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Romantasy vs. Fantasy #rettetdiefantasy

Begonnen von Mondfräulein, 12. Dezember 2024, 14:56:54

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Guddy

Zitat von: Amanita am 13. Dezember 2024, 13:01:04Ich denke aber, dass die ablehnende Haltung in manchen Kreisen auch daher rührt, dass Fantasyfans überdurchschnittlich häufig Leute sind (wie ich), die es im realen Leben nicht so mit der Romantik haben und die Fokussierung auf dieses Thema deswegen nicht so toll finden, weil es ihr Interesse einfach nicht trifft.

Hast du da eine Studie oder ist das eher dein Eindruck?

Mondfräulein

Mein Eindruck ist eher, dass Fantasy lange bestimmte Lesergruppen ausgeschlossen hat. Als Frau habe ich mich sehr lange von High Fantasy ausgeschlossen gefühlt, weil die Geschichten so männerzentriert waren. Dazu kommt, dass ich eine sehr charakterzentrierte Leserin bin. Ich brauche in meinen Büchern einen großen Fokus auf Charakterentwicklung und komplexen Beziehungen (nicht nur romantisch, sondern auch platonisch, beispielsweise Freundschaften und Beziehungen zwischen Familienmitgliedern). Das habe ich in diesen Büchern nicht gefunden, weil alle immer so sehr damit beschäftigt waren, sich gegenseitig den Schädel einzuschlagen. Außerdem verderben mir schlecht geschriebene Frauenfiguren und ein zu großer Fokus auf Männer Bücher sehr schnell. Lange Zeit gab es aber nur "Männer-Fantasy", in denen maskuline Männer sich in Schlachten bewiesen haben und danach eine vollbusige Schönheit mit ins Bett nehmen durften. Aber wenn ich jetzt nur von mir ausgehe: Ich war gerade deshalb kein Teil der High-Fantasy-Leserschaft. Die Bücher haben mich einfach nicht angesprochen. Dabei weiß ich jetzt, dass ich High Fantasy liebe. Worauf ich hinaus will: Was ist hier die Ursache? Ist die Leserschaft so, weil eine bestimmte Art von Mensch Fantasy eben lieber mag als eine andere? Oder hat das Genre viele Menschen ausgeschlossen und sich so eine bestimmte Art von Leserschaft kultiviert? Und jetzt, da die Bücher in diesem Genre diverser werden (damit meine ich sowohl mehr Vielfalt bei den Figuren und Themen als auch bei den Subgenres) wird auch die Leserschaft diverser? Beides bedingt sich bestimmt gegenseitig. Aber wenn wir annehmen, dass lange vor allem eine bestimmte Gruppe Fantasy gelesen hat, dann nicht unbedingt, weil sie Fantasy mehr anspricht, sondern vielleicht auch, weil das Genre lange andere ausgeschlossen hat.

Und das führt mich dann wieder zu anderen Nerd-Bereichen, bei denen diese Art von Gatekeeping ja auch nicht neu ist. Du magst Marvel? Dann nenn mir drei Superhelden, die nicht in den Filmen vorkommen! Du magst Iron Maiden? Nenn mir drei ihrer Songs! Du magst Star Wars? Hast du denn überhaupt alle Filme gesehen? Du magst D&D? Nenn mir drei Klassen! Wenn Frauen sich in diesen Nerd-Bereichen bewegen, dann wird häufig in Frage gestellt, was sie dort wollen und ob sie sich überhaupt richtig auskennen. Aber was in der Fantasy ja seit einer Weile passiert, ist dass Frauen nicht nur Fantasy lesen und schreiben, sondern dass sich das Genre verändert. Romance ist ja traditionell ein Genre, das vor allem von Frauen gelesen wird. Viele (auch nicht-romantische) Fantasy-Romane thematisieren inzwischen Diskriminierung und Sexismus. Andere Gruppen haben sich dem Genre also nicht nur angenähert, sie haben es sich vollkommen zu eigen gemacht. Auch wenn es die klassische "Männer-Fantasy" auch noch gibt, ist das nicht mehr das, was das Genre im Kern definiert und ausmacht. Vielleicht ist vieles also auch eine klassische Gatekeeping-Reaktion, wenn Frauen in einen vorher sehr männlich dominierten Bereich eindringen. Vielleicht ist es aber wirklich so, dass es vorher vor allem eine bestimmte Gruppe gab, die das Genre definiert hat, und es denen jetzt wirklich und wahrhaftig weggenommen wurde. Sie dürfen noch mitspielen und mitschreiben, aber sie dürfen nicht mehr bestimmen, was Fantasy ist und was nicht. Fantasy gehört jetzt nicht mehr ihnen sondern allen. Und das ist ja vielleicht auch nichts schlechtes.

