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Epischer Sprachstil?

Begonnen von ShainaMartel, 12. Oktober 2009, 02:46:13

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ShainaMartel

Also, ich meine, wie kann man sich einen "epischen" Sprachstil aneignen? Nicht dass nun wieder alle denken, ich wollte Tolkien kopieren, das will ich nämlich definitiv nicht. Ich habe nicht mal die Bücher gelesen - bisher zumindest :) Ich denke eben, ein epischer Sprachstil gehört zu einem guten Werk dazu. Zumindest tut er das für mich. Es geht meiner Meinung nach darum, dass man selbst mit seinem Werk zufrieden ist. Vor allem, wenn es für den Autoren, mich zum Beispiel, relativ irrelevant ist, ob der Roman veröffentlicht wird oder nicht. Ich möchte nach der Vollendung meiner Geschichte wissen, was ich in meinen Augen geleistet habe - und mit mir selbst zufrieden sein können.

Ich liebe einfach dieses Epische, teils Übertriebene... Kennt vielleicht jemand Sprachübungen, durch deren Hilfe man sich ein höheres Sprachniveau aneignen kann? Danke! :)

Ich hoffe, diesen Thread richtig eingeordnet zu haben^^
Wenn ich es falsch gemacht haben sollte, wäre es nett, wenn ihn jemand an die richtige Stelle verschieben würde. Danke ;)

Tenryu

Das kommt darauf an, was du unter einem epischen Sprachstil verstehst. Ich mag diese pathetische Wortakrobatik, die in manchen zeitgenössischen Fantasyromanen gepflegt wird, gar nicht leiden.

Wenn du einen guten Sprachstil lernen willst, mußt du am nesten viele gute Bücher lesen. Vor allem die Autoren des 18.-19. Jahrhunderts haben noch ein sehr gepflegtes und elegantes Deutsch geschrieben. Bei Tolkien & Co. ist das Problem, daß es sich um Übersetzungen handelt, die natürlich immer zwischen einer guten deutschen Ausdrucksweise und dem Originalstil des Autors balancieren müssen.

Mein Rat für den Anfang: Versuche weniger szenisch zu schreiben. D.h. weniger Dialoge, mehr erzählen.

Churke

Ich schließe mich Tenryu an. Man lernt durch Nachahmung, deshalb bitte aufmerksam lesen und analysieren, was der Mann gemacht hat. Und bitte nicht schwallen!   :bittebittebitte:

LoneRanger

ZitatKennt vielleicht jemand Sprachübungen, durch deren Hilfe man sich ein höheres Sprachniveau aneignen kann?

Eine Übung ist: "schreiben, schreiben, schreiben..." denn ca. alle 100 Seiten macht der eigene Stil einen Entwicklungssprung. Dies ziehe ich dem vielen Lesen vor. Während einer Schreibphase darf ich keine anderen Bücher lesen. Das ist bei mir ein entweder-oder, denn beides gleichzeitig verwirrt mein Empfinden für beide Texte, meine und die der gelesenen Bücher. Persönlich kann ich mich mehr mit Filmen motivieren, die eine epische Breite haben - aber die finde mal erst auf die Schnelle. Das ist wohl von Mensch zu Mensch unterschiedlich.

Wenn Du es mit "viel schreiben" probierst, dann übertreibe ruhig in Deinem epischen Stil. Lege den Text ein paar Tage weg. Wenn Du ihn dann wieder zur Hand nimmst, siehst Du vieles so, wie es ein Leser empfinden mag. Ich habe einen meiner "epischen" Texte jetzt nach einem halben Jahr meiner Freundin vorgelesen und dabei sind mir tausend Fehler aufgefallen, die ich bei der direkten Arbeit mit dem Text nicht bemerkt habe.

Viel Erfolg beim Schreiben und - willkommen hier!

Stefan, der Loner Ranger

Franziska

Wenn  du dir einen  bestimmten Stil aneigen willst, würde ich dir empfehlen, ganz viel in diesem Stil zu lesen, dadurch siehst du wie andere es machen, du merkst, was dir bei anderen Autoren gefällt und nicht gefällt und du  eignest dir neue Wörter an.  Mir selbst hilft das sehr. Vielleicht könntest du ausführen, was du genau mit einem epischen Stil meinst, ich versteh  daraunter, einen sehr detailierten, , ausschweifenden StilWenn dir speziell ein epischer Stil, mit ausführlichen Beschreibungen. WEnn dir so ein Stil  gefällt, würde ich eben solche Fantasy Bücher oder Bücher  aus den letzten Jahrhunderten lesen, die so einen Stil haben.  Wie sonst kann man seinen Sprachstil verbessern, als sich  intensiv mit Sprache zu beschäftigen. Man wird nur dann einen eigenen Stil entwickeln, wenn man nicht  versucht,  andere zu kopieren und  einfach ganz viel schreibt. Das ist nichts, was man sich mal eben in ein paar Tagen aneignen kann,  dafür braucht man viel Geduld.
Ich  kann dir keine speziellen Übungen empfehelen, nur einfachBeschreibungen von Personen oder Landschafen zu üben, zum Beispiel.  Es gibt jede Menge Bücher  mit Tipps zum Schreiben, oder mit Schreibübungen,ich würde einfach ausprobieren, was dir hilft.

