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Gender-gerechte Bezeichnungen in Romanen

Begonnen von Lothen, 30. Januar 2019, 13:38:50

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Minna

#45
[Edit:] Wie schon im Beitrag davor editiert:
Mittlerweile weiß ich, dass das von nicht binären Menschen als übergriffig empfunden wird, wenn Außenstehende darüber diskutieren welche Pronomen sie verwenden sollten. Es gibt mittlerweile etliche Systeme, welche die Gemeinschaft versucht in Deutschland und in der deutschen Sprache zu etablieren.
Beispiele dafür finden sich zum Beispiel auf dieser Website und hier gibt es geschlechtsneutrale Deklinationssysteme.

Mittlerweile finde ich wir sollten als Autor*innen mithelfen bereits existierende Pronomen und genderneutrale Sprache zu verbreiten und zu fördern, statt dann auch noch eine eigene Suppe zu kochen, weil wir die Wörter als zu fremd oder nicht schön klingend empfinden.

Ich setze meinen eigenen Vorschlag für eine genderneutrale Sprache mal in einen Spoiler. Wie schon gesagt, heute weiß ich, dass er überflüssig ist.

Sorry but you are not allowed to view spoiler contents.

Zit

#46
Hm, ich würde das C eher durch Z ersetzen (weil S ja auch wieder Verwechslungsgefahr birgt). Das ist von der Aussprache her deutlicher, C kann man auch gern als K lesen, siehe China und Khina (brr). Zein klingt zwar schärfer als dein angedachtes C(S)ein... finds für die Leser aber einfacher. ;D

Was ich sagen will: Da wir keine offizielle Form im Deutschen haben, kann man sich ja ausdenken, was man will, und dein Ansatz ist praktisch. :hmmm:
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

PBard

Ich bin nicht sicher, ob wir uns wirklich etwas Gutes tun, wenn wir jetzt alle unsere eigenen Systeme aufbauen und den Lesern nach "Friß oder stirb"-Manier vor die Füße knallen.

Was wir halt bräuchten wäre ein Standard, mit dem ein Großteil der Leute auch leben kann (sowohl auf Autoren-, als auch auf Leserseite). Die ganzen x-irgendwas Konstrukte stoßen scheinbar nicht auf Anklang, weil sie einfach zu komplex sind und auch (gewollt?) zu fremdartig klingen. Und die Diskussion, wie man die Teile jetzt tatsächlich deklinieren muß, hatten wir ja schon mal irgendwo. Wie also soll der Leser damit klarkommen, wenn nicht einmal wir als Autoren das System durchschauen?

Die Frage ist halt, was tun. Mit viel Bauchweh auf * und x umsteigen, um den bestehenden Standards zu folgen - selbst wenn diese (auch hier wieder: bewußt?) der natürlichen Sprache zuwiderlaufen und extrem gekünstelt wirken? Bestehende Vereinigungen beschwatzen, daß man vielleicht mal in größerem Kreise sinnvollere Standard-Lösungen finden sollte? Sich als Autoren zusammenschließen und auf eigene Faust einen neuen Standard einführen, indem wir geschlossen ein weniger komplexes, sich besser in die Sprache einfügendes System in unseren zukünftigen Werken benutzen?

AlpakaAlex

Was mich hier gerade stört ist, dass Autoren, die, wie ich annehme binär und wahrscheinlich auch cisgender sind, darüber diskutieren, was das beste Pronomen für Enbys wie mich ist. Aber dabei sollte die Frage nicht sein, was für euch am angenehmsten zu schreiben ist, sondern womit wir uns am liebsten bezeichnen lassen wollen. Was unser Wohlfühlpronomen ist, wenn man so möchte. Weil wir müssen damit leben so bezeichnet zu werden. Und ich weiß, dass ich mich mit xier wesentlich wohler fühle, als mit cier oder sonst etwas.

Und ja, da wir keine vorher existente Lösung, wie das Singular-They (das, wie gesagt, in der englischen Sprache schon seit sehr langer Zeit existiert), hatten, hat es auch die Folge, dass es eine Handvoll verschiedener enby Pronomen in Deutschland gibt. Weil wir halt ausprobieren und auf dem hängen bleiben, was uns am besten gefällt.

Für mich ist es xier.

