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Frauen in Führungspositionen

Begonnen von LinaFranken, 08. März 2016, 02:50:39

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Maubel

Zitat von: Dino am 08. März 2016, 11:31:11
Tatsächlich habe ich bis gerade noch nicht einmal darüber nachgedacht, warum der Schuldirektor ein Direktor ist und keine Direktorin.

Es steckt schon im Wort. Gerade in der deutschen Sprache (englisch weniger), sind viele Berufsbezeichnungen eben erst mal männlich. Ich bin jetzt nicht dafür immer das lästige er/innen zu benutzen, aber dadurch wird einem sofort ein Geschlecht suggeriert und wenn man nicht darauf achtet, sind plötzlich alle nur kurzauftretenden Personen und manche Nebencharaktere plötzlich männlich. Genauso ist es Gewohnheit hauptsächlich von Männern zu lesen. Wahrscheinlich weil nach dem klassischen Rollenbild, die Frauen eben wenig sagen und vielleicht ganz unsichtbar zu Hause bei den Kindern sitzen. Zum Beispiel, wenn der Held jemanden nach dem Weg fragt, ist das in den meisten Fällen ein Mann.
Solche Gewohnheiten sind ganz schwer abzuschütteln und man muss sich damit bewusst auseinander setzen. Auf die gleiche Weise gehen wir aber auch mit Rasse um. Wenn man nicht gerade im Fantasy auf Fantasyrassen zurück greift oder Rassen generell Thema des Romans sind, sind bei mir oft alle Charaktere hellhäutig. Im Grunde wird es nicht charakterisiert, aber in meinem Kopf sehen sie eben "weiß" aus. Und das hat lediglich damit zu tun, dass mein Umfeld nun mal größtenteils "weiß" ist und mein passives Bewusstsein so eben diese Defaulteinstellung hat. Das nur als Vergleich zu Frau und Mann, wie sich das eben einfach vom Status Quo den man selber erfährt, ableiten kann.

Shedzyala

#16
Zu 1)
Ich sehe eine Quote zwiespältig. Denn ja, selbstverständlich will ich als Frau nicht nur deshalb angestellt werden, weil mein Arbeitgeber eine Quote erfüllen muss. Aber: Noch viel weniger will ich einen Job nicht kriegen, nur weil ich eine Frau bin. Denn in beiden Fällen würde ein schlechtes Gefühl bleiben, im ersten hätte ich dann aber wenigstens den Job, den ich wollte. Und ja, Fall zwei ist gar nicht mal so unwahrscheinlich. Ich habe selbst schon von einem Personaler im Freundeskreis gehört, dass eine qualifizierte Frau nicht eingestellt wurde und man sich für einen weniger qualifizierten Mann entschied, da die Frau Ende 20 war und da doch bestimmt bald das Kinderkriegen losgeht. Und da ging es um den IT-Bereich, also nicht mit körperlicher Arbeit, wo eine Schwangere für Monate ausfallen könnte (und natürlich ist nicht einmal gesagt, ob diese Bewerberin überhaupt je Kinder haben wollen würde). Und eine Freundin von mir wurde bei der Beförderung übergangen zu Gunsten eines jüngeren und unerfahrenenen Kollegen, weil sie schwanger war und Frauen danach doch immer so häuslich werden. Sie ging nach Ende des Mutterschutzes übrigens wieder Vollzeit arbeiten, weil ihr Mann sich ein Jahr Elternzeit nahm. Beim zweiten Kind haben sie dann getauscht, auch weil sie nicht einsah, ihrem Chef noch einmal entgegen zu kommen (und mittlerweile hat sie auch den AG gewechselt).
Also ja, wenn ich die Wahl habe, ob ich positiv oder negativ diskriminiert werde, dann wähle ich immer die positive Diskriminierung. Von daher finde ich, eine Quote ist nicht zwar nicht die beste Idee, aber eine bessere als gar keine. Denn das sich das Weltbild eines Tages ändert, ist wunderbar für meine einstige Enkeltochter (falls sie denn mal existieren wird), aber warum soll ich deshalb zurückstecken? Weil sich Männer diskriminiert fühlen könnten? Sorry, ich bin einfach zu egoistisch, um bei der Wahl zwischen mir und den anderen, die anderen zu wählen.

