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Sonderfall zweier deutlich getrennter Erzählstränge

Begonnen von Trippelschritt, 19. Januar 2019, 09:21:41

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Trippelschritt

Um Missverständnisse auszuschließen: Es geht wirklich nur um einen Sonderfall. Zwei Erzählstränge, nicht drei oder mehrere. Außerdem sollen sie weit und in der erzählten Geschichte auch etwas länger auseinanderliegen.

Die Menschen auf der Erde - die Götter im Olymp
Zwei Parallelwelten, zunächst lange unverbunden
Zwei Kontinente mit der Heimat zuhause und dem Abenteuer in der Fremde
Houston, Houston, I am lost
Leben der Vergangenheit - und in der Gegenwart
Leben in der Zukunft - und in der Gegenwart

Es gibt viele Beispiele in der Literatur, spannende Romane, die das erfolgreich hinbekommen haben - oder auch weniger erfolgreich. Der Olymp geht meistens schief.
Denn dieser Sonderfall schleppt ein Problemchen mit sich herum, wenn die beiden Erzählstränge zu lange einzeln betrieben werden, sich erst spät annähernd und erst ganz am Ende miteinander verschmelzen. Es handelt sich ganz klar um zwei Geschichten und nicht um eine!

Und weil das so ist, könnte es wichtig sein, dass beide Geschichten weitgehend gleichrangig sind. Und dass beide Geschichten denselben Leser packen. Und dass eine Selbstidentifikation des Lesers mit den Figuren aus den Beiden Erzählsträngen stattfindet. Denn sonst besteht die Gefahr, dass ein Strang überblättert wird. Na ja, das war jetzt etwas übertrieben.

Ich hätte gern eure Erfahrungen mit diesem Thema. Aus euren eigenen Geschichten, aber auch aus der Literatur, wo es funktioniert oder nicht funktioniert hat.

Liebe Grüße
Trippelschritt

Lothen

Wie du sagst, Trippelschritt: Solange beide Erzählstränge gleichermaßen interessant und mitreißend sind, sehe ich kein Problem. Ich empfinde das sogar oft als spannend, wenn lange offen bleibt, welche Berührpunkte die beiden Stränge haben. Besonders gerne mag ich es, wenn es zwischendrin einzelne Querverweise gibt oder ein gemeinsames Thema.

Beim Plotten käme es mir wichtig vor, beide Handlungsstränge als separate Geschichten zu behandeln und ihnen einen separaten Spannungsbogen mitzugeben. Irgendwo habe ich mal gelesen (bei der 7-Punkte-Methode), dass es hier nützlich sein kann, die Plotpunkte leicht versetzt zu platzieren, damit z.B. die Rückschläge nicht gleichzeitig erfolgen.

Maubel

Ich muss sagen, dass ich kein Fan von zwei lange getrennten Erzählsträngen bin. Mich stört es tatsächlich, wenn ich quasi zwei Geschichten gleichzeitig lese. Das ist für mich nicht ein zusammenhängendes Buch. Ich habe gerade von Gablé den Palast der Meere beendet und obwohl die beiden Hauptfiguren Halbgeschwister sind, haben sie für 80% des Buches kaum Berührungspunkte. Eleanor erzählt die Intrigen am Hof von Königin Elizabeth I. und Isaac fährt in die neue Welt und gerät mit den Spaniern aneinander. Zur spanischen Armada kommt das Ganze dann zusammen. Auch wenn beide Geschichten gut erzählt waren, hätte ich gerne auf eine verzichtet (welche war eigentlich egal) und ich finde, dass es das Buch schwächer gemacht hat.

Da muss es schon so sein, dass es ein gemeinsames Thema und verschiedene Blickwinkel sind wie jetzt zum Beispiel beim Lied von Eis und Feuer, wobei ich auch da, lange nichts mit Dany anfangen konnte, weil sie einfach zu detached vom Rest ist. Bestimmt gibt es auch geniale Bücher, wo das klappt und am besten sind die, bei denen sich herausstellt, dass die Stränge die ganze Zeit miteinander verbunden waren. z.B. weil der Hauptcharakter in beiden Strängen der Gleiche war, aber im allgemeinen funktioniert es für mich als Leserin leider nicht. Da greife ich lieber gleich zu zwei Büchern.

