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Aber, aber...

Begonnen von Feuertraum, 19. August 2009, 22:53:19

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Feuertraum

Mir ist es schon seit längerem aufgefallen: wenn Menschen sich miteinander unterhalten, fällt sehr häufig am Anfang das Wort "Aber..."

Nun überlege ich, ob man im Dialog einer Geschichte das "Aber" ebenfalls recht häufig verwenden sollte, weil es anscheinend eine menschliche Eigenschaft ist und man den Charakter noch eine Spur glaubwürdiger macht, oder ob man davon Abstand halten sollte, einfach, weil es kein schöner Dialog ist,"

Was meinen Sie?

Neufgierige Grüße
Feuertraum
Was hat eigentlich He-Man studiert, dass er einen Master of the universe hat?

Fynja

Dass das Wort relativ häufig am Anfang eines Satzes benutzt wird, ist mir auch bereits aufgefallen.
Ich denke, es spricht nicht dagegen, es auch in Dialogen so zu handhaben, solange das Wort nicht störend auffällt. Es sei denn, es zeichnet die Sprechweise der Figur aus o.ä.
Allerdings fände ich persönlich es dann doch schöner, wenn mal variiert wird und anstelle des "Aber" ab und an ein "Dennoch", "Trotzdem", "Allerdings", usw. auftaucht. Das macht den Dialog einfach abwechslungsreicher, und ich denke nicht, dass es den Gesprächen so an Glaubwürdigkeit mangelt.

Tenryu

#2
Davon würde ich eher abraten. Was mündlich vielleicht üblich sein mag, kann schriftlich furchtbar aussehen. Man stelle sich nur vor, man würde alle die "äh"s und "mhh"s, und ähnliche Füllwörter aufschreiben. Als Zuhörer ist man gewohnt über viele sprachliche und gramatikalische Unsauberheiten hinweg zu hören, die einem beim Lesen dann aber sogleich unangenehm ins Auge stechen.

Hinzu kommt, daß manche Versuche, seinen Figuren eine "natürliche" Redeweise in den Mund zu legen, zu grotesken Ergebnissen führen kann. (Wer die Papageien-Dialoge in den Drehbüchern von Herbert Reinecker kennt, weiß was ich meine.)

Lavendel

Gute Dialoge sind nicht wie Unterhaltungen im echten Leben. Wollte man die Realität kopieren, müsste man vor allen Dingen ständig sowas wie 'äh', 'ähm', 'aha', 'hmhm' schreiben. In der Linguistik gibt es Untersuchungen zu menschlichem Kommunikationsverhalten. Da werden dann auch Unterhaltungen aufgezeichnet und möglichst 'realitätsnah' zu Papier gebracht. Dafür kann man auch Beispiele im Internet finden.

Hier zum Beispiel: http://www.teachsam.de/deutsch/d_lingu/gespraechsanalyse/gespraech_9_4_3_7.htm

Mal abgesehen davon, dass dieser Dialog natürlich nach speziellen Konventionen transkribiert wurde und auf den ersten Blick vielleicht schwer zu lesen ist, vermittelt er doch einen ziemlich guten Eindruck davon, dass Konverstation im wahren Leben meilenweit von einem literarischen Dialog entfernt ist.

Wir haben übrigens auch einen (leider uralten  :-\) Thread zu Dialogen allgemein. Auch wenn er alt ist, stehen da noch ein paar interessante Dinge.
Einen etwas neueren Thread mit etwas anderem Schwerpunkt gibt es hier.

Vielleicht lohnt es sich, mal reinzugucken.

Churke

Schließe mich den anderen an. Ein literarischer Dialog ist mehr in den Mund gelegt als echt. Er soll echt klingen, ohne echt zu sein. Ein ständiges Aber - aber - aber kann als Stilmittel taugen, sollte m.E. ansonsten aber vermieden werden.

Luciel

Die Art zu sprechen sollte vor allem zu der Figur passen und ich würde ein solches Stilmittel nur nutzen, um eine Figur (die vielleicht einen anderen sozialen Hintergrund hat) von den anderen abzugrenzen. Aber auch da muss man immer aufpassen, dass es nicht anfängt zu nerven. Ich denke da mal an Jaja Bings (wie auch immer der sich schreibt), dieser schlappohrige Typ aus den neueren Star Wars Teilen .... Was zu Anfang noch ganz witzig war, kann ich jetzt einfach nicht mehr hören. Da wäre weniger auch mehr gewesen.

Überhaupt ist Sprache gewissermaßen einer Mode unterworfen. Man sollte sich schon genau überlegen, ob man die mitmacht. Das kann bei einem zeitgenössiischem Buch, wo es um eine Detailstudie geht, wichtig und interessant sein. Gerade in Fantasy werden jedoch eher Klassiker geschaffen, die durch Umgangssprache nichts gewinnen.

