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Deutsche Verlage und deutsche Nachwuchsautoren

Begonnen von gbwolf, 17. Juni 2007, 15:24:38

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gbwolf

Immer wieder liest man Diskussionen mit dem allseits beliebten (und leidigen) Thema "Die bösen Publikumsverlage, die den jungen, deutschen Autoren keine Chance geben".
Ich möchte in diesem Thread einmal diskutieren, wie es denn wirklich aussieht, da draußen in der Verlagslandschaft, weil ich denke, wir können mit unseren verschiedenen Erfahrungen ein realistisches Bild zeichnen.

Für meine Diplomarbeit habe ich hierzu viele Recherchen angestellt, war selbst Praktikantin in einem großen Verlag (Vertrieb + Fantasy-Lektorat) und ich denke, es kursieren viele Meinungen, die nicht ganz falsch sind, bei denen den Autoren aber Informationen fehlen und ganz einfach auch der Frust eine gewisse Rolle spielt.

In einem anderen Thread habe ich bereits zwei Punkte festgehalten, die ich hierher kopiere

- Ein deutscher Verlag, der einen US-Bestseller haben möchte, zahlt nicht nur ein Schweinegeld für die Lizenz, sondern hat normalerweise zusätzlich die Bedingungen, die Lizenzen für soundsoviele andere Autoren des US-Verlags zu kaufen, die der Verlag sonst nie auf den europäischen Makt bekäme. Sonst bekommen sie den Bestseller nicht. Das nimmt natürlich viele Programmplätze für deutschsprachige Autoren.

- Einen völlig neuen Namen in den Buchhandlungen aufzubauen, braucht Zeit, Geld und Risikobereitschaft. Pro Jahr kann auch ein großer Verlag diese Arbeit an maximal 2 oder 3 Autoren tun. Abgesehen davon, dass sich 10 neue Autoren im Regal eines Verlags gegenseitig das Wasser abgraben würden.
Selbst wenn ein Verlag 20 tolle Angebote von Jungautoren bekommt, kann er nicht alle auf dem Markt etablieren, sondern muss unter ihnen wählen, wer z.B. ein gerade gefragtes Thema hat.
Und wenn es insgesamt wasweißich 20 Plätze für neue Autoren pro Jahr gibt, dann gehen 3000 andere, hoffnungsvolle Nachwuchsautoren leer aus, weil die Verlage eben keine 3000 drucken und verkaufen können.

Als Praktikantin, die Minigutachten für etwa 50 unverlangte Einsendungen geschrieben hat (die, die von der Sekretärin bereits vorgefiltert waren) kann ich dazu noch sagen: Viele Autoren schreiben gut, aber nicht so exzellent veröffentlichungsreif, wie ein großer Verlag es braucht. Die Verlage suchen professionelle Autoren, die ein bis zwei Bücher pro Jahr in guter Qualität abliefern können und sich gegebenenfalls auch nach den Wünschen der Programmplaner richten. Wer das als Beschneidung seiner literarischen Entfaltung sieht, wird bei einem Kleinverlag besser aufgehoben sein, der nicht ganz so abhängig von den Launen des Buchhandels ist und sich oft mehr Extravaganzen leisten kann.

Ich würde auch nicht sagen, dass man als junger, deutscher Autor "Bittsteller" ist, aber für die Verlag ist es zu einer schieren Unmöglichkeit geworden, die Massen an Einsendungen zu bewältigen. Es gibt fast keine Fälle, in denen ein Verlag wirklich nichts liest und was fast unangetastet zurück geschickt wird, scheitert zumeist schon bei der Sekretärin, die genau weiß, welchen Stil und welches Thema der Lektor auf dem Tisch haben möchte. Aber gelesen wird normalerweise alles. Mit Fantasy werden die Verlage allerdings zugeschmissen!


So. Das sind meine Argumente und Meinungen. Ich freue mich auf eine faire Diskussion und einen anregenden Erfahrungsaustausch!