Gizmo

#3
Mir kam auch als erstes das Lied von Eis und Feuer in den Sinn, mit Danys sehr selbstständigem Handlungsstrang.

Zitat von: Maubel am 19. Januar 2019, 10:38:41
[...]aber im allgemeinen funktioniert es für mich als Leserin leider nicht. Da greife ich lieber gleich zu zwei Büchern.
Ich denke, darauf kommt es an. Es ist eine Frage der persönlichen Präferenz. Mich als Leser stören zwei Handlungsstränge, die nicht miteinander verbunden sind, überhaupt nicht. Voraussetzung dafür ist, dass beide 'vollwertige' Geschichten sind, mit eigenem Hauptcharakter, Set an Nebencharakteren, Handlungsbogen usw. Das Schwierige ist, mir in beiden Handlungssträngen Stoff zu bieten, sodass ich in beiden gleichermaßen investiert bin. Dem Lied von Eis und Feuer ist das gelungen.
Mehr Probleme hatte ich mit 'Leviathan erwacht' von James Corey. Auch hier laufen zwei Handlungsstränge lange parallel, aber der Hauptcharakter eines der Stränge hatte mich ziemlich frustriert. Infolgedessen war ich weniger an seinem Teil der Geschichte interessiert und tatsächlich kurz dafür, seine Kapitel zu überblättern. Es ist allerdings eine Weile her, dass ich das gelesen habe. Heute würde ich es vielleicht anders sehen.
"Appears we just got here in the nick of time. What does that make us?"
"Big damn heroes, sir!"
- Joss Whedon's "Firefly", Episode 5, "Safe"

Sunflower

In Trudi Canavans Millenium's Rule sind im ersten Band beide Erzählstränge vollständig voneinander getrennt. Es gibt zwei Protagonisten, die zwei unterschiedliche Leben in unterschiedlichen Welten leben. Für mich hat das gut funktioniert, weil ich beide Protagonisten gern mochte und beide Geschichten spannend und interessant fand. Allerdings, im
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Ich finde, es sollte einen Grund geben, warum man zwei Geschichten auf einmal erzählt. Ergeben sie zusammen ein größeres Bild der eigentlichen "Über-Geschichte"? (Wie bei Game of Thrones irgendwie.) Hängen die Geschichten doch zusammen? Völlig unabhängig zwei Geschichten nebeneinander erzählen wäre für mich wahrscheinlich zu künstlerisch, wenn es nicht wahnsinnig gut gemacht ist ;)
"Why make anything if you don't believe it could be great?"
- Gabrielle Zevin: Tomorrow, and tomorrow, and tomorrow

Trippelschritt

Ja, eine Beziehung innerhalb eines größeren Zusammenhangs muss es geben, sonst ergäbe so eine Konstruktion keinen Sinn. Aber mal unabhängig von einer persönlichen Vorliebe, bei Martin hat das mit Dany für mich nicht geklappt. Ihre Geschichte wirkte auch mich wie ein Fremdkörper, dass ich später sogar einmal behauptet habe, ihre Geschichte haber erst viel später im zqweiten Band (engl. Zählung) angefangen, was eine falsche Erinnerung war. Aber was hat Martin da bei mir als Leser nicht hinbekommen?

Liebe Grüße
Trippelschritt

FeeamPC

Ziemlich einfach, denke ich. Er hat es nicht hinbekommen, zu zeigen, dass die zweite Geschichte Relevanz für die erste hat. Das merkt man erst sehr viel später.

Mindi

Bei Martin waren es mir persönlich zu viele Erzählstränge, die mich irgendwann haben abbrechen lassen. Oder vielleicht auch nur zu viele POV.

