• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

die (deutsche) Sprache, in der man schreibt

Begonnen von Franziska, 12. August 2007, 17:50:47

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Franziska

Das Fremdsprachenthema hat mich auf die Idee gebracht mal ein Thema zur Sprache allgemein zu eröffen. Ich hoffe, das gabs nicht  schon mal, ich habe nichts gefunden.

Was mich mal interessieren würde: erstens kommen die Mitglieder hier ja aus ganz Deutschland oder auch Shcweiz, Österreich. Und überall gibt es sprachliche Eigenheiten. Ich komme aus Hamburg, und behaupte mal einigermaßen Hochdeutsch zu sprechen, aber da ich jetzt im Ruhrgebiet wohne stelle ich fest, da gibts doch viele Unterschiede. Wie macht ihr das, wenn ihr sichergehen wollt auf Hochdeutsch zu schreiben? Es wäre ja seltsam, wenn in einer Fantasywelt Wörter benutz werden, die man nur in Hamburg kennt oder nur in Bayern.

zweitens: folgt ihr immer dem neuesten Sprachtrend, schreibt ihr immer zeitgleich anstatt gleichzeitig ( das Wort gleichzeitig scheint praktisch nicht mehr zu existieren) und Studierende statt Studenten, was ich persönlich nie tue. Um es mit Max Goldt zu sagen:  ,,Wie lächerlich der Begriff Studierende ist, wird deutlich, wenn man ihn mit einem Partizip Präsens verbindet. Man kann nicht sagen: In der Kneipe sitzen biertrinkende Studierende. Oder nach einem Massaker an einer Universität: Die Bevölkerung beweint die sterbenden Studierenden. Niemand kann gleichzeitig sterben und studieren." (aus: ,,Wenn man einen weißen Anzug anhat", Kapitel ,,Was man nicht sagt").
Oder sind euch solche Sachen sowieso ganz egal, weil ihr wegen der Fantasy-Welt eher in einem altmodischen Deutsch schreibt?

THDuana

Studierende ist wohl so ein Neu-Deutsches Wort und diese ... Sprache lehne ich ab.
Ich sage auch immer noch Base und Vetter ;)
Auch wenn ich als altklug hingestellt werde, versuche ich reines Hochdeutsch zu sprechen. Im Schwabenland gar nicht mal so einfach, wenn man mit dem Nominativ "der Butter" aufwächst.
Ich halte mein Deutsch also rein von Modewörtern und ganz besondern von Denglisch. Wenn ich was Englisches sagen will, rede ich den Satz drumherum auch auf Englisch. Also keine "okays" bei mir.

Ich komme aus Deutschland und bin hier auch aufgewachsen, obgleich man den schwäbischen Dialekt wohl nicht als sehr Hochdeutsch freundlich bezeichnen kann.
Gleichzeitig - Zeitgleich. Es drückt wohl dasselbe aus, aber ich sage dennoch gleichzeitig. Und so wie ich spreche, schreibe ich auch.
Ich kann mir nicht sicher sein, Hochdeutsch zu schreiben, denn ich kenne einige Wörter, die andere so nicht kennen. Bestes Beispiel: Mittagschule. Für mich etwas ganz Natürliches, bis ich schräg angesehen werden und die Frage kommt, was denn bitte schön "Mittagschule" sei. Nachmittagsunterricht, ist doch klar.  8)


Hr. Kürbis

Hm, ich bilde mir ein, ein ziemlich umgangssprachliches Hochdeutsch zu beherrschen, bin auch noch weit genug von Hamburg weg, um nicht in den dortigen "Slang" zu verfallen... Meistens beschränkt sich mein "fehlerhaftes" Deutsch auch auf kulinarische Begriffe, zum Beispiel stehe ich mit "Bulette" ziemlich allein auf weiter Flur, weil es hier eigentlich "Frikadelle" heißt... Da ist die Oma schuld, die den Begriff aus ihren Kriegsjahren im Osten "eingeschleppt" hat. ;)

In einer Fantasygeschichte würde ich aber keine Charaktere solche Begriffe benutzen lassen, ebenso wenig würden sie sich mit dem hier auch üblichen "Moin!" begrüßen. ;D Da heißt es dann wohl "Fleischkloß", für jeden verständlich...

Aber als ich bei Maja ein bisserl GeBETAt habe, sind mir zwei (vermutlich) regional bedingte Redewendungen schon irgendwie aufgefallen... Wenn ich nur wüsste welche das waren? :hmmm:

THDuana

Hier im Süden heißt die Bulette/Frikadelle "Fleischküchle" ;D


Antigone

Ich bin aus Österreich und schreibe (und sage natürlich auch) immer : Türe. Korrekt heißts natürlich Tür. Ansonsten bemühe ich mich um gepflegtes Hochdeutsch, denn glaubt mir, im Wienerischen gäbe es so einige Begriffe, die garantiert keiner versteht!

