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Landschafts-/Szeneriebeschreibungen

Begonnen von Falckensteyn, 17. April 2008, 20:23:28

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Falckensteyn

Guten Abend allerseits

Eines meiner grossen Probleme beim Schreiben ist die Frage der Landschafts-/Szeneriebeschreibungen in meinen Texten. Oft reisen meine Personen in der Welt umher, erreichen sonderbare oder auch normale Orte. Hier bin ich oft unschlüssig und ratlos, was ich genau beschreiben soll. Wo zuwenig und wo zuviel beschrieben wird.

Deshalb habe ich mich - nach Rücksprache mit den Moderator/inen - entschlossen, einen Beitrag hierzu zu veröffentlichn. Ich möchte gerne probeweise ein Foto (von mir selbt gemacht) anhängen und interessierte Leser/Innen darum bitten, ihre konkreten Beschreibungsvorschläge hier zu machen. Ich werde es selbst auch versuchen.

Man kann sich das so vorstellen, dass innerhalb des Plots eine Reisegruppe dieses Bild/diese Landschaft vor sich findet. Sie soll nun beschrieben werden. Ob bloss in groben Zügen oder wunderbar detailliert? Ich bin gespannt. Hier ist das Bild:



Vielleicht können wir das auch mit anderen Bildern noch tun. Ich bin jedenfalls gespannt und hoffe, dass es mir die eine oder andere Erkenntnis liefern wird.

Beate

Die Gruppe war den Bergen zum Greifen nahe gekommen, doch einige bewaldete Hügel mussten sie noch überwinden, ehe sie wirklich an ihrem Ziel waren. Jetzt setzten sie sich jedoch erst einmal in das Berggras, umgeben von einigen Nadelbäumen, die nicht mehr als Wald zu bezeichnen waren, sondern nur noch in einzelnen Grüppchen hier und da herumstanden. Das Gelände war geprägt von Felsbrocken, die noch nicht vom Moos überwachsen waren, und den kleinen, mehr kriechenden, halbhohen Sträuchern, die den Temperaturen und Winden hier oben trotzten. Das Gras, auf dem sie sich nun niederließen, erinnerte stark an Heu, war es durch den lange ausbleibenden Regen doch bereits getrocknet.
Die Bergwand vor ihnen wurde von der Sonne beleuchtet und deutlich konnten sie die Schneefelder und die Waldgebiete erkennen. Doch bevor sie sich durch dieses unwegsame und unfreundliche Gebiet wagen würden, ließen sie sich auf dem kargen, mit Steinen übersäten Boden nieder, um sich an Brot und Wein zu stärken.


--> Mir ist jetzt natürlich nicht bewusst, ob die Chars wirklich zu den Bergen wollen und ob sie Brot und Wein dabei haben. Aber falls ja, würde ich es wohl so in etwa beschreiben. Zu viel Details würde ich nicht reinbringen, da v.a. die Stimmung wichtig ist. Wenn jeder Stein und jeder Ast genau beschrieben wird, wirds langweilig - und wichtig ist es für die Handlung wohl nicht. Außer natürlich sie müssen diesen einen, ganz besonderen Stein finden, der ... ;).

Ist natürlich alles nur meine Meinung.

Coppelia

Ich könnte jetzt keinen Text dazu schreiben (und hab auch eh genug Texte für meine eigenen Sachen zu schreiben ;)), solante ich nicht weiß, wie das Klima dort ist. Denn eine Landschaft sieht natürlich irgendwie aus, aber viel wichtiger ist meiner Meinung nach doch, wie sie sich anfühlt, wie sie riecht usw. Es ist ein großer Unterschied, ob der Boden feucht, gefroren oder trocken ist, weil das den Geruch der Landschaft verändert, genauso ist es mit dem Wetter. Ist der Wind schneidend, wärmt die Sonne usw.? Solange man das nicht in einem Text verarbeitet, fällt es meiner Meinung nach schwer, sich darin "einzufühlen".

Lisande

Oh Mann... ich sollte arbeiten, nicht tolle Bilder anstarren!  *seufz*

Aber mir geht es wie Coppelia, ich würde bei der Beschreibung sehr auf die Witterungsbedinungen eingehen. Das trockene Gras und der Dunst über dem Tal lässt mich an Spätsommer denken - da könnte man dann zum Beispiel darauf abstellen, dass das Gras zwar von der Sonne verbrannt ist, die Luft aber trotzdem viel frischer und angenehmer ist als unten in den stickigen Tälern. Die Luft ist dünner, das Atmen fällt schwerer, aber der Blick auf die schroffen, schneebedeckten Felsen über den dunkelgrünen Tannwäldern entschädigt für jede Anstrengung, die es gekostet hat, diesen Ort zu erreichen - so in der Art.

Lavendel

Ich stimme Coppelia und Lisande ebenfalls zu. Es ist das aller wichtigste, zu beschreiben, wie sich die Landschaft anfühlt, anhört und wie sie riecht. So erzeugt man am zuverlässigsten Bilder.

Ein anderes Problem hat Beate ja schon festgestellt, als sie versucht hat, eine Beschreibung zu liefern.

