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Schreibblockade - Was ist Euer Geheimrezept?

Begonnen von Rei, 01. Januar 1970, 01:00:00

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Jade

Oje Schreibblockaden - auch ich bin eine Leidgeplagte. Hatte eine ganz schlimme Schreibblockade, die fast ein Jahr gedauert hat. Das war nicht schön.  :no:
In dieser Zeit konnte ich einfach nicht bei meinem Langzeitprojekt weiterschreiben, dass mir bis zu diesem Zeitpunkt immer sehr viel Spaß und Freude bereitet hat. Nur irgendwann war dann der Punkt gekommen, an dem mir die Ideen ausgegangen sind. Ich war wirklich frustriert und später auch traurig. Das Schlimme war, dass mir auch nichts anderes einfallen wollte. Also habe ich beschlossen zu warten. Mit der Zeit bin ich auch dahinter gekommen, dass es auch an gewissen anderen Dingen gelegen hat. War damals eine sehr stressige und anstrengende Zeit für mich. Aber irgendwann bin ich dann zur Ruhe gekommen und die Ideen und die Freude am Schreiben kam wieder. Zuerst nur wie ein kleines Bächlein, dann mit der Zeit immer mehr.
Patentrezept? Ich denke, es gibt keines. Außerdem denke ich, dass jede Schreibblockade anders ist und ihre eigenen Hintergründe hat, die meistens nur der Betroffene selbst kennt. Deshalb meine ich, dass es wichtig wäre die Situation an sich zu betrachten. Hat sich in meinem Leben etwas verändert? Wie sieht es mit Beruf, Schule etc. aus? Habe ich viel Stress? Vernachlässige ich auch andere Dinge? etc....
Oder aber es liegt am Projekt selbst.

Im Nachhinein hab ich mir dann überlegt dass meine Muse vielleicht auch einfach mal auf Urlaub fahren wollte ....  ::) ::)

Kraehe

ZitatDie bekommen wir nur nicht mit.
Paolini hatte doch so mal das stark verspätete Erscheinen seines dritten Bands entschuldigt :rofl:

Ich glaube, wirklich richtige Blockaden wie hier beschrieben hatte ich noch gar nicht.
Meine Beobachtung war/ist , dass meine Blockaden in der Regel durch ein wenig Disziplin behebbar, also ihrer Natur nach auch nicht direkt Blockaden sind.

Was "Geheimrezepte" angeht: Trudi Canavan schreibt (oder schrieb zumindest?) auf ihrer Website, dass sie dann immer Geschirrspülen geht.
Und ich denke, das ist auch ein guter Punkt, wenn auch nicht im wörtlichen Sinn: mal was anderes machen, sich ablenken und mal wieder auf andere Gedanken kommen.

Wenn bei mir auf Biegen und Brechen gar nichts geht, dann versuche ich a) am Plott zus ehen (meistens arbeite ich die nicht so gerne aus und wenn nichts geht, dann ist das immer der Anlass, endlich zu präzisieren)
und
b) wenn das nicht hilft oder ich mich nicht aufraffen kann oder der Plot ok ist, ich auch wirklich schreiben will und einfach nicht kann, dann verbiete ich mir konsequent das Schreiben. Und auch jeden Gedanken an die Geschichte.
Und wenn man dann nicht die ganze Zeit in Gedanken o.ä. bei seinen Charas und dem Plot rumhängt, dann hat man umso mehr Freude, zurück zu kommen und es geht wieder :vibes:
Und falls sich dann bei b) rausstellt, dass die Lust nicht wiederkommt, kann man nochmal überdenken, ob einem die Geschichte jetzt in dem Moment in der Form wirklich richtig wichtig ist oder man nicht erstmal was anderes machen möchte ;)

sirwen

Wenn ich nicht schreibe, schreibe ich eben nicht. Meistens sehe ich es nicht als Schreibblockade, sondern eher als inspirationslose Phase. Ich muss aber auch zugeben, dass ich nicht ganz so schreibsüchtig bin, sonst würde das anders aussehen. Sobald es um eine Deadline geht, schreibe ich besser – das geht mir aber allgemein im Leben so ^^. Gebt mir eine Deadline, und ich mache was (oder auch nicht *hüstel*). Ablenkung ist sicherlich eine gute Methode, artet bei mir aber auch gerne in heillose Prokrastination aus.