Ah ja, noch was: ich verwende immer Vetter beim Schreiben, weil ich das (zumindest optisch) französische Cousin in einer Fantasywelt denkbar unpassend finde.

Lg, A.

THDuana

Mit französischen Fremdwörtern habe ich sowieso meine Probleme ... :d'oh: Den Kriegspfad hat meine Deutschlehrerin angelegt ;)

@ Antigone
Ich vergesse immer, wie Blumenkohl und Tomate auf Österreichisch heißen ;)

Franziska

also Cousin benutze ich schon. Vetter ist mir da doch zu altmodishc und zu uneindeutig. Das Problem ist, in der Fantasywelt sprechen die Leute sowieso eine andere Sprache, aber man muss es in deutsch schreiben. Bei meinem Roman habe ich mich entschieden, meine Charaktere  ab und zu mal was umgangssprachliches sagen,zu lassen, denn wenn ich mir neue Wörter ausgedacht hätte, hätte ich die erklären müssen und da sie sowieso arabisch sprechen ...
Aber mit dem Hochdeutsch ist es schon schwierig, ich wusste vor meinem Umzug auch nicht, dass niemand außerhalb Hamburgs das Wort Feudel versteht und anstatt Jungen schreibe ich gern mal Jungs :pfanne:

Antigone

Zitat von: Duana am 12. August 2007, 20:25:55
Mit französischen Fremdwörtern habe ich sowieso meine Probleme ... :d'oh: Den Kriegspfad hat meine Deutschlehrerin angelegt ;)

Na, frag mich da mal. Ich wollte neulich mal Fe... äh Fau... äh.... na Polstersessel auf französisch schreiben, und wie frau sieht, weiß ichs immer noch nicht. (zu meiner Ehrenrettung: ich hatte nie Französisch in der Schule)

Zitat@ Antigone
Ich vergesse immer, wie Blumenkohl und Tomate auf Österreichisch heißen ;)

Das wären dann Karfiol und Paradeiser. Und der Mais heißt übrigens Kukuruz.

Lg, A.

Berjosa

Ich bin bekennende Dialektsprecherin. Und beim Schreiben desselben stört mich eigentlich nur die Tatsache, dass man für bestimmte Laute wenig bekannte Spezialbuchstaben braucht.
Wenn ich Arbeiten aus der Schweiz oder aus Österreich korrigiere, hoffe ich nur, dass ich mich nicht gar zu unwissend zeige, indem ich prinzipiell richtige Ausdrücke anstreiche. (Andererseits habe ich da bestimmte Vorgaben, z.B. äußerst sparsamen Gebrauch von Fremdwörtern.)
Ich freue mich auch immer wieder, wenn ich weniger gängige Ausdrücke kennenlerne, seien sie nun "veraltet" oder in einer anderen Ecke des deutschen Sprachgebiets zu Hause.
Damals, als ich noch jung war und das Ding studienbedingt auswendig lernen musste, stand übrigens "Feudel" als offizielle Vokabel im "Thematischen Grund- und Aufbauwortschatz Spanisch" von Klett.

Solatar

Ich achte nicht darauf, ob etwas alt oder neu ist. Das wäre mir zu anstrengend und wahrscheinlich wüsste ich es in den meisten Fällen noch nicht einmal. Deshalb verwende ich auch immer noch gleichzeitig und nicht zeitgleich. Mit neuer Rechtschreibung könnt Ihr mich sowieso jagen. Nie gelernt und es wird wohl auch nicht mehr dazu kommen. Wahrscheinlich bildet sich dann im Lauf der Jahre durch ständiges Lesen und Schreiben eine Art Mischform heraus.  ::)

Jedenfalls sollte man m.E. darauf achten, seinen eigenen, unverkennbaren Stil zu entwickeln. Ich schreibe keine Lehrbücher für den Deutschunterricht, von daher kann es durchaus sein, dass sich der ein oder andere Spezialbegriff in die Texte einschleicht. Damit müssen dann die Lektoren klar kommen  :ätsch:

Coppelia

Seit wann gibt es denn das Wort gleichzeitig nicht mehr? Das kann ich so recht nicht glauben.  ??? Die Wörter bedeuten ja auch nicht völlig dasselbe, zumindest habe ich den Eindruck.

Es gibt ja einfach Dinge, die gehören sowieso nicht in die erzählende Sprache, wie diese Partizipien. Das ist eben offizielle Sprache oder Amtssprache, da komme ich sowieso nicht in Verlegenheit, solche Wörter zu benutzen.