Was ich dazu aber auch interessant finde, ist welche Genre-Konventionen für Romantasy denn gelten. Romance braucht zwangsweise immer ein Happy End für die Liebesgeschichte, was das Genre ziemlich einzigartig macht, denn in anderen Genres kann man von vielen Konventionen durchaus mal abweichen. In der Fantasy gilt das nicht. Wenn ich also Romantasy schreibe, gilt dann auch noch die Erwartung der Leserschaft, immer ein Happy End für die Liebesgeschichte haben zu wollen?

Zitat von: Amanita am 13. Dezember 2024, 13:01:04Ich habe mir die verlinkten Instagramm-Beiträge und den Artikel angeschaut und habe dabei eigentlich nicht den Eindruck gewonnen, dass es darum geht, Romantasy abzuwerten. Aber das kann natürlich anders ausschauen, wenn man tiefer in die Diskussionen eintaucht.

Sowohl der (sehr spannende) Artikel als auch die Instagram-Beiträge waren gegenüber Romantasy sehr respektvoll. Aber viele Kommentare auf diversen Plattformen, die ich zur Debatte gesehen habe, waren es leider nicht.

Zitat von: Franziska am 13. Dezember 2024, 10:23:34Ich kann echt empfehlen die Artikel von Matthias Mäurer mit den Interviews mit Verlagen zu lesen. Tenor ist, HF verkauft sich gerade schlecht. Aber Fantasy insgesamt sehr gut. Es gibt hohe Vorschüsse für Romantasy. (weiß nicht ob das überall so ist). Das ist ja insgesamt was Gutes.

Die Artikel-Serie ist wirklich super interessant! Ich werde sie auch nochmal im Eingangspost verlinken.

Christopher

#17
Ich hatte die Frage in den Raum geworfen, weil ich mich an eine Diskussion vor Jahren erinnerte, in der wir versucht haben, halbwegs klare Linien zu zeichnen, was denn zu welchem Genre gehört.

Quintessenz war, dass es wenig Klarheit und wenig Einigkeit bei der Einteilung in Genres gibt. Die Genres sind eben gewachsen oder plötzlich entstanden, als es etwas "neues" gab, das scheinbar ein eigenes Genre wert ist, auch wenn man es problemlos in eine bereits vorhandene Schublade hätte stecken können.

Nur sollte man, wenn man eine Diskussion führt, schon vom selben reden. Sonst redet man aneinander vorbei ;D

Instagram etc. habe ich nicht, kann die Diskussion daher da nicht verfolgen, aber aus dem was ihr geschrieben habt, lese ich heraus, dass eben dieses aneinander vorbei reden da unter anderem passiert.


Meine Meinung als Mann und Fantasyleser dazu:
Ich hab absolut kein Problem oder Eifersuchtserscheinungen, in Bezug auf Leser, was die Romantasy angeht. Leute die an meinen Geschichten Interesse haben und auch Romantasy lesen, können völlig problemlos beides tun. Da besteht für mich keine Konkurrenz. Und für diejenigen, die nur eines von beidem lesen, hat es keinerlei Auswirkungen ob vom einem oder vom anderen nun mehr Bücher erscheinen.
Was das angeht, sehe ich da keine Konkurrenz.

Wenn man jetzt das ganze in Bezug auf die Verlage sieht, kann das anders aussehen und ich sehe, wie da der eine oder andere Verdruss empfinden kann. Aber da auf einem Genre rumzuhacken ist Blödsinn. Das ist einfach in der Buch-, Mode-, Film- oder wasauchimmer-Welt so. Es gibt Trends, die laufen gerade, und eine Zeit X später ist plötzlich etwas anderes Trend und dann läuft eben das. Und so dreht sich die Welt weiter im Kreis.

Für die Romantasy Autoren ist es jetzt natürlich ärgerlich, den Unmut anderer (unverdient) abzubekommen, aber ich denke das legt sich ganz von alleine wieder und dann ist jemand anderes das Neidobjekt. Ich würd's gelassen nehmen, mich freuen, dass es gerade gut für die Romantasy läuft, und den Rest ausblenden.
Be brave, dont tryhard.