Bei der Throne of Glas Serie wurde auch irgendwo im dritten Band oder so ein komplett neuer Erzählstrang eingeführt. Er war anfangs abgekapselt vom Geschehen und ich habe mich schwergetan, diesen Strang zu verfolgen. Aber letztendlich konnte er mich doch in seinen Bann ziehen und irgendwann treffen die Handlungen auch aufeinander. Das sollte es für mich zwingend geben. Einen gemeinsamen Punkt, der die Erzählungen verbindet. Er muss nicht zwangsweise ein wirkliches Zusammentreffen der Erzählstränge sein. Es ja auch manchmal so (das kenne ich zumindest aus einigen Filmen) dass es mehrere Geschichten gibt, die alle ein übergeordnetes Thema haben und nicht zwangsweise zueinander führen, aber unterschiedlich mit dem Thema umgehen oder es von anderen Seiten beleuchten. Das kann auch sehr interessant sein. 
"When we are asleep in this world, we are awake in another." - Salvador Dalí

Gizmo

#8
Zitat von: FeeamPC am 19. Januar 2019, 19:13:12
Er hat es nicht hinbekommen, zu zeigen, dass die zweite Geschichte Relevanz für die erste hat.

Das stimmt!
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Für mich hat Danys Handlungsstrang nur deshalb funktioniert, weil ich an ihrem Charakter und den Charakteren in ihrer Umgebung interessiert war. Ansonsten hätte ich ihren Handlungsstrang komplett überblättern können, ohne für den Rest der Geschichte etwas zu verlieren.
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- Joss Whedon's "Firefly", Episode 5, "Safe"

Gilwen

Ja, an Throne of Glass musste ich auch denken! Vor allem dauert es zwei Bücher, bis die beiden Stränge zusammen kommen. Das hat mich irritiert, und der zweite Strang hat mich ehrlich gesagt auch nicht so gefesselt wie der erste. Da hab ich das meiste überflogen oder sogar überblättert, zumindest beim zweiten Lesen.

Grundsätzlich denke ich aber, dass es funktioniert. Wie ihr alle schon gesagt habt, man sollte aber zumindest nach einer Weile erkennen, warum es in diesem Buch ausgerechnet diese beiden Erzählstränge gibt. Wenn es einfach zwei unterschiedliche Geschichten sind, die nebeneinander her erzählt werden, aber nichts miteinander zu tun haben, dann macht das in meinen Augen keinen Sinn. Wenn es aber, um bei dem zeitlich getrennten Beispiel zu bleiben, im ersten Strang zB um ein Ereignis in der Vergangenheit geht, wie einen Schatz, der irgendwo versteckt wird, und im zweiten Strang um die Schatzsucher in der Moderne, und erst am Ende wird gezeigt, wo der Schatz versteckt wurde und ob die Schatzsucher mit ihrer Vermutung richtig liegen, sowas kann schon spannend sein!

Bei den Zwerginnen habe ich auch zwei Stränge, aber ich bin nicht sicher, ob man das vergleichen kann, weil der eine Strang wesentlich länger ist als der andere.

Bei GoT fand ich es nicht so schlimm mit den unterschiedlichen Strängen, weil sie alle spannend sind. Außerdem gibt es ja nicht nur die beiden, das ist ja auch nochmal ein großer Unterschied. Und ich finde, die vielen verschiedenen Handlungsstränge und Figuren, ihr Gegeneinander und Miteinander, das ist einer der Punkte, die besonders faszinierend sind. Aber das ist wahrscheinlich wie so oft einfach eine Frage des Geschmacks :)
,,Ist schon gut", sagte das Feuer. ,,Du musst das sicher erstmal alles sacken lassen."

Atra

Für mich funktionieren zwei Handlungsstränge besonders gut, wenn sie die gleiche Geschichte erzählen wie in GoT. Allerdings konnte ich das nicht lesen, weil es mir zu viele Charaktere waren. Wo es für mich sehr gut funktionier hat, war in den Büchern von Trudi Canavan. Vielleicht liegt es daran, dass man spätestens ab der Hälfte des Buches die Zugehörigkeit festgestellt hat. Möglicherweise liegt es aber auch an den Wechseln. Ich persönlich mag es nicht, wenn es zu schnell hin und her wechselt, weil dadurch die Charaktere für mich flacher bleiben und ich nicht richtig rein komme bzw. sofort wieder rausgerissen werde. Das war bei GoT ein Problem für mich.
"Man muss erst zum Leben aufstehen, bevor man sich niedersetzt zum Schreiben."
(Henry David Thoreau)

zDatze

#11
Für mich werden im Startpost eigentlich 2 unterschiedliche Probleme angesprochen. 1. Die Identifikation mit den Figuren und 2. Die gewählte Erzählstruktur. Von daher würde ich beides auch zuerst einmal getrennt betrachten.