 

PBard

Ich weiß nicht, warum du davon ausgehst, daß hier jeder binär und cis ist. Gerade im kreativen Bereich gibt es sehr viele Leute, die sich irgendwo auf dem Regenbogenspektrum wiederfinden.

Und mich als nicht-binäre, pansexuelle Person nervt es gewaltig, daß ständig Konzepte eingeführt werden, die uns als "etwas Besonderes" hervortun. Das bin ich nicht, und ich hab wirklich keinen Bock darauf, daß meine "Andersartigkeit" dem Leser in jedem Satz durch * und x ins Auge gedrückt wird.

Wenn ich die Wahl zwischen "der, die, das, dos" und "der, die, das, dx" oder noch schlimmer "der, die, das, d*" habe, dann würde ich ungefragt das "dos" nehmen. Und das nicht nur, weil ich in einer Zeit aufgewachsen bin, als das noch unters Go-to Betriebssystem war. :P

Zit

Zitat von: PBard am 04. Februar 2019, 08:40:46
Ich bin nicht sicher, ob wir uns wirklich etwas Gutes tun, wenn wir jetzt alle unsere eigenen Systeme aufbauen und den Lesern nach "Friß oder stirb"-Manier vor die Füße knallen.

Ich denke, wir brauchen erstmal einen großen Pool an Variationen bevor sich eine Form herausbildet, die am meisten Verwendung findet. Wenn nicht gerade der Duden daher kommt, und scheinbar willkürlich eine Form aufnimmt.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

PBard

Zitat von: Zitkalasa am 04. Februar 2019, 10:24:14Ich denke, wir brauchen erstmal einen großen Pool an Variationen bevor sich eine Form herausbildet, die am meisten Verwendung findet. Wenn nicht gerade der Duden daher kommt, und scheinbar willkürlich eine Form aufnimmt.
Seh ich auch so - aber ich glaube halt nicht, daß dieser Pool in Form von publizierten Büchern aufgebaut werden sollte. Irgendwann zeigt der Leser uns dann einfach kollektiv den Mittelfinger und geht zurück zu Büchern, für die er nicht erst die 84ste neue Sprache lernen muß.

Gerade so Diskussionen wie hier im Forum bieten sich stattdessen an, einen solchen Pool aufzubauen - und dann an Ende der Leserschaft geschlossen genau EIN System darzubieten, das sich aus diesem Pool entwickelt hat.

Gäb's nicht eine Möglichkeit, da ein Projekt im Forum aufzubauen? Eine Sammlung von Kurzgeschichten, in denen verschiedene Leute ihre Systeme vorstellen und diese dann tauschen (heißt, man schreibt entweder eine zweite Geschichte mit dem System eines anderen, oder baut einfach die eigene Geschichte darauf um). Damit könnte man einen solchen Pool aufbauen und gleich am lebenden Objekt herausfinden, was davon am Einfachsten anwendbar ist. Sowohl aus Autor-, als auch aus Lesersicht.

(Wobei da halt das Problem ist, daß wir trotz allem eine eher kleine Gruppe von Autoren sind, wir für uns gesehen also wohl gar nicht die Reichweite haben, an einem neuen Standard zu arbeiten. Interessant fände ich es dennoch.)

AlpakaAlex

Zitat von: PBard am 04. Februar 2019, 10:15:04
Ich weiß nicht, warum du davon ausgehst, daß hier jeder binär und cis ist. Gerade im kreativen Bereich gibt es sehr viele Leute, die sich irgendwo auf dem Regenbogenspektrum wiederfinden.

Und mich als nicht-binäre, pansexuelle Person nervt es gewaltig, daß ständig Konzepte eingeführt werden, die uns als "etwas Besonderes" hervortun. Das bin ich nicht, und ich hab wirklich keinen Bock darauf, daß meine "Andersartigkeit" dem Leser in jedem Satz durch * und x ins Auge gedrückt wird.
Das tut mir leid. Ich bin davon ausgegangen, weil die Diskussion soweit von den meisten hier sehr "die sind anders" betrieben wurde.

Und die Sache ist: Ich sehe es nicht als "Andersartigkeit wird ausgedrückt". Nicht mehr, als ich es bei einem "-in" am Ende sehe. Für mich ist mein xier wichtig und ich will xier genannt werden. Es ist mein bevorzugtes deutsches Pronomen, selbst wenn ich es nicht so angenehm wie das "they" finde. Wahrscheinlich weil xier das einzige ist, dass ich bereits seit Jugend kenne.