Franziska

@Mondfräulein interessant, tatsächlich hab ich das nie so empfunden. Ich hab als Teenager von meinem Vater Erdsee von Ursula K. LeGuin empfohlen bekommen, da gibt es sowohl männl und weibl Protas und es geht nicht hauptsächlich um Schlachten. Gerade in den 70ern gab es ja schon viele sehr erfolgreiche Autorinnen, die auch auf Charakter und Beziehungen fokussierte HF geschrieben haben. Aber davon ist das Genre leider später etwas abgekommen. Die Bücher des Völker Fantasy Hipes dagegen hab ich nie gelesen. Mein Eindruck war, dass es da gerade in Deutschland diese Vermarktung nach Geschlecht des Autors gab. In den letzten 15 Jahren wurde aber auch hier immer mehr HF von Autorinnen veröffentlicht. Ich würde aber zustimmen, dass es inzwischen noch diverser geworden ist.
Das Problem mit dem Gatekeeping hab ich allerdings auch oft erlebt.  ::)
Von daher kann ich den Eindruck dass das Genre ausschließt auch verstehen.

Zu den Artikeln, ich hab es so verstanden dass diese Instagram Aktion eine Reaktion darauf war, weil die Verlage ja sagen, sie sehen keine Leser mehr für HF und die Blogger sagen wollten, dass sie da sind. Verlage richten sich aber nunmal nach Verkaufszahlen und wenn sie HF veröffentlichen, was dann nicht gekauft wird, stellen sie es halt ein...

Ich glaube ja auch viel liegt an falschen Erwartungen. Ja natürlich muss Romantasy auch ein Happy End haben. Sonst wäre es ja keine Romantasy. Das HEA definiert Romance.
Aber es ist den Büchern oft nicht anzusehen wie viel Fantasy drin ist. Wenn das Buch quasi auch ohne Fantasy Elemente funktionieren würde, kann ich schon verstehen, wenn Fantasy Leser enttäuscht sind. Andererseits hab ich auch schon die Kritik gehört, das Worldbuilding wäre zu komplex, zu viele erfundene Wörter etc während ich beim selben Buch zu wenig Worldbuilding fand, die Welt wurde mir nicht klar. Daher kann man denke ich einfach nicht alle Leser zufrieden stellen.
Ich persönlich mag halt lieber Fantasy Romance als Romantasy, das wird aber hier nicht vermarktet.

Amanita

#19
@Guddy, nein, nur anekdotische Evidenz aus 20 Jahren in Fantasyforen. Keine Ahnung, ob zu sowas Studien durchgeführt werden, aber möglich ist das wohl schon. :hmmm:

Danke, @Franziska, etwas in diese Richtung wollte ich auch schreiben.
Zitat von: FranziskaGerade in den 70ern gab es ja schon viele sehr erfolgreiche Autorinnen, die auch auf Charakter und Beziehungen fokussierte HF geschrieben haben. Aber davon ist das Genre leider später etwas abgekommen.
Damals gab es wirklich schon mal einige Autorinnen, die Fantasy- und SciFi-Bücher geschrieben haben, in denen Frauen neue Rollen einnehmen durften, Geschlechterdynamiken hinterfragt wurden usw. und die waren doch auch relativ erfolgreich. Octavia Butler, Mercedes Lackey, Marion Zimmer-Bradley... An manches davon wurde ich von meiner auch Fantasy-interessierten Mutter herangeführt und über manches bin ich auch nur über FILK-Videos auf YouTube gestolpert...

In den 90ern und 2000ern ist diese Richtung aber irgendwie wieder verlorengegangen, statt Experimenten bei Gesellschaftsformen gab es das "gute alte" Patriarchat und alles andere wurde als "unrealistisch" abqualifiziert. Dazu dann von der anderen Seite ausgehend die Sorge, dass das Beschreiben alternativer Gesellschaftsmodelle jemanden vor den Kopf stoßen könnte und das sieht man häufig in den seitdem erschienen Fantasy- und SciFi-Büchern. Dazu dann auch diese endlosen Diskussionen um "Mary Sues" und "Strong Female Characters", die angeblich so schlecht sind und dass so getan wird, als ob es Raketenwissenschaft wäre, eine weibliche Figur vernünftig zu schreiben. Das haben die Autorinnen früher schonmal ganz unkompliziert hingekrieg.
Ich finde diese Entwicklung sehr schade, denn ich mag viele dieser alten feministischen Fantasybücher, aber natürlich hat sich seitdem von den Einstellungen her einiges geändert und ich würde mir wünschen, wenn es Vergleichbares auch wieder aus der modernen Perspektive geben würde.