ChaldZ

Dialoge in Büchern leben auch davon, dass sie anders sind als in der "Realität". Sie sind meist scharf, kommen auf den Punkt, die Erwiderungen sind brillant. Kein Wunder, denn der Autor, der der Figur die Worte in den Mund legt hatte sehr viel Zeit, sich Wortlaut und Inhalt zu überlegen. Und das wollen die Leser auch haben.
Jeder, der schon einmal transkribiert hat, weiß was es heißen würde, den genauen Wortlaut einfach nur hin zu schreiben. Da fangen Leute einen Satz an, mit dem das Ende überhaupt nichts mehr zu tun hat. Es sind - besonders bei komplizierteren und verschachtelten Sätzen - kaum noch vollständige Sätze. Das könnte man niemandem mehr zutrauen zu lesen. Wie Tenryu schon schrieb, hört man über so etwas hinweg. Aber hinweg lesen kann man nicht und es würde zur Qual.
Von daher wäre die Sachen des vielen "Aber" in Dialogen nur als Stilmittel anzusehen. Und - da schließe ich mich allen anderen - mit Vorsicht zu genießen.

Drachenfeder

Also meiner Meinung nach kommt es immer auf den Text drauf an.

Ich habe in einem lustigen Streitgespräch zweier Wesen oft schon das "Aber" häufig gebraucht oder auch missbraucht, wie man es nimmt. Bezüglich aber für genau dieses Gespräch war es einfach passend.

Somit ist es für mich eine situationsbedingte Frage.



Immortal

Ich habe in Berlin mal in Büchern über das Schreiben geschmökert. Hat mir eigentlich nichts gebracht, außer die Erkenntnis, dass jeder seinen eigenen Gewohnheiten zum Schreiben hat und seine eigenen Umgangsweisen mit Blockaden.

Aber diese Diskussion erinnert mich an eine Stelle aus einem Buch. Das war wie eine Art Workshop geschrieben, der von der Frau geleitet wurde die "Vom Winde verweht" geschrieben hat.
Daran meinte sie, dass Schreibanfänger am Besten Dialoge vermeiden. Da es einiges an Übung erfordert gleichzeitig realitätsnah, aber dennoch auf den Punkt gebracht und nicht umgangsprachlich zu Schreiben.
Ich kanns nicht nachvollziehen, da ich Dialoge einfacher finde als Beschreibungen.

Deswegen schließe ich mich auch dem bisher gesagten an. Dialoge sollten zwar echt klingen, aber nicht in die Umgangssprache hinein rutschen.
Zahme Vögel träumen von der Freiheit, wilde fliegen.

Romy

Zitat von: Immortal am 20. August 2009, 21:04:11
Daran meinte sie, dass Schreibanfänger am Besten Dialoge vermeiden. Da es einiges an Übung erfordert gleichzeitig realitätsnah, aber dennoch auf den Punkt gebracht und nicht umgangsprachlich zu Schreiben.
Ich kanns nicht nachvollziehen, da ich Dialoge einfacher finde als Beschreibungen.

Deswegen schließe ich mich auch dem bisher gesagten an. Dialoge sollten zwar echt klingen, aber nicht in die Umgangssprache hinein rutschen.

Das würde ich so unterschreiben  :)

Was nun speziell das "Aber" betrifft. Ich glaube nicht, dass man es am Satzanfang vollkommen meiden muss. Jeden Satz damit zu beginnen, ist natürlich das absolute No-Go (sorry für dieses Wort), aber wenn es ausnahmsweise mal am Satzanfang steht, wird das nicht den ganzen Dialog kaputt machen. Es kann ja im Gegenteil auch mal richtig Sinn ergeben, z.B. wenn einer der Protas dem Anderen widerspricht und man dies besonders unterstreichen will.

Hanna

Cooler Link, Lavendel! Am besten gefällt mir diese Stelle:

44   S1:   [((lacht verstohlen, ca. 1.2 Sekunden lang))
45   S2:   [((lacht verstohlen, ca. 1.2 Sekunden lang))

Das ist doch mal eine genaue Beschreibung. (hehe, hoho)
Ich fühlte mich beim Lesen irgendwie an Beavis and Butthead erinnert.  ;)

ABER, zurück zum Thema. Ich erwische mich immer wieder dabei, dass ich selber das Wort sehr gerne verwende, sowohl beim Sprechen als auch beim Schreiben. Ich muss mich ABER meinen Vorrednern anschließen: der literarische Dialog soll gar nicht wie aus dem Leben gegriffen sein, sondern Inhalte vermitteln, die Geschichte vorantreiben, oder zumindest unterhalten. Wenn man einmal auf einer Party still den Gesprächen gelauscht hat, merkt man, dass Dialoge selten wirklich spritzig sind. Das hören wir jeden Tag. Small Talk beim Frisör, Gespräche im Fahrstuhl oder in der U-Bahn. Das wollen wir nicht auch noch lesen.

Mein Lieblingssatz zur Zeit (neulich in der Bahn gehört) ist übrigens der, den ein Jugendlicher in sein Handy rief: "Bist du schon Bushaltestelle?"

