil achtet, achtet man automatisch auch bei anderen Geschichten darauf.  :)
Allerdings glaube ich doch, dass ich auch ohne Schreiben meine Mädchenbücher losgeworden wäre.  ;)

LG,

Kati

Maran

Zitat von: Kati am 24. Februar 2010, 18:53:27
Maran, das stimmt bestimmt, aber ich denke doch, das viel Schreiben und Lesen einen kritischer macht.

In meiner Jugend hat das nur der Deutschunterricht mit Zwangslektüre bewirkt.  ;D Ich denke, Kritik ist ein Lernprozess und bedarf des Dialoges. Es nützt einem nichts, im stillen Kämmerchen mit einem Buch unzufrieden zu sein, nicht mehr über die Gründe darüber zu wissen als daß es einem nicht gefällt und für sich selbst zu dem Schluß zu kommen, daß man es selbst besser hätte machen können - die Gründe hierfür aber ebenso wenig benennen kann.

Ich glaube, ich bin nicht die Einzige, die Geschichten schreibt, die sie selbst gerne lesen würde. Meine Lesegewohnheiten haben sich im Laufe der Zeit dahingehend verändert, daß ich nicht mehr ständig ein Buch vor der Nase habe - was wohl vor allem mit dem Arbeitsleben und mangelnder Zeit zu tun hat - und daß ich heutzutage mehr Bücher an- als durchlese. Mein Lesegeschmack hat sich grundlegend seit meiner Schulzeit verändert. Nicht in allen Bereichen, aber ich bin bei weitem nicht mehr so einseitig, was die Wahl meiner Lektüre anbelangt. Meine Art zu lesen, mein "kritisches Lesen" habe ich vor allem wohl diesem Forum zu verdanken, dem Dialog mit euch allen. Ich nehme viel von hier mit.

Joscha

Ich merke vor allem, dass ich anspruchsvoller werde, was ich lese. Als ich Eragon das erste Mal gelesen habe (okay, das war bevor ich Star Wars gesehen hatte), fand ich es genial. Mittlerweile ist es mein Lieblings-Hassbuch (naja, es gibt schlimmere. Das Problem ist, dass bei Eragon irgendwie jeder davon überzeugt ist, das Buch sei genial und komplett innovativ...).

Ich mag tiefgründige Charaktere lieber, Graustufen statt Schwarz-Weiß-Malerei. Von der Einstellung "Ich brauche einen Super-Strahlehelden-Protagonist mit übermenschlichen Kräften" (was aber vermutlich eher an meinem jungen Alter lag) ist mittlerweile wenig übriggeblieben. Heute sage ich: "Ich brauche mal einen Protagonisten, der kein Super-Strahleheld ist." Besonders meine Vorliebe für düstere Charaktere und Nicht-Ganz-Hapyy-Ends hat sich aber vor allem durch meine Schreibtätigkeit verändert.

Der Hauptunterschied, den ich zu früher jedoch merke, ist, dass ich den Respekt vor veröffentlichten Büchern verloren habe. Früher habe ich zu Büchern, die es bis zur Veröffentlichung geschafft haben, mit Ehrfurcht aufgeschaut. Mittlerweile, dank eigener Erfahrung und Austausch mit anderen Autoren (und durch den Vampir-Trend ;D) ist mir klar geworden, wie wenig die Güte und wie viel die Marktfähigkeit eines Manuskriptes ausmacht.

Ary

ZitatDer Hauptunterschied, den ich zu früher jedoch merke, ist, dass ich den Respekt vor veröffentlichten Büchern verloren habe. Früher habe ich zu Büchern, die es bis zur Veröffentlichung geschafft haben, mit Ehrfurcht aufgeschaut. Mittlerweile, dank eigener Erfahrung und Austausch mit anderen Autoren (und durch den Vampir-Trend ) ist mir klar geworden, wie wenig die Güte und wie viel die Marktfähigkeit eines Manuskriptes ausmacht.
Das kommt mir bekannt vor. Seit ich selbst schreibe udn mich mit anderen, auch veröffentlichten, Autoren auseinadersetze udn schon mal ein bisschn hinter die Kulissen von verlag udn Lektorat geschaut habe, frage ich mich auch, wie einiges es in die Regale der Buchläden geschafft hat.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Maran

Zitat von: Aryana am 24. Februar 2010, 21:34:20
Das kommt mir bekannt vor. Seit ich selbst schreibe udn mich mit anderen, auch veröffentlichten, Autoren auseinadersetze udn schon mal ein bisschn hinter die Kulissen von verlag udn Lektorat geschaut habe, frage ich mich auch, wie einiges es in die Regale der Buchläden geschafft hat.

Mir kommt das auch bekannt vor. Aber dafür brauche ich kein Hintergrundwissen, es reicht, wenn ein Butler zur Tür schlürft ... Wo war da der Lektor?

Zonka

Klaro ändert sich der Lesegeschmack mit dem Alter, aber durch das Selber Schreiben und den angesprochenen Blick "hinter die Kulissen" des Schreibhandwerks wird man deutlich anspruchsvoller!