Maja

Ich denke, für den Erfolg - oder aktuell Nicht-Erfolg - in der High Fantasy muss man sich nicht nur anschauen, welche Bücher gerade erscheinen, sondern, welche es nicht tun. "A Song of Ice and Fire" liegt seit Jahrenden auf Eis, der langerwartete nächste Band "Winds of Winter" ist ohne Erscheinungstermin. Ähnlich sieht es aus bei dem ebenfalls sehnsüchtig erwarteten nächsten Buch von Patrick Rothfuss. Die großen internationalen Fantasy-Reihen sind ins Trudeln geraten, da kommt auch Brandon Sanderson allein nicht gegen an.

Da fehlen gerade einfach die Zugpferde, um den Hype-Train wieder ans Rollen zu bekommen, und in dieses Vakuum rein kommen jetzt echt erfolgreiche Romantasy-Titel mit ihrer eigenen Leser:innenschaft. So bleibt die Fantasy lebendig, auch wenn das jetzt ganz andere Bücher sind, als man vor sich zwanzig, vielleicht auch noch zehn, Jahren unter Fantasy vorgestellt hat.

Ich denke, @Mondfräulein hat ein wahres Wort geschrieben zum Thema "ausgereifte Charaktere". Ich lese ja gern Romantasy, ohne gesteigerten Wert auf die Liebesgeschichten zu legen, aber es gefällt mir, dass die Figuren ausgefeilt und lebendig sind. Nicht, dass ich das nicht in vielen guten High Fantasy-Büchern auch bekommen hätte - aber hier komme ich eben trotzdem auf meine Kosten, und die Figuren sind mir wichtiger als die epschen Schlachten. Wirklich, mit Schlachten habe ich es nicht. Darum war meine eigene, gefloppte, Reihe auch mehr ein Kammerspiel, das sich um die vier Hauptpersonen und ihre Beziehungen untereinander drehte. Was einfach nicht das war, was die High Fantasy-Fans lesen wollten.

Die High Fantasy seit den Neunzigern ist allerdings, da muss ich @Amanita widersprechen, durchaus reich an interessanten Frauenfiguren, und die Bücher drehen sich nicht nur um die tapferen Streiter, die dann die vollbusigen Schönheiten abführen (das wäre eher die Fantasy der Siebziger). Im Gegenteil - diese Bücher propagierten oft ein unrealistisches Frauenbild an over-toughen Kämpferinnen, die echt allesk können und jeden in die Tasche stecken und die sich keinerlei Schwäche erlauben durften aus Angst der Autoren, sie könnten sonst als Frauenfeinde rüberkommen (hat mir in den 90ern ein befreundeter Autor echt so erklärt - er hat alle Frauenfiguren auf einen Sockel gehoben, dass sie in ihrer Perfektion schier unerträglich waren, und da war er in der Zeit nicht der Einzige). Es ist eine Entwicklung der letzten Jahre, dass auch weiblichen Figuren wieder Schwäche und Verletzlichkeit erlaubt wird, damit sie neben den deutlich ambivalenteren Männerfiguren nicht wie Abziehbilder rüberkommen.

Ich denke, was wir jetzt brauchen, ist nicht die Rückkehr der Guten Alten Zeit der High Fantasy - aber High Fantasy für unsere Zeit, die aus dem lernt, was die Romantasy richtig gemacht hat. Figuren erschaffen, die einen als Leser:in und Mensch berühren. Ob mit Romanze oder ohne - man kann die Genres miteinander verheiraten und etwas Neues draus aufstehen lassen. Fantasy muss sich weiterentwickeln dürfen. Und ich denke nicht, dass "Winds of Winter", wenn es denn irgendwann mal erscheinen sollte, das Genre noch retten wird. Das Buch hat seine Zeit überlebt und kommt, minimum, zehn Jahre zu spät. Aber eine Hybrid-Fantasy, die das Beste aus beiden Welten vereint - dafür könnte es einen Markt geben, denke ich.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Franziska

#21
Noch dazu kommt eben, dass Reihen die beendet wurden, nicht komplett übersetzt werden. Beispiel Die First Empire Reihe von Michael J. Sullivan. Da wurden 5 von 6 Bänden übersetzt...