Meine Stilebene ist immer abhängig vom Perspektiventräger. Ich verwende auch nur Vokabular, das dem Sprech- und Denkvermögen des Perspektiventrägers angemessen ist. Ich wechsle aber praktisch nie zu sehr modernen oder sehr altertümlichen Wörtern, weil mir ein gut verständlicher und stimmiger Text wichtig ist. Aber Fremdwörter würde ich z. B. nur verwenden, wenn ich weiß, dass der Perspektiventräger sie kennt und am besten auch selbst benutzt.
Dialekt verwende ich nicht ... ich sage ja immer, ich spreche keinen (hier in Kiel), aber natürlich hat unsere Sprache auch ihren eigenen Klang. Ich finde Dialekte in Texten nicht schön zu lesen, weil es das normale Schriftbild stört und schwerer verständlich ist. Im Text stolpern oder hängenbleiben mag ich nicht.

Steffi

Mein Sprechen ist ein Mischmasch aus Ruhrdeutsch und starker Umgangssprache; in der Region, in der ich lebe, fließt das sowieso stark zusammen. In anderen Gegenden des Ruhrgebietes ist der Akzent wesentlich stärker ausgeprägt.

Ich versuche schon, Hochdeutsch zu Schreiben aber wenn die ein oder andere regionale Redewendung einfließt, dann stört mich das nicht. Ich fand es schon als Kind in Büchern spannend wenn regionale Ausdrücke drin vorkamen, die ich so nicht kannte.
Sic parvis magna

Grey

Zitat von: Franziska am 12. August 2007, 20:38:29
Aber mit dem Hochdeutsch ist es schon schwierig, ich wusste vor meinem Umzug auch nicht, dass niemand außerhalb Hamburgs das Wort Feudel versteht

Einspruch! Ich kenn das Wort Feudel auch! ^^ In Ostwestfalen-Lippe durchaus auch ein Begriff!

Aber ich bin manchmal schon etwas verwundert, wenn ich feststellen muss, dass jemand mit der Frage: "Wo kommst du n wech?" genauso wenig anfangen kann wie mit Pölterbuchse, überprünen, Pinöckel, Pömpel, nöckeln und zergen ... ::)

Oder wie war das doch gleich mit dem superwichtigen Wort "Chbimim"? Kennt keiner? Doch ...

"Chbimim Auto gefaahrn ..." ;D ;D ;D

Maran

#13
Zu zeitgleich und gleichzeitig wollte ich vorhin schon mal etwas schreiben, hielt mich jedoch zurück. Nun muß es aber dennoch raus, sorry.  :-X :-\

Wenn man diese Begriffe in einen - ich weiß nicht, wie ich es anders ausdrücken soll - räumlichen Zusammenhang bringt, dann, so denke ich, erkennt man schon Unterschiede. So können zwar zwei Personen gleichzeitig auf einen Gegenstand losstürmen (also an einem Ort), zeitgleich geschehen aber Dinge an verschiedenen Orten . Ich bezweifle sehr stark, daß meine beiden Hände zeitgleich einen Gegenstand zu fassen kriegen - oder irre ich mich?


@Franziska: Feudel wie Wischmopp? Ist auch den Schleswig-Holsteinern ein Begriff. Naja, wir sind ja auch nicht soooo weit weg von Hamburg.  ;D

Linda

Hi,

im Bergischen Land hat ja jede Kleinstadt, jedes Tal, seine eigene Mundart - und wenn mein Vater mit Jugendfreunden loslegt, verstehe ich immerhin etwas, ebenso wie ich auch rheinisch geprägt bin. Aber aktiv gebrauche ich das auch nicht, was irgendwie schon schade ist, wenn auf diese Weise Kultur untergeht.
  Ich schreibe und spreche relativ sauberes Hochdeutsch (was auch beim Lektorieren hilft). Wenn mir irgendwo in einem Text ein unbekanntes Wort begegnet (und damit meine ich nicht Feudel, das ich auch kenne) schlage ich das nach oder versuche es sonstwie herauszufinden. Zum einen bin ich sehr neugierig, zum anderen ist ein breiter Wortschatz immer von Nutzen.
Regionalsprachen etc sind in Grenzen hervorragend geeignet, um im literarischen Sinne spezielle Figurensprache zu kreieren - oder in Übersetzungen bspw. eine typisch dialektisch gefärbte Redeweise nachzubilden. Also nicht, dem Cockney-Typen breitesten Ruhrpott-Dialakt zu verpassen, aber vielleicht die eine oder andere Ableitung, Verschleifung oder ähnliches unterzujubeln, dass diesen Sprecher unverwechselbar macht und gleichzeitig den entsprechenden Anklang (hier für den Cockney z.B. prollig) wiedergibt.

Gruß,

Linda