Wobei ich dazu natürlich erwähnen sollte, dass, sollte man meine Krankenkasse fragen, ich momentan Hausfrau bin (wer meine Wohnung fragt, bekommt eine andere Antwort ;)). Wir hatten nach Studiumsende gesagt, wer zuerst einen Vollzeitjob ergattert, dem zieht der andere hinterher, und tja, das war eben er. Leider ist hier in der Gegend der Arbeitsmarkt für mich nicht so toll, also schlage ich mich grad mit Minijob und Aufbau meiner Selbstständigkeit rum und überlasse nach ganz klassischem Modell ihm die Karriere. Das war aber wiederum unsere gemeinsame Entscheidung, auch wenn mein 18jägriges Ich über meine aktuelle Arbeitssituation nur den Kopf schütteln könnte ;D

@Lina Franken
Wo du die Glitzernägel erwähnst: Ich bin überzeugte Rockträgerin und besitze mittlerweile nicht einmal mehr Hosen. Und ich habe schon häufiger die Beobachtung gemacht, dass sich Männer eher ungern von einer Frau in Röckchen am Computer helfen lassen, die Frau in Jeans aber ranlassen, selbst wenn sie sagt, dass sie nur rät. Das ist natürlich nur eine ganz subjektive Beobachtung, aber manche Männer scheinen ein Problem damit zu haben, "weibliche" (in Anführungszeichen deshalb, weil natürlich jede Frau weiblich ist, egal ob sie sich so anzieht, wie es gesellschaftlich gern gesehen wird) Frauen mit Kompetenz zu verbinden.

Zu 2:
Ich habe starke und schwache Frauen, wobei ich die starken lieber schreibe. Das sagt aber nicht viel, weil ich auch starke Männer lieber schreibe. In modern Settings achte ich darauf, das Führungspositionen gleichmäßig zwischen den Geschlechtern verteilt sind, in mittelalterlichen Settings gebe ich Männern in Führungspositionen manchmal Frauen an die Seite, die insgeheim lenken. Und für gewöhnlich gibt es da immer mindestens eine Frau, die von ihrer klassischen Geschlechterrolle so gar nichts hält ;)
Wenn sie dich hängen wollen, bitte um ein Glas Wasser. Man weiß nie, was passiert, ehe sie es bringen ...
– Andrzej Sapkowski, Die Dame vom See

Churke

Lol, Frauen in Führungspositionen heute, das sind Nulpen wie Mutti, Panzer-Uschi, Carly Fiorina, Marissa Mayer, Nestoria Kirchner oder Hillary Clinton.  :rofl:

Klar muss eine Quote her, wir brauchen unbedingt mehr von denen!

Und während man unfähig Männer feuern darf, gibt's für die Damen der Schöpfung nur Jubelpresse. Im neuen Matriarchat sind Nullinnen immer super. Echte Führungsqualitäten dagegen werden gnadenlos niedergemacht und mit testosterongesteuerten Machos assoziiert. Pfui, wollen wir nicht! Der Verbraucher wird schrittweise auf neues Denken konditioniert.

ad 2.
Damen wie die oben genannten sehe ich in der Fantasy, also abseits der demokratischen Wohlfühlzone, keine Rolle spielen. Mit dem genannten neuen Denken geht eine Gesellschaft nämlich gnadenlos unter, wenn sie es mit bösen, testosterongesteuerten Machos zu tun bekommt...  :wart:

Ary

 :wache!:
@Churke:
Lina hat ihre Fragen als ernstgemeinten Diskussionsansatz hier eingestellt. Da sind ironische und beleidigende Kommentare wie Dein gesamter Beitrag wenig konstruktiv. Bitte bleib auch in solchen Diskussionen sachlich oder halte Dich gleich raus, wenn Du außer Sarkasmus nichts beizutragen hast.
Danke.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Denamio