Aber mir fehlte bei der ursprünglichen Diskussion auch etwas der Blick über die Bestseller hinaus.
Gerade übernehmen Verlage wie Panini oder CrossCult die Übersetzung von Büchern wie Jasmin Thron, Hell followed with us, etc...


Bisher mochte ich vor allem Paranormal Romance, von Ilona Andrews zum Beispiel, da hat man dann weniger Worldbuilding nötig. Die Debatte scheint auch ähnlich gerade im englischen Raum zu laufen, jeden Falls sah ich gerade einen Post einer Autorin, sie hätte bei ihrem Romantasy Buch einen Lektor, der sich mit Fantasy auskennt und einen für Romance. Das wird wihl leider eher zu teuer sein.

Brillenkatze

Mir ist erst kürzlich »Eine kurze Geschichte der Fantasy« von Farah Mendlesohn und Edward James in die Hände gefallen. Dort geht es um Fantasy vom Mythos an bis 2010. Die neusten Entwicklungen werden leider nicht mehr verzeichnet. Es wird vor allem der englischsprachige Raum untersucht.
Jedenfalls gab es in der Fantasy schon immer Wellen und Trends, Subgenres stiegen auf, wurden »erfunden«, wurden in anderen Stories kommentiert, neu interpretiert, im Storytelling anderer Autor*innen kritisiert und komödiantisch auf die Schippe genommen, stiegen ab, nur um ein Jahrzehnt später verändert wieder zu boomen.
Das könnte der Romantasy auch passieren, sofern Verlage das zulassen.

Und ja, Genres abzugrenzen kann schwierig werden, solange keine inhaltlichen Daumenschrauben angelegt werden. Manche älteren Bücher/Reihen schwanken z.B. zwischen Fantasy, Science Fantasy und Science Fiction, die kann man wohl so oder so zuordnen/lesen.

Fantasy kann Romance, keine Frage, konnte sie schon immer. Alte Klassiker erfüllen durchaus auch die Kriterien von Romantasy, nur dass damals noch niemand an das Label gedacht hat. Aber Fantasy kann auch noch so viel mehr und anders. Wild, bunt, innovativ, mit miesem Ende.

Was ich schade/bedenklich finde, ist die erwähnte Ablehnung von allem anderen und der Hype(r)focus seitens Verlagen und Agenturen, das nehme ich als Singleshaming wahr. Der Trend kommt dann auch in meiner Bücherei an, und anderes, altes wird aussortiert. Was bleibt, ist gefühlt Regalweise Romantasy. :versteck:

Wenn der Plot um Romantik kreist, die gesamte Geschichte komplett darauf aufgebaut und das Happy End vorgeschrieben ist, stelle ich mir die Frage, inwiefern mit Romantasy nun das (patriarchale) Narrativ gefördert wird, gerade Frauen seien nur vollwertige Menschen, wenn sie sich um eine Beziehung zu einem anderen Menschen bemühen, eine Beziehung pflegen, diese Beziehung dann womöglich auch noch möglichst lang bestand haben und monogam geführt werden soll, und wehe, wenn sie auseinander geht, dann ist das das größte Drama auf Erden. Ich gestehe, ich lese keine Romantasy, ich kann es nicht beurteilen. Ich fände die Meinung von Leser*innen des Genres dazu interessant.  :hmmm:

Dadurch, dass ich auf meiner Suche gerade verzweifle, habe ich mir verstärkt Gedanken gemacht, was mich an Fantasy-Büchern überhaupt interessiert. Mich interessiert an Fantasy (egal ob High, Low, Urban, Dark ect.) primär das Worldbuilding, durchaus mit Science Fantasy-Ansatz im Magiesystem und möglichst diversem Ansatz bei den Wesenheiten. Dann kommen die Einzelfiguren, die mich interessieren sollten, wobei ich Charakterentwicklung nicht superior zu stabil aber tiefgründig/nicht stereotyp sehe. Figuren lösen Probleme auf ihre einzigartige Art, das ist spannend genug, finde ich. Dann habe ich gern noch den Punkt Witz/Kritik drinnen, ob es ernste Kritik am Patriarchat oder an vorherrschenden Beziehungsstrukturen ist oder das Fantasy-Genre an sich parodiert wird, oder innovativ mit Tropes gespielt wird. Und als vierten Punkt mag ich auch eine gewisse Unsicherheit, wie alles ausgeht, wie sich die Geschichte entwickelt. Manchmal abhängig von meiner persönlichen Tagesform und dem Setting der Geschichte – je düsterer die Geschichte, desto lieber lese ich ein Happy End. Mir geht es nicht um Romantik.

Ich habe das Suchen zwischen all den Romantasybüchern (und Horror-/Dark Fantasy- und Academia-Romanen), die neu in meiner Bücherei auftauchen, aufgegeben und gehe verstärkt die Sachbuchabteilung heimsuchen. Für mich auch ein Gewinn. Oder suche mir ältere Fantasy-Bücher, gehe zum Sci-Fi-Regal rüber ... Was nicht für bessere Lesezahlen bei neuen »Nicht-Romance«-Fantasy sorgt, schuldig im Sinne der Anklage.
Für mich sieht im Bücherregal von den Covern und den Titeln gerade aber auch alles gleich aus, die Filterfunktion spuckt bei »High Fantasy« leider auch nur Romantasy mit High Fantasy-Setting aus und ich verzweifle daran, 20 Büchern durchzugucken oder durchzuklicken, nur um (vielleicht) endlich ein Buch zu finden, bei dem Liebe und Herz und die Beziehung des Lebens mich nicht gleich anspringen. :-\

Romantasy zielt mit dem Schwerpunkt Romantik auf eine bestimmte Art von Leser*innen ab, von denen die Verlage gerade wissen, wo diese abzuholen sind. Bei TikTok und Instagram lässt sich gut hypen und Geld verdienen. Ob diese Leser dann auch andere Fantasy-Subgenres lesen, oder streng bei Romantasy bleiben, ist eine andere Geschichte.
Es ist schön, dass Leute überhaupt lesen und das Lesen für sich entdecken.
Ich hoffe nicht, dass das Subgenre Romantasy ganz verschwindet, aber dass der Trend irgendwann auch wieder nachlässt.
"But have you ever noticed one encouraging thing about me, Marilla? I never make the same mistake twice."
"I don't know as that's much benefit when you're always making new ones."
- Anne of Green Gables, Lucy Maud Montgomery

Mondfräulein

Zitat von: Brillenkatze am 14. Dezember 2024, 10:45:10Wenn der Plot um Romantik kreist, die gesamte Geschichte komplett darauf aufgebaut und das Happy End vorgeschrieben ist, stelle ich mir die Frage, inwiefern mit Romantasy nun das (patriarchale) Narrativ gefördert wird, gerade Frauen seien nur vollwertige Menschen, wenn sie sich um eine Beziehung zu einem anderen Menschen bemühen, eine Beziehung pflegen, diese Beziehung dann womöglich auch noch möglichst lang bestand haben und monogam geführt werden soll, und wehe, wenn sie auseinander geht, dann ist das das größte Drama auf Erden. Ich gestehe, ich lese keine Romantasy, ich kann es nicht beurteilen. Ich fände die Meinung von Leser*innen des Genres dazu interessant.  :hmmm:

(Vorab: Es gibt natürlich auch queere Romance. Außerdem gibt es immer mehr Romances mit Poly-Beziehungen, denn ein Happy Ever After/Happy For Now schließt das nicht aus. aber in diesem Beitrag beziehe ich mich vor allem auf die "klassische" monogame Mann-Frau-Romance, weil auch die ihren Platz in der Literatur verdient hat.)

Hier muss ich wirklich widersprechen, weil ich das Gefühl habe, dass hier Romance als grundsätzlich sexistisch abgewertet wird. Dass Romance immer ein Happy Ever After/Happy For Now haben muss, liegt nicht daran, dass Frauen ohne Beziehung keine vollwertigen Menschen sind. Einige Romance-Bücher widersprechen diesem Narrativ zum Beispiel auch explizit und entschieden (z.B. Funny Story von Emily Henry). Es geht eher darum, warum man ein bestimmtes Buch liest. Wenn ich Romance lese, weiß ich genau, auf welche emotionale Erfahrung ich mich einlasse. Auf dem Weg gibt es eine Menge Herzschmerz und Emotionen, aber ich weiß, dass am Ende alles positiv aufgelöst wird und ich das Buch mit einem positiven Gefühl verlasse. Weil ich weiß, wie es ausgeht, kann ich mich emotional voll auf die Geschichte einlassen und mitleiden. Ich persönlich greife zum Beispiel zu Romance, wenn in meinem Privatleben oder im Weltgeschehen so viel los ist, dass ich jetzt nicht auch noch ein Buch brauche, in dem ich nicht weiß, ob alles gut wird. Ich lese auch Bücher ohne HEA oder ohne garantiertes HEA, aber bei Romance weiß ich einfach, dass mich das Buch emotional ablenkt, ohne mich weiter runterzuziehen. Ich liebe auch Bücher mit tragischem Ende, aber dafür bin ich nicht immer in der richtigen Stimmung.

