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Medizinische Forschung ohne Mikroskop

Begonnen von Coppelia, 10. Februar 2009, 10:26:23

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Tenryu

Zitat von: Grey am 10. Februar 2009, 13:55:40
Da muss ich dich jetzt leider ausbremsen. Mit einem normalen Lichtmikroskop wirst du keine Antikörper oder Erreger sehen können. Dafür bräuchtest du mindestens ein Elektronenmikroskop, und da hilft dir keine Glühbirne weiter.

Bakterien schon (schließlich hat Robert Koch den Turberkel-Bazillus auch so entdeckt). Viren hingegen nicht.

Zitat- Färbungen: Ähnlich wie beim Schwangerschaftstest verbinden sich Antikörper/Antigene mit anderen Substanzen zu farbigen Komplexen. Sowas kann man auch mal ganz schnell durch Zufall rausfinden.
Ganz schnell? Das hat im 19. Jhd. mehrere Jahrzehnte gedauert. Von Louis Pasteur bis Paul Ehrlich (~ 30 Jahre.) Außerdem geht das nur mit sytnthetischen (Anillin-)Farbstoffen.

Mit einem (einfachen) Mikroskop ist es übrigens leider nicht getan.
Mikroskope gibt es bereits seit dem 17. Jhd. Aber erst die moderne Glasmacherkunst des 19. Jhd. und die Linsenschleifer aus Deutschland (Carl Zeiss) haben es geschafft, so gute Mikroskope herzustellen, daß man auch Mikroben sichtbar machen konnte. Wobei ein Mikroskop allein auch nicht ausreicht. Viele Mikroben sind nämlich praktisch unsichtbar. Der große Durchbruch kam erst mit Paul Ehrlich, dem es gelangt, mit Hilfe von Anilinfarben gezielt nur die Bakterien einzufärben. Darauf aufbauend ersann er die sog. Seitenketten-Theorie und legte den Grundstein für die moderne Chemotherapie, bei der Wirkstoffe gezielt hergestellt werden.

Vor der Entdeckung der Mikroorganismen, dachte man lange Zeit, daß Krankheiten durch bestimmte Miasmen in der Luft verbreitet würden. Deshalb hat man zur Zeit der Pest auch überall Räucherwerk und rauchende Feuer entfacht, weil man damit die Luft reinigen wollte.

Coppelia

#16
Das ist ja toll von euch, dass ihr mir noch so viele Antworten schreibt. :)

Es ist schon mal gut, wenn man Tests zur Blutgruppenunterscheidung mit relativ einfachen Mitteln durchführen kann. Das Problem ist und bleibt aber leider, darauf zu kommen, dass es unterschiedliche Blutgruppen gibt (und wieviele und inwiefern sie unterschiedlich sind). Selbst einem Genie wie meinem Heiler würde es wohl schwer fallen, darauf zu kommen, warum die eine Bluttransfusion klappt und die andere nicht. Blut sieht ja auf einen Blick eher bei jedem Menschen gleich aus und auf den zweiten und zwanzigsten Blick vermutlich auch noch. Wenn es dann noch andere mögliche Todesursachen gibt, z. B. bei einer Op, ist der Grund für einen Todesfall sicher nur zu erraten. Na ja, ich muss noch mal überlegen, ob er wirklich drauf kommen könnte, dass das Blut verschiedener Menschen verschieden ist.

Es ist ja nun doch so, dass uns viel von unserem Wissen selbstverständlich vorkommt und viele Dinge (wie die Zusammensetzung der Welt aus Atomen) schon als Theorie existierten, lang bevor das jemand sehen konnte. Aber letzten Endes ist es total schwierig, auf Wegen zu denken, die noch niemand zuvor denkmäßig beschritten hat. Wir sagen dann schnell "die waren ja doof, das hätten sie doch längst merken müssen", weil wir heute die Zusammenhänge erkennen (oder auch nicht erkennen, aber in der Schule lernen oder in Büchern lesen können und sie daher nachbeten können, auch ohne sie zu verstehen). Aber selbst besonders intelligente Menschen aus früherer Zeit waren oft nicht in der Lage, Zusammenhänge zu erkennen, ehe es zu spät war, wenn ihnen die Situation nie zuvor begegnet war.
Meinem Heiler traue ich so ein unabhängiges Denken in gewissem Umfang zu, auch weil er in jeder Hinsicht ein Außenseiter und gar nicht mit normalen Maßstäben zu messen ist. Er ist nur wenig von verbreiteten Meinungen und Vorurteilen beeinflusst, daher muss er sich zum großen Teil auf seinen eigenen Geist verlassen. Aber auch er ist halt nur ein Mensch.

