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Perspektivenwechsel

Begonnen von Alaun, 14. Juli 2009, 15:56:19

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Szazira

https://en.wikipedia.org/wiki/Gardens_of_the_Moon du hast gefühlte 150 Figuren mit mindestens einem halben dutzend Perspektiven. Die einzelnen Perspektiven werden entweder einem Cliffhanger oder Ruhepunkt geführt und dann ggf. in diesem Buch gar nicht mehr, sondern erst zwei Bücher später, weiter geführt.

Da sich die Geschichte über mehrere (Jahrhundert)Jahrtausende spannt kommt es zwangsläufig dazu, dass die eine oder andere Perspektive endet. ;D

Ach ja: Der Autor ist nicht gerade knausrig, was Tote angeht. Es ist Krieg. :)

Elona

Hallöchen,

bei mir trat gerade leider ein Problem auf und ich würde euch gerne um eure Meinung bitten. Da ich denke, dass es sich hierbei um eine allgemeine Diskussion handeln könnte, habe ich mich für diesen Bereich entschieden und nicht für den ,,Autoren helfen Autoren". Und weil die Überschrift von diesem Beitrag recht allgemein ist, schließe ich mich hier einfach mal an.

Ausgangspunkt: Er-Perspektive und mehrere POV Charaktere

Erste Frage:
Perspektivwechsel nach einem gleichen Schema (Prota 1,2,3,1,2,3 usw.) oder ohne Schema (Prota 2,3,1,1,2,3,2,1,2,1) – Was würdet ihr bevorzugen? Ist es möglicherweise egal? Oder würde euch eine Variante stören? Wie handhabt ihr das?

Zweite Frage(n):
Wie teilt ihr das Buch auf? Hat jeder Charakter in etwa am Ende den gleichen Anteil? Und hättet ihr ein Problem damit wenn der Anteil wechseln würde (Beispiel: Erste Hälfte mehr Prota 1; Zweite Hälfte mehr Prota 2; Und Prota 3 ausgewogen dazwischen)?


Ich hätte aus dem Gefühl heraus gesagt, so wie es der Story dienlich ist. Da ich aber ein fürchterlicher Perfektionist bin, wiederstrebt mir das irgendwie, dass zweimal hintereinander der gleiche Prota erscheint oder ein anderer zu Beginn einen relativ geringen Anteil hat. Genauso wie die unterschiedlichen Anteile am gesamten Manuskript.
Was wäre aber wenn ein Prota ausfällt (z.B. Bewusstlos oder sonstiges), da würde das unter Umständen ja zwangsläufig geschehen. Im Augenblick bin ich da einfach überfragt.  ???

Noch eine kleine Frage am Rande, die in Zusammenhang damit aufgekommen ist: Wie viel Zeit lasst ihr zwischen den Wechseln vergehen? Stunden? Tage? Wochen?
Beispiel: Kapitel Prota 1 Mittag; nächstes Kapitel Prota 2 Nacht.

Ich bin auf eure Antworten gespannt.  :)

LinaFranken

#107
Zitat von: Aurora am 06. Dezember 2015, 17:54:30

Erste Frage:
Perspektivwechsel nach einem gleichen Schema (Prota 1,2,3,1,2,3 usw.) oder ohne Schema (Prota 2,3,1,1,2,3,2,1,2,1) – Was würdet ihr bevorzugen? Ist es möglicherweise egal? Oder würde euch eine Variante stören? Wie handhabt ihr das?

Zweite Frage(n):
Wie teilt ihr das Buch auf? Hat jeder Charakter in etwa am Ende den gleichen Anteil? Und hättet ihr ein Problem damit wenn der Anteil wechseln würde (Beispiel: Erste Hälfte mehr Prota 1; Zweite Hälfte mehr Prota 2; Und Prota 3 ausgewogen dazwischen)?


Ich denke, dass es das Buch schon mal spannender und orgineller macht, wenn unterscheidliche Perspektiven benutzt werden. Ein festes Schema finde ich gut, aber es muss nicht unbedingt 123123 sein.
Ich hab bei meinem Werk zum Beispiel drei Teams über die berichtet wird im Schema: 1,2,1,3,1,2,1,3. Da wird auch deutlich das Team 1 die größte Rolle spielt. Wenn also Teil 1 bei dir sozusagen der Hauptstrag ist und 2 und 3 eher Nebenhandlungen können die Anteile unterschiedlich groß sein. Letztendlich wird der längste Anteil vermutlich automatisch wie der wichtigste wirken. Wichtig finde ich jedoch eine klare Unterscheidung. Also ne Kapitelüberschrift oder was, das einem deutlich sagt: Jetzt kommt eine andere Perspektive.