1) Die Quote ist eine Lösung für ein Problem, dass auf einer anderen Grundlage operiert. Damit eine Quote Sinn macht, muß folgender Tatbestand gegeben sein: Der Hauptgrund dafür, dass Frauen nicht gleichmäßig in der Chefetage sitzen, liegt in sexueller Diskriminierung von oben. Eine Unterstellung von böswilliger Absicht schwimmt da mit.
Wenn dieser Tatbestand gegeben ist, dann ist eine Quote tatsächlich ein brauchbarer Weg dagegen anzugehen, indem die Firmen gezwungen werden, gleichmäßig einzustellen. Beides ist medientechnisch extrem gut zu verkaufen. Schlagzeilen über Sexismus sind die absoluten Bestseller, es sorgt für Unmut, Zorn und das ist eine Kombination die für gute Schlagzeilen sorgt. Die Quote ist die dafür passende Lösung, extrem sichtbar, ein Holzhammer mit Symbolcharakter und sorgt ebenfalls für Unmut und Zorn. Da klingelt die Kasse und die Politiker profilieren sich mit poltern.

Aber genau deswegen kann ich die Quote nicht leiden, es ist ein Top-Down Ansatz für ein Problem, dass im Herzen Bottom-Up ist. Natürlich gibt es immer wieder Fossilien im Beruf, aber allein die großflächige Empörung zeigt doch recht gut, wie die Gesellschaft im Allgemeinen empfindet. Die Schwierigkeiten beginnen auf einer ganz anderen Ebene und haben viel mit Lebenslaufplanung zu tun.
Der Weg nach oben ist ein Irrweg mit Fehlschlägen und Abkürzungen die in eine Sackgasse führen. Das trifft erst einmal auch auf Männer zu. Aber bei Frauen sind systemische Probleme vorhanden, die dazu führen, dass sie vornehmend auf dem einen oder anderem Niveau aussteigen. Auch Männer steigen aus, aber irgendwie seltener als Frauen. Die wirkliche Lösung besteht in meinen Augen also darin den ganzen Weg, von unten nach oben auf Faktoren abzuklopfen, wo die Entscheidungsprozess nachteilig beeinflusst werden. Kinderplanung, Tagesstätten, duale Erziehung, all diese Aspekte können da reinspielen. Aber ein Bottom-up Ansatz verkauft sich nicht so gut und sorgt nicht für tolle Quoten. Da kann man nicht poltern.
"Ich stehe für duale Erziehung ein" - "Toll, aber willst du nicht lieber was gegen Sexismus tun?"

Eine Anekdote dazu von einem ehemaligen Professor von mir: Er hat in der Einführungsvorlesung für Erstsemester immer die gleiche Warnung ausgesprochen: Nehmt keine Aushilfsjobs an der Universität an. Das Phänomen ist ein Interessanteres: Aus der Idee geboren Frauen zu fördern, stellt die Uni sehr gerne weibliche Studentenkräfte an.
Da werden mit geschultem Blick die besonders fähigen Köpfe gesucht. Die Idee ist einfach: Bieten wir ihnen ein universitätsnahes Betätigungsfeld und fördern ihre Leistung. Doch gerade diese Richtung ist eine ziemliche Sackgasse. Die besagten Frauen machen ihre Arbeit extrem gut und gute Arbeit wird belohnt, also werden ihnen nicht schlecht bezahlte Jobs angeboten. Nicht in der Forschung, sondern in der Administration. Und kabumm, sind zahlreiche kluge Frauen plötzlich in der Administration und verschwinden aus der Forschung. Jahre später hats dann keine Nachwuchsdozentinnen, weil unterwegs die Besten auf die Art rausgefallen sind. Karrieretod durch Förderung.

