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Schreib-Bar, der Quasselthread für Tippjunkies

Begonnen von gbwolf, 07. April 2008, 09:22:21

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Christopher

Ja, Szenen killen kann ganz gut tun. Wenn man viel Abstand davon bekommen hat, merkt man einigen an, dass sie keinerlei Mehrwert haben. Es tut zwar weh, weil man gerade diese Szenen oft mag, aber wat mut dat mut  :seufz:
Be brave, dont tryhard.

Tinnue

Das ist es ja. Die ist an sich wirklich nett zu lesen, aber es ginge auch völlig ohne - und das war dann für mich der entscheidende Gedanke. Wenn ich eine Szene, einen Absatz, eine Seite, ein Kapitel auch einfach auslassen kann, ohne dass es weitreichende Folgen hat für die Handlung, dann kann ich das auch einfach so tun. Dann war sie leider unnötig. Aber es war schön, sie damals zu schreiben. Und Ersatz ist da, der auch viel besser zu Ereignissen passt, die später passieren.

Siara

#19007
@Sunflower: Ja, dem Thread zum Worldbuildung habe ich mir gestern schon mal angesehen, danke. :) Wenn ich ein bisschen weiter bin, wird der sicher noch mal zum Einsatz kommen. Irgendwie war das mit der Welt im ersten High Fantasy Projekt, bei dem ich noch absolut keine Ahnung von nichts hatte, bedeutend einfacher. ::)

@Familie: Stimmt, intakte Familien gibt es gerade in Fantasy Romanen - aber auch in anderen Büchern - wirklich nur extrem selten. Komisch eigentlich, wenn man bedenkt, dass ein sicheres Elternhaus im Grunde ja kein Hindernis für eine spätere Katastrophe ist. Aber vielleicht liegt es an den Charakteren und daran, was eine "perfekte" Familie mit ihnen macht? Sind auf die ein oder andere weise schon von Kindesbeinen an kaputte Charaktere wirklich interessanter?

@Tinnue: Oh ja, sowas tut immer weh. :seufz: Wobei ich sagen muss, dass ich das mit dem Mehrwert inzwischen nicht mehr ganz so eng sehe. Natürlich sollte die Geschichte am roten Faden des Plots auf das Ende zulaufen und nicht ständig überall aufgeplustert werden, nur weil die ein oder andere Szene gerade ganz nett ist. Aber wenn es eine wirklich, wirklich besondere Szene ist (ob nun besonders gefühlvoll oder besonders lustig oder auf andere Weise schön zu lesen), lasse ich sie auch mal drinnen. Denn am Ende geht es ja um eine gelungene Geschichte, und wenn die Szene unterhält und beim Lesen Spaß macht, sehe ich keinen Grund, nicht mal eine Ausnahme zu machen. Meistens geht es ja um ein paar wenige Seiten und nicht gleich um ganze Kapitel.

Inzwischen habe ich darauf mal bei anderen Büchern geachtet und bin mehr als einmal fündig geworden. Gestört haben mich diese Szenen, selbst wenn sie nicht vollkommen wichtig waren, nie.
I'm going to stand outside. So if anyone asks, I'm outstanding.

Christopher

Naja, Folgen für die Handlung muss etwas nicht unbedingt haben. Es kann auch genug sein, wenn die Szene Freude macht. Finde ich zumindest. Ich lese auch gerne schöne Szenen, ohne dass sie zwangsweise die Handlung voranbringen.
Aber manchmal isses eben doch besser ohne diese eine Szene.
Be brave, dont tryhard.

HauntingWitch

@Tinnue: Oh nein, das ist fies. Fühl dich gedrückt.  :knuddel:

Zitat von: Siara am 14. Dezember 2014, 18:30:58
@Familie: Stimmt, intakte Familien gibt es gerade in Fantasy Romanen - aber auch in anderen Büchern - wirklich nur extrem selten. Komisch eigentlich, wenn man bedenkt, dass ein sicheres Elternhaus im Grunde ja kein Hindernis für eine spätere Katastrophe ist. Aber vielleicht liegt es an den Charakteren und daran, was eine "perfekte" Familie mit ihnen macht? Sind auf die ein oder andere weise schon von Kindesbeinen an kaputte Charaktere wirklich interessanter?