Ein gutes und sehr erfolgreiches Beispiel dafür ist das Buch "A long way down" (trotz englischem Titel auf Deutsch erhältlich) - dort wird zu jeder Perspektive auch ein anderer Sprachstil benutzt. Das Teenager-Mädchen hat da natürlich einen völlig anderen Wortschatz als die Hausfrau und der wohlhabende Prominente. Die Wechsel finde ich da sehr gelungen.  :jau:


canis lupus niger

In meinem aktuellen Projekt habe ich vier wechselnde Perspektivträger, die etwa gleich große Anteile am Text haben. Die Reihenfolge ist nicht fest, sondern richtet sich im Grunde danach, wer von den Vieren gerade etwas erlebt, was die Geschichte weiterbringt. Bzw. Ich habe es so geschrieben, dass immer einer am Zentrum eines neuen Geschehens ist. Chronologisch muss es natürlich auch stimmen, insofern werfen sich die Vier den Handlungsfaden wie einen Ball immer gegenseitíg zu. Meine Betas fanden das Prinzip zumindest tadellos.

Shedzyala

Ich habe bei meinem aktuellen Roman 3 Perspektivträger und hatte auch zuerst überlegt, ob ich eine feste Struktur wählen soll. Dann habe ich mich aber dagegen entschieden und mache es wie canis: Wer gerade etwas erlebt oder die interessanteste Sichtweise auf die Handlung hat, bekommt den Zuschlag. Denn ich glaube, Leser verzeihen ein fehlendes Schema weitaus eher als eine unpassende Szene. Ich habe mir dazu auch ein paar der Romane angesehen, die ich in letzter Zeit gelesen habe, und die kamen auch ohne Schema aus, ohne dass ich etwas beim Lesen vermisst hätte.

Wobei am Romanfang sehr wohl wert auf eine Struktur gelegt habe: Die ersten drei Kapitel sind jeweils aus der Sicht eines der drei Perspektivträgers. Damit meine Leser wissen, was sie erwarten können.
Wenn sie dich hängen wollen, bitte um ein Glas Wasser. Man weiß nie, was passiert, ehe sie es bringen ...
– Andrzej Sapkowski, Die Dame vom See

Klecks

Auch wenn ich eine gewisse Gleichmäßigkeit bevorzuge, was zum Beispiel Kapitellängen betrifft und auch die Perspektivträger, glaube ich bei Perspektiven, dass da nur eine Sache wichtig ist: Dass der Plot funktioniert.  :D  Wenn du also Prota 1 öfter brauchst als Prota 2 und Prota 3 noch weniger, würde mich das überhaupt nicht stören, solange sich mir dadurch trotzdem noch der Plot erschließt. Allerdings sollte es nicht passieren, dass man aus der Sicht eines Protas so lange nicht mehr liest, dass meinen keinen Bezug mehr zu ihm hat. Da würde ich seine Perspektive im Zweifelsfall lieber weglassen und versuchen, das, was ich aus seiner Perspektive schreiben wollte, irgendwie anders unterzubringen.  :hmmm:

PinkPuma

Liebe Aurora, eines vorneweg: Die Antworten auf diese Fragen sind natürlich absolute Geschmackssache. Manche Leser mögen viele Perspektivenwechsel und gerne auch "wild durcheinander", andere wollen eine klare Struktur und nur ein oder zwei Perspektivträger. Prinzipiell würde ich aus genau diesem Grund auf alle Fragen antworten: Schreib es so, wie es sich für dich am besten anfühlt! :)

Aber um auf deine speziellen Fragen zurückzukommen... ich kann dir auch nur sagen, wie ich es bislang gehandhabt habe. Gerade in meinem "Elfendiener" (kennst du ja vom Namen her ^^) habe ich drei Protas, die allesamt Perspektivträger sind plus mehrere Nebenfiguren, die ebenfalls hin und wieder als Perspektivträger zu Wort kommen. Ich glaube, ich bin mit insgesamt rund zehn Perspektiven auch fast schon am oberen Limit angelangt.  ::)