Zum Vergleich mit dem Heizungsrohrverleger wollte ich noch anfügen, dass ich in der kreativen Branche die Erfahrung gemacht habe, dass man durchaus täglich etwas "Kreatives" zustande bringt, weil man muss und der Kunde wartet. Es schwankt einzig die Qualität und die Lust an der Arbeit, und wenn man nie Lust auf die Arbeit hat, ist es der falsche Job. Dann macht man sich nur was kaputt.
Heizungsrohverleger haben bestimmt auch ihre schlechten Tage.
Also, und wenn Herr Eschbach meint, er wolle uninspiriertes Zeug produzieren, soll er das doch tun. Ich glaube, jeder sollte wissen, welchen Anspruch er an sich selbst hat.

Sanjani

Hallo zusammen,

es ist faszinierend, wie unterschiedlich sich Schreibblockaden äußern können, aber es ist auch tröstlich zu wissen, dass andere sie auch haben.

Bei mir ist die Blockade meist so, dass ich zwar gerne etwas schreiben würde, mir aber absolut gar nichts einfällt und mein Kopf leer ist. Ich finde, diese Leere fühlt sich schon fast stofflich an und ich merke sie v. a. abends beim Einschlafen und morgens beim Aufwachen. Normalerweise sind das immer die Zeiten, die ich mit meiner Geschichte verbringe und es ist umso schmerzlicher, wenn ich dann nur Leere habe und sonst nichts.

Ich kann auch gar nicht mehr sagen, wie lange das jetzt andauert. Ich hatte zwischendurch mal ein paar kleinere Ideen, aber im Großen und ganzen ist es sicher schon über ein Jahr. Das macht mich ganz kirre, weil ich ja gerne schreiben möchte, aber eben nicht weiß, was.

Ich denke dann auch manchmal, ok, das Projekt ist einfach zu groß, leg es weg, aber ich kann es nicht, weil ich auch kein alternatives Projekt habe, das ich schreiben könnte und mir auch keine neuen Charaktere einfallen wollen.
Leere in ihrer Vollkommenheit.

Ich verliere allmählich den Glauben daran, dass Warten etwas verändert. Aber im Moment bin ich froh, dass ich mich zumindest wieder konstruktiv mit meiner Geschichte beschäftigen kann, wenngleich ich noch nicht das Gefühl habe aus der Blockade raus zu sein.

Was ich auch kenne, ist, dass ich die Szenen in meinem Kopf habe, sie aber nicht aufschreiben kann. Wenn ich das dann mache, passiert es mir, dass ich keine Wörter finde oder alles schrottig ist. Aber wenn ich es dann nach ein paar Wochen noch mal lese, stelle ich manchmal fest, dass es gar nicht so schrottig ist, wie ich dachte.

Ich finde, das tragische am Nichtschreiben ist, dass man wirklich viel seiner Übung einbüßen kann. Ich lese manchmal zum Spaß andere Projekte von mir und es passiert mir dabei immer wieder, dass ich sitze und mir denke: Wow, tolle Formulierungen, wie ist dir das damals bloß eingefallen? Mir würde das jetzt nie im Leben einfallen. Aber gleichzeitig weiß ich, dass es mir damals überhaupt nicht schwer fiel. Das macht mir dann auch nicht gerade Mut. andererseits kann ich ohne Idee halt auch nicht üben ...

Ein Geheimrezept habe ich auch nicht. Mir hilft manchmal neue Musik, aber so viele Lieder, die einem richtig augenblicklich unter die Haut gehen und Bilder erzeugen, gibt es ja auch nicht. Ansonsten bleibt wohl wirklich nichts anderes übrig als warten. Wenn ich einen Funken in der Leere entdecke, hilft es mir auch manchmal, daran festzuhalten und sich damit zu beschäftigen, bis er größer wird.

LG Sanjani
Die einzige blinde Kuh im Tintenzirkel :)

Isabel

Zitat von: Jade am 11. Mai 2011, 19:04:05
Mit der Zeit bin ich auch dahinter gekommen, dass es auch an gewissen anderen Dingen gelegen hat. War damals eine sehr stressige und anstrengende Zeit für mich. Aber irgendwann bin ich dann zur Ruhe gekommen und die Ideen und die Freude am Schreiben kam wieder.