Romance ist ein sicheres Leseerlebnis. Und das erlaubt es mir auch, mich mehr auf die Gefühle im Buch einzulassen. Wenn ich mich nicht sorgen muss, ob am Ende alles wieder gut wird und ob das Pärchen wieder zusammen kommt, dann kann ich mich mehr auf die emotionalen Tiefs einlassen, denn ich weiß ja, dass mich das Buch da auch wieder hinausziehen wird. Das ist ein wenig wie bei einer Achterbahnfahrt: Die macht nur Spaß, weil ich weiß, dass ich nicht wirklich in Gefahr bin. Eine Achterbahnfahrt, bei der der Sicherheitsbügel versagt, ist wahrscheinlich für niemanden eine schöne Erfahrung, auch wenn am Ende nichts passiert. Und zum Fokus auf Romance im Plot: Wenn man sich richtig auf eine Liebesgeschichte einlässt, ist es manchmal einfach frustrierend, wenn da Pärchen dann nur ein oder zwei schöne Szenen zusammen hat. Das ist wie eine viel zu kleine Portion, nach der man immer noch Hunger hat. Das ist ja auch einer der Gründe, warum Menschen Fanfictions schreiben. Romance will eine vollwertige Mahlzeit sein, die gut schmeckt und satt macht.

Noch dazu setzen sich Romance und Romantasy häufig mit sehr feministischen Themen auseinander. Ali Hazelwood zum Beispiel thematisiert in ihren Büchern den Sexismus, dem Frauen in der Wissenschaft (besonders in MINT-Fächern) begegnen. Romance ist eben ein vor allem von Frauen dominiertes Genre. Größtenteils schreiben hier Frauen für Frauen. Mir fällt kein anderes Genre, das Frauen so sehr in den Mittelpunkt rückt. (Klar können das auch andere Genres, es gibt sehr feministische Fantasy-Bücher, aber in dem Genre gibt es eben auch das genaue Gegenteil.) Sicher sind einige Romance-Bücher sexistisch und bedienen Klischees und alte Rollenbilder, aber das ist in ausnahmslos allen Genres der Fall. Die Frauenfeindlichkeit in vielen Büchern ist kaum zu ertragen. Es ist nichts Feministisches daran, monogame Beziehungen kategorisch abzulehnen, genauso wie nichts sexistisch daran ist, so eine Beziehung zu führen. Ich stimme absolut zu, dass es problematisch ist, dass diese Norm in unserer Gesellschaft so streng vorherrscht und nichts anderes zulässt, aber das lösen wir nicht, indem wir sie durch eine neue Norm ersetzen.

Viele Vorstellungen von Beziehungen haben wir ja auch durch die Geschichten, die wir konsumieren, seitdem wir klein sind. Viele Menschen wollen aber nunmal eine Beziehung, auch wenn ich hier absolut für Wahlfreiheit und ein gleichberechtigtes Nebeneinanderexistieren verschiedener Beziehungsformen bin. Viele der Romance-Bücher, die ich lese, vermitteln sehr gesunde Vorstellungen von Beziehungen und neben all den toxischen Ideen, die unsere Gesellschaft leider immer noch von Beziehungen hat, ist es finde ich wichtig, dass gezeigt wird, wie es auch funktionieren kann. Gerade im Romance-Bereich habe ich zum Beispiel auch sehr gute Aufarbeitungen von toxischen Beziehungen gesehen.

Vieles wird meiner Meinung nach auch nicht mit den nötigen Nuancen diskutiert. Beispielsweise Fourth Wing: Die Protagonistin schmachtet dem Love Interest wahnsinnig hinterher. Wenn man das nicht mag, hat man wahrscheinlich keinen Spaß an dem Buch. Man mag kritisieren, dass die Autorin sich zu sehr auf körperliche Anziehung fokussiert, aber auf der anderen Seite wird es Frauen in Büchern häufig nicht erlaubt, jemanden so offen heiß zu finden. Es gab zu lange das Ideal der naiven Jungfrau, die nur auf jemanden wartet, der sie sexuell erweckt. Zum anderen ist die Protagonistin eine Frau mit Behinderung und denen wird Sexualität oft komplett abgesprochen. Ist das jetzt also Übersexualisierung oder feministisch? Da gibt es finde ich keine einfache Antwort drauf. Aber Romance ist per se nicht sexistisch, sondern teilweise sogar sehr fortschrittlich und feministisch. Und dabei beziehe ich mich nicht auf wenige kleine Titel, sondern auf Autorinnen wie Ali Hazelwood und Emily Henry, die im Genre zu den Spitzenautorinnen gehören.