Die Ärzte im Mittelalter haben doch diese gruseligen Schnabelmasken getragen, um sich vor den Ausdünstungen der Pest zu schützen. Wahrscheinlich relativ sinnfrei. Würde ihm aber auch gut stehen, er ist ein echter Gruselfall.

Das mit dem Mikroskop lasse ich wohl lieber ...

Selbstversuche hab ich mit ihm jedenfalls auch schon geplant. ;D

Grey

Zitat von: Tenryu am 11. Februar 2009, 04:25:18
Ganz schnell? Das hat im 19. Jhd. mehrere Jahrzehnte gedauert. Von Louis Pasteur bis Paul Ehrlich (~ 30 Jahre.)

Ach, sagte ich: "Das ist im 19. Jahrhundert ganz schnell entdeckt worden"? Ist mir gar nicht aufgefallen, tut mir Leid, das ist natürlich falsch. ::)

Zitat von: Tenryu am 11. Februar 2009, 04:25:18
Außerdem geht das nur mit sytnthetischen (Anillin-)Farbstoffen.

Was meinst du mit: das? Protein-Färbungen gehen schon auch mit anderen Farbstoffen ... *kopfkratz*
Davon abgesehen: das ist auch nicht, was ich meinte, sondern ich meinte, dass man zwei Flüssigkeiten vermischt, die an sich vielleicht keine auffällige Farbe haben. Wenn man sie aber zusamment tut, werden sie plötzlich blau. Oder so.

Romy

Vorweg sei gesagt, dass ich nicht viel von Medizin verstehe, aber mir kam da trotzdem ein Gedanke, der vielleicht hilfreich ist.

Blutgruppen sind doch vererblich, also wenn dieser Heiler öfters eine Bluttransfusion macht, könnte ihm mit der Zeit auffallen, dass die Transfusion mit einer höheren Wahrscheinlichkeit funktioniert, wenn der Spender ein Verwandter des Patienten ist.
Ihm könnte dadurch der Gedanke kommen, dass es unterschiedliche Arten von Blut gib, die vererblich sind.
Vielleicht würde er zunächst auch glauben, dass eine Transfusion nur mit Blut eines Verwandten funktioniert?  :hmmm:
Wobei dann immer noch die Frage bliebe: Ist Mutter oder Vater besser als Spender geeignet usw.

Nun ja und wenn er diese Sache noch einige Jahre länger beobachtet, könnte er doch zwischendurch sicherlich mal auf die Idee kommen, kleine Blutmengen unterschiedlicher Spender im Reagenzglas zusammenzukippen, nur um mal zu sehen was passiert ...
Ich stelle mir vor, dass man das auch mit bloßem Auge erkennen kann, wenn das Blut verklumpt, oder?

FeeamPC

Vergiß nicht, daß Blutgruppen unterschiedlich häufig sind. Wenn Deine Bevölkerung relativ homogen ist, können die meisten Menschen die gleiche Blutgruppe haben, dann sind Transfusionen kein Problem.
Auffälligerweise klappt es bei Fremden dann mal nicht.... das könnte nach mittelalterlicher Denkart alles mögliche bedeuten:

a) das sind halt Fremde, keine richtigen Menschen
b) die Götter wollen nicht, daß unser Blut sich mit denen mischt
c) irgendwelche Rituale sind von Nöten (die mir nicht bekannt sind), damit es klappt.

Und- oh Ärger- auch bei einigen Leuten aus der eigenen Bevölkerung klappt es nicht?
Die sind natürlich von den Göttern verflucht. Oder sind doch nicht reinblütig. Oder untergeschobene Kinder. Oder sie haben die falschen Miasmen abgekriegt. Oder das gebet/der Zauberspruch war fehlerhaft.
Usw.usw.usw.

FeeamPC

Noch etwas- irgendwie spukt bei mir im Hinterkopf herum, daß Impfungen, z.B. gegen die Pocken, bei irgendeinem Volk schon im Altertum gemacht wurden. Rein empirische Forschung ist auch ohne Mikroskop möglich.

Tenryu

#21
Eine Bluttransfusion ist rein technisch nicht so einfach. Dazu braucht man Hilfsmittel wie Hohlnadeln, Gummischläuche, Injektionsspritzen. So etwas gab es im Mittelalter noch nicht, bzw. war mit den verfügbaren Mitteln noch nicht herzustellen.

Ein anderes Problem ist, daß eine Transfusion (selbst wenn sie funktionierte), dennoch den Patienten töten kann. Etwa indem Keime oder Schmutz mitübertragen werden. Denn von Hygiene und Desinfektion hatten die Leute keine Ahnung. Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, daß man jemanden solche Experimente mit Menschen durchführen ließ. Denn die Erfolgsquote dürfte mehr als gering sein. Und wer geht schon zu einem Arzt, der abscheuliche, neumodische Versuche anstellt und gegen alle überlieferten Regeln verstößt?

@ Coppelia: Diese Schnabelmasken enthielten wohlriechende Kräuter. Man glaubte damals, daß übelriechende Miasmen in der Luft die Krankheit übertrügen, die man zu überdecken versuchte. Daher auch die Pestfeuer. Absurderweise waren diese Masken trotz des falschen Ansatzes ein bißchen wirksam, weil sie den Träger vor Tröpfcheninfektionen schützten. (ein dichtgewebtes Tuch vor Mund und Nase hätte natürlich den gleichen Effekt gehabt.)

Viele gesundheitsfördernde Maßnahmen beruhten auf falschen Annahmen. So glaubte man lange Zeit, daß Tee, der damals unerschwinglich teuer und nur den Reichen vorbehalten war, vor Krankheiten schützte. Tatsächlich war es nur das Abkochen des Teewassers, welches die Cholera, -Ruhr und Thyphusbazillen abtötete, mit denen die Trinkwasserbrunnen verseucht waren.

Coppelia

Das ist nett, dass ihr mir noch so viel antwortet!

Die Stadt ist unpraktischerweise total multikulti. Leute unterschiedlichster Kulturen leben da. Insofern stehen die Chancen, dass sie eine ähnliche Blutgruppe haben, denkbar schlecht. Auch ist die Vermischung zwischen den Bevölkerungsgruppen ziemlich stark.
Insofern schlechte Voraussetzungen für meinen Heiler.

Welches Volk als erstes welche Impfung durchgeführt hat und wie, wäre interessant zu erfahren, ich konnte darüber aber bisher nichts rausfinden.

Mir ist, als wären auch im Mittelalter schon Blutübertragungen durchgeführt worden, allerdings nicht besonders erfolgreich (wie gesagt). Über die genauen Methoden müsst man noch mal recherchieren. Mein Heiler könnte aber die benötigten Geräte zumindest zum Teil herstellen, er ist da recht erfindungsreich. Dass sie super funktionieren, ist natürlich nicht zu erwarten.

Mein Heiler hat tatsächlich keine Patienten, erst recht keine freiwilligen. Die Situation ist etwas ... delikat. Aber in verzweifelten Fällen kann er versuchen zu helfen, und möglicherweise wird es manchmal funktionieren. Wenn man ihn denn lässt (was auch eher unwahrscheinlich ist, er erfreut sich keines guten Rufs). Es geht ja auch eher ums Prinzip, um einen Plan.