Genau so, wie mir das Gender-Sternchen wichtig ist, um mich angesprochen zu fühlen und ich bei Jobanzeigen definitiv das (m/w/x) gegenüber dem (m/w/d) bevorzuge. Weil ich habe kein diverses Geschlecht, ich habe ein "anderes" Geschlecht. Und da ich aus dem MINT-Bereich komme, ist es für mich normal x als "Ersetze durch etwas" zu sehen.
 

PBard

Zitat von: NelaNequin am 04. Februar 2019, 10:41:48Das tut mir leid. Ich bin davon ausgegangen, weil die Diskussion soweit von den meisten hier sehr "die sind anders" betrieben wurde.
Also, ich fühl mich deswegen nicht beleidigt, keine Sorge. ;D

Ich glaube nur, daß du dich viel mehr am Rand siehst, als wir es wirklich sind.

Zitat von: NelaNequin am 04. Februar 2019, 10:41:48Und die Sache ist: Ich sehe es nicht als "Andersartigkeit wird ausgedrückt". Nicht mehr, als ich es bei einem "-in" am Ende sehe. Für mich ist mein xier wichtig und ich will xier genannt werden. Es ist mein bevorzugtes deutsches Pronomen, selbst wenn ich es nicht so angenehm wie das "they" finde. Wahrscheinlich weil xier das einzige ist, dass ich bereits seit Jugend kenne.
Kann sein, daß es an der Gewöhnung liegt - zu meiner Zeit (herrje, das klingt, als wär bei mir schon alles vorbei ... ;D ) gab's das halt noch nicht, weswegen ich damit erst einmal keine positive Assiziation verbinde.

Ich seh halt den gewaltigen Unterschied zu "-in", daß dieses sich elegant in den Rest der Sprache einfügt, weil es zwei häufig vorkommende Buchstaben sind, die in Kombination auch schön von der Zunge rollen. Wohingegen xier halt fremd wirkt, und gerade wegen dem "ersetzte durch" in meinem Gehirn die Frage aufkommt, ob ich das nun "ksier" aussprechen soll oder doch "icks-ier", wie es bei "füge hier x ein" der Fall wäre. Beim * ist es für mich dann wie gesagt noch schlimmer, weil es dafür überhaupt keinen Laut gibt.

Aber wenn es sich (außerhalb "der Szene") durchsetzen sollte, wär ich schon mit dabei. Die Frage ist halt, ob es mit dieser exotischen Fremdartigkeit je außerhalb verwendet wird.

AlpakaAlex

Zitat von: PBard am 04. Februar 2019, 11:13:56
Ich glaube nur, daß du dich viel mehr am Rand siehst, als wir es wirklich sind.
Will ich durchaus nicht ausschließen. Ich meine, als ich das letzte Mal auf dem Litcamp war, waren da sehr, sehr viele Enbys, was richtig toll war. Aber ich sehe es leider auch immer wieder, dass Leute, die nicht betroffen sind, über Themen diskutieren, die mich betreffen, und halt meinen, besser entscheiden zu können, was gut für mich ist, als ich selbst. (Also nicht nur hierdrauf bezogen, sondern generell aus LGBTQ*-Sachen, Asperger-Syndrom und auch Trauma.) Also nicht mal Leute, die irgendeinen wissenschaftlichen Hintergrund haben, sondern einfach Leute, die nicht zuhören, wenn man ihnen sagt: "Du, ich bin betroffen und das ist nicht so und die Art, wie du das angehst, ist für mich verletzend."

Deswegen treibt mich das auf die Palme, wenn ich den Eindruck habe. Ich finde es halt auch immer sehr anstrengend, wenn es heißt, man will ja nur ein Sonderding haben. Was nicht der Fall ist. Ich möchte nur nicht als etwas gesehen werden, was ich nicht bin und was mir zu schlimmen Phasen halt Dysophorie beschwert.


Zitat von: PBard am 04. Februar 2019, 11:13:56
Kann sein, daß es an der Gewöhnung liegt - zu meiner Zeit (herrje, das klingt, als wär bei mir schon alles vorbei ... ;D ) gab's das halt noch nicht, weswegen ich damit erst einmal keine positive Assiziation verbinde.
Darf ich fragen, wie alt du bist?