Diese Theorie vertrete ich ja, auch wenn ich jetzt wahrscheinlich den Mob gegen mich aufhetze. Ich persönlich habe zumindest den Eindruck, dass die meisten (für mich) interessanten Charaktere entweder eine komplizierte Kindheit hatten oder irgendwann einmal irgendetwas Krasses erlebt haben, das sie zu dem macht, was sie sind. Jene, die aus völlig intakten Verhältnissen kommen und nie etwas Schlimmes erlebt haben, erscheinen mir oft irgendwie flach. Ausnahmen vorbehalten. ;) Die Frage ist für mich daher, ob man einen flachen Charakter nicht auch später noch zu einem interessanten Formen könnte, indem man ihm eben irgendetwas Schlimmes antut. Habe ich aber noch nie versucht, ich möchte ja, dass sie von Anfang an interessant sind. :hmmm:

zDatze

Ich hab da eine Theorie zur intakten Familie: Sie ist ein Auffangnetz für den/die Prota, daher nimmt man es ihm/ihr auch weg. Nur die Abenteuerlustigen und Narren würden sich auf die Gefährliche Mission (TM) einlassen, wenn die Option bestünde zuhause zu bleiben. Aber das wäre auch schon wieder ein interessanter Cast für eine Geschichte ... oder eine Parodie. :rofl:

Das Thema Familie eignet sich aber auch ungemein gut, um die verzwickten Bande von Verpflichtungen und Erwartungen um eine Figur zu spinnen. In meinen Geschichten geht es fast nie ohne dieses Puzzleteil; es bietet einfach so viele Möglichkeiten für Konflikte. :D

Guddy

#19011
Die Charaktere, die als flach gelten, sind es mMn in den seltensten Fällen: Sie haben nur nichts Außergewöhnliches. Und das ist für mich nicht das gleiche. Nur: Über gewöhnliche Menschen zu schreiben ist in der Fantasy schon aus dem Grund eher ungewöhnlich, da es schließlich nicht selten einen Helden braucht (oder zumindest jemanden mit Potenzial), um das "Abenteuer" zu bestehen. Oder jemanden mit Biss. Ein gewöhnlicher Mensch wie du und ich... der bleibt, wie ja auch schon gesagt, eher zu Hause, wenn nicht gerade eine Katastrophe passiert, die ihn heraus reisst. Und Heldenmut? Der wächst eher und ist seltenst direkt vorhanden. Und: Man nimmt die Tatsache, dass ein Protagonist stark ist, eher ab, wenn er etwas erlebt hat, dass ihn hat stark werden lassen.
Schwache Charaktere finde ich persönlich auch blöd, muss ich ehrlich sagen. (edit: Zumindest lese ich ungerne Bücher, deren Protagonist/POV charakterlich schwach ist :) )

Issun

Zitat von: Siara am 14. Dezember 2014, 18:30:58
@Familie: Stimmt, intakte Familien gibt es gerade in Fantasy Romanen - aber auch in anderen Büchern - wirklich nur extrem selten. Komisch eigentlich, wenn man bedenkt, dass ein sicheres Elternhaus im Grunde ja kein Hindernis für eine spätere Katastrophe ist.

Ich finde "kaputte" Figuren interessant, weil in ihnen die Katastrophe gewissermaßen schon angelegt ist. Oft sind sie den Problemen, die von außen an sie herangetragen werden, nicht gewachsen, sondern verstärken sie durch ihren inneren Konflikt noch. Persönlich schreibe ich nicht gerne über unbeschwerte Figuren. Sicher wäre es spannend, darzustellen, wie jemand seine Unbeschwertheit verliert, aber das stelle ich mir ziemlich anspruchsvoll vor. So sind und bleiben meine Figuren arme Würschtel.  ;)

Lucien

Ich bin mal so frei, an dieser Stelle die intakte Familie durch eine behütete Kindheit und Jugend zu ersetzen, was ja in der Regel zumindest ein gesundes soziales Umfeld voraussetzt.  Mein Prota hat früh seine Eltern verloren und ist bei seinem Onkel aufgewachsen. Nach dessen Tod verlässt er sein Dorf, um etwas von der Welt zu sehen und stolpert geradewegs in ein Abenteuer der unschönen Art...
Und ich muss sagen, der Kerl ist echt anstrengend!  :gähn: Ich mag ihn sehr, und seine Naivität und Unschuld bietet viel Potenzial zur Entwicklung, aber bis ich ihn da habe, wo ich ihn sehen will, ist jedes Kapitel aufs Neue ein Kraftakt. Eine Nebenfigur, die eben "kaputt" ist, stiehlt ihm grandios die Show.  :wart:
Für mich bedeutet das: Der nächste Protagonist ist auf jeden Fall "kaputt".