FeeamPC

Habe da etwas gefunden. China hat bereits 200 v. Chr. mit Pockenimpfungen experimentiert.
1788 begann die moderne Aera der Impfungen mit eben diesen Pockenimpfungen (geimpft  wurde mit den deutlich weniger gefährlichen Kuhpocken).

Ansonsten fand ich noch diesen schönen Satz:
Vaccination was practised at a time when nothing was known about microbes, viruses or the immune system. Nevertheless, it was soon promoted to the first rank of general medical practice, routinely applied and unquestioned. It took on the aspects of a faith rather than of a science.

Sarina

Beim Eingangsposting musste ich an die Gerätschaften aus dem Film "Sleepy Hollow" mit Johnny Depp denken.
"Es gibt eine chemische Reation. Demnach wurde der Kopf mit nur einem Hieb vom Kopfgeschlagen"

Ich seh es so: Du hast Magie, auf die er zurückgreifen kann. Denk dir doch einige magischen Gerätschaften aus, mit der er z.B. abgenommenes Blut so weit magisch Vergrößern kann, dass er die Erreger erkennen kann oder ähnliches...

Coppelia

Hallo ihr, ich bin es mal wieder. :)

Es geht noch immer um denselben Heiler und seine medizinische Forschung. Diesmal hab ich mir etwas besonders "Schönes" überlegt: Er soll herausgefunden haben, dass Gift heilende Wirkung haben kann, wenn man es in geringen Dosen verabreicht. Das soll angeblich schon Paracelsus gewusst haben.
Nun frage ich mich: In wie geringen Dosen muss man Gift denn verabreichen, damit es heilt? Braucht es dazu spezielle Werkzeuge? Weiß das zufällig jemand?
Fingerhut soll ja beispielsweise bei Herzproblemen helfen und Schlangengift bei Migräne ... kennt ihr noch was? Je subtropischer, desto besser. ;D

Grey

Also es gibt da diese Schneckenart, die ich total faszinierend finde ... Conus striatus heißt sie, die gerippte Kegelschnecke. Die lebt im indischen Ozean und kann vergiftete Mini-Harpunen durch ihren Rüssel schießen und so ihre Opfer lähmen. Das Gift wird in Amerikanischen Krankenhäusern z.T. als Schmerzmittel verwendet. Von der Dosierung weiß ich aber leider nichts ... vielleicht magst du die Schnecke ja trotzdem ;)

Hanna

Behandelt man Tumore bei Kaninchen nicht mit Spinnengift?  :hmmm: Ich glaube, das habe ich mal bei Dr. Wolf gesehen. Leider kann ich dir auch nicht wirklich weiterhelfen.
#notdeadyet

Coppelia

Ihr habt ja noch was reingeschrieben, vielen Dank. :)

Die Schnecke finde ich auch cool. ;D Vielleicht kann ich sie Aventurien spendieren und sonst meiner eigenen Welt einverleiben.
Spinnengift gegen Krebs? Interessant ... :gähn: Das wär jedenfalls wirklich etwas für ihn. Eine tödliche Krankheit und ein übles Gift. :)

Felsenkatze

Hi du,

wollte schon lange hier was reingeschrieben haben. Die Dosen der Gifte sind wahrscheinlich extrem stoffabhängig, genauso wie die Verabreichung. Belladonna (also Tollkirsche) nimmt man zum Beispiel ein bei Herzbeschwerden. Aber halt nicht hoch konzentriert. Wenn du genauere Dosen haben willst, frage ich mal meinen besten Kumpel, der ist Chemiker - mit Giftschein - der weiß vielleicht was mehr drüber.

Hier gibt's übrigens ein Giftpflanzencompendium, hab ich aber noch nicht selbst reingesehen - vielleicht hilft es: http://www.giftpflanzen.com/
Und hier ein Gifttierbuch (menno, das will ich jetzt auch haben): http://www.amazon.de/Gifttiere-Handbuch-Biologen-Toxikologen-Apotheker/dp/3804716393

Bei Gifttieren, besonders im Meer, handelt es sich auch oft um Kontaktgifte, vermutlich kann man die "Heilmittel" dann auch auf die Haut auftragen.