Die Identifikation mit den Figuren ist erst einmal unabhängig davon, ob es zeitliche und/oder räumlich getrennte Perspektiven gibt. Wenn beide Figuren den/die Leserin ansprechen sollen, wäre die eigentliche Frage: Wie mache ich diese Figuren interessant/sympathisch/faszinierend. Dass jemand eine der Figuren möglicherweise bevorzugt ... ja, das passiert eben, kommt aber auch sehr darauf an, wer das Zielpublikum ist. Mir wäre es z.B. sehr wichtig, dass beide Figuren charakterlich gut unterscheidbar sind und auch leicht erkennbar ist, in wessen Perspektive man sich eben befindet. Möglicherweise wird es auch gerade dadurch interessant, dass die Charas gegensätzlich zueinander sind. Aber da gibt es nun einmal unendlich viele Möglichkeiten, wie man das anstellen kann.

Die Erzählstruktur ist das eigentliche Thema dieses Threads und ich finde das Problem durchaus interessant, auch weil ich etwas ähnliches in einem Projekt schon einmal geplant (leider ist es beim Schreiben versandt) habe: Zwei Perspektiven, die sich allerdings zur selben Zeit am selben Ort befinden, nur in vollkommen unterschiedlichen Kreisen bewegen. Die beiden Charas sind dabei allerdings vom selben zentralen Element angezogen worden, auch wenn sie unterschiedliche Ziele verfolgt haben - und sich dann in der geplanten Endfassung nicht einmal über den Weg gelaufen sind.

Die Frage bei so getrennten Erzählsträngen ist ja eigentlich, wie man die Geschichte zusammenhält, wenn man die Figureninteraktion der beiden Hauptprotas weg lässt. Weil - wenn wir ehrlich sind -, leben doch viele Geschichten gerade davon, dass Figuren aufeinander prallen und sich daraus eine Dynamik entwickelt.
Es muss also ein verbindendes Element geben. Etwas, das den/die Leserin bei der Stange hält und vielleicht auch durchschimmern lässt, wie die beiden getrennten Erzählstränge im Hintergrund doch verknüpft sind. Vielleicht setzt sich das Gesamtbild auch erst langsam zusammen, und beide Figuren liefern nach und nach ein Puzzleteil nach dem anderen, um das große Rätsel am Ende lösen zu können. Ein Riddle-Plot würde mir zumindest instinktiv am geeignesten vorkommen, um eine Verbindung herzustellen.

Trippelschritt

Ich habe dieses Thema ja absichtlich allgemein gehalten, weil es in so vielen Ausprägungen daherkommt, die wahrscheinlich alle eine individuelle Lösung benötigen. Deshalb bin ich auch nicht nur an Schreib-, sondern auch an Leseerfahrungen interssiert.

Selbstverständlich steht hinter meiner Frage auch eine persönliche herausforderung, die aber handwerklich nicht ganz so schwierig zu lösen ist. Ich habe eine lange Vorgeschichte aus einer anderen Zeit mit einem oder gleich mehreren prallen Plots. Und ich habe eine Jetztzeit-Geschichte, von der ich ebenfalls hoffe, dass sie spannend ist. Und selbstverständlich treffen diese beiden Stränge aufeinander. Sie sind im Charakter und vor allem in der Stimmung ganz unterschiedlich, und nur in der Jetztzeit habe ich eine klare Protagonistin.

Das grundsätzlich zu lösen, ist wohl nicht so schwierig. Entweder man kann spannend schreiben oder man kann es nicht. Aber es ist eben handwerklich doch schwierig genug, dass man nicht einfach so darauf los schreiben kann und vorher gut darüber nachdenken sollte.

Eure Beiträge haben mir alle sehr gut gefallen und waren für mich auch äußerst hilfreich. Und weitere Beispiele und Meinungen sind mir immer noch hochwillkommen.