2) Das hängt bei mir im Wesentlichen mit dem Szenario zusammen. Ein Urban Fantasy Roman wird tatsächlich auch Frauen in Führungsetagen haben. Schreibe ich klassische Fantasy hängt es stark davon ab, wie sehr die Welt unserer Idealvorstellung vom Mittelalter zwischen Elfen und Neuseeland gleicht. In wirklich fremden Welten gibt es auch mal Matriarchat oder ein drittes Geschlecht wird eingeführt. Aber wenn die Kirche den Daumen draufhält und die Inquisition reitet und Papst Innozenz den Krieg erklärt, dann müssen sich die Figuren auch mit traditionellen Rollen auseinandersetzen.
Wobei ich zugeben muß Klischees zu lieben und bewußt manisch lachend reinzulaufen. Da hatte es mal in einer stillgelegten Story den Charakter Rose, lieblich, zierlich, zart und niedlich und im Kampf war sie dann  Berserker Blutrausch, die ein zwei Meter Schwert wie einen Zahnstocher schwang. Ich liebe es, solche Dinge zu machen. In den Augen einiger ist das sicher "problematisch".
Allgemein hoffe ich Männer und Frauen gleich zu behandeln, aber mußte mir auch schon sagen lassen, dass ich dazu neige zuviele Frauen in meinen Büchern zu haben und die Männer eher in Nebenrollen geraten. Also bin ich da vielleicht auf der entgegensetzten Ecke.

canis lupus niger

Hm, soweit ich weiß, müssen Männer auch Steuern bezahlen. Das wäre an sich also kein Grund, um keine Karriere zu machen. Meine Entscheidung damals, war eher, ob ich mich für eine Karriere oder für Kinder entscheide, denn trotz (je nach Arbeitgeber verschieden umfangreicher) Familienförderung (wie Teilzeitarbeit auch für Führungskräfte etc), ist meiner Ansicht nur eins von beiden möglich. Beide Wege verlangen nun mal 100% Engagement, wenigstens für einen gewissen Lebensabschnitt, wodurch das Eine das andere zwangsläufig ausschließt. Ich hab mich für die Kinder entschieden, die ich nicht von fremden Leuten auf- und erziehen lassen wollte. Diese Entscheidung muss aber auch jeder Mann für sich treffen, der Karriere machen will, und einige entscheiden sich heutzutage tatsächlich für die Kinder. Mehr (Männer UND Frauen) allerdings entscheiden sich dafür, Karriere zu machen, bzw. die persönliche Berufs- und Einkommensentwicklung in den Vordergrund zu stellen.

Ich will keinesfalls behaupten, dass wir inzwischen eine völlige berufliche Gleichstellung für Männer und Frauen haben, aber in unserem Land ist es immerhin besser, als in vielen anderen. Das sollten wir nicht vergessen und uns alle weiter dafür einsetzen.

Wie gehe ich in meinen Geschichten damit um?
Kommt auf die jeweis beschriebene Umwelt an. Teils habe ich sehr ungleiche Rollenbilder,  aus denen auszubrechen schwierig ist. In einer Geschichte wird einer Frau nicht nur die Möglichkeit geboten, sich zu emanzipieren, sich mehr einzubringen und Verantwortung zu übernehmen, sondern sie wird sogar dazu ermutigt, bzw. gedrängt. Aber sie traut sich anfangs nicht so richtig, weil sie anders konditioniert wurde. Ist halt eine persönliche Entwicklung, die erstmal bewältigt werden will.

Teils, wo es gesellschaftlich fundiert ist, habe ich auch eine ziemliche Gleichberechtigung versucht,  zumindest ist der Zugang zu Machtpositionen oder einem individuell angestrebten Lebensweg für beide Geschlechter frei. (Im dritten Band meiner eigenen Reihe.) Aber das habe ich im Spiegel der anderen, ungleichen Gesellschaften trotzdem als Besonderheit dargestellt. Sind halt mittelalterliche Welten, in denen überwiegend das Recht des Priviligierten und Stärkeren gilt.

Allerdings finde ich, dass man auch in solchen Umfeldern Kritik an Ungleichbehandlung üben kann, indem man diese als ungerecht und fallweise belastend und quälend erlebbar macht. Man kann seinem Leser so viel zeigen, indem man ihn aus einer nahen Perspektive daran teilhaben lässt! Wie wäre es zum Beispiel mal mit einer Umkehrung der Rollenerwartungen? Bis jetzt habe ich erst einen einzigen Roman über ein funktionierendes Matriarchst gelesen. Da ist also noch jede Menge kreativer Raum zum austoben.