Valentina

ich finde den Schluss von @Maja gut, dass das Genre eben weiterentwickelt wird und jetzt Platz gibt für Romantasy, aber eben auch für neu geartete (High) Fantasy. Die Menschen sind ja auf der Suche nach "dem neuen Game of Thrones", "dem nächsten großen Ding", (gerade probieren sie es mit Dune), nur gibt es das eben noch nicht. Und ich bin mir sicher, dass diese Geschichte(n) dann einen weiten Bogen schlagen werden, wenn es so weit ist.
"Selbst die Dunkelheit muss vergehen. Ein neuer Tag wird kommen. Und wenn die Sonne wieder scheint, wird sie umso heller strahlen." - J.R.R. Tolkien

Amanita

@Valentina, ich hoffe auch, dass so etwas in näherer Zukunft kommt. Wie ich oben schon geschrieben habe, es braucht mal wieder "ein neues großes Ding", das viele Menschen inspiriert und begeistert.

@Brillenkatze, mir geht es ganz ähnlich wie dir. Sowohl was die Suche nach Lesematerial angeht, als auch mit der Skepsis wegen der Romantik-Fokussierung.

@Mondfräulein, danke, dass du dir so viel Zeit genommen hast zu erklären, warum man die Romantasy aus feministischer Perspektive auch positiv sehen kann. Den Punkt mit dem HappyEnd und dem Wunsch nach einem sicheren Leseerlebnis, kann ich gut nachvollziehen. Ich finde es auch auf jeden Fall positiv, dass TikTok in diesem Bereich Leute dazu animiert, Bücher zu lesen, denn häufig wird ja eher befürchtet, dass die sozialen Medien davon eher ablenken und auch die Bereitschaft verringern, sich mit längeren Texten zu befassen. Dass es ein Genre ist, dass mich eher weniger anspricht, ist aus meiner egoistischen Perspektive natürlich nicht so ideal, aber vielleicht sollte ich ihm dochmal eine Chance geben, wenn es nicht immer darauf hinausläuft, dass das Ziel der Frauen nur darin besteht, einen Mann zu finden und mit ihm Kinder zu bekommen und nur Männern andere Ambitionen zugestanden werden.

Mit Blick auf die epische Fantasy kann ich mir ansonsten auch gut vorstellen, dass die Tendenz, dass Serien nicht beendet werden, auch nicht unwesentlich dazu beiträgt, dass Leute zögerlicher sind, wenn es darum geht, eine neue Serie anzufangen. Bei Harry Potter war ja die Vorfreude auf die neuen Bände und das gemeinsame Spekulieren darüber ein großer Teil des Hypes, aber das funktioniert eben nur, wenn auch zuverlässig innerhalb einer endlichen Zeitspanne neue Bände kommen. Gerade Song of Fire and Ice ist da ja das große Negativbeispiel. Das ging ja ungefähr zur selben Zeit wie Harry Potter los und ist immer noch nicht zu Ende, der letzte Band kam wohl 2011 raus. Dafür habe ich ehrlich gesagt auch wenig Verständnis. Gerade als Profi ist es halt auch mal Teil des Jobs sowas zu Ende zu bringen. Sowas sehe ich durchaus auch als Zeichen von geringer Wertschätzung gegenüber den Fans.
Aber auch bei weniger bekannten Serien passiert das immer wieder. Im Artikel wurden ja glaube ich auch ein paar Beispiele genannt und ich hatte selbst neulich auch eins. Mal noch ein Buch gelesen, dass ich vor ein paar Jahren gekauft habe, Ende recht offen und anscheinend der erste Band einer Serie, die eingestellt wurde. Das Buch hat seine nicht unerheblichen Schwächen, aber ich fand es interessant genug, dass ich weitergelesen hätte, aber geht halt nicht. Sowas ist dann eben auch eine unbefriedigende Leseerfahrung, auch wenn natürlich häufig auch die Verlage dafür verantwortlich sind.