Zitat von: Aurora
Erste Frage:
Perspektivwechsel nach einem gleichen Schema (Prota 1,2,3,1,2,3 usw.) oder ohne Schema (Prota 2,3,1,1,2,3,2,1,2,1) – Was würdet ihr bevorzugen? Ist es möglicherweise egal? Oder würde euch eine Variante stören? Wie handhabt ihr das?
Ein festes Schema gibt es im "Elfendiener" nicht. Ich schließe mich da meinen Vorrednern an. Wer gerade etwas erlebt, bekommt die Perspektive. Sind möglicherweise alle Protas an der Szene beteiligt, bekommt der den Vorzug, dessen Perspektive mir die interessanteste erscheint. Sei es, weil aus seiner Sicht ein Geheimnis aufgeklärt wird oder eben nicht.


Zitat von: AuroraZweite Frage(n):
Wie teilt ihr das Buch auf? Hat jeder Charakter in etwa am Ende den gleichen Anteil? Und hättet ihr ein Problem damit wenn der Anteil wechseln würde (Beispiel: Erste Hälfte mehr Prota 1; Zweite Hälfte mehr Prota 2; Und Prota 3 ausgewogen dazwischen)?
Auf den gesamten Roman hochgerechnet (über 700 Normseiten) haben die drei Protas vermutlich in etwa denselben Anteil. Aber ich habe durchaus Kapitel, in denen Prota 1 deutlich mehr Anteil hat als 2 und 3. In einem späteren Kapitel kommt dann vielleicht fast nur Prota 3 zu Wort usw.

Ich habe auch die Kapitel nicht nach Perpektiven gegliedert (eher nach Handlungsorten), sondern einfach jede neue Perspektive durch einen deutlichen Absatz kenntlich gemacht. Da kann es schon mal vorkommen, dass ein Prota mehrere Absätze nacheinander bekommt.


Zitat von: AuroraNoch eine kleine Frage am Rande, die in Zusammenhang damit aufgekommen ist: Wie viel Zeit lasst ihr zwischen den Wechseln vergehen? Stunden? Tage? Wochen?
Auch hier hatte ich kein festgelegtes Schema. Meine Abschnitte waren eher Sinneinheiten denn Zeitsprünge oder Ortswechsel. Kann also sein, dass z.B. Prota 1 drei Absätze hintereinander bekommt, weil er den Ort wechselt. Oder weil eine Nacht vergeht. Kann aber auch sein, dass auf Prota 1 direkt Prota 2 folgt, die Szenen aber beinahe zur gleichen Zeit spielen.


Diese Antworten bezogen sich jetzt rein auf einen ziemlich langen Fantasy-Roman, da ich weiß, dass du ja dasselbe Genre schreibst. Beispielsweise bei meinem letzten Gay Drama hatte ich aber zwei Ich-Erzähler und diese auch streng nach Kapitel gegliedert.



Zitat von: KlecksAuch wenn ich eine gewisse Gleichmäßigkeit bevorzuge, was zum Beispiel Kapitellängen betrifft und auch die Perspektivträger, glaube ich bei Perspektiven, dass da nur eine Sache wichtig ist: Dass der Plot funktioniert.  :D 
Da bin ich voll bei Klecks. Ich mag es, wenn die Kapitel in etwa gleich lang sind und so dem Text eine gewisse Struktur geben. Innerhalb der Kapitel darf es aber gerne Perpektivenwechsel geben.

Elona

Guten Morgen ihr Lieben,

vielen lieben Dank, ihr habt mir wirklich weitergeholfen.  :)

Also als Fazit lässt sich sagen:

  • klare Trennung des Perspektivwechsels durch Kapitel, Absätze, sonstiges
  • Perspektivwechsel nach Story-Relevanz und selbstverständlich chronologisch
  • Perspektivträger am Anfang einführen, damit der Leser sie kennen lernt
  • Sind mehrere Perspektivträger in einer Szene, dann aus Sicht des PoV Charakters, der am interessantesten erscheint

Gut, ich bin erleichtert und werfe meinen unangebrachten Perfektionismus über Bord, weil er hier einfach keinen Sinn macht. Ich weiß ohnehin nicht, wieso der mich gestern plötzlich angesprungen hat.