Eine ganz ähnliche Erfahrung habe ich auch gemacht. Früher habe ich an sowas wie Schreibblockaden nicht geglaubt bzw. dachte ich, das sei nur ein anderes Wort für Faulheit oder Prokrastination. Stimmt aber nicht. Es gibt Schreibblockaden. Während dieser Zeit geht bei mir in kreativer Hinsicht nichts - zumindest nichts Anspruchsvolles. Und das frustriert mich dann ungemein.

Die Ursachen können vielfältig sein - bei mir war es u.a. Stress im Studium und im Privatleben. Das hat mich innerlich so aufgefressen, dass ich den Kopf nicht frei bekam. Zwar wollte ich gerne schreiben, aber ich war unfähig, mich wirklich in ein Projekt zu vertiefen und regelmäßig etwas daran zu machen. Ich hatte keinen Bezug mehr zu meinen Geschichten und wenn ich sie mir durchlas kam es mir beinah so vor, als hätte jemand anders sie verfasst. Ich konnte mir gar nicht mehr vorstellen, wo ich all diese Ideen her hatte und vor allem, wie ich jemals so viel Energie aufwenden konnte, um zwei komplette Romane zu schreiben.

Was noch hinzu kam war, dass ich während dieser Zeit ein enttäuschendes Erlebnis mit einem namhaften Verlag hatte, der mir zuerst große Hoffnungen auf eine Romanveröffentlichung machte, mir aber nach langem Hin und Her im letzten Moment eine Absage erteilte, da er stattdessen doch lieber amerikanische Titel übersetzen lassen wollte. Das erhöhte meinen Frust-Faktor noch zusätzlich.

Inzwischen ist es in meinem Privatleben wieder etwas ruhiger geworden und ich konnte den Stress allgemein reduzieren. Jetzt, da ich meine Prioritäten anders gesetzt habe, ist die Schreibblockade überwunden. Ich schreibe nun wieder regelmäßig und bin sehr glücklich darüber. Ich habe mich von fremden und eigenen Ansprüchen frei gemacht und versucht, wieder die Freude am kreativen Prozess an sich zu finden, am Herumspinnen, am Erfinden von Charakteren und am Formulieren. Mir wurde klar, dass ich vor vielen Jahren mit dem Schreiben angefangen habe, weil ich Lust darauf hatte - nicht, um irgendwelche Erwartungen zu erfüllen oder Zielgruppen zu bedienen. Ich habe mir auch bewusst gemacht, dass das Schreiben ein wichtiger Teil von mir ist, den ich in den letzten Jahren viel zu sehr vernachlässigt habe. Das hat mich eine Zeitlang sehr unglücklich gemacht. Deswegen hoffe ich, dass es auch in Zukunft immer einen Platz in meinem Leben haben wird.

Ein Patentrezept zum Überwinden einer Schreibblockade habe aber auch ich nicht. Ich sage auch nicht, dass ich das Problem ein für allemal überwunden habe. Man weiß ja nie...

ZitatIch finde, das tragische am Nichtschreiben ist, dass man wirklich viel seiner Übung einbüßen kann.

Das stimmt - man kommt aber auch relativ schnell wieder rein, wenn man nach überstandener Blockade wieder schreibt. Zumindest mache ich gerade diese Erfahrung. Anfangs hatte ich das Gefühl, nichts als sperrige Satzruinen zu produzieren, aber mittlerweile geht es wieder flotter. Es funktioniert wohl so ähnlich wie beim Fahrrad fahren, das verlernt man ja auch nie. ;)

Pamina

#245
Eine so schlimme Schreibblockade, wie sie hier so oft beschrieben wird, hatte ich bisher zum Glück noch nie...

Meine längste hat so zwei Monate gedauert, aber selbst da habe ich etwas geschrieben, schlechtes zwar, aber immerhin.
Ich zwinge mich auch immer zum Schreiben, wenn es mal schlecht läuft und ich Stress habe, dann beschäftige ich mich nur eine Stunde am Tag mit meinem Geschreibsel, meistens aber versuche ich mindestens 1.000 Worte am Tag zu schreiben, egal ob zu einem Romanprojekt, einer Kurzgeschichte oder zu einer FanFiktion.