So redet die Jugend heute - sollten wir so schreiben?
#notdeadyet

Vivian

*eben Thema ausgrab*  :)

Dieses Wort "Aber" benutze ich auch regelmäßig in Dialogen, doch ich versuche, es etwas auszumerzen, denn mir ist aufgefallen, dass fast jeder Satz aus einem "Aber" bestand. Muss auch nicht sein, weswegen ich versuche, es durch andere Wörter zu ersetzen. Am Ende stört es nur, habe ich auch gemerkt. Aber es ist Alltäglich und wird oft in Gesprächen angewendet.

LG Vivian

Hoellenpfau

Heyho,
ich habe das auch schon in Dialogen ausprobiert. Ich ahbe zwar noch die Angewohnheit dem ein oder anderem Charakter ein "Hm" an den Satzanfang zu schieben, weil es besser klingt, obwohl ich auch jemand bin, der zu diesen Füllwörtern nein sagt. Auch von starkem Dialekt rate ich ab. "Würd'ch nämlich nich' gut find'n, wenn's dann von je'm so geschrie'm wird."
Ich habe schon Probleme bei meinem Harry Potter auf englisch, den Hagrid spricht echt scheußlich und wenn dann echt anstatt "do not" "dunna" dort steht sieht man nicht mehr richtig durch.
Wenn das "Aber" jedoch nicht so konzentriert immer genommen wird sondern immer mal als Anfangswort eingefügt wird (solange es nicht wieder zum Überfluss kommt) überliest man sowas glaube ich. man müsste das Ganze dann eben nur mit einem guten, knackigen Dialog, der seinem Sinn und allem drum und dran entspricht wieder wet machen.
:)

Sanjani

Hallo,

ich finde grundsätzlich, dass es davon abhängt, in welcher Situation ein Dialog gerade stattfindet. Handelt es sich z. B. um eine Person, die gerade völlig aufgelöst ist, weil sie etwas Furchtbares erfahren hat, wäre es unrealistisch, wenn sie ganz sauber sprechen würde. Hier stammeln meine Charaktere schon mal "Aber-aber-aber ... wie konnte das passieren?" Oder so was Ähnliches. Ansonsten muss man schauen, wie es passt. Ständig würde ich das auch nicht machen, aber ein bisschen schadet nicht um den Charakteren einen realistischen Touch zu verleihen.

Mir ist aber neulich z. B. aufgefallen, dass ich in einem meiner Romane viel zu oft irgendwie geschrieben habe. Es ist ein Roman, wo vier Personen aus der Ich-Perspektive erzählen, als würden sie in ein Tagebuch schreiben. Nun schreibt man selber vielleicht oft irgendwie, aber in dem Buch habe ich gemerkt, dass es einfach zu viel war und deshalb habe ich angefangen einige davon konsequent rauszustreichen. Ich überlege jetzt nur noch, ob ich das einem der Charaktere als Stilmittel lasse, vllt der einen, die eh bisschen ordinär schreibt und viel säuft und so ;-)

Ich denke zusammenfassend, dass es dafür kein Rezept gibt, nach welchem man sich richten kann, sondern dass es einerseits darauf ankommt, dass es sprachlich gut klingt und andererseits darauf, dass die Charaktere trotzdem realistisch wirken.

Da kann einem ein Betaleser sicher auch gut weiterhelfen, war jedenfalls bei mir so.

LG Sanjani
Die einzige blinde Kuh im Tintenzirkel :)

Thaumaturgon

Mir persönlich ist es wichtig, die wörtliche Rede von der Erzählung abzuheben. Charaktere sollten Eigenheiten haben, und die kann man glänzend mit Sprache vermitteln. Mit Dialekt wäre ich da allerdings sehr vorsichtig. Leute haben aber unterschiedliche Marotten, verschiedene Bildungshintergründe, Erfahrungen und unterschiedlichen Gruppenstatus. Sprache wird auch permanent (!) für die Bestätigung oder Änderung dieses Statusgefüges ("Hackordnung") verwendet.

Ein "Aber" ist eine Widerspruchsfloskel. Wer würde wem gegenüber einen Satz mit "aber" anfangen? Nur jemand, der sich traut, die Worte des Vorredners anzuzweifeln, und zwar offen, oder der das schon zur Marotte hat werden lassen. Ein nachgeschobenes Kichern oder glucksendes Lachen wirkt entkräftend. Jemand, der sich duckt und nicht mit den anderen anlegen will, wird es hinter praktisch alles schieben, das die anderen auch im entferntesten als Angriff oder Anmaßung verstehen könnten. Manche eröffnen auch rabiat mit "Nee!" oder ignorieren das Gesagte und kontern mit Befehlen: "Du musst..." usw.
Ich lasse meine Protagonisten immer wieder Sätze unterbrechen und sie sehr ungestelzt, aber in Hochsprache antworten. So wird die Sprache mehr zu Gesprochenem, ohne in dem realen Gestammel auszuarten.

Jeder Satz, der gesagt wird, erfüllt mehrere Zwecke zugleich. Immer.

Grüßle

Thauma :-)