Zitat von: KlecksAllerdings sollte es nicht passieren, dass man aus der Sicht eines Protas so lange nicht mehr liest, dass meinen keinen Bezug mehr zu ihm hat. Da würde ich seine Perspektive im Zweifelsfall lieber weglassen und versuchen, das, was ich aus seiner Perspektive schreiben wollte, irgendwie anders unterzubringen.  :hmmm:
Ja, so schlimm ist es dann nicht und es sind wirklich alle drei relevant für die Geschichte. Nur zwei von denen an der einen Stelle mal mehr, mal weniger. Aber wenn dem so wäre, würde ich es auf alle Fälle wie du handhaben.

Wobei mir da gerade eine andere Frage kommt, die glaube ich hier auch schon mal diskutiert wurde und PinkPuma schrieb, dass sie es ebenfalls angewandt hat:
Wie ist es denn mit Nebencharakteren, die kurz zur Wort kommen? Das würde ja einen Bruch des zuvor gesagten bedeuten und wenn ich mich recht erinnere las ich zuvor, dass dies aber akzeptiert werden würde.
Mir ist das zwei Mal passiert, beide Male wäre es aber der gleiche Nebencharakter. Ich bin ja gerade am Überarbeiten. Die eine Szene fliegt definitiv raus, weil ich das auch anders lösen kann, aber bei der zweiten habe ich einfach das Problem, dass der Nebencharakter eine Entscheidung trifft, die für alle PoV Charaktere inklusive Geschichte wichtig ist. Zwei der PoV Charaktere sind nicht anwesend und der dritte bewusstlos, was also machen?

@PinkPuma: Da hast du vermutlich vollkommen Recht, dass es einfach Geschmackssache ist. Da unsere Werke in die gleiche Richtung gehen (vermutlich am Ende auch mit dem Umfang  :o), hat mir deine Ausführung auf alle Fälle weitergeholfen.  :)

Bezüglich der Kapitellängen habe ich jetzt auch noch eine Frage, weil Klecks und PinkPuma es erwähnten:
Welche Abweichung akzeptiert ihr noch und wann wird es zu viel? Ich unterstelle dabei einfach, dass nicht alle Kapitel exakt (keine Ahnung) 15 Seiten lang sind ... oder doch?  :o
Und was ist mit Ausreißern? Sagen wir mal theoretisch bewegen sich alle Kapitel in etwa im gleichen Bereich, nur zwischendrin fallen eins zwei raus?

Lieben Dank euch!  :)



PinkPuma

Zitat von: AuroraWobei mir da gerade eine andere Frage kommt, die glaube ich hier auch schon mal diskutiert wurde und PinkPuma schrieb, dass sie es ebenfalls angewandt hat:
Wie ist es denn mit Nebencharakteren, die kurz zur Wort kommen? Das würde ja einen Bruch des zuvor gesagten bedeuten und wenn ich mich recht erinnere las ich zuvor, dass dies aber akzeptiert werden würde.
Mir ist das zwei Mal passiert, beide Male wäre es aber der gleiche Nebencharakter. Ich bin ja gerade am Überarbeiten. Die eine Szene fliegt definitiv raus, weil ich das auch anders lösen kann, aber bei der zweiten habe ich einfach das Problem, dass der Nebencharakter eine Entscheidung trifft, die für alle PoV Charaktere inklusive Geschichte wichtig ist. Zwei der PoV Charaktere sind nicht anwesend und der dritte bewusstlos, was also machen?
Also prinzipiell habe ich gar kein Problem damit, wenn auch mal ein Nebencharakter zu Wort kommt. Im Gegenteil, ich persönlich bin gerade bei Fantasy ein Fan von Multiperspektive. Kennst du zufällig die Elfen-Bücher von Bernhard Hennen? Da kommen auch mal gut 8 bis 15 verschiedene Figuren als personale Erzähler zu Wort. Das ist bei mir im "Elfendiener" ähnlich. Allerdings weiß ich auch, dass das hart an der Obergrenze ist. Aber bei dir wäre es ja nur eine Nebenfigur? Wenn diese, wie du schreibst, an der Stelle handlungsrelevant ist, warum nicht? Zumal deine Protas ja an der Stelle nicht zu Wort kommen können.
Allerdings fände ich es dann fast besser, wenn der Nebenchara mehr als einmal als Perspektivträger auftaucht. Oder? Hmm... :hmmm:


Zitat von: AuroraBezüglich der Kapitellängen habe ich jetzt auch noch eine Frage, weil Klecks und PinkPuma es erwähnten:
Welche Abweichung akzeptiert ihr noch und wann wird es zu viel? Ich unterstelle dabei einfach, dass nicht alle Kapitel exakt (keine Ahnung) 15 Seiten lang sind ... oder doch?  :o
Und was ist mit Ausreißern? Sagen wir mal theoretisch bewegen sich alle Kapitel in etwa im gleichen Bereich, nur zwischendrin fallen eins zwei raus?
Also meine Kapitel sind definitiv nicht alle gleich lang. Eines hat - wenn ich mich recht erinnere - durchschnittlich etwa 20 Normseiten. Aber klar gibt es auch Kapitel mit 15 und welche mit 25 Seiten. Also ich denke mal so grob ein Viertel Abweichung wäre für mich vollkommen in Ordnung. Hier würde ich aber auch gerne nochmal Hennen als Beispiel nehmen. Seine Kapitel sind eher lang, meist ähnlich lang, aber es gibt doch hin und wieder Ausreißer. Wenn es sich da nur um ein paar Seiten handelt - who cares? Aber z.B. in einem der Elfenritter-Romane hat zwischendurch ein Kapitel nur 1,5 Seiten - das hat mich dann doch gestört.

Churke

Zitat von: Aurora am 07. Dezember 2015, 08:22:55
Wie ist es denn mit Nebencharakteren, die kurz zur Wort kommen? Das würde ja einen Bruch des zuvor gesagten bedeuten und wenn ich mich recht erinnere las ich zuvor, dass dies aber akzeptiert werden würde.

Ich unterscheide bei Perspektivwechseln grundsätzlich zwischen Haupt- und Nebenfiguren. Bei Hauptfiguren folgen die Kapitel einem festen Schema, weil ich das für die beste und auch handwerklich einfachste Methode halte, zwei parallele Handlungen zu erzählen.
Nebenfiguren (als Perspektivträger) fallen aus dem Rahmen und übernehmen bei mir eine rein "dienende" Rolle, das heißt, sie tauchen nur auf, damit der Leser weiß, "was sonst noch geschah". Es geht nicht um die Figur, sondern das, was die Figur erlebt. Da sich der POV auf einen kurzen Aspekt des Plots beschränkt, fällt es auch nicht negativ auf, dafür das genannte Schema zu durchbrechen.

Zitat
Bezüglich der Kapitellängen habe ich jetzt auch noch eine Frage, weil Klecks und PinkPuma es erwähnten:
Welche Abweichung akzeptiert ihr noch und wann wird es zu viel? Ich unterstelle dabei einfach, dass nicht alle Kapitel exakt (keine Ahnung) 15 Seiten lang sind ... oder doch?  :o

Ich halte Kapitel nicht (nur) deshalb gleich lang, weil es schöner aussieht.  :snicker:
Gleich lange Kapitel zwingen den Autor dazu, eine durchgängige Erzählstruktur einzuhalten. Wenn ein Kapitel 30 Seiten lang ist und das nächste 5, dann spricht einiges dafür, dass beide Kapitel auch inhaltlich und stilistisch getrennte Wege gehen.

Ich würde daher sagen, dass Abweichungen so groß sein dürfen, dass der stilistische Rahmen eingehalten wird.

Trippelschritt

Es gibt fast keine Regeln für den Perspektivwechsel und auch kein Schema. Es ist die Geschichte, die bestimmt. Die einzige Regel, die ich kenne, ist, dass der Leser immer wissen muss, wer gerade dran ist. Getrennte Absätze helfen, ebenso bei Dialogen ein "sagte XYZ". Aber ich habe auch einmal drei Perspektiven in einem kurzen Absatz gefunden und es hat funktioniert.
Protagonisten haben größere Anteile als Nebenfiguren. das ist wohl selbstverständlich, aber es ist durchaus möglich, dass in einer ganz bestimmten Phase einer Geschichte eine Nebenfigur die einzige ist, die wirklich zählt.

nur Mut
Trippelschritt

Elona

Also Perspektivwechsel auf Nebencharakter ist kein Problem, dass hätten wir geklärt.