Apropos Fanfiktion, was mir besonders hilft, wenn ich mit meinem Romanprojekt nicht weiter komme, dann setze ich mich einfach an eine FanFiktion, da bin ich dann etwas 'unbeschwerter' und tatsächlich erleichtert es mich immer ein bisschen, wenn ich mich mit der Welt meines Lieblingsbuches beschäftigen kann :vibes:

Aber vor allem, wenn man diese Fanfiktion dann noch mit eine SongFiction verbinden kann, hilft es mir aus etwaiigen Blockaden heraus, da eigentlich alles schon vorgegeben ist: ich habe Charaktere gegeben bekommen, mit denen ich mich auch wirklich indentifizieren kann und mit dem Songtext habe ich auch eine Handlung, auf die ich mich beziehen kann. Ich muss mich also wirklich nur noch auf das Schreiben an sich konzentrieren und nach einigen ersten, gescheiterten Versuchen, habe ich tatsächlich etwas zustande bekommen und es hat mich aus diesem Tief der Ideenlosigkeit herausgeholt... vielleicht ist das auch tatsächlich der Grund, weshalb ich noch nie so richtig in eine schwere Blockade hineingeschlittert bin.


Judith

#246
Sanjani, so wie du das schilderst, kenne ich das auch.
Nur ist es bei mir eben so, dass ich die Blockade überwinden kann, wenn ich mich durch außen dazu gezwungen sehe (eben im erwähnten NaNo). Was wohl bedeutet, dass das bei mir keine wirklichen Blockaden sind, da ich sonst auch im NaNo nicht schreiben könnte. Insofern kann ich aus meiner Sicht auch Eschbach zustimmen.
Übrigens kann ich es im Nachhinein nicht mehr erkennen, welche Szenen ich mit Freude geschrieben habe und zu welchen ich mich gezwungen habe. Auch die Testleser von Polarnacht waren von einigen Szenen durchaus angetan, durch die ich mich tagelang widerwillig durchgeprügelt habe.
Daher denke ich nicht, dass man verallgemeinernd sagen kann, dass bei mangelnder Inspiration und gezwungenem "Drüberschreiben" immer etwas Schlechtes herauskommen muss.

Kennt das denn auch jemand von euch, dieses Durchbrechen der Blockade, wenn nur der Druck groß genug ist?  :hmmm:

Sven

Zitat von: Judith am 13. Mai 2011, 09:20:14
Übrigens kann ich es im Nachhinein nicht mehr erkennen, welche Szenen ich mit Freude geschrieben habe und zu welchen ich mich gezwungen habe. Auch die Testleser von Polarnacht waren von einigen Szenen durchaus angetan, durch die ich mich tagelang widerwillig durchgeprügelt habe.
Daher denke ich nicht, dass man verallgemeinernd sagen kann, dass bei mangelnder Inspiration und gezwungenem "Drüberschreiben" immer etwas Schlechtes herauskommen muss.

Das kenne ich auch so. Es gibt Kapitel, durch die ich mich Satz für Satz durchgequält habe, und mit etwas Abstand fügte es sich ohne Ecken und Kanten ein.
Beste Grüße,
Sven

Sanjani

Hallo Judith,

zum Thema Erkennen der Szenen, zu denen man sich zwingen muss, ist mir erst neulich was ganz Lustiges passiert. Ich hatte die ersten 30 oder 50 Normseiten meiner Drachenkrieger ganz zum Schluss geschrieben. Das war so ein Thema, wo ich wusste, es muss geschrieben werden, aber ich konnte es nicht so ohne Weiteres herunterschreiben und fand es dann hinterher auch nicht so gut wie den Rest. Auf jeden Fall hatte ich dann einen Kommentar meiner Beta, dass ab einem bestimmten Punkt sich mein Schreibstil verbessert habe. Sie meinte, der Stil sei vorher auch schon sehr gut gewesen, aber jetzt sei er eben noch besser. Das hat mich sehr fasziniert. Ich meine, eine Steigerung von sehr gut auf noch besser, darüber kann ich mich nun wirklich nicht beklagen, aber es scheint trotzdem was an den ersten Szenen anzuhaften :)