Amberle

Ich teile einfach mal den Artikel hier. Man kann davon halten was man will, aber einige der Ansätze sind mit Sicherheit interessant.

canis lupus niger

#22
Zitat von: Churke am 08. März 2016, 13:02:14
Damen wie die oben genannten sehe ich in der Fantasy, also abseits der demokratischen Wohlfühlzone, keine Rolle spielen. Mit dem genannten neuen Denken geht eine Gesellschaft nämlich gnadenlos unter, wenn sie es mit bösen, testosterongesteuerten Machos zu tun bekommt...  :wart:
Dann entwirf doch mal in einem Roman eine andere Dame, die auch außerhalb der Wohlfühlzone des so genannten neuen Denkens eine Rolle spielt, die sich gegen testosterongesteuerte Machos nicht mit Sex, sondern mit Hirn durchsetzt. Oder mit Hirn UND Sex ... und einer herrlichen, zynischen Ironie wie Deiner. Als Autor hast Du es schließlich in der Hand. Du bist nicht gezwungen, gesellschaftliche Fehlentwicklungen, echte oder vermeintliche, weiterzukultivieren.  :snicker: Sowas würde ich gerne lesen wollen.

In den 70er Jahren gab es mal eine Action-Buchreihe um eine Dame namens Modesty Blaise. Die war -abgesehen vom 70er Jahre-Stil halt, den ich überhaupt nicht leiden kann - gar nicht mal so übel.

Fianna

Es ist die Frage, ob man sowas zur gesellschaftlichen Norm macht, weil repressive Gesellschaften eben auch Spannungspotenzial bieten oder für den Verlauf des Plots oder der Ausgangssituation wichtig sind.
Aber Einzelfälle gehen eigentlich immer.

Ary

Da ich mir arbeitstechnisch zu dem Thema gerade den Wolf lese, hier noch ein paar spannende Links zum Thema Frauen und Innovationsprozesse bzw. Frauenförderung im MINT-Bereich:

Frauen im Innovationsprozess
Doing gender im naturwissenschaftlichen Bereich
Kommunikation. Männer wollen Lösungen, Frauen wollen reden
Psychologie: Frauen und Männer verstehen sich im Beruf oft nicht

Gerade die Beobachtung unterschiedlicher Sprachwelten bei Männern und Frauen finde ich total spannend - anscheinend sprechen wir ja wirklich nicht dieselbe Sprache im Büro, weil schon Jungen und Mädchen sprachlich ganz anders sozialisiert und schon als kleine Kinder von ihrem Umfeld auf männlich und weiblich geprägt werden. Und das zeigt sich dann auch, wenn Frauen in Führungspositionen Männern Anweisungen geben und diese die Anweisung nur als Vorschlag auffassen - weil "frau" nicht "Männisch" gesprochen hat. So wie es aussieht, brauchen Männer klare Ansagen, keine Bitten. Also nicht "Könntest du mal ...", sondern: "Mach. Jetzt."
Und darum sahnen Männer bei Gehaltsverhandlungen auch oft besser ab als Frauen - Männer verhandeln härter, fordern mehr und stellen ihre eigenen Erfolge eher in den Vordergrund, während Frauen dazu neigen, diese eher herunterzuspielen. Und Vorgesetzte wissen das.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Dämmerungshexe

Ich stelle mir bei diesem Thema immer die Frage, warum Karriere als Maß aller Dinge betrachtet wird. Wir fragen "Kind oder Karriere", predigen, dass das eine das andere nicht ausschließen darf. Aber warum soll Karriere so toll sein? Mehr Geld, mehr Sicherheit, mehr Macht? Ich habe da immer das Gefühl dass wir uns auch wenn es um Gleichberechtigung und Feminismus geht, immer an Maßstäben und Werten einer Gesellschaft orientieren, die seit Jahrtausenden vorrangig von Männern gestaltet wurde. Eine Gesellschaft die ganz offen auf Profit und Wachstum ausgelegt ist statt auf zum Beispiel Zufriedenheit.
Daher denke ich auch, das Quoten die gesellschaftlichen Probleme nur kaschieren und so lange da kein echtes, tiefgreifende Umdenken statt findet.