Weil die Sache bei mir ist: Ich bin ja auch schon ... nicht mehr so jung. Aber ich war halt in meiner Teenager-Zeit, als ich mich noch als weiblich identifizeirte, weil ich nicht wusste, dass es transgender gibt, schon schreiberisch tätig. Und ich hatte halt in meinen Geschichten immer Engel eines 3. Geschlechts. Deswegen wollte ich die Engel nicht als sie/er bezeichnen und habe gegoogelt, ob es Alternativen gab. Und dadurch bin ich halt auf xier gestoßen. (Und wie das damit einhergeht, dass ich nicht wusste, was transgender ist: Ich wusste, dass es intersex Personen gibt, die teilweise auch wirklich außerhalb des binären Spektrums leben. Vorrangig weil ich halt sehr interessiert am alten Ägypten war und daher von den intersex Priester*n im Isis-Tempel wusste.)
 

Sonnenblumenfee

Ich verstehe, dass es sich für dich verletzend anfühlt, wenn andere darüber entscheiden wollen, wie sie dich ansprechen bzw. bezeichnen sollen. Allerdings finde ich nicht, dass es nur dich und andere Ebnys relevant ist, wie sprachlich mit der Diversität umgegangen wird. Es betrifft mich als cis-Frau nämlich insoweit, als ich meine Sprache anpassen will/soll. Das ist natürlich ein geringerer Grad an Betroffenheit, aber deshalb doch nicht vollkommen unwichtig? Das heißt nicht, dass ich dir oder anderen vorschreiben möchte, wie du/ihr euch fühlen sollt. Ich halte es nur nicht für produktiv, anderen (die gerne Diversität sprachlich darstellen wollen) zu erklären, dass sie sich in diese Diskussion nicht einmischen dürfen. Natürlich ist es wichtig, wie direkt Betroffene gerne bezeichnet werden wollen. Aber es ist doch auch nicht vollkommen unwichtig, dass andere Sprechende und Schreibende die Begriffe noch inhaltlich verstehen und sie auch benutzen können, ohne stundenlang über einzelne Worte etc. nachdenken zu müssen? Wohlgemerkt war ja der Wunsch der Threaderstellerin sowie der meisten Beitragenden, nicht über das "ob", sondern über das "wie" zu diskutieren. Zumal es hier ja nicht darum geht, konkrete Individuen zu bezeichnen, sondern um Ideen, wie man generell damit umgehen kann.
"Discipline is my freedom" - Gretchen Rubin

Silvia

Mal eine Frage von mir so als Nicht-Betroffene, weil ich hier öfter über Kürzel stolpere, die ich noch nie im Leben gesehen habe:

Was gibt es denn überhaupt schon für Bezeichnungen für "diverse", bevor neue erfunden werden? Woher kommen die? Wer nutzt die bisher überhaupt und wie werden die angenommen von dieser oder jener Leserschaft? Gibt es denn schon Verlage, die so etwas umsetzen?

In meinen Büchern bin ich über "xier" oder "Enby" (was ist das ?) noch nie gestolpert, wohl aber selten schon mal über eine Person, die mal als Frau, mal als Mann auftrat (Bei Katja Brandis, "Das dunkle Wort" letztes Jahr).

AlpakaAlex

Die Sache ist halt, dass ich hier durchaus raushöre, dass man mir mein bevorzugten Pronomen nicht zugestehen will, weil es "so komisch aussieht/klingt". Aber es ist mein Pronomen. Das Pronomen mit dem ich und auch diverse Enbys, die ich kenne, angesprochen werden wollen. Es ist meines Wissens nach auch das älteste Enby-Pronomen. Der Grund, dass es nicht in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen ist, ist eben, dass sich so viele Leute weigern, es zu nutzen. Eben immer: "Warum wollt ihr eine Sonderwurst?" Was es eigentlich nicht ist. Andere haben Pronomen, mit denen sie sich angesprochen fühlen. Warum dürfen wir keins haben?