Vermutlich treibe ich euch langsam aber sicher in die Verzweiflung, aber folgendes ...

Zitat von: PinkPumaAllerdings fände ich es dann fast besser, wenn der Nebenchara mehr als einmal als Perspektivträger auftaucht. Oder? Hmm... :hmmm:
Das ist theoretisch kein Thema. Den könnte ich auch öfters zu Wort kommen lassen.  ;)

Noch mal wegen der Seitenlänge ganz allgemein (und vielleicht sehe ich gerade den Wald vor lauter Bäumen nicht - passiert mir öfters):
Generell bin ich eine Leserin, die sich nicht an unterschiedlichen Kapitellängen stört, solange mir der Inhalt gefällt. Von daher hatte ich mich bisher damit nie befasst gehabt.
Ist es nicht so, dass man sich die Kapitel in dem Sinne zu Recht biegen kann? Ich habe mich dazu entschieden Hauptkapitel zu machen, welche sich weiter unterteilen (durchnummeriert). Die weitere Unterteilung entspricht meistens auch einem Perspektivwechsel. Rein theoretisch könnte ich ja nun einfach hingehen und streiche eine Zahl, mache einen Absatz, wechsel nach wie vor die Perspektive und habe mir somit die Seitenzahl angepasst. Was ich jetzt als sehr unharmonisch empfinden würde.

Zitat von: ChurkeIch unterscheide bei Perspektivwechseln grundsätzlich zwischen Haupt- und Nebenfiguren. Bei Hauptfiguren folgen die Kapitel einem festen Schema, weil ich das für die beste und auch handwerklich einfachste Methode halte, zwei parallele Handlungen zu erzählen.
Heißt, bei dir würde nicht zwei Mal hinter einander der gleiche Hauptcharakter kommen oder habe ich das falsch verstanden?

Zitat von: ChurkeIch halte Kapitel nicht (nur) deshalb gleich lang, weil es schöner aussieht.  :snicker:
Deine Kapitel sind echt alle genau gleich lang?  :o

Irgendwie habe ich gerade das Gefühl, dass ich eine falsche Auffassung von "Kapitel" habe.  :rofl: ...  :-\

Zitat von: ChurkeGleich lange Kapitel zwingen den Autor dazu, eine durchgängige Erzählstruktur einzuhalten. Wenn ein Kapitel 30 Seiten lang ist und das nächste 5, dann spricht einiges dafür, dass beide Kapitel auch inhaltlich und stilistisch getrennte Wege gehen.
Stilistisch getrennte Wege gehen, verstehe ich, aber inhaltlich? So gesehen kann auf 5 Seiten mehr passieren als auf 30.

Aber dazu etwas anderes. Nehmen wir mal an, meine Kapitel sind im Schnitt 15 Seiten lang. Die Kapitel in denen der Nebencharakter zu Wort kommt nur, sagen wir mal, 2 Seiten. Das wäre demnach ein Stilmittel und würde passen/akzeptiert werden oder nicht?

@Trippelschritt: :seufz: Ich lerne gerade meine Kostenhochrechnungen auf der Arbeit richtig zu schätzen. Da gibt es nämlich nur richtig oder falsch.
Das Problem mit dem ,,der Leser muss wissen wer dran ist" habe ich mittlerweile schon behoben. Denke ich ...   



 