In meinen Geschichten hatte ich bisher auch keine echten weiblichen Hauptpersonen. Meine Frauen decken aber glaube ich bisher die ganze Palette ab, von knallhart und berechnend bis zerbrechlich und eingeschüchtert. (Und bei meinen Männern sieht es nicht viel anders aus.)
In Planung habe ich auch noch eine Geschichte um ein Matriarchat (und sierhe da, meine Autokorrektur wollte mir das grad spontan im Patriarchat umwandeln ...) und dessen Schwierigkeiten und Auflösung.
,,So basically the rule for writing a fantasy novel is: if it would look totally sweet airbrushed on the side of a van, it'll make a good fantasy novel." Questionable Content - J. Jacques

Trippelschritt

Zitat von: Aryana am 08. März 2016, 14:52:55
Da ich mir arbeitstechnisch zu dem Thema gerade den Wolf lese, hier noch ein paar spannende Links zum Thema Frauen und Innovationsprozesse bzw. Frauenförderung im MINT-Bereich:

Frauen im Innovationsprozess
Doing gender im naturwissenschaftlichen Bereich
Kommunikation. Männer wollen Lösungen, Frauen wollen reden
Psychologie: Frauen und Männer verstehen sich im Beruf oft nicht

Gerade die Beobachtung unterschiedlicher Sprachwelten bei Männern und Frauen finde ich total spannend - anscheinend sprechen wir ja wirklich nicht dieselbe Sprache im Büro, weil schon Jungen und Mädchen sprachlich ganz anders sozialisiert und schon als kleine Kinder von ihrem Umfeld auf männlich und weiblich geprägt werden. Und das zeigt sich dann auch, wenn Frauen in Führungspositionen Männern Anweisungen geben und diese die Anweisung nur als Vorschlag auffassen - weil "frau" nicht "Männisch" gesprochen hat. So wie es aussieht, brauchen Männer klare Ansagen, keine Bitten. Also nicht "Könntest du mal ...", sondern: "Mach. Jetzt."
Und darum sahnen Männer bei Gehaltsverhandlungen auch oft besser ab als Frauen - Männer verhandeln härter, fordern mehr und stellen ihre eigenen Erfolge eher in den Vordergrund, während Frauen dazu neigen, diese eher herunterzuspielen. Und Vorgesetzte wissen das.

Was Kommunikation angeht, sind wir westlichen Männer tatsächlich dumm oder einfachst gestrickt. Und das wissen die meisten Frauen nicht. Sagt die Chefin: "Das kann man aber auch noch besser machen", denkt der Mann: Klar, ist immer noch Luft nach oben und geht beruhigt weg, weil es ja reicht. Und die staunt, warum nichts passiert. Und wenn ich meine Frau frage, wann den die Vortstellung anfängt, bekomme ich die Auskunft: "Kannst noch ne Runde WoW spielen." Ist es denn so schwer, eine Uhrzeit zu nennen?  ;)
Und das passiert tausendfach. Privat und in der Arbeitswelt.
Aber ehrlich, ich habe schon viele "männliche" Frauen kennengelernt. Vor allem in den USA. Bis hin zur Karikatur. Habe ich auch so meine Schwerigkeiten mit. Aber all das zu wissen, hilft, gute Dialoge zu schreiben.

Liebe Grüße
Trippelschritt

Lemonie

@Dämmerungshexe: Also ich sehe es nicht so, dass Karriere als das Maß aller Dinge betrachtet wird. Es ist ja auch nicht so, dass Frauen nicht entscheiden dürfen, dass ihnen zum Beispiel die Familie oder Hobbys wichtiger sind und man nur arbeitet um finanziell über die Runden zu Kommen, der Rest ist nicht so wichtig. Das ist ja völlig in Ordnung, wenn man das so möchte.
Ich glaube bei der Diskussion geht es eher um die, die Karriere wollen. Und das muss nicht unbedingt heißen, viel Geld, sondern es ist einfach eine Typsache, womit man zufriedener ist. Ich zum Beispiel studiere zwar noch, aber ich weiß, dass ich gerne Verantwortung habe und gerne Dinge entscheide (weil es mich nerven würde, wenn mir Entscheidungen nicht gefallen ich aber nichts zu sagen habe  ;D ) und ich mag mein Fach (Chemie) und möchte auch gerne darin arbeiten. Zufriedenheit wird dabei nicht hinten angestellt, sondern das gehört bei mir zur Zufriedenheit dazu - aber das kann ja jeder selbst entscheiden.

