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Mütter und Väter in der Literatur

Begonnen von Jen, 13. Mai 2018, 13:33:15

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Coppelia

ZitatSo manch jugendlicher Held wäre wohl nie in die Fremde gezogen um die Welt zu retten, wenn seine Eltern hinter ihm gestanden und gerufen hätten: "Aber erst erledigst du deine Hausaufgaben!"
Wohl gesprochen! :rofl: Und in der Tat hat mein Atanis mit seinen normalen und normal fürsorglichen Eltern dieses Problem (wobei er in die Politik und zum Militärdienst will, aber es kommt ja ungefähr hin.)

Gizmo

#16
Zitat von: Dämmerungshexe am 14. Mai 2018, 17:35:27
Ich glaube das Fehlen von Müttern und Vätern in zahlreichen Geschichten ist auch handwerklich bedingt. Nicht nur um durch Rache oder Aufdeckung eines geheimnisvollen Todes oder den Wunsch danach zu schützen, die Protagonisten zu motivieren, sondern auch, um ihnen eine gewisse Freiheit zu geben. So manch jugendlicher Held wäre wohl nie in die Fremde gezogen um die Welt zu retten, wenn seine Eltern hinter ihm gestanden und gerufen hätten: "Aber erst erledigst du deine Hausaufgaben!"

Das unterschreibe ich sofort!  :)

Schwierig ist es glaube ich auch, wenn man einen größeren Cast mit mehreren Hauptfiguren jongliert, die alle eine eigene Familie haben müssten. Mir hat es am Anfang ziemliche Schwierigkeiten bereitet, zumal meine Welt - von den rein geografischen Ausmaßen her - sehr klein und damit die Entfernung zur Familie nicht groß ist. Letztlich habe ich mich dafür entschieden, einem Teil der Charaktere recht gestörte Familienverhältnisse zu verleihen. Sie haben Eltern und Geschwister, mit denen sie aber nur selten sprechen oder wenig bis gar nichts zu tun haben. Für das Setting passt es gut, denn es erklärt, warum sie ein Leben am Rande der Gesellschaft führen. Aber es wäre auch schwierig geworden, hätte ich noch mehr Figuren gehabt als es ohnehin schon sind.

EDIT, weil weich im Kopf: Ach ja, und zwei meiner Hauptcharaktere sind selbst Eltern. Ein Dame kann zu Anfang der Geschichte allerdings keinen Kontakt zu ihrer Tochter haben, und der zweite Charakter hat seine Chance vorerst verspielt. In beiden Fällen geht es im weiteren Verlauf der Geschichte auch darum, den Kontakt wieder herzustellen bzw. eine zweite Chance zu bekommen.
"Appears we just got here in the nick of time. What does that make us?"
"Big damn heroes, sir!"
- Joss Whedon's "Firefly", Episode 5, "Safe"

KaPunkt

#17
Natürlich ist es immer leichter, den Helden aus der Tür zu kriegen, wenn er keinen Anhang hat, der ihn ausbremst.
Im LARP ist dass unsterblich gemacht als: "Mein Name ist Alrik, meine Familie und mein ganzes Dorf wurde von Orks erschlagen."

Die Heldenreise ist ja auch eine Geschichte über Weiterentwicklung, erwachsenwerden ist da eine der natürlichsten Ausprägungen. Einer der Gründe, warum es so häufig junge, heranwachsende Helden in dieser Ecke gibt.

Ich persönlich finde das inzwischen ein wenig langweilig, weil es so sehr nach 'die einfachste Lösung' riecht. Außerdem haben die allermeisten von uns noch Eltern und Familie, und manchmal würde ich einfach gern lesen, wie eine erwachsene Beziehung zur Familie funktioniert. Wenn man sich emanzipiert, weil es nun mal passiert, und nicht, weil ein Drache den Hof abgefackelt hat.

Okay, meine Eltern, mal schauen.
Teks Eltern leben. Ich weiß, was sie für Berufe haben. Sie haben keinen Kontakt mehr zu ihrer Tochter, aber sie sind in der Geisteswelt ihrer Tochter durchaus noch vorhanden und positiv besetzt. Sie sind eine halbe Welt entfernt und Tek hat den Familiennamen entehrt, es ist also keine einfache Bezihung, aber es ist eine da.