HauntingWitch

#19014
Zitat von: Issun am 15. Dezember 2014, 14:29:19
Ich finde "kaputte" Figuren interessant, weil in ihnen die Katastrophe gewissermaßen schon angelegt ist. Oft sind sie den Problemen, die von außen an sie herangetragen werden, nicht gewachsen, sondern verstärken sie durch ihren inneren Konflikt noch. Persönlich schreibe ich nicht gerne über unbeschwerte Figuren. Sicher wäre es spannend, darzustellen, wie jemand seine Unbeschwertheit verliert, aber das stelle ich mir ziemlich anspruchsvoll vor. So sind und bleiben meine Figuren arme Würschtel.  ;)

Das unterschreibe ich mal genau so.  :)

Wie gesagt, ich frage mich, wie es wäre. Ich habe im NaNo ein bisschen herumprobiert und mir ging es gleich wie Jenny. Wobei es da zwar nicht ein Charakter aus einem kaputten Elternhaus, sondern einer mit einer kaputten Beziehung war, der dem "Langweiler" die Show gestohlen hat. Aber das ist ja auch wiederum irgendwie verknüpft. Über solche Themen könnte ich stundenlang sinnieren. Hatten wir nicht mal einen Thread darüber wie kaputt ein Charakter sein darf oder sollte? Ich meine, mich daran zu erinnern, aber ich finde ihn nicht.

Edit: Ich sehe gerade, dass ich wirres Zeug rauslasse. Ich habe ja oben gesagt, habe ich noch nie versucht. Das stimmt also nicht ganz, ich habe mit dem Versuch angefangen und dann ist er gescheitert. ;) Sorry für das Chaos, ich bin jetzt auch weg.

Siara

Stimmt, Jenny, im Grunde läuft es wirklich mehr auf die behütete Kindheit hinaus. Dass du damit gerade so schwierige Erfahrungen machst, ist interessant. (Und vielleicht wirklich ein Hinweis darauf, dass kaputte Protagonisten in der Regel besser funktionieren). Wobei die Protagonistin in meinem aller ersten beendeten Roman tatsächlich eine vollkommen behütete Kindheit hatte. Für individuell halte ich sie trotzdem, aber kaputt war sie definitiv nicht. Während der ersten Katastrophen fand ich die Entwicklung von Naivität, über Vorbilder, an die sie sich hängt, bis hin zur Stärke, die sie aus den schlimmen Erfahrungen zieht, interessant zu beobachten. In dem Fall habe ich sie als heilen Charakter kennen gelernt und selbst innerhalb der Handlung kaputt gemacht. Funktioniert auch. ;D Alles in allem stimme ich aber zu, die kaputten Charaktere sind oft einfach die stärkeren.

Zitat von: Issun am 15. Dezember 2014, 14:29:19
Ich finde "kaputte" Figuren interessant, weil in ihnen die Katastrophe gewissermaßen schon angelegt ist. Oft sind sie den Problemen, die von außen an sie herangetragen werden, nicht gewachsen, sondern verstärken sie durch ihren inneren Konflikt noch.
Das wiederum habe ich so wirklich nur sehr selten irgendwo mitbekommen. Meistens erinnere ich eher, dass die Charaktere durch die Erfahrungen in der Vergangenheit bereits abgehärtet waren, pragmatisch wurden und nicht so viel Zeit brauchten, die neuen Erlebnisse zu verwinden.
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Lucien

@Witch: Als Langweiler würde ich meinen Prota jetzt nicht unbedingt bezeichnen, aber umgeben von Elfen und Magiern und gerade neben der besagten anderen Figur ist er als "nur" Werwolf doch ziemlich ... Na, ja. Ihm fehlt noch etwas der Biss, auch wenn er kräftig zubeißt.  ::)
Ich meine mich auch an ein solches Thema zu erinnern, aber auf die Schnelle habe ich jetzt nur etwas über zu starke Protagonisten gefunden.  :hmmm:

Zitat von: Siara am 15. Dezember 2014, 15:40:30
In dem Fall habe ich sie als heilen Charakter kennen gelernt und selbst innerhalb der Handlung kaputt gemacht. Funktioniert auch. ;D
:rofl: :jau:
Darauf läuft es bei mir auch hinaus. Immerhin habe ich ihn bereits in eine tiefe Krise gestürzt und er fängt an, rebellisch zu werden. Trotzdem fällt es mir aufgrund der Startschwierigkeiten immer noch nicht leicht, ein echtes Gespür für ihn zu entwickeln.  :-\

Lothen

Zitat von: Siara am 15. Dezember 2014, 15:40:30In dem Fall habe ich sie als heilen Charakter kennen gelernt und selbst innerhalb der Handlung kaputt gemacht. Funktioniert auch. ;D
Und WIE das funktioniert. ;D

Meine letzte Prota stammt auch aus einer relativ intakten und behüteten Familie (abgesehen davon, dass ihre Mutter früh verstorben ist) - und dann kam ich. :rofl:

Aber es ist schon wahr: Die kaputten Typen ziehen sofort mehr Aufmerksamkeit auf sich. Meine Prota rückt da auch oft in den Hintergrund. Dafür könnte ich mir vorstellen, dass es bei einer/m eher "normalen" Prota einfacher ist, plot-driven zu schreiben und sich auf die äußere Handlung zu konzentieren (beim Lesen und beim Schreiben). Ein komplizierter Prota produziert schon allein durch seine Kompliziertheit neue Probleme und Konflikte und ist wahrscheinlich besser geeignet, um character-driven und über innere Handlungselemente zu schreiben. Wenn ich das mal so ganz unreflektiert in zwei Schubladen einteilen darf (dass die Realität nicht so dual ist, weiß man ja ;) ).

Ich würde gerne noch eine ganz andere Frage in den Raum werfen: Ich hab mal gelesen, dass es ein totales No-Go wäre, eine Geschichte damit zu beginnen, dass der/die Prota morgens aufwacht. ;) Seht ihr das auch so? Ich hätte nämlich eigentlich vor, meinen aktuellen Roman so zu beginnen, weil es einfach so gut passen würde. :D Aber ich will natürlich auch nicht, dass der Leser schon auf der ersten Seite genervt die Augen verdreht.

Siara

#19018
Zitat von: Lothen am 15. Dezember 2014, 20:52:57
Und WIE das funktioniert. ;D

Meine letzte Prota stammt auch aus einer relativ intakten und behüteten Familie (abgesehen davon, dass ihre Mutter früh verstorben ist) - und dann kam ich. :rofl:
Das lasse ich jetzt einfach mal so stehen und schließe mich nur mit einem diabolischen Lächeln an. :snicker:

Zu der Frage nach dem Aufwachen: Darin sehe ich absolut kein Problem. Jedenfalls würde ich kein Buch zur Seite legen, nur weil auf der ersten Seite der Protagonist aufwacht. Solange nicht die typische Morgenroutine, das Zähneputzen und trocken Toast zum Frühstück, ohne weiteren Inhalt folgt, würde ich doch abwarten, was wohl als nächstes passiert. ;D
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Lucien

Zitat von: Siara am 15. Dezember 2014, 20:56:52
Solange nicht die typische Morgenroutine, das Zähneputzen und trocken Toast zum Frühstück, ohne weiteren Inhalt folgt, würde ich doch abwarten, was wohl als nächstes passiert. ;D
Nicht zu vergessen der obligatorische Blick in den Spiegel, um dabei über das eigene Aussehen nachzusinnen.  ;D

Vielleicht sollte ich mal durchzählen, wie oft ich ein Kapitel oder eine Szene damit beginne, dass jemand aufwacht/zu sich kommt. Bei mir sind die ja alle sooo faul!  :d'oh: Aber am Romananfang habe ich das noch nicht gebracht und ich wüsste auf die Schnelle jetzt auch nicht, so etwas schon einmal gelesen zu haben.  :hmmm:
Genervt wäre ich auf jeden Fall nicht.  ;)