Grüße, gbWölfin

Elena

Hallo Wölfin,

als ich anfing, ging ich auch von dem "bösen, bösen Publikumsverlag" aus, der so oft heraufbeschworen wurde. Inzwischen sehe ich das ganze Dank einiger positiven Erfahrungen und Erzählungen von anderen Autoren anders.
Meine Erfahrung ist: Wenn man wirklich, wirklich gut ist, dann bleiben auch die Türen des Publikumsverlags nicht zu. Es ist eine Sache von Glück und dem richtigen Ort zum richtigen Zeitpunkt, aber je besser man schreibt, desto weniger muss man sich auf Glück verlassen.
Als ich anfing mit Schreiben und der Suche nach einem Verlag, erhielt ich Standard-Absagen. "Passt nicht ins Programm", etc. pp. Inzwischen bekomme ich fast nur noch Absagen, die auch auf mein Geschriebenes eingehen. Das sagt mir, dass die Leute sich durchaus mit dem eingeschickten Material beschäftigen und, wenn sie eventuell Potential sehen, das dann auch schreiben.
Früher waren meine Manuskript für diese Art Aufmerksamkeit eben einfach noch nicht gut genug - die Rede von dem bösen Publikumsverlag ist also auch Trösterei der verletzten Autorenseele.
Wobei "lässt sich nicht verkaufen" nicht immer gleichbedeutend ist mit "ist schlecht". Das sind noch mal zwei Paar andere Schuhe.
Auch kenne ich Fälle, wo Leute so lange geschrieben haben, bis sie gesagt haben: Okay, das ist wirklich gut, und dann auch promt einen großen Verlag dafür begeistern konnten. Ohne Kontakte oder großartige Vorgeschichte.

Bei jedem miesem Manuskript zu sagen: Nein, das ist nicht gut genug, würde für die Lektoren realistisch gesehen vermutlich ein Schnitt ins eigene Fleisch sein. Einige Autoren würden sich davon zu einer Antwort oder einem längeren Diskurs provoziert sehen, de ein Lektor zeitlich nicht leisten kann.

Wer möchte, kann sich ja nicht zuletzt auch an Agenturen wenden. Da habe ich es erlebt, dass die Leute sich etwas intensiver mit den Sachen auseinander setzen. Was von keiner Agentur angenommen wird, wird vermutlich auch keinen großen Verlag finden, weil es entweder noch nicht veröffentlichungsreif ist oder für kleinere Verlage geeignet (Nischenliteratur zum Beispiel).

Und ja, der Verlag muss in einem Autor auch langfristiges Potential erkennen, es sei denn, man hat den "Ich bin Dieter Bohlen"-Bonus o.ä.
Aber das dürften Ausnahmen sein.

Was sich daraus für den Autor ergibt, ist nichts anderes als kontinuierliche Arbeit; sowohl an der Qualität des Texten, aber auch an der Quantität. Wer zehn Jahre für ein Buch braucht, wird zumindest bei einem Publikumsverlag nicht so leicht unterkommen, wie wer ein halbes Jahr braucht. Denn ein langsamer Autor lässt sich eben nicht in dem Maße aufbauen.

Liebe Grüße,

Elena

Manja_Bindig

Ich sehe das sehr ähnlich wie Elena, entsprechend neige ich auch eher dazu, mein Glück bei Klein-Verlagen zu versuchen, eben weil die sich mehr Zeit für ihre Autoren nehmen können. Realistisch betrachtet ist es wie bei einer Fabrik oder einer Versicherungsfirma: je kleiner, desto besser kennt man sich, dafür ist aber nicht so sicher, ob du ein wirklich gutes Gehalt bekommst. Bei großen Firmen kann der Chef nicht jede kleine Assistentin kennen und grüßen, dafür kann es sein, dass sie dort einen sicheren Job und ein gutes Gehalt hat.
Großverlage verlangen von ihren autoren, schnell, viel und in gleichbleibender oder steigender Qualität zu schreiben - wer sich also bei Lübbe oder Fischer bewirbt und sich gute Chancen ausrechnet, sollte das können oder noch ein paar Manuskripte in Reserve haben, um mit einer gewissen ruhe nach"produzieren" zu können.

Allerdings, um einmal was zu den Kleinverlagen zu sagen - auch da sollte man die Spreu vom Weizen sehr sorgfältig trennen. Mir hätte es damals sicher nicht geschadet, wenn der gute Mann vom Solars-Verlag sich eingehender mit meinem Manuskript befasst hätte. Dann wären ihm a) etliche fehler, die mir teilweise noch heute unter die Nase gerieben werden
und b) ein recht unausgegorener Schreibstil aufgefallen.
Ich wäre eventuell abgelehnt worden, hätte geschmollt und dann schon damals mit der Überarbeitung angefangen und müsste heute nicht über dieses MAchwerk den Kopf schütteln. Aber bei manchen Kleinverlagen liegt ein umgekehrtes Problem zu Großen vor - während die Großen viel Gutes ablehnen, nehmen die Kleinen das ein oder andere stark verbesserungswürdige Werk dankend an.

Artemis

Umgekehrt muss man aber auch erwähnen, wie viele wirklich, WIRKLICH schlechte Romane es in den großen Verlagen gibt. Das ist manchmal haarsträubend, was da auf den Buchmarkt geworfen wird, nur weil es gerade in Mode ist!

Der Markt will Historikschinken - also gibt es halt zwanzig Romane, die alle fast den selben Titel und / oder die selbe Handlung haben, weil die sich halt gut verkaufen. Gute, neue Ideen? Schöner Schreibstil? Fehlanzeige. Es kommt einem manchmal vor, als würden die "Hausautoren" auf Bestellung produzieren. So nach dem Motto: "Frau XY, in einem halben Jahr haben sie ein historisches Buch geschrieben, Prota möglichst weiblich, um weibliche Kundschaft zu locken blabla, wenns geht Mittelalter, ist grade Trend blabla ..."
Also hockt sich die gute Frau XY hin und schreibt. Es wird recherchiert, es wird nachgeforscht - und nach nem halben Jahr liegen knapp zehn Bücher, die nichts als Klone sind, auf dem Schreibtisch des Lektors.

Anderer Fall: Verschwörungstherorien. Dan Brown ist aktuell. Frage des Verlages: "Warum haben wir keinen Dan Brown? Wir wollen einen Dan Brown!" Schwupps, Bestellung eines Verschwörungsschmarrens geht an die Autoren.

Oder: "Kreisch! Eragon wird Besteller! Wir brauchen Bücher mit Drachen, und zwar flott!" Den Rest der Geschichte kann man sich denken ...

Fakt ist, dass der Markt das Buch bestimmt, nicht umgekehrt. Da kann das Buch, die Idee, noch so toll sein - der Verlag will verkaufen. Was nicht im Trend ist, wird nicht verkauft, basta. Deshalb muss der Verlag immer versuchen, auf der Trendwelle mitzureiten. Oder würde einem Modedesigner heute noch einfallen, Plateauschuhe zu entwerfen, wenn er genau weiß, dass er die im Leben nicht verkaufen wird, weil sie keiner will? Nein!

Es gehört wohl viel Glück dazu, als erster Verlag gerade einen neuen Trend zu bestimmen mit dem neu herausgebrachten Roman. Wenn man dann der glückliche Autor dieses Romans ist, hat man im Prinzip für die nächste Zeit keine Probleme - sofern man es nicht wagt, von der selbst losgetretenen Lawine abzuspringen.


Daher bevorzuge auch ich eher die kleinen Verlage. Es mag sein, dass man dadurch nicht einen großen Patron im Rücken hat, aber bei dem wäre man doch eh nur ein kleines Licht. Angenommen, man schafft es wirklich, sein Buch bei einem großen Verlag  unterzubringen: Das Buch wird gedruckt, in den Läden verteilt, verkauft. Es verkauft sich ganz gut, womöglich wird die zweite Auflage gedruckt. Das ist sehr schön fürs Ego.
Aber dann? Wenn mal ein Jahr vergangen ist? Der Stapel der Bücher, der sich zuvor einen guten Rang auf dem Auslagetisch des Buchladens ergattert hat, ist auf ein Buch zurückgegangen - und das landet dann im Regal. Eingezwängt zwischen hunderter anderer Bücher. Eins unter vielen. Die Leute ziehen es beim Stöbern raus, können nix damit anfangen, schieben es wieder rein, greifen den Bestseller, der ein eigenes Regal mit 50 Exemplaren hat. Was so gut ausgestellt wird, muss gut sein.

Hand aufs Herz: Wenn ihr ins Buchgeschäft geht, in die richtig großen wie Thalia - wühlt ihr euch durch die Regale? Oder schaut ihr erst mal nach den neuen Büchern, die immer so hübsch ausgelegt sind, in säuberlichen Stapeln auf nem Tisch?


Lavendel

Aber was ein großer Vorteil der großen Verlage ist - und das ist wirklich nicht zu verachten - dass die Wahrscheinlichkeit, über den Tisch gezogen zu werden deutlich geringer ist, als bei Kleinverlagen. Viele vergessen das in ihrer Rechnung. Außerdem hat ein Buch im großen Verlag auch größere Erfolgschancen. Letztendlich ist das aber eine persönliche Entscheindung, denke ich.

Linda

#5
Hi Wölfin,

der Unterschied zwischen (wie du schreibst) "gut und exellent veröffentlichungsreif" liegt oft nur (ja, das will keiner hören) in einem entsprechenden Lektorat begründet. Bücher werden teilweise nur durch ein heftiges Lektorat zu Bestsellern ... Entweder überhaupt erst veröffentlichungsreif bearbeitet oder für die richtige Zielgruppe maßgeschneidert. Mit genügend Aufwand kann man quasi jeden Text verlagsreif aufmotzen (pimp my novel). Eragon beweist das wohl zur Genüge.

Wenn, ja wenn, die Idee dahinter dem Lektor bzw dessen Vorgesetztem gut genug gefällt, (bzw als lukrativ genug eingeschätzt wird) um sich diese Mühe (Kosten) zu machen. Wenn die Personalsituation das zu diesem Zeitpunkt zulässt und man als Autor auch einfach Glück hat. Objektivität gibt es nicht und schon gar nicht im Bereich der Kunst. Es gibt immer nur Meinungen und Einschätzungen und etwas anderes leistet auch ein Gutachter nicht ;-)

Veröffentlichte Bücher genießen in der Regel bei Großverlagen ein vernünftiges Lektorat - niemand außer Autor und Lektor weiß, wie die Texte vorher ausgesehen haben (und man wundert sich bisweilen, was Autoren einreichen). Nachwuchsautoren bewerben sich mit dem, was sie alleine am besten leisten können. Diese Qualitätsstufe mit einem veröffentlichten Buch zu vergleichen, ist letztlich der Vergleich von Äpfeln mit Birnen - oder vielleicht von Trauben und Wein. Bücher sind veredelte Manuskripte und viele publizierte Autoren (deutsche wie englischsprachige) kochen auch nur mit Wasser.

Gruß,

Linda

gbwolf

@Linda: Jup. Da muss ich Dir recht geben. Allerdings finde ich, dass ein guter Lektor erkennt, ob Autor und Manuskript das Potential haben, durch ein Lektorat die nötige Reife zu bekommen oder ob der Autor noch nicht weit genug ist, es zu schaffen, bzw. überhaupt etwas an seinem Baby ändern möchte.

Übrigens finde ich es sehr schön, wie die Diskussion sich entwickelt. Sind so viele Sachen zum weiterdenken und überlegen dabei  :)



Lomax

#7
Zitat von: Artemis am 18. Juni 2007, 18:46:15Umgekehrt muss man aber auch erwähnen, wie viele wirklich, WIRKLICH schlechte Romane es in den großen Verlagen gibt ... Gute, neue Ideen? Schöner Schreibstil? Fehlanzeige.
In dem Kontext zitiere ich mal aus der Argumentation des Verlages in dem 2005 bekannt gewordenen "Übersetzerstreit" (nachzulesen in der Urteilsbegründung unter -> Link <- ): "Die Qualität der Übersetzung spiele für den Verkaufserfolg eines Werkes keine Rolle."

Das zeigt jedenfalls, dass die Kriterien für "gut" naturgemäß sehr subjektiv und unterschiedlich sind - und natürlich kommt da dem quantifizierbarem Kriterium der Verkaufbarkeit aus Sicht des Verlags eine besondere Bedeutung zu. So sehr ich mich über dieses Zitat auch geärgert habe, halte ich eine Frage doch für gerechtfertigt: Kann man guten Gewissens sagen, dass ein Buch wirklich und damit "objektiv" und "in erster Linie" schlecht ist, obwohl es anscheinend genau die Erwartungen der Zielgruppe trifft, wie die gute Verkaufbarkeit ja beweist?
Ist es aus Verlagssicht nicht zurecht ein unprofessioneller Manierismus, wenn man sich selbst auf Basis seiner eigenen Vorlieben Merkmale "guter Literatur" definiert, die an dem Kunden, der erreicht werden soll, anscheinend völlig vorbeigehen?

Artemis

Tja, da haben wir wohl wieder das Problem der Geschmackssache.  ::)

Ich behaupte, dass ich schlechte Bücher gelesen habe, teilweise sogar besitze. Vielleicht ist meine Erwartung etwas hoch angesetzt, aber wenn mir ein Buch unter die Nase kommt, das vor Fehlern nur so strotzt, nur aus Hauptsätzen besteht, eine hahnebüchene Story und absolut platte Charaktere hat - darf ich das dann nicht von meiner Sichtweise her als schlecht bezeichnen? Darf ich nicht die Schaffenskraft des Lektors, der für diese Schandtat verantwortlich war, anzweifeln? Von Lektoren wird gern behauptet, sie hätten sehr hohe Anforderungen. Jedes eingegangene Manuskript wird geprüft, und wenn ihnen was unterkommt, das ihnen stilmäßig nicht behagt, ist das Manuskript weg vom Fenster.
Aber warum kommen einem dann so oft diese grausig geschriebenen Bücher unter, wenn der Lektor doch so viele andere gute Manuskripte zur Auswahl hatte?

Ja, vielleicht gefällt es anderen Lesern, vielleicht verkauft es sich gut, weil es halt eben Trend ist. Wenn ich ein totaler Fan von Historik-Romanen bin, dann kaufe ich alles, was annähernd nach Historik aussieht - ob das Buch gut ist oder nicht ist Nebensache. Das ist wohl das große Problem des Buchmarktes. Die Qualität und Individualität leidet unter dem Kampf um den Bestseller, die Genre-Klone trampeln die Inovationen nieder, und der Markt stagniert in einer Endlosschleife, die nur noch um die Verkaufszahlen rotiert.
Ich verachte die Bestseller-Listen, für mich sind sie ein rotes Tuch. Bleibt vom ganzen Buchmarkt denn nicht mehr übrig als diese zusammengekochte Pampe aus einer handvoll Bücher? Jeder greift automatisch nach diesen Büchern und lässt die anderen liegen. Der Spaziergänger füttert die Ente, die sich am frechsten nach vorne drängt - ob sie gut aussieht und lieb ist, interessiert keinen, aber sie steht vorne, verdrängt die anderen, und somit steht sie allein im Mittelpunkt.
Genauso ist es auch mit dem Buchmarkt.

Ich finde diese Entwicklung erschreckend. Wenn jeder nur noch die Bestseller kauft, wozu dann all die anderen Bücher? Warum nicht einfach zehn erlesene Bücher rausbringen, in eine Liste knallen, jedem vor die Nase halten und sagen: "DAS ist gut, das kauft jeder, also kauf du es auch!"

gbwolf

@Atremis: Mal abgesehen davon, dass viele Leser Romane konsumieren wie Vorabendserien und deswegen keine schwere Kost mögen ist genau das die "Chance" der Nachwuchsautoren, denn wenn sie historische Romane schreiben, können sie auf den Markt kommen. Diese Masse kann nicht mehr übersetzt werden, es ist einfacher, sie vor Ort zu produzieren und man kann mit einheimischen Autoren schneller Absprachen treffen und auf den Markt reagieren.
Ich sehe hier also einerseits die Tendenz, viel Massenware zu erzeugen, aber andererseits in den letzten Jahren auch viel mehr Möglichkeiten für deutschsprachige Autoren, Geld zu verdienen und ins Geschäft zu kommen.

Und wie Lomax bereits sagte: Was der amerikanische Lektor versäumt hat, kann der Übersetzer nur zurechtbiegen, wenn er dafür bezahlt wird. Viele Übersetzer werden aber meh schlecht als recht bezahlt und müssen schnell übersetzen, um überhaupt ihre Miete zahlen zu können. Wie oben bereits erwähnt müssen viele Verlage den anglo-amerikanischen Schund bringen und sind deswegen nicht bereit, viel Geld in die Übersetzung zu investieren.

@Manja:
ZitatAllerdings, um einmal was zu den Kleinverlagen zu sagen - auch da sollte man die Spreu vom Weizen sehr sorgfältig trennen.
Da stimme ich Dir vollkommen zu. Am besten mit den bereits vorhandenen Autoren reden und versuchen, Fakten aus ihnen heraus zu kitzeln (wer seinen Roman an den Mann bringt, ist ja doch oft sehr euphorisch). Wie wird abgerechnet? Wie sieht das fertieg Buch aus? Gibt es ein Lektorat oder wird ganz schnell gedruckt?
Am besten ein oder zwei Bücher des Verlags kaufen und genau ansehen, bevor man irgendetwas unterschreibt.

Feuertraum

@ Linda: Prinzipiell gebe ich Ihnen da zwar recht, aber...

Angenommen, ich hätte ein Skript fertig. 300 Normseiten. Mehrfach überarbeitet. Meiner Ansicht nach druckreif. Um nun auf Nummer sicher zu gehen, werde ich allerdings noch bei einem Lektorat reinschauen (sollen). Wortwirkung nimmt zum Beispiel 2,50 € pro Manuskriptseite. Wären summasumarum bei 300 Seiten 750 €
Und eine Garantie, dass ein Verlag sich hinstellt und sagt: Das Teil nehmen wir!!!! ist ja nun auch nicht unbedingt gegeben.
Ich persönlich werde da schon eher ein wenig abgeschreckt. Wohlgemerkt: ich als Privatperson. 750 € kann ich mir nun mal nicht leisten.

Ich werde es mir mal erlauben und die Frage andersherum stellen: Will man nun mit aller Macht und Gewalt ein Manuskript verkaufen, notfalls auch an einen Kleinverlag, hauptsache, man hat SEIN Buch in der Hand? Oder ist es nicht viel sinnvoller, es bei den großen Verlagen zu versuchen, weil man da sein Manuskript dann markttechnisch aufgestylt bekommt?
Und evtl. bessere Verkaufszahlen erzielen, mehr Leser erreichen kann.

Ich denke, man kann erstmal versuchen, bei einem KLeinverlag unterzukommen um dann beim nächsten Manuskript vielleicht sogar ein Lektorat bezahlen kann... ;) Sprich es so zu machen wie bei einer Computerwirtschaftsimulation... ;)

LG

Feuertraum
Was hat eigentlich He-Man studiert, dass er einen Master of the universe hat?

Lomax

Zitat von: Artemis am 18. Juni 2007, 22:46:03..., aber wenn mir ein Buch unter die Nase kommt, das vor Fehlern nur so strotzt, nur aus Hauptsätzen besteht, eine hahnebüchene Story und absolut platte Charaktere hat - darf ich das dann nicht von meiner Sichtweise her als schlecht bezeichnen? Darf ich nicht die Schaffenskraft des Lektors, der für diese Schandtat verantwortlich war, anzweifeln?
Sicher darfst du das ;D Und ich tue es selbst oft genug. Manchmal wundere ich mich schon, wenn ein Buch voller Mängel ist und die Leser sehen es einfach nicht.
Aber irgendwann - vor allem, wenn man von der investierten Arbeit leben muss - dann lernt man zu unterscheiden zwischen Mängeln, die der "Markt" auch merkt und die einfach bekämpft werden müssen; und zwischen solchen, die man eher als persönliches Hobby bekämpfen kann, wenn Zeit & Budget es zulassen. Ersteres würde ich als "handwerkliche Mängel" bezeichnen, Letzteres dann als "künstlerische Defizite".
Und ich stelle fest, dass Erstere bei großen Verlagen doch tendenziell selten zu finden sind, was das Urteil von "wirklich schlechten Büchern" doch relativiert. Denn die Autoren von sprachlich und inhaltlich einfachen Werken wissen zumeist ganz genau, was sie tun, und beherrschen ihr Handwerk sehr gut.
Zitat von: Artemis am 18. Juni 2007, 22:46:03Die Qualität und Individualität leidet unter dem Kampf um den Bestseller, die Genre-Klone trampeln die Inovationen nieder,  ... Jeder greift automatisch nach diesen Büchern und lässt die anderen liegen.
Damit unterstellst du aber automatisch, dass es die "bösen Verlage" sind, die dem Leser etwas unterschieben, was er eigentlich gar nicht will. Und das "bessere" Bücher sich automatisch besser verkaufen würden, wenn die Verlage ihnen eine Chance einräumen würden. Meine Erfahrung ist eher eine andere: Die Leser wollen meist wirklich das kaufen, was sie kaufen. Und sie reagieren eher ungehalten, wenn man ihnen etwas anderes aufdrücken möchte.
Die Verkaufszahlen belegen recht deutlich, dass die Bücher von der Art, die man im Vordergrund findet, sich auch dann besser verkaufen, wenn sie im Hintergrund stehen - und anspruchsvollere Bücher, die als Aushängeschilder gepflegt werden, trotz aller Präsentation deutlich dahinter zurückbleiben.

Lomax

Zitat von: Feuertraum am 18. Juni 2007, 23:25:59Um nun auf Nummer sicher zu gehen, werde ich allerdings noch bei einem Lektorat reinschauen (sollen).
Ich glaube, niemand wird ernsthaft erwarten, dass ein Autor nun schon standardmäßig sein Manuskript professionell lektorieren lässt, bevor er es einem Verlag anbietet. Das ist immer noch die Aufgabe des Verlages, der das Buch dann auch herausbringt.
Auch wenn an Zeit und Mittel dafür gerne gespart wird und die Verlage daher möglichst "druckreife" Manuskripte bevorzugen. Aber ... nein. Ein Lektorat würde ich immer noch vom Verlag erwarten, zusammen mit der Fähigkeit, auch unter unlektorierten Manuskripten die geeigneten ausfindig zu machen.

Feuertraum

#13
@ Lomax: Ich glaube, dass der Einfluß der Medien da schon eine starke Rolle spielt.
Als kleines Beispiel: als "Die Gefährten" anlief, haben wir innerhalb von 8 Wochen mehr Herr-der-Ringe Bücher verkauft als sämtliche Buchhandlungen Wolfsburgs in 8 Jahren. Gerade zum Weihnachtsgeschäft gingen bis zu 20 Stück bei uns täglich über die Ladentische.
Namen werden gekauft. Namen sind mittlerweile eine Marke. Pratchett, King, Eschbach, Elisabeth George.
Große Verlage fördern natürlich neue Autoren. Auch angloamerikanische. Sie wollen sie zur Marke machen. Damit die Medien über sie berichten, sie groß ankündigen...und die Käufer auf diese Art und Weise dahin locken wollen, genau DAS Buch zu kaufen.

@ artemis: Ihre Meinung, dass Sie schon eine Menge schlechter Romane gelesen haben, ist natürlich bedingt subjektiv.
Nur der Hinweis, dass Sie besser sind, ist auch subjektiv.
Verstehen Sie das nicht falsch: Ich bezweifele nicht, dass Sie das Handwerk beherrschen. Und ich bezweifele auch nicht, dass Sie sich viel, sehr viel Mühe geben beim Redigieren und allem, was dazu gehört.
Aber letztendlich entscheidet nun mal der Leser/Käufer, ob ihm die Geschichte zusagt oder nicht. Und wenn wir ganz ehrlich sind: wie viele Leser kennen sich im Handwerk des Schreibens aus?
Soviele sind es im Vergleich zun denen, die es nicht tun, nämlich nicht.
Und letztere entscheiden, ob ein Buch gut ist und ihnen gefällt.
Von daher ist Ihr Engagement, die Leute zu guter Literatur zu bewegen, ehrenhaft, aber ein Kampf gegen Windmühlen... ;)

LG

Feuertraum
Was hat eigentlich He-Man studiert, dass er einen Master of the universe hat?

Linda

Zitat von: Feuertraum am 18. Juni 2007, 23:25:59
@ Linda: Prinzipiell gebe ich Ihnen da zwar recht, aber...

Angenommen, ich hätte ein Skript fertig. 300 Normseiten. Mehrfach überarbeitet. Meiner Ansicht nach druckreif. Um nun auf Nummer sicher zu gehen, werde ich allerdings noch bei einem Lektorat reinschauen (sollen). Wortwirkung nimmt zum Beispiel 2,50 € pro Manuskriptseite. Wären summasumarum bei 300 Seiten 750 €
Und eine Garantie, dass ein Verlag sich hinstellt und sagt: Das Teil nehmen wir!!!! ist ja nun auch nicht unbedingt gegeben.
Ich persönlich werde da schon eher ein wenig abgeschreckt. Wohlgemerkt: ich als Privatperson. 750 € kann ich mir nun mal nicht leisten.

Ich werde es mir mal erlauben und die Frage andersherum stellen: Will man nun mit aller Macht und Gewalt ein Manuskript verkaufen, notfalls auch an einen Kleinverlag, hauptsache, man hat SEIN Buch in der Hand? Oder ist es nicht viel sinnvoller, es bei den großen Verlagen zu versuchen, weil man da sein Manuskript dann markttechnisch aufgestylt bekommt?
Und evtl. bessere Verkaufszahlen erzielen, mehr Leser erreichen kann.

Ich denke, man kann erstmal versuchen, bei einem KLeinverlag unterzukommen um dann beim nächsten Manuskript vielleicht sogar ein Lektorat bezahlen kann... ;) Sprich es so zu machen wie bei einer Computerwirtschaftsimulation... ;)

LG

Feuertraum


@Feuertraum

wollte ich Werbung für meinen Lektoratservice machen, würde ich das im Bereich [Werbung] posten.
Ich könnte jetzt beleidigt sein, dass man mir so platte Motive unterstellen will. Irgendwann kam (von ?) schon mal eine ähnliche Anschuldigung und ich überlege mir langsam, ob es noch Sinn macht, im Zirkel zu bleiben, wenn allgemeine Anmerkungen aus meinem beruflichen Alltag als dumme und durchschaubare Eigenwerbung dargestellt und interpretiert werden.

Nein, ich rede im obigen Beispiel von VERLAGS-Lektoren, die sich um angekaufte Manuskripte kümmern. Von Menschen, die bezahlt werden, damit sie ein Werk in einem Verlag druckreif machen. Denn genau das gehört zu dem noblen Gewerbe des verlegens und vorlegens von Geld.

Gruß,

Linda