Bei anderen Projekten kann ich mich an dieses Phänomen gar nicht so erinnern und könnte vermutlich auch nicht mehr sagen, welche Szenen davon mir besonders schwer fielen, aber vermutlich liegt das daran, dass das letzte Projekt schon zu lange her ist. Mit den Drachenkriegern beschäftige ich mich ja schon seit über drei Jahren und das Projekt vorher stammt aus dem Jahr 2005 oder so. Ach doch, da fällt mir noch ein angefangenes Projekt ein, da hatte ich zwar Lust, aber offensichtlich extrem große Schwirigkeiten hereinzukommen. Ich hatte zuvor länger nicht mehr geschrieben. Und das springt einen in diesem Projekt auch wirklich übelst an. Wenn das Projekt mal dran ist, muss ich die ersten 20 Seiten auf jeden Fall überarbeiten oder vllt sogar komplett neu schreiben.

Fazit: Bei mir ist das sehr unterschiedlich. Aber letztlich ist es ja so, wenn man es gar nicht erst probiert, dann kann auch nichts bei herauskommen, weder gut noch schlecht.

LG Sanjani
Die einzige blinde Kuh im Tintenzirkel :)

Farean

Zitat von: Sanjani am 13. Mai 2011, 10:57:50
Aber letztlich ist es ja so, wenn man es gar nicht erst probiert, dann kann auch nichts bei herauskommen, weder gut noch schlecht.
Und genau das ist das Problem, wenn du tatsächlich an einer Schreibblockade leidest: du kannst es nicht einmal versuchen. Die Phantasie streikt, das Sprachzentrum streikt, oder es streiken tatsächlich beide.

@Sven, @Judith, @Eschbachianer allgemein: Es ist ja wirklich schön für euch, wenn ihr noch nie eine echte Schreibblockade erlebt habt, und ich beneide euch aufrichtig und wünsche euch, daß ihr diesen Zustand nie, nie erleben müßt.

Aber daraus zu folgern "Schreibblockade gibt es nicht" empfinde ich, offen gestanden, als Bezichtigung, ich wäre, wenn ich mich in diesem Zustand gefangen fühle, bloß faul oder willensschwach oder allgemein falsch in diesem Hobby. Das ist wie diese Motivationsposter im Büro, die ja im Grunde allesamt nur brüllen: "Wenn die Arbeit nicht klappt, liegt der Fehler bei dir allein, arbeite gefälligst an dir!!!" Wem dieser mentale Peitschenknall hilft, ein Motivationstief zu überwinden, dem seien sie ungenommen. Ich jedenfalls war heilfroh, als es meinen Kollegen und mir gelungen war, unserem damaligen Abteilungsleiter diesen Blödsinn abzugewöhnen, der uns alle - ausnahmslos - in stressigen Zeiten nur weiter runtergerissen hat. Und wenn ich mich eh schon miserabel fühle und damit ringe, daß ich gerade beim besten Willen nicht schreiben kann, empfinde ich es als wenig hilfreich, wenn ein Herr Eschbach noch mal nachtritt und erklärt: "Da bist du selber schuld, du selbstmitleidiger Sack von einem eingebildeten Kranken."

Den Fragenkatalog: "Ist es nur Faulheit? Ist es nur Frust? Sind es nur zu hohe Ansprüche an die eigene Schreibe?" gehe ich an solchen Tagen oft genug selbst durch. Wenn die Antwort auf alle diese Fragen "Nein" lautet, bleibt für mich als einzige Erklärung etwas, das ich als Arbeitshypothese mit der Bezeichnung "Schreibblockade" belege.

Sven

Zitat von: Farean am 13. Mai 2011, 11:13:27
@Sven, @Judith, @Eschbachianer allgemein: Es ist ja wirklich schön für euch, wenn ihr noch nie eine echte Schreibblockade erlebt habt, und ich beneide euch aufrichtig und wünsche euch, daß ihr diesen Zustand nie, nie erleben müßt.

Aber daraus zu folgern "Schreibblockade gibt es nicht" empfinde ich, offen gestanden, als Bezichtigung, ich wäre, wenn ich mich in diesem Zustand gefangen fühle, bloß faul oder willensschwach oder allgemein falsch in diesem Hobby.