foxgirl

Selbstverständlich ist alles, was ich jetzt schreibe nur eine Ansicht und keine Tatsache, aber ich habe zum Beispiel auch die Erfahrung gemacht, dass es spannungssteigernd sein kann, wenn man eine weitere Perspektive auch mal erst später im Roman einbaut, natürlich ist es da auch wieder wichtig, dass dem Leser dieser Wechsel vermittelt wird und er oder sie dann nicht mit großen Fragezeichen auf der Stirn vor dem Buch sitzt. In meinem aktuellen Projekt handhabe ich das zum Beispiel ebenso und bringe den zweiten Perspektiventräger erst deutlich später mit ein. Ich nehme an mein erster Perspektiventräger hat dann am Ende daher einen größeren "Sprachanteil" als der zweite, finde das aber persönlich nicht weiter schlimm, obwohl sie beide Hauptfiguren sind. Kommt natürlich vermutlich auch immer darauf an, wann man die Charaktere einführt. Mein zweiter wurde eben auch ein ganzes Stück später erst vorgestellt.
Ich finde die Kapitel von Nebencharakteren kurz zu halten ist, bewusst versteht sich, durchaus ein Stilmittel. Ich denke das hat wahrscheinlich auch immer damit zu tun, wie man sich als Autor wohlfühlt. Ich persönlich halte Kapitel auch immer ähnlich lange, das hat aber keinen tieferen Sinn, außer dass es mir so eben auch einfach besser gefällt. Dabei ist es für mich aber vorrangig, dass es von der Trennung der einzelnen Kapitel her eben auch noch sinnvoll ist, ich würde natürlich nicht bloß der Länge wegen einen Cut machen, wenn die Sequenz noch nicht abgeschlossen ist.

Churke

Zitat von: Aurora am 07. Dezember 2015, 18:16:43
Heißt, bei dir würde nicht zwei Mal hinter einander der gleiche Hauptcharakter kommen oder habe ich das falsch verstanden?

Genau. Beim linearen Erzählen verwende ich bei 2 Haupt-POVs immer das Schema A/B/A/B/A.... Das hat sich bewährt und stellt vor allem eine gleiche Gewichtung der Figuren sicher.
Habe ich mir als 2 Haupt-POVs, ist das nicht mehr so wichtig, dann weiche ich auch schon mal ab.

Zitat
Deine Kapitel sind echt alle genau gleich lang?  :o
Nicht genau, eher so ungefähr.  :engel:

Zitat
Stilistisch getrennte Wege gehen, verstehe ich, aber inhaltlich? So gesehen kann auf 5 Seiten mehr passieren als auf 30.

Wenn dein Held 30 Seiten zum Zähneputzen braucht und in Kap. 2 auf 5 Seiten die Welt erobert, dann werden sich beide Kapitel fundamental unterschiedlich lesen. Ist es gewollt - okay. Ist es nicht gewollt, hast du falsch gemacht.  :) Wenn du mit einer festen Seitenzahl arbeitest, zwingt dich dieser formale Rahmen dazu, dich auch inhatlich zu beschränken oder zu erweitern. 

Zitat
Aber dazu etwas anderes. Nehmen wir mal an, meine Kapitel sind im Schnitt 15 Seiten lang. Die Kapitel in denen der Nebencharakter zu Wort kommt nur, sagen wir mal, 2 Seiten. Das wäre demnach ein Stilmittel und würde passen/akzeptiert werden oder nicht?
2 Seiten? Würde ich nicht machen.
Das ist mir einfach zu kurz, was soll da wichtiges passieren, dass man einen eigenen Perspektivträger einführt?
Da fällt mir spontan nur das Ende des Mordopfers ein. Okay, aber das kann man sich auch sparen.

Ich habe ein Gefecht (Kapitel) aus der Perspektive eines Anglers beschrieben. Der sitzt im Boot und angelt und dann wird plötzlich geschossen. Im Prinzip eine moderne Variante der antiken Mauerschau. Das waren auch deutlich mehr als 2 Seiten.  ;)

Trippelschritt

Zitat von: Aurora am 07. Dezember 2015, 18:16:43
@Trippelschritt: :seufz: Ich lerne gerade meine Kostenhochrechnungen auf der Arbeit richtig zu schätzen. Da gibt es nämlich nur richtig oder falsch.
Das Problem mit dem ,,der Leser muss wissen wer dran ist" habe ich mittlerweile schon behoben. Denke ich ...   

Ich staune wirklich darüber, wie formal Du vorgehst. Ich nehme da selten Rücksicht auf Formalia. Und auch mit richtig oder falsch kann ich bei der Schreiberei wenig anfangen. Bei mir sind die Kategorien "hat funktioniert" und "hat nicht funktioniert". Sicher, es gibt Techniken, wo man sagen kann "funktioniert meistens" oder "funktioniert selten", ist geeignet oder ist weniger geeignet. Aber damit bin ich bisher immer gut gefahren.

Liebe Grüße
Trippelschritt