Der Mangel an Lektorat stört mich immens, gerade bei Autoren, die das soundsovielte Buch auf den Markt bringen. Wunderbar, wenn einem Autor eine griffige Metapher einfällt. Wenn aber statt der einen dann fünf! hintereinander aufgereiht werden könnte ich vor Wut ins Buch beißen.

Mir fällt der Trend zu seitenfüllenden Schinken auf. Drei bis Vierhundert Seiten sind nicht mehr gut genug, es müssen Fünfhundert bis Tausend sein.
Die Kernstory wäre flott und flüssig erzählt, aber dann wird seitenweise "schwadroniert".
Ich frage mich manchmal, ob die Autoren pro Seite bezahlt werden.  :seufz:

Liebe Grüsse
Zonka

Rika

Ich schreibe noch nicht lange genug, um hierzu wirklich was sagen zu können, aber den wachsenden Anspruch hatte ich definitiv auch schon vorher festgestellt. Harry Potter 4 habe ich nicht zuende geschafft. (Ich weiss nicht, wie die Übersetzung ist, aber beim Original hatte ich wirklich total das Gefühl, da hat plötzlich das Lektorat gefehlt...)

Lexa

Ich glaube auch, dass sich mit dem Alter der Lesegeschmack verändert.
Durch das Schreiben aber sicher auch, und auf andere Weise. Bei mir fällt mir auf, dass ich oft die Handlung bei Büchern oder auch Filmen vorhersagen kann, seit dem ich mich mit dem Schreiben beschäftige.
Da kann es dann zum Beispiel sein, dass ich vor der großen Enthüllung weiß, welche Figur hinter alldem steckt, da sie sonst am Anfang nicht so lang eingeführt worden wäre usw.
Ich vermute, dass es hier vielen so geht, da man aus eigener Erfahrung weiß, welche Elemente eine Story braucht, und welche total unnötig wären, würden sie nicht auf ein späteres Ereignis oder ähnliches vorbereiten.
Einerseits freut es mich dann, wenn ich richtig liege, andererseits würde ich mich manchmal auch gerne überraschen lassen. :)

Liebe Grüsse
Lexa


Ary

@Rika: dann tu dir bloß die Deutschen nicht an - die lesen sich wie mit der heißen Nadel gestrickt. ich weiß, Übersetzer arbeiten teilweise unter argem zeitdruck, aber... uha. Da wäre ein bisschen mer Zeit doch besser gewesen.
Im ersten Band wird das Kartenspiel "Exploding Snap" mit "Snape explodiert" übersetzt.  :gähn:

Fazit: ich bin über die Jahre ein sehr viel anspruchsvollerer Leser geworden.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Kati

Zitates reicht, wenn ein Butler zur Tür schlürft
Huch...Das ist nicht schön.

Mir ist es auch aufgefallen, dass man sich nicht mehr denkt: "Der hat´s geschafft, der muss ja was können!", wenn man selbst schreibt. In manchen Foren wird man immer noch doof angegangen, wenn man sagt, man mag ein Buch nicht, weil man es schlecht geschrieben findet. Dann kommt immer so etwas wie: "Im Gegensatz zum Autor X hast du noch nichts veröffentlicht, also halt mal schön den Mund."  ::)
Früher habe ich auch gedacht, dass ein Autor, der veröffentlicht wird, sicherlich was können muss, heute weiß ich, das es nicht so ist. Vor ein paar Tagen habe ich zufällig erfahren, dass die Autorin eines Buches, dass ich wirklich schlecht geschrieben finde, die Schwester eines anderen bekannten Autoren ist. Ich will hier nicht behaupten, dass sie nur deshalb veröffentlicht wurde, aber ich finde sowas immer verdächtig.

LG,

Kati

Stjersang

Nuja, ich schreibe noch nicht lange und auch die Fantasy habe ich vor noch nicht allzulanger Zeit für mich entdeckt, außerdem bin ich ja nun in einer Phase, in der der Intellekt sich relativ rapide entwickelt, aber ich fand zum Beispiel den Stil von Trudi Canavan vor etwas über einem Jahr um einiges besser, als jetzt und würde ihn auch heute noch toll finden, wenn ich mich nicht mit der Materie auseinandergesetzt hätte. Seit ich schreibe achte ich eben einfach auf Dinge. Das schafft zwar eine gewisse Distanz zu den Büchern, da ich sie mittlerweile eher als... schwer in Worte zu fassen... Idee des Autors, denn als eigenständige Geschichte ansehe (Während die stummen "Was zur Hölle hat dich dazu getrieben?"-Schreie früher der Figur galten, richten sie sich heute an den Autor  ::) ), andererseits spart man auf diese Art und Weise Geld. Es dauert einfach länger, bis sich mal wieder ein den Ansprüchen genügendes Buch findet.
Wobei eben diese Ansprüche mich trotzdem nie davon abhalten werden, John Sinclair-Heftromane zu lesen.  ;D