FeeamPC

Mit epischem Stil tue ich mich schwer. Ich finde ihn höchstens angebracht, wenn innerhalb der Geschichte ein Barde einen Vortrag hält, oder wenn Personen einer sehr formalen, höfischen Gesellschaft miteinander sprechen. Ansonsten finde ich ihn nervig und tendiere daher dazu, solche Bücher eher nicht zu kaufen.

Aber wenn dir dieser Stil wirklich am Herzen liegt, dann hilft tatsächlich nur üben, üben üben, bis die Feder zerbirst. Nur wenn dir diese Sprech- und Schreibweise förmlich ins Blut übergeht, wird sie dir einen glatten Schreibfluss erlauben.

Tenryu

Wenn es dir mit dem epischen Stil wirklich ernst ist, kannst du versuchen, deine Geschichte in Versen zu schreiben. Das ist DER epische Stil par excellence. (Natürlich nicht ganz einfach...) Am besten noch in Distichen:

        Ím Hexámeter stéigt des Spríngquells flussige Sáeule.
        Ím Pentámeter dráuf fáellt sie melódisch heráb.

:hmmm:

Coppelia

Zitatin Distichen
Näääh, auf keinen Fall! Im Hexameter muss das Epos stehen, nur im Hexameter! Im Distichon ist es eine Elegie ... nach antiker Definition hängt das tatsächlich nur am Versmaß.

Ich finde ja, dass die Referenz für Epik immer noch Homer ist und nicht Tolkien. Ich würde da zur Schadewaldt-Übersetzung greifen. Dann kann man auch sehen, dass Epik den Ruf, schwülstig zu sein, eigentlich zu Unrecht hat. Homers Stil ist schlicht.

Ein etwas "überladener" Stil kann ganz passend sein, wenn es wirklich um welterschütternde Dinge geht. Krasse Ereignisse können eine krasse Sprache erfordern. Aber auch nur die, sonst wirkt es schnell unfreiwillig komisch.


Shay

ZitatIch finde ja, dass die Referenz für Epik immer noch Homer ist und nicht Tolkien.
Oder wenn schon Tolkien, dann gleich die Lays of Leithian. Eines davon ist einfach gereimt, das andere dagegen im Stabreim.

Lo! The golden dragon of the god of hell
The gloom of the woods of the world now gone
the woes of men, and weeping of elves
faiding faintly down forest pathways,
is now to tell and the name most tearful
of Niniel the sorrowful, and the name most sad
of Thalion's son Turin o'erthrown by fate.

Ok, das liest dann heutzutage nur noch ein eingefleischter Fan...  ;D

Tenryu

#9
Ja, da will man einmal mit seinem Wissen angeben... und schon geht der Schuß nach hinten los. *seufz*  :schuldig:

Hexameter kann ich auch:
In nova fert aminus mutatas dicere formas,
corpora di coeptis, nam vos mutastis et illas,
adspirate meis, primaque ab origine mundi,
ad mea perpetuum deducite tempora carmen.
Ante mare et terras, et quod tegit omnia caelum,
unus erat toto naturae vultus in orbe,
quem dicere chaos...


Weiter weiß ich nicht mehr. Was man nach so vielen Jahren noch im Kopf behält, ist schon erstaunlich. (dafür sind 8 Jahre Mathe wie weggeblasen...)

Ich habe übrigens mal tatsächlich mit dem Gedanken gespielt, ein Versepos zu schreiben. Es sollte "Die Himmelsstadt" heißen, aber leider ist ein nicht ganz dichter eben kein richtiger Dichter...  :rofl:

Anamalya

Zitat von: Tenryu am 13. Oktober 2009, 07:36:32
Ja, da will man einmal mit seinem Wissen angeben... und schon geht der Schuß nach hinten los. *seufz*  :schuldig:

Hexameter kann ich auch:
In nova fert aminus mutatas dicere formas,
corpora di coeptis, nam vos mutastis et illas,
adspirate meis, primaque ab origine mundi,
ad mea perpetuum deducite tempora carmen.
Ante mare et terras, et quod tegit omnia caelum,
unus erat toto naturae vultus in orbe,
quem dicere chaos...