Liebe Grüße
Trippelschritt

PBard

Ich hab ein relativ ähnliches Problem bei einem meiner Projekte (zeitlich versetzte Geschichten) damit "gelöst", daß ich die Geschichte einfach in drei Einzelgeschichten aufgespalten hab. Die beiden ersten sind vollkommen unabhängig voneinander und ergeben in sich Sinn, ohne die jeweils andere zu kennen oder sie in chronologischer Reihenfolge gelesen zu haben. Die dritte Geschichte baut dann auf diesen auf und die beiden Protagonisten wechseln sich ab - in der Hoffnung, daß die Identifikation mit beiden durch die vorangegangenen Geschichten bereits gegeben ist.

Ob das funktioniert, kann ich natürlich noch nicht sagen - aber für das Planen und auch das tatsächliche Schreiben ergeben sich daraus recht viele Freiheiten für mich.

Andererseits hört man aber auch öfters, daß sich der Leser zu stark an den ersten Charakter bindet, wenn der erste Wechsel zum zweiten zu lange auf sich warten läßt, und damit der zweit Charakter kaum eine Chance hat. In meinem Fall wäre damit bereits einer der beiden Handlungsstränge quasi zum Scheitern verurteilt - je nachdem, welche Geschichte der Leser zuerst angeht.

Von Leserseite her hab ich beide Herangehensweisen bereits erleben dürfen - zeitlich getrennte Ereignisse in eigenen Büchern (oder gar Serien), oder aber beide Handlungsstränge abwechselnd ausgeführt. Bei zweiterer Methode hat für am Besten funktioniert, wenn der Autor die Auswirkungen des chronologisch früheren Stranges direkt vorher oder nachher im späteren Strang aufgezeigt hat. Damit war beim Lesen immer das Gefühl gegeben, daß die beiden zusammengehören. Wenn es direkte Auswirkungen waren (also Protagonist 1 tut etwas, das Protagonist 2 dann erfährt/findet/ausbaded), verknüpft das für mich beide Protagonisten und macht eine Identifikation mit beiden leichter. Wobei "Protagonist 1" bei historischen Ereignissen nicht unbedingt eine Person sein müßte.

Überlegenswert finde ich bei solchen Parallelsträngen auch, wie die Gewichtsverteilung zwischen beiden ist. Häufig trifft man ja auch auf die Erzählweise, die vergangenen Geschehnisse am Anfang eines Kapitels in wenigen Seiten zusammenzufassen, während der Hauptteil des Kapitels in der Jetztzeit spielt. Da hab ich halt leider die Erfahrung gemacht, daß viele Autoren das dann mehr oder weniger zum Infodump verkommen lassen, was wohl erst recht wieder dazu führt, daß diese Kapitelanfänge überblättert werden.

Spannendes Thema jedenfalls, eben weil es keine Standardlösung gibt.

Aphelion

Ich sehe kein Problem darin. Die Bedingung ist immer: wenn es gut gemacht ist – dann geht alles. :P Das lässt natürlich viel Spielraum, da Präferenzen von Lesern und Autoren sehr unterschiedlich sind.

Die Erzählstränge (=Handlungen) könnten von mir aus komplett getrennt sein und es könnte sich trotzdem ein stimmiges Gesamtbild ergeben. Die Verbindung zwischen zwei völlig/weitestgehend getrennten Handlungen kann z.B. auch thematisch, räumlich, zeitlich oder sprachlich sein. Geschichten und Bücher sind so viel mehr als der Plot.

Die Frage ist auch, um welche Textart es eigentlich geht. Bei einer Novelle würde ich behaupten, dass sowas nicht geht, weil es für mich dann keine Novelle mehr ist. Aber manchmal ist sogar zweifelhaft, ob ein Buch noch als Roman durchgeht. Manchmal habe ich das Gefühl, ein Buch wird nur als Roman betitelt, weil man das Ding halt irgendwie nennen muss und die Definition schwammig genug ist. Andreas Eschbach (?) hat ein Buch, das aus Kurzgeschichten besteht, die eine zusammenhängende Geschichte erzählen. Es gibt auch in der Literatur Collagen (Montagen) und und und. Darauf wolltest du vermutlich nicht hinaus, Trippelschritt, aber zur Inspiration kann es nicht schaden, sich abseits der Standard-Unterhaltungsliteratur* umzusehen.


* Ich würde meine eigenen (halbwegs ernstgemeinten) Texte zu über 90% dort einsortieren, insofern ist das keineswegs als Beleidigung gemeint. Der Standard ist der Standard, weil er der Standard ist. :buch: