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Wie komme ich zu meinen Hauptfiguren

Begonnen von Trippelschritt, 18. Oktober 2016, 17:32:43

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Trippelschritt

Zu meiner Überraschung musste ich feststellen, dass in Workshop viele Detailfragen zu Figuren diskutiert worden sind, aber die Grundlage zu allem, nämlich wie ich zu meinen Figuren komme, unbearbeitet geblieben ist.

Es gibt mehrere Methoden und davon wieder verschiedene Spielarten. Ich glaube die beiden Hauptmethoden sind Listen/Steckbriefe und Fragetechniken im weitesten Sinn, wozu auch die Interviewmethode gehört. Ich fange jetzt mal an mit meiner Methode, die, wie könnte es auch anders sein, die eines Bauchschreibers ist, der mit Listen und Steckbriefen nicht viel anfangen kann. Aber da er mit Plots auch nicht umgehen kann und deshalb dafür einen Umweg braucht, muss das nicht viel besagen.

Bevor ich mich um meine Figuren kümmere, die über eine erste Idee hinausgeht, brauche ich erst mein Setting oder meine Welt. Ich denke, das ist selbstverständlich, denn wenn ich eine mittelalterliche Welt habe, nutzen mir Informatikkenntnisse wenig. Und damit bin ich auch schon beim ersten Punkt.

1. Welchen soziokulturellen/familiären Hintergrund hat meine Figur.
Mit dieser Frage decke ich alles ab, was sie kann, weil sie es gelernt hat. Ihr Wertesystem, soweit es das ihre Zeit und sozialen Gruppe ist, was ihr die Eltern gezeigt und von ihr erwartet haben. Wo sie und unter welchen Bedingungen sie aufgewachsen ist. Kurzum: Meine Figur ist eine Figur einer ganz bestmmten Gruppe und ich lege fest, in wie weit sie gruppenspezifische Dinge (z.B. Normen) verinnerlicht hat und an welchen Stellen sie aus der Gruppe herausfällt. Auch ein Rebell protestiert nicht gegen alles und auch ein angepasster Schleimfisch ist nicht in allem einer Meinung mit den anderen. Da tut sich ein weites Feld auf.

2. Dann mache ich mir ein Bild davon, wie die Figur aussieht, gehe aber nicht ins Detail, weil ich hier später noch am meisten ändere. Aber ich möchte ein Bild vor Augen haben. Meine Figur muss für mich leben. Ich muss sie vor mir sehen, wenn sie lacht, zornig wird, um ihr Leben kämpft. Ohne ein solches Bilde brauche ich nicht weiter mit ihr zu arbeiten.

3. Was will meine Figur? Was will sie nicht. Was ist für sie wichtig? Welches Ziel hat sie? Was will sie für sich erreichen? Und was ist sie bereit zu tun, um ihr Ziel zu erreichen.
Ein äußerst schwieriger Punkt, weil er über die späteren Konflikte entscheidet, denn andere Leute haben auch Ziele. Und da knallt es später im Roman.

Ich habe noch mehr Punkte, aber an diesen dreien arbeite ich so lange, bis ich meine Figuren verstanden habe. Nichts ist so schlimm wie eine Figur, die für mich noch blass ist und mich selbst nicht packt. Langweilig ist die schlimmste Bezeichnung für eine meiner Figuren. Detailfragen können später kommen. Aber zunächst müssen sie leben.


Noch eine Anmerkung, warum ich nicht mit Listen arbeiten kann. Listen produzieren eine gewaltige Menge von Merkmalen, und der Autor steht vor der Schwierigkeit entscheiden zu müssen, welche dieser Merkmale er wirklich braucht in seiner Geschichte, denn zunächst sind sie alle gleich wichtig. Ich habe aber, wenn ich beginne zu schreiben, noch gar keine Geschichte. Also müsste ich mich mit diesem ganzen Material herumquälen.
Deshalb wähle ich den umgekehrten Weg. Ich beginne mit den ganz wichtigen Basics und erweitere dann während des Schreibens meinen Merkmalskatalog Schritt für Schritt. Ich arbeite also in Trippelschritten. Daher mein Nick.

Ich kann nicht sagen, welches die beste Methode ist, zu interessanten Figuren zu kommen. Ich weiß nur, welche Methode zu mir ganz persönlich passt. Anderes werden es anders handhaben. Und so sollte es auch sein.

Liebe Grüße
Trippelschritt


Maubel

Interessant, dass es dazu noch nichts gibt. Lustigerweise, obwohl ich absoluter Plotter bin, kann ich mit Steckbriefen und diesen Frage-Antwort Spielen, eigentlich allem, mit dem man so systematisch an Figuren rangehen kann, nichts anfangen. Ich glaube, da bin ich dann einfach mal ein Bauchfigurenerfinder ;) Tatsächlich ist es so, dass mir die Figuren zugeflogen kommen. Meistens sind sie der Anfang von allem, die Träger der Plotbunnys. Bei mir entsteht die Figur im Dialog. Da weiß ich noch nicht mal ihren Namen, nur die Geschlechter, aber sie reden über irgendwas, streiten oder necken sich meist. Dann purzelt auch schon der familiäre Hintergrund hervor und mit ihm die Welt und Bruchstücke des Plots.
Dann arbeite ich meist erst mal am Plot und die Figuren entwickeln sich von ganz alleine mit ihm und das organisch. Ganz selten frage ich meine Figuren, was sie eigentlich wollen, aber meistens ergibt sich das schon ganz organisch, weil es nur eine richtige Antwort gibt, in dem Setting, mit der Herkunft und dem Plot. Das Aussehen ist fast nebensächlich und ich muss sagen, dass ich mir da oft etwas zusammen würfle, gerade, was Augenfarbe angeht. Manchmal ist es aber auch gleich da - so wie letztens der blonde Lockenkopf - meine Männer haben fast nie Locken!
Zu guter Letzt gibt es konkrete Sachen, die ich an den Figuren tatsächlich plotte, zum Beispiel in meinem NaNo Projekt, was ihr Kampfstil ist.

Meine Methode hilft natürlich wenig, aber für mich ist die Figur eben das Plotbunny. Die kommt so wie sie ist und erzählt mir dann ihre Geschichte. Eine Hauptfigur gezielt zu entwickeln, würde mir die Leidenschaft nehmen, ihre Geschichte zu erzählen - wobei das nichts heißen muss. Ich habe schon öfter Nebenfiguren gezielt entwickelt, da ich noch dies und das brauche und die bringen ihre ganz eigenen Plotbunnys mit, die sie unbedingt auch noch in die Geschichte quetschen wollen.

Sternsaphir

Ich bin auch eher ein Bauchfigurenerfinder (cooler Begriff).
Ich entwickle Personen ganz unterschiedlich.
1. Vorweg habe ich ein Setting, ich überlege kurz, wer dort am besten (oder auch am wenigsten) hineinpasst und schubse die Figur ins Abenteuer.
2. Ich nur zwei bis drei Eigenschaften von der Figur im Sinn und ein vages Aussehen. Alles andere wie Hintergrund, Charakterzüge, Familie und sogar seine Intention entwickeln sich erst mit seinen ersten Schritten in der Welt, in die ich ihn gesetzt habe.
3. Er kommt auf einem weißen Plotbunny dahergeritten, wirft sein langes Haar in den Nacken und lächelt mich an. Kurz: ich habe vor dem Plot, dem Setting und dem Weltenbau eine detailierte Idee vom Prota.

Aber so richtig planmäßig vorgehen tue ich nicht, weil sich bei mir vieles während des Schreibens noch entwickelt und vielleicht hat er ja plötzlich in der Antagonistin eine verlorene Schwester gefunden o.ä.

Wollmütze

Hallou!

Ähnlich wie den beiden über mir geht es mir auch. Figuren spazieren durch meinen Kopf und ich fange einfach an, mit ihnen zu arbeiten. Ich habe schon viel versucht, Listen, Fragebögen, Steckbriefe... nur um am Ende entweder nie darauf zurück zu greifen oder alles beim Schreiben völlig umzuschmeißen. All diese Charakter-Plots sind Papierleichen in meinen Regalen die höchstens noch der Nostalgie dienen. Leider. Ich hätte wirklich gerne ein klares Bild vor Augen, bevor ich den Charakter in die Geschichte schmeiße. Das würde einiges an Zeit sparen, die später bei der Überarbeitung anfällt.

Was ich aber notiere sind Beziehungen und wie die Figuren untereinander zueinander stehen. Das, finde ich, ergibt immer eine gute Übersicht über Vorlieben, soziale Probleme, Werte und Ängste und so weiter.

heroine

#4
Wie die Hauptfigur entsteht hängt bei mir sehr stark davon ab, wie die Geschichte kommt und was für eine Art von Geschichte es ist.

Wenn es bei der Geschichte primär um Charakterentwicklung geht, dann ist der Charakter zuerst da (Ich will einen herzensguten Menschen, der zum Attentäter wird). Ich schaue mir in dem Fall an, was den Charakter ausmacht und was wichtig ist. Welche Teile seiner Persönlichkeit will ich im Laufe der Geschichte zerstören, transformieren oder ausarbeiten. Erst wenn ich das weiß schaue ich mir an was für Ereignisse dafür nötig sind (Vertrauensmissbrauch, Tod einer geliebten Person, Gehirnwäsche) und dann überlege ich mir in welcher Welt ich das meiner Meinung nach am Besten zum Ausdruck bringen kann. Was muss die Welt mitbringen damit genau diese Charaktereigenschaften, die ich im Verlauf der Geschichte thematisieren will, besonders gut zur Geltung bringen.

Wenn ich hingegen eine Geschichte erzählen will (Sterben einer Welt, Kampf Gut gegen Böse), dann ist die Welt für mich sehr viel wichtiger. Ich frage mich in dem Fall, aus der Perspektive welcher Personen könnte es für den Leser am spannendsten sein dieses Ereignis mitzuverfolgen. Was muss ein Charakter mitbringen um möglichst mitten drin im Geschehen zu sein? Oder: Wen will ich da rein schmeißen unabhängig davon ob er/sie/es gewappnet ist oder nicht?

Das meiste, vor allem die Feinheiten der Charaktere, kommt mit dem Schreiben. Und auch hier hängt es stark davon ab, was für eine Geschichte es ist, ob das Verhältnis zur Mutter (innig, gespannt, nicht vorhanden) relevant ist. Im Normalfall gehe ich ganz nach Bauch und interessanter Weise fügt es sich dann auch ganz gut. Nur als Beispiel: Das Verhältnis zum Vater ist gespannt, die Gespräche sind meistens trocken und trotzdem versucht der Prota immer wieder seinen Vater zu beeindrucken. In dem Fall habe ich vielleicht ein paar Gespräche, die ein bisschen spröde sind und dann auf einmal eine Situation in der der Prota versucht das Wohlwollen des Vaters zu gewinnen. Wenn es eine charaktergetriebene Geschichte ist, ist das vielleicht eine Schlüsselsituation, dann weiß ich bereits im Vorfeld davon, weil es essentiell wichtig ist, dass sein Vater ihn in dem Moment verspottet. Bei der plotgetriebenen Geschichte ist es im Endeffekt egal ob sein Vater ihn auslacht oder Tränen der Rührung seine Wangen hinablaufen. Also habe ich mir darüber auch keine Gedanken gemacht, es passiert einfach und ich schaue dann, wie sich das weiter auf die Entwicklung des Charakters auswirkt. Charakterentwicklung passiert ja immer, ob man nun hauptsächlich eine große Geschichte erzählen will oder eben der Charakter im Vordergrund steht.

Nun zur eigentlichen Charakterentwicklung. Ich arbeite nicht mit Interviews und nicht mit Steckbriefen. Ich sortiere den Charakter meistens erst einmal grob irgendwo ein. Als was würde er sich selbst sehen und wie beschreiben?
Beispiel: Er beschreibt sich als Feminist. Dann ist Beruf eher nebensächlich, dann geht es vor allem um Werte, Politik und Gesellschaft. Wenn jemand anderes den Begriff hört, welche Klischees und Vorurteile werden bedient? Wo erfüllt der Charakter sie und wo nicht? Wie wurde er geprägt? Wie lebt er das aus?
Anderes Beispiel: Sie ist Biologin. Sie definiert sich über ihren Beruf. Also geht es bei dem Charakter mehr um berufliche Schwerpunkte. Es zählen berufliche Ziele und der Lebenslauf ist wichtig.

Ausgehend von dieser Basis kommen dann Feinheiten (soziale Interaktion, Ängste, Verpflichtungen, Fehler), die immer abhängig von der Geschichte und der Welt sind. Wenn in der Geschichte keinen Spinnen vorkommen ist es ziemlich egal ob der Prota panische Angst vor Spinnen hat. Wenn das Setting ein Gefängnis ist, dann spielt es keine Rolle ob die Prota eine gute Surferin ist. Wohingegen wenn der Prota Probleme mit Sklaverei hat, dann wird das Thema Sklaverei immer wieder aus unterschiedlichen Perspektiven und mit unterschiedlichen Geschichten aufgegriffen. Dann bekommt er keine Ruhe, dann muss er vielleicht sogar mit einem Sklaven diskutieren, der es für bescheuert hält die Sklaverei abzuschaffen.
Während dieser Phase er Charakterentwicklung schaue ich mir besonders die Abweichungen von dem an was erwartet wird. Wo hebt sich mein Charakter von anderen Charakteren in der gleichen Position, in einer vergleichbaren Welt ab? Aber ebenso wichtig ist auch: Wieso ist das relevant für die Geschichte oder wie kann ich das relevant für die Geschichte machen? Das kann dann absurd sein (der Briefmarken sammelnde Foltermeister – der jemanden nicht so richtig foltert, weil die Person ihm mal Briefmarken geschenkt hat), tragisch (die einzige unmagische Hexe der Familie, auf der Suche nach Magie, die sie auch wirken kann) oder auch etwas ganz anderes (der Charakter schläft nie, und die ganze Welt ist ohne ihn in einen Dornröschen-Schlaf gefallen).

Wenn ich weiß, was den Charakter ausmacht und wie er sich von andern abhebt, dann lass ich ihn meistens einfach los und schaue wie er sich in der Geschichte schreibt und einbringt. Wenn ich Glück habe entpuppt er sich als Volltreffer. Wenn ich weniger Glück habe, dann fange ich mit einer Person an und ein anderer Charakter drängt sich aus dem Hintergrund vor und ersetzt den ursprünglichen Prota. Solche Wechsel empfinde ich persönlich als nicht sehr schlimm. Dann weiß ich wenigstens, dass der Prota auch wirklich der richtige Prota ist. Bei diesen Protas habe ich dann meistens keinerlei Vorstellung im Vorfeld, das kommt dann allein durchs schreiben.

Araluen

Von Steckbreifen und Fragebögen halte auch ich recht wenig. Würde ich so vorgehen, käme mir die Figur sehr konstruiert vor. Meist reiten sie auf dem Plotbunny vor meine Haustür und stellen sich vor. Ich arbeite gerne mit Vorgeschichten. Wenn ich weiß, wie die Figur war und was sie erlebt hat, bevor die Geschichte beginnt, dann weiß ich auch aus welchen Gründen sie wie auf bestimmte Stiutationen reagiert. Das muss keine seitenlange Biographie sein, aber eine Vorgeschichte habe ich eigentlich immer zu meinen Figuren. Dafür verzichte ich auf Attributzuweisungen. Zudem spiele ich genau wie Maubel sehr gerne mit Dialogen. Im Kopf unterhalten sich Prota A und Prota B und ich hör zu und erfahre dabei eine Menge über beide, ohne dass sie es merken. Wie heroine schon anmerkte, ist es auch wichtig zu wissen, wohin man mit der Figur möchte. Denn, wenn sie da ist, wo ich sie haben möchte, dann muss sie da auch irgendwie hingekommen sein und fürmich ist das eins ehr wichtiger PRozess der Figurenentwicklung.

Leann

Mit Steckbriefen und Fragebögen kann man mich jagen. Das erinnert mich immer an diese Art Poesiealben, die früher in der Schule herumgereicht wurden. Meine Figuren sind plötzlich da und ich habe keine Ahnung, wo die herkommen. Ich habe tatsächlich schon oft darüber nachgedacht, denn irgendwas muss mich ja inspirieren, aber das geschieht offenbar so unbewusst, dass ich es nicht benennen kann.

Die Figuren sind dann zwar da, aber ich kenne sie manchmal noch nicht so gut. Um sie besser kennenzulernen tu ich so, als wäre ich die Figur. Eigentlich ist "so tun" der falsche Ausdruck, denn während dieser Phase bin ich die Figur. Meistens mache ich das, wenn ich jogge. Oder wenn ich faul auf dem Balkon liege. Am besten ist noch, wenn ich dabei ein bisschen eindöse (beim Joggen natürlich nicht!). Es ist oft schmerzhaft, manchmal schön, ab und zu auch fast unerträglich, eine bestimmte Figur zu sein. Aber eine andere Methode funktioniert für mich nicht und ich gebe zu, dass ich es auch genieße, jemand anderes zu sein.

Macht das noch jemand so?

Maubel

Zitat von: Leann am 19. Oktober 2016, 07:46:44
Die Figuren sind dann zwar da, aber ich kenne sie manchmal noch nicht so gut. Um sie besser kennenzulernen tu ich so, als wäre ich die Figur. Eigentlich ist "so tun" der falsche Ausdruck, denn während dieser Phase bin ich die Figur. Meistens mache ich das, wenn ich jogge. Oder wenn ich faul auf dem Balkon liege. Am besten ist noch, wenn ich dabei ein bisschen eindöse (beim Joggen natürlich nicht!). Es ist oft schmerzhaft, manchmal schön, ab und zu auch fast unerträglich, eine bestimmte Figur zu sein. Aber eine andere Methode funktioniert für mich nicht und ich gebe zu, dass ich es auch genieße, jemand anderes zu sein.

Macht das noch jemand so?

*meld* Ja, hier. Extremes Kopfkino als Figur, im Grunde Rollenspiel mit sich selbst. Das habe ich als Kind ständig gemacht und bin eigentlich nie rausgewachsen. So komme ich dann auch zu Schlüsselszenen. Es ist nur verdammt schade, dass ich die Dialoge dabei nicht mitschneiden kann. Die sind manchmal besser als mein Ergebnis.

Leann

Ja, genau! Das hat bei mir auch schon als Kind angefangen. Später hatte ich dann sogar ein paar Freunde, mit denen ich ständig draußen spannende Rollenspiele gemacht habe. Dass die geschriebenen Dialoge nicht mit dem Kopfkino mithalten können, erlebe ich leider auch oft.

Maubel

Ja mit einer Freundin habe ich das auch recht lange intensiv betrieben - ich glaube, bis wir 15 waren oder so - dann nahm ihr Interesse ab und von dort an nur noch im Kopf. Man bin ich froh, dass es nicht nur mir so geht ^^

Araluen

#10
*meldet sich ebenfalls* Ich gehöre auch zu der Fraktion "Ein-Mann-Rollenspieler-mit Kopfkino". Wenn ich morgens vom Bahnhof zur Firma laufe, "spiele" ich in Gedanken. Das habe ich schon als Kind gemacht, auch mit einer Freundin und bin wie Maubel nie ganz raus gewachsen. UNd ja, das Kopfkino ist so viel besser als das geschriebene Wort meistens. Ich kriege die tollen Dialoge nie wider so hin. Da wünsche ich mir doch glatt eins dieser Implantate aus meiner aktuellen Dystopie.

Trippelschritt

#11
Zitat von: Leann am 19. Oktober 2016, 07:46:44
Mit Steckbriefen und Fragebögen kann man mich jagen. Das erinnert mich immer an diese Art Poesiealben, die früher in der Schule herumgereicht wurden. Meine Figuren sind plötzlich da und ich habe keine Ahnung, wo die herkommen. Ich habe tatsächlich schon oft darüber nachgedacht, denn irgendwas muss mich ja inspirieren, aber das geschieht offenbar so unbewusst, dass ich es nicht benennen kann.

Die Figuren sind dann zwar da, aber ich kenne sie manchmal noch nicht so gut. Um sie besser kennenzulernen tu ich so, als wäre ich die Figur. Eigentlich ist "so tun" der falsche Ausdruck, denn während dieser Phase bin ich die Figur. Meistens mache ich das, wenn ich jogge. Oder wenn ich faul auf dem Balkon liege. Am besten ist noch, wenn ich dabei ein bisschen eindöse (beim Joggen natürlich nicht!). Es ist oft schmerzhaft, manchmal schön, ab und zu auch fast unerträglich, eine bestimmte Figur zu sein. Aber eine andere Methode funktioniert für mich nicht und ich gebe zu, dass ich es auch genieße, jemand anderes zu sein.

Macht das noch jemand so?




Ja, ich  :vibes:
Trippelschritt

canis lupus niger

Zitat von: Leann am 19. Oktober 2016, 07:46:44
Macht das noch jemand so?

Ja, hier! Ich! Ich unterschreibe alles, was ihr dazu geschrieben habt und bekenne mich schuldig.

HauntingWitch

Zitat von: Wolli am 18. Oktober 2016, 23:10:57
Ähnlich wie den beiden über mir geht es mir auch. Figuren spazieren durch meinen Kopf und ich fange einfach an, mit ihnen zu arbeiten. Ich habe schon viel versucht, Listen, Fragebögen, Steckbriefe... nur um am Ende entweder nie darauf zurück zu greifen oder alles beim Schreiben völlig umzuschmeißen.

Mir geht es genau gleich. Sie kommen einfach und sind da. Ich habe aber immer ein klares Bild von Aussehen, Körpersprache, Auftreten usw. im Kopf. Das Hilft mir sehr, Verwirrungen zu vermeiden. Hintergrund kommt meist mit dem Charakter, die klopfen an meine Tür und sagen so etwas wie: "Meine Eltern haben sich scheiden lassen" oder "Dein neuer Lieblingsprota hat's mit meiner Frau getrieben" - dann weiss ich schon ein bisschen etwas über sie und von diesem Ausgangspunkt lasse ich den Faden ausrollen.

@Leann: *Hier*. Ich bin so froh, dass ich nicht die einzige bin, die das macht.  ;D

Siara

Was bin ich froh, dass so viele offenbar mit dem systematischen Erfinden der Figuren nichts anfangen können. Meistens entstehen die Figuern, um ehrlich zu sein, erst beim Schreiben. Natürlich ist zumindest bei denen, mit denen ich starte, bereits vorher klar, aus welchen Lebensumständen sie stammen, und vielleicht noch Geschlecht und Alter. Aber das war's dann meistens auch schon. Teilweise fängt es auch mit einem Stereotyp an, beispielsweise mein gutaussehender, narzisstisch veranlagter und wahnsinnig gewitzter Falschspieler und seine Freundin, die Meisterdiebin. Aber während des Schreibens driften sie ganz von allein in speziellere Richtungen, entwickeln Schwächen, Eigenheiten und das, was ich einfach als "Lebendigkeit" bezeichne. Außerdem treten selbst Hauptfiguren bei mir oft vollkommen ungeplant auf und verlangen dann ihren Platz in der Handlung. In diesem Fall sehe ich dann, ob sie tatsächlich in eine essentielle Rolle wachsen, und wenn nicht, werden sie eben gnadenlos gestutzt oder gestrichen.

Das genaue Planen lasse ich inzwischen am Anfang ganz sein. Zum einen versteift es mich, und am Ende weiß ich dann jedes Detail über eine leblose Marionette. Zum anderen entwickeln sie sich ohnehin immer anders, als es eigentlich angedacht war. Nach den ersten 50-100 Seiten fange ich dann aber an, mir mehr über ihren Charakter zu notieren, zu diesem Zeitpunkt reden sie dann auch meistens schon von ganz allein über sich.

"die Figur zu sein" passiert mir nicht bei allen. Bei den Perspektivträgern kommt es schon vor, aber bei den anderen Figuren nur in Ausnahmefällen.
I'm going to stand outside. So if anyone asks, I'm outstanding.