So soll das auf keinen Fall rüber kommen. Ich denke nur, man muss sich Gedanken machen, warum man nicht schreiben kann. Bei vielen ist es schlicht Faulheit. Alles andere ist einfacher als Schreiben. Ein weiterer Batzen geht auf die Leute, die es tatsächlich nicht können und es sich nicht eingestehen wollen. All die Fälle gibt es und ob man dazu gehört, muss man für sich selbst entscheiden.
Manchmal sind es die Lebensumstände. Man hat Depressionen, alles wächst einem über den Kopf. Oder man hat den inneren Zwang etwas Gutes zu schaffen und wird dadurch gehemmt.
Was mich halt stört ist zu sagen: Ich habe eine Schreibblockade und kann deshalb nicht schreiben, so wie man nicht Laufen kann, wenn man den Fuß zertrümmert hat. Ich denke, es liegt eher an anderen Dingen, die man erkennen muss.
Ich will nicht sagen, Leute mit Schreibblockaden sind faule Hunde, die nicht Schreiben können. Ich glaube nur, der Grund warum man nicht Schreiben kann ist nicht die Schreibblockade, sondern etwas, das zu dieser Blockade führt.
Ich würde eher sagen, man hat eine Schreibhemmung, die durch äußere Einflüsse bedingt wird.

ZitatDen Fragenkatalog: "Ist es nur Faulheit? Ist es nur Frust? Sind es nur zu hohe Ansprüche an die eigene Schreibe?" gehe ich an solchen Tagen oft genug selbst durch. Wenn die Antwort auf alle diese Fragen "Nein" lautet, bleibt für mich als einzige Erklärung etwas, das ich als Arbeitshypothese mit der Bezeichnung "Schreibblockade" belege.

Vielleicht ist der Fragenkatalog auch einfach noch nicht lang genug?
Vielleicht musst Du auch den ganzen Tag zu viel Kopfarbeit leisten und bist deshalb blockiert, wenn Du die Zeit hättest zum Schreiben? Ich kann am Besten Schreiben, an Tagen, an denen ich Routinearbeit machen muss. Noch besser geht es, wenn ich Sport gemacht habe  ;)
Beste Grüße,
Sven

Sanjani

Tagchen Farean,

interessant, dass du mich gerade weiter oben zitiert hast. Immerhin gehöre ich durchaus zu den Leuten, die das gut nachvollziehen können, dass es Zeiten gibt, wo einfach gar nix kommt bzw. gar nicht geht. Und man kann es natürlich nur versuchen, wenn irgendwas da ist, was man schreiben kann. Das dürfte aber aus dem Zusammenhang hervorgegangen sein.

ich denke, es ist einfach wichtig zu schauen, ob es Ursachen gibt, die man asu der Welt schaffen kann und wenn ja, dies zu versuchen. Und danach kann man dann weitersehen. Ich weiß aber auch, dass gerade solche Sachen wie eine Depression lange brauchen können um wieder abzuklingen.

LG Sanjani
Die einzige blinde Kuh im Tintenzirkel :)

Farean

#252
Zitat von: Sanjani am 13. Mai 2011, 14:15:49
interessant, dass du mich gerade weiter oben zitiert hast. Immerhin gehöre ich durchaus zu den Leuten, die das gut nachvollziehen können, dass es Zeiten gibt, wo einfach gar nix kommt bzw. gar nicht geht. Und man kann es natürlich nur versuchen, wenn irgendwas da ist, was man schreiben kann. Das dürfte aber aus dem Zusammenhang hervorgegangen sein.
Ist es. Ich habe deinen Satz gerade deshalb aufgegriffen, weil er diesen Punkt so gut illustriert. Ich würde dein Posting interpretieren als "Solange man es noch wenigstens probieren kann, ist es keine Schreibblockade" und wollte dir darin zustimmen.

Zitat von: Sanjani am 13. Mai 2011, 14:15:49
ich denke, es ist einfach wichtig zu schauen, ob es Ursachen gibt, die man asu der Welt schaffen kann und wenn ja, dies zu versuchen. Und danach kann man dann weitersehen. Ich weiß aber auch, dass gerade solche Sachen wie eine Depression lange brauchen können um wieder abzuklingen.
Und das ist der Punkt: Eschbach & Co. tun gerne so, als müsse man sich der Ursache eigentlich nur bewußt werden, um sie dann abzustellen, als ob man einen Schalter umlegt; und als gäbe es im kreativen Prozeß kein (psychisches) Problem, das sich nicht durch Fleiß, Disziplin und gute Kenntnis des Handwerks überwinden läßt.

Es ist eben diese Behauptung, die mich nervt. Natürlich hat eine Schreibblockade eine Ursache. Natürlich kann man daran arbeiten, die zu beseitigen. Aber das kann mitunter Monate oder Jahre dauern. Genau wie bei einer Depression. Und zumindest bei mir ist es erfahrungsgemäß so, daß ich mich mit einem Eschbachschen "stell dich nicht an, arbeite weiter" ab einem bestimmten Punkt nur tiefer da reintreibe. Dann hilft es mir eher, die Blockade als gegeben hinzunehmen und das Schreiben wirklich ein paar Tage oder Wochen ruhen zu lassen. Auch wenn's schmerzt. :ithurtsandstings!:

Sanjani

Hallo Farean,

na ja, ich denke, der Sachverhalt ist schon schwieriger. Das Wort Schreibblockade bedeutet doch eigentlich streng genommen, dass man eine Blockade beim Schreiben hat, also nichts auf Papier bringt. Wenn man keine Ideen hat und der Kopf total leer ist und einfach gar nix mehr geht, ist das schon noch mal was anderes. Da geh ich schon mit dir konform, dass ich so was eher als richtige Schreibblockade betrachten würde.

Wenn ich aber was im Kopf habe und das nicht aufschreiben kann, kann das ja auch sehr anstrengend und sehr unangenehm sein und ich würde das auch nicht herunterspielen wollen, denn es hat ja auch nicht immer was mit Faulheit zu tun und auch nicht unbedingt was mit Selbstdisziplin (letztere Ursachen sind für mich keine Schreibblockaden). Für mich geht das dann in Richtung Schreibblockade, wenn es eher was Psychisches ist, sei es wegen zu hoher Ansprüche oder weil gerade einfach zu viel los ist o. ä. Da kann mir ein Eschbach mit seinen Pauschalaussagen dann auch gestohlen bleiben.

Ich wollte nur sagen, aus so einer Blockade ist es leichter wieder rauszukommen, indem man es einfach mal versucht. Wenn nix da ist zum Schreiben, kann man auch nix versuchen und da ist der Ofen dann erst mal aus. Bei letzterem Problem finde ich das wort Schreibblockade eigentlich auch eher unpassend, weil sich das ja nicht nur aufs Schreiben als solches bezieht, sondern auch weitreichende Konsequenzen für mein Leben hat, in welchem meine Geschichten ja einen festen Teil einnehmen.

LG Sanjani
Die einzige blinde Kuh im Tintenzirkel :)

Schommes

Zitat von: Farean am 13. Mai 2011, 14:29:54
Es ist eben diese Behauptung, die mich nervt. Natürlich hat eine Schreibblockade eine Ursache. Natürlich kann man daran arbeiten, die zu beseitigen. Aber das kann mitunter Monate oder Jahre dauern. Genau wie bei einer Depression. Und zumindest bei mir ist es erfahrungsgemäß so, daß ich mich mit einem Eschbachschen "stell dich nicht an, arbeite weiter" ab einem bestimmten Punkt nur tiefer da reintreibe. Dann hilft es mir eher, die Blockade als gegeben hinzunehmen und das Schreiben wirklich ein paar Tage oder Wochen ruhen zu lassen. Auch wenn's schmerzt. :ithurtsandstings!:
Aber sagen das die Eschbachs dieser Welt nicht auch, dass es eben auch die Schreibblockade gibt, die einfach ein Ruf des Hirns nach Entspannung und Loslassen ist? Ich meine, dass habe ich auch schonmal irgendwo gelesen. Mein bestes Rezept ist immer noch Kontinuität, sozusagen die Einheit von Zeit und Ort im Aristotelischen Sinn ;). Z.B. jeden Morgen um sechs bei sich am Schreibtisch, nach einem rituellen Morgenespresso. Und um acht fällt der Griffel aus der Hand, egal wo man gerade in der Handlung ist. Problem ist natürlich dabei häufig, dass unser verregeltes Leben solche Gewohnheitenbildung schwer macht, weil immer was dazwischen kommt. Aber dann muss man sich entscheiden, ob man seine Umwelt dem Schreiben anpasst oder sein Schreiben der Umwelt. Mist, klang das jetzt wieder zu eschbachesk?