Zum Thema Quote: Ich denke, die Quote ist nur ein oberflächlicher Versuch, das Problem anzugehen, deshalb stößt sie auch so viel Ablehnung.
Andererseits zielt die Quote meiner Meinung nach auf etwas ab, das sehr schwierig (zumindest von der Politik) auf andere Weise bekämpft werden kann: Den "implicit bias" (um mal das englische Wort zu verwenden, weiß nicht sicher was das deutsche Äquivalent ist).

Denn das hier:
Zitat von: JarlFrankEine viel bessere Art, mit Bewerbungen umzugehen, ist auf das Geschlecht gar nicht zu achten. Wichtig im Job sind die Kompetenzen, ob Mann oder Frau ist doch völlig egal. Gleichberechtigung sollte heißen, dass alle Bewerbungen gleich gewertet werden, Geschlecht darf also gar nicht in Betracht gezogen werden.

funktioniert oft in der Realität einfach nicht, genauso wenig, wie "Farbenblindheit" nicht gegen Rassismus hilft. Denn wenn man in unserer Gesellschaft aufgewachsen ist, hat man einfach einige Geschlechterklischees intus, meistens ohne es selbst zu merken (nicht nur als Mann, sondern auch als Frau -  Frauen diskriminieren genauso oft andere Frauen, wie Männer). Und wenn man dann sagt "mir ist das Geschlecht egal" und sich nicht damit auseinandersetzt, welche Klischees man eventuell in seinem ganzen Leben so von der Gesellschaft mitbekommen hat, passiert es oft einfach automatisch, dass man den Mann bevorzugt. Dazu gab es ja schon Experimente, wo zwei identische Bewerbungen mit geändertem Namen (das eine ein Männer, das andere ein Frauenname) an etliche Arbeitgeber geschickt wurden und die "Frauen" seltener zu Bewerbungsgesprächen eingeladen wurden.

Die Frauenquote will (denke ich zumindest) erreichen, dass dieser Effekt "ausgeglichen" wird - was im Einzelfall aber auch schiefgehen kann, und das vorhandene Problem nicht löst.


Zum Thema Kommunikation:

Von der Erziehung her ist es schon oft so, dass bei Mädchen dieses Höflichkeitsding (sei nett und kommuniziere immer so, dass es allen beteiligten dabei gut geht) besonders hervorgehoben wird. Bei uns in der Schule war es bei den Mädels auch immer in, sich besonders bescheiden darzustellen. Wenn man das nicht gemacht hat, wirkte man schnell arrogant - bei den Jungs war dasselbe Coolness.
Was ich auch oft gemerkt habe, da ich gerne eher direkter oder auch mal grobschlächtiger rede (was durch meinen vor allem männlichen Freundeskreis) gefördert wird, ist, dass man gerne mal als "kaltherzig" bezeichnet wird, während das den Jungs nicht so oft balanciert.
Also es ist nicht nur so, dass man versucht netter zu kommunizieren, weil man selbst gemocht werden will, sondern weil einige Leute das auch tatsächlich negativ wahrnehmen, wenn man es nicht macht (aber natürlich bei Weitem nicht alle - meine Freunde sind da ziemlich locker)