Aber das ganze hat halt natürlich dafür gesorgt, dass diverse Leute, weil sie xier nicht kannten oder ihnen so oft gesagt wurde, dass xier nicht schön sei, dass sich diverse enby Pronomen entwickelt haben. Da gibt es nicht nur xier, sondern auch nim und ein paar andere. Ein paar bevorzugen es auch mit es und neutralen Worten angesprochen zu werden. Und ich finde es gehört einfach zum guten Ton, dahingehend die Betroffenen und ihre bisherigen Pronomen zu respektieren, anstatt als Nicht-Betroffene noch weitere Pronomen, die als Außenstehende besser gefallen, zu entwickeln. Weil das finde ich extrem verletzend. Da wäre die Frage nicht: "Okay, was gefällt mir am besten", sondern "Was gefällt Betroffenen am besten?" Und wenn man am Ende dann mit fünf verschiedenen enby Pronomen in der deutschen Sprache endet, dann ist das halt so. Hat ja letzten Endes auch einen Vorteil: Wenn man als Autor einen Enby-Charakter schreibt, kann man sich entscheiden, welches Pronomen dieser Charakter bevorzugt und dabei halt nehmen, was man selbst am angenehmsten verwendet.

Wie gesagt: Xier ist schon seit knapp 20 Jahren in Verwendung, wenn nicht noch länger. Zwei, drei andere auch. (Sier/sies/siem/sien und sif/sis/sim/sin sind auch schon lange in Verwendung.) Und ich meine, gut, wenn man xier nicht mag, gut und schön. Aber nehmt wenigstens eine Alternative, die auch wirklich von irgendwelchen Betroffenen in Verwendung ist, anstatt was Neues auszudenken, das in euren Augen ästhetischer ist. Es gibt für alternative Pronomen und Artikel diese Sammlung von Anna Heger.

Was anderes ist es in meinen Augen übrigens, wenn man fantastische Wesen schreibt, die ein drittes Geschlecht haben. Da sehe ich weniger ein Problem damit, dass man dort eigene Pronomen entwickelt. (Ich bin bei meinen Engeln auch dazu übergegangen, eine komplett eigene Pronomen-Deklination zu entwickeln, die ich aus alten Sprachen, die für engelsähnliche Wesen ein komplett eigenes Pronomen hatten, entnommen und eingedeutscht habe.)

Zitat von: Silvia am 04. Februar 2019, 12:31:35
Was gibt es denn überhaupt schon für Bezeichnungen für "diverse", bevor neue erfunden werden? Woher kommen die? Wer nutzt die bisher überhaupt und wie werden die angenommen von dieser oder jener Leserschaft? Gibt es denn schon Verlage, die so etwas umsetzen?
Ich habe oben die Pronomen-Sammlungen von Anna Heger verlinkt. Da hat man eine ganz gute Übersicht mit Pronomen, mit denen im Deutschen experimentiert wurde. (Ich kenne noch eine andere, aber leider finde ich die gerade nicht mehr. Da das ein Blog von 2006 war, nehme ich mal an, dass der seither offline gegangen ist.)

Was bestehende andere Gender angeht, so gibt es hier eine Übersicht von den paar häufigsten nicht-binären Genderidentitäten. Es sei aber dazu gesagt, dass es noch ein paar andere gibt. Dasselbe noch einmal hier. Dazu kommen halt verschiedene Ausprägungen von Intersexualität.

Zitat von: Silvia am 04. Februar 2019, 12:31:35
In meinen Büchern bin ich über "xier" oder "Enby" (was ist das ?) noch nie gestolpert, wohl aber selten schon mal über eine Person, die mal als Frau, mal als Mann auftrat (Bei Katja Brandis, "Das dunkle Wort" letztes Jahr).
Enby hat sich aus der englischen Abkürzung für nicht-binär, also non-binary entwickelt. Das wurde NB abgekürzt, was eben als Enby ausgesprochen wurde und irgendwann haben diverse Betroffene angefangen das einfach als Wort zu nutzen, um zu sagen, dass sie kein binäres Geschlecht haben, also weder (ganz) Mann, noch (ganz) Frau sind. Es hat sich in den entsprechenden Kreisen als "das Wort" dafür eingebürgert. Also jedenfalls in meinem sozialen Umfeld nutzt es praktisch jeder Enby für sich, um nicht die genauen Details seines Genders an jede Person erklären zu müssen.

Und ja, binär genderfluide Menschen sind die Enbys, die noch am häufigsten auftauchen, weil es wohl Leuten leichter fällt, sich darein zu denken.

Das man das sonst so wenig liest, liegt aber halt nun einmal daran, dass es unsichtbar gemacht wird. Halt die üblichen Faktoren. Zum einen ist es wahrscheinlich diversen Verlagen zu riskant, zum anderen sind eben viele einfach nicht darüber aufgeklärt, dass es das gibt. Im Englischen zumindest gibt es ein paar Bücher, die nicht-binäre Charaktere haben. Diverse findest du in dieser Liste. Einfach mit Strg + F nach "nonbinary" suchen.
 

PBard

#58
Zitat von: NelaNequin am 04. Februar 2019, 11:41:58"Du, ich bin betroffen und das ist nicht so und die Art, wie du das angehst, ist für mich verletzend."
Sonnenblumenfee hat ja bereits erwähnt, wo das Problem an dieser Denkweise liegt.

Du kannst nicht den größten Teil der Menschheit aus dieser Diskussion ausschließen, eben weil auch cis Menschen als Sprecher/Schreiber der Sprache sehr wohl Betroffene sind. Das wäre umgekehrter Genderismus, und der ist keinen Deut besser als der ursprüngliche.

Was du damit erreichst ist nämlich eine sprachliche Trennung - dann gibt es den "Clan der Enbys", der ohne Rücksicht auf Verluste eine Sprache verwendet, mit der der "Clan der Cis" nichts anfangen kann, während letzerer einfach bei der alten Sprache bleibt.

Eine inklusive Lösung, die danach auch wirklich aktiv benutzt wird, wirst du nur gemeinsam finden. Wenn sich ALLE an einen Tisch setzen und zusammen etwas erarbeiten, statt zu erwarten, daß der cis Teil der Bevölkerung einfach akzeptiert, was man ihnen vorgibt.

Zitat von: NelaNequin am 04. Februar 2019, 11:41:58Darf ich fragen, wie alt du bist?
Also, ich steh noch nicht mit einem Bein im Grab (hoff ich mal :ätsch: ), aber meine Jugend hab ich halt noch komplett im letzten Jahrtausend verbracht. Als das Internet langsam in die Häuser von Otto-Normal-Bürgern kam, war ich aus der Pupertät schon draußen - und ich habe ehrlich gesagt das Gefühl, daß das vielleicht gar nicht so schlecht für meine Entwicklung war. Ich hatte damals keine Möglichkeit, mich jenseits meiner eigenen Gedanken mit der Thematik zu beschäftigen. Das hat bei mir relativ bald zu "Fuck it, ist doch egal. Ich bin einfach, wer/was ich bin" geführt, und damit leb ich heute noch immer ganz gut. ;D

Entsprechend hatte ich auch nie unter Dysphorie zu leiden, meine Probleme beschränken sind auf den Kampf gegen Vorurteile. Wenn man in einem "nicht geschlechtstypischen" Job permanent doppelt so hart arbeiten muß, um als "gleichwertig" akzeptiert zu werden, dann geht das halt irgendwann auf die Substanz. Und das ist ein Problem, das es auf beiden Seiten des Spektrums gibt.

Zitat von: NelaNequin am 04. Februar 2019, 13:00:41Eben immer: "Warum wollt ihr eine Sonderwurst?" Was es eigentlich nicht ist. Andere haben Pronomen, mit denen sie sich angesprochen fühlen. Warum dürfen wir keins haben?
Ja, aber wie schon gesagt wurde, wir versuchen hier ja genau das zu erkunden. Es geht nicht darum, kein neues Pronomen zu haben, sondern eines zu finden, das ein genügend großer Teil der Autoren- und Leserschaft auch verwenden würde.

Zitat von: NelaNequin am 04. Februar 2019, 13:00:41Wie gesagt: Xier ist schon seit knapp 20 Jahren in Verwendung, wenn nicht noch länger. Zwei, drei andere auch. (Sier/sies/siem/sien und sif/sis/sim/sin sind auch schon lange in Verwendung.) Und ich meine, gut, wenn man xier nicht mag, gut und schön. Aber nehmt wenigstens eine Alternative, die auch wirklich von irgendwelchen Betroffenen in Verwendung ist, anstatt was Neues auszudenken, das in euren Augen ästhetischer ist. Es gibt für alternative Pronomen und Artikel diese Sammlung von Anna Heger.
Hm, ehrlich gesagt - der Grund für den Umstieg von "sier" auf "xier" ist genau das, was mich daran stört. Das X soll die Pronomen deutlicher unterscheiden (wozu?) und gleichzeit noch für x-gender stehen, womit dann wieder der Teil der nicht-binären Leute ausgeschlossen wird, der sich nicht als crossgender sieht.

(Nicht jeder non-binäre Leut schlüpft in die entgegengesetzte Geschlechterrolle. Nur so als kurze Erklärung für Nicht-Betroffene. ;D)

Version 2.0 mit "sier|sies|siem|sien" würde sich meiner Meinung nach wesentlich besser in die Sprache einfügen, und damit vielleicht auf mehr Akzeptanz stoßen, wenn wir das Konzept konsequent nach außen tragen würden.

AlpakaAlex

Zitat von: PBard am 04. Februar 2019, 13:53:02
Sonnenblumenfee hat ja bereits erwähnt, wo das Problem an dieser Denkweise liegt.

Du kannst nicht den größten Teil der Menschheit aus dieser Diskussion ausschließen, eben weil auch cis Menschen als Sprecher/Schreiber der Sprache sehr wohl Betroffene sind. Das wäre umgekehrter Genderismus, und der ist keinen Deut besser als der ursprüngliche.

Was du damit erreichst ist nämlich eine sprachliche Trennung - dann gibt es den "Clan der Enbys", der ohne Rücksicht auf Verluste eine Sprache verwendet, mit der der "Clan der Cis" nichts anfangen kann, während letzerer einfach bei der alten Sprache bleibt.

Eine inklusive Lösung, die danach auch wirklich aktiv benutzt wird, wirst du nur gemeinsam finden. Wenn sich ALLE an einen Tisch setzen und zusammen etwas erarbeiten, statt zu erwarten, daß der cis Teil der Bevölkerung einfach akzeptiert, was man ihnen vorgibt.
Trennung in Enby und Cis ist auch komisch, um ehrlich zu sein. Immerhin sind auch viele trans Personen binär.

Was mein Problem an der Sache nun einmal ist, ist, dass andere Leute mir meine Pronomen vorschreiben wollen. Wohlgemerkt andere Leute, die sich vor 15 Jahren, als die Diskussion das erste Mal groß wurde, bewusst von der Diskussion ausgeschlossen haben. Denn auch wenn ich damals nicht verstanden habe, dass es jemand anderen, als Intersex Personen betrifft, weiß ich, dass auch in meiner Jugend (also so 2005 um den Dreh) immer mal wieder in Zeitungen über das Thema gesprochen wurde. Nur war das Ergebnis der Zeitungsartikel immer: "Die haben alle einen an der Waffel. Sollen sich nicht so anstellen und sich einem binären Geschlecht zuordnen, wie normale Menschen." Das hat halt dazu geführt, dass die ganze Sache vorrangig in Trans*Communities ausklamüsert wurde. Und erst als diese Communities dank Social Networks und langsamen einbringen in ein paar Medien Gehör gefunden haben und dann halt bereits ihre Lösungen gefunden hatten, kam ein: "Aber das fügt sich nur unschön ins Sprachbild ein."

Es war nicht so, als hätten wir nicht zu dem Zeitpunkt mehrere Jahre teilweise auch auf öffentlichen Plattformen nach schönen Lösungen gesucht. Aber da haben wir nur Beleidigungen entgegengeworfen bekommen. Und ja, jetzt ist es halt in meinen Augen zu spät, weil es schon Lösungen gibt und sich die Betroffenen auch an diese gewöhnt haben.


Ich hatte übrigens für eine Weile auch mal sier ausprobiert und festgestellt, dass es eine schlechte Lösung ist. Warum? Weil die meisten davon ausgehen, dass es ein "sie" mit Tippfehler ist. Beim xier ist klar, dass etwas anderes gemeint ist, als sie. Außerdem wird das "sie" als vorrangig weiblich von vielen gelesen, selbst wenn ein ganzes "er" darin enthalten ist. Einfach, weil es mit "sie" anfängt. Deswegen finde ich es unschön und fühle mich damit nicht wohl.