ZitatMir ist jetzt natürlich nicht bewusst, ob die Chars wirklich zu den Bergen wollen und ob sie Brot und Wein dabei haben. Aber falls ja, würde ich es wohl so in etwa beschreiben.

Tatsächlich wissen wir nichts über den Plot. Es ist problematisch, eine Landschaft komplett losgelöst von einer Handlung zu beschreiben. Es passiert dann schonmal leicht, dass man selbige aus den Augen verliert, d.h. die Szene läuft Gefahr zäh und langweilig zu werden.

Falckensteyn

#5
Danke für eure aufschlussreichen Antworten. Ein sehr wertvoller Hinweis, vor allem das "Gefühlte" und die Empfindungen zu beschreiben. Gibt es für euch auch Situationen, in denen ihr euch auf die nackte Beschreibung der Umgebung beschränkt?

Beates Beschreibung ist sehr interessant, danke sehr!

Das Bild habe ich probeweise ausgewählt. Es ist nicht als Teil eines Plots zu verstehen. Aber gut, um es genauer zu präzisieren könnte der Plot sich so gestalten: Die Gruppe befindet sich auf einer langen Reise und will dort rasten. Nichts weiter. Es ist kein vereinbarter Treffpunkt und kein Hinterhalt.

Apropos, das Foto stammt vom Stanserhorn, ca. auf 1900 MüM. Es wurde anfangs August gemacht, es war knapp 20 Grad warm, der Wind blies sanft aber kühl (sofern ich mich richtig entsinne). Die Bodenverhältnisse waren an schattigen Stellen nass, da es ein paar Tage zuvor intensiv regnete.

Edit: Ich muss die Beschreibung am Nachmittag in Angriff nehmen, weil vom Geschäft aus habe ich keinen Zugriff auf mein eigenes, hochgeladenes Bild. Ich HASSE diese Art von Zensur!

Grey

Es gibt keine "nackten" Bechreibungen, zumindest nicht, wenn die Beschreibung natürlich wirken soll. Der Mensch ist schließlich ein multisensorischer Organismus. Und da beim Sich-Vorstellen von Dingen die gleichen Hirnareale aktiv sind wie bei der tatsächlichen Wahrnehmung, ist eine Beschreibung, die sich nur auf die visuelle Komponente beschränkt, sehr unvollständig und wird schwerlich ein lebendiges Bild beim Leser erzeugen.

Das nur als kleinen neurobiologischen Denkanstoß ;)

felis

#7
Ok - ich mach mal ohne die Antworten der andreren gelesen zu haben:

"Sie näherten sich der Baumgrenze. Der Wald hatte sich gelichtet und die Bäume wurden niedriger. Der Herbst kam früh hier oben. Das Gras war gelblich verdorrt und die letzten kleinen Birken, die sich in diese Höhe vorgewagt hatten, trugen ihr braunes Herbstkleid.
Das klare Wetter erlaubte einen großartigen Blick auf den Hauptkamm. Noch waren die Hochalmen schneefrei, aber lange würde es sicher nicht mehr dauern. Sie mussten sich beeilen, Für dieses Jahr war es vermutlich ihre letzte Chance, hinüber zu kommen."

(Ich hab der Landschaftsbeschreibung natürlich auch einen Zweck untergejubelt, wie ihr wahrscheinlich merkt.  ;)

Edit: nachdem ich die Kommentare gelesen habe, stelle ich fest, dass ich mit meiner geratenen Jahreszeit und Höhenlage durchaus richtig gelegen habe. Hatte aber auch vermutet, dass das Bild aus den Alpen ist.

@Coppi, ich finde über das Klima sagt das Bild eine ganze Menge aus (wenn man die Alpen kennt zumindest).
Beschreibungen mach ich im Regelfall zweckgebunden. Hier habe ich einen Erzähler unterstellt, der über die Berge rüber will, und was ihm, bie diesem Anblick durch den Kopf gehen könnte.

Falckensteyn

So, und das wäre meine spontane Beschreibung eingebaut in einen "möglichen" Plot:

Ihr Marsch führte sie steil den Bergkamm hinauf. Bereits nach einer Stunde waren alle erschöpft. Sogar Fritz, der am Morgen noch ein rasches Marschtempo anschlug, blieb keuchend auf einer sonnigen Anhöhe stehen und wischte sich die Schweisstropfen von der Stirn. Das Gelände fiel in nördlicher Richtung steil ab. Hier oben wirkte die Landschaft karg und ausgetrocknet. Vereinzelte schlanke Tannen standen inmitten herbstlich gefärbter Sträuchern. Sanft bogen sie sich im Wind. Es war nicht kalt, denn die Herbstsonne schien noch immer mit viel Kraft. Den drei Pilgern bot sich eine prächtige Aussicht über das Tal der Einsiedler. In der Ferne war deutlich das An'ary-Bergmassiv zu sehen. Fritz entledigte sich seines Rucksacks und rief begeistert: "Lasst uns hier rasten, ja?"
Hans nickte und sagte: "Ein Bierchen wäre ganz gut!"