JarlFrank

Zitat von: Dämmerungshexe am 08. März 2016, 15:08:00
Ich stelle mir bei diesem Thema immer die Frage, warum Karriere als Maß aller Dinge betrachtet wird. Wir fragen "Kind oder Karriere", predigen, dass das eine das andere nicht ausschließen darf. Aber warum soll Karriere so toll sein? Mehr Geld, mehr Sicherheit, mehr Macht? Ich habe da immer das Gefühl dass wir uns auch wenn es um Gleichberechtigung und Feminismus geht, immer an Maßstäben und Werten einer Gesellschaft orientieren, die seit Jahrtausenden vorrangig von Männern gestaltet wurde. Eine Gesellschaft die ganz offen auf Profit und Wachstum ausgelegt ist statt auf zum Beispiel Zufriedenheit.
Daher denke ich auch, das Quoten die gesellschaftlichen Probleme nur kaschieren und so lange da kein echtes, tiefgreifende Umdenken statt findet.

Naja, dieser Karrierefokus der in den letzten Jahrzehnten so umhergeistert ist noch keine Jahrtausende, nichtmal Jahrhunderte alt. Im Mittelalter gab es genug Leute, die das Weltliche ganz aufgaben um sich dem Geistlichen zu widmen, sowohl unter Männern als auch unter Frauen. Ins Kloster gehen statt als Händler oder Handwerker einen Profit zu erarbeiten, oder auf Kreuzzug gehen statt seine eigenen Ländereien zu erweitern waren Alternativen, die von vielen wahrgenommen wurden, da Karriere eben nicht das Maß aller Dinge war. Und die einfachen Bauern und Handwerker waren zufrieden, solange genug Essen auf dem Tisch war - er hatte seinen Platz in der Welt und war damit zufrieden. Ein mittelalterlicher Bauer hatte übrigens im Schnitt mehr Freizeit als der moderne Mensch, der sich so um seine Karriere sorgt.

Nee, dieser Karrierefokus ist sehr modern und erst durch den Einfluss der bürgerlichen kapitalistischen Gesellschaftsschichten so ins Zentrum gerückt.

Ist auch irgendwie schade, dass die Karriere heutzutage so im Zentrum steht, denn für die meisten Menschen hat das nicht viel mit Selbstverwirklichung zu tun. Viele Leute beschweren sich über ihren Job und machen ihn im Endeffekt nur des Geldes wegen, und ein hohes Gehalt ist ihnen wichtiger als Zufriedenheit im Job. Dadurch verschenkt man auf der Arbeit eigentlich nur Lebenszeit, die anders besser genutzt wäre. Männer, die sich lieber für Familie und Kind entscheiden und dafür bei der Karriere einen Schritt zurücktreten sind sozial noch stigmatisierter als Frauen, die sich für Kind statt Karriere entscheiden, weil die Karriere so auf die Goldwaage gelegt wird...

Fianna

Zitat von: JarlFrank am 08. März 2016, 15:56:25
Im Mittelalter gab es genug Leute, die das Weltliche ganz aufgaben um sich dem Geistlichen zu widmen, sowohl unter Männern als auch unter Frauen.
Heute umso mehr. Das würde ich heute sogar anders, nämlich höher, bewerten, da viele Klostereintritte einfach in dem "Versorgt sein" begründet lagen. Mit verschiedenen Möglichkeiten von sozialen Hilfesystemen ist es heute nicht mehr nötig, Nonne oder Mönch zu werden, damit man was zu essen hat.

Zitat von: JarlFrank am 08. März 2016, 15:56:25
Ins Kloster gehen statt als Händler oder Handwerker einen Profit zu erarbeiten, oder auf Kreuzzug gehen statt seine eigenen Ländereien zu erweitern waren Alternativen, die von vielen wahrgenommen wurden, da Karriere eben nicht das Maß aller Dinge war.
Den Satz kannst Du nicht ernst meinen. Die meisten Leute, die auf einen Kreuzzug gingen (da sprechen wir nicht von Rittern in schimmernder Rüstung mit entsprechendem Anhang, sondern wesentlich geringer angesiedelt und teilweise nichtmal anständig gekleidet / bewaffnet), sind vor weltlicher Strafverfolgung geflohen oder haben einen Weg gesucht, zu materiellem Reichtum zu kommen.
Also in dem Sinne, wie er hier diskutiert wird: Karriere zu machen.