Edit, weil gerade vergessen: In der Stadt am Kreuz gibt es außerdem noch Nila Karett, alleinerziehende Mutter einer erwachsenden Tochter und Herrin eines mächtigen Handelshauses. Nila ist mit den Entscheidungen nicht einverstanden, lässt sie aber machen. Mir war wichtig, eine Frau zu zeigen, die ihr Leben trotz fieser Schicksalsschläge geregelt bekommt und genießt. Mit Kind, mit Job, mit Verantwortung, mit Fehlern, die sie gemacht hat.

Krai hat einen Vater. Von dem hat Krai sein Handwerk gelernt. Inzwischen steht Krai schon seit einigen Jahren auf eigenen Beinen und hat Karriere gemacht. Er ist eben erwachsen und führt ein selbstständiges Leben. Er könnte, wenn er wollte, jederzeit zu seinem Vater gehen und sowohl privates als auch fachliches mit ihm besprechen, aber andere Bezugspersonen sind inzwischen wichtiger. Krais Mutter wird nie erwähnt. Ich weiß, was da los geworden ist. Kurzform: Die Eltern haben sich getrennt, Krai ist bei Papa geblieben.

Die wichtigste Mutterfigur, auch für Krai, ist die schon erwähnte Rial Gore. Die ist regierende Königin, inzwischen mehrfache Großmutter und hat einen ihrer Enkel auf Grund von Abwesenheit der Eltern auch noch aufgezogen. Die Frau ist liebevoll und zärtlich, aber auch eine knallharte Politikerin und
Sorry but you are not allowed to view spoiler contents.
Staat und Familie sind bei ihr nur sehr schwer zu trennen. Rial war mal verheiratet und die Ehe war glücklich, aber der Gatte spielt in der Geschichte deine Rolle, da seit Jahren tot.

Ich finde das Konzept vom Abenteurer in der Welt, der eine Familie und intakte Wurzeln hat, sehr schön und möchte gern noch mehr damit arbeiten. Es heißt übertragen auf die Realität ja auch, du kannst frei sein und dein großartiges Leben leben, ohne deine Familie zu verlieren. Auch eine wichtige Lektion.

Liebe Grüße,
KaPunkt
She is serene
with the grace and gentleness of
the warrior
the spear the harp the book the butterfly
are equal
in her hands.
(Diane di Prima)

Araluen

Hmm, was habe ich denn so, auch wenn noch nichts davon veröffentlich ist?

Schatten der Vergessenen: Die Eltern des Protagonisten sind bereits verstorben. Er selbst findet im Laufe der Geschichte heraus, dass er Vater ist und muss sich damit arrangieren. Die Mutter seiner Tochter ist bereits tot, steht ihrer Tochter aber noch als Geist mit Rat und Tat zur Seite. Die Mutter seiner Klientin fällt mehr in die Kategorie machtgieriges Biest

Traumnetzwerk: Mutter aus dem Verkehr gezogen, Vater ein Kontrollfreak... nicht wirklich die harmonischsten Verhältnisse *gg*

Feuer im Wind: Hier spielen die Eltern nicht wirklich eine Rolle. Drachen kennen das System Eltern nicht. Elina lebt aus politischen Gründen schon seit Kindertagen nicht mehr bei ihren Eltern. Bleibt noch Cara. Die hat dafür an sich ein gutes Verhältnis zu ihren Zieheltern, von dem verständlichen Gefühlschaos abgesehen, wenn man erfährt, dass man adoptiert ist. Yeah! Eine normale E ltern-Kind-Beziehung und Mama Brynja ist hier eindeutig die Beste  ;D

Insgesamt schneiden die Mütter in meinen Geschichten aber doch shclecht ab, besser haben es da Omas und Väter ;) OB es daran liegt, dass ich den Kontakt zu meiner Mutter abgebrochen habe?, vermutlich... Ich sollte mal verstärkt auf meine Mütterbilder achten...

Dämmerungshexe

Zitat von: KaPunkt am 14. Mai 2018, 20:36:36
Natürlich ist es immer leichter, den Helden aus der Tür zu kriegen, wenn er keinen Anhang hat, der ihn ausbremst.
[...]
Ich persönlich finde das inzwischen ein wenig langweilig, weil es so sehr nach 'die einfachste Lösung' riecht.

Stimme ich zu. Vielleicht nicht "einfachste" Lösung, aber die gebräuchlichste. In wievielen Märchen schon sind die Protagonisten Waisen? Bei Disney ist das ja schon fast ein Running Gag. Es ist eine endgültige und starke Lösung, die gleichzeitig auch viel Spielraum für überraschende Wendungen lässt - Eltern, die doch gar nicht tot sind, oder es waren nur die Stiefeltern, unbekannte Verwandtschaft, Ein Familiengeheimnis, das gelüftet werden muss ...

Was mir manchmal in den Sinn kommt: Mütter spielen eher selten eine Rolle, da sie als "selbstverständlich" genommen werden. Für Kinder (früher wie zumeist auch heute) ist die Anwesenheit der Mutter eine Selbstverständlichkeit. Da ist es schwieriger ihren andauernden Einfluss genau zu erkennen und zu begreifen, es sei denn, es geschehen wirklich heftige Patzer. Deshalb erscheint es auch oft so, dass Mütter, wenn sie eine aktive Rolle bekommen, diese negativ besetzt ist. (Meine persönliche Überlegung.)
,,So basically the rule for writing a fantasy novel is: if it would look totally sweet airbrushed on the side of a van, it'll make a good fantasy novel." Questionable Content - J. Jacques

cryphos

Es geht auch anders. Siehe z.B. "Rad der Zeit" von Robert Jordan.
Eine ganze Latte der dort handelnden Personen haben noch Eltern und stehen auch teils im Dialog oder Zwist mit Ihnen.
Immer wieder wird die Eltern-Kind-Beziehung in den Romanen thematisiert und mit unterschiedlichen Schlaglichtern ausgeleuchtet.

der Rabe

Bei meinen Romanen ist es sehr unterschiedlich. (... dachte ich, bis ich mit den Beispielen durch war. ;) )

Romanmonster: Jovan hat keine Eltern mehr und sein Onkel ist der Auslöser dafür, dass er wegläuft. Maris Eltern haben sie verheiratet, Hauptsache raus aus dem Elternhaus. Sie selbst wird aber eine Drachenmutter sein, die ihre Kinder beschützt, wo es geht, und trotzdem selbst arbeitet und versucht die Welt zu retten.

Magoove: Eltern völlig außen vor.

Junalee: (Okay, das ist ein Kinderbuch) Eltern vorhanden und nett, aber sie können ihr bei ihren Problemen nicht helfen. Die Eltern ihres besten Freundes Piet sind auch eher die Leinwand, auf der Piets Streiche besonders zur Geltung kommen. Wichtiger sind Junalees Tanten, die beide (noch) keine Kinder haben.

Mart: (SF) Vater ist tot, Mutter ist völlig in der Gesellschaft integriert, in der Mart irgendwie fehl am Platz ist. Sie lieben sich und reiben sich aneinander, aber Marts Mutter gibt ihr immer Rückhalt, wenn es drauf ankommt. Und sie macht es Mart schon schwerer, ihre Heimat zu verlassen. Also im Sinne, dass sie sie vermissen wird.
Aktuelles Projekt: Petras Eltern sind völlig außen vor und werden nur kurz erwähnt. Aluh und Lillja sind selber Eltern, was vielleicht insofern spannend ist, dass Lillja keine Eltern hat. (sie ist ein digitaler Mensch) (es ist kompliziert ;) ) Aber Lillja ist diejenige, für die Unabhängigkeit und Stärke (auch ,,physisch" ... hm, also körperliche) wichtiger sind als für Aluh.

Hm. Also, wenn ich das so betrachte, sind bei mir meistens die Mütter stärker als die Väter, aber in der Regel auf eher unauffällige Weise. Was vielleicht auch daran liegt, dass ich einen Hang zu den eher unauffälligen Helden habe. (so wie Dr. Watson im ersten Sherlock-Film, als er ihm gerade kurz vorher das Leben gerettet hat. Ich war hin und weg.)


Oh, eine habe ich vergessen: Greta (das ist ein Jugendroman) - ihre Eltern sind eher auf den äußeren Stand bedacht und haben einen prima Reibungspunkt für sie geboten, als sie noch zusammengewohnt haben. Die Geschichte setzt ein, als das SChuljahr anfängt und Greta dann alleine wohnt. Ihre Eltern glänzen vor allem durch Abwesenheit. Der zweite Prota, Tommi, hat dagegen anders abwesende Eltern. Seine Schwester hat Asperger, weswegen er zurückstecken muss. Allerdings ist auch bei ihm hauptsächlich seine Mutter die agierende ...

Okay, ich gebe zu. Mein Vater glänzte auch durch Abwesenheit - selbst als er noch zur Familie gehört hat.  ;D
Bist du erst unten im Tal angekommen, geht es nur noch bergauf. (C) :rabe:

Simara

Mein erster Instinkt ist immer, meine Figuren zu Vollweisen zu machen, damit die Eltern aus dem Weg sind. Um dem entgegen zu wirken achte ich inszwischen aber immer brav darauf, zumindest ein paar  glückliche Familien über die Geschichte zu verstreuen  :engel:.

Positive/starke Mütter in der Literatur fallen mir spontan diese drei Beispiele ein:
Die Elenden (Victor Hugo): Fantine mag zwar kein glückliches Ende bekommen, aber da sie jemand ist, der alles für ihr Kind tut, würde ich sie schon auf die Liste setzen.
Der Bericht der Magd (Margaret Atwood): Die Mutter der Erzählerin kommt zwar nur in Rückblenden vor, ist jedoch eine der eindrucksvollsten Figuren im Roman.
Harry Potter (J.K.. Rowling): Molly Weasley, die ultimative Mutter.  :vibes:

AlpakaAlex

Wenn ich an Buchhelden denke, fallen mir tatsächlich ein paar mit guten Elternfiguren ein. Da haben wir die Mütter aus den Rick Riordan Büchern (oder im Fall der Kane Geschwister auch den Vater). Wobei die Bücher generell eine Vielzahl verschiedener Eltern-Kind-Dynamiken zeigen. Außerdem fällt mir Lyra aus His Dark Materials mit ihren nicht so tollen, aber gut geschriebenen Elternfiguren ein.

In dem Buch, dass ich aktuell lese (The Root), hat der Protagonist eine tolle, ziemlich toughe Mutter, selbst wenn diese aktuell ein wenig zu kurz kommt. Hat mir dennoch gut gefallen.

Meine fiktionalen Lieblingseltern sind allerdings nicht literarisch, sondern aus Anime. Darf ich sie dennoch nennen? Und zwar sind es die Eltern von Takato in Digimon Tamers und die Eltern von Doremi in Ojamajo Doremi (hey, die haben sogar Bücher). Generell zwei Serien, die ich toll finde in dieser Hinsicht, da sie sehr viele verschiedene und Vielschichtige Eltern/Kind Dynamiken aufbauen.

In meinen eigenen Geschichten ... Nun, ich schreibe nicht umsonst über erwachsene Charaktere. Die Haufen toter Eltern in Fiktion gehen ja nicht zuletzt auf oft jugendliche Protagonisten zurück, die einen Grund brauchen, frei agieren zu können. Der einfachste Grund: Die Eltern sind tot.

Das Problem habe ich mit erwachsenen Charakteren nicht, selbst wenn die Eltern meiner einen Protagonistin dennoch tot sind. Sie hatte sich jedoch schon vor deren Tod von ihnen entfremdet, weshalb sie auf der Beerdigung wenig verspürte. (Die beiden sind vermeintlich bei einem Unfall gestorben, doch sie vermutet, dass es ein Auftragsmord war, da es viele Zeichen dafür trug.) Meine andere Protagonistin lebt nicht weit von ihren Eltern entfernt, weiß aber oft nicht, wie sie mit diesen umgehen soll, seit ihr Vater mit einer Verletzung aus Afghanistan zurückkam.