Weiter weiß ich nicht mehr. Was man nach so vielen Jahren noch im Kopf behält, ist schon erstaunlich. (dafür sind 8 Jahre Mathe wie weggeblasen...)

Ich habe übrigens mal tatsächlich mit dem Gedanken gespielt, ein Versepos zu schreiben. Es sollte "Die Himmelsstadt" heißen, aber leider ist ein nicht ganz dichter eben kein richtiger Dichter...  :rofl:

Oh, oh Ovid. Das mussten wir in der zehnten Klasse rauf und runter übersetzen und den Anfang von dem oben zitierten Hexamter auswendig lernen...

Ein Versepos klingt interessant. Ich stelle es mir aber wirklich schwierig vor, das ist bestimmt mit viel Planung verbunden, oder?

Zum epischen Sprachstil. Eigentlich kann ich mich den anderen nur anschließen. Lesen! Vielleicht kannst du es mal mit Balladen aus dem 18. und 19. Jh. versuchen. Da ist der Sprachstil auch oft sehr episch.

LG
Anamalya

Anamalya

Okay, ich bin jetzt noch mal mein Balladenrepertoire durchgegangen. Folgende sind mir spontan eingefallen:

Ludwig Uhland "Des Sängers Fluch"
Börries Freiherr von Münchhausen: "Der Nobiskrug", "Der Hunnensturm"
Friedrich Schiller: "Die Bürgschaft"
Alfred Lord Tennyson: "Die Lady von Shalott" (Die englische Orginalfassung ist aber am schönsten.)
Annette von Droste Hülshoff: "Der Knabe im Moor"
Ich hoffe, ich konnte dir damit weiterhelfen!

LG
Anamalya

Bisou

Hallo ShainaMartel!

Für mich ist epischer 'Sprachstil nach wie vor eine Sache der Definition und der persönlichen Einstellung. Ich kann es zum Beispiel nicht leiden, wenn ein Autor seitenlang um eine Sache rumredet, die er auch in wenigen Sätzen auf den Punkt bringen könnte. Da stellt sich mir dann die Frage: weiß er selbst nicht, was er sagen will?
Wenn man in sein Schreiben ein paar Fremdwörter, bzw. anspruchsvollere Wörter, die vielleicht nicht jedem in der Bedeutung geläufig sind, einbinden will, muss man meines Erachtens lesen lesen lesen, sich weiter bilden. Denn, darin muss ich LoneRanger besprechen, durch Lesen und vor allem merken, lernt man.
Natürlich muss man das Angewandte dann auch schriftstellerisch beherrschen, aber ich wage zu behaupten, dass ein Autor, der sein Leben lang nichts aus seinem angestrebten Genre liest, bzw. wenig, den bereits vorhandenen Büchern nicht gleichkommen kann.
Das ist natürlich nur meine Meinung, aber ich kann dir trotzdem nur raten: Lesen und Schreiben. Es gibt nichts, was mehr hilft.  ;) Und vor allem öffnet es einem in so mancher Hinsicht auch mal die Augen.

Ich hoffe, ich konnte dir mit meinem Beitrag helfen,

bisou

Coppelia

#13
*klug daherred*
Ovid, der hier erwähnt wurde, ist ein Autor mit ganz viel Esprit, und es lohnt sich sehr, ihn zu lesen, finde ich persönlich. Für normale Menschen gibt es eine gute Übersetzung bei Reclam (die orange, nicht die gelbe).
Aber als Referenz für Epik finde ich ihn nicht so geeignet. Die Metamorphosen sind sehr untypische Epik, und in der Forschung ist es sogar umstritten, ob sie überhaupt zur Gattung gezählt werden sollen.
Der Grund sind der Aufbau (muss ich hier nicht erläutern), der Humor und viele parodistische Elemente im Text. Und Epik ist sonst eher eine humorlose Gattung, in der auch Romantik keine übermäßig große Rolle spielt. Bei Ovid bekommt man also keinen besonders repräsentativen Eindruck von Epik. ;)
Für die Schullektüre werden leider meist Ausschnitte mit weniger Humor herangezogen, oder die Hinweise auf den Humor fehlen - ist ja  auch nicht immer so leicht zugänglich für heutige Leser.

Trotzdem sind die Metamorphosen natürlich eins der wichtigsten Stücke Weltliteratur, unser Prof sagt, sie haben die Kultur gleich nach der Bibel am meisten geprägt.

Coppelia

Seht mal, ich hab um 11. 11. 11 Uhr gepostet ... *flücht*